§ 21 Die auswärtigen Beziehungen 1. Welche Probleme sind dem

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§ 21
Die auswärtigen Beziehungen
1.
Welche Probleme sind dem Grundgesetz hinsichtlich der Beziehungen zu auswärtigen
Staaten aufgegeben?
Zunächst muss die Verbandskompetenz, sodann die Zuständigkeit der Bundesorgane
bestimmt werden. Letztlich ist zu klären, wieweit die auswärtigen Beziehungen
verfassungsgerichtlicher Kontrolle unterliegen.
(Rdnr. 1077)
2.
Was ist unter „Abschluss-„ und „Transformationskompetenz“ zu verstehen?
Die Abschlusskompetenz ist gleichbedeutend mit der Zuständigkeit für den Abschluss
völkerrechtlicher Verträge. Die Transformationskompetenz betrifft die Frage, auf welche
Weise völkerrechtliche Verträge in innerstaatliches Recht transformiert werden.
(Rdnr. 1079 f.)
3.
Wie unterscheiden sich „Transformations-“ und „Vollzugslehre“?
Ihnen liegen unterschiedliche Theorien hinsichtlich des Verhältnisses von Völkerrecht und
nationalem Recht zugrunde. Nach der „Vollzugslehre“ bedarf es nicht der Transformation
eines völkerrechtlichen Vertrages in innerstaatliches Recht; ein solcher Vertrag müsse
lediglich innerstaatlich „vollzogen“ werden.
(Rdnr. 1079)
4.
Wem fällt die Verbandskompetenz für die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen
Staaten zu?
Dem Bund (Art. 32 Abs. 1 GG).
(Rdnr. 1081)
5.
Kann der Bund aufgrund seiner Verbandskompetenz auch völkerrechtliche Verträge
abschließen, die innerstaatliche Akte der Landesgesetzgebung erfordern?
Die Frage ist umstritten und wird von der „zentralistischen“ und der „föderalistischen“
Auffassung unterschiedlich beantwortet. Überzeugend ist letztlich allein die vermittelnde
Auffassung, nach der der Bund zum Abschluss derartiger Verträge befugt ist, wenn er zuvor
das Einverständnis der Bundesländer eingeholt hat.
(Rdnr. 1082 ff.)
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6.
Wie wird in der Staatspraxis verfahren, um Friktionen zwischen Bund und Ländern
beim Abschluss völkerrechtlicher Verträge zu verhindern?
Es gibt eine „Ständige Vertragskommission der Länder“, die der Bundesregierung im Vorfeld
des Vertragsabschlusses als Gesprächspartner zur Verfügung steht.
(Rdnr. 1089)
7.
Können einzelne Bundesländer völkerrechtliche Verträge schließen?
Ja, sofern die Länder für die Gesetzgebung zuständig sind. Allerdings bedürfen sie der
Zustimmung der Bundesregierung (Art. 32 Abs. 3 GG).
(Rdnr. 1094)
8.
Fallen auch Konkordate unter die Bestimmung des Art. 32 Abs. 3 GG?
Auf den ersten Blick ja, weil auch Konkordate völkerrechtliche Verträge – nämlich zwischen
dem Heiligen Stuhl und einem Staat kirchliche Angelegenheiten betreffend – sind. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Konkordate allerdings von der Geltung
des Art. 32 Abs. 3 GG ausgenommen. Hierdurch ist den Bundesländern eine größere
Eigenständigkeit bei der Regelung ihrer schulischen Angelegenheiten eingeräumt worden,
denn eine Anwendung des Art. 32 Abs. 3 GG hätte bedeutet, dass der Abschluss von
Konkordaten von der Zustimmung der Bundesregierung abhängig gewesen wären.
(Rdnr. 1095)
9.
Welche Zuständigkeiten sind dem Bundespräsidenten im Bereich der auswärtigen
Beziehungen zugeordnet?
Die völkerrechtliche Vertretung des Bundes und der Abschluss von Verträgen mit
auswärtigen Staaten (Art. 59 Abs. 1 Satz 1, 2 GG).
(Rdnr. 1097)
10.
Was versteht man unter „Beglaubigung“ und „Empfang“ der Gesandten?
Mit „Gesandten“ sind die diplomatischen Vertreter – also die Botschafter – gemeint. Der
Bundespräsident beglaubigt die Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in anderen
Staaten durch ein besonderes Beglaubigungsschreiben, das diese dem jeweiligen
Staatsoberhaupt zu übergeben haben. Er „empfängt“ die Botschafter auswärtiger Staaten zur
Überreichung von deren Beglaubigungsschreiben. In Art. 59 Abs. 1 Satz 3 GG werden also –
sprachlich sehr verkürzt – ganz unterschiedliche völkerrechtliche Handlungen angesprochen.
(Rdnr. 1097)
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11.
Zwischen welchen völkerrechtlichen Verträgen ist nach Art. 59 Abs. 2 GG zu
unterscheiden?
Zwischen „Staatsverträgen“ und „Verwaltungsabkommen“. Die Terminologie ist etwas
unglücklich, weil auch Verwaltungsabkommen völkerrechtliche Verträge zwischen Staaten
sind. Die herkömmliche Differenzierung wird im Hinblick auf die Zustimmung der
gesetzgebenden Organe vorgenommen, die nur bei „Staatsverträgen“ erforderlich ist.
(Rdnr. 1100)
12.
Was bedeutet das „einphasige“ und das „mehrphasige“ Verfahren beim Abschluss
völkerrechtlicher Verträge?
Völkerrechtliche Verträge können grundsätzlich mit ihrem Abschluss wirksam werden, so
dass insoweit nur eine „Phase“ zu verzeichnen ist. Von einem „mehrphasigen“ Verfahren
spricht man, wenn auf die Unterzeichnung des Vertragstextes noch ein innerstaatliches
Zustimmungsverfahren folgt.
(Rdnr. 1104)
13.
Was versteht man unter einer „Ratifikationsklausel“?
Die „Ratifikationsklausel“ ist eine Vertragsbestimmung, nach der der völkerrechtliche
Vertrag vor seinem Inkrafttreten einer besonderen Bestätigung (Ratifikation) durch den
Vertragspartner bedarf. Auf diese Weise kann den verfassungsrechtlichen Erfordernissen der
vertragschließenden Staaten genügt werden.
(Rdnr. 1104)
14.
Welche Differenzierung wird im Grundgesetz hinsichtlich der zustimmungsmäßigen
„Staatsverträge“ vorgenommen?
Das Grundgesetz unterscheidet zwischen völkerrechtlichen Verträgen, die sich auf
Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, und solchen, die die politischen Beziehungen
des Bundes regeln.
(Rdnr. 1107 ff.)
15.
Woraus ergibt sich das Zustimmungserfordernis auch für die sog. „politischen
Verträge“?
Eben aus ihrer politischen Bedeutung, die eine breitere Legitimation fordert, als sie die
Regierung allein zu vermitteln vermag.
(Rdnr. 1109)
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16.
Welche Formel hat das Bundesverfassungsgericht zur Kennzeichnung der „politischen
Verträge“ entwickelt?
Diese Verträge müssen die „Existenz des Staates“, seine territoriale Integrität, seine
Unabhängigkeit, seine Stellung und sein Gewicht unter den Staaten oder die Ordnung der
Staatengemeinschaft betreffen.
(Rdnr. 1109)
17.
Wie unterscheidet sich das Gesetzgebungsverfahren bei der Vertragsgesetzgebung vom
üblichen Verfahren der Bundesgesetzgebung?
Die Vertragsgesetzgebung kennt nur zwei Beratungen, weil der Bundestag den Vertrag selber
nicht ändern, sondern ihm nur zustimmen kann bzw. ihn ablehnen muss.
(Rdnr. 1114)
18.
Welcher Mehrheit bedürfen Vertragsgesetze?
Der gleichen Mehrheit mit der Bundesgesetze beschlossen werden, also der einfachen
Mehrheit.
(Rdnr. 1115)
19.
Wie ist der Bundespräsident an der Vertragsgesetzgebung beteiligt?
Der Bundespräsident hat das Vertragsgesetz – wie andere Gesetze auch – auszufertigen und
zu verkünden (Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG). Hiervon zu unterscheiden ist die ebenfalls vom
Bundespräsidenten vorzunehmende „Ratifikation“, nämlich die Bestätigung des Vertrags
gegenüber den Vertragspartnern, die die Voraussetzung für das völkerrechtliche Inkrafttreten
bildet.
(Rdnr. 1116)
20.
Wie unterscheiden sich „Verwaltungsabkommen“ von „Staatsverträgen“?
Dadurch, dass bei letzteren die Zustimmung des Bundestages in Form eines Bundesgesetzes
erforderlich ist.
(Rdnr. 1100)
21.
Bedarf das Verwaltungsabkommen unter Umständen der Zustimmung des Rates?
Ja, sofern zur Erfüllung des Vertrages staatliche Rechtsverordnungen
Verwaltungsvorschriften notwendig sind, denen der Bundesrat zustimmen muss.
oder
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(Rdnr. 1119)
22.
Können völkerrechtliche Verträge durch das Bundesverfassungsgericht auf ihre
Verfassungsmäßigkeit überprüft werden?
Ja, das Vertragsgesetz ist als „Bundesrecht“ tauglicher
Normenkontrollverfahrens, aber auch der Verfassungsbeschwerde.
(Rdnr. 1122)
23.
Gegenstand
des
Welches ist die Voraussetzung dafür, dass das Bundesverfassungsgericht eine wirksame
Kontrolle völkerrechtlicher Verträge vornehmen kann?
Dass diese noch nicht in Kraft getreten sind, mit anderen Worten sie jedenfalls noch nicht
ratifiziert worden sind.
(Rdnr. 1122 ff.)
24.
Welches ist das Kernproblem der verfassungsrechtlichen Kontrolle völkerrechtlicher
Verträge?
Das Spannungsverhältnis zwischen Recht und Politik, insbesondere der Umstand, dass sich
der Erfolg oder Misserfolg einer bestimmten Politik nicht sicher prognostizieren lässt. Das
Bundesverfassungsgericht bekennt sich deshalb auf dem Gebiet der Außenpolitik zur
richterlichen Selbstbeschränkung.
(Rdnr. 1126 ff.)
25.
Ist auch die Europäische Union ein Völkerrechtssubjekt?
Ja. Vormals besaß nur die Europäische Gemeinschaft Völkerrechtssubjektivität, aber mit dem
völligen Aufgehen in der Europäischen Union trifft dies nun auch für Letztere als
Rechtsnachfolgerin zu.
(Rdnr. 1135)
26.
In welchem Bereich kann die Europäische Union völkerrechtliche Verträge
abschließen?
Nach herrschender Meinung darf die Europäische Union auf den Gebieten völkerrechtliche
Verträge abschließen („Außenkompetenz“), auf denen sie im Verhältnis zu den
Mitgliedstaaten handeln darf, also Innenkompetenz besitzt.
(Rdnr. 1135)
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27.
Welcher bundesdeutschen Vorschrift ähnelt das Vertragsabschlussverfahren, bzw. die
Organkompetenz auf europäischer Ebene?
Es besteht eine Parallele zu dem Verfahren nach Art. 59 Abs. 2 GG. Allerdings kommt dem
Bundestag eine deutlich stärkere Mitwirkungsfunktion zu als dem Europäischen Parlament.
(Rdnr. 1136)
28.
Wie ist das Handeln der Europäischen Union im Rahmen der gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik zu qualifizieren?
Obwohl die Europäische Union nun über einen Hohen Vertreter für die gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik verfügt, behält dieser Zweig weiterhin seinen intergouvernementalen
Charakter.
(Rdnr. 1138)
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