3. Die Bolschewisten sichern ihre Macht

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3. Die Bolschewisten sichern ihre Macht
Das Epochejahr 1917 im Urteil von Historikern
Die Bewertung der Ereignisse des Jahres 1917 haben
sich im Laufe der Zeit gewandelt:
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12 Der Historiker Valentin Gitermann (1949):
Dass sich die bürgerliche Demokratie in Russland so
bald nach ihrer Geburt als lebensunfähig erwies, lässt
sich nicht etwa durch taktische Fehler erklären, die Kerenskij oder andere Politiker begangen hätten. Es resultierte vielmehr die Machtergreifung des Bolschewismus
aus den gegebenen Verhältnissen mit unabwendbarer
Zwangsläufigkeit. Die antibolschewistischen Koalitionsparteien mussten immer deutlicher erkennen, wie ihr
Einfluss auf die Massen des Volkes sank. Das Volk verlangte Frieden und Land und diesem Verlangen kamen
nur die Parolen des Bolschewismus entgegen. Daraus
erklärt sich, dass die Parteien der Reg+ierungskoalition
von der Befürchtung gequält wurden, durch eine bolschewistische Erhebung hinweggefegt zu werden.
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Der Historiker Eric Hobsbawm (1995):
Wer die Forderungen der Massen übernahm – „Brot,
Friede, Land“ – fand sofort Unterstützung und das waren
vor allem Lenins Bolschewiken. Lenins einzig wirkliche
Leistung war, dass er zu erkennen in der Lage war, was
die Massen wollten, und dementsprechend eben auch
wusste, dass er führen musste, indem er ihnen folgte.
Auf der anderen Seite war der Provisorischen Regierung
und ihren Sympathisanten nicht bewusst geworden, wie
unfähig sie war Russland dahin zu bringen, ihre Gesetze
und Dekrete zu befolgen. Die radikale Grundströmung
in ihrer Gefolgschaft drängte die Bolschewiken unaufhaltsam zur Machtübernahme. Als der Augenblick dann
da war, musste die Macht nur noch übernommen werden. Die Provisorische Regierung hatte sich schlichtweg
in Luft aufgelöst, nachdem niemand mehr zu ihrer Verteidigung übrig geblieben war.
E. Hobsbawm, Das Zeitalter der Extreme. München 1995, S. 86 f.
V. Gitermann, Geschichte Russlands, Band 3. Frankfurt a. M. 1965,
S. 487.
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Der Historiker Manfred Hildermeier (1989):
Die Tendenz ist zweifellos gewachsen dem Februarregime einen größeren Teil der Verantwortung für die
Möglichkeit des Oktober zuzuweisen als bisher. Übergroße äußere Lasten und gravierende eigene Versäumnisse haben das einzige echte Experiment des Parlamentarismus in Russland zu Fall gebracht. Gewiss bleibt der
Putsch Lenins ein denkwürdiges Ereignis mit weltgeschichtlichen Folgen. Aber er bildete nicht das Bravourstück, das man oft in ihm gesehen hat. Die Macht lag
auf der Straße und die Februarregierung sah gebannt
zu, wie die Bolschewiki sie vor aller Augen auflasen.
Genosse Lenin
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säubert die Erde
von Unrat
Plakat eines unbekannten
Künstlers.
M. Hildermeier, Die Russische Revolution 1905–1921. Frankfurt/a. M
1989, S. 300.
Fragen und Anregungen
1 Stelle die politischen Forderungen und Programme der Provisorischen Regierung und der
Bolschwiki unter folgenden Gesichtspunkten gegenüber: Wege zur Macht, Formen der Machtausübung, Haltung zu demokratischen Rechten, zum
Krieg und zur Agrarfrage (Q6–8, 10).
2 Lege dar, auf welche Machtbasis sich Lenins Pläne
stützten und welche Chancen Sinowjew und Kamenew den Plänen einräumten (VT, Q5, Q9–11).
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3 Deute anhand des Bildes „Der Bolschewik“, wie
der Künstler die Machtergreifung der Bolschewiki
interpretiert und vergleiche dies mit den dir bekannten Sachverhalten (VT, Q1, 2 und 4).
4 Vergleiche die Aussagen Gitermanns, Hildermeiers und Hobsbawms. Wie beurteilen sie die Machtübernahme der Bolschewiki?➜ Kontrovers
5 Interpretiere die Aussage des Plakats Q15.
1918–1920
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Die Rote Armee besiegt im Bürgerkrieg die Weiße Armee.
1921
Der X. Parteikongress der Kommunistischen Partei Russlands
beschließt die Neue Ökonomische Politik (NEP) und verbietet die Bildung von Fraktionen innerhalb der Partei.
1922
Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR)
wird gegründet.
1924
21. Januar: Lenin stirbt.
Staatswappen der UdSSR
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Als die radikale Minderheit der Bolschewiki unter der Führung ihrer beiden entschlossenen Führer Lenin und Trotzki die Macht an sich gerissen hatten, war noch keineswegs sicher, ob die neuen Verhältnisse von Bestand sein würden. Deswegen setzten die
Bolschewiki nun alles daran, ihre Macht unter allen Umständen zu erhalten.
Um Gegner einzuschüchtern und aus dem Weg zu räumen, befürworteten Lenin
und Trotzki ausdrücklich die Gewalt der Straße und den roten Terror als eine neue
Form von Klassengerechtigkeit. Schon lange schwelende soziale Spannungen und
die anwachsende Unzufriedenheit wurden als politisches Mittel ausgenutzt: Es
wurde toleriert, wenn wohlhabende Bürger oder Adelige ihres Besitzes beraubt,
misshandelt oder gar umgebracht wurden. Zudem gründeten die Bolschewisten
eine politische Polizei, die Tscheka, die für die willkürliche Ermordung von Tausenden von vermeintlichen Klassenfeinden verantwortlich ist. Im Juli 1918 erschoss
ein Kommando der Tscheka bei Jekaterinenburg den ehemaligen Zaren und seine
gesamte Familie.
Die Gegner werden
ausgeschaltet
Außenpolitisch lösten die Bolschewisten ihr Friedensversprechen ein und schlossen bei Brest-Litowsk am 3. März 1918 einen für Russland mit großen Gebietsverlusten verbundenen Frieden. Gleichzeitig formierten sich unter Führung ehemals
zaristischer Generäle die Gegner der Bolschewisten zur so genannten „Weißen
Armee“. Anfangs kämpften auch Truppen aus Großbritannien und Frankreich auf
Seiten der Weißen, unterstützt wurden sie von Japan und den USA. Während sich
das Lager der Weißen aber nicht auf eine einheitliche Strategie und ein konkretes
Regierungsprogramm einigen konnte, errang die von Trotzki geformte Rote Armee
in dem erbittert geführten Bürgerkrieg den Sieg.
Der Bürgerkrieg
Der Bürgerkrieg vernichtete auch noch die letzten Werte der russischen Volkswirtschaft. Die Industrieproduktion betrug nur noch ein Drittel der Vorkriegsproduktion, die Landwirtschaft war zerrüttet und für den Winter 1921/22 kündigte sich
eine Hungersnot an. Erste Protestzüge, Widerstandsaktionen der Bauern und vor
allem der Aufstand der Matrosen auf der Petrograder Inselfestung Kronstadt im
Februar und März 1921 bedrohten die Herrschaft der Bolschewisten. In dieser Situation traf der X. Parteikongress der Kommunistischen Partei im März 1921 auf
Lenins Geheiß zwei weitreichende Beschlüsse. Fortan war es verboten, innerhalb
der Kommunistischen Partei eine andere Meinung als die Führung zu vertreten.
Dieses Verbot, Fraktionen zu bilden, verhinderte in den Folgejahren jegliche innerparteiliche Opposition.
Widerstände
und Reaktionen
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