DER DA FORTSCHRITTE MATHEMATISCHEN WISSENSCHAFTEN IN MONOGRAPHIEN HERAUSGEGEBEN VON OTTO BLUMENTHAL ====== HEFT 2 ======== H. A. LORENTZ A. EINSTEIN· H. MINKOWSKI S RELATIVITATSPRINZIP EINE SAMMLUNG VON ABHANDLUNGEN MIT ANMERKUNGEN VON A. SOMMERFELD UND VORWORT VON O. BLUMENTHAL ZWEITER, DURCHGESEHENER ABDRUCK LEIPZIG UND BERLIN DRUOK UND VERLAG VON E.G. TEUBNER 1915 - COPYRIGHT 1915 BY B. G. TEUBNER IN LEIPZIG. ALLE RECHTE, EINSCHLIESSLICH DES UBERSETZUNGSRECHTS, YORBEHALTEN. Vorwort zum' ersten Abdruck. Minkowskis Vortrag "Raum und Zeit", del' im Jahre 1909 mit einem Vorwort von A. Gutzmer als selbstandige Schrift erschienen ist, ist bereits vergriffen. Herr Sommerfeld hat die gluckliche Anregung gegeben, die von dem Verlage gewunschte Neuausgabe zu einer groBeren Publikation zu erweitern, in del' die grundlegenden Orginalarbeiten uber das Relativitatsprinzip zusammengestellt werden soUten. Die freundliche Bereitwilligkeit del' Herren H. A. Lorentz und Einstein hat die Ausfuhl'ung dieses Planes ermoglicht. So enthalt dieses Bandchen, ali:'! eine Sammlung von Urkunden zur Geschichte des Relativitiitsprinzips, die Entwicklung del' Lorentzschen Ideen, Einsteins erste groBe Al'beit und Minkowskis V oritag, mit dem die Populal'itiit des Relativitatsprinzips einsetzt. Ais Erganzung dient das erste Biindchen diesel' Sammlung "Fol'tschritte del' mathematischen Wissenschaften in Monographien", das die beiden ausflihrlichen Veroffentlichungen Minkowskis enthiilt. Del' el'sten Auflage del' Schrift "Raum und Zeit" ist Minkowskis Bild vorangestellt. Tl'otz des allgemeineren Charakters del' neuen Ausgabe glaubten wir, fur Minkowski das Vorrecht del' Toten in Al1spruch nehmen und auch diesen Band mit seinem Bilde schmucken zu durfen. Aachen, Mai 1913. OTTO BLUMENTHAL. INHA1TS VERZEICHNIS. H. A. LORENTZ, Der Interferenzversuch Michelsons. . . . . . . . . . . . " H. A. LORENTZ, Elektromagnetische Erscheinungen in einem System, das sich mit beliebiger, die des Lichtes nicht erreichender Geschwindigkeitbewegt. . . A. EINSTEIN, Zur Elektrodynamik bewegter Karper . " ..... A. EINSTEIN, 1st die Tragheit eines Karpers von seinemEnergieinhalt abhangig? H. MrNKowsKI, Raum und Zeit . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . '. . . A. SOMMERFELD, Anmerkungen zu Minkowski, Raum und Zeit . . . . . . . . H. A. LORENTZ, Das Relativitatsprinzip und seine Anwendung auf einige besondere physikalische Erscheinungen. . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . Seite 1 6 27 53 56 611 74 H. A.. LORENTZ. Der Interferenzversuch Michelsons 1 Der Interferenzversuch Michelsons. Von H. A. LORENTZ. *) 1. Wie zuerst von Maxwell .bemerkt wurde und aus einer sehr einfachen Rechnung folgt, muE sich die Zeit, die ein Lichtstrahl braucht, um zwischen zwei Punkten.A und B hin und zuriick zu gehen, andern, sobald diese Punkte, ohne den Ither mit sich fortzufUhren, eine gemeinschaftliche Verschiebung edeiden. Die Veranderung ist zwar eine GroEe zweiter Ordnung; sie ist jedoch groE genug, um mittelst einer empfindlichen Interferenzmethode nachgewiesen werden zu konnen. Del' Versuch wurde im Jahre 1881 von Herm Michelson ausgefiihrt.**) Sein Apparat, eine Art Interferentialrefraktor, hatte zwei gleich lange, hodzontale, zueinander senkrechte Arme P und Q, und von den beiden miteinander interferierenden Lichtbiindeln ging das eine Htugs dem Arme P und das andere langs dem Al"me Q hin und zuriick. Das ganze Instrument, die Lichtquelle und die Beobachtungsvon'ichtung miteinbegriffen, lieE sieh urn eine veTtikale Achse dl"ehen, und' es kommen besonders die beiden Lagen in Betracht, bei denen del" Al"m P odeI' del' Ann Q so gut wie moglich die Richtung del" El"dbewegung hatte. Es wurde nun, auf Grund del" Fl"esnelschen Theol"ie, eine Verschiebung del" Interferenzstl"eifen bei del' Rotation aus del" einen jenel" "Hauptlagen" in die andere erwartet. Von diesel" durch die Andel"ung del' Fmtpflanzungszeiten bedingten Vel"schiebnng - wir wollen dieselbe del' Kiirze halber die Maxwellsche Verschiebung nennen - wurde abel' keine SpUl" gefunden, und so meinte Herr Michelson denn schlieBen zu ditrfen, daB derlther bei del' Bewegung del" Erde nicht in Ruhe bleibe, eine Folgerung freilich, deren Richtigkeit bald in Frage gestellt wurde. Durch ein Versehen hatte namlich Herr Michelson die nach del" Theode zu 6J:wartende Veranderung del' Phasendifferenzen auf das Doppelte des richtigen Wertes veransehlagt; verbesserl man diesen Fehler, so gelangt man zu Vel"schiebungen, die durch Beobachtungsfehler gerade noch vel"deckt wel"den konnten. *) Aus: Versuch einer Theorie der elektrischen und optischen Erscheinungen in bewegten Korpern (Leiden 1895) §§ 89-92. *"') Michelson, A.merican Journal of Science (3) 22 (1881) S. 120. 2 H. A. LORENTZ In Gemeinschaft mit Herrn Morley hat dann spater Herr Michelson die Untersuchung wieder aufgenommen*), wobei er, zur Erhohung der Empfindlichkeit, jedes Lichtbundel durch .einige Spiegel hin und her refiektieren lieB. Dieser Kunstgriff gewahrte denselben Vorteil, als wenn die A.rme des fruheren Apparates betrachtlich verlangert worden Waren. Die Spiegel wurden von einer schweren, auf Quecksilber schwimmenden, und also leicht drehbaren Stein platte getragen. 1m ganzen hatte jetzt jedes Bundel emen Weg von 22 Metern zu durchlaufen, und war nach del' Fresnelschen Theorie, beim Ubergange von der einen Hauptlage zur anderen, eine \T erschiebung von 0,4 der Streifendistanz zu erwarten. NicMsdestowelliger ergabell sich bei del' Rotation nur Verschiebungen von- hochstens 0,02 del' Streifendistanz; dieselben durften wohl von Beobachtungsfehlern herruhren. Darf man nun auf Grund dieses Resultates annehmen, daB del' Ather an der Bewegung der Erde teilnehme und ulso die Stokessche Aberrationstheorie die richtige sei? Die Schwierigkeiten, auf welche diese TheOl·ie bei der Erklarung der Aberration stoBt, scheinen mil' zu graB zu sem, als daB ich diesel' Meinung sein konnte, und nicht vielmehr versuchen solite, den Widerspruch zwischen der' Fresnelschen Theorie und dem Michelsonschen Ergebnis zu beseitigen. In del' Tat gelingt das mittelst einer Hypothese, welche ich schon vor einiger Zeit ausgesprochen habe**), und zu der, wie ich spateI' erfahren habe, auch Herr Fitzgerald ***) gelangt ist. Worin dieselbe besteht, soli del' nachste Paragraph zeigen. 2. Zur Vereinfachung wollen wir annehmen, daB man mit einem Instrumente wie dem bei den erSten Yersuchen beriutzten arbeite, und daB bei der einen Hauptlage der Arm P genau in die Richtung del' Erdbewegung falle. Es sei .p die Geschwindigkeit dieser Bewegung und L die Lange jades Armes, mithin 2L der Weg der Lichtstrahlen. Nach der Theoriet) bewirkt dann die Translation, daB die Zeit, in del' das eine Lichtbi1ndel an P entlang hin uml zuruck geM, UUl jl2 L· Vii langer ist als die Zeit, in der das andere Bundel seinen Weg vollendet. Eben diese Differenz wi1rde auch bestehen, wenn, ohne daB die Translation einen *) Michelson and Morley, American Journal of Science (3) 34 (1887) S. 333; Phil. Mag. (5) 24 (1887) S. 449. Lorentz, Zittingsverslagen der Akad. v. Wet. te Amstel;il,am, 1892-93, .8. 74. Wie Herr Fitzgerald mir freundlichst mitteilte, hat~'er seine Hypothese schon seit Hi-ngerer Zeit in seinen Vorlesungen behandelt. In der Literatur habe ich dieselbe nur bei Herrn Lodge, in der Abhandlung "Aberration problems" (London Phil. 'Trans. 184 A (1893) S. 727) erwahnt gefunden. t) Vgl. Lorentz, Arch. neerl. 21 (1887) S. 168-176. Der Interferenzversuch Michelsous 3 EinfiuB hatte, der Arm P urn Hinger ware alB del' Arm Q. Ahnliches gilt von del' zweiten Hauptlage. Wir sehen also, daB die von del' Theorie erwarteten Phasendifferenzen auch dadurch entstehen konnten, daB bei del' Rotation des Apparates bald d,er eine, bald del' andere ArJIl die groBere'Lange hatte. Daraus folgt, daB dieselben durch entgegengesetzte Veranderungell del' Dimensiollen kompensiert werden kannen. Nimmt man an, daB del' in der Richtung del' El'dbewegung liegende Arm um kiirzer sei als del' andere, und zugleich die Translation den EinfiuB habe, del' sich aus del' Fresnelschen Theorie t:ll'gibt, so ist das Resultat des Michelsonschen Yersuches vollstandig erklart. Man hatte sich sonach vorzustellen, daB die Bewegung eines festen Karpel's, etwa eines Messingstabes, odeI' del' bei den spateren Yersuchen benutzten Steinplatte, durch den ruhenden Ather hindurch eiuen EinfiuB auf die Dimensionen habe, del', je nach del' Orientierung des Korpel's in Bezug auf die Richtung del' Bewegung, vel'schieden ist. Wiil'den z. B. die del' Bewegungsrichtung parallelen Dimensionen im Vel'haltnis von 1 zu 1 0 und die zu derselben senkl'echten im'Yel'haltn~s von 1 zu 1 + s geandert, so miiBte + (1) sem. Es bliebe hierbei del' Wert einer del' GraBen. 0 und s unbestimmt. Es kannte s = 0, 0 = , lJ2 2i2 sein, abel' auch s = 2t-2' 0=0, odeI' s T;2' 2 2 lJ • = 4 und 0='--· 4V2 3. So befremdend die Hypothese auch auf den ersten Blick erscheinen mag, man wird dennoch zugeb'en mussen, daB sie gar nicht so fel'n liegt, sobald man annimmt, daB auch die Molekularkrafte, ahnlich wie wir es gegenwartig von den elektrischen ,und magnetischen Kl'aften bestimmt behaupten konnen, durch den Ather vel'mittelt. werden. 1st dem so, so wird die Translation die Wil'kung zwischen zwei Molekiilen odeI' Atomen hachstwahl'scheinlich in ahnlicher Weise andel'll, wie die Anziehung odeI' AbstoBung zwischen geladenen Teilchen.Da nun die Gestalt und die Dimensionen eines festen Korpel's in letzter 1nstanz durch die 1ntensitat del' Molekularwil'kungen bec1ingt werden, so kann dann ailch eine Anderung der Dimensionen nicht ausbleiben. 4 H. A. LORENTZ In theoretiseher Hinsieht ware also niehts gegen die Hypothese einzuwenden. Was die experimentelle Priifung derselben betrift't, so ist zunaehst zu bemerken, daB die in Rede stehenden VerHingerungen nnd Verkiirzungen auBerordentlich klein sind. Es ist lJl!j"Vll = 10-8, und somit wiirde, falls ~an (; = 0 setzt, die Verkiirzung des einen Durchmessers der Erde etwa 6,5 em betragen. Die Lange eines Meterstabes aber anderle sich, wenn man ihn aus del' einen Hauptlage rn die andere iiberfiihrte, urn %00 Mikron. Wonte man so kleine GraBen wahrnehmen, so konnte man sieh wohl nur von ein~r 1nterferenzmethode Erfolg versprechen. Man hatte also mit zwei zuernander senkrechten f3taben zu arbeiten und von zwei miteinander interferierenden Lichtbiindeln das eine an dem ersten und das andere an dem zweiten Stabe entlang hin- und hergehen zu lassen. Hierdurch gelangte man aber wieder zu dem Michelsonschen Versuch und wiirde bei der Rotation gar keine Verschiebung del' Streifen wahrnehmen. Umgekehrt wie wir es fruher ausdriickten, konnte man jetzt sagen, daB die aus den Langenanderungen hervorgehende Verschiebung durch die Maxwellsche Verschiebung kompensiert werde. 4. Es ist beachtenswert, daB man gerade zu den oben vorausgesetzten Veranderungen der Dimensionen gefiihrl wird, wenn man erstens, ohne die Molekularbewegung zu beriicksichtigen, annimmt, daB in ernem sich selbst iiberlassenen festen Karper die auf ein beliebiges Molekiil wirkenden Krafte, Anziehungen oder AbstoBungen, einander das Gleichgewicht halten, und zweitens - wozu freilich kein Grund vorliegt - auf diese Molekularkrafte das Gesetz anwendet, das wir friiher*) fUr die elektrostatischen Wirkungen abgeleitet haben. Vel'steht man namlich jetzt unter 8 1 und 8 2 nicht, wie an jener Stelle, zwei Systeme geladenel' Teilchen, sondern zwei Systeme von Molekiilen - das zweite ruhend und das erste mit der Geschwrndigkeit t> in der Richtung der x-Achse - , zwischen deren Dimensionen die friiher angegebene Beziehung besteht, und nimmt man an, daB in beiden Systemen die x-Komponenten der Krafte dieselben seien, dieJf und z-Komponenten sich aber durch den Faktor 111 - t: voneinander unterscheiq~n, so ist klar, daB sich die Krafte in 8 1 aufheben werden, sobald dies rn 8 2 geschieht. 1st demnach 8l! der Gleichgewichtszustand eines ruhenden festen Korpers, so haben in 8 1 die Molekiile gerade diejenigen Lagen, in denen sie unter dem Einfl.usse der Translation verharl'en konnen. Die Verschiebung wiirde diese Lagerung natitrlich von selbst herbeifiihren und also nach den an der genannten Stelle gegebenen Formeln erne Verktlflung in der Be*) Namlich in § 23 des Buches: Versuch einer Theorie der elektrischen und optischen Erscheinungen in bewegten Korpern. Der Interferenzversuch Michelsons wegungsrichtung im Verhaltnis von 1 zu zu den vVerten 111 - ~22 bewirken. Dieses fiihrt V2 d'=-2V 21 c=O, was mit (1) iibereinstimmt. In Wirklichkeit befinden sich die Molekiile eines Karpers nicht in Ruhe, sondern es besteht in jedem "Gleichgewichtszustande" eine stationare Bewegung. Inwiefern dieser Umstand bei der betrachteien Erscheinung von EinfluB ist, mage dahingestellt bleiben; jedenfalls lassen die Versuche der Herren Michelson und Morley wegen der unvermeidlichen Beobachtungsfehler einen ziemlich weiten Spielraum fur die Werte von d' und c. 6 H. A. LORENTZ Elektromagnetische Erscheinungen in einem System, das sich mit beliebiger, die des Lichtes nicht erreich.ender Geschwindigkeit bewegt. Von H. A. LORENTZ."') 1. Wenn man durch theoretische Betraehtungen den EinfluB zu bestimmen versucht, den eine Translation, wie sie z. B. aile Systeme Clurch die jfihrliche Erdbewegung e~fahren, auf elektrische und optische Erscheinungen ausiiben kannte, so gelangt man in verhaltnismaBig einfacher Weise zum Ziel, solange nul' solche GraBen betraehtet zu werden brauchen, die proportional del' ersten Potenz des Verhaltnisses del' Translationsgeschwindigkeit w zur Lichtgeschwindigkeitc sind. Faile, in denen GraBen von zweiter Ordnung, also von del' Ordnung :22, wahl'llehmbar sein kannten, hieten mehr Schwierigkeiten. Das erste Beispiel diesel' A.rt ist Michelsons wohlhekannter Interferenzversuch, dessen negatives Ergebnis Fitzgerald und mich zu dem Sehlusse fiihl'te, daB die Dimensionen fester Korper sieh infolge ihrer Bewegung durch den lther ein wenig andel'll. Einige weitere Versuche, in den en eine Wirkung zweiter Ordnung gesueht wurde, sind kUrzliclrveraffentlicht worden. Einmal haben Rayleigh **) und Braee***) untersucht, ob die Erdbewegung ei11en Karpel' doppelhrechend macht; man kannte dies zunachst erwarten r wenn man die eben erwahnte Veranderullg del' Dirnensionen anl1immt. BeidePhysiker kommen jedoch 1'. zu einem negativen Ergebnis. Dann haben sieh Trouton und Noblet) bemiiht, .jin Drehmoment zu entdecken, das auf einen geladenen Kondensator wirkt, clessen Platten einen Winkel mit derTranslationsrichtung bilden. Die Elektronentheorie forded unzweifelhaft die Existenz eines solchen Drehmoments, wenn man sie nicht durch eine neue Hypothese verandert. Urn das' einzusehen, geniigt es, einen *) Deutsche Ubersetzung d er in englischer Sprache ,~chienenen Abhandlung: Electromagnetic phenomena in a syst~m moving with any velocity smaller than that of light. (Proceedings Acad. Sc. Amsterdam 6 (1904) S.809.) **) Rayleigh, Phil, Mag. (Il) 4 (1902) S. 678. Brace, PhiL Mag. (6) 7 (1904) S. 317. t) Trouton und Noble, Londou R. Soc. Tran8. A 202 (1903) S. 165. EJektromagnet. Erscheinungeu in eiuem System mit beliebiger Geschwindigkeit 7 KOlldensator mit Ather als Dielektrikum zu betrachten. Es liiBt sich zeigen, daB in jedem elekhostatischen mit einer Geschwindigkeit W *) bewegten System eine gewisse "elektromagnetische BewegungsgroBe" besteht. Wenn wir diese nach GraBe und Hichtung durch einell Vektor @ bezeichllell, so bestimmt sich das erwiihllte Drehmoment durch das Vektorprodukt **) [@. W]. (1) V{ eun nun die .e -Achse senkrecht zu den Kondensatorplattp,n gewiihlt wird, die Geschwindigkeit W eine beliebige RichtUllg hat, und wenn U die in ublicher Weise berechnete Energie des KOlldensators ist, dann sind die Komponenten von @, bis zur 1. Ordnung genau, durch die folgellden Formeln gegeben***): . 2U @",= 7 W"" Setzen wir diese Werte in (1) ein, so el'halten wir fur die Komponenten des Drehmoments bis zu GraBen zweiter Ordnung genau: 2U -(j2W",W z , o. I)'iese Ausdrucke zeigen, daB die Achse des Drehmoments in del' Ebene del' Platten, senkrecht ZUl' Translation liegt. Wenn a del' Winkel zwischen del' Geschwindigkeit und del' Normalen zu den Platten ist, so wird das DrebU · . moment c2 w 2 sin 2 ai es sucht den Kondensatol' so zu drehen, daB die Platten sich parallel zur Erdbewegung einstellen. Beim Apparat von Trouton und Noble saB del' Kondensator am Balken einer TOl'sionswage von genugender Empfindlichkeit, urn durch ein Drehmoment del' erwiihnten GroBenol'dnung abgelenkt zu werden. Es kOllnte abel' nichts derartiges beobachtet werden. 2. Die besprochenen Versuche sind nieht del' einzige Grund, weshalb eine neue Behandlung del' mit del' Bewegung del' Erde verbundenen Probleme wUllschenswert ist. Poincaret) bat gegen die bisherige TheOl'ie del' optischen und elektrischell Erscheilluugen bewegtel' Korper eingewandt, daB ZUl' ErkHirung des negativen Ergebuisses Michelsons eine neue Hypothese eingefuhrt werden muBte, und daB dies jedesmaillotwendig werden konne, *) Eiu 'Vektor wird durch eillen deutschell Buchstaben bezeichnet, seine Grii£\e durch den entsprechenden lateinischen. V gl. meinen Artikel: "Weiterbildung der Maxwellschen Theorie. Elektronentheorie" in der Mathematischen Encyklopadie 'V 14, §21 a. (Dieser Artikel wird zitiert mit M. E.) ***) M. E. § 56 c. t) Poincare, Happons du Congres de physique de 1900. Paris. 1 S. 22, 23. R. A. LOREN'£z 8 wenn neue Tatsachen bekannt wurden. Sicherlich haftet diesem Aufstellen von besonderen Hypothesen' fur jedes neue Versuchsergebnis etwas Kunstliches an. Befriedigender ware es, konnte man mit Hilfe gewisser grundlegender Annahmen zeigen, daB viele elektromagnetische Vorgange streng, d. h. ohne irgendwelche Vernachlassigung von Gliedern hoherer Ordnung, unabhangig von der Bewegungdes Systems sind. Vor einigen Jahren habe ich schon versncht, eine derartige TheOl·ie*) aufzustellen. Jetzt glaube ich den Gegenstand mit besserem Erfolg behandeln zu konnen. Die Geschwindigkeit wird nur der einen Beschrankung unterworf(;jn, daB sie kleiner als die des Lichtes sei. 3. rch gehe aus von den Grundgleichungen der Elektronentheorie.**) Sei 0 die dielektrische Verschiebung im Ather, ~ die magnetische Kraft, Q die V olumendichtigkeit der Ladung eines Elektrons, IJ die Geschwindigkeit eines Punktes eines solchen Teilchens und f die elektrische Kraft, d. h. die auf die Einheitsladung gerechnete Kraft, die der Ather auf ein Volumenelement eines Elektrons ausubt. Wenn wir ein festes Koordinatensystem benutzen, so ist divO=Q, div~=O, rot ~ (2) = c1 (0. + QIJ), rot 0 = - ~ c f, '1, Ich nehme nun an, daB das System sich als ganzes in der Richtung der x-Achse mit einer konstanten Geschwindigkeit tv bewegt, und bezeichne mit U die Geschwindigkeit, die auBerdem ein Punkt eines Elektrons haben moge; dann ist Wenn gleichzeitig die Gleichungen (2) autAchsen bezogen werden, die sich mit dem System bewegen, so wird: divo=Q, div~= S~ *) Lorentz, Zittingsverslag Akad. Wet. 7 (1899) S. 507; Amsterdam Proe. 1898-99 427. *"') M. E. § 2. Elektromagnet. Erscheinungen in einem System mit beliebiger Geschwindigkeit 9 olly 1 (a 0) h az = - 7 ot - W OX oll", oll. rz0;; =-71 (0ot,-W ox0) 'k olly _ oll", ~ (i. _ w J...) ~ ox oy c ot ox·, ollz Fii - "l:x' "ly' = + 71 _ f", = b", fy = by - 7 w~z + 7 (ltz~", -It,,,~z), t= b. + 7 W~y +7 (U",9 y --:- Uyljx)~ (It!l~Z - ltz~y), 1 1 1 1 4. vVir transformieren diese Pormeln durch Einfiihrung neuer Veranderlieher. Wir setzen (3) und verstehen unter 1 eine weitere ZahlengraBe, deren Wert spater angegeben werden soll. Als unabhangige Veranderlie'he nehme ieh (4) X' = (5) klx,y' t , l k = ly, z' w --t -7cl-x 2 = lz, = c ' und definiere zwei neue Vektoren b' und lj' dureh die Formeln b~ = :~ b:x, ~~ = n; = :~ (by - : 1).), b; = ~~ (b. + ~; ~!I)' :2 ~x, 9:; = :2 (9 + ~ b ~; = :2 (1), - ~ by). y z), Dafiir kannen wir wegen (3) auch sehreiben: (6) by = kl 2 (b'11 + ~lj') c:' 2 b• = kl k ') , " (b'• - !::!. c '"ly lj y = 7cl 2 ('k' "ly - ~b') c z;' lj z = k l2' ('k' 'Jz + !::!. b') , c y Del' Koeffizient 1 soll eine Funktion von tU sein, die fiir w = 0 den Wert 1 annimmt und fiir kleine VVerte von w sich nur urn GraBen von der zweiten Ordnung von 1 unterscheidet. Die Verandediehe t' heiBe "Ortszeit"; in del' Tat wird sie fiir 7c = 1, l = 1 identisch mit dem, was ich friiher darunter verstand. Setzen wir schlieBlieh: (7) (8) r H. A. 10 LORENTZ und deuten die letzteren Gra.Ben als Komponenten eines neuen Vektors u', so nehmen die Gleichungen die folgende Form an: diV' b' = (1 - I Wc~~) Q', div'lj' = 0, (ob' ") 1 ro t 'f..' "J =c 8i'+QU , (9) rot' b' = _ ~ o~' cot' , l Die Symbole div und rot' in (9) entsprechen div und rot in (2), nur mussen die Differentiationen nach x, y, z durch die entsprechenden nach x', y', z' ersetzt werdell.*) 5. Die Gleichungen (9) fiihren zu dem Schlu.B, da.B die Vektoren b' und lj' sich durch ein skalares Potential q/ und ein vektorielles Potential a' darstellen lassen. Diese Potentiale geniigen den Gleichungen**) (11) (12) A" £..}. a- 1 o2a' '(;2 0 t' 2 = - 1, , c2 Q U . *) Man wird bemerken, daB ich in dieser Abhandlung die Transformationsgleichungen der Einsteinschen Relativitatstheorie nicht ganz erreicht habe. Weder die Gleichung (7) noch die Formeln (8) haben die von Eihstein angegebene Gestalt, und infolgedessen ist es mir nicht gelungen'j!l>s Glied - wc~i in der ersten Glei- chung (9) zum Verschwinden zu bringen und Yo die Formeln (9) genau auf die fur ein ruhendes System geltende Gestalt zu bringen. Mit Jiiesem Umstande hangt daB Unbeholfene mancher weiteren Betrachtllngen ~n dieser' Arbeit zu'Elammen. Es ist das Verdienst Einsteins, das Relativitatsprinzip zuerst ala allgemeineB, ' . streng und genau geltendes Gesetz ausgesprochen zu haben. rch fuge noch die Bemerkung hinzu, daB Voigt bereits im Jahre 1887 (Gottinger Nachrichten S. 41) in einer Arbeit "Uber daB Dopplersche Prinzip" auf Gleichungen von der Form eine Transformation angewandt hat, welche der in den Gleichungen (4) und (5) meiner Arbeit enthaltenen aquivalent iat. (Allmerkung von H. A. LORENTZ, 1912.) **) M. E. §§ 4 und 10. Elektromagnet. Erscheinungen in einem System mit beliebiger Geschwindigkeit Die Vektoren b' und ~' (13) \.,1 (14) '"'1 = 1I 11 lassen sich folgendermaBen durch sie ausdriicken: = - cloa' ot' - 1'0t' gra d" cp +c W gra d" ax, a., 02 Das Symbol A' ist eine Abkiirzulig fiir OX'2 0 0 + oy'2 + 01$'2 2 2 , , und grad cp be- o' ~ , 0 ' zeichnet einen Vektor, dessen Komponenten ox ~ CP" ~CP" ,,~ sind; del' Ausdruck uy uZ grad' hat eine entsprechende Bedeutung. Um die Losungen von (11) und (12) in einfacher Form zu erhalten, nehmen wir x', y', rl als Koordinaten eines Punktes P' in einem Raum S' und ordnen dies em Punkte fiir jeden Wert t' die Werte Q', u', cp', a' ~u, die zu dem entsprechenden Punkte P(x, y, z) des elektromagnetischen Systems gehoren. Fiir einen bestimmten Wert t' dervierten unabhallgigen Veranderlichen sind die Potentiale cp' und a' in dem Punkt P des Systems ader in dem entsprechenden Punkt p' im Ranme Sf durch die Gleichungen gegeben *): is', , (lD~) cp , = _~Jhl 4n '1" ( a; a' (16) _1_ = 4onc~ j-'[Q'~'l dS'. r Hierin ist dS' ein Raumelement in S', r' seine Entfernung von pI, ,und die Klammeru bezeichnen die GroBe r/ und den Vektar Q' u', so wie sie in dem Element dS' fiir den Wert t' - , ~c del' vierten unabhangigen Veranderlichen erscheinen. Statt (15) und (16) konnen wir auch unter Berilcksichtigung von (4) und (7) schreiben: (17) tn' (18) ell' = = -r ~-J~ [Q) as 40n r ' _l-Jl(J~'] dS. <inc 'I' Dabei sind die Integrationen iiber das elektromagnetische System selbst zu erstrecken. Es ist wahl zu beachten, daB in diesen Gleichungen r' nicht die Entfernung zwischen dem Element dS und dem Punkt (x, y, z) bedeutet, fiir den die Berechnung ausgefiihl't werden soll. 1st das Element durch den Punkt (Xl' Yl' (1) chal'akterisiert, so miissen wir setzen *) M. E. §§ 5 und 10. H, A. 12 LOREN'l'Z Wenn wir cp' und a' fur den Zeitpunkt bestimmen wollen, fur den die Ortszeit in P gleich i' ist, so muss en wir Q und QU' den Wert geben, den sie im Element dS bei del' Ortszeit t' - ~ des Elementes besitzen. c 6. Es genugt fur unseren Zweck zwei Sonderfalle zu betrachtel', zunachst den eines elekhostatischen Systemes, d. h. eines Systemes, in dem die Translation von der Geschwindigkeit w die einzige Bewegung ist. In di3sem Falle wird u' = 0, und folglich wegen (12) a' = O. Ferner ist cp' von t' unabhangig, sodaB sich die Gleichungen (11), (13) und (14) vereinfachen zu 6,' cp' = - Q', { (19) b' = _ grad' cp', ~' = O. Nachdem wir £lurch diese Gleichungenden Vektor b' best,immt hab'~n, kennen wU' auch die elektrische Kraft, die auf Elektronen des Systems wirk".. Wegen u' = 0 nehmen die Gleichungen (10) fur sie die Gestalt an (20) Das Ergebnis HiBt sich in einfache Form bringen, wenn wir £las bewegte System Z, urn das es sich handelt, mit einem ruhenden System E' vergleichen. Dieses soll aus E dadurch hervorgehen, daB wir die Strecken in del' Richtung del' x-Achse mit kl und die Strecken in del' Richtung del' y- und z-Achse mit l multiplizieren. Wir wahlen fur diese Deformation passend £las Symbol (kt, l, l). In diesem neuen System, das sich in dem obenerwahnten Raume S' befinden moge, .geben wir del' Dichte den durch (7) bestimmten Wert Q', sodaB die Ladungen entsprechender V olumenelemente und entsprechender Elektronen in E und E' gleich sind. Wir erhalten danll die auf die Elektronen des bewegten Systems Z wirkenden Krafte, wenn wirzunachst die entsprechenden Krafte in E'bestimmen~und dann ihre Komponenten inder x-Richtung mit P und die dazu senkrechten Komponenten mit ~ multiplizieren. Wir driicken dies passend £lurch die Gleichung aus (21) ij(Z) = (l2, ~:, ~) ij(E'). Man bemerke auBerdem, daB mit Hilfe des au~ (19) berechneten Wedes b' sich die elektromagnetische BewegungsgroBe im bewegten System, odeI' vielmehr ihre Komponente in del' Bewegungsrichtung, leicht ausdrucken laBt. In del' Tat zeigt die Gleichung 1ji [b·~] d S , @= C > . daB @ = ~f(b h c y"}z • bz')y h ) dE" r.: Elektromagnet. Erscheinungen in einem System mit beliebiger Geschwindigkeit 13 Foiglich wegen (6), da £)' = 0: (22) @", = P:;UJCby'2 + b,'2) dS = k: wjCb 2 y '2 + b/ 2) d S'. 7. Beim zweiten Sonderfall betrachten wir ein Teilchen mit einem elektrischenMoment, also eil1en kleinenRaum S mit del' Gesamtladung ..{QdS = 0, abel' solcher Dichteverteilullg, daB die Integrale .fQxdS, !QYclS, !QzclS von Null verschiedene Werte haben. Es seien x, y, z die Koordinaten in bezug auf einen festen Punkt A des Teilchens - er heiBe del' Mittelpunkt - , und das elektrische Moment sei definiert als ein Vektor fl mit den Komponenten (23) Dann ist Werden x,y, z als unendlich klein betrachtet, so werden l1atiirlich auch ux' uy , U z unendlich klein. Wir vernachIassigen Quadrateund Produkte diesel' sechs GroBen. Wir benutzen nun. die Gleichung (17) zur Bestimmung des skalaren Potentiales q;' fiir einen auBeren Punkt P (x, y, z) in: endticher Entfernung von dem polarisierten Teilchen, fiir den Augenblick, in dem die Ortszeit dieses Punktes einen bestimmten Wert t' hat. Dabei geben wir dem Symbol [Q], das sich in (17) auf den Zeitpunkt bezieht, fiir den die Ortszeit in dS gleich It' _ r' ist, eine etwas andere Bedeutung. Wir bezeichnen mit r o' den c Wert von 1" fiir den Mittelpunkt A und verstehen dann unter [Q] den Wert der Dichte am Punk~e (x, y, z) zu derjenigen Zeit to, bei del' die Ortszeit von .A gleich t' - ~ ist. c Man erkennt aus (5), daB diesel' Zeitpunkt frii.her ist als derjenige, auf den sich del' Zahler in (17) bezieht, und zwar um 2 tv k r o' - r' l! w lc c2X +T-c-=lc (;2 x 01" o~') + Tk c1 (or' x a;; + y Oy'+ Z'Ffi Zeiteinheiten. In diesem letzten Ausdruck konnen wir fiir die Dilferentialquotienten ihre Werte im Punkte A einsetzen. In (17) haben wir nun [Q] durch (25)[(>] + lc 2 :~ x [~~J + ~ ~ (x ~: + y ~~ + Z ~:') [~~J zu ersetzen, dabei hezieht sich [~iJ wieder auf die Zeit to' Wenn nun del' Wert t', fiir den die Berechnungen ausgefiihrt werden sollen,gewahlt ist, Math.ll.fonogr. 2: Einstem, Lorentz, Minkowski: Relativit1Ltsprinzip. 2 H. A. 14 LOREN,TZ wird diese Zeit to eine Funktion der Koordinaten x, y, PJ des Aufpunktes P sein. Der Wert [QJ hangt infolgedessen von diesen Koordinaten ab, und man sieht leicht, daB o[QJ oX k 1 or' [OQJ = - Tc OX Ft, usw. Deshalb wird (25) gleich [Q] + k2 Woo [OQJ _ c ot, 2 (xo[Q] ox + yO[~ +zo[~). oy OZ Ferner muB, wenD. wir weiterhin mit r' die oben ro' genannte GroBe bedurch zeichnen, der Faktor -.;. r x~ (~) - y~ (!.) - z~ (!.) ox r oy r az r !. - , r ersetzt werden, sodaB schlieBlich inl Integral (17) das Element dS mit [Q] r' +k2 W ~ [OQJ _ ~ xC!?] _ ~ Y[Q] _ ~ z[Q] ot ox f' ay r' az r' c 2 r' lllultipliziert wird., Das ist einfacher als die urspriingliche Form, weil wede~ r' noch die Zeit, fliI welche die eingeklammerten GraBen genommen werden mussen, von x, y, z abhangen. Benutzen wir (23) und bedenken, daB J(JdS erhalten wir , = k2_w_ [a,p"'J _ ~ {~[.p",] ~ [py] ~ [,pz]}. rp 4:1tc 2 r' ot 4:1t ax 1" ,oy 1" az r' + = 0, so + In diesel' Gleichung sind aile eingeklam)llerten GraBen fUr denjenigen Augenblick zu nehmen, fiir den die Ortszeit des Mittelpunktes des Teilchens gleich ;J 1.'. t I' - - IS. c Wir schlieBen diese Erwagungen mit del' EinfUhrung eines neuen Vektora ~', dessen Komponenten fJ: (26) = klfJ"" ~u' = lfJ y , lfJz ~ sind. Gleichzeitig gehen wir zu x', y', i, t' ala unabhangiken Veranderlichen uber. Das SchluBergebnis ist , _ _ w_ a[,p;! _ ~ {~ [,p~] rp - 4 :1tC 21" at' 4:1t ax' r' + ~ [.p~] + ~ [,pa}. a y' r' az' r' Die Transformation del' Gleichung (18) fiir das Vektorpotential iet weniger schwierig, weil es den unendlich kleinen Ve~br u' enthalt. Unter Berucksichtigung von (8), (24), (26) und (5) findet man , 1 a[,p'] a = 4:1tcr' at' • Elektromagnet. Erscheinungen in einem System mit beliebiger Geschwindigkeit 15 Das von dem polarisierten Teilchen hervorgerufene Feld ist nun vollig bestimmt. Die Gleichung (13) fuhrt auf ( 27) j)' - - __1_· ~ [~'J 4~c! ot'! r' + 4n: ~ . d' gla {~[1>,;] ox' r' +~ [1>;] + ~ [1>~]} oy' r' oz' r' , und der Vektor {j' ist durch (14) gegeben. 'Vir konnen ferner die Gleichungen (20) statt der ursprunglichen Gleichungen (10) anwenden, wenn wir die Krafle betrachten woll~n, die von dem polarisierten Teilchen auf ein ahnliches, in einiger Entfernung gelegenes ausgeiibt werden. In der Tat konnen beim zweiten Teilchen, wie beim ersten,. die Geschwindigkeiten u als unendlich klein geIten. ]\Iran bemerke, daB die Gleichungen fur ein ruhendes System in den gegebenen Formeln enthalten sind. Fur ein solches System werden die GroBen mit Akzenten identisch mit den entsprechenden ohue Akzente; auBerdem werden k und l gleich 1. Die Komponenten von (27) sind gleichzeitig die der elektrischen Kraft, die das eine polarisierte Teilchen auf ein anderes ausubt. 8. Bis dahin haben wir nur die Fundamentalgleichungen ohue neue Annahmen benutzt. rch nehmejetzt an, daf3 die Elektronen, die ieh im Ruhez~lstand als Kugeln vom Radius R wnsehe ,. ihre Dimensionen UPller item Einfluf3 einer Translation andern, und zwm" sollen die Dimensionen in der Bewegungsrichttmg kl malund (lie in den dazn senkrechten Richtztngen 1ma.l kleinm" werden. Bei diesel' Deformation, die durch ~) bezeichnet werden moge, soll jedes Y olumenelement seine Ladung behaIten. Unsere Annahme Iauft darauf hinaus, daB in einem elektrostatischen System 2J, das sich mit eil'ler Geschwindigkeit to bewegt, alle Elekt.ronen sich zu Ellipsoiden abflachen, deren kleine Achsen in del' Bewegllngsrichtung liegen. Wenn wir nun, um den Satz des § 6 anwellden zu konnen, das System der Deformat.ion (7;;l, l, 1) unterwerfen, habell wir wieder Kugelelektronen vom Radius R. Wenn wir ferner die relat.ive Lage der Elektronenmittelpunkte in 2J durch die Deformation (kl, l, l) anclern uncl in die so erooltenen Punkte die Mittelpunkte ruhender kugelformiger Elektrone.n legen, so erhalten wir ein System, das mit dem in § 6 besprochenen erdacMen System 2J' identisch 1st. Die Krafte in diesem System und die in E stehen in der Beziehung zueinander, die durch (21) vermittelt wird. Zweitens nehme ieh an, daf3 die Krafte zwischen ungeladenen Teilchen, ebenso wie die K1"afte zwischen ungeladenen Teilchen und Elekbronen, durck eine Tmnslation in genau dersilben Weise >wie die ele7ctriscli.en Kriifte in einem elekt1"ostatischen System beeinfluf3t werden. Mit anderen Worten: Wie auch die Natur del" Teilchen eines ponderabelen Korpers sei, Immel" sollen - yorausgesetzt, daB sieh die Teilchen nicht (:l' • +, 2* 16 H. A. LORENTZ gegeneinander bewegen - die in einem ruhenden System Z;' und einem bewegten Z; wirkenden Krafte durch die Beziehung (21) miteinander verbunden sein, wenn, hinsichtlich der gegenseitigen Lage der Teilchen, Z;' aus Z; durch die Deformation (kl, l, 1) und also Z; aus Z;' durch die Deformation (;1' ~ , ~) erhalten wird. Daher mua, wenn f[ir ein Teilchen in .1:' die resultierende Kraft verschwindet; das gleiche auch fur das entsprechen,de Teilchen in ;E der Fall sein. Wir vernachHissigen die Wirkungen der Molekularbewegung und nehmen an, daB sich an jedem Teilchen eines festen Korpers die Anziehungeu und AbstoBungen, die von der Umgebung auf das Teilchen ausgelibt werden, im Gleichgewicht befinden. Machen wir auBerdem noch die Annahme, daB nur eine Gleichgewichtskonfiguration moglich ist, so konnen wir schlieBen, daB das System Z;' von selbst in das System Z; libergeht, wenn man ihm die Geschwindigkeit w erteilt. Mit anderen Wort en, die Translation bewirkt die (k\' -h -}). Deformation Der }i'all der Molekularbewegung wird in § 12 betrachtet. Man sieht leicht, daB die fruher in Verbindung mit Michelsons Versuch gemachte Hypothese in der jetzt· ausgesprochenen enthalten ist. J edoch ist die gegenwartige Hypothese allgemeiner, weil die einzige Beschrankung del' Bewegung die ist, daB ihre Geschwindigkeit kleiner als die des Lichtes sein soil. 9. Wir sind jetzt in del' Lage, die elektromagnetische BewegungsgroBe eines einzigen Elektrons zu berechnen. Der Einfachheit halber nehme ich die Ladung e als gleichmaBig libel' die Oberflache verteilt an, salange das Elektron in Ruhe ist. Dann besteht eine Verteilung derselhen A.rt im System Z;', mit dem wir es in demletzten Integral von (22) zu tun haben. Folglich wird '" b'2+ b '2)dS'=! fb'2dS'= e~ r~r =~ }C und Y' 3J l 6jJ r2 6TCR ". Man muB beachten, daB das Produkt tcl eine Funktion von wist und daB aus Symmetriegriinden del' Veldol' ® die Translationsl'ichtung hat. Bezeichllell WIT mit \1J die Geschwindigkeit diesel' Bewegung, so haben wir all. gemein die Vektorgleichung (28) Nun zieht jede Veranderungill der Bewegung eines Systems eine entsprechende .Al,lderung in del' elektromagnetischen BewegungsgroBe nach Elektromagnet. Erscheinungen in einem System mit beliebiger Geschwindigkeit 17 sich und erfordert deshalb eine gewisse Kraft, die der GraLle und Richtung nach durch (29) gegeben ist. Die Gleichung (28) laBt sich streng nur auf den Fall einer gleichfar·· migen geradlinigen Translation anwenden.Wegen dieses U mstandes wird die 'fheorie rasch wechselnder Bewegungen eines Elektrons sehr sch wierig - obgleich (29), immer gilt -, und zwar um so mehr, als die Hypothese in § 8 die Forderung einschlieBt, daLl GraBe und Richtung del' Deformation sich fortwahrend .andern. Es ist sogar bum wahrscheinlich, daB die Form des Elektrons sich allein aus del' Geschwindigkeit im betrachteten Augenblick bestimmt. Trotzdem erhalten wir bei Annahme hinreichendlangsamer Geschwindigkeitsanderung eine genugende Naherung, indem wir (28) fur jeden Augenblick benutzell. Die Anwendung von (29) auf eine solche q~,asi-stati01~iire Translation, wie sie Abraham *) genannt hat, ist sehr einfach. Sei il ill einem bestimmten Augenblick die BeschleUlligung in del' Bahnrichtung und i2 die dazu senkrechte Beschleunigung. Dann besteht die K~aft g: aus zwei Komponenten, welche die Richtung diesel' Beschleunigungen haben und durch gegeben sind, wenn (30) g:l = m1il e2 d (7cZw) m l =67tc 2 R---a:w- und g:2 = 1n2i2 e2 und m2=67tc2Rkl. Foiglich verhalt sich das Elektron bei Vorg1ingen, bei welchen eine Beschleunigung in del' Bewegungsrichtung auftritt, als ob es die Masse 'lnl hatte, bei Beschleunigung in einer zur Bewegung senkrechten Richtung, als ob es die Masse m 2 besaLle. Diese GraBen ml und '1n2 werden deshalb passend die "longitudinale" und "transversale" elektromagnetische Masse genannt. 1ch nehme an, daf3 auf3erdem keine "wir7cliche" oder "materielle" JJIasse besteld. w2 Da k und l sich von der Einheit um GraLl en del' Ordnung 2" unterc. scheiden, finden wir fur kleine Geschwindigkeiten e2 1nl = m 2 = 67tc'R' Das ist die Masse, mit del' man zu rechnen hat, wenn in einem System ohne Translation die Elektronen kleine Sch wingungen ausfuhren. 'VVenn dagegen ein Karpel', del' sich mit del' Geschwindigkeit w in del' x-Richtung fortbewegt, Sitz derartiger Elektl'onenschwingungen ist, mussen wil' mit del' dnrch *) Abraham Ann. Phys. 10 (1903) S. 105. 18 H. A. LORENTZ (30) gegebenen Masse 'ml rechnen, sobald wir die Schwingungen parallel zur x-.Achse betrachten; dagegen kommt fur Schwingnngen parallel zu OY odeI' 0 Z die Masse 'm 2 in Betracht. Also kurz (31) 'm(2) = (d~2~W), kl, m(2'), kl) wenn das Zeichen 2 das bewegte, das Zeichen 2' das ruhende System anzeigt. 10. Wir konnen jetzt dazu ubergehen, den EinfluB del' Erdbewegung auf optische Erscheinungen in einem System durchsichtiger Korper zu untersuchen. Hierbei richten wir unsere .Aufmerksamkeit auf die ve:dinderlichen elektrischen Momente in den Teilchen odeI' "Atomen" de~ Systems. Wir konnen auf diese Momente das in § 7 Gesagte anwenden. Del' Einfachheit halber nehmen WIT an, daB in jedem Teilchen die Ladung in einer gewissen .Anzahl getrenuter Elektronen konzentriert ist. Ferner sollen die "elastischen" KriiJte, die an !:iinem diesel' Elektronen angreifen und zusammeh mit den elektrischen Kraften seine Bewegung bestimmen, ihren Ausgangspunkt innerhalb del' Begrenzung desselben .Atomes haben. 1ch werde zeigen, daB man jedem in einem ruhenden System moglichen Bewegungszustand einen entsprechenden, gleichfalls moglichen Bewegungszustand in dem mit Translation begabten Systemzuordnen kann, wobei die Art del' ZuordilUng sich in folgender Weise charakterisieren laBt. a) Seien Al" A 2', As', usw. die Mittelpunkte del' Teilchen im System 2' ohne Translation. Wir vernachIassigen Molekularbewegungen und nehmen diese Punkte als ruhend an. Das' Punktsystem A l , As, As, usw., das von den Mittelpunkten del' Teilchen im bewegten System 2 gebildet wil'd, erhalt man aus A/, Al /, As', usw. mit Hilfe einer Deformation ~, ~). Entsprechend dem in § 8 Gesagten nehmen die Mittelpunkte von selbst diese LagenA!', A 2', As', HSW. ein, wenn sie ursprunglich, VOl' del' Translation, die . Lagen ~, A 2 , As, usw. hatten. Wir konnen uns vorstellen, daB jeder Punkt.Jtim Raume des Systems 2' durch die erwahnte Deformation in einen bestimmten l'unkt P von 2 ubergefiihrt wil'd. Fiir zwei entsprechende PunkteP' undPd~finieren wir entsprechende Zeitpunkte; del' erste soll zu P', del' zweite zu P gehoren. Wir setzen namlich fest, daB die wahre Zeit im ersten Zeitpunkt gleich del' aus (5) fur den Punkt P hestimmten Ortszeit im zweiten Zeitpunkt sein soll. Unter entsprechenden Zeiten fur zwei entsprechende Teilchen verstehen wir sich entsprechende Zeiten fur die lVlittelpunkte A' und A die~ Teilchen. b) Was den inneren Zustand del' Atome betrifft, so nehmen wir an, daB die Konfiguration eines Teilchens A in 2 zu einer gewissen Zeit mit Hilfe del' Deformation ~, ~) aus del' Konfiguration des entsprechenden Teilchens (;z' (k\' Elektromagnet. Erscheinungen in einem System mit beliebiger Geschwindigkeit 19 in JfJ' fiir den entsprechenden Zeitpunkt erhalten werde. Soweit diese Annahme sieh auf die Form del' Elektronen selbst bezieht, ist sie in del' ersten Hypothese von § 8 enthalten. Wenn wir von einem tatsachlich bestehenden Zustand im System L ausgehen, haben wir offenbar dmeh die Festsetzungen a) und b) einen Zustand des bewegten Systems 2 vollstandig bestimmt. Doch bleibt die Frage offen, ob diesel' Zustand aueh ein maglieher ist. Um das zu entscheiden, bemerken wir zunaehst, daB die elektrischen Momente, die nach unserer Annahme im bewegten System auftreten und die wir mit p bezeichnen wollen, bestimmte Funktionen del' Koordinaten x, ,!!, z del' Mittelpunkte A. del' Teilehen (odeI' , wie wir sagen wollen, del' Koordinaten del' Teilchen) und del' Zeit t sind. Die Gleiehungen, welche die Beziehungen zwischen f1 einerseits und x, ,!!, z, t andererseits ausdriicken, kannen dmch andere Gleichungen ersetzt werden, die den aus (26) bestimmten Vektor f1' und die dmch (4) und (5) definieden GraBen x', yf, Zf, t' enthalten. Wenn nun in einem Teilehen A. des bewegten Systems, dessen Koordinaten x, '!I, z sind, zm Zeit t odeI' zur Ortszeit t' ein elektrisehes Moment f1 besteht, 80 wird nach den Annahmen a) und b) in dem anderen System in einem Teilchen mit den Koordinaten Xf, yf, z' und zm wahren Zeit t' ein Moment bestehen, das gerade durch den dmeh (26) bestimmten Vektor.lJ' vorgestellt wird. Man sieht in diesel' Weise, daB die Gleichungen zwischen :p', x', y', z', t' fiir beide Systeme dieselben sind, mit dem einzigen Unterschied, daB fur das System JfJ' ohne Translation diese Zeichen das Mom@t, die Koordinaten und die wahre Zeit bedeuten, wahtend sie fiir das bewegte System eine andere Bedeutung haben. Denn hier sind :p', x', y', z', t' mit dem Moment :p, den Koordinaten x, '!I, z und del' allgemeinen Zeit t durch die Beziehungen (26), (4) und (5) verbunden. Es ist bereits gesagt, daB Gleichung (27) auf beide Systeme .Anwendung findet. Del' Vektor b' ist folglich in .lJ' und JfJ del' gleiehe unter del' V oraussetzung, daB wir immer entspreehende Stellen und Zeiten vergleichen. Doch hat del' Vektor nicht in beiden Fallen dieselbe Bedeutung. In JfJ' stellt er die elektrisehe Kraft dar, in JfJ hangt er mit diesel' Kraft dureh (20) zusammen. Wir kannen deshalb schlieBen, daB die in JfJ und JfJ' auf entsprechende Teilchen zu entsprechenden Zeiten wirkenden elektrischen Krafte miteinander dmch (21) verknupft. sind. Zi.ehen wir unsere Annahme b) in Verbindung mit del' zweiten Hypothese von § 8 heran, so gilt die gleiehe Beziehung zwischen den "elastischen" Kraften. Die Gleiehung (21) kann folglieh auch als Ausdruck del' Beziehung zwischen den an entsprechenden Elektronen zuentspl'echenden Zeiten wirkenden Gesarhtkraften angesehen werden. 20 H. A. LOltE!!TZ Offenbar ist nun del' im bewegten System vorausgesetzte Zustand dann wirklich moglich, wenn in LJ und LJ' die Produkte del' Masse m und der Beschleunigung eines Elektrons zueinander in derselben Beziehung stehen, wie die Krafte, d. h. wenn (32) m J LJ = ' k ' k m J LJ ). .() (l2 P P) .( ,- Nun gilt fiir die Beschleunigungen J. (LJ) (33) ( kS' 1 kO 1 Pl)..,) J(LJ , = was sich aus (4) und (5) ableiten IaEt. Verbinden wir dieses Ergebnis mit (32), so erhalten wir fiir die Massen m(LJ) = (h 3 l, lel, kl)m(LJ'). Ein Vergleich mit (31) zeigt, daB fiir belie bige Werte von l diese Bedingung immel' befriedigt ist hinsichtlich del' Massen, mit welchen wir bei den zu del' Translationsl'ichtung senkrechten Schwingungen zu rechnen 'haben. Wir haben also l nul' del' einzigen Bedingung zu unterwerfen: d(klw) = dw le 3 l. Wegen (3) ist abel' sodaS !!i = dto 0 ' l = konst. Del' Wen del' K on~tanten muB 1 sein, weil wir schon wissen, daB fiir·w = 0 l = 1 wird. Wir werden also zu del' Annahme gefiihrt, da(3 der Einflu(3 einer Translation auf Gro(3e ~md Gestalt (eines einzelnen Elektrons und eines ponderablen Korpers als Ganzen) m£f die Dimensionen in der Bewegungsrichtung beschranlet bleibt, Ulnd zwar we1'den diese k-mal kleiner als im Ruhezustand. N ehmen wir diese Hypothese zu dl311 bereits gemachten hinzll.,~o sind wir sicher, daB zwei Zustande moglich sind, der eine im bewegten System, del' andere im gleichen ruhenden System, die sich in der friiher gekenpi~ichneten Weise entsprechen. Ubrigens ist dieses Entsprechen nicht auf die elektrischen Momente del' Teilchen beschrankt. In entsprechenden Punkten, die entweder im Ather zwischen den Teilchen odeI' in dem die ponderablen Korper umgebenden Ather liegen, finden wir fiir entsprechende Zeiten denselben VektOl' b' und, wie man leicht zeigt, denselben Vektor 1)'. Zusamliililnfassend konnen wil' sagen: Wenn in dem System ohne Translation ein Bewegungszustand auftritt, fiir den an einem bestimmten Orte die Komponenten von fJ, b und 1) gewisse Funktionen der Zeit sind, dann kann im gleichen System, nachdem Elektromagnet. Erscheinungen in einem System mit beliebiger Geschwindigkeit 21 es in Bewegung gesetzt (und folglich deformiert) ist, ein Bewegungszustand auftreten, bei dem an dem entspreehenden Orte die Komponenten von p', D' und lj' dieselben Funktionen del' Ortszeit sind. Nm ein Punkt fordert noeh genauere Erwagung. Dadie Werte del' Massen 1nl und?n 2 aus del' Theorie del' quasi-stationaren Bewegung abgeleitet sind, so erhebt sieh die Frage, ob wir mit ihnen bei den sehnellen Sehwingungen des Lichtes reehnen diirfen. Nun findet man bei genauerer Betraehtung, daB die Bewegung eines Elektrons als quasi-stational' behandelt werden kann, wenn sie sieh nm um wenig andert wahrendder Zeit, in del' sieh eine Liehtwelle um eine Stracke von del' Lange des Durehmessers fortbewegt. Das trifft bei optisehen Erseheinungen zu, weil del' Durehmesser im Vergleieh zm Wellenll1nge auBerordantlieh klein ist. 11. Man sieht leicht, daB die vorgetragene Theorie eine groBe Zahl von Tatsaehen erkHi1't. ' Betraehten wi1' zunaehst ein System ohne Translation, fiir das in einigen Teilen stan dig p = 0, b = 0, 9 = ist. Dann haben wir im entspreehenden Zustand des bewegten Systems in entspreehenden Teilen (oder, wie wir sagen konnen, in den gleichen Teilen des deformieden Systems) p'=O, 0'=0, lj'=O. Da diese Gleichungen p = 0, 0 = 0, 1) = 0 naeh sieh ziehen, wie man aus (26) und (6) erkennt, bleiben offenba1' alie Teile, die dunkel waren, als das System ruhte, aueh dunkel, l1achdem es bewegt wmde. Es ist deshalb unmoglich, einen EinfluB del' Erdbewegung auf irgend welehe optischen, mit einer ter1'est1'ischen Lichtquelle gemachten Versuche zu entdecken, bei welchen es sich urn die Beobachtung del' geomet1'ischen Verteilung von Licht und Dunkelheit handelt. Viele Inte1'ferenz- und Beugungsversuehe gehoren hie1'her. Wenn zweitens in zwei Punkten eines Systems Lichtstrahlen von gleichem Polarisationszustande sich in del' gleichel1 Richtung fortpflanzen, so ll1Bt sich zeigen, daB das Verhiiltnis zwischen den Amplituden in diesen Punkten durch eine Translation nieht geandert wird. Diese Bemerkung findet auf solche Versuche Anwendung, bei denen die Intensitaten in benaehbarten Teilen des Gesichtsfeldes verglichen werden. Die eben gemachten Schlusse bestatigen friihere Ergebnisse, die abel' durch Uberlegungen erhalten waren, bei denen GroBen zweiter Ordnung vernachHissigt wurden. Sie enthalten auch eine El'kIarung von Michelsons nega tivem Ergebnis, und zwar allgemeiner als die friiher gegebene und del' Form naeh etwas von ihr versehieden. Sie zeigen ferner, warum Rayleigh und Brace keine Anzeichen einer durch die Erdbewegung hervorgerufenen Doppelbtechung beobachten konnten. Das negative Resultat. del' Versuehe von Trouton und Noble wird sofort klar, wenn wir die Hypothesen des § 8 heranziehen. Aus ihnenund ° 22 H. ii·. LORENTZ aus/unserer letztell Annahme (§ 10) laBt sich schlieBen, daB die Translation nic.hts anderes bewirkt als eine Kontraktion des ganzen Systems del' Elektronen und del' anderen Teilchen, aus denen sich del' geladene Kondensator, del' Balken und del' Faden del' Drehwage zusammensetzen. Eine solche Kontraktion gibt abel' keinen AniaB zu einer merkharen Richtungsanderung. Es braucht kaum bemerkt zu werden, daB ich diese Theorie mit allem Vorbehalt gebe. Obgleich sie nach meiner Meinung allen gut verbiirgten Tatsachen gerecht wird, fiihrt sie zu einigen Folgerungen, die sich noch nicht durch den Versuch stiitzen lassen. Z. B. folgt aus del' Theorie, daB das Ergebnis des Michelson-Yersuches negativ bleiben muS, wenn man die interferierendenLichtstrahlen durch einen ponderablen durchsichtigen Korper hindul'ehgehen laBt. Von vornherein kann man von unsel'er Hypothese iiber die Kontraktion del' Elektronen wedel' sagen, daB sie plausibel noeh daB sie unzulassig ist. Was wir iiber die N atur del' Elektronen wissen, ist sehr wenig, und das einzige Mittel, um vorwarts zu kommen, besteht darin, solche Hypothesen zu priifen, wie ich sie hier gemacht habe. Natiirlich ergeben sich Schwierigkeiten, Z. B. sobald wir die Rotation del' Elektronen betrachten. Vielleicht werden wir annehmen miissen, daB bei Erscheinungen, bei denen im ruhenden System kugelformige Elektronen urn einen Durchmesser rotieren, die einzelnen Punkte del' Elektronen im bewegten System elliptische Bahnen beschreiben, die in del' § 10 angegebenen Weise den Kreisbahnen des Ruhefalles entsprechen. 12. Wir miissen noch einige W orte iiber die Molekularbewegung sagen. Wir konnen uns denken, daB auch Karpel', bei denen sie einen merklichen odeI' gar iiberwiegenden EinfluS hat, denselben Deformationen unterworfen . sind, wie die Systeme mit konstanter relativer Lage det Teilchen, von denen wir bisher gesprochen haben. In del' Tat konnen wir uns in zwei Molekularsystem en 21' und 21, von danen nul' das zweite ein~ Translation hat, einander ~eral:t ~ntsprec~ende Molekular~ewegun~en denke~daB, w~nn e~n Teil~hen m 2J eme bestlmmte Lage zu emer bestlmmten Zeit hat, em Teilchen m 21 zur. elltsprechenden Zeit die entsprechellde Lage annimmt.J'Stellen wir uns dies VOl', so konnen wir die Beziehung (33) zwischen den Beschlemrigungen in allen den Fallen benutzen, fiir welche die Geschwindigkeit ,del' Molekularbewegung sehr klein im Verhaltnis zu wist. In diesen Fallen konnel1 die Molekularkriifte durch die relative Lage als bestimmt gelten, ullabhal1gig von den Geschwindigkeiten (leI' Molekularbewegung. Wenn, wir uns endlich diBse Krafte auf so kleine Entfernungen beschral1kt dEli'ken, daB fiir aufeinander wirkende Teilchen die Differenz del' Ortszeiten vernachl1issigt werden kann, so bildet ein Teilchen zusammen mit denen, die in seillem AnziehullgsodeI' AbstoBungsbereich liegen, ein System, das die oft erwahute Deformation Elektromagnet. Erscheinullgen in einem System mit beliebiger Geschwindigkeit 23 erleidet. Wegen del' zweiten Hypothese des § 8 konnen wir deshalb Gleiehung (21) auf die an dem Teilchen angreifende resuItierende Molekularkraft anwenden. Foiglich wird die riehtige Beziehung zwischen den Kraften und den Beschleunigungen in beiden Fallen bestehen, we:q.n wir annehmen, daf3 die Massen aZZer Teilchen dtwch eine Tmnslation in r;te1i~selben Grade beeinflll.f3t werden wie die elekt1'ornagnetischen Massen der Elektronen. 13. Die Werte (30), die ich fur die longitudinale und transversale Masse eines Elektrons als Funktionen del' Geschwindigkeit gefunden habe; stimmen nicht mit den !ruher von Abraham erhaltenen uberein. Der Grund ist allein .. . darin zu suchen, daB in Abrahams TheOl'ie die Elektronen als Kugell1 von unveranderliehen Dimensionen behandelt werden. Nun sin:d Abrahams Ergebnisse, was die transversale Masse angeht, in bemerkenswerter Weise dureh Kaufmanns Messungen del' Ablenkung von Radiumstrahlen im elektrischen und magnetischen Felde bestatigt worden. Wel1n ich nicht einen sehr ernsten Einwand gegen meine Theone bestehen lassen will, muB ich zeigell kunnen, daB diese Messungen mit meinen Werten nicht weniger gut als mit den Abrahamschen ubereinstimmen. Ieh bespreche zunachst zwei MeBreihen, die Kaufmunn*) im Jahre 1902 verofl'entlicht hat. Alis jeder Reihe hat er zwei GraBen 7J und S, die "reduzierten" elektrischen und magnetischen Abweichungen abgeleitet, die mit dem Vei"haltnis (3 = u: wie folgt zusammenhlingen: c ( 34) R = P kl -.t¢ ((l) = k,&~. 1) , Die Funktion w((3) hat einen solchen Wert, daB die transversale Masse gleich (;35) m2 = 3 e' , --- . --'--R '1/'( R) 4 6:n:c.P wird; kl und k2 sind fur jede Reihe Konstante. Aus del' zweiten Gleichung (30) geht henor, daBmeine Theorie auch zu einer Gleichung del' Form (35) fiihrt; es muB nur Abrahams Funk. tion 'l/.'({3) durch ±k = ±(1-{32)-i 3 3 . ersetzt werden. Meine Theorie verlangt also, daB nach Einsetzung dieses vVertes fUr 1jJ({3) in (34) diese Gleichungen noch geIten. NatUrlich dUrfen wir, um eine gute Ubereinstimmung zu erhaIten, ki und k2 andere Werte erteilen als Kaufmann; ferner durfen wir fur jede Messung einen geeigneten Wert der Geschwindigkeit w oder des VerhaItnisses {3 annehmen. Schreiben wir fur die n:euen "Verte skl1 ~k2' und (3'] 80 kannen wir(34) in der Form ansetzen *) Kaufmann, Phys. Zeitschr.4 (1902) S.55. H. A. 24 LORENTZ (36) und (37) Um seine Gleichungen zu prufen, wiihlte Kaufmann einen solehen Wert fur kl' daB, wenn e1' damit f3 und k2 aus (34) berechnete, die fur die letztere Zahl gefundenen Werte in jeder Reihe moglichst genau konstant blieben. Diese Konstanz war der Beweis fur genugende Ubereinstimmung. Ieh habe ein ahnliches Verfahren angewandt, wobei ieh mich einiger del' von Kaufmann bereehneten Zahlen bedienen konnte. Ieh habe fur jede Messung den Wert des Ausdrucks (38) bereehnet, den man erhalt, wenn man (37) mit der zweiten GleichuIfg (34) kombiniert. Die Werte fur 1fJ(p) und k2 sind den Kaufmannsehen Tabellen entnommen, und fur tJ' habe ich den von ihm gefundenen Wert f3 mit s multipliq;iert genommen. Den Koeffizienten s wiihlte ieh dabei in der Weise, daB fur die GroBe (38) eine gute Konstanz erzielt wurde. Die Ergebnisse finden sieh in den folgenden Tabellen, die den Tabellen III und IV in Kauf~ manns Arbeit entspreehen. III. s = 0,933. p I I II I 0,851 0,766 0,727 0,6615 0,6075 'lJl(P) I 2,147 1,86 1,78 1,66 1,595 k2 I I 1,721 1,736 1,725 1,727 1,655 P' ~ 0,794 0,715 0,678 0,617 0,567 k/ 2,246 2,258 2,256 2,256 2,175 1:. I J IV. s = 0,954. P 0,963 0,949 0,933 0,883 0,860 0,830 0,801 0,777 0,752 0,732 I I 'I/>-(P) 3,23 2,86 2,73 2,31 2,195 2,06 1,96 1,89 1,83 1,785 I I I I I k2 8,12 7,99 7,46 8,32 8,09 8,13 8,13 8,04 8,02 7,97 I I P' 0,919 0,905 0,890 0,842 0,820 0,792 0,764 0,741 0,717 0,698 I k' 2 10,36 9,70 9,28 10,36 10,15 10,23 10,28 10,20 10,22 10,18 I i II: I I , I Elektromagnet. Erscheinungen in einem System mit beliebiger Geschwindigkeit 25 Wie man sieht, ist die Konstanz von k2' nicht weniger befriedigend als die von k2' umsomehr als in jedem Fall s nul' aUB zwei Messungen bestimmt worden ist. Der Koeffizient ist so gewahlt worden, daB fur die zwei Beobachtungen, die in Tabelle III an erster und vorletzter Stelle und in Tabelle IV an erster und letzter Stelle stehen, die Werte von kl denen von k2 proportional werden. Ich betrachte jetzt zwei einer spateren Veroffentlichung Kaufmanns*) entnommene MeBreihen, die von Runge**) nach der Methode der kleinsten Quadrate durchgerechnet worden sind. Dabei sind die Koeffizienten ki und ks so bestimmt worden, daB die fur jedes beobachtete ~ aus Kaufmanns Gleichungen (34) berechneten Werte von 'I'} moglichst gut mit den beobachteten Werten von YJ iibereinstimmen. Ich habe aus derselben Bedingung und gleichfalls nach der Methode der kleinsten Quadrate die Koeffizienten a und b der Gleichung '1]2 = a~2 + b~4 bestimmt, die aUB meinen Gleichungen (36) und (37) abgeleitet werden kann. Wenn ich a und b kenne, fin de ich f3 fur jede Messung mit Hilfe der Beziehung f3 = -Va i.. 'IJ Fiir zwei Platten, auf denen Kaufmann die elektrische und magnetische Ablenkung gemessen hat, sind die Ergebnisse die folgenden,wobei die Abweichungen in Zentimetern angegeben sind. PIa tte N r. 15. a = 0,06489, b = 0,3039. P=lI 1j t II I berechnet beobachtet I von R . 0,1495 0,199 0,2475 0,296 0,3435 0,391 0,437 0,4825 0,5265 I I 0,0388 0,0548 0,0716 0,0896 0,1080 0,1290 0,1524 0,1788 0,2033 0,0404 0,0550 0,0710 0,0887 0,1081 0,1297 0,1527 0,1777 0,2039 Dilf. berechnet von L. -16 -, 2 T 6 + 9 - 1 - 7 - 3 +11 - 6 0,0400 0,0552 0,0715 0,0895 0,1090 0,1305 0,1532 0,1777 0,2033 . Diff. -12 4 + 1 + 1 -10 -15 8 +11 0 *) Kaufmann, Gott. Nachr., Math.-phys; KIasse 1903 S.90. **) Runge, ebendorl S.326. berechnet von R. L. 0,987 0,964 0,930 0,889 0,847 0,804 0,763 0,724 0,688 0,951 0,918 0,881 0,842 0,803 0,763 0,727' 0,692 0,660 26 H. A. LORENTZ. Elektromagnet. Erscheinungen i. e. System mit bel. Geschwindigkeit Platte Nr. 19. a = 0,05867, b = 0,2591. ~ 1) & beobachtet 0,1495 0,199 0,247 0,296 0,3435 0,391 0,437 I 0,4825 0,5265 I I I I berechnet I I berechnet I Diff. von R. I Diff. von L. 0,0404 0,0529 0,0678 0,0834' 0,1019 0,1219 0,1429 0,1660 0,1916 0,0388 0,0527 0,067'5 0,0842 0,1022 0,1222 0,1434 0,1665 0,1906 I +16 + 2 + 3 - 8 - 3 - 3 I - 5 - 5 +10 I I 0,0379 0,0522 0,0674 0,0844 0,1026 0,1226 0,1437 0,1664 0,1902 I +25 + 7 + 4 -10 - 7 7 8 4 +14 berechnet von R. L. I I I, 0,990 0,969 0,939 0,902 0,862 0,822 0,782 0,744 0,709 0,954 0,923 0,888 0,849 0,811 0,17 3 0,736 0,702 0,671 I II I i Ich habe keine Zeit gefunden, die iibrigen Tabellen in Kaufmanns Arbeit durchzurechnen. Da sie, ebenso wie die Tabelle fUr Platte 15, mit einer ziemlich groBen negativen Differenz zwischen den aus den Beobachtungen abgeleiteten und den von Runge berechneten Weden 'I'J anfallgen, k6nnen wir eine geniigende Ubereinstimmung mit meinell Formeln erwarten. A. EINSTEIN. Zur Elektrodynamik bewegter Korper 27 Zur Elektl'odynamik bewegter Karpel'. Von A. EINSTEIN.") DaB die Elektrodynamik Maxwells - wie dieselbe gegenwartig aufgefaBt zu werden pflegt - in ihrer Anwendung auf bewegte Korper zu Asymmetrien fuhrt, welche den Phanomenen nicht anzuhaften scheinen, ist bekannt. Man ([enke z. B. an die elektrodynamische Wechselwirkung zwischen einem Magneten und einem Leiter. Das beobachtbare Phanomen hangt hier nur ab von del' Relativbewegung von Leiter und Magnet, wahrend nach del' iiblichen Auffassung die beiden Falle I daB der eine oder der andere dieser Korper der bewegte sei, streng ~oneinander zu trennen sind. Bewegt sich namlich der Magnet und ruht der Leiter, so entsteht in der Umgebung des Magneten ein elektrisches Feld von gewissem Energiewerte, welches an den Orten, wo sich Teile des Leiters befinden, einen Strom erzeugt. Ruht aber del' Magnet und bewegt sich del' Leiter I so eutsteht in der Umgebung des Magneten kein elektrisches Feld, dagegen im Leiter eine elektromotorische Kraft, welcher an sich keine Energie entspricht, die abel' - Gleichheit der Relativbewegung bei -den beiden ins Auge gefaBten Fallen vorausgesetzt zu elektrischen Stromen von derselben GroBe und demselben Verlaufe Veranlassung gibt,wie im ersten Falle die elektrischen Krafte. Beispiele ahnlicher Art, sowie die miBlungenen Versuche, eine Bewegung der Erde relativ zum "Lichtmedium" zu konstatieren, fuhren zu der Vermutung, daB dem Begriffe del' absoluten Ruhe nichtnur in dar Mechanik, sondern auch in der Elektrodynamik keine Eigenschaften del' Erscheinungen entsprechen, sondern daB Yielmehr fUr alle Koordinatensysteme, fur welche die mechanischen Gleichungen geIten, auch die gleichen elektrodynamischen und optischen Gesetze gelten, wie dies fur die GroBen erster Ordnung **) bereits erwiesen ist. Wir wollen diese V ~rmutung (deren Inhalt im folgenden "Prinzip del' Relativitat" genannt werden wird) zur Voraussetzung erheben . und auBerdem die mit ihm nul' scheinbar unvertragliche'Voraussetzung einfumen, daB sich das Licht im lem'en Raume stets mit einer bestimmten, vom Bewegungszustande des emittierenden Korpers unabhangigen Geschwindigkeit V fortpflanze. Diese beiden V oraussetzungen genugen, um zu einer einfachen und widerspruchsfreien Elektrody~amik bewegter Korper zu gelangen unter Zugrundeleguug der Maxwellschen Theorie fur ruhende Korpel'. Die *) Abgedruckt aus Ann, (1. Phys. 17 (1905). **) Die im Vorhergehenden abgedruckte Arbeit von H, A. Lorentz war dem Verfasaer noch nicht bekannt. 28 A. EINSTEIN Einfiihrung eines "Lichtathers" wird sich insofern als iiberflfissig erweisen, als nach der zu entwickelnden Auffassung weder ein mit besonderen Eigenschaften ausgestatteter "absolut ruhender Raum" eingefiihrt, noch einem Punkte des leeren Raumes, in welchem elektromagnetische Prozesse stattunden, ein GeschwiI1.digkeitsvektor zugeordnet wird. Die zu entwickelnde TheOl'ie stiitzt sich - wie jede andere Elektrodynamik - auf die Kinematik des starren Karpers, da die Aussagen einer jeden Theorie Beziehungen zwischen starren Karpern (Koordinatensystemen), Uhren und elektromagnetischen Prozessen betreffen. Die nicht geniigende Beriicksichtigung dieses Umstandes ist die Wurzel der Schwierigkeiten, mit denen die Elektrodynamik bewegter Karper gegenwartig zu kampfen hat. I. Kinematischer Teil. §1. Definition der Gleichzeitigkeit. Es liege ein Koordinatensystem vor, in welchem die N ewtonschen mechanischen Gleichungen geIten. *) Wir nennen dies Koordinatensystem . zur sprachlichen Unterscheidung von spater einzufiihrenden Koordinaten systemen und zur Prazisierung der V orstellung das "ruhende System". Ruht ein materieller Punkt relativ zu diesem Koordinatensystem, so kann seine Lage relativ zu letzterem durch starre Ma.6stabe unter Benutzung der Methoden der euklidischen Geometrie bestimmt und in kartesischen Koordinaten. ausgedriickt werden .. Wollen wir die Bewegung eines materiellen Punktes beschreiben, so geben wir die Werte seiner Koordinaten in Funktion der Zeit. Es ist nun wohl im Auge zu behaIten, daB eine derarlige mathematische Beschreibung erst dann einen physikalischen Sinn hat, wenn Irian sich vorher dariiber klar geworden ist, was hier unter ,:Zeit" verstanden wir~Wir haben zu beriicksichtigen, daB alle unsere Urteile, in welchen die Zeif'eine Rolle spieIt, immer Urteile fiber gleichzeitige Ereignisse sind. Wenn ich z. B. sage: "JeI!er Zug kommt hier um 7 Uhr an," so heiBt dies etwa: ,;Das Zeigen des kleinen Zeigers meiner Uhr auf 7 und das Ankommen des Zuges sind gleichzeitige Ereignisse. **) Es kannte scheinen, daBalle die Definition der "Zeit" betreffenden SchwierigkeiteI1. dadurch iiberwunden werden kannten, daB ich an Stelle der ! -----~" *) Gemeint ist: "in erster Annaherung geIten". **) Die Ungenauigkeit, weIche in dem Begriffe der Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse an (annahernd) demseIben Orte steckt und gleichfalls durch eine Abstraktion iiberbruckt werden muB, solI hier nicht eroded werden. 29 Zur ElektrodYlJ.amik bewegter Korper "Zeit" die "Stellung des kleinen Zeigers meiner Uhr" setze. E.i.ne solche Definition genugt in del' Tat, wenn es sich darum handeH, eine Zeit zu definieren aussehlieBlich fur den Ol·t, an welchem sich die Uhr eben befindet; die Definition geniigt abel' nicht mehr, sobald es sieh daru:tp. handeH, an versehiedenen \Orten stattfindende Ereignisreihen miteinander zeitlieh zu verkniipfen, odeI' - was auf dasselbe hinauslauft - Ereignisse zeitlich zu werten, welche in von dfjr Uhr entfernten Orten stattfinden. Wir konnten uns allerdings damit begniigen, die Ereignisse dadureh zeitlieh zu werten, daB ein samt del' u""hr im Koordinatenursprung befindlicher Beobaehter jedem von einem zu wertenden Ereignis Zeugnis gebenden, dul'ch den leeren Raum zu ihm gelangenden Lichtzeichen die entsprechende Uhrzeigerstellung zuordnet. Eine solche Zuordnung bringt abel' den Ubelstand mit sich, daB sie vom Standpunkte des mit del' Uhr versehenen Beobachters nieht unabhangig ist, wie wir durch die Erfahrung wissen. Zu einer weit praktischeren Festsetzung gelangen wir dureh folgende Betrachtung. Benndet sieh im Punkte A. des Raumes eines Uhr, so kann ein in A befindlicher Beobaehter die Ereignisse in del' unmittelbaren Umgebung von A zeitlich werten dureh Aufsuchen del' mit diesen Ereignissen gleichzeitigen Uhrzeigerstellungen. Befindet sich auch im Punkte B des Raumes eine Uhr - wi!" wollen hinzufiigen, "eine UbI' von genau derselben Besehaffenheit wie die in A befindliehe" - so 1St auch eine zeitliche Wertung del' Ereignisse in del' unmittelbaren Umgeblmg von B durch einen in B benndlichen Beobachter moglich. Es ist abel' ohne weitere Festsetzung nieht moglich, ein Ereignis in A. mit einem Ereignis in B zeitlich zu vergleichen; wir haben bisher nul' eine "A-Zeit" und eine "B-Zeit", abel' keine fUr A und B gemeinsame "Zeit" definien. Die letztere Zeit kann nun definiert werden, indem man d2~rch Definition festsetzt, daB die "Zeit", welche das Licht br~ucht, um von A nach B zu gelangen, gleieh ist del' "Zeit", welehe es braucht, um vou B nach A zu gelangen. Es gehe namlich ein Lichtstrahl zur "A-Zeit" tA von A. naeh B ab, werde zur "B-Zeit" tB in B gegen A zu reflektiert und gelange zur "A-Zeit" t~ nach A. zuriiek. .Die beiden Uhren laufen definitionsgemaB synchron, wenn c Wir nehmen an, daB diese Definition des Synchronismus in widerspruchsfreier Weise moglich sei, und zwar fiir beliebig viele Punkte, daB also allgemein die Beziehungen gelten: 1. Wenn die Uhr in B synchron mit del' Uhr in A Hiuft, so lauft die Uhr in A synehron mit del' Uhr in B. 2. Wenn die ,Uhr in A sowohl mit del' Uhr in B als auch mit del' Uhr in synchron Iauft, so laufen aueh die Uhren in B und 0 synchron l'elativ zueinauder. a Math. Monogr. 2: Einstein, Lorentz, Minkowski: Relativitlltsprinzip. 3 30 A. EINSTEIN Wir- haben SO unter Zuhilfenahme gewisser (gedachter) physikalischer Erfahrungen festgelegt, was unter synchron laufenden, an verschiedenen Orten befindlichen, ruhenden Uhren zu verstehen ist und damit offenbar eine Definition von "gleichzeitig" und "Zeit" gewonnen. Die "Zeit" eines Ereignisses ist die mit dem Ereignis gleichzeitige Angabe einer am Orte des Ereignisses befindlichen, ruhenden Uhr, welche mit einer bestimmten, ruhenden Uhr, und zwar fiir aile Zeitbestimmungen mit der namlichen Uhr, synchron Hiuft. Wir setzen noch der Erfahrung gemaB fest, daB die GroBe 2AB . t'T=V A - .A eine universelle Konstante (die Lichtgeschwindigkeit im leeren Raume) sei. Wesentlich ist, daB wir die Zeit mittels im ruhenden System ruhender Uh1'en definiert haben; wir nennen die eben definierte Zeit wegen dieser Zugehorigkeit zum ruhenden System "die Zeit des ruhenden Systems". § 2. Uber die Relativitat von Langen lmd Zeiten. Die folgenden Uberlegungen stiitzen sich auf das Relativitatsprinzip und auf das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, welche beiden Prinzipien wir folgendermaBen definieren. 1. Die Gesetze, nach denen sich die Zustande der physikalischen Systeme andern, sind unabhangig davon, auf welches von zwei relativ zueinander in gleichformiger T;~nstatiorisb~weguJ;lg befindlichen.Koordinatensystemen diese Zustandsanderungen bezogen werdell. 2. Jeder .Lichtstrahl bewegt sich im "ruhenden" Koordinatensystem mit der bestimmten Geschwindigkeit V, unabhangig davon, ob dieser Lichtstrahl von einem 1'uhenden oder bewegten Ko1'per emittiert iat. Hierbei ist G h ' d' k't Li(lht~g . esc WID 19 e1 = Zeitdauer' '1:~tJd/V't/} 1. _ C ~ ':, ~' wo bei "Zeitdaue1'" im Sinne der Definition des. § 1 aufzufassen ist. Es sei ein ruhender starrer Stab gegeben; derselbe besitze, mit einem ebenfalls ruhenden MaBstab gemessen, die Lange l. Wir denken uns nun die Stabachse in die X-Achse des ruhenden Koordinatensystems gelegt und dem Stabe hierauf eine gleichformige Paralleltranslationsbewegung (Geschwindigkeit v) langs der X-Achse im Sinne der wachsenden~erteilt. Wi1' fragen nun nach der Lange des bewegten Stabes, welche wir uns durch folgende zwei Operationen ermittelt denken: a) Der Beobachter bewegt sich samt dem vorher genannten MaBstabe mit dem auszumessenden Stabe und mi.6t direkt durch Anlegen des Ma.61 31 Zur Elektrodynamik bewegter Karpel' stabes die Liinge des Stabes, ebenso, wie wenn sich allszumessender Stab, Beobachter und Ma.Bstab in Ruhe beHi-nden. . b) Der Beobachter ermittelt mittels im ruhenden Systeme aufgesteliter, gema.B § 1 !tynchroner, ruhender Uhren, in welchen Punkten des ruhenden Systems sich .A.nfang und Ende des auszumessenden Stabes zu einer bestimmten Zeit t befinden. Die Entfernung diesel' beiden Punkte, gem essen mit dem schon benlltzten, in diesem Falle ruhenden Mal3stabe ist ebenfalls • eine Liinge, welche man als "Lange des Stabes" bezeichnen kann. N a'Ch dem Relativitatsprinzip mu.B die bei del' Operation a) zu findende Lange, welche wir "die Lange des Stabes im bewegten System" nennen wollen, gleich del' Lange l des ruhenden Stabes sein. Die bei del' Operation b) zu findende Lange, welche wir "die Lange des (bewegten) Stabes im ruhenden System!' nennen wollen, werden wir unter Zugmndelegung unserer beiden Prinzipien bestimmen und finden, daB sie von l verschieden ist. Die allgemein gebrauchte Kinematik nimmt stillschweigend an, daB die durch die beiden erwahnten Operationen bestimmten Langen einander gcnau gleioh seien, oder mit anderen Worten, da.B ein bewegter starrer Karpel' in del' Zeitepoche t in geometrischer Beziebung vollstandig durch denselben Karpel', wenn er in bestimmter Lage ntht, ersetzbar sei. Wir denken uns ferner ali den beiden Stabenden (A und B) Uhren angebracht, welche mit den Uhren des ruhenden Systems sYllchron sind, d. h. deren .A.ngaben jeweilen der "Zeit des ruhenden Systems" an den Orten, an welchen sie sich gerade befinden, entspreehen; diese Uhren sind also "synchron im ruhenden System". Wir denken uns ferner, da.B sieh bei jeder Uhr ein mit ihr bewegter Beobachter befinde, und dal3 diese Beobachter auf die beiden Uhren das im § 1 aufgestelite Kriterium fiir den sychronen Gang zweier Uhren anwenden Zm Zeit*) tA gehe ein Lichtstrahl von A aus, werde zur Zeit tB in B reflekHert und gelange zur Zeit t~ nach A zuriick. Unter Beriicksiehtigung des Prinzips von der Konstanz del' Lichtgeschwindigkeit finden wir: und 'l'AB tA-tB = - - V+v' wo bei r A B dil:. Lange des bewegten Stabes - im ruhenden System gem essen bedeutet. Mit dem bewegten Stabe bewegte Beobaehter wiirden also die *) "Zeit" bedeutet hier ,.Zeit des ruhenden Systems" und zugleich "Zeigerstellung del' bewegten Uhr, welche sich an dem Orte, von dem die Rede ist, befindet". 3'" 32 A. EINSTEIN beiden Uhren nicht synchron gehend finden, wahrend im ruhenden System befindliche Beobachter die Uhren als synchron laufend erklaren wurden. Wir sehen also, daB wir dem Begriffe del' Gleichzeitigkeit keine absolute Bedeutung beimessen durfen, sondern daB zwei Ereignisse, ,velche, yon einem Koordinatensystem aus betrachtet, gleichzeitig sind, yon einem relativ zu diesem System bewegtell System aus betrachtet, nicht mehr als gleichzeitige Ereignisse aufzufassen sind. § 3. TheOI'ie der Koordinaten- und Zeittrans{ormation von dem ruhenden auf ein relativ Zll dies em in gleichformiger Translationsbewegung befindliches System. Seien im "ruhenden" Raume zwei Koordinatensysteme, d.h. zwei Systeme yon je drei yon einem Punkte ausgehenden, aufeinander senkrechten starren materiellen Linien gegeben. Die X-Achsen beider Systeme magen zusammenfallen, ihre Y- und Z-Achsen bezuglich parallel sein. Jedem Systeme sei ein starrer MaBstab und eine Anzahl Uhren beigegeben, und es seien beide "MaBstabe sowie aile Uhren beider Systeme einander genau gleich. Es werde nun dem Anfangspunkte des einen del' beiden Systeme (k) eine (konstante) Geschwindigkeit v in Richtung der wachsenden x des anderen, TUhenden Systems (K) erteilt, welche sich auch den Koordinatenachsen, dem " betreffenden MaBstabe sowie den Uhren mitteilen mage. J eder Zeit t des ruhenden Systems K entspricht dann eine bestimmte Lage der Achsen des bewegten Systems und wir sind aus Symmetriegriinden befugt anzunehmen, daB die Bewegung von k so beschaffen sein kann, daB die Achsen des bewegten Systems zur Zeit t (es ist mit "t" immer eine Zeit des TUhenden Systems bezeichnet) den Achsen des ruhenden Systems parallel seien. Wir denken uns nun den Raum sowohl yom ruhenden System K aus mittels des ruhenden MaBstabes als auch yom ~egten System k mittels des mit ihm bewegten" MaBstabes ausgemessen und so die foordinaten x, y, z bez. ~, 1/, ~ ermittelt. Es werde ferner mittels der im mlfimden System befindlichen ruhenden Uhren durch Lichtsignale in del' in § 1 angegebenen Weise die Zeit t des TUhenden Systems fiir aile Punkte des letzteren bestimmt, in denen sich Uhren befinden; ebenso werde die Zeit T des bewegten Systems fur aile Punkte des bewegten Systems, in welchen sich relatiy zu letzterem ruhende Uhren befinden, bestimmt durch Aj~endung del' in § 1 genannten Methode der Lichtsignale zwischen den .Punkten, in denen sich die letzteren Uhren befinden. Zu jedem Wertsystem x, y, z, t, welches Ort und Zeit eines Ereignisses im ruhenden System yoilkommen bestimmt, gehart ein jenes Ereignis relativ c Zur Elektrodynamik be~egter Korper 33 zum System k festlegendes W ertsystem ~, 1], ~', 7:, und es ist nun die Aufgabe zu lasen, das diese GraBen verknupfende Gleichungssystem zu £lnden. Zunachst ist klar, daB die Gleichungen linear sein miissen wegen del' Homogenitatseigenschaften, welche wir Raum und Zeit beilegen. Setzen wir x' = x - vt, so ist klar, daB einem im System k ruhenden Punkte ein bestimmtes, von del' Zeit unabhangigesWertsystem x', y, z zukommt. Wir bestimmen zuerst r: als Frinktion von x', y, Z Ulid t. Zu dies em Zwecke haben wir in Gleichungen auszudriicken; daB T nichts anderes ist als del' Inbegriff del' Angaben von im System k ruhenden Uhren, welche nach del' im § 1 gegebenen Regel synchron gemacht worden sind. Vom Anfangspnnkt des Systems k aus werde ein Lichtstrahl zur Zeit 'ho langs der X-Achse nach x' gesandt und von dort zur Zeit 'hI llach dem Koordinatennrsprung reflektiert, woeI' znr Z~it 1:'2 anlange; so muB darin sein: , 1 ( 2 7:0 + 'h2 ) = 'hI odeI', indem man die Argumente del' Funktion b beifligt und das Prinzip der Konstanz del' Lichtgeschwindigkeit im ruhenden 8ysteme anwendet: ~ [7:(0, 0,0, t) + 7:(O,O,O,{t+ yX'v + v~v})}=7:(x"O,O,t+ yX'v)' Hieraus.folgt, wenn man x' unendlich klein wahlt: 1 (1 oder' '2 V-v 1) ot: + V+v 137: ift= 1 07: ox' + V vat'" Es ist zu bemerken, daB wir statt des Koordinatenursprunges jeden anderen Punkt als Ausgangspunkt des Lichtstrahles hatten wahlen konnen und es gilt deshalb die eben erhaltene Gleichung fiir aIle Werte von x', y, z. Eine analoge Uberlegung - auf die H- und Z-Achse angewandt Iiefel't, wenn man beachtet, daB sich das Licht langs diesel' Achsen vom ruhenden System aus betrachtet stets mit der Geschwindigkeit VV2- v 2 fol'tpflanzt: at: -=0 oy 07: OZ =0 • Aus dies en Gleichungen folgt, da'h eine lineare Funktion ist: wobei a eine vol'lau£lg unbekannte Funktion cp(v) ist und der.Kiirze halber angenommen ist, daB im Anfangspunkte von k flir7: = 0 t = 0 sei. A.. 34 EINSTEIN Mit Hilfe dieses ResuItates istes leicht, die GroBen ~, 'Yj, ~ zu ermitteln, indem man durch Gleichungen ausdriickt, daB sich daB Licht (wie' das Prinzip del' Konstanz del' Lichtgeschwindigkeit in Verbindung mit dem Relativitatsprinzip verlangt) auch im bewegten System gemessen mit del' Geschwindigkei't V fortpflanzt. Fiir ehien zur Zeit 't = 0 in Richtung der wachsenden ~ ausgesandten Lichtstrahl gilt: ~ = V1:, odeI' ~ = aV(t - V2~V2 Xl). Nun bewegt sich aber der Lichtstrahl relativ zum Anfangspunkt von k im ruhenden System gemessen mit del' Gesch windigkeit V-v, so daB gilt: x' V-v Setzen wir diesen Wert Vall t. = t in die Gleichung fiir ~ ein, so erhalten wir: V2 ~ = a V2 -v 2 , X. Auf analoge Weise finden wir durch Betrachtung von langs den beiden andel'en Achsen bewegteri Lichtstrahlen: 'Yj = V't = aV(t - V2~V2 x'), wobei also und Setzen wir fiir x' seinen Wert!. ein, so erhalp wir: fJJ(;)~ 1: = (t - -, ;2 x), ~=fJJ(v)~(x-vt), fJJ(V)Y, t] = ~= wobei fJJ(V)Z, ~= 1 . Vl-( ;r und fJJ eine vorHiufig unbekannte Funktion von v ist. Macht man iiber die Anfangslage des bewegten Systems und iiber den Nullpunkt von 1: keinerlei Zur Elektrodynamik bewegter Karper 35 V oraussetzung, so ist auf den rechten Seiten diesel' Gleichungen je eine additive Konstanie zuzufiigen. Wir ha'ben nun zu beweisen, daB jeder Lichtstrahl sich, im bewegten System gemessen, mit del' Geschwindigkeit V fortpfJ.anzt, falls dies, wie wir angenommen haben, im ruhellden System del' Fall ist; denn wil' haben den Beweis dafiir noch nicht geliefert, daB das Prinzip del' Konstanz del' Licht- . geschwindigkeit mit dem Relativitatsprinzip vereinbar sei. Zur Zeit ~ = 7: = 0 werde von dem zu diesel' Zeit gemeinsamen Koordinatenursprung beider Systeme aus eine Kugelwelle ausgesandt, welche sich im System K mit del' Geschwindigkeit V ausbreitet. 1st (x, y, z) ein eben von diesel' Welle ergriffener Punkt, so ist also x 2 + y2 + (12 = V2t2. I Diese Gleichung transformieren wir mit Hilfe unserer Transformationsgleichungen und erhalten nach einfacher Rechnung: ~2 + r}2 + ~2 = V 2't'2. Die beirachtete Welle ist also auch im bewegten System betrachtet eine Kugelwelle von del' Ausbreitungsgeschwindigkeit V. Hiermit ist gezeigt, daB un sere beiden' Grundprinzipien miteinander vereinbar sind.*) In den entwickelten Transformationsgleichungen tritt noch eine unbekannte Funktion cp von v auf, welche wir nun bestimmen wollen. Wir fiihren zu diesem Zwecke noch ein drittes Koordinatensystem K' ein, welches relativ zum System k derart in Paralleltranslationsbewegung parallel zur $~Achse begriffen sei, daB sich dessen Koordinatenursprung mit del' Geschwindigkeit - v auf del' $-Achse bewege. Zur Zeit t = 0 mogen alle drei Koordinatenanfangspunkte zusammenfallen und es sei fiir t = x = y =-- z = 0 die Zeit t' des Systems K' gleich Null. Wir nennen x', y', z' die Koordinaten, im System K gemessen, und erhalten durch zweimalige Anwendullg unserer Transformationsgleichungen: t' = rp(- v)J3~ {7: + ;2 q = rp(1J)rp(- v)t, x' = rp (- v)J3 ~A) {~+ V7:} = rp(v)cp (- v)x, y' = cp (- v)r) = cp(v)cp (- v)y, s' = qJ ( - v)~ = rp(v)cp (- v)s. *) Die Gleichungen del' Lorentz-Transformation sind einfacher direkt aus del' Bedingung abzuleiten, da8 vermage jener Gleichungen die Beziehung I die andere zur Foige haben Boll. g2 + 11 : + r; 2 _ V2~ 2 = 0, 36 A. EINSTErs Da die Beziehungen zwischen x', y', z' und x, y, fJ die Zeit t nicht enthalten, so ruhen die Systeme K und K' gegeneinander, und es ist klar, daB die Transformation von K auf K' die identische Transformation sein muS. Es ist also: r:p(v)rp (- v) = 1. Wir fragen nun nach der Bedeutung von r:p(v). Wir fassen das Stiick der und H-Achse des Systems k ins Auge, das zwischen ~ = 0, 11 = 0, ~ = ~ = 0, Tj = 1, ~ = gelegen ist. Dieses Stuck der H-Achse ist ein relativ zum System K mit der Geschwindigkeit v senkrecht zu seiner Achse bewegter Stab, dessen Enden in K die Koordinaten besitzen: ° ° 1 x1=vt, Yl=cp(v)' fJ1=0 und x~ = v t , Y~ = 0, Die Hinge des Stabes, in K gemessen, ist also ljr:p(v); damit ist die Bedeutung der Funktion r:p gegeben. Aus Symmetriegriinden ist nun einleuchtend, daB die ill ruhenden System gemessene Lange eines bestimmten Stabes, welcher senkrecht zu seiner Achse bewegt ist, nur von der Geschwindigkeit, nicht aber von der Richtung und dem Sinne del' Bewegung abhangig sein kann. Es andert sich also die im ruhenden System gemessene Lange des bewegten Stabes nicht, wenn v mit - v vertauscht wird. Hieraus folgt: 1 cp (v) = cp (- v) , oder r:p(v) = r:p (- v). Aus dieser und del' vorhin gefundenen Relation folgt, daB r:p(v) = 1 sein muB, so daB die gefundenen Transformationsgleichungen iibergehen in: 'C wobei = (3 (t - ;2 x), ~ = (3 (x - vt) , Tj = y, ~ = z, Zur Elektrodynamik bewegter K6rper 37 § 4. Physikalische Bedeutung del' erhaltenen Gleichungen, bewegte stal'l'e Korper und bewegte Uhren betreffend. Wir betrachten eine starre Kugel *) vom Radius R, welche relativ zum bewegten System k ruht, und deren Mittelpunkt im Koordinatenursprung von k liegt. Die Gleichung del' OberfHiche diesel' relativ zum System K mit del' Geschwindigkeit v bewegten Kugelist: ~2+1]2+b2=R2. Die Gleichung diesel' Oberflache ist in x, y, fJ ausgedruckt zur Zeit t = 0: x2 ~+y2+fJ2=R2. (Vl-(~r) Ein starrer Karpel', welcher in ruhendem Zustande ausgemessen die Gestalt einer Kugel hat, hat also in bewegtem Zustande - vom ruhenden System aus betrachtet - die Gestalt eines Rotationsellipsoides mit den Achsen R Vl- (~)2, R, R. Wahrend also die Y und Z-Dimension der Kugel (also auch jedes starren Karpers von beliebiger Gestalt) dmeh die Bewegung nicht modi£lziert erscheinen, erscheint die X-Dimension im Verhaltnis 1 :111 (v jV)2 verkul'zt, also um so starker, je groBer v ist. FUr v = V sch'rumpfen alle bewegten Objekte - vom "ruhenden" System aus betl'achtet - in flachenhafte Gebilde zusammen. Fur Uberlichtgeschwindigkeiten werden unsere Ubedegungen sinnlos; wir werden ubrigens in den folgenden Betrachtungen £lnden, daB die Lichtgeschwindigkeit in unserer Theorie physikaliseh die Rolle unendlich groBer Geschwindigkeit spielt. Es ist klar, daB die gleiehen Resultate von im "l'uhenden" System rnhenden Karpern geIten, welche von einem gleichrormig bewegten System aus betrachtet werden. Wir denken uns ferner eine del' Umen, welche l'elativ zum ruhendem SYJltem ruhend die Zeit t, relativ zum bewegten System ruhend die Zeit 't anzugeben befahigt sind, im Koordinatenurspnmg von k gelegen und so gerichtet, daB sie die Zeit 7: angibt. Wie schnell geht diese Uhr, vom ruhenden System aus betrachtet? Zwischen den GraBen x, t und 7:, welche sich auf den Ort dieser Dhr bea ziehen, geHfen offenbar die Gleichungen: *) Das hei8t einen K6rper, welcher ruhend" untersucht Kugelgestalt besitzt. A. 38 EINSTEIN und x = vt. Es ist also ?:=t-v;~(~r=t - (1- -Vl-(~rr) t, woraus folgt, daB die Angabe del' Uhr (im ruhenden System betrachtet) pro Sekunde Ulll (1 - Y1- (V/V)2) Sek. odeI' - bis auf Gr6Ben viertel' und h6herer Ordnung - um l(v/VY Sek. zuruckbleibt. Hieraus ergibt sich folgende eigentiimliche Konsequenz. Sind in den Punkten A und B von K ruhende, im ruhenden System betrachtet, synchron gehende Uhren vorhanden, und bewegt man die Uhr in A mit der Geschwindigkeit v auf del' Verbindungslinie nach B, so gehen nach Ankunft diesel' Uhr in B die beiden Uhren nicht mehr synchron, sondern die von A nach B be~ wegte Uhr geM gegeniiber del' von Anfang an inB befindlichen urn ttv2jV2 Sek. (bis auf GroBen viertel' und h6herer Ordnung) nach, wenn t die Zeit ist, welche die Uhr von A nach B braucM. Man sieht sofort, daB dies Resultat auch dann noch gilt, wenn die Uhr in einer beliebigen polygonalen Linie sich von A nach B bewegt, und zwar auch dann, wenn die Punkte A und B zusammenfallen. Nimmt man an, daB das fiir eine polygonale Linie bewiesene Resnltat auch fur eine stetig gekrummte Kurve gelte, so erhalt man den Satz: Be~ finden sich in A zwei synchroll gehende Uhren und bewegt man die eine derselben auf einer geschlossenen Kurve mit konstanter Geschwindigkeit, bis sie wieder nach A zuriickkommt, was t Sek. dauern moge, so geM die letztere Uhr bei ihrer Ankunft in A gegeniiber der unbewegt gebliebenen urn tt(V/V)2 Sek. nacho Man schlieBt daraus, ,daB eine am Erdaquator befindliche Unruhulu:*) um einen sehr kleinen Betrag langsamer laufen muB als eine genau gleich beschaffene, sonst gleichen Btci.ingungen unterworfene, an einem Erdpole befindliche Uhr. § 5. Additionstheorem der Geschwindigkeiten. In dem langs del' X-Achse des Systems K mit der Geschwindigkeit v bewegten System k bewege sich ein Punkt gemaB den Gleichungen: ~ = W~7:, wobei w~ und w~ 'fJ= W~7:, S = 0, Ko:iJ.stanten bedeuten. *) 1m Gegensatz zu "Pendeluhr", welche - physikalisch betrachtet - ein System ist, zu welchem der Erdkorper gehort; dies muBte ausgeschlossen werden. Zur Elektrodynamik bewegter Karpel' 39 Gesucht ist die Bewegung des Punktes relativ zum System K. Fiihrt man in die Bewegungsgleichungen des Punktes mit Hilfe der in § 3 entwickelten Transformationsgleichungen die Gro.6en x, 'Y, z, t ein, so erhalt man: x= ~Q~+v --"--- vw~ 1+ VT, t, ) {, f Das Gesetz vom Parallelogramm der Geschwindigkeiten gilt also nach unserer Theorie nur in erster Annaherung. Wir setzen: und IX = tDy arctg-; 20", IX ist dann als der Winkel zwischen den Geschwindigkeiten v und w anzusehen. Nach einfacher Rechnung ergibt sich: Es ist bemerkenswert, da.6 v und w in symmetrischer Weise in den Ausdruck fiir die resultierende Geschwindigkeit eingehen. Hat auch w die Richtung der X-Achse (A'-Achse), so erhalten wir: U=v+2O. 1+ VW V2 Aus dieser Gleichung folgt, da.6 aus der Zusammensetzung zweier Geschwindigkeiten, welche kleiner sind als V, stets eine Geschwindigkeit kleiner als V resultiert. Setzt man namlich v = V - ", w = V-A., wobei" und 1 ''{lositiv und klemer als V seien, so ist: U=V 2V-"-'~ d 2V-'K-~+v <V 40 E~NSTEIN A. Es folgt ferner, daB die Lichtgeschwindigkeit V durch Zusammensetzung mit einer "Unterlichtgeschwindigkeit" nicht geandert werden kann. Man erhalt flir diesen Fall: V+w U=--=V. w l+ V Wir hatten die Formel fiir U fiir den Fall, da.6 v und w gleiehe Riehtung besitzen, auch durchZusammensetzen zweier Transformationen gemaB § 3 erhalten kannen. , Fiihren wir neben den in § 3 figurierenden Systemen K und k noch ein drittes, zu k in Parallelbewegung begriffenes Koordinatensystem k' em, dessen Anfangspunkt sich auf der A'-Achse mit der Geschwindigkeit w bewegt, so erhalten wir zwischen den GraBen x, y, $, t und den entsprechenden GraBen von k' Gleichungen, welche sieh von den in § 3 gefundenen nur dadurch unterscheiden, daB an Stelle von "Vii die GroBe' v+w 1+~ V2 tritt; man sieht daraus, daB solche Paralleltransformationen - wie dies sein rouB - eine Gruppe bilden. Wir haben nun die fiir uns notwendigen Satze der unseren zwei Prinzipien entspreehenden Kinematik hergeleitet und gehen dazu iiber, deren Anwendung in der Elektrodynamik zu zeigen. II. Elektrodynamischer Teil. § 6. Transformation del' MaxweU-Hertzschen GIeichungen fUr den leeren Raum. tber die Natur del' bei Bewegung in einem Magnetfeld aufa tretenden elektromotorischen, ....~afte. Die Ma:x:well-Hertzschen Gleichungen fiir den leeren Rau,)n magen giiltig sein fur das ruhende System K, so daB gelten mage: 1 oX oN oJJI vat = 8Y - Tz' loY' oL oN oM oL V Tt-7fZ-i)x' 1 oZ vat" = 'ax- - ifY' 1 ()L () Y V -()t = -[JZ- - oZ 8Y' 1 011:[ oZ oX 1 oN oX ~ vTt= 8-X-Bz' vat = -oy - iJ:X' wobei (X, Y, Z) den Vektor der elektrischen, (L, M, N) den der magiletischen "Kraft bedeutet. Zur Elektrodynamik bewegter Karper 41 Wenden wir auf diese Gleichungen die in § 3 entwickelte Transformation an, indem wir die elektromagnetischen Vorgange auf das dort eingefiihrte, mit del' Geschwindigkeit v bewegte Koordinatensystem beziehen, so erhalten wir die Gleichungen: 1 oP(N - ; oX V~ 01/ 1 oP(Y - ;N) V OT: 1 op(N- ; oL =ar OT: Os 1 OP(M+; z) op(y- ;N) of; OP(Z+;M) V ilT: Os 1 OP(N-; Y) oL v~ OT: V Y) o~ op(z+; M). oP(M+ ;z) V 1 oP(M+;Z) Y) oL -1hl' op(z+; M) 01/ oX -1ff' op(y- ;N) oX =-r.- os 01/ wobei {3= . -V 1 1- 'vr . ~V Das Relativitatsprinzip fordert nun, daB die Maxwell-Hertzschen Gleichung en fiir den IeerenRaum auch im System k geiten, wenn sie im SystemK gelten, d. h. daB fiir die im bewegten System k durch ihre ponderomotorischen Wirkungen auf elektrische bez. magnetische Massen definie.rten VeHoren del' elektrischen und magnetischen Kraft (CX', Y', Z') und (L', M', N')) des bewegten Systems k die Gleichungen geIten: 1 oX' oN' oJYI' 1 oY' oL' oN' 1 oZ' oM' ()L' 17-a;-=~--at;, V-~=ar-~' '17 ();-=Br-av' 1 oL' V~= 10M' oY' oZ' of;--a:Tj' oZ' oX' v-a:;-=-il1--~" oN' eX' 1 ()r' V~=~-6T" Offenbar miissen nun die beiden fiir das System k gefundenen.Gleichungssysteme genau dasselbe ausdriicken, da beide Gleichungssysteme den Max~ well-Hertzschen Gleichungen fiir das System l( a~luivalent sind. Da die Gleichungen beider Systeme ferner bis auf die die Vektoren darstellenden Symbole ,iibereinstimmen, so folgt, daB die in den Gleichungssystemen an A. 42 EUlSTEIN entsprechenden Stellen auftretenden Funktionen bis auf einen fur alle Funktionen des einen Gleichungssystems gemeinsamen, von ~, 1], S und .,; unabhangigen, eventuell von v abhangigen Faktor 'If; (v) ubereinstimmen miissen. . Es geIten also die Beziehungen: X' = 'If; (v) X, L'= 'If; (v)L , Y' = 'If;ev)fJ{Y - ; z' = 'If; (v)fJ N), M'= 'If; (v) fJ (M + ; Z) N' = 'If; ev) fJ (N - ; Y) . I (Z + ;M), Bildet man nun die U mkehrung dieses Gleichungssystems, erstens durch Auflosen del' soeben erhaltenen Gleichungen, zweitens durch Anwendung del' Gleichungen auf die inverse Transformation (von l.; auf K), welche d~rch die Geschwindigkeit - v charakterisiel't ist, so folgt, indem man berueksiehtigt, daB die beiden so erhaItenen Gleiehungssysteme identiseh sein miissen: t(v) 'f(--v) = 1. Ferner folgt aus Symmetriegrunden *) rev) = es ist also tc- v); rev) = 1, und Ul1sere Gleiehungen nehmen die Form an: X'=X, .Y' = f3 (Y - ; .N) , Z' = f3 (Z + ; M), L'=L, M' = fJ(M + ;·Z) , N' = fJ (N ~ ; Y) . Zur Interpretation diesel' Gleiehungen bemerken wir folgendes. Es liegt eine punktformige Elektrizitatsmenge vor, welche im ruhenden System K gemessen von del' GroBe "eins" sei, d. h. im ruhendJr System ruhend auf eine gleiche Elektrizitii.tsmenge im Abstand 1 em die Kraft 1 ~n ausiibe. Nach dem Relativitatsprinzip ist diese elektrische Masse\auch 'im~bewegt~n System gemessen von del' Gro.Be "eillsil.Ruht diese Elektriiitatsmenge relativ zum ruhenden System, so ist defillitionsgema.B derVektor (X, Y, Z) gleich del' aufsie wirkenden Kraft. Ruht die Elektrizitatsmenge gegenuber dem bewegten System (wenigstens in dem betreffenden Augenblick), so ist die auf siewirkende, in dem bewegtell System .gemessene Krafw.gleich dem Vektor *) 1st z. B.. X = Y = Z = L = M = 0 und N =F 0, so ist aua Symmetriegriinden klar, daB bei Zeichenwechsel von v ohne Anderung des numenschen Wertes auch Y' sein Vorzeichen andem muLl, ohntj semen numerischen Wert zu andem. Zur Elektrodynamik bewegter Korper 43 • (X', Y', Z'). Die ersten drei del' obigen Gleichungen lassen sich mithin auf folgende zwei Weisen il). W orte kleiden: i. 1st ein punktformiger elektl'iseher Einheitspol in einem elektromagne· tischen Felde bewegt, so wirkt auf ihn auBer del' elektrischen Kraft eine "elektromotorische Kraft/', welche unter Vernaehliissigung von mit del' zweiten undo hoheren Potenzen von vIV multiplizierten Gliedel'll gleich ist dem mit del' Lichtgeschwindigkeit dividierten Vektorprodukt del' Bewegungsgeschwin. digkeit des Einheitspoles und del' magnetischenKraft. (AlteAusdrueksweise.) 2. 1st ein punktformiger elektrischer Einheitspol in einem elektromagnetischen Felde bewegt, so ist die auf ihn wirkende Kraft gleieh del' an dem Orte <:les Einheitspoles vorhandenen elektrisehen Kraft, welche man dureh Transformation des Feldes auf ein relativ zum elektrischen Einheitspol ruhendes Koordinatensystem erhiilt. (Neue Ausdrucksweise.) Analoges gilt iiber die "magnetomotorischen Krafte". Man sieht, daB . in del' entwiekelten Theorie die elektromotorische Kraft nUl' die Rolle eines Hilfsbegriffes spielt, welchel' seine Einfiihrung dem Umstande verdankt, daB die elektrischen und magnetischen Krafte keine von dem Bewegungszustande des Koordinatensystems unabhangige Existenz besitzen. Es ist ferner IdaI', daB die in del' Einleitung angefiihrte Asymmetrie bei del' Betrachtung del' durch Relativbewegung eines Magneten und eines Leiters erzeugten Strome verschwindet. Aueh werden die Fragen nach dem ,Sitz" del' elektrodynamisehen elektromotorischen Krafte (Unipolarmaschinen) gegenstandslos. § 7. Theorie des Doppelerschen PTinzips und del' A.berration. 1m Systeme K befinde sich sehr ferne vom Koordinatenursprung eine Quelle elektrodynamischerWellen, welche ill einem den Koordinatenursprung enthaltenden Raumteil mit geniigender Annahrung durch die Gleiehungen dargestellt seien: X = Xo sin ([/, L = Lo sin ([/, Y = Yo sin ([/, M =Mo sin ([/, z = Zo sin ([/, N = No sin ([/, Hierbei sind (.Kg, Yo, Zo) und (Lo, Mo, No) die VektOl'en, welehe die Amplitude des Wellenzuges bestimmen, a, b, c die Richtungskosinus del' Wellennormalen. Wir fragen nach del' Beschaffenheit diesel' Wellen, -nTenn diElselben von einem in dem bewegten System k ruhenden Beobachter u~tersueht werden. Durch Anwendung del' in § 6 gefundenen Transformationsgleichungen fiir die elektrischen und magnetischen Kriifte und del' in § 3 gefundenen 44 A. EINSTEIN Tl'ansformationsgleichungen fiir die Kool'dinaten und die Zeit el'halten wir unmittelbar: X' = Xo sin (PI, L' ~ Lo sin W', M' = {3 ( )JIo + Y' = {3 (Yo - ; No) sin (PI, ; Zo) sin (p I, wobei b,= ___b_ _ P(l-a;) , c'= ___C_ _ P(l-a;) gesetzt ist. Aus del' Gleichung fill' ()J folgt: 1st ein Beo bachtel' l'elaiivzu einer uuendlich fernen Lichtquelle von der Frequenz v mii del' Geschwindigkeii 'IJ del'ad bewegt, daB die Verbindungslinie "Lichtquelle-Beobachter~' mit del' auf ein relativ :7.ur Lichtquelle ruhendes Koordinatensysiem bezogenen Geschwindigkeit des Beobachtel's den Winkel g> bildet) so ist die von dem Beobachter wahl'genommene Frequenz v' des Lichies drU'ch die Gleichung gegeben: I V 1-cosrp V' I v =V -,11- (;r . Dies ist das Doppelersche Prinzip fiir beliebige GeschJindigkeiten. Fiir gJ = 0 nimmt die Gleichung die iibersichiliche Form an: - -. Man sieM, daB v = 00 ist. v' vY1-; = . v l+V im Gegensatz zu del' iiblichen Auffassung - fiir v = - 00, Nennt man gJ' den Wiukel zwischen Wellennormale (Strahlrichtung) im beWegien System IT.nd del' Verbindungslinie "Lichtquelle-Beobachter", so 45 Zur Elektrodynamik bewegter Karper nimmt die Gleichung fur a' die Form an: v cos cp - V cos qJ' = - - - - 'v 1 - V CQSCP Diese Gleichung 'drlickt das Aberrationsgesetz in seiner allgemeinsten Form aus. 1st qJ = n/2, so nimmt die Gleichung die einfache Gestalt an: , cOSqJ = - 11 v· Wir haben nun noch die Amplitude der Wellen, wie dieselbe im bewegten System erscheint, zu suchen. Nennt man A bez. A' die Amplitude der elektrischen oder magnetischen Kraft im ruhenden bez. im bewegten System gemessen, so erhalt man: , (1-~ COB cp)2 A'2 =A2 welche Gleichung fur qJ _V_~c-'- l-(;r ' = 0 in die einfachere libergeht: 1-~ A'2=A2~. 1+~ V Es folgt aus den entwickelten Gleichungen, dall fur einen Beobachter, der sich mit der Geschwindigkeit Veiner Lichtquelle naherte, diese Lichtquelle unendlich intensiv erscheinen mliBte. '§ 8. Transformation del' Energie del' Lichtstrahlen. TheOl'ie des auf voIIkommene Spiegel allsgeubten Strahlungsdruckes. Da A2/8'.1t gleich del' Lichtenergie pro Volumeneinheit ist, so, haben wir nach dem ReJativitatsprinzip A'2/8 '.It als die Lichtenergie im bewegten System zu betrachten. Es ware daher A' 2/A 2 das Verhaltnis der "bewegt gemessenen" und "ruhend gemessenen" Energie eines bestimmten Lichtkomplexes, wenn das Volumen ein~s Lichtkomplexes in K gemessen und in k gemessell das gleiche ware. Dies iet jedoch nicht del' Fall. Sind a, b, c die Richtul1gskosinus del' Wellel1110rmalen des Lichtes im ruhenden System, so wandert .. durch die Oberflachen~lemente del' mit Lichtgeschwindigkeit bewegten KugelHache' ' (x - Vat)2 It + (y - Vbt)2 + (z - Vct)2 = R2 keineEnergie hindurch; wir konnen daher sagen, daB diese Fliiche dauernd denselbeli Lichtkomplex umschlieBt. Wir fragen nach del' Energiemenge, Math. Monogr. 2: Einstein, Lorentz, Jl.rinkowski: Relativitatsprinzip. 4 46 A. EINSTEIN welche diese Flache im System k betrachtet umschlieBt, d. h. nach del' Energie des Lichtkomplexes relativ zum System k. Die Kugel£lache ist .- im bewegten System betrachtet - eine Ellipsoid£lache, welche zur Zeit 't = 0 die Gleichung besitzt: (fJ~ - afJ ; ~r+ (TI- bfJ ; ~r+ (~- cfJ ; ~r= R2. N ennt man S das Volumen del' Kugel, S' dasjenige dieses Ellipsoides, so ist, wie eine einfache Rechnung zeigt: V-(;r 1 8' S= v 1- V cosrp N ennt man also E die im ruhenden System gemessene, E' die im bewegten System gemessene Lichtenergie, welche von del' betrachteten Flache umschlossen wird, so erhalt man: E' A'2 -8' 8% E =-:;;P-8 8% welche' Formel fur ffJ 1- v V cosrp V1- (;r' = 0 in die einfachel'e iibel'geht: E'=V/~'I E 1+..! V Es ist bemerkenswert, daB die Energie und die Frequenz eines Lichtkomplexes sich nach demselben Gesetze mit dem Bewegungszustande des Beobachters andel'll. Es sei nun die Koordinatenebene ~ = 0 eine vollkommen spiegelnde Flii.che, an welcher die im letzten Paragraph betrachteten ebenen Wellen l'e£lektiert werden. Wir fragen nach dem auf die~egelnde Flii.che ausgeiibten Lichtdruck und nach del' Richtung, Frequenz und Intensitii.t d~s Lichtes nach del' Re£lexion. ,,/t Das einfallende Licht sei durch die GraBen A, cos ffJ, v (auf das SystemK bezogen) definiert. Von Ie aus b'?tl'achtet sind die entspl'echenden GraBen: v A'=A 1--cosrp V ." V1- (;r' v cosrp- V cos T en' = - - - - V' 1 - V cosrp Zur Elektrodynamik bewegter Korper - '/) 1- V COB 47 cp f V=V V (;r 1- Fur das refiektierte Licht erhalten WIr, wenn WIr den V organg auf das System k beziehen: A" = A', cos rpff = - cos rp', v " =V., Endlich erhiilt man clnrch Rucktransformieren aufs ruhende System K fur das refiektierte Licht: Die auf die FHicheneinbeit des Spiegels pro Zeiteinheit auftreffencle (im ruhenden System gemessene) Energie ist offenbar A2/8n(Vcosrp-v). Die von del' Flacheneinheit· des Spiegels in del' Zeiteinheit sich entfernende Energie ist A fff 2/8 n (- V cos rp + v). Die Differenz diesel' beiden Ausdrucke ist nach dem Energieprinzip die vom Lichtdl'llcke in del' Zeiteinheit geleistete A.rbeit. Setzt man die letztere gleich dem Produkt p. v, wobei p. del' Lichtdruck ist, so erhiilt man: Iff ;r l-(;r • ..12 (coscp- P= 2 8n In erster Annaherung erhiilt man in Ubereinstimmung mit del' Erfahrung und mit anderen Theorien ..1 2 P=2 8 ncos 2 rp. Nach del' bier benutzten Methode kannen aile Probleme del' Optik bewegter Karpel' gelast werden. Das Wesentliche ist, daB die elektrische und magnetische Kraft des Lichtes, welches dnrch eil1en bewegtel1 Karpel' beeinfiuBt wird, auf ein relativ zu dem Karpel' ruhendes Koor~atensystem trans4* 48 A. EINSTEIN formied werden. Dadurch wird jedes Problem del' Optikbewegter Korper auf eine Reihe von Problemen del' Optik ruhender Korper zuriickgefiihrl. § 9. Transformation der MaxweIlaHertzschen Gleichnngen mit Demcksichtignng der Konvektionsstrome. Wir gehen aus von den 1 { V OX} u",Q +"Jft Gleic~ungen: oN = oy - 1{ uyQ +7jt" oY} oL =az1 { u.Q oN 1 oL v 7ft = oY oZ az - oy' 1 aM oZ oX 1 oN ax OY ax ' vaT=aX--az' az} oM oL + 7ft = 1fX - 8Y' v 7ft = 8Y - ox ' V V oM az ' wobei: die 4qt-fache Dichte del' Elektrizitat und (u"" uy, u.) den Geschwindigkeitsvektor del' Elektrizitat bedeutet. Denkt man sich die elektrischen Massen unveranderlich an kleine, stan'e Korper (lonen, Elektfonen) gebunden, so sind diese Gleichungen die elektromagnetische Grundlage del' Lorentzschen Elektrodynamik und Optik bewegter Korper. Transformiert man diese ~Gleichungen, welche im System K gelten mogen, mit Hilfe del' Transformationsgleicbungen von § 3 und § 6 auf das System k, so erbalt man die Gleichungen: 1 V oX' , oN' oM' {U~Q +~}=a;} -~, oL' 0 Y' oZ' ~=ar:--~' oM' ,$07: oN' wobei U",-v 1 - u",v V oZ' = ---ar oX' 'OX' ~ , oY' 81]- ---ar' =u~, 2 ~tz ----,-=--~ P(1- i~) = 2~1;' Da - wie aus dem Additionstheorem del' Geschwindigkeiten (§ 5) folgt del' Vektor (u~, u~, ui;) nichts a~deresist ala die Geschwindigkeit del' elek- Zm Elektrodynamik bewegter Korper 49 trischen Massen im System k gemessen, so ist damit gezeigt, da£ unter Zugrundelegung unserer kinematischen Pl'inzipien die elektrodynamische Grundlage der Lorentzschen Theorie der Elektrodynamik bewegter Korper dem Relativitatsprinzip entspricht. Es moge noch kurz bemerkt werden, daB aus den entwickelten Gleichungen leicht del' folgende wichtige Satz gefolgert werden kann: Bewegt sich ein elektrisch geladener Korper beliebig im Raume und anded sich hierbei seine Ladung nicht, von einem mit dem Korper bewegten Koordinatensystem aus betrachtet, so bleibt seine Ladung auch - von dem "ruhenden" System K aus betrachtet - konstant. § 10. Dynamik des (langsam beschlennigten) Elektrons. In einem elektromagnetischen Felde bewege sich ein punktformiges, mit einer elektrischeu Ladung a versehenes Teilchen (im folgenden "Elektron" genannt), iiber dessen Bewegungsgesetz wir nur folgen?es annehmen: Ruht das Elektron in einer bestimmten Epoche, so erfolgt in dem nachsten Zeitteilchen die Bewegung des Elekirons nach den Gleichungen d 2 :;; f-L dt Z = aX d y f-LW=aY 2 d 2z f-L (f[2 = aZ, wobei x, '11, fiJ die Koordinaten des Elektrons, die Masse des Elektrons bedeutet, sofem 'dasselbe langeam bewegt ist. Es besitze nun zweitens das Elektron in einer gewissen Zeitepoche die Geschwindigkeit v. Wir suchen das Gesetz, nach welch em sich das Elektron im unmitteibar darauf folgenden Zeitteilchen bewegt. Ohne die Allgemeinheit del' Betrachtung zu beeinflussen, konnen und wollen, wir annehnien, daB das Elektron in dem Momente, wo wir es ins Auge fassen, sich im Koordinatenursprung befinde und sich Hings del' X-Achse des Systems K mit del' Geschwindigkeit v bewege. Es ist dann einlellchtend, daB das. Elektron im genannten Momente (t = 0) relativ zu einem lange del' X-Achee mit del' konstanten Geschwindigkeit v parallel bewegten Koordinatensystem k ruht. Aus del' oben gemachten Voraussetzung inVerbindung mit dem Relativitatsprinzip iet klar, ,daB sich das Elektron in del' unmittelbar folgenden Zeit (fiir kleine Werte von t) vom System k aus betrachtet nach den Gleichungen bewegt: 50 A. EINSTEIN d 2g , l'" d.. 2 = aX, 2 d 1J l'" d .. 2 = a Y,' d 2 {; , l'" d .. 2 = aZ, wobei die Zeichen ;, 'I}, 6, 7:, X', Y', Z' sich auf das System k beziehen. ' Setzen wir noch fest, daB fiir t = x = Y = % = 0 7: = ,g = 'I} = 6 = 0 sein soil, so gelten die Transformation~gleichungen del' §§ 3 und 6, so daB gilt: 7:=f3(t-;2 ; = X ), f3(x - vt), X'=X, Y' = f3 (Y - 'I}=Y, Z' = f3 (Z -V N) , + ; .M) . Mi~ Hilfe diesel' Gleichungen transformieren wir die obigen Bewegungsgleichungen vom System k auf das System K und erhalten: (A) Wir fragen nun in Anlehnung an die iibliche BetriLChtungsweise nach del' "longitudinalenll und "transversalen" Masse des bewegten Elektrons. Wir schreiben die Gleichungen (A) in del' Form 2 !II" d a; dt 2 = aX = a X' , l"'f32 :;r af3(Y-; N) [.13 2 = d z = af3 ( Z l"'f32 -ZW = + VV) M = aY',_ aZ' . und bemerken zunachst, daB aX', aY', aZ' die Komponenten del' auf das Elektron wirkenden ponderomotorischen Kraft sind J unw<l' zwar in einem in diesem Moment mit dem Elektron mit gleicher Geschwindigkeit wie dieses bewegten System betrachtet. (Diese Kraft konnte beispielsweise mit einer i!;!!: letzten System ruhenden Federwage gemessen werden.) Wenn wir nun 51 Zur Elektrodynamik bewegter Korper diese Kraft schlechtweg "die auf das Elektron wirkende Kraft" nennen *) und die Gleichung Massenzahl >< Beschleunigungszahl = Kraftzahl aufrechterhal~en, und wenn wir ferner festsetzen, daB die Beschleunigungen im l'uhenden System K gemessen werden solien, so erhalteli wir aus obigen Glelcnungen: ~.. . . Longitudinale Masse = (11 !L 1- Transversale Masse V (v) !L( v ) 2 = 2)8' • 1- - V Natiirlich wiirde man bei anderer'Definition der Kraft und del' Beschleunigung andere Zahlen fiir die Massen erhalten; man ersieht damus, daB man bei del' Vergleichung verschiedener Theorien del' Bewegung des Elektrons sehr vorsichtig verfahren muB. Wir bemerken, daB diese Resultate iiber die Masse' auch fiir die ponderabeln materielien,Punkte gilt; denn ein ponderableI' materieller Punkt kann durch Zufiigen einer beUebig kleinen elektrischen Ladung zu einem Elektron (in unserem Sinne) gemacht werden. Wir bestimmen die kinetische Energie des Elektrons. Bewegt sich ein Elektron vom Koordinatenursprung des Systems K aus mit der Anfangsgeschwindigkeit 0 bestandig auf del' X-Achse unter del' Wirkung einer elektrostatischen Kraft X, so ist klar, daB die dem elektrostatischen Felde ep.tzogene Energie den Wert fs X dx hat. Da das Elektron l.ap.gsam beschleunigt, sein soliund infolgedessen keille Ene:t:gie ill.:E'orm von Strahlungabgeben llJ.oge, so muB die dem elektrostatischen Felde entzogene Energie gleich del' Bewegungsenergie W des Elektrons gesetzt werden. Manerhalt daher, indem man beachtet, daB wahrend des ganzen betrachteten Bewegungsvorganges die erste del' Gleichungen (A) gilt: ly= .. fSXdx=f!{JsvaV=lkVll! o . 1 v V1-(V) 2-1l f W wird also fiir v = V unendlich groB. Uberlichtgeschwindigkeiten haben - wie bei unseren friiheren ResuItaten - keiue Existenzmoglichkeit. Auch diesel' Ausdruck fiir die kinetische EneTgie muB dem oben angefiihrten Argument zufolge.. ~benso fur ponderable Massen geIten. *) Die hier gegebene Definition der Kraft ist nicht vorteilhaft. wie zuerst yon M. Planck dargetan wurde, Es ist vielmehr zweckmaJ3ig, die Kraft so zu definieren, daB der Lmpulssatz und der Energiesatz die einfachste Form annehmen, 52 A. EINSTEIN. Zur Elektrodynamik bewegter KOl'per Wir wollen nun die aUB dem GIeichungssysteu{ (A) resultierenden, dem . Experimente zuganglichen Eigenschaften .der Bewegung des Elektrons aufzahlen. 1. Aus der zweiten GIeichung des Systems (A) folgt, daB eine elektrische Kraft Y und eine magnetische Kraft N dann gleich stark ,ablenkend wirken auf ein mit der Geschwindigkeit v bewegtes Elekhon, wenn Y =N.v/V. Man ersieht also, daB die Ermittelung der Geschwindigkeit des Elektrons aus dem Verhaltnis der magnetischen Ablenkbarkeit Am und der elektrischen Ablenkbarkeit Ae nach unserer Theorie fur beliebige Geschwindigkeiten moglich ist durch Anwendung des Gesetzes: Am Ae '1J =V· Diese Beziehung ist der Priifung durch das Experiment zuganglich, da die Geschwindigkeit des Elekhons auch direkt, z. B. mittels rasch oszillierender elektrischer und magnetischer Felder, gem essen werden kann. 2. Aus der Ableitung fiir die kinetische Energie des Elektrons folgt, daB zwischen der durchlaufenen Potentialdifferenz und dererlangten Geschwindigkeit v des Elektrons die Beziehung gelten muB: p ~ JXdx ~ ; V' Iv ~ (f)' -1] 1 3. Wir berechnen den Kriimmungsradius R del' Bahn, wenn eine senk-· recht zur Geschwindigkeit des Elektrons wirkende magnetische Kraft N (alB einzige ablenkende Kraft) vorhanden ist. Aus del' zweiten der GIeichungen (A) erhalten wir: oder Diese drei Beziehungen sind ein vollstandiger Ausdruck fur die Gesetze nach denensich gemaB vorliegender Theorie das Elektron bewegen muB. Zum Schlusse bemerke ich, daB mil' beim Al'beiten an dem hier behandelten Probleme mein Freund und Kollege M. Besso tl'eu zur Seite stand und daB ich demselben manche wertvolle Allregung verd'b.nke. A. EINSTEIN. 1st die Tragheit eines Korpers von seinem Energieinhalt abhangig? 53 Ist die Tragheit eines Korpers von seinem Energieinhalt abhangig? Von A. EINSTEIN. *) Die Resultate del' vorstehenden Untersuchung fuhren zu emer sehr interessanten Folgerung, die hier abgeleitet werden soll. Ich legte d01t die Maxwell-Hertzschen Gleichungen fur den leeren Raum nebst dem Maxwellschen Ausdruck fiir die elektromagnetische Energie des Raumes zugrtmde und auBerdem das Prinzip: Die Gesetze, nach denen sich die Zustande del' physikalischen Systeme andern, sind unabhangig davon, auf welches von zwei relativ zueinander in gleichformiger Parallel-Translationsbewegung befindlichen Koordinatensystemen diese Zustandsanderungen bezogen werden (Relativitatsprinzip). Gestiitzt auf diese. Grundlagen **) leitete ich unter anderem das nachfolgende Resultat ab (1. C. § 8): Ein System von ebenen Lichtwellen besitze, auf das Koordinatensystem (x, .11, fJ) bezogen, die Energie l; die Stl'ahlrichtung (Wellennormale) bilde den Winkel ffJ mit der x-Achse des Systems. Fiihrt man ein neues, gegen das System (x, .11, fJ) in gleichformiger Paralleltranslation begriffenes Koordinatensystem (~, 'Yj, b) ein, dessen Ursprung sich mit del' Geschwindigkeit Iangs del' x-Achse bewegt, so besitzt die genannte Lichtmenge - irri System (~, 'Y}, s) gemessen die Energie: v V l* = l 1-----'-c08 cp V , 11 (;r 1- wobei V die Lichtgeschwindigkeit bedeutet. Von diesem Resultat ma-chen wir im folgenden Gebrauch. Es befinde sich nun im System (x, .11, fJ) ein ruhender Korper, dessen Energie - auf das System (x, y, fJ) bezogen - Eo sei. Relativ zu dem wie oben mit del' Geschwindigkeit v bewegten System (~, 'Tj, s) sei die Energie des Korpers Ho' *) Abgedruckt aus Ann. d. Phys. 17 (1905). Da8 dart benutzte Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist natiirlich in den Maxwellschen Gleichungen enthalten. A. EI~S'l'EI~ Diesel' Karpel' sende in einer mit del' x-Achseden Winkel fJ> bildenden Richtung ebene LicMwellen von del' Energie L/2 (relativ zu (x, y, £I) gemess en) und gleichzeitig eine gleich groBe Lichtmenge nach del' entgegengesetzten Richtung. Hierbei bleibt del' Karpel' in Ruhe in bezug auf das SystelIl; (x, y, £I). Fur diesen VOl'gang muB das Energieprinzip gelten und zwar (nach dem Prinzip del' Relativitat) in bezug auf beide Koordinatensysteme. N ennen wir El bez. ~ die Energie des Karpel'S nach del' Lichtaussendung, relativ zum System (x, y, £I) bez. (~, '1'/, [;) gemessen, so erhalten wir mit Benutzung del' oben angegebenen Relation: Eo =Ej + [~ +. ~J) L 1: - YV cos cP H=H+ -2 / 01 [ } . 1- L1 + "2 + Vv cos cP ]. (;r V1- (;} 0 =H1 + L V1- (;r • . Durch Subtraktion erhalt man aus diesen Gleichungen: Die beiden in diesem Ausdruck auftl'etenden Differenzen von del' Form H - E haben einfache physikalische Bedeutungen. H und E sind Energiewerte desselben Karpel'S, bezogen auf zwei relativ zueinal1der bewegte Koordinatensysteme, wobei del' Karpel' in dem einen System (System (x, y, £I)) ruM. Es ist also klar, daB die Differenz H - E sich von del' kinetischen Energie K des Karpel'S in bezug auf das andere System (System (~, 1), [;) nur durch eine additive Konstante unterscheiden kann, welche von del' Wahl del' willkilrlichen additiven Konstanten del' Energien H und E abhangt. WIT kanuen also setzen: Ho-Eo·-:-Ko+ 0, a h ~-El=Kl+a, da 0 sich wahrend del' Lichtaussendung nicht ikdert. Wir el'halten also: Die kinetische Energie des Karpel'S in bezug auf (~, i]~~) nimmt infolge del' LicMaussendung ah, und zwar urn einen von den Qualitaten des Karpel'S unahhangigen Betrag. Die Differenz Ko -- Kl hangt femer von del' Geschwindigkeit ebenso ah wie die kinetische Energie des Elektrons (1. c. § 10). 1st die Tragheit eines Korpers von seinem Energieinhalt abhangig? 55 Unter VernachHi,ssigung von GraBen viertel' und haherer Ordnung kannen wir setzen: L v! Ko-Kl= P 2-· Aus diesel' Gleichung folgt unmittelbar: Gibt ein Karpel' die Energie L in Form von Strahlung ab, so verkleinert sich seine Masse um LjV2. Hierbei ist es offenbar unwesentlich) daB die dem Karpel' entzogene Energie gerade in Energie der Strahlung iibergeht, so daB wir zu del' allgemeineren Folgerung ge£iihrt werden: Die Masse eines Karpers ist ein MaB fUr dessen Energieinhalt; anderl sich die Energie um L, so audert sich die Masse in demselben Sinne um Lj9. lOS!}, wenn die Energie in Erg und die Masse in Grammen gemessen wird. Es ist nicht ausgeschlossen, daB bei Karpern, deren Energieinhalt in hohem MaBe veranderlich ist (z. B. boi den Radiumsalzen), eine Priifung del' Theorie gelingen wird. Wenn die Theorie den Tatsacheu entspricht, so iibertragt die Strahlung Tragheit zwischen den emittierenden und absorbierenden Karpern. ) 56 H. MmKOWSKI Raum und Zeit. Von H. MINKOWSKI.*) M. H.! Die Ansehauungen liber Raum unO. Zeit, die ieh Ihnen entwiekeln moehte, sind auf experimentell-physikalisehem Boden erwaehsen. Darin liegt ihre Starke. Ihre Tendenz ist eine radikale. Von Stund an sollen Raum fiir sieh unO. Zeit fiir sieh vollig zu Sehatten herabsinken unO. nur noeh eine Art Union del' beiden soli Selbstandigkeit bewahren. I. Ieh moehte zunaehst ausfuhren, wie man von der gegenwartig ange. nommenen Meehanik wohl dureh eine rein mathematisehe Uberlegung zu veranderten Ideen uber Raum uno. Zeit kommen konnte. Die Gleiehungen . del' N ewtonsehen Meehanik zeigen eine zweifaehe lnvarianz. Einmal bleibt ihre Form erhalten, wenn man das zugrunde gelegte raumliche Koordinatensystem einer beliebigen Lagenvertinde;rung unterwirft, zweitens, wenn. man es in seinem Bewegungszustande verandert, namlich ihm irgendeine gleichformige Translation aufpragt; aueh spielt del' Nullpunkt del' Zeit keine Rolle. Man ist gewohnt,die Axiome del' Geometrie als erledigt anzusehen, wenn man sieh reif fur die Axiome del' Meehanik fuhlt, und deshalb werden jene zwei Invarianzen wohl selten in einem Atemzuge genannt. Jede von ihnen bedeutet eine gewisse Gruppe von Transformationen in sieh fur die Differentialgleiehungen del' Meehanik. Die Existenz del' ersteren Gruppe sieht man als einen funo.amentalen Oharakter des Raumes an. Die zweite Gruppe straft man am liebsten mit Yeraehtung, urn leiehten~mnes daruber hinwegzukommen, daB man von den physikalisehen Erseheinungen he~niemals entseheiden kann, 0 b del' als ruheno. vorausgesetzte Raum .sieh niellt am Entie in einer gleiehformigen Translation befindet. So fuhren jene zwei G-ruppen ein vollig getrenntes Dasein nebeneinander. Ihr ganzlieh heterogener Oharakter mag davon abgesehreekt haben, sie zu komponieren. Aber gerade die koPlponierte volle Gruppe als Ganzes gibt uns zu denken auf. Wir wollen uns die Verhaltnisse graphiseh zu ver~~~hauliehen suehen. Es seienx, y, :0 reehtwinklige Koordinaten fur den Raum, unO. t bezeiehne *) Vortrag,' gehalten auf der 80. Versammlung Deutscher Naturforscher undArzte zu Coln am 21. September 1908. Raum und Zeit 57 die Zeit. Gegenstand unserer Wahrnehmung sind immer nul' Orte und Zeiten' 'Verbunden. Es hat niemand einen Ort andel's bemerkt als zu einer Zeit] eine Zeit andel's als an einem Orte. reh respektiere abel' noeh das Dogma, daB Raum und Zeit je eine unabhangige Bedeutung haben. ,Ich will einen Raumpunkt zu einem Zeitpunkt, d. i. ein Wertsystem x, y, z, t einen Weltpunkt nennen. Die Mannigfaltigkeit aller denkbaren Wertsysteme x, y, z, t soU die Welt heiBen. Ieh konnte mit kiihner Kreide vier Weltaehsen auf die Tafel werfen. Schon eine gezeiehnete Achse besteht aus lauter sehwingenden Molekiilen und macht zudem die Reise del' Erde im All mit, gibt also bereits genug zu abstrahieren auf; die mit del' Anzahl 4verbundene etwas groBere Abstraktion tut dem Mathematiker nieht wehe. Um nirgends eine gahnende Leere zu la:;;sen, wollen wir uns vorstellen, daB aller Ortenund zu jeder Zeit etwas Wahrnehmbares vorhanden ist. U m nieht Materie odeI' Elektrizitat zu sagen, will ich fiir meses Etwas das Wort Substanz brauenen. Wir riehten unsere Aufmerksamkeit auf den im Weltpunkt x, y, z, t vorhandenen substantiellen Punkt und stellen uns VOl', wir sind imstande, diesen substantiellen Punkt zu jeder anderen Zeit wiederzuerkennen. Einem Zeitelement at mogen die Anderungen ax, ay, at eter Raumkoordinaten meses substantiellen Punktes entsprechen. Wir erhalten alsdann als Bild sozusagen fiir den ewigenLebenslauf des substantiellen Punktes eine Kune in del' Welt, eine Weltlinie, deren Punkte sieh eindeutig auf den Parameter t 'Von - 00 bis + 00 beziehen lassen. Die ganze Welt ers?heint aufgelost in solche Weltlinien, und ieh moehte sogleieh vorwegnehmen, daB meiner Meinung nach die physikalisehen Gesetze ihren vollkommensten Ausdruek a]sWeehselbeziehungen unter diesen Weltlinien finden diirften. Dureh die Begriffe Raum und Zeit fallen die x, y, t-Mannigfaltigkeit t = 0 und ihre zwei Seiten t > 0 und t < 0 auseinander. RaUen wir del' Einfaehheit wegen den Nullpunkt von Raum und Zeit fest; so bedeutetdie zuerst genannte Gruppe del' Mechanik, daB wir die x, y, z-A9hsen in t = 0 einer beliebigen Drehung um den N ullpunkt unterwerfen diirfen, entspreehend den homogenen linearen Transformationen des Ausdrucks x2 + + y2 Z2 in sich. Die zweite Gruppe abel' bedeutet, daB wir, ebenfalls ohne den Ausdruck del' meeh::tnisehen Gesetze zu verandern, x,y,z,t durch x-at, y-j3t, z-rt, t mit irgendwelehen Konstanten a,j3, r ersetzen diirfen. Del' Zeitaehse kann hiernach eine vollig beliebige Richtung naeh der,oberen halben Welt t> 0 gegeben werden. Was hat nun die Forderung del' Orthogonalitat im Raume mit diesel' volligen Freiheit del' Zeitachse naeh oben hin zu tun? 58 H. MINKOWSKJ Die Verbindung herzustelien, nehmen wir einen positiven Parameter 0 und betrachten das Gebilde 02t 2 - x 2 - y2 _ Z2 = 1. Es besteht aus zwei durch t = 0 getrennten Schalen nach Analogie eim~s zweischaligen Hyperboloids. Wir betrachten die Schale im Gebiete t> 0, und wir fassen jetzt diejenigen homogenen linearen Transformationen von x, y, z, t in vier neue Variable x', y', z', t' auf, wobei del' Ausdruck diesel' Schale in den neuen Variablen entsprechend wird. Zu dies en Transformationen gehol'en ofl"enbar die Drehungen des Raumes um den Nullpunkt. Ein volles Verstandnis del' ubrigen jener Transformationen erhalten wir hernach. bereits, wenn wir eine solche unter ihnen ins Auge fassen, bei del' y und z ungeanderi bleiben. Wir zeichnen (Fig. 1) den Durchschnitt jener Schale mit del' Ebene del' x- und dert-Achse, , .-/ den oberen Ast del' Hyperbel (1' c2t2 _ x2 = 1, mit seinen Asymptoten. Ferner werde ein belieR " biger Radiusvektor OA' dieses :r .P Hyperbelastes vom Nullpunkte 0 Fig. 1. aus eingetragen, die Tangente in A' an die Hyperbel bis zum Schnitte B' mit del' Asymptote rechis gelegt, oA' B' zum Parallelogramm 0 A' B' 0' vervollstandigi, endlich·fur das fjpaiere noch B' 0' bis zum Schniit D' mit del' x-Achse durchgefiihrt. Nehmen wir nun 00' und OA' als Achsen fUr Parallelkoordinaten x', t' mit den MaBstaben 00' = 1, OA' = 1/0, so erlangt jener Hyperbelast wiede.r den 4-usdruck 02t'2- X"2 = 1, t' > 0, und del' Ubergang von x, y, z, t zu x', y, $, t' ist eine del' fraglichen Transformationen. Wir nehmen nun zu den charakterisierten Transformationen noch die beliebigen Verschiebungen des Raumund Zeit-Nullpunktes hinzu und konstituieren damit eine o:ff'enbar noch von dem Parameter 0 abhangige Gruppe von Transformationen, die ich mit Go bezeichne. Lassen wir jetzt 0 ins Unendliche wachsen, also 1/0 n.ach Null konvergieren, so leuchtet an del' beschriebenen Figur ein, daB d~ Hype~belast sich immer mehr del' x-Achse anschmiegt, del' Asymptotenwinkel sich zu einem gestreckten verbreitert, jene spezielle Transformation in del' Grenze sich in eine solche verwandelt, wobei die t'-Achse eine beliebige Richtung nach oben haben kann und x' immer genauer ~ich an x annah«;d. Mit Riicksicht hierauf ist klar, daB aus del' Gruppe Go in del' Grenze ffir 0 = 09 also als Gruppe G"" eben jene zu del' N ewtonschen Mechanik gehOrige vo~~' Gruppe wird. Bei diesel' Sachlage, und da Go mathematisch verstandlicher ist als G"" hatte wohl ein Mathematiker in fI'eieI' Phantasie auf den Geda:IJ.ken verfallen konnen, daB am Ende die Naturel'scheinungen tatsachlich eine Invarianz nicht bei Raum und Zeit 59 der Gruppe Goo, sondern vielmehr bei einer Gruppe Go mit bestimmtem endlichen, nur in den gewohnlichen MaBeinheiten iittf3erst grof3en c besitzen. Eine solche Ahnung ware ein auBerordentlicher Triumph der reinen Mathematik gewesen. Nun, da die Mathematik hier nul' mehr Treppenwitz bekundet, bleibt ihr doch die Genugtuung, daB sie dank ihren glucklichen Antecedentien mit ihren in freier Fernsicht geschiirften Sinnen die tiefgreifenden Konsequenzen einer s~lchen Ummodelung unserer Naturauffassung auf del' Stelle zu erfassen vermag. Ich will sogleich bemerken, um welchen Wert· fiir c es sich schlieBlich handeln wird. Fiir c wird ;die FortpflanfJungsgeschwindigkeit des Lichtes irn leeren Raume eintreten. Um wedel' yom Raum noch von Leere zu sprechen, konnen wir diese GroBe wieder als das Verhaltnis del' elektromagnetischen und del' elektrostatischen Einheit del' Elektrizitatsmenge kennzeichnen. Das Bestehen del' Invarianz del' Naturgesetze fur die bezugliche Gl'uppe Go wurde nun so zu fassen sein: Man kann aus del' Gesamtheit der Naturerscheinungen durch sukzessiv gesteigerte Approximationen immer genauer ein Bezugsystem x, y, fJ und t, . Raum und Zeit, ableiten, mittels dessen diese Erscheinungen sich dann nach bestimmten Gesetzeh darstellen. Dieses Bezugsystem ist dabei abel' durch die Erscheinungen keineswegs eindeutig festgelegt. Man kann das BefJugsystem noch entsprechen'il den Transformationen der genannten Gruppe Go beliebig veriindern, ohne daf3 der Ausdruck der NaturgesetfJe sich dabei veriinderl. Z. B. kann man der beschriebenen Figur entsprechend auch t' Zeit benennen, muB dann abel' im Zusammenhange damit notwendig den Raum durch die Mannigfaltigkeit del' drei Parameter x', ii, fJ definiel'en, wobei nun die physikalischen Gesetze mittels x', y, fJ, t' sich genau ebenso ausdrUcken wiirden, wie mittels x, y, fJ, t. Hiernach wUrden wiT dann in der Welt nicht mehr den Raum, sondern unendlich viele Raume haben, analog wie es im dreidimensionalen Raume unendlich viele Ebenen gibt. Die dreidimensionale Geometrie wird ein Kapitel del' vierdimensionalen Physik. Sie erkennen, weshalb ich am Eingange sagte, Raum und Zeit Bollen zu Schatten herabsinken und nul' eine Welt an sich bestehen. II. NUD ist die Frage, welche Unistande zwingen Uns die veriindede Auffassung von Raum und Zeit auf, widerspricht sie tatsachlich niemals den Erscheinungen, endlich gewahrt sie Vorteile fUr die Beschreibung del' Erscheinungen? Bevor wir hierauf eingehen, sei eine wichtige Bemerkung vorangestellt. Baben wir Raum und Zeit irgendwie individualisiert, so entspricht einem ruhenden substantiellen Punkte als Weltlinie eine zur t-Achse parallele Gerade, 60 H. MINKOWSKI einem gleichformig hewegten substantieilen Punkte eine gegen die t-Achse geneigte Gerade, einem ungleichformig bewegten substantieilen Punkte eine irgendwie gekrummte Weltlinie. Fassen wir in einem beliebigen Weltpunkte x, '!I, z, t die dort durchlaufende Weltlinie auf, und :linden wir sie dort parallel mit irgendeinem Rafliusvektor OAf der vorhin genannten hyperboloidischen Schale, so konnen wir OAf als neue Zeitachse einfuhren, und bei den da~it gegebenen neuen Begriffen von Raum und Zeit erscheint die Substanz in dem betreffenden WeUpunkte als ruhend. Wir woilen nun dieses fundamentale Axiom einfiihren: . Die in einem beliebigen WeUpunkte vorhandene Substanz kann stets bei geeigneter Festsetzu,ng von Raum und Zeit als ruhend aufgefa/3t werden. Das Axiom bedeutet, daB in jedem WeUpunkte stets del' Ausdruck c 2 dt 2 - dx 2 - dy2 _ dz 2 positiv ausfallt oder, was damit gleichbedeutend ist, daB jede Geschwindigkeit v steils kleiner als c ausfallt. Es wurde danach fiir aile substantiellen Geschwindigkeiten c als obere Grenze bestehen und hierin eben die tiefere Bedeutung del' GroBe c Hegen. In diesel' anderen Fassung hat das Axiom beim ersten Eindruck etwas MiBfiiiliges. Es ist abel' zu bedenken, daB nun eine modi:lizierte Mechanik Platz greifen wird, in del' die Quadratwurzel aus· jener Differentialverbindung zweiten Grades eingeht, so daB Faile mit Dberlichtgeschwindigkeit nul' mehr eine Roile spielen werden, etwa wie in del' Geometrie Figuren mit imaginaren Koordinaten! Del' Ansto/3 und wahre Beweggrund fur die Annahme der Gruppe Go nun kam daher, daB die Differentialgleichung fiir die Fortpflanzung von Lichtweilen im lem'en Raume jene Gruppe Go' besitzt.*) Andererseits hat der Begriff starrer Karper nul' in einer Mechanik mit del' Gruppe Gco einen Sinn. Hat man nun eine Optik mit Ge , und gabe es andererseits starre Korper, so ist leicht abzusehen, daB durch die zwei zu Ge und zu~Goo gehorigen hyperboloidischen Schalen eine t-Richtu~ ausgezeichnet sein wurde, und das wiil:de weiter die Konsequenz haben, daB man atijgeeigneten starren optischen Instrumenten im Laboratorium einen\Wechsel""del' Erscheinungen bei verschiedener Orientierung gegen die. Fortschreitungsrichtung del' Erde miiBte wahrnehmen konnen. Aile auf dieses Ziel gerichteten Bemiihungen, insbesondere ein bel'iihmter Interferenzversnch von Michelson, hatten jedoch ein negatives Ergebnis. Um eine Erklarung hierfiil' zu gewinnen, bildete H. A. Lorentz eine Hypothese, deren Erfolg eben in ~);Jnval'ianz del' Optik fur die Gruppe Go liegt. Nach Lorentz soil jeder Korpel', del' eine Bewegung *) Eine wesentliche f,.nwendung dieser Tatsache findet sich bereits bei W. Voigt, Giittinger Nachr. 1887 S. 41. 61 Raum und z.eit besitzt, in Richtung del' Bewegung eine Verkurzung erfahren haben und zwar bei einer Geschwindigkeit v im V-erhiiltnisse l:Vl-;:. /' Diese Hypothese klingt auBerst phantastisch. Denn die Kontraktion ist nicht etwa als Folge von Wiclerstanden im .Ather zu denkeu, sondern rein als Geschenk von oben, als Begleitumstand des Umstandes del' Bewegung. Ich will mrn an unserer Figur zeigen, daB die Lorentzsche Hypothese vallig aquivalent ist mit del' neuen Auffassung von Raum und Zeit, wodurch sie viel verstandlicher wird. Abstrahieren wir del' Einfachheit wegen von y und!'J und denken uns eine raumlich eindimensionale Welt, so sind ein wie die t-Achse aufrechter und ein gegen die t-Achse geneigter Parallelstreifen (s. Fig. 1) Bilder fur den Verlauf eines ruhenden, bezuglich eines gleichfarmig bewegten Karpel's, del' jedesmal eine konstante raumlicheAusdehnung behiilt . . 1st OA' parallel dem zweiten Streifen, so kannen wir t' als Zeit und x' als Raumkoordinate einfuhren, und es erscheint dann del' zweite Karpel' als ruhend, del' erste als gleichfarmig bewegt. Wir nehmen nun an, daB del' erste Karpel' als ruhend aufgefaBt die Lange l hat, d. h. del' Querschnitt P P des ersten Streifens auf del' x-Achse = l· 00 ist, wo 00 den EinheitsmaBstab auf del' x-Achse bedeutet, und daB andererseits del' zweite Karpel' als ruhend aUfgefaf3t die gleiche Lange l hat; letzteres heiBt dal1l1" daB del' parallel der x'-Achse gemessene Querschnitt des zweiten Streifens Q' Q' = l· 00' ist. Wir haben nunmehr in dies en zwei Karpel'll BiMer von zweigleichen Lorentzschen Elektronen, einem ruhenden und einem gleichfarmig bewegten. Halten wir abel' an den ursprunglichen Koordinaten x, t fest, so ist als Ausdehnung des zweiten Elektrons del' Querschnitt QQ seines zugeharigen Streifens parallel der x-Achse anzugeben. Nun ist offenbar, da Q' Q' = l, 00' ist, QQ =Il · OD', Eine leichte Rechnung ergiht, wenn dx/dt fur den zweiten Streifen=vist"OD'= OO'Vl-~~, also auchPP:QQ=l:Vl- ;:. Dies ist abel' del' Sinn del' Lorentzschen Hypothese von del' Kontraktion del' Elektronen bei Bewegung. Fassen wir andererseits das zweite Elekhon als ruhend auf, adoptieren also das Bezugsystem x', t', so ist als Lange des erst en del' Querschnitt P' P' seines Streifens parallel 00' zu bezeichnen, und wir wurden in genau dem namlichen Verhaltnisse das erste Elektron gegen das zweite verkurzt finden; denn es ist in del' Figur P'P': Q'Q'= OD: 00'= OD': 00= QQ:PP. Lorentz nannte die Verbindung t' von x und t OrtsI'Jeit des gleichf6rmig bewegten Elektrons und verwandte eine physikalische Konstruktion dieses Begriffs zum bessereii Vel'standnis del' Kontl'aktiollshypothese. ~ J edoeh scharf Math. Monogr. 2: Einstein, Lorentz, Minkowski: ReiativitiitBprinzip. () 62 H. MINKOWSRI erkannt zu haben, daB die Zeit des einen Elektrons ebenso gut wie die des anderen ist, d. h. daB t und t' gleich zu behandeln sind, ist erst das Verdienst yon A Einstein.*) Damit war nun zlmachst die Zeit als ein durch die Erscheinungen eindeutig festgelegter Begriff abgesetzt. An dem Begriffe des Raumes riittelten weder Einstein nochLorentz, yielleicht deshalb nicht, weil bei del' genannten speziellen Transformation, wo die x', t'-Ebene sich mit der x, t-Ebene deckt, eine Deutung moglich ist, als sei die x-Achse das Raumes in ihrer Lage erhalten geblieben. Dber den Begriff des Raumes in elltsprechender Weise hinwegzuschreiten, ist auch wohlnur als Verwegenheit mathematischer Kultur einzutaxieren. Nach cliese:tp. zum wahren Verstandllis del' Gruppe Gc jedoch unerlaBlichen weiteren Schritt aber scheint mir das Wort Relativitiitspostulat fur die Forderung einer lnvarianz bei der Gruppe Go 8ehr matt. lndem der Sinn des Postulats wird, daB durch die Erscheinungen nur die in Raum und Zeit vierdimensionale Welt gegeben ist, abel' die Projektioll in Raum und in Zeit noch mit einer gewissen Freiheit vorgenommen werden kann, mochte ich dieser Behauptung eher den Namen Postulat der absoluten Welt (oder kurz Weltpostulat) geben. , III. Durch das Weltpostlllat wird eine gleichartige Behandlung del' vier Be~ stimmurigsstiicke x, V, z, t moglich. Dadurch gewinnen, wie ich jetzt ausfiihren will, die Formen, unter denen die physikalischen Gesetze sich abspielen, an Verstandlichkeit. Val' allem erlangt del' Begriff der Beschleunigung ein scharf hervortretend~s Geprage. lch werde mich einer geometrischen Ausdrucksweise bedienen, die sich sofort darbietet, indem man im Tripel x, y, fJ stillschweigend von fJ abstrahierb. Einen beliebigen Weltpunkt denke ich zum Raum - Zeit - N ullpunkt gemacht. Del' Kegel c 2t 2 ~.X2-'!J2-fJ2=0 mitJO als Spi:tze (Fig.2) besteht aus zwei Teilen, Fig. 2. einem mit Werlen t< 0, einem anderen mit Werten t> 0. Del' erate, der Vorlcegel von 0, besteht, sagen wir, aus allen Weltpunkten, die "Licht mtch senden", del' zweite, del' Nachkegel von 0, aus allen Weltpunkten, die "Licl!.\.,von empfangen". Das vom Vorkegel allein begrenzte Gebiet mag diesseits von O,das vom Nach- ° ° ° *) A. Einstein, Ann. d. Phys. 17 (1905) S. 891; Jahrb. d. Radioaktivitat u. Elektronik 4 (1907) S.411. Ranm und Zeit 63 kegel allein begrenzte jenseits von 0 heiBen. Jenseits 0 fallt die schon betrachtete hyperboloidische Schale F=c 2 t2-x2-y2_z2=1, t>O. Das Gebiet zwischen den Kegeln wird enullt von den einschaligen hyperboloidischen Gebilden - F = x 2 y2 Z2 _ e 2 t 2 = k 2 + + zu allen konstanten positiven Werten k 2• Wichtig sind fiir uns die Hyperbeln mit 0 alB Mittelpunkt, die auf den letzteren Gebilden liegen. Die einzelnen Aste diesel' HypeTbeln mogen kurz die Zwisehenhyperbeln zum Zent1'um 0 heiBen. Ein solcherHyperbelast wurde, als Weltlinie eines substantiellen Punktes gedacht, eine Bewegung reprasentieren, die fur t = - 00 und t = + 00 asymptotisch auf die Lichtgeschwindigkeit e ansteigt. N ennen wir in Analogie zum Vektorbegriff im Raume jetzt eine gerichtete Strecke in del' Mannigfaltigkeit del' x, y, z, t einen Vektor, so haben wir zu unterscheiden zwischen den zeitartigen Vektoren mit Richtungen von 0 nach del' Schale F = 1, t > 0 und den raumcwtigen VektoTen mit Richtungen von 0 nach - F = 1. Die Zeitachse kann jedem Vektor del' ersten ATt parallellaufen. Ein jeder Weltpunkt zwischen V OTkegel und N achkegel von 0 kann durch das Bezugsystem als gleiehzB1'tig mit 0, abel' ebensogut auch als fruher ala 0 oder als spiiter als 0 eingerichtet werden.· Jeder Weltpunkt diesseits 0 ist notwendig stets fruher, jeder Weltpunkt jenseits 0 notwendig stets spater als O. Dem Grenzubergang zu e = 00 wurde ein volliges Zusammenklappen des keilformigen Einschnittes zwischen den Kegeln in die ebene Mannigfaltigkeit t = 0 entsprechen. In den gezeichneten Figuren ist diesel' Einschnitt absichtlich mit verschiedener Breite angelegt. Einen beliebigen Vektor, wie von 0 nach x, y, z, t, zerlegen wir in die vier Komponenten x, y, z, t. Sind die Richtungen zweier Vektoren beziehungsweise die eines Radiusvektors OR von 0 an eine del' Flachen + F = 1 und dazu erner Tangente RS im Punkte R del' betreft'enden Flache, so sollen die Vektoren normal zueinander heiBen. Danach ist + \~ e2 ttl - xX1 - YYl - ZZl = 0 dIe Bedingung damr, daB die Vektoren mit den Komponenten x, y, Z, t und t1 normal zueinander sind. Fur die Betrage von Vektoren del' verschiedenen Richtungen sollen die Einheitsmaf3stabe dadurc}l fixiert sein, daB einem raumartigen Vektor von 0 nach - .F = 1 stets del' Betrag 1, einem zeitartigen Vektor von 0 nach + F = 1, t > 0 stets del' Betrag lie zugeschrieben wird. Denken wir uns nun in einem Weltpunkte P(x, y, z, t) die dort durehlaufende Weltlinie emes substantiellen Punktes, so entspricht danach dem Xli Yl' Zll 5* H. 64 zeitartige~l MrmrOWSKI Vektore,lement dX, dy, dz, dt im Fortgang del' Lillie del' Betl'ag d't = ~ C yc 2 dt 2 - dx 2 - dy2 - dZ2~ . Das Integral Jd7:= r' dieses Betrages, auf del' Weltlinie von irgendeinem fixierten Ausgangspunkte Po bis zu dem variablen Endpunkte P gefuhrt, nennen wir die Eigenzeit des substantiellen Punktes in P. Auf del' vVeltlinie betrachten wir x, '!I, z, t, d. s. die Komponenten des Vektors OP, als Funktionen del' Eigenzeit '0, bezeichnen deren el'ste Differentialquotienten nach 7: mit X, y, if, i, deren zweite Differentialquotienten nach 7: mit y, t' und nennen die zugehorigen VektOl'en, die Ableitung des Vektors 0 P nach 7: den Bewegungsvektor in P und die Ableitung dieses Bewegungsvektors nach 7: den Beschleunigwzgsvektor in P. Dabei gilt x', z, t x2 _ y2 _ if2 = c2, c2 t'1 - xx- yy - zz = 0, c2 2 _ d. h. del' Bewegungsvektor ist del' zeitartige Vektor in Richtung del' Weltlinie in P vom Betrage 1, und del' Beschleunigungsvektor in P ist normal zum Bewegungsvektor in P, also jedenfalls ein l'aumal'tiger Vektol'. Nun gibt es, wie man leicht einsieht, einep bestimmten Hyperbelast, del' mit del' vVeltlinie in P drei unendlich benachbarte Punkte gemein hat und dessen Asymptoten El'zeugende eines Vorkegels und eines Nachkegels sind (s. unten Fig. 3). Diesel' Hyperbelast heiBe die Kriirmrmngshyperbel in P. 1st JJI das Zentrum diesel' Hypel'bel, so handelt es sich also hier um eine Zwischenhypel'bel zum Zentrum M. Es sei Q del' Betrag des Vektors MP, so erkennen wir den Beschleunigungsvektorin Pals den Vektor in Richtung JJiP vom Betmge c 2/ Q . Sind X, ii, t'samtlich Null, so reduziel't sich die Krummungshyperbel auf' die in P die vV'eltlinie beruhrende Gerade, und es ist Q = 00 zu setzen. z, IV. Um darzutun, daB die Annahme del' Gl'Uppef7a fur die physikalischen Gesetze nil'gends Zl1 eillem Widerspruche fuhrt, ist es unJ1mganglich, eine Revision del' gesamten Physik auf Gl'und del' Voraussetz;ng diese~' Gruppe vorzl1nehmen. Diese Revision ist bereits in einem gewissen Umfange erfolgreich geleistet fur Fragen del' Thermodynamik und Warmestrahlung*), fur die elekiromaglletischen V ol'gange, endlich fur die Mechanik unter Aufrechterhaltung des Massenbegriffes.**) ----'\"¢ *) M. Planck, Zur Dynamik bewegter Systeme, Berliner Bel'. 190'1 S.542 (auch Ann. d: Phys. 26 (1908) S. 1). **) H. Minkowski, Die Grundgleichungen fUr die elektromagnetischen Vorgange in bewegten Karpern, Gattinger Nachr. 1908 S.53. Raum und Zeit 65 Fiir letzteres Gebiet ist VOl' allem die Frage aufzuwerfen: Wenn eine Kraft mit den Komponenten X, Y, Z nach den Raumachsen in einem Weltpunkte P(x, z, t) angreift, wo del' Bewegungsvektor X, ii, i ist, als welche Kraft ist diese Kraft bei einer beliebigen Anderung des Bezugsystemes aufzufassen? Nun existieren gewisse erprobte Ansatze iiber die ponderomotorische Kraft im elektromagneiischen Felde in den Fallen, wo die Gruppe GG unzweifelhaft zuzulassen ist.Diese Ansatze fiihren zu del' einfachen Regel: Bei Anderung des Bezugsystemes ist die vorausgesetzte Kraft demrt als Kraft in den neuen Raum7coordinaten anzusetzen, daf3 dabei der zugehorige Ve7ctor mit den Komponenten y, z, tX, t Y, iz, iT, wo T = \( .~ X c t + ~t y + t~ z) die durch e 2 dividierte Arbeitsleistung der Kraft im Weltp~mkte ist, sieh ~mvml­ iindert erhiiU. Diesel' Vekior ist steis normal zum Bewegungsvektor in P. Ein solcher, zu einer Kraft in P gehorender Kraftvekior soll ein bewegender Kraftvektor in P heiBen. Nun werde die durch P laufende Weltlinie von einem subsianiiellen Punkte mit konstanter meehaniseher Masse m beschrieben. Das m-fache des Bewegungsvektors in P heiBe del' Impulsvektor in P, das m-fache des Beschleunigungsvektors in P del' Ki'aftvelctor der Bewegung in P. N ach diesen Definitionen lautet das Gesetz dafiir, wie die Bewegung eines Massenpunktes bei gegebenem bewegenden Kraftvektor statthat: *) Der Kmftvektor der Bewegung ist gleieh dem bewegenden Kraftve7ctor. Diese Aussage faBt vier Gleichungen fiir die Komponenten nach den vier Achsen zusammen, wobei die vierte, weil von vornherein beide genannten Vektoren normal zum Bewegungsvektor sind, sich als eine Folge del' drei erstenansehen laBt. Nach del' obigen Bedeutung von T stellt die vierte zweifellos den Energiesatz dar. Ais 7cinetische Energie des Massenpunktes ist daher das e 2 -faehe der Komponente des lmpulsve7ctors naeh der t-Aehse zn definieren. Del' Ausdruck hierfiir ist " " (2I t me Ihl-"V2 = me 2/ V 1- ~, d. i. nach Abzug del' additiven Konstante me 2 der Ausdruck tmv2 del' Newtonschen Mechanik bis auf Groilen von del' 0rdnung 1je 2• 8eh1' anschaulich erscheint hierbei die Abhiingiglceit der Energie vorn Bezugsysteme. _ Da nun abel' die t-Achse in die Richtung jedes zeitartigen Vektol"s gelegt werden "') H. lVIinkowski, a. a. O. p.l07. (1906) S.136. Vgl. auch M. Planck, Verh. d. Physik. Ges.4 . H. 66 MINKOWSKI kann, so enthalt andererseits del' Energiesatz, fur jedes mogliche Bezugsystem gebildet, bereits das ganze System del' Bewegungsgleichungen. Diese . Tatsache behalt bei dem erorterten Grenziibergang zu c = 00 ihre Bedeutung auch fiir den axiomatischen Aufbau del' Newtonschen Mechanik und ist in solchem Sinne bereits von Herrn I. R. Schiitz*) wahrgenommen worden. Man kann von vornherein das Verhaltnis von Langeneinheit und Zeiteinheit derart festlegen; daB die natiirliche Geschwindigkeitsschranke c= 1 wird. Fiihrt man dann noch 1· t = s an Stelle von t ein, so wird del' quadratische Differentialausdruck d,,;2 = - dx 2 -'- dy2 - dfJ 2 - ds 2, y- also vollig symmetrisch in x, y, fJ, s, und diese Symmetrie iibertragtsich auf ein jedes Gesetz, das dem Weltpostulate nicht widerspricht. Man kann danach. das Wesen dieses Postulates mathematisch sehr pragnant in die mystische Formel kleiden: 3.105 km = -V-1 sek. V. Die durch das Weltpostulat geschaffenen V orteile werden vielleicht durch nichts so schlagend belegt wie durch Angabe del' von einer beliebig bewegten t punkt{ormigen Ladung nach del' MaxwellLorent~schen Theorie ausgehenden Wir' ... kungen. Denken wir uns die Weltlinie " y eines solchenpunktformigenElektrons mit del' Ladung e und fiihren auf ihr die Eigenzeit,,; ein von irgendeineni Anfangspunkte aus. Urn das vom Elektron in einem beliebigen Weltpunkte PI veranlaBte Feld zu haben, konstruieren wir den zu PI gehorigen V orke~ \F~g. 4). Diesertrifftdi.e unbegrenzte ~ltlime des Elektrons, weil deren Richtungen iib~~ die von zeitartigen V ektorensind, offenbar in einem einzigen Punkte P. Wir legen in P an die Weltlinie die Tangente und konstruierenr Fig: 3. Fig. 4. durqh P 1 die N ormale P 1 Q auf diese Tangente. Del' Betrag von PI Q sei r. Ais del' Betrag von PQ ist dann gemaB del' Definition eines Vorkegels ric zu rechnen. Nun stef!tt\der Vektor in Richtung PQ vom Betrage elr in seinen Komponenten nach den X-, y-, fJ-Achsen . *) I. R. Schlitz, Das Prinzip del' absoluten Erhaltung der Energie, Gottinger Nachr. 1897 S.110. Raum und Zeit 67 das m'it c multip7izierte Vektorpotential, in del' ](omponente nach cler f-Atltse das skalare Potential des von e erregten Feldes fiir clen Welbpunkt PI vor. Rierin liegen die von A. Lienard und von E. Wiechert aufgestellten Elementargesetze. *) Beider Beschreibung des vom Elektron hervorgerufenen Feldes selbst tritt sodann hervor, daB die Scheidung des Feldes in elektrische und magnetische Kraft eine relative ist mit Rticksicht auf die zugrunde gelegte ZeitRchse; am tibersichtlichsten sind beide Kriifte zusammen zu beschreiben in einer gewissen, wenn aueh nieht yolligen Analogie zu einer Kl'aftschraube del' Meehanik. leh will jetzt die von ciner beliebig bewegten punktformigen Ladung auf eine andere beliebig bezvegte punklfonnige Ladung ausgeiibte ponderomofot'ische Wirkung beschreiben. Denken wir uns dureh den Weltpunkt PI die Weltlillie eines zweiten punktformigen Elektrons von del' Ladung ei flihrend. Yvir bestimmen P, Q, r wie vorhin, konstruieren sodanl1 (Fig. 4) den Mittelpunkt M del' Krlimmungshyperbel in P, endlich die Normale MN von M aus auf eine' dureh P parallel zu QPI gedaehte Gerade. Wir legen nun, mit Pals Al1fangspUl1kt, ein Bezugsystem folgendermaBen fest, die t-Aehse in die Riehtung PQ, die x-Aehse in die Riehtung QPlI die y-Aehse in die Riehtung MN, womit, sehlieBlich auch die Richtung der z-Achse als normal zu den t-, x-, y-Achsen der Bewegungsbestimmt ist. Del' Beschleunigungsvektor in P sei y, vektor in PI sei Xli fill $1) t~. Jetzt lautet der von clem ersten beliebig bewegten Elektron e auf das zweite beliebig bewegte Elektt'on ei in PI au,sgeiibte bewegende Kraftvektor: X) ~ -eel(I t. -~ e ' x, z, i; wobei fUr die KO?nJlonenten ~"" ~Y' ~z, ~t des Vektors st die drei Relationen bestehen: 1 c Stt - ~'" = r 2 , ~.= 0 und viertens diesel' Vektor ~ normal zum Bewegungsvektor in PI ist und durch dieSen Umstand allein in Abhiingigkeit von dem letzteren Betoegungsvektm" sieht. Yel'gleicht man mit dieser Aussage die bisheri/icn Formulierungen**) des namlichen Elementargesetzes tiber die ponderomotorische Wirkung bewegter pun~tfijrmiger Ladungen aufeinander, so wird man nicht umhin konnen zuzugeben, daB diehier in Betracht kommenden Yerhaltnisse ihr inneres Wesen *) A. Lienard, Champ electrique et magnetique produit par une charge concentree en un point et animee d'un mouvement quelconque, L'Eclairage electrique 16 (1898) S. 5, 53,106; E. Wiechert, Elektrodynamische Elementargesetze, Arch,. neerl. (2) 5 (1900) S.549. **) K. Schwarzschild, Gottinger Nachr. 1903 S. 132; H. A. Lorentz, Enzykl. d. math. Wissensch. V, Art. 14, S. 199. 68 H. MI!<KOIVSKI voller Einfachheit erst in vier Dimensionen enthiillen, auf einen von vornherein aufgezwungenen dreidimensionalen Raum aber nur eine sehr verwickelte Projektion werfen. In der dem Weltpostulate gemaB reformierten Mechanik fallen die Disharmonien, die zwischen der N ewtonschim Meehanik und der modernen Elektrodynamik gestort haben, von selbst aus. Ieh will nochdie Stellung des N ewtonschen A t;traktionsgesetzes zu diesem Postulate beriihren. Ieh will annehmen, wenn zwei Massenpunkte 'In, 'lnl ihre Weltlinien beschreiben warde von 'In auf 'ln1 ein bewegender Kraftvektor ausgeiibt genau von dem soeben im Falle von Elektronen angegebenen Ausdruck, nur daB statt - eel jetzt + 'ln1ftl treten soll. Wir betrachten nun speziell den Fall, daB der Beschleunigungsvektor von 'In konstant Null ist, wobei wir dann t so einfiihren mogen, daB m als ruhend aufzufassen ist, und es erfolge die Bewegung von 1ftl allein mit jenem von 1ft herriihrenden bewegenden Kraftvektor. Modifizieren wir nun diesen angegebenen Vektor zunachst dureh Hinzusetzen des Faktors i-I = -V 1 - ::, der. bis auf GraBen von del' Ordnung l/e 2 auf 1 hinauskommt, so zeigt sich *), daB fiir die Orte Xli '!fJ, ZI von m1 und ihren zeitlichen Verlauf genau wieder die Keplerschen Gesetze hervorgehen wiirden, nul' daB dabei an Stelle der Zeiten tl die Eigenzeiten 7:1 von 'lnl eintreten wiirden. Auf Grund diesel' einfaehen Bemerkung laBt sieh dann einsehen, daB das vorgeschlagene Anzieh:mgsgesetz verkniipft mit der neuen Mechanik nicht weniger gut geeignet ist die astronomischen Beobachtungen zu eTklaren als'das Newtonsche Anziehungsgesetz verkniipft mit del' Newtonschen Mechanik. .A uch die Gmndgleichungen fiir die elektTomagnetischen V OTgange in pondeTablen KOTpem fiigen sich durchaus dem Weltpostulate. Sogar die von Lorentz gelehrte Ableitung diesel' Gleichungen auf Gmnd von V OTstellungen del' Elektronentheorie braucht zu dem Ende keineswegs verlassen zu werden, wie ich anderwarts zeigen werde. Die ausnahmslose Giiltigkeit des Weltpostulates ist ;ii so mochte ich glauben, del' wahre Kern eines elektromagnetischen W eiibildes,,, del' von Lorentz getroffen, von Einstein weiter herausgeschalt, nachgerade vollends am Tage liegt. Bei del' Fortbildung del' mathematischen Konsequenzen werden genug Hinweise auf experimentelle Verifikationen des Postulatessich einfinden, um auch diejenigen, denen ein Aufgeben altgewohnter Anschauungen l1nsympathisch odeI' schmerzlieh ist, durch de~(ledallkell an eine pTastabilierte Harmonie zwischen del' reinen Mathematik und del' Physik auszusohnen. *) II. Minkow.ski, Ill. a. O. S. 110. 69 Raum und Zeit Anmerkungen. Von A. SOMMERFELD. Es ist selbstveratandlich, daB bei der Neuherausgabe von Minkowskis Raum und Zeit keib. Wort des Textes verandert werden durfte. Ich habe mich auch gescheut, durch Hinweise auf die hier folgenden Anmerkungen den GenuB des Lesers zu storen. Diese AnmerkungBn selbst sind keineawegs weaentlich; sie bezwecken nichts anderes, als kleine formal-mathematische Schwierigkeiten aus dem Wege zu raumen, die dem Eindringen in die groBen Gedanken Minkowskis im Wege shehen Mnnten. Auf die an l\'l:inkowski anschlieI.lende Literatur ist nur soweit hingewieaen, ala aie in unmittelbarer Beziehung zu dem Gegenatande dieses Vortrages stent. Sachlich iat von dem, was Minkowski hier sagt, heute, vier Jahre nach seinem Tode, vom physikalischen Standpunkte aus meiner Meinung nachkeinWort zuriickzunehmen und kaum etwas hinzuzufUgenj wiJl man slch erkenntnis-theoretisch zu Minkowskis Auffassung des Raum-Zeit-Problems stellen will, ist eine andere Frage, aber wie mir scheint eine Frage, die den physikalischen Sachverhalt nicht wesentlich beriihrt. Den nachsten groBen Fortschritt in der Relativitatstheorie erwarten wir von der Einordnung der Gravitation; bis hieriiber die Ansichten gekUirt sind, laI.lt sich nicht iibersehen, ob wesentliche.An.derungen an den Anschauungen Minkowskis natig sein werden. 1) S. 60 Z. 13 v. u. "Andererseits hab der Begriff starrer Karper nur in der Mechanik mit der Gruppe Goo einen Sinn". Dieser Satz ist in einer Diskussion, die ein Jahr nach Minkowskis Tode im AnschluI.l an eine Arbeit seines Schiilers M. Born entstand, in weitestem Umfange bestatigt worden. M. Born hatte (Ann. d. Phys. 30 (1909) S.l) als relativ-starren Karper einen solchen definiert, von dem jedes Volumelement auch bei beschleunigten Bewegungen .die zu seiner Geschwindigkeit gehOrige Lorentz-Kontraktion erfahrt. Ehrenfest zeigte (Phys. Zeitschr. 10 (1909) S. 918), daB ein solcher Karper nicht in Rotation versetzt werden kann, Herglotz (Ann. d. Phys. 31 (1910) S. 39'3) und F. Nather (Ann. d. Phys. 31 (1910) S.919), daB er nul' drei Grade der Bewegungsfreiheit hat. Es wurde auch versucht, einen relativ-starren Karper von seche oder nenn Freiheitsgraden zu definieren. Demgegeniibel' lLuBerte Planck (P:!:tys. Zeitschr. 11 (1910) S.294) die Ansicht, daB die Relativitatstheorie nur mit mehr oder minder elastischen Korpern operieren kanne, und Laue bewies (Phys. Zeitechr. 12 (1911) S. 48) mit den Methoden Minkowskis, im AnschluB an die Fig. 2 dieses Vortrages, daB in del' Relativitatstheorie jedel' feste Karpel' unendlich viele Freiheitsgrade haben milsse. SchlieBlich hat Herglotz (Ann. d. Phys. 36 (1911) S.453) eine 'l'elativistische ElastizitlLtstheorie entwickelt, nach welcher elastische Spaunungen immer dann auftreten, wenn del' Karpel' Bich nicht relativ-starr im Bornachen Sinne bewegt. Del' relativstarre Karper spielt also in dieser Elastizitatstheorie dieselbe Rolle wie del' gewohnliche atarre Karpel' in der gewohnlichen Elastizitatstheorie. ---2 2) Zu S. 61 Z.12 v. u. "Eine leichte Rechnung ergibt ... OD' = 0011 1 - :2 ". Es sei in Fig. 1 cc=<]::A.'OA., fJ=<]::B'OA.'=<]::O'OB', wobei die Gleichheit der beiden letzten Winkel aus der harmonischen Lage der Asymptoten gegen die neuen KofJ = %/4 ist ordinatenachsen (konjugierte Durchmesser del' Hyperbel) folgt. Wegen cc sin 2{J = cos 2cc. Der SinuBsatz ergibt im Dreieck OD'O': oD' sin 2 fJ cos 2 IX 00' =-cosa = oder, da 00' = OA': OD' = OA' cos (1) cos 2a cc = OA' cos a (1 - to, 'go a) + cosa- H. 70 MINKOWSKI Sind x, t die Koordinaten des Punktes A'im x, t-System, also x· OA bez. ct· 0 0= ct· OA die entsprechenden Abstande von den Koordinatenachsen, so hat man x v (2) x· OA = sin a . OA', ct· OA = cos IX • OA', - = tg a = - . ct c Setzt man diese Werte von x und ct in die Hyperbelgleichung ein, so findet man: (3) OA'2(cos 2a _ sin 2 a) = OA2, OA' = also wegen (1) und (2) OD'= OA -';1- tg2a = OA (4) OA . cos a-';1-tg2a' V1- ;22. Dies ist wegen OA = 00 die zu beweisende Formel. Ferner ist in dem rechtwinkligen Dreieck OOD: '00 OA OD=--=--· cos a cos a cn. (3) kann daher auch so geschrieben werd-en: OA'= OD -';1- tg 2 a oder OD = OA' V 1 2 v c2 • Dies liefert zusammen mit (4) die Proportion OD: OA'= OD': OA, welche wegen OA'= 00' und OA = 00 mit der S.61 Z.4 v. u. benutzten OD: 00'= OD'; 00 identisch ist. 3) S. 63 Z.18 v. o. "Ein jeder Weltpunkt zwischen Vorkegel und Nachkegel von 0 kann durch das Bezugssystem als gleichzeitig mit 0, aber eben80gut auch als friiher als 0 oder spater als 0 eingerichtet werden". Hierailf fiihrt M. Laue den Beweis des Einsteinschen Satzes zuriick (Phys. Zeitschr. 12 (1911) S. 48): In der Relativitatstheorie kann kein Vorgang kausaler Vcrkniipfung mit Uberlichtgeschwindigkeit fortgepfianzt werden ("Signalgeschwindigkeit c"). Angenommen ein Ereignis 0 verursache ein anderes Ereignis P und angenommen der Weltpunkt P liege ill Zwischengebiete von O. In dies em Falle wiirele die Wirkung von 0 nach P mit Uberlichtgeschwindigkeit iibertragen worden sein, relati'V zu dem betrachteten Bezugssystem x, t, in dem natiirlich die Wirkung Pals spater wie die Ursache O· angenom~n werde, tp> O. Nun kann man aber nach dem vorangestellten Zitat das Bezugssystem aband~i:n, soda.6 P friiher als 0 zu liegen kommt, d. h. man kann ein System x', t' auf ,,~~endlicl;L. viele Arten so wahlen, daBt; 0 wird. Das ist unvertraglich mit der VorsteUung der Kausalitatj also mu.6 P entweder "jenseits von 0" oder auf dem Nachkegel von 0 liegen, d. h. die Fortpfla,nzungsgeschwindigkeit eines von 0 aus zu betatigenden Signals, welches im Weltpunkte P ein zweites Ereignis zur Folge haben soll, mu/3 notwendig c s1lin. (Natii.rlich kann man auch in der Reld.tivitatstheorie Vorgange definieren., ~ B. geometrisch in 8ehr einfacher Art, die mit Uberlichtgeschwindigkeit fortschreiten j solche Vorgang'e kannen aber niemals als Signale dienen, d. ~~'es ist unmoglich, sie nach Willkiir einzuleiten unel mit ihnen an einem entfemten Ort z. B. ein Relais in Gang zu setzen, So kann es z. B. optische MediEm geben, in denen die "Lichtge" schwineligkeit" c ist. Dabei ist abel' unter Lichtgeschwindigkeit verstanden die Fortpfhtnzung der Phasen in einem unencUichen periodischen Wellenzug. Zum Signa- < .". < < > Raum un~ Zeit 71 lisieren kann diese niemals dienen. Dagegen pflanzt sich der Kopf einer Welle unter allen Umstanden und bei beliebiger Beschaffenheit des optischen Mediums mit der Geschwindigkeit c fort; vgl. z. B. A. Sommerfeld, Festschrift Heinrich Weber (Leipzig (Teubner) 1912) S. 338.) 4) S.64 Z. 2 v. o. Wie Minkowski gelegentlich zu mir bemerkte, ist das Element der Eigenzeit a'!: kein vollstandiges Differential. Verbindet man also zwei Weltpunkte 0 und P durch zwei verschiedene Weltlinien 1 und 2, so ist Ja'!:=\= Ja'!:. 1 2 Verlauft 1 parallel der t-Achse, sodaB der erste Ubergang im zu Grunde gelegten Bezugssystem die Ruhe bedeutet, so ist ersichtlich Ja'!:=t, Jd'!:<t. 1 2 Rierauf beruht das von Einstein hervorgehobene Nachgehen del' bewegten Uhr gegen die ruhende. Dieser Aussage liegt, wie Einstein hervorgehoben hat, die (unbeweisbare) Annahme zu Grunde, daB die bewegte Uhr tatsachlich die Eigenzeit anzeigt, d. h. jeweils diejenige Zeit gibt, die dem stationar gedachten, augenblicklichen Geschwindigkeitszustand entspricht. Die bewegte Uhr muE natiirlich, damit sie mit der ruhenden im Weltpunkts P yerglichen werden kann, beschleunigt (mit Geschwindigkeits- oder Richtungsanderungen) bewegt worden sein. Das Nachgehen der bewegten Uhr zeigt also nicht eigentlich "Bewegung", sondern "beschleunigte Bewegung" an. Ein Widerspruch gegen das Relativitatsprinzip selbst liegt daher nicht VOl'. 5) S. 64 Z. 20 v. o. Die Bezeichnung Kriimmungshyperbel ish dem elementaren Begriff des Kriimmungskreises genau nachgebildet. Die Analogie wird zur analytischen Identitat, wenn man statt del' reellen Zeitkoordinate t die imaginare l = ict benutzt, also das c-fache der von Minkowski S. 66 benntzten Koordinate s. Nach S.62 hat eine Zwischenhyperbel in der x, t-Ebene die Gleichung X 2 _c 2 t 2 =Q2 also in del' x, l-Ebene (mit k=Q), X 2 +P=Q2. Sie kann daher in Parameterdarstellung geschrieben werden, wenn rp einen reinimaginaren Winkel bedeutet: x = Q cos rp, 1= Q sin rp . Man kann hie1'llach die Hyperbelbewegnng, wie ich Ann. d. Phys. 33 S. 649, § 8 vorBchlug, auch ala "zykliache Bewegung" bezeichnen, wodurch ihre Haupteigenschaften (Mitfiihrung jies Feldes, Auftreten einer Art Zentruugalkraft) beaonders deutlich gakennzeichnet werden. Fur die Hyperbelbewegung ist also . ax d'!: .. dx c2 . di =Q"cosrp, X= X= ., =-~CSlllrp, . dl 1= a::t = + ic cos rp .. c2 dl • l=--=-slnrp. aT Q Der Betrag des Beschleunigungsvektors bei der Hyperbelbewegung ist daher c 2/ Q. D,a eine beliebig yorgegebene Weltlinie von der Kriimmungshyperbel dreipunktig be- H. 72 MUlKOWSKI riihrt wird, hat jene mit der Hyperbelbewegung den Beschleunigungsyektor und deren Betrag c 2/Q gemein, wie S. 64 Z. 10 y. u. angegeben. l2 = Q 2 ist ersichtlich der Der Mittelpunkt M der zyklischen Bewegung x 2 Punkt x = 0, l = 0, und es haben alle Punkte der Hyperbel von diesem Mittelpunkte den konstanten "Abstand" Q, d. h. einen konstanten Betrag des Radiusvektors. (! bedeutet daher die in Fig. 3 eingezeichnete Strecke MP. 6) S. 65 Z.l1 v. o. Da6 man die Kraft X, Y, Z, um sie zu einem "Kraftvektor" zu erganzen, mit t = d t / d7: zu multiplizieren hat, erkennt man so: N ach Minkowski ist der Impulsvektor (S. 65 Z. 20 v. 0.) definiert durch + mx, mil, mi, mt". m bedeutet die "konstante mechanische Masse" oder, wie Minkowski an anderer Stelle noch deutlicher sagt, die "Ruhmasse". Halt man an dem Newtonschen Bewegungsgesetze fest (zeitliche Anderung des Impulses gleich Kraft), so hat man zu setzen d· dt mx = X , d. Y dt my = , d· dt mz = Z . Multiplikation mit i macht die linken Seiten zu Vektorkomponenten im Sinne Minkowskis. Daher sind auch ix, t Y, iz die drei ersten Komponenten des "Kraftvektors". Die vierte Komponente T folgt dann eindeutig aus der Forderung, da6 der Kraftvektor zum Bewegungsvektor normal sein soIl. Die Minkowskischen Gleichungen fiir die Mechanik des Massenpunktes lauten d~her (bei konstanter Ruhmasse): mx=t'X, my=t"y, mz=t"Z, mt=tT. Ubrigens la6t sich die Annabme von der Konstanz der Ruhmasse nux auf.cecht halten, wenn der Energieinhalt deB Korpera bei der Bewegung nicht geandert wird (wenn diese in der Bezeichnung von Planck "adiabatisch und isochorisch" erfolgt). 7) S.66 und 67. Das Charakteriatische an den hier angegebenen Konstruktionen istihre volIige Unabhangigkeit von einem speziellen Bezugsaystem. Sie geben, wie es Minkowski S.57 postuliert, "Wechselbeziehungen UIiter den Weltlinien" (oder Weltpunkten) als "vollkommensten Ausdruck der physikalischen Gesetze". Auf die Koordinatenachsen xy zt wird z. B. S.66 unten bei dem elektrodynamischen Potential ("Viererpotential") erst daun BJlzug genommen, wenn dasselbe (in konventioneller Weise) in einen skaJaren und Vektorbeil zerlegt werden soIl, welchen Teilen abel' yom relativistiscben Standpunkte aus keine selbstandige, invariante Bedeutung zukommt. Ais Kommentar zu Minkowski habe ich (Ann. (1: Phys. 33 (1910) S. 649; § 7) eine invariante analytische Darstellung rur das ViererpotentiaJtUnd fiiT die ponderomoto~ riache Wirkung zwischen zwei Elekironen aus den Maxwellschen ',!lleichungen nach den Minkowskischen Methoden abgeleitet, welche die in Rede ste'tenden J1:onstruktionen MinkowskiB umschreiben. Da eine genane BegriiIldung derselbim hier zu weit filhren wiirde, sei auf jene Darstellung oder auf die entsprechenden Ausfilhrungen bei ],I. Laue (Das Relativitatsprinzip (Braunschweig (Vieweg) 1913) § 19) hingewiesen. 8) S. 67 Z.5 v. o. Die invariante Darstellung des elektromagnetischen Feldes ala "Vektor zweiter Art" (wofiir ich die, wie es scheint, sich,einbiirgernde Bezeichnung "Sechservektor" vorgeschlagenhabe), biIdet einen besonders bedeutsamen .Teil der Minkowskischen Auffassung der Elektrodynamik. Wahrend Min~"skis Ideen in dem Begriff des Vektors erster Art ("Vierervektor") teilweise schon von Poincare (Rend. Circ. Mat. Palermo 21 (1906) vorweggenommen waren, ist die Einfiihrung des Sechservektors bei Minkowski neu und wesentlich.Ebellso wie del' Sechservektor hangt die Kraftschra,ube del' lIIechanik (Inbegriff einer Einzelkraft und eines Kraftepaares) 'von 6 Raum und Zeit 73 unabhangigen Parametern ab; eb(:lllso wie bei dem elektromagnetischell Felde "die Scheidung in elektrische und magnetische Kraft eine relative ist", laBt sich bekallntHch bei der Kraftschraube die Zerlegung in Einzelkraft und Kraftepaar in sehr mannigfacher Weise bewerkstelligen. 9) S. 68 .Abs.1. Minkowskis relativistische Form des Newtollschen Gesetzes subsumiert sich fiir den besonderen, im Text hervorgehobenen Fa'! I verschwindender Beschleunigung unter die allgemeinere Form. die Poincare (in del' soeben zitierten Arbeit) vorgeschlagen hat; sie geht andererseits in der Beriicksichtigung der Beschleunigung fiber diese hinaus. Wie aus Minkowskis oder Poincares Formulierllng des Gravitationsgesetzes hervorgeht, ist es (auf mannigfache Art) maglich, das Newtonsche Gesetz mit der Relativitatstheorie zu versahnen. Dieses Gesetz wird dabei als Pnnktgosetz, die Gravitation also gewisserma6en als Fernwirkung aufgefaBt. Die Schwierigkeiten, die in letzter Zeit von Einstein und Abraham hervorgehoben worden sinel, tretell erst dann auf, wenn man - was vom heutigen Standpunkte allerdings unabweislich erscheint die Gravitation als Feldwirkung anffassen will und nach dem Verbleib del' Gravitationsenergie im Felde fragt, und wenn man iiberdies das Postulat hinzufligt, da6 tl'age und schwere Masse genau gleich sein sollen. Von hieraus ist Einstein neuerdings dazu gelangt, die alte Relativitatatheorie von 1905 au6erordentlich zu erweitern und zu vertiefen. In der "allgemein,en Relativitatatheorie" (Sitzungsberichte der K PreuBischen Akademie der Wiss., Oktober 1914; Einstein-GroBmann, Zeitschrift flir Mathematik und Physik, Bd. 62, und aeparat bei ';I'eubner 1913) hat das Linienelement der Raum-Zeit-Mannigfaltigkeit variable Lange und bestimmt sich die Haum~Zeit-Struktur aus oder zusammen mit der Gravitation. Das Relativitatsprinzip wird dabei in Weiterfiihrung der Minkowskischen Gedanken - dahin formuliert, d<LB es die Covarianz der physikaliscben GroBen hinsichtlich clerjenigen Transfol'lllationen fordert, die das Linienelement in sich iiberfUhren. Wenn sich dieae vertiefte Gravitationstheorie ala vertraglich erweist mit gewisaen astronomischen und astrophysikaliachen Beobachtungen, so verdient sie natiirlich weitaus den Vorrang gegeniiber der im Texte besprochenen mehr auBerlichen Anpassung des Newtonschen Gesetzes an die Relativitatstheorie, die Minkowski und Poincare vorgeschlagen haben (Zusat:6 vom August 1915). 10) S.68 Aba. 2. Die "Grundgleichungen fUr die elektromagneti~chen Vorgange in bewegten Karpern" sind von Minkowski in den Gattinger Nachrichten 1907 entwickelt. Es war ihm nicht mehr vergannt, "die Ableitung dieser Gleichung anf Grund von Vorstellungen der Elektronentheorie" zu Ende zu fiihren. Seine cliesbezuglichen Ansatze sind von M. Born ausgearbeitet worden und bilden zusammen'mit den "Grundgleichungen" den ersten Band dieser Sammlung von Monographien (Leipzig 1910). 74 H. A. LORENTZ Das Relativitatsprinzip und seine Anwendung auf einige besondere physikalische Erscheinungen. Von H. A. LORENTZ.") Das Einsteinsche Relativitatsprinzip hier in Gottingen zu besprechen, wo Minkowski gewirkt hat, erscheint mil' eine besonders willkommene . Aufgabe. Man kann die Bedeutung dieses Prinzips von verschiedenen Gesichtspunkten beleuchten. Von del' mathematischen Seite del' Frage, die durch Minkowski eine so glanzende Darstellung gefunden hat und von Abraham, Sommerfeld u. a. weiter ausgebaut worden ist, soli hier nicht die Rede sein. Vielmehr soJ}.en nach einigen erkenntnistheoretischen Betrachtungen fiber die Begriffe von Raum und Zeit diejenigen physikalischen. Erscheinungen erortert werden, die zu einer experimentellen Priifung des Prinzips beitragen konnten. Das Relativitatsprinzip behauptet foIgendes: Wenn eine physikalische Erscheinung im Bezugssystem x, y, z, t durch gewisse Gleichungen beschrieben wird, so wird es auch eine Erscheinung geben, die sich in einem andel'll J?ezugssystem x', y', z', t' durch dieselben Gleichungen beschreiben liiBt. Dabei hangen beide Bezugssysteme durch Beziehungen zusammen, in denen die Lichtgeschwindigkeit c vorkommt und die ausdriicken, daB das eine System sich relativ zum andel'll mit gleichformiger Geschwindigkeit bewegt. Befindet sich del' Beobachter A in dem er~ten, B in dem zweiten Bezugssystem, und verfiigt jeder iiber MaBstiibe und Uhren, die in seinem System ruhen, so wird A die Werle von x, y, B abel' die Werte von x', y', z', t' messen, wobei zu bemerken ist, daB A und B si~ auch desselben MaBstabes und derselben Uhr bedienen, konnen. Wir miissen oonehmen, daB, wenn MaBstab und Uhr von dem ersten Beo bachter irgendwie dem zweiten in die Hande gespielt werden, sie dabei von selbst die richtige Lange bezw. den richtigen Gang annehmen, derart, daB B aus seinen Messungen die Werte von x', y', z', t' herausbekommt. Beide werden nun fur die Lichtgeschwindigkeit den gleichen Wert finden und ub!i'~aupt die gleichen Beo bachtungen machen konnen. \ *) Aus: Alte und neue Fragen del' Physik; Vorlrage, gehalten in Gottingen vom 24.-29. Okt. 1910, ausgearbeitet von M. Born (phys. Zeitscbr.11 (1910». Das Relativitatsprinzip u. seine Anwend. auf einige besond. physik. Erscheinungen 75 Gesetzt, es gabe einen· Ather; dann ware unter allen Systemen x, y, z, t eines dadurch ausgezeichnet, daB die Koordinatenachsen sowie die Uhr im Ather ruhen. Verbindet man hiermit die Vorstellung (die ich nul' ungern aufgeben wiirde), daB Raum und Zeit etwas vollig Verschiedenes seien und daB es eine" wahre Zeit" gebe (die Gleichzeitigkeit wiirde dann unabhangig vom Orie bestehen, entsprechend dem Umstande, daB uns die Vorstellung unendlich groBer Geschwindigkeiten moglich ist), so sieht man leicht, daB diese wahre Zeit eben von Uhren, die im Ather ruhen, angezeigt werden miiBte. Wenn nun das Relativitatsprinzip in der Natur allgemeine Giiltigkeit batte, so warde man allerdings nicht in del' Lage sein, festzu.stellen, ob das gerade benutzte Bezugssystem jenes ausgezeichnete ist. Man kommt also dann zu denselben Resultaten, wie wenn man im AnschluB an Einstein und Minkowaki die Existenz des Athers und der wahren Zeit leugnet und alle Bezugssysteme als gleichwertig ansieht. Welcher der beiden Denkweisen man sich anschlieEen mag, bleibt wohl dem einzelnen iiberlassen. Urn die physikalische Seite del' Frage zu diskutieren, miissen wir zunachst die Transformationsformeln aufstellen, wobei wir uns auf eine spezielle Form beschranken;. in dersie schon im Jahre 1887 von Voigt bei Erorierungen iiber das Dopplersche Prinzip benutzt worden sind, namlich: z' = az - bet, t , =a t - -cb z; dabei erfullen die Konstanten a > 0, b die Relation x' = x, y' = y, a 2 _b 2 =1, welche die Identitat X'2 + y'2 + Z'2 _ e 2t'2 = x 2 .+ y2 + Z2 _ c2 t 2 zur Folge hat. Del' Ursprung des Systems x', y', z' bewegt sich gegen das System x, y, fJ in der . _ z-Richtung mit del' Geschwindigkeit ab c, die immer kleiner als c ist. Uberhaupt muB jede Geschwindigkeit kleiner als c angenommen werden. Samtliche Zustandsgrot\en irgendeiner Erscheinung, in dem einen bez. dem andern System gemessen, hangen durch gewisse Transformationsformeln zusammen. Diese lauten z. B. fiir die Geschwindigkeit eines Punktes \:J '= x u'co' " \:J' = aUz-bc \:J'= Uy y ro' • wobei ro' bU. w=a--" c ist. Wir betrachten weiter ein System von Punkten, deren Geschwindigkeit eine stetige Funktion der Koordinaten ist. Es sei dS ein den Punkt P(x,y,z) umgebendes Raumelement zur Zeit t; diesem Werte t und den Koordinaten 76 H. A.. LORENTZ von P entspricht nach den Transformationsgleichungen ein Zeitpunkt t' in dem andern Bezugssystem, und jederPunkt, del' zur Zeit t in dS liegt, hat fur diesen festgesetzten Wert von t' bestimllite x', y', {5'. Die Punkte x', y', z' erfullen ein Raumelement dS', welches mit dS so zusl;tmmenhangt: dS'= dS. w Denken wir uns mit den Punkten ein Agens (Materie, Elektrizitat etc.) verbunden, und nehmen wir an, daB del' Beobachter B AnlaB habe, mit jedem Punkte dieselbe Menge des Agens zu verbinden wie del' Beobachter A, so mussen sich offenbar die Raumdichten urngekehrt verhalten wie die Volumelemente, d. h. (/= roQ. Alle diese Beziehungen sind reziprok, d. h. man kann die gestrichenen und ungestrichenen Buchstaben vertauschen, wenn man gleichzeitig b durch -b ersetzt. Die Grundgleichungen des elektromagnetischen Feldes behalten bei del' Transformation ihre Gestalt, wenn man folgende GraBen einfuhrt*): 0y'=ab!l + b,£)"" '£)y'=a'£)y-bb"" b;=ab",----'b,£)y, '£);= a f)", + bbY1 b,'=O" '£),'='£).; zwischen diesen, del' transformierten Raumdichte Q' und del' transformierten Geschwindigkeit lJ' geiten also im System x', y', rl, t' die Gleichungen: divb'= r/, divff = 0, rot '£)' = ~ c (6' + ~>'\J'), l'otb'= - ~ ~'. c Soweitgeniigen die Feldgleichungen del' itektronentheorie dem Relativitatsprinzipi es wird sich abel' noch dal'um handel~, die Bewegungsgieichungen del' Elektronen selbst mit dem Pri:qzip in Emklang zu bringen. Wil' werden, etwas allgemeiner, die Bewegung eines beliebigen materiellen Punktes betrachten. Hierbei ist die Einfuhrung des Begriffs "Eigenzeit", erner schonen Erfindung Minkowskis, Yon Nutzen. Danach gehort jedem Punkte gewissermaBen eine eigene Zeit zu, die vom gewahlten Bezugssystem unabhangig ist; ihr Differential wird definie~e.urch die Gleichung: d7: = -V1 - :: dt. *) Vgl., was die Bezeichnungen betrifft, Mathematisehe Eney klopadie V 14. DasRelativitatsprinzip u. seine Anwend. auf einige besond. physik. Erscheinungen Die mit Hilfe del' Eigenzeit gebildeten Ausdrueke 'r: d dx (J;; a;:; 77 d dy (J;; (J;; , , d a;:; dz d 7ir ' line are homogene Funktionen del' gewahnliehen Beschleunigungskomponenten, bezeichnen wir als Komponenten del' "Minkowskisehen Besehleunigung". Wir besehreibendie Bewegung eines Punktes dureh die Gleiehungen: '/11, cl dx (J;; = V\\ J.", f usw. , wo m eine Konstante ist, die wir die "Minkowskische Masse" nennen. Den Vektor bezeichnen wir als "Minkowskische Kraft". Es lassen sieh dann leicht die Transformationsformeln fiir diese Beschleunigung und Kraft ableiten; m lassen wir ungeandert. So hat man sr V\\'_V\\ ~", - ~"" !?i:'l=asr._!!..C",ftl). z c... ~ V\\'_V\\ ~y - ~y' ~z Das Wesentliche ist nun folgendes. Das Relativitatsprinzip erfordert, daB, wenn bei einer wirklichen Erscheinung die Minkowskischen Krafte in bestimmter Weise von den Koordinaten, Geschwindigkeiten usw. im einen Bezugssystem abhangen, die transformierten Minkowskischen Krafte im andern Bezugssystem in derselben Weise von den transformierten Koordinaten, Geschwindigkeiten usw. abhangen. Das ist eine besondere Eigenschaft, die alle Krafte del' Natur haben mussen, wenn das Relativitatsprinzip gelten soil. SetzElll wir das voraus, so kann man die auf bewegte Karpel' wirkenden Krafte berechnen, wenn man sie fUr den Fall del' Ruhe kennt. Bewegt sich z. B. ein Elektron von del' Ladung e, so denken wir uns ein Bezugssystem, in dem es momentan ruM. Dann wirkt auf das Elekkon in diesem System die Minkowskische Kraft = eO; hieraus folgt durch Anwendung del' Transformationsgleichungen fur und D, daB die in einem beliebigen Koardinatensystem auf das mit del' Geschwindigkeit tJ bewegte Elektron wirkende Minkowskische Kraft sr , sr = sr b e 1 + -[b·g] c 1/1 _ V b 2 c2 betragt. Diese Formel stimmt mit dem gewahnlichen Ansatz del' Elekbronentheorie nicht uberein infolge des Auftreten~ des Nenners. Del' Unterschied ruhrt daher, daB man gewahnlich nicht mit unserer Minkowskisehen, sandern mit del' "Newtanschen Kraft" g: operiert, und wir sehen, daB fur ein Elektron diese beiden Krafte folgendermaBen zusammenhangen: g: = sr -V1 - :~ . Man wird annehmen, daB diese Beziehung fur beliebige materielle Punkte gilt. Math. Monogr. 2: Einstein, Lorentz, Minkowski: RelativitatBprinzip. G H. A. 78 LORENTZ Somit kann man die Bewegungserscheinungen auf zwei verschiedene Wei sen behandeln, entweder mit del' Minkowskischen oder mit del' N ewtonschen Kraft. Im letzteren Falle lauten die Bewegungsgleichungen ~ = I d g t mi il + m2i2' und hier bedeuten jl die gewohnliche Beschleunigung in del' Richtung del' Bewegung, i2 die gewohnliche N ormalbeschleunigung, und man nennt die Faktoren Sl s~ B ff m '111 2 =-=== 11 l.J2 r 1-(;2 die "longitudinale" und "transversale Masse". Genau so wie die Minkowskischen Krafte, miissen auch die in del' Natur vorkommenden N ewtonschen Krafte bestimmten Bedingungen geniigen, wenn das Relativitatsprinzip erfiint sein soll. Das ist z. B. del' Fall, wenn, unabhangig von del' Bewegung, auf eine FHtche ein N ormaldruck von del' konstanten GroBe p pro FIacheneinheit wirkt; im transformierten System wirkt dann auf das entsprechende bewegte Flachenelement ein normaler Druck von del' gleichen GroBe. Da wir die Invarianz der Feldgleichungen bereits erkannt haben, lauft die Frage, ob die Bewegungen in einem Elektronensystem dem Relativitatsprinzip entsprechen, lediglich auf eine experimentelle Priifung del' Formeln fiir die longitudinale und transversale Masse 1nl , m2 heraus; 0 bgleich die Versuche vou Bucherer und Hupka diese Formeln zu bestatigen scheinen, ist man zu einer definitiven Entscheidung noch nicht gekommen. Beziiglich del' Masse des Elektrons ist noch zu bedenken, daB diese elektromagmitischer Natur ist; sie wird also von de~Yerteilung del' Ladungen innerhalb des Elektrons abhangen. Die Formehi'l'iir die Masse konnen daher nul' dann richtig sein, wenn die Ladungsverteilung und v~it auch die Gestalt des Elektrons in bestimmter Weise mit del' Geschwindigkeit veranderlich sind. Man muB ann ehmen, daB infolge einer Translation ein Elektron, das ruhend eine Kugel ist, ein in del' Bewegungsrichtung abgeplattetes Ellipsoid wird; del' Betrag del' Abplattung ist 1/1 _ r l.J c 2 • 2 N ehmen wir an, daB Gestalt und GroBe des Elektrons durch innere Krafte reguliert werden, so miissen diese, um mit dem Relativitatsprinzip vertraglich zU sein, derartige Eigenschaften haben, daB sich jene Abplattung bei el jt el el II E se en pI Se El m: nll w~ fo: BC, Se tai da tai au dil .s Relativitiltsprinzip u. seine Anwend. auf einige besond. physik. Erscheinungen 79 r Bewegung von selbst einatellt. Hierzu hat Poincare folgende Hypothese macht. Das Elektron ist eine geladene ausdehnbare Haut, und den elekschenAbstoBungen der einzelnen Punkte widersetzt sich eine innere N ormalannung von unveranderlicherGroBe. In del' Tat geniigen nach obigem solche )rmalspannungen dem Relativitatsprinzip. In derselben Weise mUssen alle innerhalb del' ponderablen Materie wirknen Molekulaikrafte, ebenso die auf die Elektronen wirkenden quasi-elastilen und Widerstandskrafte, bestimmtenBedingungengeniigen, urn mit dem lativitatsprinzip im Einklang zu sein. Dann wird jeder bewegte Korper . einen mitbewegten Beobachter unverandert sein, fUr einen ruhenden abel' .e Veranderung del' Dimensionen .erfahren, die eben eine Folge del' durch Ie Bedingungen geforderten Anderung del' Molekularkrafte ist. Hieraus ~ibt sich auch von selbst jene Verkiirzung del' Korper, welche schon friiher lacht wurde zur Erklarung des negativen Aus£alls des Michelsonschen ;erferenzversuches und aller ahnlichen Versuche, die einen Ein:fl.uB del' c1bewegung auf optische Erscheinungen festst~llen souten. Was den starren Korper anlangt, mit dem sich Born, Herglotz, F. N oether, ,i-Civita beschiiftigt haben, so werden die bei del' Betrachtung del' Rota!len auftretenden Schwierigkeiten wohl dadurch zu heben sein, daB man Starrheit del' Wirksamkeit besonders inteDsiver Molekularkrafte zuxeibt. SchlieBlich wollen wir uns del' Gravitation zuwenden. Das Relativitats!lzip erfordert eine Abanderung des N emoDschen Gesetzes, VOl' allem eine ·tp:fl.anzung del' Wirkung mit Lichtgeschwindigkeit. Die Moglichkeit emer lichen Fortp:fl.anzungsgeschwindigkeit del' Schwerkraft .ist schon von La~e diskutierl worden, del' sich als Ursache del' Schwerkraft ein gegen die me stromendes Fluidum dachte, das die Planeteu gegen die Sonne driickt. fand, daB die Geschwindigkeit c dieses Fluidums wenigstens 100 Millionen . gratler als die des Lichtes angenommen werden mUsse, damit die RechIg mit den astronomischen Beobachtungen im Einklang bleibt. Die Notldigkeit emes ,so groBen Wertes yon c riihrt daher, daB in seinen Endin del' ersten Potenz auftritt, wo v die Planetengeneln die GroBe"!:" c w;udigkeit ist. Soll nun .abel' die Fortp:fl.anzungsgeschwindigkeit c del' .werkraft den Wert del' Lichtgeschwindigkeit haben, wie es das Relativiprinzip forderl, so kann ein Widerspruch mit den Beobachtungen nur n vermieden werden, wenn In dem Ausdruck fUr das modifizierte Graviauftreten. onsgesetz nul' GroBen zweiter (und hoherer) Ordnung in ..!:.. c Beschrankt man sich auf GroBen zweiter Ordnung, so laBt sich leicht Grund einer naheliegenden elektronentheoretischen Analogie eine Be5ung angeben, die daB abgeanderte Gesetz in eindeutiger Weise festlegt. 6* / H. A. 80 LORENTZ Betrachtet man namlich die Kraft, die auf ein mit del' Geschwindigkeit \) bewegtes Elektron wirkt, so hangen die Vektoren b und ~ noch von den Geschwindigkeiten \)' der das Feld erzeugenden Elektronen ab; in dem Vektorprodukt [tJ . ~J kommen daher wohl die Produkte del' Form \)\)' Val', nicht abel' das Quadrat \)2 del' Geschwindigkeit des betrachteten Elektrons. N ehmen wir entsprechend an, daB im Aqsdruck del' auf den Punkt 1 wirkenden Anziehung, ausgeubt von Punkt 2, das Quadrat der Geschwindigkeit des Punktes 1, \)1 2, nicht auftritt, so muB in einem Bezugssystem, in dem del' Punkt 2 ruht (\),2 = 0), jede Geschwindigkeit iiberhaupt herausfallen; das Gesetz wird sich daher in diesem System auf das gewohnliche Newtonsche reduzieren. Geht man jetzt dmch Transformation zu einem beliebigen Koordinatensystem tiber, so findet man, daB sich die auf den Punkt 1 wirkende Kraft aus zwei Teilen zusammensetzt, erstens einer Anziehung in Richtung der Verbindungslinie vom Betrage R + c\ {~ \)2 2 R +~ 2 \)2 r . zweitens einer Kraft in der Richtung (r ~~ - R) \)2 (tJ1 • \)2) R } , vom Betrage 1 C2 \)lr R \)2; hier bedeutet r die Entfernung zwischen zwei gleichzeitigen Lagen beider Punkte, \)r die Komponente von \) nach del' von 1 nach 2 gezogenen Verbindungslinie und R diejenige Funktion von r, welche im Faile del' Ruhe das Anziehungsgesetz darstellt (R = k2 bei del' Newtonschen Attraktion, r R=k~' bei quasi-elastischen Kraften). Zu beachten ist, daB hier unter "Kraft" immer die "Newtonsche Kraft" zu verstehen ist, nicht die "Minkowskische". Ubrigens hat Minkowski fur das Gesetz der Schwerkraft einen etwas anderen Ausdruck angegeben. Bei Poincare findet sich.Jowohl diesel' als ahch del' oben hingeschriebene. -, Es ist zu beachten, daB bei diesen Gesetzen del' Sch~rkraft das Prinzip ~4"''ffi, ~ der Gleichheit von Wirkung und Gegenwirkung nicht enullt ist: Es sollen nun die Storungen erort.ert werden, welche durch jene Zusatzglieder zweiter Ordnung entstehen konnen. Es gibt da neben vielen kmzperiodischen Storungen, die keine Bedeutung haben, eine sakulare Bewegung des Perihels del' Planeten. De Sitter berechnet diese fur den Merkur zu 6,69" pro Jahrhundert.*) Nun kennt man seit Lapla~'eine Perihelanomalie des Merkurs vom Betrage 44" pro J ahrhundert; wenn diese auch das rich*) Dies war eine ersteAnnaherung. Bei ciner neuen Berechnung. hat de Sitter den Wert 1,15" gefunden (Monthly Notices of R. A. Sc. 71 (1911) S.405). Das Relativitatsprinzip u. seine Anwend. auf einige besond. physik. Erscheinungen 81 tige Vorzeichen hat, ist sie doch viel zu groB, um durch jene Zusatzglieder erklart werden zu konnen. Vielmehr wird sie von Seeliger auf eine Storung durch. den Trager des Zodiakallichtes zuriickgefiihrt, dessen Masse man in plausibleI' Weise geeignet bestimmen kann. Hieraus kann also keine Entscheidung gewonnen werden, so lange nicht die Genauigkeit del' astronomischen Messungen wesentlich gesteigert wird. Bei einer absoluten Genauigbit wiire auch del' Unterschied del' "Eigenzeit" del' Erde von del' Zeit des Sonnensystems zu beriicksichtigen. Eine andere Methode, die Gultigkeit Ms abgeiinderten Gravitationsgesetzes zu priifen, kanll man auf ein Verfahrell griinden, das Maxwell zur Entscheidung dariiber vorgeschlagen hat, ob das Sonnensystem sich durch den Ather hindurchbewegt. Ist dieses del' Fall, so miiBten die Verfinstet~ungen der Trabanten des Jupiters, je nach del' Stellung dieses Planeten zur Erde, Verfriihungen odeI' Verspatungen erleiden. Denn betragt die Entfernung Jupiter-Erde a und die Geschwindlgkeitskompollente des Sonnensystems im Ather in Richtung del' Verbindungslinie Jupiter-Erde v, so wird die Zeit a , die das Licht im Falle del' Ruhe zum c D~chlaufen del' Strecke a brauchell wiirde, verwandelt in c ~ es kommt v; also durch die Bewegung eine Verfrilhung odeI' Verspatung zustande, die bis 8iuf Glieder zweiter Ordnung ca~ betragt und die je nach dem Werte del' Geschwindigkeitskomponente v, welche ja von del' Stellung del' beiden Planeten abhangt, verschiedene Werte annimmt. Nun ist klar, daB eine solche Abhangigkeit del' Erscheinungen von del' Bewegung durch den Ather dem Relativitatsprinzip widerspricht. U m diesen Widerspruch aufzukHi,ren, wollen wir uns die Sachlage schematisch vereinfachen. Wir denken uns, daB die Sonne Seine Masse habe, die im Verhaltnis zu del' des Planeten unendlich graB sei. Die Geschwindigbit des Sonnensystems falle in' die z-Achse, die wir durch die Sonne gehell lassen. Die Schnittpunkte del' \ ~ Bahn des Planeten mit del' .z-Achse --0;'1-----;0>+-'-'--;;S--+A-:-'·'----~> z bezeichnen wir als obel-en bezw. unteren Durchgang A bezw. B Fie. 5, (Fig. 5). Den Beobachter verlegen wir auf die Sonne. Bei jedem Durchgange des Planeten durch die z-Achse moge eill Lichtsignal zur Sonne hineilell. Die Umlaufszeit sei T. Wenn die Sonne ruht, wird bei del' als kreisformig vorausgesetzten Bewegung die Zeit zwischen 0 berem und unterem Durchgange iT betragen; clesgleichen auch die Zeit zwischen dem Eintrefl'en der e H. A. 82 LORE~TZ beiden Lichtsignale. Bewegt sieh dagegen die Sonne in del" E-Riehtung, so muE das Liehtsignal vom obm'en Durehg2.nge eine Verfriihung um ; ~, das voni unteren Durchgange eine Verspatung vom selben Betrage erleidenj falls die gleichformige Umlaufsbewegung (wie Maxwell als selbstverstandlich voraussetzt) ungestol't el'halten bleibt, wiirde das Zeitintervall zwischen dem Eintl'effen del' Lichtsignale. zweiel' aufeinanderfolgender Durchgange abwechselnd um 2a.v c - vergToEert und verkleinert erschei!len. Die hiel'bei VOl':" ausgesetzte Erhaltung del' gleichformigen Kreisbewegung bei einer Translation im Ather ist abel' nachdem Rela~iyitatsprinzip unmoglich. Beschreiben wil' namlich den V organg in einem Koordinatensystem, das an del' Bewegung nicht teilnimmt, so wil'd das modifizierte Gravitationsgesetz anzuwenden sein, und dieses ergibt eine UngleichfOrmigkeit del' Planetenbewegung, infolge de1'en die Verschiedenheit del' Zeitintervalle zwischen demEintreffen del' Lichtsignale gerade aufgehoben wi1'd. Es kann daher die Feststellung, ob eine Verfrlih11ng odeI' Verspatung del' Verfinsterungen wirklich eintritt, zur Entscheidung fiir odeI' gegen das Relativitatsprinzip benutzt werden. Allerdings sind die nnmerischen Verhaltnisse wieder recht unglinstig. So schatzt Herr Burton, dem 330 ph"otometl'ische Beobachtungen zur Verfiigung stehen, die an del' Harvard-Sternwade libel' die Verfinsterungen des 1. Jupitersatelliten angestellt worden sind, den wahrseheinlichen Fehler des sehlieBliehen Resultats flir v auf 50 km/sec;andl'erseits hat man Sterngesehwindigkeiten von 70 km/sec beobachtet und die Gesehwindigkeit des Sonnensystems gegen den Fixsternhimmel wil'd auf 20 km/see geschatzt. Durch' Burtons Bereehnungen wird also das Relativitatsprinzip sehwerlich gestiitzt, hOehstens zu Fall gebracht werden konnen, namlich wenn sieh schlieBlich z. B. ein 100 km/see libersteigender Wert ergabe. . Lassen WIT es dahin gestellt, ob die neue Mechanik dureh astronomisehe Beobachtungen eine Bestatigung erfahren wird od~r nicht. Doch wollen WIT es nieht unterlassen, noch einige ihre1' Grundfor~ln kennen zu lernen. Definiert man die Arbeit als ·das skalare Produktjlus "Newtonseher Kraft" und Verscliiebung, so ergeben die Bewegungsgleiehungen das Energieprinzip in del' gewohnlichen Form, daB die pro Zeiteinheit geleistete Arbeit gleieh der Zunahme der Ene1'gie c ist: ~ q: dx u", dt q: dy q: dz _ .de - (it' + Uy dt + u. dt Dabei hat die Energie den Ausdruck: DaB Relativitatsprinzip u. seine Anwend. auf einige besond. physik. ErBcheinungen 83 das stimmt fUr kleine Geschwindigkeiten mit dem Wert del' kinetischen Energie del' gewohnlichen Mechanik uberein. Ferner kann man aus den Bewegungsgleichungen das Hamiltonsche Prinzip t, JCrYL + rYA) dt = 0 t, ableiten; hier ist oA die Arbeit del' "Newtonschen Kraft" bei einer virtnellen Verruckung und L die Lagrangesche Funktion, die folgendermaBen lautet: L=-mc2(Y1-·ctJ22 -1). Aus dem Hamiltonschen Pr'inzip kann man umgekehrt wieder die Bewegungsgleichungen gewinnen. Die GraBen OL oL oL ox' oy' aT werden als Komponenten dct, Bewegungsgrof3e zu bezeichnen sein. Alle dieooFormeln kann man an den elektromagnetischen Bewegungsgesetzen eines Elektrons verifizieren; man hat dann fur die "Minkowskische Masse" m den Wert 2 e m = 61tRc 2 zu setzen und zu del' elektrischen und del' magnetischen Energie die Energie jener inneren Spannungen hinzuzufugen, welche, wie wir sahen, die Form des Elektrons bestimmen. So kann man aus dem aligemeinen Prinzip del' kleinsten Wirkung fur beliebige elektromagnetische Systeme, welches in dem ersten Vortrage besprochen wurde*), durch Spezialisierung auf ein Elektron das eben angegebene Hamiltonsche Prinzip fur einen materiellen Punkt gewinnen, doch muB wieder die Arbeit jener inneren Spannungen berilcksichtigt werden. Wir gehen jetzt dazu uber, die Gleichtmgen. des elekbromagnetischen Feldes fUr ponderable Korpm' zu betrachten. Diese sind rein phanomenologisch von Minkowski aufgestellt worden, dann ist von M. Born und Ph. Frank gezeigt worden, daB sie sich auch aus den Vorstellungen del' Elektronentheorie herleiten lassen;auch ich selbst habe auf letzterem Wege die Gleichungen in einer formal etwas abweichenden Gestalt erhalten. Um Beziehungen zwischen beobachtbaren GraBen zu bekommell, muB man durch Bildung von Mittelwerten uber groBe Mengen von Elektronen die Einzelheiten del' von ihnen herruhrenden Erscheinungen verwischen. *) Phys. Zeitschr. 11 (1910) S. 1235. 84 H. A. LORENTZ Man wird so auf folgende Gleichungen gefiihrt (die mit denen del' gewahnlichen Maxwelischen Theorie gleichlauten): divSD = (lp div1.8 = 0, rot S) = rot ® = ~ (~+ :il), - ~~. c Hierin ist SD die dielektrische Verschiebung, 1.8 die magnetische Induktion, .~ die niagnetische Kraft, ® die elektrische Kraft, ~ del' elektrische Strom, II, die Dichte del' beobachtbaren elektrischen Ladungen. Deutetman die Mittelwerthildung durch Uberstreichen an, so ist z. B. ®=b, 1.8=~, wob, f) die friihere Bedeutung haben; ferner ist SD=®+~, S) = 1.8 - JIJC - c1 . [~ ttl] , wo ~ das elektrische ~'1oment, M die Magn~tisierung pro Volumeinheit und ttl die Geschwindigkeit del' Materie bedeuten. Bei del' Ableitung diesel' Formeln sondert man die Elektronen in drei Arlen. Die erste Art, die. Polarisationselektronen, erzeugen durch ihre Verschiebung das elektrische Moment ~; die zweite Art, die Magnetisierungselektronen, erzeugen durch ihre UmUiufe das magnetische Moment M; die dritte Art, die Leitungselektronen, bewegen sich frei in del' Materie und erzeugen die beobachtbare Ladullgsdichte (h und den Strom~. Letzterer ist noch in zwei Teile zu trennen; denn ist U die Relativgeschwindigkeit del' Elektronen gegen die Materie, so ist die gesamte Geschwindigkeit del' Elektronen iJ = ttl + u, also del' von ihnen transportierte Strom ~ = Q\) ="Qttl + QU; Q ist die beobachtbare Ladung QI' Qttl del' Konvektionsstro% QU del' eigentliche Leitungsstrom (£l.",~l Fiir alie diese GraBen existieren Transfor~atiol1sformeln, von denen einige angegeben ,verden magen: r r'rr \!;l.x = \!;l."" ri}'_rr \!;l.y - \!;l.y' rr' IT b ~. = a\!;l.z- CQZI (h' = aQ,- 5.l3,,'= a~x- ~ (ttlz~x- ttl",~J + b~).~ l.l3 y'= (t~y- ~ (ttl.~y- ttly~z) - bM"" ~z'= ~z cb rr \!;l.., Das Relativitatsprinzip u. seine Anwend. auf einige besond. physik. Erscheinungen 85 Ferner sind folgende Hilfsvektoren von Nutzen: oPl = oP - ~ [tv·~], ~l = @ lJ:\ = 5S - + C1 [ttl . 5S] , ~1 = ~ ! [tv,~], + C1 [ttl . oP] . Die angegebenen Feldgleichungen mussen jetzt noch erganzt werden durch .Aufstellung del' Beziehungen, die zwischen den VektOl'en @, oP und )\), 5S bestehen. Man kann diese Relationen auf zwei Weisen gewinnen. Die erste phanomenologischeMethode verfahrt so: Man betrachtet einen beliebig bewegten Punkt del' Materie und fuhrt ein Bezugssystem ein, in dem diesel' ruM; dann wird, falls das den Punkt umgebende Volumelement in dem Ruhesystem isotrop ist, z. B. zwischen ~ und ~ die fur ruhende Karpel' zutreffende Gleichung gelten ~ = 8~, odeI' auch ~1 = f.@1' weil die Hilfsvektoren ~1I @1 fitr Iv = 0 mit ~, @ identisch sind. Nun transformieren sich abel' ~l und @1 in gleicher Weise, und daraus folgt, daB auch im ursprunglichen Bezugssystem die Gleichung ~1 = f.@1 gi.i.ltig bleibt. Entsprechend ist 5S1 = fLoPl' Was den Leitungsstrom betrifft, so bemerken wir nul', daB e1' von ~1 abhangt. Die zweite Methode geht auf die Mechanik del' Elektronen zuruck. Ebenso wie sich fur ruhende Karpel' die Gleichung ~ ...:.- f.@ als Folge del' .Annahme quasi-elastischer Krafte erweist, die die Elektronen in ihre Ruhelagen zuruckziehen, wird man bei bewegten Karpern die Gleichung ~1 = f.@1 erhalten, wenn man den quasi-elastischen Kraften diejenigen Eigenschaften zuschreibt, die das Relativitatsprinzip verlangt. Letzteres wird erfiillt sein, wenn man fur diese Krafte den .Ausdruck des verallgemeinerten A.ttraktionsgesetzes ansetzt, wobei R proportional r genommen werden muB, Ahnliches gilt von del' Erklarung des Leitungswiderstandes. Eine befriedigende elektronentheoretische Erklarung del' magnetischen Eigenschaften del' Karpel' ist zurzeit nicht vorhanden. Zum .AbschluB soli die Bedeutung del' vorstehenden Gleichungen an drei bemerkenswerten Fallen erlautert werden. Die erste Bemerkung kniipft an die Gleichung Ql an. Znfolge diesel' kann , = b rr a(Jl- c~: (J/ verschwinden, ohne daB !h = 0 zu sein braucht, 86 H. A. LORENTZ weun nUl" ein Strom ~ vorhallden ist; d. h. ein Beobachter A wird den Korper fiir geladen erklaren, den ein relativ zu ihnl bewegter B fiir ungeladen halten mu13. Man kann das verstehen, wenn man beachtet, da13 in jedem Karpel' gleich viele positive und negative Elektronen vorhanden sind, die sich bei ungeladenen Karpel'll kompensieren. Bewegt sich del' Karpel' mit del' Geschwindigkeit ttl, so werden, wenn ein Leitungsstrom vorhanden ist, beide Elektl'onenarten vel'schiedene Gesamtgeschwindigkeiten erhalten, also wird verschiedene Werte habell. Befiir beide Arten auch die Gro13e w = a - b ~ e l'echnet nun ein mit dem Korper bewegter Beobachter B den Mittelwert del' Ladungsdichte!/ WQ fiir beide Arten von Elektronen, so kann er die Summe Null erhalten, auch wenn sich fiir einen Beobachter A, in dessen Bezugssystem del' Korper sich bewegt, die Mittelwerte Q del' positiven und negativen Elektronen nicht kompensieren. Diesel' Umstand mft eine Reminiszenz an eine alte Prage hervor. Um das Jahr 1880 gab es unter den Physikem eine gro13e Diskussion iiber das Olausiussche Grundgesetz del' E1ektrodynamik. Man wollte damals einen Widerspmch dieses Gesetzes mit den Beobachtungen herleiten, indem man sch1013, da13 nach dem Gesetze ein auf del' Erde befindlicher stromdurchfiossener Leiter auf 'eine mitbewegte Ladung e infolge del' Erdbewegung eine Wirkung ausiiben miiEte, die man hatte auffinden konnen. Da13 das Gesetz tatsachlich diese Wirkung nicht fordert, hat Budde bemerkt; es riihrt das daher, daE del' Strom durch die Erdbewegung auch auf sich selbst wirkt und eine "Kompensationsladung" auf dem durchfiossenen Leiter hervorruft, die jene erste Wirkung genau aufhebt. Zu ahnlichen Schliissen fiihrt die Elektronentheorie und ich finde fiir die Dichte del' Kompensationsladung, wenn die Geschwindigkeit die Ric-htung del' z-Achs\'l hat, 1 (J2 ttlz~.; ~' diese muE ein an del' Bewegung del' Erde nicht' teilneh:tp.ender Beobachter A als vorhanden annehmen, wahrend sie fiir einen mitb~'iegten Beobachter B nicht besteht. Del' angegebene Wert stimmt genau mit del' aus dem Relativitatsprinzip abgeleiteten Formel iiberein; denn ist Qz' = 0, so findet man aus diesel' Pormel b {)--~ ';-1- ae z' und da ttl. = be nach dem im Vorhergehenden (S~75) Gesagten die Gea schwindigkeit del' beiden Bezugssysteme gegeneinander ist, so findet man in del' Tat einig~ Das Relativitatsprinzip u. seine Anwend. auf besond. physik. Erscheinungen 87 Die zweite Bemerkung geht von den Transformationsgleichungen fiir das elektrische Moment lj5 (S.84) aus, welche dadurch, daB in ihnen die Magnetisierung'i1R vorkommt, die Unmoglichkeit erkennen lassen, scharf zwischen Polarisations-undMagnetisierungselektronen zu unterscheiden. Vielmehr kann in einem magnetisierten Korper('i1R=\=O), von einem Bezugssystem aus beurteilt, lj5 = 0 sein, wahrend in einem andern Bezugssystem lj5' von Null verschieden ist. Es soll das nun auf einen speziellen Fall angewendet werden, wobei wir uns auf GroBen 1. Ordnung beschranken. Del' betrachtete Ki:irper (etwa ein Stahlmagnet) enthalte nur Leitungselektronen und solche, die, wenn del' Korper ruht, ein IDe, abel' bin ~ hervorbringen; er habe die Gestalt einer unendlich ausgedehnten ebenen Platte, begrenzt von zwei Ebenen a, hi die Mittelebene machen wir zur yz-Ebene (Fig. 6). Wenn er ruht, mi:ige in del' y-Richtung eine konstante Magnetis~erung 'i1Ry be:y stehen, wahrend lj5 = 0 ist. Bekommt der Korper in del' z-Richtung die Geschwindigkeit v, so wird I I ein an del' Bewegung nicht teilnehmender Beobach~ d I ao, tel' die elektrische Polarisation sn=-~'i1R 1-'", C Y wahrnehmen. Jetzt denken ·wir uns zu beiden Seiten des Korpers zwei Konduktoren OJ d, welche mit ihm zusammen zwei gleiche Kondensatoren bilden, und diese mi:igen durch einen Draht (von 0 nach d) kurzgeschlossen sein. Bei der Bewegung werden auf 0 Fig.6. nud d Ladungen entstehen, die sich I'lO berechnen lassen. Da offenbal' ein Strom in del' x~Richtung unmoglich ist, ist ~lx = 0 odel' ~'" = ~ )8. Da c -y del' Vorgang stational' ist, wird )8 = 0; dann folgt aus rot ~ = 0 die Existenz eines Potentials cpo 1st A die Dicke der Platte, so hat man CPa - CPb = : A~!I' Aus der Symmetrie del' Anordnung folgt oft'enbar CPa - CPa = CPb - q;c' und weil die Platten 0, d kurzgeschlossen sind, mu.B CPa = Cfic sein; daraus ergibt sich CPa - CPa = - 2'IJc .d~Y· 1st r die Kapazitat eines der beiden Kondensatoren, so wird die Ladung de~ Platte d gleich '11 - 2C r.d)8y, und 0 bekommt den entgegengesetzt gleichen Betrag. 88 H. A. LORENTZ Jetzt vergleichen wir diesen Vorgang mit dem umgekehrten Fail, daB del' Magnet ab ruht und die Platten 0, d sich mit del' entgegengesetzten Geschwindigkeit bewegen. Dann muBte nach dem Relativitatsprinzip ailes ganz ebenso sein, wi~ im ersten FaIle. In del' Tat find!3t man sofort aus dem gewohnlichen Induktionsgesetz geuau den 0 ben angegebenen Betrag del' Ladung auf del' Platte d. Abel' es muB jetzt diese Ladung auf d eine entgegengesetzt gleiche auf del' Ebene a des ruhenden Magneten influenzieren, und Entsprechendes muB fur b und 0 geIten. Da ein Strom mcht flie.Ben kann (~= 0), mussen in beiden Fallen, ob del' Magnet sich bewegt und die Platten l'Uhen, odeI' umgekehrt, dieselben Laclungen auf dem Magneten bestehen. Wir haben uns also zu uberlegen, wie es kommt, daB in dem zuerst behandelten FaIle auf del' Ebene a des bewegten Magneten die entgegengesetzte Ladung wie auf del' Platte d auftritt; es wird dies nul' moglich durch jene bei del' Bewegullg entstehende Polarisation ~x = - : any. De~n man hat ~~\ = @x + ~x = f!\ - : any; : da hier ~ in del' Geschwindigkeit von del' ersten Ordnung, also das Glied [~ . wJ zu, vernaehJassigen ist, wird m- an =,p, ,p abel' ist Null, weil die Platte unendlich ausgedehnt augenommen wird. Daraus folgt ~x=O, in del' bewegten Platte findet keine dielektrische Verschiebung statt, also entspricht die Ladung auf a del' auf d, wie es das Relativitatsprinzip verlangt. Die letrde Bemerkung betrifft wiederum den Umstand, daB nach dem Relativitatsprinzip die Bewegung del' Erde einen Einflu.B auf die elekhomagnetischen V organge nicht haben kann. Es ist abel' von Lienard auf eine Erscheinung aufmerksam gemacht worden, wo einlblcher EinfluB, und zwar zu einem Betrage 1. Ordnung, zu erwarten sein soli; auch Pqincare hat dlesen Fall in seinem Buche Electricite et Optique diskutiert. Es*handelt sich urn die ponderomotorische Kraft au,f einen Leiter. Um diese zu bestimmen, wird man fur die auf die Leitungselektronen wirkende Kraft pro Einheit del' Ladung den naheliegenden Ansatz machen: @1 = @ + C1 [tJ . mJ ; elann ergibt sich die durch die Erdbewegung hervol'gerufene Kraft auf den Leiter in Richtung del' Bewegung yom Betrage 1 c 2 (~I' @)wz ; DaB Relativitatsprinzip u. seine Anwend. n.uf einige hesond. physik. Erscheinungen 89 da (Q:!. @) die vom Leitungsstrom Q: j entwickelte Warme ist, ist diesel' Ausdruck leicht numerisch zu berechnen (wobei sich freilich ein del' Beobachtung unzuganglicher Wert ergibt). Fragt man sich nun, wie dieses dem Relativitatsprinzip widersprechende Resultat zustande kommen kal1l1, so sieM man, daB man in Wirklichkeit nicht die Kraft berechnet hat, welche auf die Materie des Leiters wirkt, sondern die, welehe die im Innern des Leiters beweglichen Elektronen angreift. Letztere Kraft muB erst durch Krafte, die uns im einzelnen unbekannt sind, auf die Materie iibertragen werden, und das geschieht nur dann ohne .Anderung del' GroBe, wenn fUr die KTafte zwischen MateTie und Elektronen Gleichheit von Wirkung und GegenwiTkung besteht. Fur bewegte KOTpel' ist abel' in diesem Fall nach dem Relativitatsprinzip die Wil'kung nicht gleich der Gegenwirkung, und diesel' Umstand kompensiert gerade genau jene Lienardsche Kraft. Zusammenfassend kal1l1 man sagen, daB wenig Aussicht besteht, das Relativitatsprinzip experimentell zu bestatigen; es kommen auBer einigen ashonomischen Beobachtungen nul' die Messungen der Masse del' Elektronen in Betracht. Doch darf man nicht vergessen, daB del' negative Ausfall verschiedenel' Vel'suche, wie des Michelsonschen Interferenzversuches und der Experimente zur Feststellung eineT durch die Erdbewegung hel"VoTgerufenen DoppelbTechung, nur dUTCh das Relativitatspl'inzip erklart werden kOl1l1te. , Druck von B. G. Teubner in Leipzig.