Schwerpunkt - ATOS Klinik Heidelberg

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ATOSnews
Schwerpunkt:
Schmerzen nach
­orthopädischen ­Eingriffen
Was ist normal,
was ist bedenklich?
:: Endoprothetik:
• Ellenbogen
• patellofemorales
­Kompartiment
:: Traumatologie:
Akute Gehirn­
erschütterung
beim Sport
:: Neurologie:
Epilepsie bei Kindern
ATOS Kliniken: Ihr Vorteil – Unsere Spezialisten
ATOSnews | Ausgabe 27 | April 2016
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zu Fragen
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Programm
09:00
Begrüßung
Organisatorisches
09:15
Sportverletzungen bei Frauen und Männern –
muss anders behandelt werden?
(Schmitt,Leiter:
Heidelberg)
Wissenschaftlicher
Prof. Dr.
Holger Schmitt
09: 45 Optimale Ernährung des Ausdauerathleten –
Deutsches Gelenkzentrum
Heidelberg,
auch als Vegetarier?
(Brüning, Frankfurt)
ATOS Klinik Heidelberg
10:15
und Sport – sinnvoll oder gefährlich?
Kontakt
und Brustkrebs
Anmeldung:
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Prof. Dr. Holger Schmitt
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Heidelberg,
ATOS11:15
Klinik Heidelberg
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E-mail: [email protected]
Männern und Frauen
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06221-983182
11:45
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40,00 €
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Birgit,
Prof. Dr.
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Sportmedizin der Universität Heidelberg
69120 Heidelberg
Wiskemann, Joachim, Dr. phil.
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg
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Frese, Falko, Dr. med.
Oberarzt Innere Medizin VII, Sportmedizin der Universität
Heidelberg
Mayer, Jan, Prof. Dr. phil.
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Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin
Deutsches Gelenkzentrum Heidelberg an der ATOS Klinik
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Sportmedizin der Universität Heidelberg
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Oberarzt Innere Medizin VII, Sportmedizin der Universität
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Mayer, Jan, Prof. Dr. phil.
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Gesellschaft für OrthopädischTraumatologische Sportmedizin
::Editorial
ATOSnews
Was ist normal?
Liebe Leserinnen und Leser,
Normal – ein Wort, das jeder selbst definiert.
Es schließt ein und grenzt aus. Alles was anders ist, also „nicht normal“, sollte sich ändern. Gleichzeitig streben wir für uns selbst
an, anders zu sein, nicht normal. Doch wenn
alle gleich sind, ist keiner mehr besonders.
Wenn jedoch alle besonders sind, sind alle
auch gleich. Wir sollen besonders sein und
wollen normal behandelt werden.
Normal. Was wir (die Ärzte?) wollen,
ist richtig. Rastervorlage, Plan, das haben
wir gemacht. Es muss sich ändern, wer da
nicht hineinpasst. Normal – ein Wort, das
die ­Frage verlacht: ist der Mensch oder die
Norm fehlerhaft? Normalität – das sind die
Unterschiede!
Ist der 50- und 60-jährige mit den Normwerten von vor 20, 30 Jahren noch genauso
abgebildet wie zu dem Zeitpunkt, als diese
Normwerte erhoben wurden?
Die Normalität, die Normwerte bilden eine
Richtschnur, die man im Borderline-Bereich
sehr differenziert interpretieren sollte. Ist ein
Borderline-Hochdruck nicht die Abbildung
unseres Gefäßsystems mit zunehmendem
Alter und führt die Nichtbehandlung zwingend zu pathologischen Veränderungen im
kardiovaskulären System? Oder verhindert
bei Herrn Müller die Gabe entsprechender
Medikamente das Auftreten dieser pathologischen Veränderungen? Und bei Meyer oder
bei Schulze nicht?
Betrachten wir das „Mess-Normal“ im Hinblick auf normal, Norm, Normierung, Normalität, welches ein meteorologischer Vergleichsgegenstand ist, Vergleichsmaterial
oder präzises Messgerät, das zur Kalibrierung anderer Messgeräte dient.
Beispiele für Normalität werden in Widerständen, Atomuhren, Masse-Normale in der
Physik und der Chemie wiedergegeben. In
der Medizin haben wir Normalgewichte, die
als Body-Mass-Index gewertet werden und
diese werden vernetzt mit normalem Blutdruck, mit normalen Blutwerten, mit normaler Lebenserwartung und normaler Krankheitsentwicklung.
Bei der Beschäftigung mit Medizin und
Wissen­schaft zeigt sich für mich:
1. dass es keine Wahrheiten gibt und
2. dass Wahrheiten nicht mathematisch
durch Algorithmen konstruiert werden, wie
das die Evidence Based Medicine tut, wie
zum jetzigen Zeitpunkt das goldene Kalb der
Messwerte und Normen darstellt.
Die Behandlung von Schmerzen, von Veränderungen der Weichteile, von Achsen, von
Bewegungsabläufen, Belastungen, kinematischen Profilen im Individuum lassen sich
sicherlich in der Gauß´schen Verteilungskurve erfassen. Man sollte nicht vergessen, dass
in der Verteilungskurve „2 S“, obwohl es selten vorzufinden ist, als eine Standardabweichung des Normalen gilt. Erfahrungen und
Expertenmeinungen, gerade im Zusammenhang mit langjähriger Tätigkeit bei endoprothetischen Versorgungen, sollten nicht von
den (medizinischen) Medien gegenüber Evidence Based Medicine herabgesetzt werden.
Wann sind unsere Normalwerte im medizinischen Bereich definiert worden?
Haben wir die Normalwerte von 1960
immer noch für die Bluthochdruckdefinition und für den pathologischen Blutzuckerspiegel?
Prof. Dr. Hajo Thermann
Im internen Zirkel weiß man, wie Wissen­
schaft mit Unterstützung der Industrie gemacht wird.
Normal ist die genaue Beobachtung ­jedes
einzelnen Patienten, des Verlaufes, die Zurücknahme seiner eigenen Erwartungen.
Normal ist „salutogenes“, also zur Gesundheit hinführendes Handeln. Dies bedeutet,
den Patienten so zu unterstützen, dass er
mit einem neuen Gelenk ein für ihn normales
Leben führen kann.
Normalität, das sind die Unterschiede!
Prof. Dr. Hajo Thermann
3|
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::Inhalt
ATOSnews
::Editorial
3
::Schwerpunkt: Schmerzen nach
orthopädischen Eingriffen
Von C. Garving, P. Habermeyer, F. Martetschläger und M. Tauber
Heilverlauf nach arthroskopischer Rekonstruktion
der Rotatorenmanschette 20
„Shoulder Tour“ machte Station in Heidelberg
24
GOTS „Young Academy Hands-on Day“
28
Schulterworkshop mit Prof. Loew in Südkorea
37
Neu in der ATOS Klinik Heidelberg:
PD Dr. Christoph Becher
40
36
Neu in der Notfallambulanz der ATOS Klinik
Heidelberg: Dr. Steffen Thier
47
38
10 Jahre Notfallambulanz in der ATOS Klinik
Heidelberg
51
5. Shoulder Arthroplasty Convention in München
54
Neu in der ATOS Klinik Heidelberg:
Kinderneurologin Dr. Cornelia Bußmann
58
Dr. Tauber zum Associate Professor ernannt
61
Patienteninformationsabende
der ATOS Klinik München
76
Spitzenathleten auf dem Weg nach Rio
79
43
Ankündigung: ATOS Hip Expert Meeting
80
52
Neu in der ATOS Klinik München:
Dr. Alexander Rauch
81
10. Heidelberger Schlosskongress 2016
82
PR: Aesculap AG – ein Hersteller stellt sich vor
34
PR: CDS-Redressionsschienen von albrecht
61
Impressum 50
25
29
::Prävention
66
Von M.A. Thome
Das Check-up Programm der ATOS Klinik Heidelberg 68
::Fachbeiträge
Die akute Gehirnerschütterung im Sport
Von S. Thier und A. Klonz
Kreuzbandverletzung bei Kindern
Von R. Siebold
Kasuistik: Kombinationsdeformitäten
von Hüft- und Kniegelenk
56
Von C. Bußmann
Diagnose, Therapie und Prävention
der Onychomykose
55
Von F. Thorey
Epilepsie im Kindesalter
9
Champions League Meeting der ATOS Klinik
München
Von C. Becher
Die Früherkennung von Darmkrebs
ACL Study Group Meeting
21
Von L.P. Müller, M. Loew und S. Lichtenberg
Patellofemorale Endoprothetik
2
20
::Endoprothetik
1. Heidelberger Sportmedizin-Symposium
Tag der offenen Tür bei ATOS Klinik Heidelberg
Von H. Thermann
Ellenbogenprothetik – State of the Art
::News & Notes
17
Von H. Schmitt
Schmerzen nach Sprunggelenkprothese 77
Von M. Scharei und B. Bürgler
16
Von C. Becher und H. Thermann
Schmerzen nach Kreuzbandoperation Prof. Thorey bei Hüftkongress in Osaka
Von H. Gollwitzer
Schmerzen nach Knieprothese 13
Von F. Thorey
Schmerzen nach hüftnahen Osteotomien
10
Von M. Loew, P. Magosch und S. Lichtenberg
Schmerzen nach Hüftendoprothese 72
Von J. Schröter
Physiotherapie: Rugby und der Traum
von Olympia
Schmerzen nach Implantation einer Schulterprothese 6
Intensivierte Rehabilitation nach lumbalen
Wirbelsäuleneingriffen
62
Von C. Jäger
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5|
::Schwerpunkt „Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen“
Schmerzen nach Implantation einer Schulterprothese – wie lange ist das normal?
Von Christina Garving, Peter Habermeyer,
Frank Martetschläger und Mark Tauber
Keywords: Postoperative Schmerztherapie – Individuelle Schmerzgrenze –
Patientenkontrollierte Schmerzbehandlung (PCA)
Bei fortgeschrittener Omarthrose gibt es bei ausgereizter konservativer
Therapie keine Alternative zur Implantation eines künstlichen Schultergelenks. Ein solcher Eingriff ist für viele Patienten angstbehaftet. Nach dem
Eingriff schließt sich ein ca. einwöchiger stationärer Aufenthalt an, in
dem Ärzte, Pflegekräfte und Physiotherapeuten unsere Patienten gemeinsam einweisen, was es mit dem neuen Gelenk zu beachten gilt. Insbesondere Wert legen wir dabei auf eine wirksame Schmerztherapie, die sich in
den ersten Tagen aus Infusionen, Tabletten und Lokalanästhesie zusammensetzt und so den Schmerz wirksam bekämpft. Zurück zu Hause sind
die Schmerzen durch die individuelle Einstellung während des Aufenthalts
sicher behandelt.
Die einzige sinnvolle und konsequente operative Maßnahme bei fortgeschrittener Omarthrose und entsprechender Einschränkung der Lebensqualität und Funktion ist
die Implantation eines künstlichen Schultergelenkersatzes (Abb. 1). Die verschlissenen Gelenkanteile des Oberarmkopfes und
der Schulterpfanne werden durch Prothesen ersetzt. Hierbei kommen je nach individuellen Voraussetzungen (Verschleiß eines oder beider Gelenkpartner, zusätzlicher
Riss der Rotatorenmanschette, Ausmaß der
knöchernen Zerstörung) unterschiedliche
Prothesentypen in Frage. Die Schultergelenkendoprothetik führt abhängig von der
richtigen Operationstechnik, vom richtigen
Endoprothesentyp und der richtigen Indikationsstellung in der Regel zu guten bis sehr
guten Langzeitergebnissen, zur signifikanten
|6
Schmerzreduktion und zur Wiederherstellung der Lebensqualität der zuvor stark eingeschränkten Patienten.
Nach dem Einbau eines künstlichen Schultergelenks muss heute niemand mehr „die
Zähne zusammenbeißen“. Schmerzen können
behandelt werden: Sie sind nicht nur sehr
unangenehm, sie können auch die Genesung
verzögern (1). So ist es wichtig, nach einer
Operation möglichst schnell wieder auf die
Beine zu kommen, damit die Muskeln nicht zu
viel Kraft verlieren. Schmerzen können aber
daran hindern, aufzustehen und sich zu bewegen. Mangelnde Bewegung erhöht zudem
das Risiko für die Bildung einer Thrombose
und kann wichtige Körperfunktionen wie das
Durchatmen oder Abhusten beeinträchtigen,
was wiederum das Risiko für eine Lungenentzündung erhöht. Im Gegensatz zu früher gibt
es mittlerweile viele Möglichkeiten, Wundschmerzen zu lindern.
Kann der Patient sich auf den Eingriff
vorbereiten?
Die Behandlung postoperativer Schmerzen
beginnt eigentlich schon vor der Operation
mit der Planung der Therapie. Dazu gehört,
dass der Arzt über mögliche Schmerzen nach
dem Eingriff aufklärt, damit der Patient sich
darauf einstellen kann. Eine realistische Einschätzung der Folgen eines Eingriffs kann
helfen, Ängste abzubauen.
Es ist außerdem hilfreich zu wissen, wie die
Behandlung nach einem bestimmten Eingriff
normalerweise verläuft und welche Anzeichen auf Komplikationen hinweisen können.
Falls eine selbst kontrollierte Schmerzbehand-
ATOSnews
lung (PCA = patient controlled analgesia) infrage kommt, ist es gut, schon vor der Operation über diese Therapie zu informieren.
Wichtig ist auch, dass der Patient den
Arzt vor der Operation darüber informiert,
ob schmerzlindernde Medikamente eingenommen werden. Wer regelmäßig starke
Schmerzmittel, Alkohol oder andere Drogen
zu sich nimmt, benötigt möglicherweise andere Medikamente als die üblicherweise eingesetzten (2).
Abb. 1 a, b:
Beispiel einer Schulter
vor und nach Implantation einer anatomischen
Schulterprothese
a
b
Was passiert während und nach der
Operation?
Es wird grundsätzlich unter Vollnarkose operiert. Bei der Operation werden zunächst die
erkrankten Knochen­und Gewebeanteile entfernt, damit die Prothese exakt an den verbleibenden Knochen angepasst und fixiert
werden kann. Ob die Prothese mit zementierter oder zementfreier Technik eingesetzt
wird, hängt vom Prothesentyp und der Knochenbeschaffenheit ab.
Grundsätzlich ist ein künstlicher Gelenk­
ersatz an der Schulter für den Körper weniger belastend als an der Hüfte oder am
Kniegelenk. So werden zum Beispiel bei einer
solchen Schulteroperation nur in Ausnahmefällen Bluttransfusionen benötigt.
Die Zeit nach einer Operation wird als „postoperative Phase“ bezeichnet. Diese beginnt bereits mit dem Verschluss der Wunde per Naht
oder Klammer. Gab es beim Aufwachen aus der
Narkose keine Schwierigkeiten, wird der Patient nach kurzer Zeit auf die Krankenstation
zurückgebracht. Dort wird die Nachsorge, zu
der auch die Schmerzbehandlung gehört, fortgesetzt. Die Patienten verbringen stationär ca.
eine Woche im Krankenhaus.
Je genauer der Patient seine Schmerzen
beschreiben kann, desto besser können sie
behandelt werden. Für eine ausreichende
Schmerztherapie benötigen Ärzte oder Pflegekräfte Informationen über
-- Ort des Schmerzes (beispielsweise
die Wunde)
-- Art des Schmerzes (zum Beispiel
stechend, dumpf oder brennend)
-- Stärke des Schmerzes (meist auf
einer Skala von 0–10 abgefragt).
Abb. 2: Schmerzkatheter, über den lokale
Betäubung direkt oder über eine PCA-­
Pumpe appliziert werden kann.
Auch im Verlauf der Behandlung ist es wichtig, Pflegekräfte und Ärzte darüber zu informieren, wie lange der Schmerz anhält, und ob
und nach welchem Zeitraum er wieder einsetzt. Bei älteren oder verwirrten Menschen,
die sich nur eingeschränkt äußern können, ist
es hilfreich, wenn in der Zeit nach einer Operation regelmäßig eine vertraute Bezugsperson da ist und vermitteln kann. Diese Menschen äußern Schmerzen oft auf andere,
mitunter sehr persönliche Weise. Dies können
bestimmte Gesichtsausdrücke, Bewegungen,
Laute oder verändertes Verhalten sein.
Wie kommt es zu postoperativen
­Schulterschmerzen?
Bei den Schmerzen nach der Operation handelt es sich in den meisten Fällen Weichteilschmerzen. Darunter versteht man Schmerzen, die nicht von den Knochen der Schulter,
sondern vielmehr von den die Schulter stabilisierenden und bewegenden Strukturen
ausgehen.
Nachts treten die Schmerzen meistens beim
Liegen auf der betroffenen Schulter auf, weshalb die Betroffenen oft nicht durchschlafen
können.
Die wichtigste Regel nach einer Schulteroperation ist: locker bleiben. Alle verkrampfenden Körperhaltungen müssen vermieden
werden. Aus diesem Grund beginnt bereits
am ersten Tag nach dem Einbau der Prothese
die Krankengymnastik.
Wie lange dauert der Schmerz und
welche Medikamente gibt es?
Schmerzen sind eine sehr subjektive Empfindung und können in ganz unterschiedlicher
Intensität auftreten. Mal klingen sie rasch ab,
mal ist eine mehrtägige Behandlung nötig.
In der Phase direkt nach der Implantation des künstlichen Schultergelenks kommen
oft Opioide wie das Morphin zum Einsatz. Sie
können allein oder zusammen mit anderen
Schmerzmitteln angewendet werden. Opioide werden auch oft als Lösung gegeben und
als Infusion verabreicht.
Darüber hinaus bekommen unsere Patienten bereits in Narkose einen Schmerzkatheter (Abb. 2). Bei diesem Verfahren handelt es sich um eine örtliche Nervenblockade
im Sinne einer Regionalanästhesie, wobei im
Bereich des Halses ein Katheter bis an die
Nervenwurzeln des Armes vorgeschoben
wird. Dabei werden durch die Injektion von
Lokalanästhetikum im Bereich der Musculi
scaleni am Hals die Wurzeln des Plexus brachialis reversibel blockiert. Diese Blockade
ist ein relativ einfach durchzuführendes und
nebenwirkungsarmes Verfahren und dient ➔
7|
::Schwerpunkt „Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen“
bereits während der Operation zur Reduktion des Narkosemittelbedarfs.
Nach der Operation ist der Arm so betäubt und meist völlig lahm und der Patient verspürt für die Dauer der Wirkung keine Schmerzen. Lässt die Wirkung nach, kann
über den Katheter erneut ein Lokalanästhetikum appliziert werden und somit eine sehr
effektive Schmerztherapie gewährleistet
werden.
Mit der patientenkontrollierten Schmerzbehandlung (PCA) können Patienten in Abhängigkeit des Schmerzniveaus per Knopfdruck selbst bestimmen, wann eine erneute
Dosis erforderlich ist. Treten Schmerzen auf,
kann man sich selbst einen Bolus verabreichen (3). In das System ist eine wichtige
Sicherung eingebaut: Die Menge der Einzeldosen ist begrenzt, damit es nicht zu
Überdosierungen kommt.
Welche Nebenwirkungen haben
Schmerzmittel?
Die schmerzlindernde Wirkung wie auch
die unerwünschten Wirkungen aller Mittel hängen von ihrer Dosierung ab: Eine zu
hohe Dosis kann zu mehr Nebenwirkungen
führen – ist die Dosis zu niedrig, werden die
Schmerzen nicht ausreichend gelindert.
Per Infusion, als Tabletten oder Tropfen
werden oft Opioide wie Morphin angewendet. Zu den häufigen Nebenwirkungen der
Opioide gehören Übelkeit, Erbrechen, Harnverhalt, Verstopfung oder Juckreiz. Solche
Beschwerden können allerdings immer auch
Folgen der Operation sein. In jedem Fall ist
es wichtig, sie sofort der betreuenden Pflegekraft und Ärzten mitzuteilen – vor allem,
wenn Atembeschwerden auftreten.
Werden Opioide mit anderen Schmerzmedikamenten wie NSAR kombiniert, können einige ihrer Nebenwirkungen vermindert
werden (4).
Lassen sich Schmerzen auch ohne
Medikamente lindern?
Manche Beschwerden können vielleicht
auch mit anderen Methoden verringert
werden als mit zusätzlichen Schmerzmedi-
|8
Allgemeine Hinweise für Patienten, um Schmerzen nach einer
Operation zu reduzieren:
▪ B
eachten der Schmerzgrenze.
▪ Ü
ben Sie nur bis an die Schmerzgrenze heran. Sobald Schmerzen
auftreten, sollten Sie das Training unterbrechen.
▪ T rainieren Sie nicht zu lange, denn dies überreizt die Schulter und
wirft Sie ggf. zurück!!
Abb. 3: Tipps zur Schmerzreduktion
kamenten. So kann es sein, dass man nach
der Operation falsch liegt. Zum Beispiel
schmerzt eine Operationswunde, wenn sie
unter Spannung steht. Besteht das Gefühl,
dass die Wunde spannt, reicht es manchmal, wenn die Pflegekräfte das Bett etwas
anders einstellen oder man sich anders hinlegt. Falls ein Körperteil auf einer zu harten Unterlage aufliegt, kann ein Kissen oder
etwas Schaumstoff Abhilfe schaffen. Insbesondere ein Aufrichten des Oberkörpers
vermindern die Schmerzen im Bereich der
Schulter. Ein wesentliches Augenmerk muss
auch auf die korrekte Anlage der Schulterorthese gelegt werden. Auch sie kann zu
Druckstellen oder Fehllagerungen führen,
die für Schmerzen mitverantwortlich sein
können.
Für einen schmerzfreien bzw. schmerzarmen postoperativen Verlauf insbesondere
wenn das Schultergelenk durch die regelmäßige Krankengymnastik bewegt wird, ist
es sehr wichtig, regelmäßig die verordneten
Medikamente (für Schmerz- und Entzündungshemmung sowie Magenschutz) einzunehmen. Sie tragen wesentlich zur schnelleren Rehabilitation/Wiedergewinnung der
Beweglichkeit und der Funktion des operierten Schulter bei.
Da der Arm nach der Operation ruhiggestellt ist, können die Medikamente (Schmerzund Entzündungshemmung) nach ca. einer
Woche reduziert werden.
Die meisten Medikamente, die nach Operationen verordnet werden (5) gehören zwei
Gruppen an:
1. Schmerz- und entzündungshemmende
Medikamente (Diclofenac, Ibuprofen, Voltaren etc)
2. Magenschutzpräparate (z. B. Pantoprazol)
um evtl. gastrointestinale Nebenwirkungen
zu verhindern.
Die verordnete Krankengymnastik sollte bis
zum Beginn der Reha 2–3 mal pro Woche
stattfinden. Wir haben ein spezielles Nachbehandlungsschema entwickelt, dass nach
der Operation für jeden Patienten individuell
angepasst wird und noch vor der Entlassung
ausgehändigt wird.
Die wichtigste Regel: Unabhängig von
jedem Behandlungsplan ist die individuelle Schmerzgrenze zu beachten – die Krankengymnastik darf keine nachwirkenden
Schmerzen verursachen! Kommt es nach den
Übungseinheiten oder nach krankengymnastischer Behandlung zu anhaltenden Schmerzen
oder gar zu einer Funktionsverschlechterung,
so muss die Übungsintensität vermindert oder
sogar pausiert werden (Abb. 3).
Dr. Christina Garving
Prof. Dr. Peter Habermeyer
PD Dr. Frank Martetschläger
PD Dr. Mark Tauber
Deutsches Schulterzentrum
ATOS Klinik München
[email protected]
www.deutsches-schulterzentrum.de
ATOSnews
N O T E S
Literatur
1.Liu SS, Wu CL. The effect of
­analgesic technique on postoperative patient-reported outcomes
including analgesia: a systematic review. Anesth Analg 2007;
105(3): 789-808.
2.Wheeler M, Oderda GM, Ashburn
MA, Lipman AG. Adverse events
associated with postoperative
opioid analgesia: a systematic
­review. J Pain 2002; 3(3): 159180.
3.McNicol ED, Ferguson MC,
­Hudcova J. Patient controlled
­opioid analgesia versus con­
ventional opioid analgesia for
postoperative pain. Cochrane
Data­base Sys Rev 2015;
(6): CD003348.
4.Marret E, Kurdi O, Zufferey P,
Bonnet F. Effects of non­steroidal
antiinflammatory drugs on
patient-controlled analgesia
morphine side effects: meta-­
analysis of randomized controlled
trials. Anesthesiology 2005;
102(6): 1249-1260.
5.Deutsche Interdisziplinäre
Vereinigung für Schmerztherapie
(DIVS) e.V. S3-Leitlinie „Behandlung akuter perioperativer und
posttraumatischer Schmerzen“.
01.04.2009.
&
N E W S
:: A
CL Study Group Meeting 2016:
Flache vordere Kreuzbandanatomie
von Experten bestätigt
Das Treffen der 120 weltweit renommiertesten Kreuzbandchirurgen und Wissenschaftler der ACL Study Group fand dieses Jahr in Are (Schweden) statt. Die 80
Vorträge zum vorderen Kreuzband wurden von den Experten wie immer leidenschaftlich diskutiert (Abb. 1).
Ziel der internationalen Studiengruppe ist es, Kreuzbandverletzungen durch
Prävention zu verringern, Operationstechniken zu verfeinern und die Reruptur- und Arthroserate zu senken. Dabei spielt die Kreuzbandanatomie eine
Schlüsselrolle.
Der Kniespezialist Prof. Rainer Siebold
vom HKF der ATOS Klinik Heidelberg
stellte dem internationalen Gremium
seine aktuelle anatomisch-histologische Studie zur flachen tibialen Kreuzbandanatomie vor. Die Studie wurde in
Kooperation mit der Universität Heidelberg durchgeführt und beweist die flache Struktur des vorderen Kreuzbandes
nahe der knöchernen tibialen Insertion
(Abb. 2). Das erstmals 2012 vorgestellte Konzept der flachen Kreuzbandanatomie ist mittlerweile – nicht zuletzt durch
viele anatomische Publikationen von Dr.
Smigielski aus Polen und Prof. Siebold von den Experten weltweit anerkannt.
Durch die neuen anatomischen Erkenntnisse wird sich die Operationstechnik zur
Kreuzbandrekonstruktion in den nächsten Jahren deutlich wandeln.
Abb. 1: Spezialisten der Kreuzbandanatomie, von links nach rechts: Prof. Fink aus
Österreich, Prof. Siebold vom HKF der ATOS
Klinik Heidelberg, Prof. van der Merwe aus
Südafrika, Prof. Freddie Fu aus den USA,
Dr. Smigielski aus Polen, Prof. Amis
aus Großbritannien und Prof. Menetry
aus der Schweiz.
Abb. 2: Histologische
Untersuchung der Arbeitsgruppe von Prof. Siebold.
Seitliche histologische
Darstellung des vorderen
Kreuzbandes mit knöchernem Ansatz am Schienbein und 3–4 mm flachem
­funktionellem Anteil
(publiziert in KSSTA
Journal 3/2016).
9|
::Schwerpunkt „Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen“
Heilverlauf nach arthroskopischer
Rekonstruktion der Rotatorenmanschette
– was ist normal, was ist pathologisch?
Von Markus Loew, Petra Magosch und Sven Lichtenberg
Keywords: Rotatorenmanschette, Arthroskopie, Rekonstruktion,
Schmerzen, Rehabilitation
Die endoskopische Rekonstruktion der Rotatorenmanschette ist
ein komplexer Eingriff mit hohem Rehabilitationsaufwand, bei
dem Bewegung zur Vermeidung von Einsteifung und Immobilisierung zum Schutz der rekonstruierten Sehnen in einem abgewogenen Verhältnis ­zu­e inander stehen müssen. Schmerzen haben hierbei auch eine Kontrollfunktion.
Symptomatische Rotatorenmanschettenläsionen können mit gutem Ergebnis anatomisch rekonstruiert werden, so lange die
Retraktion der Sehnen und die Atrophie der
Muskulatur nicht zu weit fortgeschritten
sind und so lange keine fettige Umwandlung
der Muskelbäuche eingetreten ist (Abtahi et
al. 2015). Im vergangenen Jahrzehnt hat sich
die arthroskopische Rotatorenmanschettenrekonstruktion als Goldstandard durchgesetzt (Lichtenberg et al. 2015), nicht zuletzt
deswegen, weil eine zusätzliche Schädigung
des M. deltoideus, wie sie beim konventionellen offenen Vorgehen mit Akromioplastik,
aber auch beim mini-open Repair (arthroskopische Dekompression und offene Sehnenrekonstruktion über einen Delta-split)
regelmäßig eintritt, ausbleibt. Auch wird erwartet, dass bei endoskopischem Vorgehen
der postoperative Verlauf weniger kompliziert und der Wundschmerz geringer aus-
| 10
geprägt ist als bei der offenen Operation.
Dennoch ist die endoskopische RM-Rekonstruktion ein komplexer Eingriff mit hohem
Rehabilitationsaufwand.
Postoperative Mobilisation und
Rehabilitation
Grundsätzlich unterscheidet sich die Nachbehandlung nach arthroskopischer Rekonstruktion nicht von der nach offen ausgeführten
Eingriffen, da ja die biologischen Prämissen
der Sehnenheilung die gleichen sind.
Es existieren unterschiedliche Konzepte
und Protokolle der Rehabilitation. Frühzeitige,
aggressive Programme vermeiden eine stärkere Einsteifung der Schulter, führen aber zu
einer höheren Rerupturquote (Cuff und Pupello 2012).
Bei einer einfachen Sehnenläsion Grad I-II
der Klassifikation nach Patte, d. h. nach dem
spannungsfreien Repair einer einzigen, in der
Regel der Supraspinatussehne, ist nach unserer Erfahrung eine Ruhigstellung auf einem
Abduktionskissen für 3 Wochen ausreichend.
Bei einer Rekonstruktion massiver Rotatorenmanschettenläsionen, d. h. von zwei
und mehr Sehnen (Abb. 1), muss das Kissen
insgesamt für 6 Wochen konsequent getragen werden. Da in dieser Zeit aktive Bewegungen der Schulter nur sehr eingeschränkt
erlaubt sind, ist zur Verhinderung einer Einsteifung eine frühe passive krankengymnastische Mobilisierung in dem durch den Operateur vorgegebenen Bewegungsrahmen
unabdingbar. Zusätzlich zu Lymphdrainagen
muss eine passive Mobilisierung mindestens
2x pro Woche gewährleistet sein; der Einsatz von CPM (Continuous Passiv Motion)Schienen ist jedoch nicht empfehlenswert,
da individuell – vor allem in der Heimbehandlung – schwer kontrollierbar.
ATOSnews
a
b
Abb. 1: Arthroskopische Rekonstruktion einer 2-Sehnen­läsion
a) Massive Läsion von Supra- (SSP) und Infraspinatussehne (ISP).
Der Ansatz (Footprint) ist dekortiziert und einer der beiden
medialen Anker eingebracht
Trotz ausreichender Physiotherapie durchläuft die Schulter in der Rehabilitationsphase häufig eine unterschiedlich ausgeprägte
kapsuläre Steife. Nach 6 Wochen ist das passive Bewegungsausmaß in Flexion und Abduktion bis zur Schulterhöhe und in der Außenrotation bis in die Neutralstellung in der
Regel möglich. Die transitorische Schultersteife ist eine physiologische Reaktion zum
Schutz der rekonstruierten Sehnenstrukturen; unabhängig ob endoskopische oder
Mini-open-Rekonstruktion ist in der Regel
zwischen der 6. und der 12. Woche post operationem eine weitgehende Normalisierung
des Bewegungsausmaßes zu erwarten (Parsons et al. 2010, Kasten et al. 2011).
b) 4 x 1 Suture Bridge Repair über einen lateralen Anker
Ohne einen Schmerzkatheter kann vor allem bei massiver Ruptur der perioperative
Schmerzmittelbedarf sehr hoch sein. Daher
wird die Rekonstruktion der Rotatorenmanschette auch bevorzugt im Rahmen einer
kurzstationären Maßnahme durchgeführt.
Ab dem 3. postoperativen Tag ist der
Wundschmerz in der Regel durch nicht steroidale Antiphlogistika (NSAR), z. B. Ibu-
Schmerzverlauf und postoperative
Schmerztherapie
Bei der stationären Rekonstruktion der Rotatorenmanschette ist die Operation ausschließlich oder adjuvant mit einem interskalenären Plexusblock oder -katheter
(Lehmann et al. 2015) durchführbar und
state of the art. Dies führt zu einer weitgehenden Schmerzfreiheit in den ersten
36 bis 48 Stunden nach der Operation, die
durch den Patienten gesteuerte oder mit
Medikamentenpumpe automatisierte, fraktionierte Injektion gewährleistet wird.
Abb. 2: Subjektiver Schmerzverlauf
nach arthroskopischer und mini-open
Rekonstruktion der Rotatorenmanschette.
= signifikanter Unterschied (nach Lit. 3.)
profen, Diclofenac oder Cox–2-Inhibitoren
ausreichend kontrolliert. Allenfalls vor der
Physiotherapie ist eine zusätzliche Analgetikagabe (Paracetamol/Metamizol) gelegentlich hilfreich. Allerdings hat der Schmerz im
Bewegungsablauf eine Kontrollfunktion und
zeigt eine Überbelastung der rekonstruierten
Strukturen an.
In der Ruhestellung im Abduktionskissen sollten ab der 2. Woche post operationem keine wirklichen Schmerzen mehr bestehen. Ein erhöhter Schmerzmittelbedarf
über NSAR hinaus ist ab diesem Zeitpunkt
verdächtig auf eine Überlastung, eine Störung der Sehnenheilung oder evtl. einen beginnenden Weichteilinfekt. Im Zweifelsfall ist
dann eine sonographische Untersuchung indiziert, in deren Rahmen ein Flüssigkeitsverhalt, eine Sehnennekrose oder eine Reruptur
ausgeschlossen werden können.
Zum Zeitpunkt der aktiven Mobilisierung,
spätestens ab der 7. Woche, sollten keine
Schmerzmittel mehr notwendig sein. In dieser Phase wird das erlaubte Bewegungs- und
Belastungsausmaß nicht mehr durch freigegebene Gradzahlen, sondern durch die
Schmerzgrenze definiert.
Das Konzept der postoperativen Rehabilitation ist unabhängig davon, ob die Rekonstruktion endoskopisch oder in mini-open
Technik ausgeführt wurde.
➔
11 |
::Schwerpunkt „Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen“
Interessanterweise ist das subjektive Schmerzempfinden der Patienten in den ersten Wochen nach der Operation bei den Mini-open
operierten Patienten eher geringer als nach
arthroskopischer Rekonstruktion. In einer prospektiv randomisierten Studie fand die Heidelberger Arbeitsgruppe um Kasten et al. (2011)
sogar signifikante Unterschiede zwischen der
vierten und achten Woche postoperativ (Abb.
Abb. 3: Bedarf an Analgetika (NSAR)
nach arthroskopischer und mini-open
Rekonstruktion der Rotatorenmanschette.
= signifikanter Unterschied (nach Lit. 3.)
Abb. 4: Beweglichkeit in Abduktion nach arthroskopischer und mini-open Rekonstruktion der
Rotatoren­manschette.
= signifikanter Unterschied (nach Lit. 3.)
2). Im Schmerzmittelbedarf ergab sich demgegenüber in der unmittelbar postoperativen
Woche ein statistischer Unterschied zugunsten der arthroskopisch operierten – danach
unterscheiden sich die beiden Gruppen nicht
mehr signifikant (Abb. 3).
3 Monate nach der Rekonstruktion ist in
der Regel eine weitgehende Belastbarkeit
der Schulter im täglichen Leben gegeben; zu
diesem Zeitpunkt bestehen auch keine relevante Bewegungseinschränkung und kein
Schmerzmittelbedarf mehr. Sportliche Belastung ist ab diesem Zweitpunkt schmerzadaptiert erlaubt. Im Bewegungsausmaß
bestehen zu diesem Zeitpunkt in der Regel
keine Unterschiede nach arthroskopischer
oder mini-open Rekonstruktion (Abb. 4).
Die Einheilungsrate nach endoskopischer
Rotatorenmanschettenrekonstruktion beträgt
in Abhängigkeit von der Größe der Läsion
und auch von dem Nachweisverfahren im
Literaturvergleich etwa 70 % – 90 % (Abtahi
et al. 2015) Dabei scheint es keinen Einfluss
zu haben, ob es sich um eine traumatische
oder degenerative Läsion handelt (Loew et
al. 2015). Ein Jahr postoperativ sind die Patienten in der überwiegenden Mehrzahl mit
dem Resultat der Operation hoch zufrieden.
Durch die Fortschritte in der endoskopischen Rekonstruktion (stabile Fadenanker,
differenzierte Nahttechniken, double-row
Rekonstruktion) und im Einzelfall durch den
Einsatz von Wachstumsfaktoren
konnte in den letzten Jahren eine
weitere Verbesserung des endoskopischen Standards erzielt werden.
Prof. Dr. Markus Loew
Dr. Petra Magosch
Dr. Sven Lichtenberg
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
| 12
Literatur
1.Abtahi A, Granger E, Tashjian R
(2015). Factors affecting healing
after arthroscopic rotator cuff repair. World J Orthop 18; 6: 211-220
2.Cuff D, Pupello D (2012). Prospective randomized study of
arthroscopic rotator cuff repair
using an early versus delayed
postoperative physical therapy
protocol. J Shoulder Elbow Surg
21: 1450-1455
3.Kasten P, Keil C, Grieser T, Raiss P,
Streich N, Loew M (2011) Prospective randomised comparison of arthroscopic versus mini-open rotator cuff repair of the supraspinatus
tendon. Int Orthop 35: 1663–1670
4.Lehmann L, Loosen G, Weiss C,
Schmittner M (2015). Interscalene plexus block versus general
anaesthesia for shoulder surgery:
a randomized controlled study. Eur J Orthop Surg Traumatol. 2015 Feb;25(2):255-61. doi:
10.1007/s00590-014-1483-3.
Epub 2014 May 15.
5.Lichtenberg S, Magosch P, Loew
M, Habermeyer P (2015). Historie
und Entwicklung der arthroskopischen Rotatorenmanschettennaht. Obere Extremität 10: 3–9
6.Loew M, Magosch P, Lichtenberg S,
Habermeyer P, Porschke F (2015).
How to discriminate between
acute traumatic and chronic
degenerative rotator cuff lesions
– an analysis of specific criteria in
X-Ray and MRI. J Shoulder Elbow
Surg. 24: 1685–1693
7.Parsons B, Gruson K, Chen D,
Harrison A, Gladstone J, Flatow E
(2010). Does slower rehabilitation
after arthroscopic rotator cuff
­repair lead to long-term stiffness?
J Shoulder Elbow Surg.
19 (7):1034–1039
ATOSnews
Schmerzen nach hüftendoprothetischem
Eingriff – wie lange ist das normal,
was gibt es für Ursachen?
Von Fritz Thorey
Keywords: Hüftendoprothetik, Schmerzen, postoperativ
Seit Jahren gilt die Hüftendoprothetik als eine der erfolgreichsten Operationen des
letzten Jahrhunderts. Gerade im Vergleich zu anderen Gelenken, wie beispielsweise
die Knieendoprothetik, zeigt die Hüftendprothetik eine sehr schnelle Rekonvaleszenz und Rehabilitation. In der Regel sind die Patienten nach einer sehr kurzen Zeit
annähernd beschwerdefrei und können wieder ihre normale berufliche und private
Aktivität aufnehmen. Dennoch gibt es immer wieder Fälle, bei denen eine verlängerte Heilungsdauer sowie anhaltende Beschwerden bestehen. In diesen Fällen ist
eine differenzierte Betrachtung jedes einzelnen Patienten notwendig.
Zu unterscheiden wären Probleme, die durch
das eingebrachte Implantat ausgelöst werden und Beschwerden, die das Hüftgelenk
umgebende Gewebe betreffen, wie beispielsweise die Muskulatur. Bei jedem betroffenen Patienten ist es daher wichtig, eine
dezidierte Anamnese sowie Schmerzhistorie
zu eruieren.
Man kann hierbei direkt postoperative Einschränkungen, die innerhalb weniger Tage nach der Operation auftreten, von
mittelfristigen und spät auftretenden Problemen unterscheiden. Einen wichtigen Einfluss hat ebenfalls die Patientenerwartung,
die vor einem operativen Eingriff stark variieren kann. Hierbei ist es wichtig, eine soziale Anamnese zu erheben, was der betroffene Patient von dem geplanten Gelenkeingriff
erwartet und was für sportliche und private Aktivitäten wieder aufgenommen werden
sollen. Zusätzlich spielen die Aktivität vor
dem operativen Eingriff sowie die Dauer der
Beschwerden und Einschränkungen, die der
Betroffene erfahren hat, eine wichtige Rolle.
Das hat ebenfalls einen entscheidenden Einfluss auf die Dauer der Rekonvaleszenz und
kann mitunter bei zu zügiger Rehabilitation
und Muskelaufbau zu Beschwerden führen.
Ein weiterer Faktor ist das gewählte Implantat. Einige Implantattypen weisen eine
distale, tiefere Verankerung des Hüftschaftes im Oberschenkelknochen auf. Dies kann
zu einem Schaftschmerz führen, der über
mehrere Monate persistieren kann. Die Problematik tritt bei proximalen, im oberen Bereich verankerten Hüftschäften seltener auf.
ob die Beschwerden eher lokalisiert oder ausstrahlend nach distal sind. Hierbei müssen
dann Pathologien im Bereich der Lendenwirbelsäule mit einbezogen werden, die zu einer
ähnlichen Beschwerdesymptomatik ­
führen ➔
Anamnese der Schmerzen
Bei der Beurteilung von Schmerzen nach hüft­endoprothetischem Einsatz ist es essentiell,
den Schmerz möglichst genau zu lokalisieren. Bei Patienten, die eher den Oberschenkel
als Hauptschmerzlokalisation angeben, kann
es sich möglicherweise um eine Schaftproblematik handeln. Hierbei hängt es davon ab,
Abb. 1: Regelrechte Lage
einer Kurzschaft-Hüft­
endoprothese
13 |
::Schwerpunkt: Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen
Gangbildes Auskunft darüber, wie sich die
Beschwerden und Einschränkungen auswirken. Liegt ein sog. Trendelenburg-Hinken vor,
kann das ein Hinweis auf eine Insuffzienz
der glutealen Muskulatur sein, so dass eine
Stabilisierung des Beckens beim Gehen nur
eingeschränkt möglich ist. Ein sog. Schmerzhinken mit einer verkürzten Standphase der
betroffenen Hüfte kann auf andere Pathologien hindeuten.
Zeitpunkt, an dem die Beschwerden
auftreten
Abb. 2: Heterotope Ossifikationen nach
Hüftkopfkappe bei einem 57-jährigen
Patienten
Hierbei sind drei unterschiedliche Phasen
festzustellen. Treten die Beschwerden eher
in einer frühen postoperativen Phase auf,
fallen diese erst nach einigen Wochen und
Monaten auf oder erst nach Jahren?
Frühzeitig auftretende Beschwerden
Abb. 3:
Low-Grade
Infektion, der
­bereits durch
Osteolysen am
Schaftbereich
imponiert.
können. Ebenfalls ist die Unterscheidung
zwischen dem Schmerz, der vor der Operation bestanden hat, von dem nach dem Eingriff wichtig, um auszuschließen, dass neben
der ursächlichen Hüftarthrose nicht möglicherweise eine weitere Pathologie vorgelegen hat. Ein Nacht- oder Ruheschmerz gibt
ebenfalls Hinweise darauf, ob Verknöcherungen, anhaltende Low Grade Infektionen oder
Implantatlockerungen in die Überlegung mit
einbezogen werden. Ein überwiegend beim
Sitzen auftretender Schmerz kann ein Hinweis auf ein Hüft-Impingement sein, wobei
es hier häufig zu einer Reizung der Psoassehne kommt. Ebenso gibt die Analyse des
| 14
Ursachen für früh auftretende Beschwerden
nach dem operativen Eingriff können periprothetische, intraoperative Frakturen oder
Fissuren, heterotope Ossifikationen (Verknöcherungen), Frühinfektionen oder Nervenschädigungen sein. Gerade bei zementfreien Implantaten kann es beim Einbringen
des Hüftschaftes und bei verringerter Knochenqualität zu kleinen Fissuren kommen,
die anschließend bei einer Mobilisation zur
Erweiterung und zu Beschwerden sowie
Sinterung des Hüftschaftes führen können.
Dieses kann in meist mittels konventioneller
Röntgenkontrollen oder einer Computer Tomographie (CT) diagnostiziert werden.
Muskelschmerzen und Kraftminderung bei
Hüftbeugung können durch direkte Nervenverletzung oder sekundäre Kompression der
Nerven durch ein Hämatom verursacht sein.
Abhängig vom Ausmaß der Schädigung können sich diese innerhalb weniger Tage bis Monate zurückbilden. Bei großen Defekten und
Läsionen kann dieses mitunter Jahre dauern
oder persitieren. Intraoperative Nervenläsionen hängen oft vom gewählten Zugangsweg
ab, wobei der dorsale Zugang eher eine Gefährdung des N. ischiadicus und ein direkt anteriorer Zugang ein erhöhtes Risiko zur Schädigung des N. femoralis aufweisen.
Abb. 4: Metall-Metall Gleitpaarung bei einem 62-­jährigen
Patienten bei einliegender
Kappen-Prothese
Heterotope Ossifikationen, deren Auftretungsrisiko durch eine Ossifkationsprophylaxe reduziert werden sollen, können ebenfalls
zur frühen Einschränkung der Beweglichkeit
und zu Beschwerden im Bereich der Muskulatur führen. Diese können nach weiterer
Verdichtung der Ossifkation auf einer konventionellen Röntgendarstellung dargestellt
und beurteilt werden. Bei sehr starker Ausbildung führen diese zu massiven Einschränkungen und sollten dann operativ entfernt
werden.
Frühe Infektionen nach dem operativen
Eingriff äußern sich durch einen erhöhten
Anstieg der Entzündungsparameter des Blutes (CRP, Leukozyten, BSG) und das klinische
Bild (Fieber, Umwohlsein, Überwärmung).
Hier ist i.d.R. eine chirurgische Intervention
und Sanierung notwendig.
Mittelfristig auftretende Beschwerden
Treten die Beschwerden nach wenigen Wochen oder Monaten auf, ist primär eine Infektion des Hüftgelenkes auszuschließen. Hierzu
stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, die neben der laborchemischen Untersuchung der Entzündungswerte auch eine
Punktion des Hüftgelenkes oder arthroskopische Probe-Entnahme einschließen. Ggf. können erweiternde Maßnahmen wie eine Leukozyten-/Entzündungsszintigraphie oder eine
SPECT-CT weitere Informationen liefern.
ATOSnews
Take home message
Die Hüftendoprothetik gehört zu den erfolgreichsten orthopädischen
Operationen. Schmerzen treten in der Regel in Abhängigkeit vom
Status vor dem Eingriff und dem Arthrosegrad nur kurzzeitig auf
und können durch minimal-invasive Operationstechniken und eine
­individuelle Rehabiliation deutlich reduziert werden. Treten Schmerzen
über längere Zeit auf und fallen diese erst nach Wochen und Monaten
auf, sollten andere Ursachen wie Lockerungen, Infekte oder Begleit­
erkrankungen ausgeschlossen werden.
Mechanische Einschränkungen durch ein
Anschlagen (Impingement) der Prothese an
den vorderen Pfannenrand können ebenfalls
zu Problemen führen. Dieses wird verkompliziert, sollten sich Verknöcherungen oder
knöcherne Anlagerungen um das Hüftgelenk
herum gebildet haben. Auch können muskuläre Imbalancen zu einem Beschwerdebild
führen und sich aufgrund von Verletzungen
von Muskelanteilen, Nervenläsionen mit Einschränkung von Muskelgruppen sowie eine
veränderte Statik des Hüftgelenkes (OffsetVeränderung) bilden. Darüber hinaus spielt
hier auch eine Beinlängendifferenz eine Rolle, die sekundär zu Problemen um das Hüftgelenk herum führt, Schmerzen im Bereich
des Ileosakralgelenkes oder des lumbosakralen Übergangs auslösen können.
Langfristig auftretende
Beschwerden
Zu den nach längerer Zeit einsetzenden Beschwerden zählen beispielsweise hämatogene Infektionen im Bereich des Hüftgelenkes,
die dann eine ausgeprägte Beschwerdesymptomatik hervorbringen können. Zusätzlich zeigte sich, dass durch Metall-MetallGleitpaarungen Metallabrieb indizierte
Reaktionen im Hüftgelenk verursacht werden können. Diese traten vorwiegend beim
Oberflächenersatz auf und konnten hier-
bei zu sog. ALVAL-Reaktionen mit Metallose
sowie der Entstehung von Pseudotumoren
führen. Ebenfalls können in diesem Rahmen
auch neurologische Pathologien auftreten.
Zusätzlich kann es nach Jahren der Operation zu Lockerungen kommen, die ebenfalls
schleichend zu Beschwerden führen können.
Hierbei ist insbesondere der Polyethylenabrieb zu nennen, der zu großen Defekten und
Osteolysen im Bereich der Hüftpfanne und
des Hüftschaftes führen kann.
Plötzlich beginnende Beschwerden sind
häufig der Hinweis auf Frakturen, die nach
Stürzen oder im Rahmen einer zunehmenden
Osteoporose auftreten können. Diese sind in
der Regel gut auf konventionellen Röntgenaufnahmen oder CT zu diagnostizieren.
Neben den hüftspezifischen Pathologien müssen auch Differenzialdiagnosen in
Betracht gezogen werden, die Schmerzausstrahlung aus dem Bereich der Lendenwirbelsäule oder des Ileosakralgelenkes verursachen. Hier sind neben degenerativen
Veränderungen Spinalkanalstenosen, osteoporotisch bedingte Wirbelkörperkompressionen, Tumore oder ISG-Blockierung zu
nennen. Leistenschmerzen können Hinweise auf Ursachen im Gefäßbereich geben, die
beispielsweise durch Thrombosen oder Gefäßverschlüsse im Leistenbereich ausgelöst
werden können. Ebenfalls nicht direkt das
Hüftgelenk betreffende Ursachen sind bei-
Abb. 5: Große Osteolysen im
Acetabulum mit Pfannenlockerung bei PE-Abrieb bei
einer 81-jährigen Patientin
Abb. 6: Periprothetische Fraktur nach
Sturz einer 82-jährigen Patientin.
spielsweise Leistenhernien oder Pathologien, die im Bauchraum zu finden sind. Hierbei
sollte insbesondere eine urologische, gynäkologische und internistische Abklärung erfolgen, wenn die Ursache nicht im Bereich
des Hüftgelenkes gefunden werden kann. ➔
15 |
::Schwerpunkt: Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen
„Normaler“ Schmerzverlauf nach
der Operation
Nach einem operativen Eingriff hat die Dauer und Intensität von Beschwerden einen
erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden
und die Rehabilitation des Patienten. Bei vielen Patienten stehen Schmerzen im Bereich
der Muskulatur für die ersten Tage nach dem
Eingriff im Vordergrund. Diese können von
dem Zugangsweg, der für diesen operativen
Eingriff gewählt wurde, von der Ausbildung
der vorhandenen Oberschenkelmuskulatur
sowie auf den Grad der Relaxation während
des operativen Eingriffs abhängen.
Ferner hat der Grad der Arthrose mit den
entsprechenden Bewegungseinschränkungen einen entscheidenden Einfluss auf den
postoperativen Verlauf, da sich sowohl der
Band- als auch Muskelapparat den neuen
Bewegungen erst wieder anpassen müssen.
N O T E S
&
In Fällen, bei denen die Beweglichkeit durch
eine Protrusionsstellung des Hüftkopfes in
der Pfanne oder durch massive osteophytäre
Anbauten stark eingeschränkt war, sind gerade Bewegungsausmaße postoperativ vorerst muskulär einschränkt.
Ebenfalls haben periartikuläre Pathologien wie beispielsweise eine länger dauernde
Bursitis trochanterica oder Insertionstendinopathien einen Einfluss auf den postoperativen Schmerzverlauf. Diese müssen dann
ebenso postoperativ physiotherapeutisch
mitbehandelt werden, was eine Verbesserung der Beweglichkeit und das Auftrainieren der Muskulatur mit beinhaltet. Es gibt
daher eine Vielzahl von Patienten, die bis zu
4–6 Wochen muskuläre Einschränkungen
und Beschwerden bei Belastung angeben
können.
Seltener findet man die Patienten, die direkt
postoperativ kaum über Einschränkungen
und Beschwerden klagen. Hierbei ist es sicherlich auch entscheidend, dass eine spezifische Schmerztherapie den Patienten angeboten wird und der Patient präoperativ
physiotherapeutisch auf den Eingriff vorbereitet wurde. Sollten die Schmerzen über
längere Zeit bestehen, ist hingegen, wie oben
beschrieben, eine weitere Diagnostik bzgl.
des Vorliegens verschiedener Pathologien
unumgänglich.
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. Fritz Thorey
Internationales Zentrum für Hüft-,
Knie- und Fußchirurgie (HKF),
Sport­traumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
N E W S
:: Prof. Thorey auf dem Jahreskongress der japanischen
Hüftgesellschaft in Osaka
Prof. Thorey war als Ehrengast und internationaler E­ xperte zu einem Übersichtsvortrag auf dem 42.
Jahrestreffen der japanischen Hüftgesellschaft in
­
Osaka eingeladen. Dort konnte er über die Prinzipien
von aktuellen Hüftpfannenmodellen referieren und
über die Ergebnisse eines neuen Implantates berichten. In der folgenden Diskussion mit den ca. 400 Teilnehmern der Sitzung konnte Prof. Thorey den interessierten internationalen Kollegen weitere Antworten
zu Pfannenverankerungen und den aktuellen Oberflächenbeschichtungen dieser Systeme geben. „Mir ist
es wichtig, meine Erfahrung und Wissen mit anderen
Kollegen zu teilen und ebenfalls in den interessanten
­Diskussionen gute Ideen in mein klinisches Umfeld
mitzunehmen“, betonte Prof. Thorey.
| 16
Prof. Dr. Fritz Thorey (deutscher Repräsentant der
Europäischen Hüftgesellschaft, EHS) in Osaka
ATOSnews
Schmerzen nach hüftnahen Osteotomien –
wie lange ist das normal?
Von Hans Gollwitzer
Keywords: hüftgelenksnahe Osteotomie, Hüftendoprothetik, Nachbehandlung
Die Häufigkeit hüftgelenksnaher Osteotomien bei Erwachsenen hat in den letzten Jahrzehnten
deutlich abgenommen. Ein Grund ist das flächendeckend etablierte Neugeborenenscreening für
Hüftdysplasie. Ein anderer Grund ist die enorme Erfolgsgeschichte der Hüftendoprothetik mit den
entsprechend hohen Erfolgsraten.
Aufgrund minimal-invasiver und schonender Techniken sowie verschleißfester Gleitpaarungen
werden künstliche Hüftgelenke heute häufig schon bei jungen Patienten eingesetzt. Ferner verläuft die Rehabilitation und Wiederaufnahme berufliche Tätigkeiten nach Hüfttotalendoprothese
(Hüft-TEP) meist deutlich schneller als nach Korrekturosteotomie.
Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass Hüft-TEPs nach wie vor eine begrenzte Haltbarkeit besitzen. Gerade bei jungen Patienten unter 55 Jahren wurden beispielsweise im finnischen
Prothesenregister Revisionsraten von bis zu 40 % nach nur 15 Jahren beobachtet.
Bei entsprechend guter Indikation sind Erfolgsraten durch hüftnahe Osteotomien von 90 %
nach 10-15 Jahren publiziert. Daher sollte bei
jungen Patienten mit präarthrotischer Deformität die Indikation zur gelenkerhaltenden
Operation stets geprüft und abgewogen werden. Heute werden hüftnahe Osteotomien nur
noch an relativ wenigen spezialisierten Zentren in größerer Zahl durchgeführt, weshalb das
Wissen über Indikation, Technik und postope-
a
b
rativen Verlauf nicht mehr so weit verbreitet ist.
Inhalt des vorliegenden Beitrags ist daher die
postoperative Nachbehandlung mit Schwerpunkt auf sogenannten Warnsignalen, die auf
einen komplikativen Verlauf hinweisen können.
Hüftgelenknahe Osteotomien
Heutzutage werden hüftnahe Osteotomien
zumeist bei den Indikationen Hüftdysplasie
Abb. 1:
Röntgenkontrolle nach subtrochantärer derotierender Femurosteotomie
mit winkelstabiler Platte.
(a) postoperative Kontrolle;
(b) Röntgenkontrolle 6 Wochen
postoperativ mit deutlicher
­Kallusbildung (Pfeil) und beginnender knöcherner Konsolidierung,
weshalb die Aufbelastung mit
15 kg/Woche erfolgen kann.
und femoroazetabuläres Impingement (FAI)
durchgeführt. Bei der Hüftdysplasie wird je
nach Deformität eine beckenseitige Korrektur (3-fache Beckenosteotomie nach Tönnis
und Kalchschmidt (Abb. 2) oder periazetabuläre Osteotomie nach Ganz) oder eine femorale Korrektur notwendig. Femoral kann dabei
in allen 6 Freiheitsgraden korrigiert werden,
wobei am häufigsten entweder eine isolierte
Derotationsosteotomie subtrochantär (Abb. 1)
oder intertrochantär erfolgt, oder eine 3-dimensionale derotierende und varisierende intertrochantäre Osteotomie durchgeführt wird.
Bei FAI kann die Korrektur der impingierenden Deformität heutzutage in vielen Fällen arthroskopisch erfolgen. In etwa 5-15 %
der Deformitäten wird jedoch ein offener
Eingriff mit Trochanterosteotomie und chir­
urgischer Hüftluxation notwendig (Abb. 3).
Weitere seltenere Indikationen umfassen
u.a. die Schenkelhalspseudarthrose, die Hüftkopfnekrose sowie Residuen des Morbus
Perthes.
➔
17 |
::Schwerpunkt: Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen
Abb. 2:
Anti-Schwerkraft
Laufband (Alter-G,
Proxomed), welches
eine stufenlose Entlastung zwischen 10 %
und 80 % des Körper­
gewichts erlaubt.
(mit Genehmigung von
ECOS Reha, München)
Nachbehandlung nach hüftnahen
Osteotomien
Phase 1:
stationäre Behandlung (ca. Tag 0-7)
Größere Knocheneingriffe – insbesondere
am Becken – erfordern eine suffiziente perioperative Analgesie. Kombinierte Narkosen
aus einem Regionalanästhesieverfahren in
Kombination mit einer (weniger tiefen) Vollnarkose werden meist bevorzugt. Bei den Regionalanästhesieverfahren besitzen vor allem
die Periduralanästhesie sowie der sog. PsoasKompartmentblock eine wichtige Bedeutung.
Postoperativ erfolgt die Analgesie entweder
mittels Periduralkatheter oder mittels Patientengesteuerter Analgesie, der sog. „Schmerzpumpe“ (patient controlled analgesia = PCA).
Aufgrund des erhöhten Sturzrisikos
durch Regionalanästhesieverfahren sowie
die postoperative Schmerzsituation ist die
Mobilisationsfähigkeit – einschließlich des
Betttransfers – in den ersten Tagen deutlich eingeschränkt. Interessanterweise ist
bei fast allen Patienten von einem Tag auf
den anderen ein regelrechter „Sprung“ in der
| 18
Mobilisation zu beobachten, der individuell unterschiedlich zumeist zwischen 1. und
5. postoperativen Tag auftritt. Anschließend
sind die Patienten regelhaft eigenständig an
Unterarmgehstützen mobil und selbständig
im Betttransfer.
Die Analgesie ist dann gut oral einzustellen. Bei den klassischen Osteotomien sollte
auf nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR)
aufgrund der Hemmung der Knochenheilung möglichst verzichtet werden. Nach
chirurgischer Hüftluxation mit Trochanterosteotomie ist eine NSAR-Gabe über ca. 3
Wochen postoperativ hingegen als Ossifikationsprophylaxe obligat, da bei fehlender
medikamentöser Prophylaxe das Auftreten
heterotoper Ossifikationen in 35 % der Fälle
beobachtet wurde.
Phase 2:
postakute Phase, „Stabilisierungsphase“
(Woche 2-6/Woche 2-8 bei Becken­
osteotomie)
Ist der Patient eigenständig an Gehstützen
mobil, sicher auf der Treppe und selbständig
im Betttransfer, so folgt eine mehrwöchige
ambulante Weiterbehandlung zuhause. Eine
Teilbelastung von 20 kg sollte dabei nicht
überschritten werden, ebenso sollte eine aktive Kräftigung unterbleiben. Insbesondere
das aktive Anheben des gestreckten Beines
sollte vermieden werden, da dabei mehr als
das zweifache Körpergewicht auf das betroffene Hüftgelenk einwirkt.
Die Schwerpunkte dieser Phase liegen auf
der Lymphtherapie, der passiven Mobilisation des Gelenkes zur Prävention von Adhäsionen und Kontrakturen (Beckenosteotomie
Flexion bis maximal 60-90°, je nach Vorgabe
des Operateurs) sowie der Gangschule.
Die orale Analgesie kann zumeist relativ
rasch auf eine reine Bedarfsmedikation reduziert werden. Unter 20 kg Teilbelastung
sollte in der zweiten Hälfte dieser Phase
Schmerzfreiheit erreicht werden.
Vor Beginn der nächsten Phase erfolgt in
der Regel eine Kontrolluntersuchung beim
Operateur mit Durchführung einer Röntgenuntersuchung zur Beurteilung der knöchernen Durchbauung (Abb. 1). Die klinische Untersuchung zeigt zu diesem Zeitpunkt meist
ATOSnews
noch eine endgradig schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit sowie einen Flexions-/Innenrotationsschmerz der operierten
Hüfte. Stauchungs- oder Rüttelschmerz sollten nicht vorliegen.
Phase 3:
verzögerte Anschlussheilbehandlung
(Woche 7-9/Woche 9-11 bei
Beckenosteotomie)
Je nach Röntgenbefund und Stadium der
knöchernen Durchbauung kann die Belastung nun mehr oder weniger rasch – meist
um 10-15 kg/Woche gesteigert werden. Nach
chirurgischer Hüftluxation mit Trochanter­
osteotomie kann aufgrund der stabilen Osteosynthese nach Stufenosteotomie meist
die schmerzadaptierte Belastung erfolgen
(Abb. 4). Der Belastungsaufbau sollte dabei
im schmerzfreien Bereich erfolgen. Unter
Belastung auftretende Beschwerden deuten
auf eine zu hohe Belastung der Osteosynthese hin. Dann sollte die Belastung auf die
vorherige Belastungsstufe reduziert werden
und ein erneuter Aufbelastungsversuch eine
Woche später erfolgen. Zudem können eine
zunehmende isometrische Kräftigung sowie
Aquagymnastik erfolgen. Die Gangschule
kann idealerweise durch ein Anti-Schwerkraft-Laufband unterstützt werden, welches
ein normales Gehen und sogar Laufen unter
Aufhebung der Schwerkraft erlaubt (Abb. 2).
Die Beweglichkeit wird in dieser Phase freigegeben. Bewegungsabhängige Schmerzen
können insbesondere bei endgradigen Bewegungen noch auftreten. Auch hier gilt,
a
b
Abb. 3:
Röntgenkontrolle
12 Wochen nach
Becken-Dreifachosteotomie rechts.
Es zeigt sich
eine knöcherne
Durchbauung der
Osteotomiespalten
bei noch aktivem
Remodelling des
Kallus.
dass keine Beübung über die Schmerzgrenze
hinaus erfolgen sollte. Analgetika sind meist
nur bedarfsweise notwendig.
Phase 4:
ambulante Weiterbehandlung, berufliche
Wiedereingliederung, „return to sport“
In der abschließenden Phase der Nachbehandlung erfolgt eine nochmalige radiologische Kontrolle 12 Wochen postoperativ,
bei welcher zumeist eine fortgeschrittene
knöcherne Durchbauung dokumentiert wird
(Abb. 3). Die Belastung kann dann auf eine
schmerzadaptierte Vollbelastung gesteigert
werden. Auftretende Schmerzen können u.a.
Hinweise auf eine verzögerte Knochenhei-
Abb. 4: Röntgenkontrolle nach
chirurgischer Hüftluxation und
Trochanterosteotomie:
(a) Intraoperative Aufnahme;
aufgrund der Stufenosteotomie
wird eine anatomische Reposition mit hoher Primärstabilität
erreicht, so dass beschwerde­
abhängig eine rasche Voll­
belastung erfolgen kann.
(b) Röntgen nach knöcherner
Durchbauung.
lung sein. Nach erreichter Vollbelastung liegt
der Fokus auf der Erlernung eines flüssigen
und gleichmäßigen Gangbildes. Grundlage
ist u.a. die Kräftigung der hüftstabilisierenden Muskulatur (v.a. M. gluteus medius und
M. gluteus minimus) zur Therapie des häufig
auftretenden Trendelenburg-Hinkens. Eine
Rückkehr zu sportlicher Betätigung ist meist
nicht vor dem 5. postoperativen Monat
sinnvoll. Belastungsabhängige Beschwerden oder Schmerzen bei plötzlichen Drehbewegungen sind auch in dieser Phase noch
häufig. Die Rehabilitation sowie die Adaptationsprozesse des Gelenkes an die neue Biomechanik sind meist nicht vor Abschluss des
ersten postoperativen Jahres abgeschlossen;
entsprechend kann das Endergebnis der Korrektur auch erst zu diesem Zeitpunkt beurteilt werden.
Eine Besonderheit stellen schließlich noch
implantatbedingte Beschwerden dar, die
entsprechend bis zur Entfernung des Osteosynthesematerials persistieren. Häufig sind
dabei vor allem bei schlanken Patienten Beschwerden durch (tastbare) Schraubenköpfe
am Beckenkamm nach Beckenosteotomie.
Etwa 50 % der Patienten nach chirurgischer
Hüftluxation berichten über peritrochantäre
Beschwerden, die zumeist durch eine Irritation des Tractus iliotibialis durch die Schraubenköpfe entstehen (Abb. 4). Schmerzen ➔
19 |
::Schwerpunkt: Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen
über dem Plattenlager, die entlang des Tractus iliotibialis nach distal ausstrahlen, sind
besonders nach femoraler Korrekturosteotomie und dabei vor allem nach Verwendung
einer Klingenplatte zu beobachten.
-- Schmerzen bei Aufbelastung
-- Ruheschmerzen
-- Thrombosezeichen
-- Infektionszeichen.
Warnsignale („red flags“):
Fazit
-- Neuralgische Schmerzen postoperativ
im Bereich des N. ischiadicus oder
N. femoralis (Risiko einer Nervenläsion
bei ca. 1,5 %)
-- Neuralgische Schmerzen Oberschenkelvorderseite (Meralgia paraesthetica)
-- Verschlechterung eines bereits
erreichten Zustandes
-- Stauchungs- oder Rüttelschmerz
Hüftnahe Osteotomien erfordern eine stadienabhängige Nachbehandlung. Unmittelbar postoperativ aufgetretene neuralgische
Schmerzen können durch eine Schädigung
von N. ischiadicus, N. femoralis oder N. cutaneus femoris lateralis bedingt sein und
sollten bezüglich einer Revisionsnotwendigkeit abgeklärt werden. Warnsignale für einen
komplikativen Verlauf sind insbesondere be-
| 20
lastungsabhängige Schmerzen unter Aufbelastung sowie die Verschlechterung eines
bereits erreichten Zustandes. Hier sollten die
Stabilität der Osteosynthese kontrolliert und
die Belastung wieder reduziert werden.
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. Hans Gollwitzer
ATOS Klinik München
ECOM Excellent Center of Medicine
[email protected]
www.ecom-muenchen.de
ATOSnews
Schmerzen nach Knieprothese –
wie lange ist das normal?
Von Christoph Becher und Hajo Thermann
Keywords: Knieprothese, Arthrose, Schmerz, Diagnostik
In Deutschland wurden im letzten Jahr ca. 160.000 Knieendoprothesen (K-TEP) bei
Patienten mit Gonarthrose eingesetzt. Die Anzahl der mit einer Knieprothese versorgten Patienten wurde in den letzten Jahren kontrovers diskutiert; der allgemeine
Vorwurf lautet, dass zu viel und zu schnell operiert wird. Allerdings gilt zu beachten, dass in einer aktuellen Publikation aus dem renommierten Fachjournal „New
England Journal of Medicine“ bewiesen wurde, dass in einem Zeitraum von einem
Jahr die operative Versorgung mit einer Knieprothese zu einer signifikant größeren
funktionellen Verbesserung und stärkerer Schmerzreduktion führt als wenn die Patienten rein konservativ behandelt werden [1]. Es bestätigt auch die eigene klinische
Erfahrung, dass bei intensiver Auseinandersetzung mit dem Patienten und seinem
problematischen schmerzhaften Knie ein hohes Maß an Zufriedenheit erreicht werden kann. Dem entgegen steht die immer wieder postulierte Aussage, dass nach
einer Knieprothesenimplantation bis zu 25 % der Patienten mit dem Ergebnis nicht
zufrieden wären [2, 3] und „nur“ knapp 80 % der Patienten den Eingriff noch einmal durchführen lassen würden [3].
Anspruch und Wirklichkeit scheinen also
trotz der Verbesserung vom Schmerz und
Funktion durch die Knieprothese nicht immer im Einklang zu stehen. Eine kritische
Indikationsstellung und Aufklärung der Patienten über das zu erwartende Ergebnis im
jeweils individuellen Fall sollte die Zufriedenheitsrate erhöhen sowie die allgemeine
Sichtweise auf die Knieendoprothetik verbessern können. Im postoperativen Verlauf
ist es entscheidend beurteilen zu können,
was als „normaler“ bzw. „nicht normaler“
Verlauf zu bewerten ist. Dies stellt allerdings
auch für den Spezialisten eine große Herausforderung dar. Typischerweise finden sich
bei „nicht normalem“ Verlauf persistierende
Ruhe- und/oder Belastungsschmerzen, eine
rezidivierende Schwellneigung, eine Steifheit
des Gelenks oder ein Instabilitätsgefühl.
In vielen Fällen ist der Verlauf allerdings nicht
ungewöhnlich und die Beschwerden lassen
durch konservative Maßnahmen oder auch
einfach nur durch den individuell physiologischen Heilungsverlauf mit der Zeit nach.
Trotzdem liegt die Revisionsrate mit Wechsel
des Implantates nach primärer Implantation
einer Knieendoprothese innerhalb der ersten
5 Jahre bei 2,8 % [4]. Revisionen ohne Implantatwechsel erfolgen sogar bei fast 5 %
der Patienten. Hier sind die Gründe vor allem
eine persistierende Steifheit, Probleme mit
der Patella, eine Wundheilungsstörung bzw.
Infektion oder ein starker Bluterguß [4].
Ziel dieses Beitrages ist den „normalen“ Heilungsverlauf nach Implantation einer Knieendoprothese darzustellen und bei
„nicht-normalem“ Verlauf die notwendigen
Schritte aufzuzeigen.
Die ersten drei Monate
Was ist „normal“: Durch den Operationszugang zum Knie besteht oberhalb des Kniegelenkes eine ca. 10–15 cm lange Narbe. Das
Knie ist geschwollen und es zeigt sich in individuell unterschiedlicher Art ein Bluterguß.
Die direkt nach der Operation vorhandenen
Schmerzen können mit einem sog. 3-in-1
Schmerzkatheter und einer standardisierten
Schmerztherapie nach Maßgabe der WHO
gut beherrscht werden. Die Beweglichkeit ist
schwellungs- und schmerzbedingt zunächst
noch deutlich eingeschränkt. Die oberflächliche Wundheilung ist nach ca. 2 Wochen
abgeschlossen und das Nahtmaterial kann
entfernt werden. Anwendungen im Wasser
können dann erfolgen. Innerhalb der ersten
Wochen werden Unterarmgehstützen benutzt, bis ein sicheres Gangbild – möglichst
ohne Hinken – wiederhergestellt ist. Bei der
Kontrolluntersuchung nach 3 Monaten erwarten wir als normal:
-- ein sicheres Gangbild ohne Hilfsmittel
-- eine Beweglichkeit des Gelenkes, welche
mindestens der Beweglichkeit vor der
Operation entspricht
➔
21 |
::Schwerpunkt Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen
-- keine regelmäßig notwendige Schmerzmitteleinnahme.
Diese Kriterien werden natürlich durch die
individuellen Gegebenheiten des Patienten
beeinflusst. Je besser vor der Operation das
Gelenk beweglich und umso besser der Fitnesszustand war, umso schneller ist in der
Regel der Fortschritt im Rahmen der Rehabilitation. Ein Kraftdefiizit ist meistens noch
vorhanden und vor allem das Treppensteigen
fällt oft noch schwer. Das Schmerzniveau
wird durch die vor der Operation bestandenen Schmerzen beeinflusst. Wenn der Patient über Jahre chronische Schmerzen hatte
und Schmerzmittel verwendet hat, wird die
Reduktion der benötigten Schmerzmittel in
der Regel länger dauern. Eine gelegentliche
belastungsabhängige Schmerzmitteleinnahme ist nicht ungewöhnlich. Lokalisierbare
Schmerzen z. B. im Bereich der Sehnenansätze oder der Kniescheibe sind ebenfalls noch
häufig. Auch leichte Schwellzustände und
eine leichte Überwärmung finden sich nicht
selten. Insgesamt sollte im Verlauf aber eine
stetige Besserung der Schmerzen, eine Reduktion der Schwellung und eine Verbesserung der Funktion eingetreten sein.
Was ist „nicht normal“: Abweichungen
des üblichen Heilungsverlaufes betreffen anfangs häufig eine geringe Beweglichkeit des
operierten Kniegelenks. Innerhalb der ersten 2 Wochen sollte sich die Beugefähigkeit
mindestens ca. 90° betragen und die Schwellung rückläufig sein. Wenn ein starker Bluterguss besteht, muss evtl. eine Entlastung
erfolgen. Eine persistierende Wundsekretion, starke Schwellung, Rötung, Überwärmung und hohe Entzündungsparameter bei
der Blutuntersuchung sind selten, bedürfen aber bei Infektverdacht unbedingt einer
weiteren Abklärung und bei Bestätigung der
operativen Revision. Im Rahmen der klinischen Untersuchung sind deutliche Achsabweichungen sowie eine erhebliche Instabilität
der Seitenbänder zu beachten. Die Röntgenuntersuchung gibt Aufschluss über eine grobe Implantatfehlplazierung, freie Gelenkkörper, den Stand der Kniescheibe (Patella) und
sonstige knöcherne Auffälligkeiten.
Die Aussage des Patienten, dass „von
Anfang an starke Beschwerden“ bestanden
| 22
Abb. 1: Gute Beweglichkeit und reizfreies Gelenk nach beidseitiger Knieprothesenimplantation ein- bzw. eineinhalb Jahre nach der Operation.
und die „Prothese bisher nie richtig funktioniert“ habe, sollte auch schon nach 3 Monaten hellhörig werden lassen und zumindest
eine grundlegende Diagnostik eingeleitet
werden.
Das erste Jahr
Was ist „normal“: Die Funktion des Kniegelenks sollte im weiteren Verlauf stetig besser
werden. Längere Spaziergänge sind zunehmend möglich und auch längere Wanderungen können in der Regel nach 4-6 Monaten
wieder durchgeführt werden. Allerdings wird
der Patient die Muskulatur und auch das Gelenk mit seinem Weichteilmantel v.a. nach
längeren Gehbelastungen mit Steigungen
„noch spüren“. Innerhalb des ersten Jahres
geben ca. 50 % der Patienten an, dass sich
das Knie nicht „wie ihr eigenes“ anfühlt. Die
Gewöhnung an den neuen Zustand dauert
deutlich länger als beispielsweise nach Implantation einer Hüftendoprothese.
Schmerzen und Schwellungen treten vor
allem noch belastungsabhängig auf, sollten
aber im Verlauf weiter rückläufig sein. Falls
das Bewegungsausmaß und die Funktion
noch nicht zufriedenstellend sind, sollten
durch physiotherapeutische Unterstützung
weiter daran gearbeitet werden. Bei sportlichen Belastungen sollten stoßartige Belastungen und abrupte Richtungswechsel
vermieden werden. Sportarten wie z. B. Walking, Radfahren, Schwimmen, Golf und Kegeln sind zu empfehlen und können wieder
aufgenommen werden. Bei Sportarten mit
erhöhtem Verletzungsrisiko wie z. B. Skifahren, Tennis, Reiten und Ballspielen ist darauf
zu achten, dass bereits ein gutes muskuläres
Niveau besteht und das Knie gut stabilisiert
werden kann.
Bei der Kontrolluntersuchung nach einem
Jahr erwarten wir als normal:
-- ein sicheres Gangbild ohne Hinken
-- ein reizfreies Gelenk ohne Weichteilschwellung oder Erguss (Abb. 1)
-- eine Beweglichkeit des Gelenkes, welche
besser als die Beweglichkeit vor der Operation ist (Abb. 1)
-- keine notwendige Schmerzmitteleinnahme.
Auch hier sind selbstverständlich individuelle Gegebenheiten des Patienten zu berücksichtigen.
Was ist „nicht normal“: Wenn Fortschritte
ausbleiben und das erreichte Niveau in Bezug auf Schmerz, Beweglichkeit und Funktion sogar wieder rückläufig ist, wird die Unzufriedenheit des Patienten mit der Situation
stetig zunehmen. Nun ist eine genaue Analyse gefordert, um die Ursache des unbefriedigenden Verlaufes herauszufinden. Die
Schmerzanamnese ist hierbei äußerst wichtig, um entsprechend einer Verdachtsdiagnose die weitere Diagnostik einleiten zu kön-
ATOSnews
nen und zur Diagnose zu kommen. Es sollten
folgende Punkte abgeklärt werden [5]:
Analyse der Schmerzen
-- Änderung der Schmerzen nach der Operation? Falls die Art der Schmerzen nicht
verändert ist, war das Knie evtl. nicht die
Ursache der Schmerzen. Eine Besserung
durch die Knieprothese kann entsprechend nicht eintreten. Knieschmerzen
können auch durch Pathologien der
Wirbelsäule und der Hüfte verursacht
werden.
-- Liegen Ruheschmerzen oder belastungsabhängige Schmerzen vor? Bei Ruhe-
Take home message
Die Implantation einer Knietotalendoprothese ist ein sehr erfolgreiches
schmerzen muss immer an eine sog.
„low-grade“ Infektion gedacht werden.
Belastungsabhängige Beschwerden sind
eher mechanisch verursacht.
-- Gibt es auffällige Begleitsymptome wie
Missempfindungen (Parästhesien), eine
mechanische bzw. thermische Überempfindlichkeit oder trophische Störungen der
Haut? Die Ursache könnte neurologisch
im Rahmen der Narbenbildung oder vaskulär bzw. rheumatisch bedingt sein.
-- Gab es ein schmerzfreies Intervall? Da die
Prothese schon „funktioniert“ hat, sind
mechanische Ursachen im Sinne einer
Fehlpositionierung des Implantates eher
unwahrscheinlich.
Abb. 2: Am rechten Knie persistierende
Schwellung, Rötung und Überwärmung
fast ein Jahre nach der Operation. Es muss
eine weitere Diagnostik erfolgen, insbesondere zum Ausschluss eines Infektes.
-- Gab es Komplikationen/gesundheitliche
Probleme sonstiger Art (z.B Thrombose,
Herzinfarkt etc.)? Durch Vernachlässigung
der Rehabilitation mit Fokussierung auf
andere Probleme, können sekundär verstärkte Beschwerden des Knies auftreten.
­operatives Verfahren zur Behandlung
der Arthroseschmerzen.
Zur Beurteilung von persistierenden
Schmerzen ist vor allem die indivi­duelle
Ausgangslage des Patienten und der
Verlauf zu beachten. Jede Knieprothese
ist wie jede Kniearthrose ein Unikat!
Eine ausführliche Analyse mit Anamnese
und klinischer Untersuchung sind entscheidend für die weitere Diagnostik.
Zeit, Geduld und ein kollegiales interdisziplinäres Vorgehen ist sinnvoll und
erleichtert die Patientenführung.
Bei eindeutig definierbarer Ursache
muss gehandelt werden.
In manchen Fällen bleibt die Schmerz­
ursache trotz intensiver Diagnostik
­unklar. Eine operative Revision sollte
dann vermieden werden.
Analyse der klinischen Befunde
-- Gibt es Infektzeichen bei Inspektion und
Palpation (Abb. 2)? Gibt es einen Ausschlag
als Zeichen einer möglichen Allergie?
-- Besteht eine schmerzhafte Beweglichkeit?
In welchem Bereich ist die Beweglichkeit
schmerzhaft bzw. eingeschränkt? Streckdefizit, Beugedefizit? Das eingeschränkte Bewegungsausmaß an sich ist relativ
unspezifisch.
-- Wie ist die Stabilität des Bandapparates?
Die Untersuchung der Seitenbänder muss
in Streckung, 30° und 90° Beugung erfolgen. Zudem Überprüfung der ap-Stabilität
durch Lachman-Test und Schubladentest.
Diese Befunde sind mit der Anamnese
des Patienten zu korrelieren (Instabilitätsgefühl/Vorderer Knieschmerz beim z. B.
Treppensteigen?)
-- Gibt es ein Fehlgleiten der Patella? Ist dies
weichteilbedingt? Gibt es Zeichen eines
Malalignment bzw. einer Malrotation?
Gibt es Zeichen einer sekundären Retropatellararthrose?
➔
Abb. 3: Ausgeprägte hintere Instabilität,
welche schon in der seitlichen Röntgen­
aufnahme im Stehen sichtbar ist. Therapie
der Wahl ist ein Wechsel der femoralen
Komponente mit Implantation eines PS
(posterior stabilized) Implantates.
23 |
::Schwerpunkt Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen
-- Besteht Druckschmerz über Insertionen
der Muskulatur, Bänder und Sehnen? Dies
könnte durch Malalignment, Malrotation
oder Overstuffing der Prothese verursacht sein.
Analyse der bildgebenden Befunde
-- Standard ist das Röntgenbild in 3 Ebenen
im Vergleich zu den präoperativen Aufnahmen. Gibt es Zeichen einer Lockerung,
für Osteolysen, für eine sekundäre Retropatellararthrose, PE-Verschleiß, Overstuffing, Malposition der Implantate? Dabei
Beurteilung des Patellastandes in der
axialen und sagittalen Ebene als Hinweis
für ein Malalignment, eine Malrotation,
Patella baja oder alta. Zudem Beurteilung
der Gelenklinie und des tibialen Slopes
im Hinblick auf eine Malposition der Implantate. Eine grobe Instabilität kann gegebenenfalls in der seitlichen Aufnahme
vermutet werden (Abb. 3).
-- Bei verdächtigem klinischem und bildgebendem Befund evtl. weitere Diagnostik
mit Ganzbeinaufnahme, gehaltenen Röntgenaufnahmen, Rotations-CT und 3-Phasen Skelettszintigrafie.
Analyse der Laborbefunde
-- Gibt es Zeichen eines Infektes im Blutserum? Insbesondere bei low-grade Infekten
können die Infektparameter allerdings
normwertig sein. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit spielt aufgrund der niedrigen
Spezifität keine Rolle. Die Leukozytenzahl
ist insbesondere aufgrund der niedrigen
Spezifität ebenfalls uninteressant. Auch das
C-reaktive Protein (CRP) hat nur eine geringe Spezifität. Den besten Vorhersagewert
hat das Interleukin-6 (IL-6) mit einer Sensitivität von 1,0 und Spezifität von 0,95 [6].
-- Gibt es Zeichen eines Infektes im Gelenkpunktat? Wenn die Leukozyten > 2000 μl
oder neutrophilen Granulozyten
> 70 % betragen, muss bis zum Beweis
des Gegenteils von einer Protheseninfektion ausgegangen werden.
| 24
Weiterführende Analyse
-- Das Punktat muss einer mikrobiologischen Untersuchung zugeführt werden.
Es sollte sichergestellt sein, dass 14 Tage
vor Punktion keine Antibiotika eingenommen wurden. Das Punktat sollte 14 Tage
bebrütet werden.
-- Eine arthroskopische Probenentnahme
aus allen Gelenkbereichen mit mikrobiologischer und histologischer Untersuchung
erhöht die Sicherheit der Diagnostik im
Hinblick auf Infekt, Allergie oder Arthrofibrose.
Fazit
Die korrekte Indikationsstellung unter Beachtung der Kontextfaktoren sollte kritisch erfolgen, um Fehlschläge zu vermeiden. Wenn
persistierende Schmerzen nach der Knieprothesenimplantation verbleiben, ist die Kenntnis des Patienten mit seiner Vorgeschichte
essentiell. Die genaue Analyse führt häufig
zu einer Ursache mit entsprechender Möglichkeit, eine adäquate Therapie einleiten zu
können. Dabei ist Zeit und manchmal auch
Geduld erforderlich. Ein kollegiales interdisziplinäres Vorgehen ist sinnvoll und erleichtert
die Patientenführung. Bei eindeutig definierbarer Ursache muss gehandelt werden.
In manchen Fällen bleibt die Schmerzursache trotz intensiver Diagnostik unklar. Eine
Revision mit Wechsel der Prothese ist dann
allerdings mit einem sehr hohen Risiko der
Beschwerdepersistenz oder sogar Verschlimmerung verbunden. Die konservative Therapie mit Ausschöpfung aller Maßnahmen mit
evtl. auch unkonventionellen Wegen steht
im Vordergrund.
PD Dr. Christoph Becher
Prof. Dr. Hajo Thermann
HKF – Internationales Zentrum für Hüft-,
Knie- und Fußchirurgie,
Sporttraumatologie
ATOS-Klinik Heidelberg
[email protected]
Literatur
1.Skou, S.T., et al., A Randomized,
Controlled Trial of Total Knee
­Replacement. N Engl J Med,
2015. 373(17): p. 1597-606.
2.Carr, A.J., et al., Knee replacement. Lancet, 2012. 379(9823):
p. 1331-40.
3.Shan, L., et al., Intermediate and
long-term quality of life after total knee replacement: a systematic review and meta-analysis. J
Bone Joint Surg Am, 2015. 97(2):
p. 156-68.
4.Zmistowski, B., et al., Incidence
and reasons for nonrevision
­reoperation after total knee
­arthroplasty. Clin Orthop Relat
Res, 2011. 469(1): p. 138-45.
5.Thiele, K., et al., Current failure
mechanisms after knee arthroplasty have changed: poly­
ethylene wear is less common
in revision surgery. J Bone Joint
Surg Am, 2015. 97(9): p. 715-20.
6.Worner, M., et al., [Painful total
knee arthroplasty. A treatment
­algorithm]. Orthopade,
2014. 43(5): p. 440-7.
ATOSnews
Schmerzen nach Kreuzbandoperation –
wie lange ist das normal?
Von Holger Schmitt
Komplikationen nach vorderer
Kreuzbandplastik
- Infektion und Wundheilungsstörung
- Thrombose und Embolie
- Instabilität des Kniegelenkes
- Bewegungseinschränkung
Keywords: Schmerz, Kreuzbandersatz, Arthrofibrose,
Komplikation
Die Schmerzen nach operativer Versorgung von Rupturen der vorderen Kreuzbänder gehen gehen üblicherweise rasch zurück, so dass oft bereits nach etwa einer
Woche keine A
­ nalgetika mehr erforderlich sind. Welche
Ursachen für ­e inen verzögerten Rückgang der Beschwerden oder für das Auftreten erneuter Schmerzen verantwortlich sein ­können, beschreibt der vorliegende Beitrag.
- Gefäß- und Nervenläsion
- Reruptur der Kreuzbandplastik
Tabelle 1
Schmerzursachen nach vorderer
Kreuzbandplastik
- Akute/Chronische Synovitis
- Streckdefizit
- Arthrofibrose
- Restinstabilität
- Hämatom Unterschenkel
- Sensibilitätsdefizit Ramus infrapatellaris
- Sehnenentnahmeproblematik
- Patellofemoraler Schmerz
- Thrombose
- Begleitschäden (Knorpel/Meniskus)
Tabelle 2
Vordere Kreuzbandrupturen sind ein häufig
anzutreffendes Problem bei sportlich aktiven Menschen, bei denen es als Folge der
Verletzung zu einer Instabilität des Kniegelenkes kommt. In vielen Fällen wird eine
operative Versorgung empfohlen, um zum
einen die Stabilität des Gelenkes zu verbessern, zum anderen möglichst das Risiko des
Auftretens von Folgeschäden (Meniskus und
Knorpel) zu reduzieren.
Üblicherweise werden heutzutage vordere Kreuzbandplastiken arthroskopisch durchgeführt. Als Ersatz dienen körpereigene Sehnen wie z. B. die Semitendinosussehne, die
in mehr als 80 % der Fälle zur Anwendung
kommt. Auch wenn beim akuten Ereignis, das
zur Ruptur des vorderen Kreuzbandes geführt
hat, häufig Schmerzen auftreten, können diese durch konservative Maßnahmen rasch reduziert werden, sodass viele Patienten wenige
Tage nach Trauma kaum noch über Schmerzen
klagen. Prinzipiell sind zwischen 75 und 97 %
der Patienten mit dem operativen Ergebnis zufrieden (George et al. 2006, Baer et al. 2007).
Komplikationen nach einer Kreuzbandoperation können in ca. 10 % der Fälle auf-
treten (Tabelle 1) (Bach 2004), in den ersten
30 Tagen nach Operation nur in ca. 1,5 %
(Cvetanovitch et al. 2016). Nach einer Kreuzbandoperation können auch Schmerzen bestehen. Wann ist welcher Schmerz normal?
Erste Postoperative Phase (Tag 1–5):
Direkt postoperativ, d. h. noch am Tage
der Operation klagen viele Patienten über
Schmerzen, die im wesentlichen durch den
operativen Eingriff (u.a. mit Bohren von Knochenkanälen) verursacht werden. Je nach
Schwellungszustand werden Spannungsschmerzen angegeben, eine häufig eingelegte
intraartikuläre Redondrainage kann ebenfalls
zu Schmerzen führen. Postoperative Eisauflage (Kryotherapie) kann den Schmerz reduzieren (Secrist et al. 2015). Je nach Mitversorgung von Begleitverletzungen an Meniskus
oder Knorpel können ebenfalls Schmerzen
verursacht werden.
Üblicherweise sind die postoperativ bestehenden Schmerzen durch Gabe von nicht­
steroidalen Analgetika (NSAR, z. B. Ibuprofen
u.a.) gut beherrschbar und in vielen Fällen ➔
25 |
::Schwerpunkt Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen
Zweite postoperative Phase (Tag 6–28):
Da nach Ersatz des Kreuzbandes in den ersten
Wochen sehr häufig eine Bewegungslimitierung vorgegeben wird, kann es bei der krankengymnastischen Mobilisation sowie bei
Eigenübungen im Grenzbereich der Beweglichkeit zu Schmerzen kommen, die sich im
Laufe der Rehabilitation aber auch häufig reduzieren, so dass meistens nach ca. 4–6 Wochen eine Belastung ohne Unterarmgehstützen und mit nur noch gering eingeschränkter
Bewegung erfolgen kann. Ungewöhnlich sind
Schmerzen dann, wenn nach der Rehabilitation und Aufnahme der Volllast Ruhe- und
oder belastungsabhängige Schmerzen auftreten, die sich durch konservative Maßnahmen wie manuelle Therapie, detonisierende
Massagen oder auch Schmerzmittel nur unzureichend reduzieren lassen.
Abb. 1:
akute Synovitis mit
Schwellung und
Entzündungszeichen
Abb. 2:
Bildung eines Cyclops
nach vorderer Kreuzband­
ersatzplastik mit Streckdefizit und Schmerz
Folgende Ursachen können hierfür verantwortlich sein (siehe auch Tabelle 2):
Akute oder chronische Synovitis
Abb. 3:
ausgeprägte Narbenbildung
im oberen Recessus als
Ausdruck der Arthrofibrose
mit schmerzhafter Bewegungs­einschränkung
ist nach 5–7 Tagen keine medikamentöse
Schmerzmedikation mehr erforderlich. Im
Rahmen der Operation gelegte Nervenblockaden oder die intraartikuläre Analgetikagabe können den postoperativen Schmerz
signifikant reduzieren (Secrist et al. 2015).
Auch eine lokale Infiltration der Wundränder
| 26
mit Anästhetikum führt zu einer geringeren
Schmerzentwicklung. Auch wenn Kompression direkt nach Operation zu einer Reduktion der Schwellung führt, haben Tapeverbände in den ersten drei Tagen nach Operation
keinen Einfluß auf die Schmerzentwicklung
(Laborie et al. 2015).
Intraartikuläre Reizzustände und Entzündungen können zu persistierenden Schmerzen führen. Bei abakteriellen Synovitiden
kommt es durch übermäßige Produktion von
Synovialzellen und Flüssigkeit zu dauerhaften Schwellungszuständen, die neben einer
Bewegungseinschränkung auch zu Schmerzen führen können (Abb. 1). Kommt es zu
einer bakteriellen Besiedelung (Risiko ca.
0,5 %, Burks et al. 2003), sind die Beschwerden meist erheblich, die laborchemischen
Entzündungsparameter steigen an, teilweise
entstehen auch Rötungen im Wundbereich
und/oder Fieber und Schüttelfrost. In diesen
Fällen muss nach Keimisolierung eine operative Revision mit Spülung und nachfolgender Antibiose erfolgen. Ohne Keimnachweis
und Entzündungszeichen kann meistens
konservativ behandelt werden. Belastungsreduktion, manuelle Lymphdrainage und
Krankengymnastik sind zu empfehlen.
Streckdefizit
Üblicherweise ist eine volle Streckung in den
ersten Tagen postoperativ nicht möglich. Phy-
ATOSnews
siotherapeutisch kann in dieser Zeit schonend
in die Streckung beübt werden. Volle Streckung sollte nach 4–6 Wochen möglich sein,
in Ausnahmefällen dauert es drei Monate.
Sollte sich zu diesem Zeitpunkt weiterhin ein
Streckdefizit zeigen, ist eine kernspintomographische Diagnostik zu empfehlen, um gegebenenfalls das Vorhandensein eines sog. Cyclopssyndroms nachzuweisen. Hierbei kommt
es durch eine vermehrte Narbenbildung vor
der Kreuzbandplastik zu einem mechanischen
Einklemmungsphänomen, das die Streckung
behindert und operativ (arthroskopisch) behandelt werden sollte (Abb. 2). Die hiermit
verbundenen Schmerzen können somit relativ
rasch und einfach behoben werden.
Take home message
Schmerzen nach vorderem Kreuz­
bandersatz sind in den ersten Tagen
nicht ungewöhnlich und können
durch medikamentöse und physio­
therapeutische Maßnahmen
erfolgreich a­ ngegangen werden.
Finden sich Schmerzen, Schwellungs­
zustände und Bewegungsein­
schränkungen auch noch 6 Wochen
nach einem Eingriff, sollte eine
­Ursachenanalyse erfolgen, um ­
Arthrofibrose
möglichst frühzeitig Komplikationen
Bewegungseinschränkungen treten nach einer vorderen Kreuzbandplastik in 5–24 % der
Fälle auf, wobei sich Funktionseinschränkungen häufig erst bei einem Bewegungsdefizit
im Seitvergleich von mehr als 5 Grad bemerkbar machen (Harner et al. 1992). Ursache einer
postoperativen schmerzhaften Bewegungseinschränkung in Beugung und Streckung
kann einen sog. Arthrofibrose sein. Hierbei
handelt es sich um eine ausgeprägte posttraumatische oder postoperative intraartikuläre
Bindegewebevermehrung, als deren Auslöser
eine abnormale Fibroblastenproliferation gesehen wird (Mayr et al. 2004). Man unterscheidet zwischen einer primären (früh postoperativ
auftretend, in Verbindung mit Schwellung und
Reizzustand stehend, Ursache unklar) und einer sekundären Arthrofibrose (Folge inadäquater Rehabilitation, falsche Operationstechnik,
Folge postoperativer Komplikationen wie Infektion u.a.). Je nach Ausprägung der Bewegungseinschränkung sind operative Revisionen
indiziert (Abb. 3). Eine arthroskopische Lösung
der Verwachsungen und intensive frühfunktionelle Behandlung sind erforderlich, um das Bewegungsausmaß zu verbessern.
entgegenzuwirken.
Restinstabilität
Auch wenn in den meisten Fällen nach operativer Versorgung eine erhebliche Verbesserung der Stabilität des Gelenkes erzielt wird,
auftreten. Selten ist in diesen Fällen eine
operative Revision erforderlich. Physiotherapeutische Maßnahmen können die Resorption des Hämatoms unterstützen. Je nach
Ausprägung des Hämatoms kann diese Phase bis zu 4 Wochen andauern.
kann in ca. 5 % der Fälle eine Restinstabilität zu immer wiederkehrenden belastungsabhängigen Schmerzen führen. Eine postoperative Instabilität von mehr als 5 mm im
Seitvergleich wird häufig als Grund für eine
operative Revision gesehen (Noyes et al.
2001). Teilweise können diese Beschwerden
mit einer Schwellneigung kombiniert sein.
Gelingt es nicht, eine geringe Restinstabilität
(bis ca. 3–4 mm im Seitvergleich) muskulär
durch intensives Aufbautraining zu kompensieren, kann eine Revisionsoperation erforderlich werden. Muss das Kreuzbandtransplantat ausgetauscht werden, schließt sich
an die Operation eine mindestens so lange
dauernde Rehabilitationsphase an, wie sie
auch beim Primäreingriff erforderlich war.
Sensibilitätsdefizit am Unterschenkel
(R. infrapatellaris)
Insbesondere bei der Präparation der Semitendinosussehne als Spendersehne für den
Kreuzbandersatz, aber auch bei Legen eines
der Bohrkanäle kann es zu einer Verletzung
des Ramus infrapatellaris kommen, die sich
entweder im Sinne eines Sensibilitätsdefizits
im Bereich des Unterschenkels und/oder als
Überempfindlichkeiten mit Schmerzen äußern
kann. In den meisten Fällen sind derartige Beschwerden über Wochen nach einer Operation rückläufig, selten können persistierende
Schmerzen beobachtet werden. Lokale anästhetische Therapiemaßnahmen werden empfohlen, um die Beschwerden anzugehen.
Schmerzen an der Entnahmestelle
der Patellasehne
Insbesondere bei einer Schnittführung im
Verlauf der Patellasehne werden bei Patienten, bei denen ein Patellasehnendrittel als
Kreuzbandersatz zur Anwendung kommt,
Schmerzen im Bereich der Entnahmestelle
angegeben (bis zu 30 %, Riaz et al. 2015).
Auch das Knieen kann noch über Monate
zu Beschwerden führen. In Einzelfällen sind
operative Revisionen erforderlich, um verhärtetes Narbengewebe zu entfernen und
prominente Knochenkanten zu glätten.
Patellofemoraler Schmerz
Hämatom im Unterschenkel
Insbesondere in der Frühphase nach der
Operation kann es zu einer Verlagerung des
Hämatoms aus der Muskelloge (z. B. bei Entnahme der Semitendinosussehne) am Oberschenkel auf die Innenseite des Unterschenkels kommen. Schmerzen können von der
Rückseite des Oberschenkels bis zur Innenseite des Unterschenkels am Innenknöchel
Ein Schmerz im Bereich der Kniescheibe postoperativ kann im Rahmen der Rehabilitation
nach Kreuzbandersatz auftreten (vorderer
Knieschmerz in 3–47 % der Fälle (Brown et al.
1999)). In vielen Fällen führt ein Muskelungleichgewicht, ausgelöst insbesondere durch
die im Anschluss an ein Trauma stattfindende
und durch die nach einer Operation erforderliche Teilbelastung, zu den Beschwerden. Der ➔
27 |
::Schwerpunkt Schmerzen nach orthopädischen Eingriffen
M. vastus medialis reagiert auf diese Teilbelastung mit einem relativ raschen Muskelabbau. Vernarbungen im Bereich der Patellasehne können zu einem Tiefstand der Patella
mit veränderter biomechanischer Belastung
und sich entwickelnden Schmerzen führen.
Führt eine Mobilisierung der Patella physiotherapeutisch zu keiner Verbesserung, können operative Eingriffe erforderlich werden.
Thrombose
Thrombosen im Bereich des Unterschenkels
werden trotz medikamentöser Prophylaxe in
3–5 % der Fälle nach operativer Kreuzband­
operation festgestellt. Schmerzen in den
Waden verbunden mit einem erhöhten Spannungszustand machen darauf aufmerksam.
Die dopplersonographische Darstellung der
Venen dient zur Diagnosestellung. Je nach
Ausmaß der Thrombose müssen medika-
N O T E S
&
mentöse mit physiotherapeutischen Maßnahmen kombiniert werden. Die Schmerzen
sind dann häufig schnell rückläufig.
Begleitschäden
In 45–81 % der Fälle kommt es neben einer
vorderen Kreuzbandverletzung zu einer Mitbeteiligung der Menisken, in bis zu 80 % der
Fälle zumindest zu einer Kompression des
Knorpels (in der kernspintomographischen
Darstellung sog. bone bruises) (Samitier et
al. 2015). Die Behandlung der Begleitschäden sollte wenn möglich einzeitig mit dem
Kreuzbandersatz erfolgen.
Morbus Sudeck
Als Resultat einer übersteigerten Entzündung
im Rahmen des Heilungsprozesses kann es zur
Entwicklung eines sog. Morbus Sudeck bzw.
CRPS (complex regional pain syndrome) kommen. Es äußert sich durch extreme Schmerzen
auch in Ruhe, verbunden mit einer erheblichen
Bewegungseinschränkung, häufig kombiniert
mit glänzenden rötlichen Hautverhältnissen.
Derartige Probleme können meist konservativ
behandelt werden (multimodal und interdisziplinär) und zeichnen sich durch einen besonders langwierigen Verlauf aus (viele Monate).
In der Anfangsphase stehen passive physiotherapeutische Maßnahmen im Vordergrund,
um den Reizzustand zu reduzieren.
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. Holger Schmitt
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
N E W S
:: Erfolgreicher 1. GOTS Young Academy Hands-On Day
Am 14. November 2015 fand in Mannheim der erste Hands-On
Day der GOTS Young Academy statt. Erstmals fanden sich 35
Studenten und Auszubildende der Medizin, Sportwissenschaft
und Physiotherapie im „Thesima“ in Mannheim ein, welches uns
freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde.
Der Tag begann mit einer Vorstellung der GOTS sowie der
Young Academy durch Prof. Dr. Holger Schmitt, der die Veranstaltung organisierte. Anschließend begann der theoretische
Teil der Veranstaltung mit Vorträgen von Sebastian Schmitt,
Dr. Gregor Berrsché sowie Prof. Dr. Holger Schmitt zur funktionellen Anatomie des Sprunggelenkes, zu Sprunggelenksverletzungen im Sport sowie zur Therapie von Sportverletzungen
am Sprunggelenk.
Nachdem die theoretischen Grundlagen aufgefrischt waren,
stand nach der Mittagspause der spannende Praxisteil an. Aufgeteilt in vier Gruppen konnten die Teilnehmer nun an verschiedenen Stationen ausgiebig praktisch üben. Angeboten wurden
die klinische Untersuchung des Sprunggelenks, das Anlegen
von Bandagen und Orthesen, die Ultraschall-Diagnostik des
| 28
Die große Gruppe aus Teilnehmern und Dozenten vor dem „Thesima“
Sprunggelenks und der Achillessehen sowie das Anlegen eines
Kompressions- und Tapeverbandes.
Teilnehmer und Dozenten zogen am Ende des spannenden und
lehrreichen Tages ein durchweg positives Resümee. Besonderer Dank geht an die Firma Medi für die freundliche Unterstützung der Veranstaltung!
ATOSnews
Schmerzen nach Sprunggelenks­
endoprothesen
Von Hajo Thermann
Keywords: Sprunggelenksprothese, Versteifung, Sprunkgelenksarthrose
In Deutschland werden, mit zunehmender Anzahl, etwa 2.000 Sprunggelenksprothesen im Jahr implantiert (zum Vergleich: 160.000 Knieprothesen). Das Verhältnis zwischen der Implantation einer Prothese und einer Versteifung des oberen
Sprunggelenkes beträgt in etwa 1:10. Allein anhand dieser Zahlen wird klar, dass
Erfahrung mit Sprunggelenksprothesen im Hinblick auf Implantationstechnik, Beurteilung der postoperativen Verläufe, Einordnung von Schmerzen und Fehlbelastungen, im Vergleich zu Knieprothesen eher ein „Unikatformat“ haben. Aus eigener Erfahrung bedarf es daher, besonders in der Beurteilung von Schmerzen nach
der Implantation von Sprunggelenksendoprothesen, einer langen „Learning Curve“.
Besonders durch die komplexe Situation des Übergangs vom Unterschenkel in den
Fuß können sich viele unterschiedliche Pathologien aufgrund der Achsvariationen
oberhalb des Sprunggelenks und unterhalb im Rückfuß ergeben.
Prinzipiell werden in Europa bei den Sprunggelenksprothesen drei verschiedene Modelle
mit einer tibialen und einer talaren Komponente sowie einem Gleitkern verwendet. Das
Design der tibialen Komponente ist mit einer „platten“ Form, die nicht der Anatomie
des Tibiaplafonds entspricht, uniform bei allen Herstellern (Abb. 1 a+b). Die individuellen
Verankerungen sind jedoch unterschiedlich.
Die talaren Komponenten sind unterschiedlich, entsprechen aber bei allen drei Modellen
einer Taluskappenprothese.
Die Beurteilung von Schmerzen hängt
auch mit dem talaren Design-Typ zusammen. Hier gibt es den sogenannten Kappentyp im Gegensatz zu einem Oberflächentyp.
Der Kappentyp adressiert radikaler die Arthrosen im Bereich des lateralen und medialen
Malleolus. Der mediale und laterale knöcherne Anteil des Talus wird hier in die Prothese
mit einbezogen. Daher sind bei diesem Typ
Schmerzen im Bereich des Innenknöchels
eher selten. Bei Oberflächenprothesen im talaren Anteil treten wesentlich häufiger mediale Schmerzen auf.
Der wesentliche Unterschied zur Endoprothetik im Bereich der Hüfte oder des Kniegelenkes besteht darin, dass häufig mehrere
anliegende Gelenke pathologisch mit involviert sind. Im Kniegelenk artikulieren hauptsächlich der Oberschenkelknochen und der
Unterschenkelknochen. Diese werden bei
einer fortgeschrittenen Arthrose mit einem Oberflächenersatz versorgt. Bei einer
Sprunggelenksprothese ist man mit einer
anderen, komplexeren Gewebestruktur konfrontiert. Neben dem unteren Sprunggelenk
haben auch das Talonavikulargelenk und sogar die Vorfuß- und die Mittelfußachsen erheblichen Einfluss auf die biomechanischen
Abläufe im oberen Sprunggelenk. Im Hinblick
auf Schmerzen sollte aus meiner Sicht daher
die Einteilung von Heilverläufen folgende unterschiedlichen Kategorien berücksichtigen:
Typ 1:
Arthrotisches Gelenk mit normalen
Achsen und freier Beweglichkeit.
Dies ist der klassische Typ für eine OSG-Prothese, die auch von Endoprothetikern mit weniger Erfahrung sicher und erfolgreich implantiert werden kann. Hier wird mit einer
Erneuerung der Gelenkoberfläche eine relativ
sichere Schmerzfreiheit erzielt, da keine zusätzlichen Pathologien auftreten. Diese Indikation hat auch eine optimale Prognose in
den Standzeiten von Prothesen bei 5- und
10-Jahresergebnissen. Peter Woods, einer der
großen, erfahrenen Endoprothetiker aus England, hatte in seiner Indikationsstellung nur
bei diesen Patienten Prothesen implantiert
und auf diese Weise bei über 90–92 % der Patienten Überlebenszeiten von 5 Jahren erzielt.
Von daher ist bei einer komplexen Fehlstellung und auch aus meiner Erfahrung
manchmal „weniger mehr“ und eine Prothese nicht immer sinnvoll.
➔
29 |
::Schwerpunkt Schmerz nach orthopädischen Eingriffen
sen und einer verbesserten Beweglichkeit
kann dann eine Prothese implantiert werden,
wenn die Schmerzen wiederum permanent
auftreten.
Postoperative Schmerzen und ihre
Behandlung
a
b
Abb. 1 a+b: Uniformes „flaches“ Design der tibialen Komponente,
„Kappen“ Design der talaren Komponente bei
(a) HINTEGRA und Typ 2:
Einsteifung der Gelenkbeweglichkeit
durch die Arthrose.
Dies ist sicherlich die größte Gruppe, da die
Betroffenen auch auf Grund von Zweifel am
Erfolg einer Endoprothese so lange durchhalten, bis es wirklich nicht mehr geht. Dies
liegt auch daran, dass viele niedergelassene
Orthopäden von einer Prothesenimplantation abraten, da sie häufig Misserfolge gesehen haben! Mit den zunehmenden Schmerzen, Verknöcherungen und knöchernen
Wucherungen kommt es jedoch besonders
in der Dorsalextension (Anheben des Vorfußes) zu einer massiven Limitierung dieser Bewegungsrichtung mit Verkürzung des
Gastrocsoleus-Achillessehnen-Komplexes
und im weiteren Verlauf zu einer exzentrischen Verlagerung des Talus aus dem Gelenk
heraus. Aufgrund dieser Situation ist der
chir­urgische Eingriff komplexer als beim Typ
1. Knöcherne und auch nicht knöcherne Verwachsungen müssen entfernt, das Gelenk
muss zentriert und die anliegenden Bänder,
| 30
(b) STAR-Prothese
Sehnen und Muskeln müssen so balanciert
werden, dass die Beweglichkeit wieder gegeben ist. Nur ein voll bewegliches Gelenk,
zumindest intraoperativ, kann zu einem normalen schmerzfreien Gelenk führen!
Typ 3:
Starke Bewegungseinschränkung mit
Veränderungen der Rückfußachse
Der dritte Typ ist ohne Frage die schwerste
Gruppe. Hier haben die Patienten meistens
eine starke Bewegungseinschränkung verbunden mit erheblichen Veränderungen der
Rückfußachse (Varus und Valgus). Zusätzlich zeigen sich häufig grundsätzliche Pathologien der Fußanatomie, Pes plano valgus
oder Pes cavo varus. Aus meiner Sicht ist es
hier notwendig, erst die Alignmentpathologien zu korrigieren. Dies geschieht durch supramalleoläre Osteotomien, Rückfußosteotomien und Calcaneusosteotomien. Häufig
erreicht man dadurch schon eine deutliche
Schmerzverbesserung. Bei korrigierten Ach-
Im Vergleich zum Hüft- und Kniegelenk zeigt
sich gerade beim arthrotischen Sprunggelenk, dass eine Einsteifung des Gelenkes eher
regelhaft ist. Dies ist dann die größte Herausforderung in der Nachbehandlung nach
Implantation einer Sprunggelenksprothese,
besonders auch im Hinblick auf die Schmerzbehandlung. Grundsätzlich sind postoperative Schmerzen eine Abbildung der persönlichen, individuellen Schmerzschwellen. Um
hier eine gewisse Ausschaltung zu ermöglichen, ist es aus meiner Sicht obligat, jedem
Patienten bei der Implantation einer Sprunggelenksprothese einen Schmerzkatheter anzulegen. Dieser sollte mindestens für 3 Tage
angelegt bleiben, um somit eine Schmerzausschaltung und damit eine Katecholaminausschüttung, Verminderung der Narbenbildung,
Parasympathikolyse und somit eine gute
Durchblutung im OP-Gebiet zu erreichen.
Grundsätzlich sollte in der postoperativen Frühphase eine komplette Ruhigstellung
des Gelenkes für 2-3 Tage erfolgen, da sonst
Probleme mit Wundheilungsstörungen aufgrund frühzeitiger Mobilisation auftreten
können. Nach einem Verbandswechsel kann
dann wieder mit milden Plantar- und Dorsal­
extensionsbewegungen begonnen werden.
Es ist auch nicht zu vernachlässigen, dass die
Prothesen nicht zementiert werden. Zuviel
Mobilität führt zu Unruhe in der Einwachsphase und erhöht damit das Risiko, dass die
Prothese nicht einwächst.
Die unterschiedlichen Schwellen der
Schmerzverarbeitung bei Patienten hängen
häufig mit Angst und der Stärke der postoperativen Akutschmerzen im Operationsbereich zusammen, so dass der eigentliche
lokale Schmerz falsch verarbeitet wird. Daher sind die Anforderungen an den Patienten
im Hinblick auf Mobilisation und Bewegung
des Gelenkes dieser Situation geschuldet, so
dass manche Patienten ohne Frage frühzeitig
ATOSnews
soll, das Bein hochgelegt werden muss, evtl.
muss gekühlt werden. Sollten am nächsten
Tag noch weitere Beschwerden bestehen,
muss eine Belastungsreduktion für 1-2 Tage
erfolgen.
Abb. 2:
Koriumnekrose
nach frühzeitiger
Anwendung der
CPM-Maschine
­ obilisiert werden können, bei anderen jem
doch die Schmerzreduktion absolut im Vordergrund steht.
Gerade durch die Rekonstruktion des Retinakulums entsteht eine besondere Spannung im Bereich des anterioren Kompartimentes, die in der Plantarflexion zu Druck
auf die Subkutan- und Hautnähte führt, die
in der Biegung des oberen Sprunggelenkes
dann zu Vollhautnekrosen führen können
(Abb. 2). Da diese Komplikation mit etwa 9 %
für Frührevisionen verglichen mit anderen
Endoprothesen relativ hoch sind, ist das erste Ziel eine Ruhigstellung und eine Stabilisierung der Weichteile. Dies führt dann auch zu
einer Entspannung des Patienten und einer
natürlichen Schmerzverarbeitung.
Bei der Entlassung aus der Klinik (4.–6.
Tag) sollte der Patient keine Schmerzen in
Ruhigstellung haben. Natürlich sind Umlaufschwellung und Druck des Gewebes bei hängendem Fuß auch für die weitere Woche als
normal anzusehen.
Bei sich stabil entwickelnder Weichteilsituation sind Bewegungsübungen (CPM-Maschine) und Lymphdrainagen sowie Mobilisation in der Physiotherapie extrem wichtig.
Besonders Schrumpfungs- und Narbenprozesse im posterioren Anteil, der posterioren
Kapsel, aber auch Verkürzungen der hinteren
Muskel-Sehnen Einheit nach Achillessehnenverlängerungen sollen dadurch verhindert werden.
Es muss grundsätzlich beachtet werden, dass
die Beugemuskulatur stärker als die Extensoren sind, so dass ohne Intervention keine
ausreichende Dorsalextension erreicht wird.
Die Schmerzbehandlung sollte neben
milden Schmerzmitteln (Noramid-Tropfen),
durch Antiphlogistika in höheren therapeutischen Dosen (150 mg/Tag) für 2 W
­ ochen
unterstützt werden, um das negative
Schmerzerlebnis zu unterbinden. Wichtig ist
vor allem auch der Lymphabfluss, da gerade nach der Operation in dem Engpass zwischen Fuß und Sprunggelenk, im Mittel- und
Vorfußbereich als auch im Unterschenkelbereich ein Lymphödem entstehen kann. Der
Abfluss kann durch Lymphdrainage, milde
Bewegungen, aber auch durch Hochlagern
physikalisch unterstützt erreicht werden.
Die Schmerzen sind nach 4–6 Wochen bei
den Typ I (einfache Arthrose mit Beweglichkeit) mit einer Teilbelastung mit 15 kg (Touch
down) eigentlich relativ gering. Das Aktivitätsniveau sollte jedoch relativ gering gehalten werden, um das Gewebe nicht zu stark
durch längere Gehleistungen zu ermüden
(auch an Krücken!). Letztendlich potenziert
sich der Druck auf den Weichteilmantel mit
der zunehmenden Dauer einer Belastung,
auch wenn sie durch Krücken deutlich reduziert ist. Jeder Patient muss für sich das Ausmaß der Belastung seiner Weichteile selbst
herausfinden. Die ärztliche Vorgabe ist, dass
bei Schmerzen nicht weiter gelaufen werden
Der zweite wesentliche Abschnitt ist der
Übergang von der Teilbelastung über den
4-Punktegang in die Vollbelastung. Die erfolgt meist von der 8.–12. Woche. Hier
kommt es regelmäßig zu Ermüdungsbeschwerden des Weichteilmantels, häufig mit
Schwellzuständen. Der Übergang ohne Krücken führt zu einer Umstellung der Abläufe,
auch im Hinblick auf die Gesamtaktivität. Die
Reaktionen auf die zunehmende Belastung
sollte vom Patient genau beobachtet und
dosiert werden, um das Wiederreichen der
„Normalität“ nicht zu gefährden. Hierbei besteht immer die Tendenz sich zu überfordern.
Gerade Situationen mit viel Treppensteigen
(treppab 6-faches Körpergewicht!) führt zu
einer massiven Erhöhung des Workload des
Weichteilmantels und damit zu einer erheblichen Sensibilisierung der Schmerzrezeptoren, die dann in einen Zustand der „Alarmbereitschaft“ kommen.
Es gibt das Modell des „Envelope of Function“ von Bruce Benyon. Dieses besagt, dass
sich unser Weichteilmantel gerade in der Rehabilitationsphase nicht im Normalbereich
befindet und besonders in Belastungsphasen um den Normalbereich schwankt. Dies
bedeutet, dass die Belastungen insgesamt zu
hoch bleiben. Hier muss vor allem bei zunehmenden Beschwerden die Belastung wieder
reduziert werden.
Der normale Heilverlauf erlaubt nach
3 Monaten, je nach Typ, ein Weglassen der
Unterarmgehstützen. Wichtig für die Belastbarkeit des Gelenkes ist ein gutes Bewegungsausmaß, vor allem der Dorsalextension
(mind. 5°), da sonst ein anteriorer Hyperload
entsteht, wenn das Gelenk durch „Einklemmung“ in Neutralstellung nicht weiter in der
Belastung in die Dorsalextension gehen kann.
Belastungen von teilweise mehrstündigen Spaziergängen, die nach Knieendoprothesenimplantation nach 3 Monaten schon
möglich sind, ist bei Sprunggelenksendoprothesen in der Regel nicht zu erreichen! ➔
31 |
::Schwerpunkt Schmerz nach orthopädischen Eingriffen
a
b
Abb. 3 a+b: Sagittal nicht achsengerechte Ausrichtung der talaren Komponente:
(a) zu weit anterior und (b) zu weit posterior.
Die Zielsetzung der Rehabilitation des ersten Jahres ist auf die Verbesserung des Bewegungsausmaßes, vor allem der Dorsalextension gerichtet. Anders als bei Knie- und
Hüftgelenksendoprothesen, wo der Muskelaufbau schon relativ früh aktiv angegangen werden kann. Daher sollte gerade auch
bei Patienten, die eine geringe Schmerzhaftigkeit und eine gute Beweglichkeit nach 3–5
Monaten haben, noch kein Krafttraining
durchgeführt werden. Belastungsschmerzen nach 3–6 Monaten sind der Normalfall,
bei mittleren bis geringen Belastungen. Hier
muss die Adaptation an die neuen Achsen,
an die neue Kinematik des Gelenkes durch
die Weichteile kompensiert werden, was unterschiedlich schnell gelingt.
Schmerzen sollten in der Rehabilitationsphase immer wieder rückläufig sein. Die Situation eines konstanten Schmerzes, ohne Verbesserung der Beweglichkeit erfordert eine
Fokussuche durch den behandelnden Opera-
| 32
teur. Hierbei sind folgende Kriterien zu beachten:
1. Achsengerechte Implantation der Prothese und das nicht nur in der a.p.-Ebene,
sondern gerade auch in der sagittalen Ebene.
Ein häufiges Problem ist eine nicht achsengerechte Ausrichtung der talaren Komponente zur Achse der Tibia (Abb. 3a+b). Ist die
talare Komponente zu weit anterior oder zu
weit posterior, führt dies zu deutlichen Einschränkungen der entsprechenden Beweglichkeit und aus meiner Sicht auch zu einem
Weichteilimpingement mit nachfolgenden
Schmerzen.
Durch die heutigen Implantationssets mit
intraoperativer radiologischer Kontrolle sollte es ein maximales Anliegen des Operateurs
sein, gerade auch in der Sagittalebene eine
achsengerechte Implantation der talaren
Komponente zu gewährleisten. Die nicht optimale Implantation führt nicht zwingend zu
einer persistierenden Schmerzsituation, aber
sie bedingt eine weitaus längere Rehabilita-
Abb. 4: Zystische Läsionen im Breich des
Malleolus medialis und im Talus unterhalb
der Prothese
tion, bis eine Stabilität des Gewebes im Hinblick auf Schmerz und Funktion erreicht ist.
Dies kann häufig länger als 1 Jahr dauern.
2. Achsenfehlstellung in der koronaren
Ebene, mit verbliebenem Varus und Valgus.
Diese können direkt im Bereich der implantierten Prothese bestehen oder durch exzentrische Belastung indirekt, durch weitere verbliebene Fehlstellungen im Bereich des
unteren Sprunggelenkes. Hierbei kommt der
Kraftvektor zwar auf ein parallel gestelltes
oberes Sprunggelenk durch die Prothesenimplantation, aber durch die Fehlstellung
der gesamten Rückfußachse kommt es zu
einer exzentrischen Belastung. Dieses kann
zu erheblichen Problemen im medialen, aber
auch im lateralen Kompartiment führen. Zeigen sich über ein halbes Jahr persistierende
Beschwerden, sollte eine operative Revision
mit Rückfußachsenkorrektur, jeweilig varisch
oder valgisch, zur vollständigen Einstellung
der Gelenkachse durchgeführt werden.
ATOSnews
Ein weiteres Problem ist eine frühzeitige Zystenbildung (Abb. 4). Hier sollte, wie bei allen Schmerzsituationen, nach einem halben
Jahr neben einem Nativröntgen mit Rückfußachse ein SPECT-CT durchgeführt werden, um somit eine klare Analyse der knöchernen Zustände als auch eine Analyse der
Stoffwechselsituation zu haben. Zystische
Veränderungen sind aus meiner Sicht „Mikrolockerungen“. Normalerweise führt das
Einwachsen des Knochens in die Prothese zu
einem stabilen Dämpfungsverhalten, da die
Knochen eine feste Verbindung mit der Prothesenunterfläche eingehen.
Eventuelle Ungenauigkeiten bei der Präparation der Knochen auf das Prothesendesign und nicht komplett resezierte
Sklerosen führen lokal zu nicht optimaler
Integration des Knochens in die Prothese,
wodurch dann, aus meiner Sicht, mechanisch die Dämpfung des darunterliegenden
Knochens nicht adäquat ist. Es kann so zu
Umbauvorgängen kommen, die letztendlich
zu einem lokalen knöchernen Abbau mit Fibrose führen. In dieser Situation ist die Prothese noch nicht ganz locker (evtl.?). Jedoch
sind die Umbauvorgänge im instabilen subchondralen Knochen und teilweise in tiefer
liegenden Schichten schmerzhaft und sollten mindestens für 3 Monate beobachtet
werden. Im Falle von weiteren persistierenden Beschwerden ist aus meiner Sicht nur
ein Prothesenwechsel, meistens der talaren
Komponente, durchzuführen. Eine Spongiosaplastik kann keine optimale Verbindung
zur liegenden Prothese eingehen.
Was kann mit einer Sprunggelenks­
prothese erreicht werden?
Take home message
In der Sprunggelenksendoprothetik
trifft man, im Gegensatz zur Hüftund Knieendoprothetik, auf eine
­komplexere Knochen- und Weichteilstruktur des Rückfußes und Fußes.
Die Heilvorgänge, die Schmerzreduktion
und die Verbesserung der Belastbarkeit
des Gewebes bedürfen einer deutlich
längeren Rehabilitationszeit als bei
der Knie- und Hüftendoprothetik
(etwa 1–1,5 Jahre).
Technische Fehler und vorbestehende erhebliche Weichteilveränderungen
führen zu längerfristigen Schmerz­
zuständen. Daher sollte jede Prothese
als Unikat betrachtet werden.
Zystenbildungen führen zu lokalen ­
Veränderungen des Knochen-­ProthesenInterfaces, die zu ver­mehrten Schmerzen
und Vergrößerung der Zysten führen
können. Diese Prothesen sollten im
­Sinne eines Prothesenwechsels
revidiert werden.
Dürfen Sprunggelenksprothesen nach
einem Jahr noch schmerzen?
Sprunggelenksprothesen benötigen eine längere Rehabilitationszeit als Knieendoprothesen. Daher können auch noch deutliche
Verbesserungen der Bewegungs- als auch
der Belastungssituation nach 1-1,5, teilweise nach bis zu 2 Jahren erreicht werden.
Grundsätzlich liegt die Verantwortung für
die Verbesserung der gesamten Weichteilkinematik-Prothesensituation in der Hand des
Patienten. Tägliche Dehnübungen in der Dorsalextension und hierbei vor allem der Beu-
Die Implantation einer Sprunggelenksprothese ermöglicht keine sportlichen Aktivitäten und Dauerbelastungen vergleichbar wie
bei Knie- und Hüftendoprothesen.
Walking: Hierbei sollte man beachten, welche Leistungen individuell möglich sind.
Über mehrere Stunden ist zumindest das Behandlungsziel.
Fahrradfahren: Uneingeschränkt möglich,
ebenso wie alle nicht Impakt-Betätigungen.
Skifahren: Stellt nach Ansicht der Sprunggelenksendoprothetiker bei gut sitzendem
Schuh und bei sonst normaler Schmerzfreiheit überhaupt kein Problem dar.
gemuskelkette, der Plantarflexion im OSG im
Knien auf einem weichen Untergrund und
Bewegungsübungen wie Fahrradfahren und
Kraulschwimmen sollten durchgeführt werden. Für den Erfolg der Operation und um
funktionell optimale Ergebnisse zu erreichen
ist die Einbeziehung des Patienten in das
Reha-Programm bekanntermaßen eine Conditio sine qua non.
Welche Ansprüche kann ich an das
Ergebnis einer Sprunggelenksprothese
stellen?
Typ 1 – Arthrose mit freier Beweglichkeit
und normaler Rückfußstellung: Eine normale
Alltagsaktivität ohne Einschränkungen sollte
erreicht werden.
Typ 2 – Steifes Gelenk, Operation mit aufwendigem Weichteilrelease, Achillessehnenverlängerungen, massiven Abtragung von
Knochenosteophyten und Mobilisation des
Gelenkes: Postoperativ wird es immer zu
einer vermehrten Narbenbildung kommen.
Auch eine gute intraoperative Beweglichkeit
(10-0-40°) wird durch die Narbenbildung in
der Regel limitiert. Eine Dorsalextension von
5° ist ein akzeptables Ergebnis. Bei optimal
sitzender Prothese, besonders auch in der
Sagittalebene welche die Dorsal- und Plantarflexion erheblich beeinflusst, sollte eine
normale Alltagsaktivität mit normaler „Ermüdung“ des Gewebes bei stärkeren Belastungen auch als „Normal“ betrachtet werden. Wichtig ist, dass sich die belasteten
Strukturen auch wieder erholen.
Typ 3 – Schwere Rekonstruktionen mit Umstellung des Rückfuß, Weichteilkorrekturen
und korrigierenden Prothesenimplantationen: Eine freie Beweglichkeit des Gelenks
wird selten erreicht. Hier sollte besonders
bei Cavo varus-Deformitäten eine Neutralstellung erreicht werden. Die Belastungen ➔
33 |
::Schwerpunkt Schmerz nach orthopädischen Eingriffen
werden im Alltag immer limitiert sein. Daher ist diese Operation auch nur Patienten
anzuraten, die eine Versteifung ausschließen.
Bei Betrachtung der Anzahl an Implantationen und aus meiner jetzt 18-jährigen
Erfahrung mit Sprunggelenksendoprothetik ist nach wie vor jede Sprunggelenksendoprothese ein Unikat. Dies gilt für die Implantation der Prothese, für die Behebung
der Pathologien, aber auch vor allem für die
postoperative Schmerzentwicklung und Rehabilitation der Funktion. Je länger ich Endoprothesen implantiert habe, desto mehr
verzeihe ich Probleme bei Patienten, gerade
bei besonders schmerzempfindlichen Menschen, da individuell völlig unterschiedliche Rehabilitations- und Schmerzreduktionszeitabläufe existieren. Schmerz und
Beweglichkeit erfordern viel Geduld in der
Rehaphase. Prinzipiell lässt sich fast schon
präoperativ vom Phänotyp des Patienten
ableiten, wie der postoperative Schmerzund Aktivitätsverlauf sein wird. Daher sollte
man sich den Patienten sehr genau im Hinblick auf Schmerz und Persönlichkeitsmus-
ter anschauen. Es ist zu überlegen, ob es
sinnvoll ist eine Sprunggelenksprothese zu
implantieren, so verlockend das auch für einen begeisterten Operateur auch ist.
Prinzipiell bin ich dazu übergegangen,
bei Patienten über 70 Jahren mit immobilen
Gelenken eher zu einer Einsteifung zu raten.
Die endoskopisch assistierte Verschraubung
führt zu einer extrem schnellen Rehabilitation mit geringsten Komplikationsraten und
einer normalerweise sehr, sehr guten Belastbarkeit und Aktivitätslevel nach einem halben Jahr.
Das Design und die Kinematik der Sprunggelenksprothesen weisen noch erhebliche
Abweichungen zu der normalen Kinematik
des Sprunggelenkes auf. Erschwerend in der
Behandlung von Arthrosen am Sprunggelenk kommen noch „Kollateralschäden“ des
unteren Sprunggelenkes, des GastrocsoleusAchillessehnenkomplexes, der kontrakten
Bänder und Kapsel sowie auch teilweise Vorfuß- und Mittelfußpathologien hinzu. Hier
artikuliert nicht ein Becken mit einem Femurkopf oder ein Femur mit einer Tibia, sondern es artikulieren hier extrem komplexe
biomechanische Elemente, die pathologisch
verändert sind.
Die Sprunggelenksendoprothetik
1. kann daher nicht so uniform angewendet
werden wie die Endoprothetik des Hüft- und
Kniegelenkes.
2. bedarf einer extrem genauen Analyse im
Rehabilitationsbereich und eines nicht uniformen Behandlungsschemas der Schmerzen und der Einschränkung der Beweglichkeit post operationem.
Die Sprunggelenksendoprothetik ist ein wichtiger Bestandteil der regenerativen Gelenkchirurgie, aber kein uniformes Anwendungsfeld bei nicht entsprechender Expertise!
Prof. Dr. Hajo Thermann
HKF – Internationales Zentrum für Hüft-,
Knie- und Fußchirurgie, Sporttraumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
PR-Beitrag
Die Aesculap AG – der Hersteller stellt sich vor
Als größter deutscher Hersteller von orthopädischen Implantaten baut B|BRAUN Aesculap fest auf die enge Zusammenarbeit mit
den Ärzten und Kliniken und beschäftigt
sich konsequent mit der kontinuierlichen
Weiterentwicklung des hohen Standards in
der Gelenkendoprothetik, um so die Patientensicherheit stetig zu verbessern.
Am Produktionsstandort Tuttlingen
in Süddeutschland befindet sich eine der
modernsten Gelenkimplantatefertigungen
Europas, in der die Komponenten für den
künstlichen Hüft- und Kniegelenkersatz,
Wirbelsäulenimplantate und Schrauben,
Platten sowie Nägel für Knochenfrakturen
gefertigt werden. Der Standort Tuttlingen
verfügt über ein eigenes, hochmodernes
biomechanisches Labor, in dem die Im-
| 34
plantate unterschiedlichsten Belastungstests – weit über den gesetzlichen Standard hinaus – unterzogen werden.
Jahrzehnte lange Erfahrung gepaart mit
Modernität spiegelt sich im umfangreichen
Implantatesortiment wieder. So steht z. B.
das Metha® Kurzschaftprothesensystem
für ein Implantatekonzept mit mehr Knochenerhalt und adressiert damit eine ergänzende Versorgungsoption gerade für
jüngere Patienten. In Verbindung mit dem
modernen Plasmafit® Hüftpfannensystem
und Gleitpartnern wie einem hochvernetztem Polyetylen angereichert mit Vitamin E
– das Vitelene® – entstehen hierdurch weitere Vorteile in den Bewegungsabläufen
und damit für den Patienten.
Das moderne Gebäude in Tuttlingen
Weitere Informationen finden Sie
auf unseren Patientenseiten unter
www.aesculap-patienteninfo.de
ATOSnews
Ellenbogenprothetik – State of the Art
Von Lars Peter Müller, Markus Loew und Sven Lichtenberg
Keywords: Ellenbogenprothese gekoppelt, ungekoppelt
Die dritte Generation der Ellenbogenprothetik bietet die Möglichkeit, die
physiologische Position der gelenktragenden Elemente anatomisch annähernd wiederherzustellen. Dabei werden Radiuskopf und das proximale
Radionulnargelenk mit ersetzt, um den Kraftfluss über die radiale Säule
zu rekonstruieren. Darüber hinaus kann intraoperativ je nach Weichteilsituation entschieden werden, ob die Prothese gekoppelt oder ungekoppelt
eingebracht wird (Abb. 1). Durch die Verwendung von flexiblen Markbohrern und resorbierbaren Zementstoppern sowie potentiell kurzen anatomischen Schäften wird bei der Erstimplantation möglichst wenig Knochen
aufgebraucht, so dass eine Revisionsendoprothese oder ggf. Arthrodese zu
einem späteren Zeitpunkt etwas einfacher möglich ist.
Durch neu entwickelte Osteotomie-Schablonen wird das Rotationszentrum
des Ellenbogengelenkes annähernd wieder hergestellt, was die Weichteilbalance optimiert und so zur Reduzierung des Lockerungsrisikos führen
kann. Durch eine Zunahme des Volumens der artikulierenden Polyethylenflächen wird der Abrieb minimiert.
Das Ziel der endoprothetischen Versorgung, insbesondere bei jüngeren Patienten, ist die ungekoppelte Prothese mit Erhalt der radialen Säule zur
Aufrechterhaltung der physiologischen Kraftflussverhältnisse in anatomischer Position (Abb. 3a,b). Trotzdem sind postoperativ Schlagsportarten
mit dem betroffenen Arm nicht genehmigt und repetitives Tragen und Heben von Objekten über 5 Kilogramm sollte lebenslang vermieden werden.
Diagnostik
Präoperativ werden Nativ-Röntgenaufnahmen des Ellenbogengelenkes sowie des
gesamten angrenzenden Oberarms und
Unterarms durchgeführt, um potentielle
Achsendeformitäten zu evaluieren. In der
akuten Bruchsituation sowie nach Versagen
einer Osteosynthese (Abb. 2 a, b) wird in aller Regel ein CT durchgeführt, um festzustellen, ob eine biologische Rekonstruktion
durch Osteosynthese wirklich nicht möglich
ist. Bei jungen Patienten führen wir darüber
hinaus ein MRT durch, um die Knorpelverhältnisse definitiv präoperativ einzuschätzen, dies kann ggf. auch mittels Arthroskopie erfolgen.
Bei der primären Arthrose ist eine Schnittbilddiagnostik präoperativ ebenfalls Standard,
insbesondere um Osteophyten und freie Gelenkkörper aufzuspüren – ggf. ist dann zunächst das arthroskopische Debridement indiziert. Erst wenn dies nicht zum Erfolg führt,
wird der Gelenkersatz vorgenommen.
➔
Abb. 1: Modulare Ellenbogenprothese
der dritten Generation mit potentiellem
Radiuskopfersatz, intraoperativer
Entscheidungsmöglichkeit der
Kopplung durch ulnare Kappe
35 |
::Endoprothetik
Abb. 2 a, b:
Posttraumatische
generalisierte Arthrose
nach OsteosyntheseVersagen bei 37-jähriger
Patientin; schmerzhafte
Wackelsteife
a
b
b
a
Klinische Aspekte
Folgende klinische Aspekte sollten präoperativ
beachtet werden:
-- Gelenkstabilität
-- Hautdefekte, Verwachsungen,
Deformitäten
-- Neurovaskuläre Störungen und Besonderheiten, insbesondere des N. ulnaris
(z. B. nach Vorverlagerung)
-- Funktionalität des Musculus biceps und
triceps (Bizepsinsuffizienz Kontraindika­
tion, Trizepsinsuffizienz schlechte
­Prognose bezüglich Lockerung)
-- Gelenknahe Tumore
-- Infektzeichen
-- Allergien
-- CRPS-Anamnese
Alternativen
Bei arthrotischem, aber stabilem Gelenk
kommt eine Interpositionsplastik in Betracht;
langfristige Erfolgsberichte liegen hier allerdings nicht vor. Die Arthrodese des Gelenks
führt leider nicht sicher zur Schmerzfreiheit
und die Funktionseinbußen sind erheblich –
trotzdem müssen die Patienten über diese Alternative aufgeklärt werden. Die Verwendung
von Gelenk-Allografts hat sich im größeren
Rahmen nicht bewährt. Als nicht körpergewichttragendes Gelenk kann bei Patienten im
schlechten Allgemeinzustand auch bei zerstörtem Ellenbogengelenk zunächst von einer Operation abgesehen werden – sollten
im Verlauf relevante Schmerzen auftreten,
ist die Implantation einer Ellenbogengelenktotalendoprothese mit vorgeschalteter Ar-
| 36
throlyse mit guten Ergebnissen immer noch
möglich.
Bei lokalisierten Arthrosen radial ist die
Radiuskopfresektion in Erwägung zu ziehen.
Bei der primären und leichten posttraumatischen Arthrose ist das arthroskopische Debridement äußerst erfolgsversprechend, ggf.
mit zusätzlicher Bandstabilisierung.
OP-Technik
Die Identifizierung und schonende Behandlung des Nervus ulnaris ist obligat. Dieser
wird zu Beginn der OP sorgfältig dargestellt
und spannungsfrei gelagert (ggf. anteriore
Transposition). Die Seitenbänder werden humeral für die spätere Fixation abgelöst. Bei
älteren Patienten mit dünner Trizeps/Unterarmfaszie erfolgt ein Trizepssplit-Zugang mit
kleinen knöchernen Chips von der proximalen Ulna, bei jüngeren Patienten mit kräftigem Trizeps und Unterarmfaszie wird ein
sogenannter Trizeps-Reflecting-Zugang unter Erhalt des Streckapparates inklusive des
Musculus anconeus und dessen Durchblutung durchgeführt. Bei Verlust des distalen
Humerus ist ein sogenannter Trizeps-On-Zugang ohne Ablösung des Ansatzes des Muskels vom Unterarm möglich.
Danach werden die angrenzenden Knochen mit den dafür vorgesehenen Osteotomieschablonen aufgearbeitet und die Prothesenkomponenten nach Einbringung von
resorbierbaren Zementstoppern unter Beachtung der anatomischen Winkel einzementiert. Für den Zementierungsvorgang
Abb. 3 a, b: Zustand 7 Jahre postoperativ
nach endoprothetischer Versorgung von
Fall 2a, b: ungekoppelte Prothese, Radiuskopfersatz, kurze Ulnakomponente
werden extra dünne Zementschnorchel verwendet.
Nach temporärer Refixation der Weichteile erfolgt dann die Entscheidung, ob die
Prothese gekoppelt werden muss oder nicht,
was über eine ulnare Kappe (siehe Abb. 1)
möglich ist. Zum Abschluss der OP wird
nochmals der spannungsfreie dynamische
Verlauf des Nervus ulnaris gesondert geprüft.
Nachbehandlung
Zum Ende der OP wird in Narkose der Arm
in der sogenannten „State of Liberty“-Position (volle Streckung) durch eine anterior
positionierte Gipsschiene (fern der dorsalen
Inzisionswunde) auf zwei Kissen erhöht gelagert. Die Redon-Drainage wird am ersten
postoperativen Tag entfernt. Im Anschluss
erfolgt die physiotherapeutisch kontrollierte aktive assistive Übung des Gelenkes
(Bewegungsausmaße: Streckung/ Beugung
0-0-90). Erst ab der dritten postoperativen
Woche wird die Beugung wöchentlich um
10 Grad gesteigert, nach Konsolidierung der
dorsalen Wundverhältnisse. Bei ungekoppelten Implantaten mit erfolgter Bandrekon­
struktion erfolgt die Pro- und Supinati-
ATOSnews
on in 90 Grad-Beugung des Gelenkes zum
Schutz der Kollateralbänder. Die Lymphdrainage inklusive der Finger wird standardmäßig durchgeführt. Die aktive Streckung des
Gelenkes gegen die Schwerkraft darf erst
6 Wochen postoperativ begonnen werden,
außer es erfolgt ein Trizeps-On-Zugang.
Die Gewichtsbelastung des Armes nach Implantation wird auf Dauer auf 5 Kilogramm
beschränkt. Wir führen postoperativ und 6
Wochen postoperativ eine konventionelle
Röntgenaufnahme durch. Danach werden
jährliche klinische und radiologische Kon­
trollen empfohlen.
Ergebnisse
Die aseptische Lockerung, die Infektion und
die Instabilität stellen die häufigsten Komplikationen dar. Voloshin (2011) dokumentierte in einem systematischen Review der
englischsprachigen Literatur zwischen 1993
und 2009 eine Gesamtkomplikationsrate
nach primärer Ellenbogentotalendoprothese
(EBTEP) von 24,3 %. Posttraumatische Fälle
haben im Vergleich zu rheumatischen Fäl-
N O T E S
&
len ein erhöhtes Risiko für eine aseptische
Lockerung (rheumatoide Arthritis 5,3 ­
%;
posttraumatisch 10,2 %).
Während mit der primären EBTEP beim
rheumatischen Patienten Überlebenszeiten
des Implantates (Coonrad-Morrey Prothese)
von 92,4 % nach 10 bis 15 Jahren beschrieben werden (Gill 1998 ), sind die Überlebenszeiten nach Implantation einer sekundären
EBTEP bei post-Traumapatienten mit 65 %
nach 10 bis 15 Jahren schlechter (Cil 2008):
Bei 91 Patienten mit einer sekundär implantierten EBTEP bei vorliegender Pseudoarthrose des distalen Humerus (Nachuntersuchungszeitraum Ø 6,5 Jahre) erfolgte die
Implantation der Prothese im Durchschnitt
45 Monate nach dem Frakturereignis. Bei 23
Patienten musste die einliegende Prothese
revidiert bzw. explantiert werden. Die Autoren beobachteten in ihrer Studie bei Patienten unter 65 Jahren ein dreifach erhöhtes
Revisionsrisiko bedingt durch „mechanische
Komplikationen“ (z. B. Schaftbrüche, Implantat-Dislokation, Polyethylenabrieb).
Die Registerdaten aus Finnland (Skytta
2009) und Norwegen (Fevang 2009) stellten
zusammenfassend dar, dass nach 15 Jahren
in etwa 30 % der Fälle mindestens 1 Komponente der EBTEP gewechselt werden musste.
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. Lars Peter Müller
Klinik und Poliklinik für Orthopädie und
Unfallchirurgie
Universitätsklinikum Köln (AÖR)
Prof. Dr. Markus Loew
Dr. Sven Lichtenberg
Deutsches Gelenkzentrum Heidelberg
ATOS-Klinik Heidelberg
[email protected]
N E W S
:: Schulterworkshop mit Prof. Loew in Südkorea
Die ATOS Klinik ist auch in Südostasien präsent. 20 japanische
Schulterchirurgen wurden am
11. und 12. Dezember 2015 in
der Samsung Universität in Seoul/Südkorea in chirurgischen
Techniken wie Schulterprothetik und Latissimus-Transfer unterwiesen. Für das Deutsche
Gelenkzentrum Heidelberg vor
Ort: Prof. Dr. Markus Loew.
Prof. Loew im Kreise der koreanischen Kollegen
37 |
::Endoprothetik
Moderne patellofemorale Endoprothetik
Von Christoph Becher
Keywords: Knorpelschaden, Arthrose, patellofemorale Endoprothetik
Die Ätiologie der Arthrose des patellofemoralen Kompartimentes ist häufig multifaktoriell und muss bei einer operativen Versorgung mit beachtet werden. Die Indikationsstellung sollte kritisch erfolgen. Die besten Ergebnisse sind bei Patienten mit einer
instabilitätsbedingten Arthrose bzw. Trochleadysplasie zu erwarten; auf eventuell notwendige Zusatzeingriffe zur Beseitigung eines Malalignment ist bei diesen Patienten
allerdings besonders zu achten.
Eine mögliche Lockerung der Prothese spielt für das Versagen der Therapie nur eine
untergeordnete Rolle, am häufigsten ist der Arthroseprogress im tibiofemoralen Gelenk­
abschnitt der entscheidende Faktor. Moderne Implantate, welche in „Inlay-Technik“ eingebracht werden, erfordern eine geringere Knochenresektion und können eine e­ rhöhte
patellofemorale Druckbelastung durch ein „Overstuffing“ vermeiden.
Die Arthrose des Kniegelenkes betrifft in
einigen Fällen nur eines der drei Kompartimente. Am häufigsten ist das mediale tibiofemorale Kompartiment betroffen. Um möglichst gelenkerhaltend vorzugehen, hat sich
der isolierte endoprothetische Ersatz mit
einer „Schlittenprothese“ (unikondyläre Endoprothese) etabliert und wird im klinischen
Alltag häufig eingesetzt. Die isolierte patellofemorale Arthrose ist durch eine Knorpeldegeneration der Patellarückfläche und des
Gleitlagers der Patella (Trochlea femoris) gekennzeichnet. Das isolierte Auftreten ist seltener, allerdings doch häufiger anzutreffen
als es die Zahlen der Implantationen des isolierten patellofemoralen Gelenkersatzes vermuten lassen.
Die Ursachen für die seltenere Anwendung der patellofemoralen Endoprothetik
sind vielfältig; letztendlich sind die Hauptgründe aber wohl in der Komplexität der
| 38
Ursache der Arthrose und in den im Vergleich zur Schlitten-Endoprothetik insgesamt unterlegenen Ergebnissen der patellofemoralen Endoprothetik zu sehen [5].
Entsprechend wird die Anwendung der isolierten patellofemoralen Endoprothetik in
der Therapie der isolierten patellofemoralen
Arthrose kontrovers diskutiert. Modernere
Implantate mit einer besseren Reproduktion der natürlichen anatomischen Geometrie und Biomechanik und bessere Kenntnisse über die Ursachen der patellofemoralen
Arthrose lassen allerdings eine Verbesserung der Ergebnisse und zufriedenere Patienten erwarten.
Analyse der Ursache der Arthrose
Die Ätiologie der Arthrose des patellofemoralen Kompartimentes ist häufig multifaktoriell. Häufig sind jüngere Patienten zwischen
ca. 35-60 Jahren betroffen. Neben dem idiopathischen Auftreten der Arthrose werden
hauptsächlich eine patellofemorale Instabilität, patellofemorale Dysplasie, ein Malalignment der Beinachse oder des patellofemoralen Gelenks oder posttraumatische Zustände
als Ursachen diskutiert [7, 12]. Diese Faktoren sind dabei in vielen Fällen miteinander
verknüpft. Eine intensive klinische und bildgebende Diagnostik ist erforderlich, um bei
der Therapie die auslösenden Ursachen mitbehandeln zu können.
Röntgenaufnahmen in 3 Ebenen und
eine Kernspintomographie (MRT) sind bei
der bildgebenden Diagnostik als obligat
anzusehen. In manchen Fällen ist bei Verdacht auf einen Rotationsfehler auch eine
Computertomografie (CT) sowie bei Achsabweichungen in der Frontalebene eine
Röntgenganzbeinaufnahme im Stehen
notwendig.
ATOSnews
Patellofemorale Endoprothetik
Abb. 1 und 2:
Seitliches und tangentiales Röntgenbild nach
Implantation eines isolierten patellofemoralen
Ersatzes in
a) „Onlay-Technik“
(Journey PFJ®,
Smith & Nephew,
Andover, MA, USA) und
b) „Inlay-Technik“
(HemiCAP® Wave,
Arthrosurface,
Franklin, MA, USA).
Das Onlay-Implantat
ist sichtbar „wuchtiger“
und ausladender als das
anatomisch angepasste
Inlay-Implantat.
Abb. 3:
Intraoperative Darstellung einer Trochleadysplasie.
Das Gleitlager (Trochlea) ist flach und prominent
(physiologische Darstellung rechts unten).
Dadurch kommt es zu einem Überdruck mit
Arthroseentstehung sowie aufgrund der
fehlenden Führung der Patella durch das
Gleitlager zu einer Instabiliät der Patella.
Phasenadaptierte Therapie der Arthrose
Je nach Ausprägung und Ursache der Symptomatik steht primär die konservative Therapie im Vordergrund. Orthesen und Bandagen, physiotherapeutische und physikalische
Maßnahmen, Injektionen sowie ein sport­
spezifisches Training kommen dabei zum Einsatz.
Nach erfolgloser konservativer Therapie
werden je nach Ätiologie der Arthrose verschiedenste operative Verfahren diskutiert
[2, 4, 7]. Dabei werden rein symptomatische
Verfahren zur Schmerzverbesserung (z. B.
Lavage, Debridement, Denervierung), Weichteilverfahren (z. B. Laterales Release) und
knöcherne Eingriffe zur Achskorrektur und
Entlastung des patellofemoralen Gelenkes
(z. B. Tuberositas Transfer), sowie Knorpelersatzeingriffe (z. B. Mikrofrakturierung, ACT)
angewendet. Auf jeden Fall gilt es, die Implantation eines kompletten Oberflächenersatzes (Knieprothese) zu so lange wie möglich zu vermeiden.
Mc Keever berichtete 1955 erstmals von einem metallischen Patellarückflächenersatz
im Sinne einer Hemiarthroplastik [9]. Die folgenden Implantate bestanden und bestehen
meist aus einem Patellarückflächenersatz
aus Polyethylen und einer trochlearen Komponente aus einer Metalllegierung [1, 3, 13].
Die potentiellen Vorteile der isolierten patellofemoralen Endoprothetik liegen im weitgehenden Erhalt der strukturellen Integrität des Gelenks mit normaler Kinematik und
Aufschub der Implantation eines kompletten
Oberflächenersatzes [11].
Die Ergebnisse waren allerdings insgesamt enttäuschend. Ein wichtiger Grund
scheint dabei das Design der Implantate
zu sein. Die Implantate waren in der Regel
ein „Abklatsch“ vollständiger Knieprothesen – nur auf den patellofemoralen Gelenk­
abschnitt reduziert. Diese Implantate sind
durch ein relativ wuchtiges und ausladendes
Design gekennzeichnet, dadurch kann es zu
einer erhöhten patellofemoralen Druckbelastung und zu verstärkter Weichteilspannung
kommen [6, 10]. Das Instrumentarium zum
Einbringen des Implantates ist in der Regel
ebenfalls an das Knieprothesensystem des
Herstellers angelehnt. Der anteriore Sägeschnitt wird wie in der Knieendoprothetik an
der anterioren Femurkortikalis ausgerichtet,
so dass relativ viel Knochen entfernt werden
muss, um das Implantat „aufzubringen“ (Onlay-System, Abb. 1a + 2a).
In den letzten Jahren geht der Trend in
die Richtung, die Implantate möglichst anatomisch und individuell an den Patienten anpassbar zu gestalten. Ziel ist „nicht den Patienten an das Implantat anzupassen, sondern
das Implantat an den Patienten“. Potentiell
vorteilhaft ist die geringere Knochenresektion und Wiederherstellung einer möglichst
physiologischen Anatomie und Kinematik (Inlay-System, Abb. 1b + 2b). Besonders
günstig scheint die Anwendung bei einer patellofemoralen Dysplasie (Abb. 3 und 4a-d)
zu sein [8]. Die „pathologische“ dysplastische Trochlea kann in eine „physiologische“
Trochlea umgewandelt werden (Abb. 5). Dadurch wird der patellofemorale Anpress- ➔
39 |
::Endoprothetik
N O T E S
&
N E W S
:: Privatdozent Dr. Christoph Becher verstärkt das Zentrum für Hüft-,
Knie- und Fußchirurgie der ATOS Klinik Heidelberg
der Medizinischen Hochschule Hannover
im Bereich der Erkrankungen des Knieund Sprunggelenkes weiter spezialisieren,
so dass ein Wechsel in eine leitende Position an die ATOS Klinik Heidelberg immer
das Ziel war.
Dr. Christoph Becher
Spezialisierung ist in der Medizin eine
Voraussetzung für Behandlungserfolg.
Deshalb wirbt die ATOS Klinik Heidelberg
seit 25 Jahren bewusst um international
renommierte Spezialisten der einzelnen
Fachgebiete. Zum 1. Januar 2016 konnte
nun PD Dr. Christoph Becher gewonnen
werden, Facharzt für Orthopädie und
Unfallchirurgie, Spezielle Orthopädische
Chirurgie und Sportmedizin.
PD Dr. Becher hat in Heidelberg studiert
und war danach 2 Jahre in der ATOS Klinik im damaligen Zentrum für Knie- und
Fußchirurgie bei Prof. Hans Pässler und
Prof. Hajo Thermann tätig. Anschließend
konnte er sich an seinen weiteren Stationen am Universitätsklinikum Marburg
und zuletzt an der Orthopädischen Klinik
| 40
Für PD Dr. Becher steht an erster Stelle
der Erhalt des Gelenkes mit Wiedererlangung der Schmerzfreiheit und Verbesserung der Funktion. Wenn eine
Prothese sinnvoll ist, dann hat Dr. Becher als zertifizierter Hauptoperateur
im Endoprothetikzentrum in Hannover die Expertise gewonnen, mit sog.
Mini-Implantaten nur die tatsächlich
geschädigten Bereiche des Gelenkes
zu behandeln. Dadurch ist der Eingriff
schonender und die Patienten können
schneller wieder in den beruflichen Alltag zurückkehren oder ihren sportlichen Ambitionen nachgehen. Dr. Becher
wird zudem das Spektrum der minimalinvasiven chirurgischen Techniken des
Sprunggelenks und der Achillessehne
aufgrund der vielen nationalen und internationalen Patienten mit Prof. Thermann zusammen weiter ausbauen.
Mit seiner Frau hat sich Dr. Becher in
­Heidelberg bereits gut eingelebt. Dabei
genießen sie die Vielfalt an Restaurants in
ihrer Umgebung in Bergheim und ­gehen
ihrem gemeinsamen Hobby der lateinamerikanischen Tänze (v.a. S­ alsa) nach.
Spezielles Leistungsspektrum
von PD Dr. Christoph Becher:
– Konservative und operative
Therapie bei Arthrose des
Knie- und Sprunggelenkes
– Individuelle Knieendoprothetik
– Komplexe Pathologien des
patello­femoralen Gelenkabschnittes
– Operative und konservative
Therapie bei Achillessehnen­
erkrankungen.
ATOSnews
druck reduziert und die Stabilität verbessert.
Evtl. müssen weitere balancierende Eingriffe
wie eine „laterale Retinakulumverlängerung“
oder eine mediale Stabilisierung (z. B. MPFLErsatzplastik) kombiniert werden. Auch komplexere Eingriffe wie eine suprakondyläre Femurosteotomie mit Korrektur der Beinachse
und evtl. eines Rotationsfehlers können –
wenn notwendig – zeitgleich erfolgen und
somit eine physiologische Anatomie und Kinematik gewährleisten.
Abb. 4:
Fortgeschrittene
patellofemorale Arthrose
bei hochgradiger
Trochleadysplasie in
seitlicher und tangen­
tialer Ansicht im
­Röntgen (a+c) und
im MRT (b+d).
Ergebnisse der patellofemoralen
Endoprothetik
In einer eigenen Literaturübersicht mit Auswertung über die Ergebnisse der patellofemoralen Endoprothetik von 12 Publikationen
betrug der durchschnittliche Nachuntersuchungszeitraum 8,4 Jahre [5]. Das Durchschnittsalter der erfassten Patienten zum
Zeitpunkt der Operation betrug 59,8 Jahre
(21–90 Jahre). Das Verhältnis von Frauen zu
Männern war 2,9:1. Die Operation wurde bei
67,8 % als erfolgreich bezeichnet. Hauptursache für Revisionen bzw. fortbestehende
Beschwerden waren die Arthrose-Progredienz oder ein Malalignment. Eine Prothesenlockerung spielte dagegen kaum eine Rolle.
Die Revisionsrate betrug insgesamt
30,3 %. Zu unterscheiden sind eingriffsbezogene Revisionen des patellofemoralen Gelenkes von Revisionen aufgrund Beschwerden in den tibiofemoralen Kompartimenten.
Revisionen zur Verbesserung des Alignment
durch Weichteileingriffe (z. B. laterales Release), Korrekturosteomien (z. B. Tuberositas
transfer) oder Wechsel der patellofemoralen
Prothese wurden bei 12,4 % durchgeführt.
Die anderen Revisionseingriffe waren hauptsächlich auf die Arthrose-Progredienz zurückzuführen. Die endgültige Versorgung
mittels Totalendoprothese (TEP) erfolgte bei
insgesamt 12,4 %.
Die Ergebnisse eines neuartigen Inlay-Implantates (HemiCAP® Wave, Arthrosurface,
Franklin, MA, USA) sind noch begrenzt, lassen aber insgesamt auch auf bessere längerfristige Resultate hoffen. In einer prospekti-
Abb. 5:
Intraoperative Darstellung
a) vor und
b) nach Implantation einer HemiCAP®
Wave-Prothese bei dem Patienten aus
Abb. 4 in der seitlichen Aufsicht.
Die vorher nicht vorhandene physiologische
Anatomie (a) wird durch das Implantat
hergestellt (b).
Abb. 6:
Postoperative
Röntgendarstellung
nach Implantation
einer HemiCAP®
Wave-Prothese
des Patienten aus
den Abb. 3–5.
➔
41 |
::Endoprothetik
ven 2-Jahresuntersuchung bei 29 Patienten
mit einem relativ jungen Durchschnittsalter
von 42 Jahren, waren 81 % der Patienten zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Ergebnis [8]. Auch die Anzahl an Sporteinheiten
pro Woche und die Anzahl der ausgeübten
Sportarten stieg signifikant an. Die besten
klinischen Ergebnisse hatten die Patienten,
welche unter einer instabilitätsbedingten Arthrose bzw. Trochleadysplasie litten.
Vergleichsstudien zwischen verschiedenen Implantat-Typen existieren bisher nicht
und sind zu fordern.
Fazit
Die Weiterentwicklung der patellofemoralen Endoprothetik lässt in der Zukunft auch
längerfristig bessere Ergebnisse erwarten.
Durch geringeren Knochenverlust moderner
Implantate erscheint die Konversion auf einen kompletten Oberflächenersatz bei fortschreitender tibiofemoraler Arthrose problemlos. Entsprechend können auch „jüngere“
Patienten mit sekundär entstandener Arthrose (beispielsweise durch eine Patellainstabilität) „mit gutem Gewissen“ endoprothetisch behandelt werden. Trotzdem muss
die Indikationsstellung unter Beachtung der
Kontextfaktoren kritisch erfolgen, um Fehlschläge zu vermeiden.
PD Dr. Christoph Becher
HKF – Internationales Zentrum für Hüft-,
Knie- und Fußchirurgie, Sporttraumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
Literatur
1. Ackroyd CE, Newman JH, Evans R,
Eldridge JD, Joslin CC (2007) The
Avon patellofemoral arthroplasty:
five-year survivorship and functional results. J Bone Joint Surg Br 89:
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2. Aderinto J, Cobb AG (2002) Lateral
release for patellofemoral arthritis.
Arthroscopy 18: 399-403
9. McKeever DC (1955) Patellar
prosthesis. J Bone Joint Surg
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3. Argenson JN, Flecher X, Parratte S,
Aubaniac JM (2005) Patellofemoral
arthroplasty: an update. Clin Orthop
Relat Res 440: 50-53
10.Monk AP, van Duren BH, Pandit H,
Shakespeare D, Murray DW, Gill HS
(2012) In vivo sagittal plane
kinematics of the FPV patello­
femoral replacement. Knee Surg
Sports Traumatol Arthrosc 20:
1104-1109
4. Becher C, Ettinger M, Ezechieli M,
Kaps C, Ewig M, Smith T (2015)
Repair of retropatellar cartilage
­defects in the knee with micro­
fracture and a cell-free polymerbased implant. Arch Orthop
Trauma Surg 135: 1003-1010
11. Saleh KJ, Arendt EA, Eldridge J,
Fulkerson JP, Minas T, Mulhall KJ
(2005) Symposium. Operative
treatment of patellofemoral
arthritis. J Bone Joint Surg Am 87:
659-671
5. Becher C, Renke A, Heyse TJ,
Schofer M, Tibesku CO, FuchsWinkelmann S (2008) Patello­
femorale Endoprothetik in
Deutschland – eine Standort­
bestimmung und Überblick
über die Literatur. Z Orthop
Unfall 146: 773-781
12. Saleh KJ, Arendt EA, Eldridge J,
Fulkerson JP, Minas T, Mulhall KJ
(2005) Symposium. Operative
treatment of patellofemoral
arthritis. J Bone Joint Surg
Am 87: 659-671
6. Cotic M, Imhoff AB (2014)
Patellotrochlearer Ersatz.
Indikation, Technik und Ergebnisse.
Orthopäde 43: 898-904
13. Sisto DJ, Sarin VK (2006) Custom
patellofemoral arthroplasty of the
knee. J Bone Joint Surg Am 88:
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7. Fulkerson JP (1994) Patellofemoral
Pain Disorders: Evaluation and
Management. J Am Acad Orthop
Surg 2: 124-132
8. Imhoff AB, Feucht MJ, Meidinger G,
Schottle PB, Cotic M (2015)
| 42
Prospective evaluation of anatomic
patellofemoral inlay resurfacing: clinical, radiographic, and sportsrelated results after 24 months.
Knee Surg Sports Traumatol
Arthrosc 23: 1299-1307
ATOSnews
Die akute Gehirnerschütterung im Sport
Von Steffen Thier und Andreas Klonz
Keywords: Gehirnerschütterung, Diagnostik, Return-to-play-Konzepte
Im Sport können direkte Anprallkräfte bzw. fortgeleitete Beschleunigungs- oder
Entschleunigungskräfte auf den Kopf zu einer Gehirnerschütterung führen. Insbesondere in Kontaktsportarten (Eishockey, Rugby, Fußball etc.) machen diese
bis zu 18 % aller dokumentierten Verletzungen aus.
In der Vergangenheit wurde der adäquaten Diagnostik und Therapie der häufig
bagatellisierten Verletzung keine wesentliche Beachtung geschenkt. Es galt als
„guter Ton“, nach einer Gehirnerschütterung weiterzuspielen, um die Mannschaft nicht im Stich zu lassen.
Nachdem in der Presse wiederholt über Langzeitfolgen von rezidivierenden
Schädel-Hirn-Traumen bei renommierten Sportlern wie dem Eishockeyspieler
Stefan Ustorf (Karriereende 2013) oder dem Rugbyspieler George North (10 Wochen Sportpause 2015) berichtet wurde, hat das Thema „Schädel-Hirn-Trauma
im Sport“ mehr Aufmerksamkeit erlangt. Mit dem zunehmenden Verständnis
der Pathophysiologie der Verletzung wurden Diagnostik- und Therapiestandards sowie Return-to-Play-Konzepte erarbeitet.
Die primäre Erkennung und Einschätzung
der Verletzungsschwere auf dem Spielfeld ist
von hoher Bedeutung, um den Sportler vor
noch größerem Schaden zu bewahren. Im
Amateursport ist häufig kein Mannschaftsarzt oder medizinisch geschultes Personal
anwesend, um im Falle einer vermuteten
Gehirnerschütterung eine standardisierte Untersuchung des jeweiligen Sportlers
durchzuführen. Zu diesem Zweck wurden
laienverständliche Taschenkarten erarbeitet,
die insbesondere nicht medizinisch geschulten Personen (z. B. Trainern und Betreuern)
eine wertvolle Hilfestellung geben einen
Sportler mit akuter Gehirnerschütterung zu
identifizieren.
Auch unter Ärzten herrscht häufig noch
Unsicherheit hinsichtlich der Erkennung der
Gehirnerschütterung und eines zielgerichteten Handelns. Jeder Arzt kann am Spielfeldrand als Zuschauer involviert werden und
sollte sich bei dieser Gelegenheit nochmals
mit der Thematik beschäftigen.
Definition
Die Gehirnerschütterung wird zu den „leichten“ Schädel-Hirn-Verletzungen gezählt und
beschreibt eine Schädigung des Gehirns, die
durch einen komplexen pathophysiologischen Prozess definiert ist. Auslöser ist meist
eine direkte Gewalteinwirkung gegen den
Kopf-Hals-Bereich oder Körperstamm mit
Fortleitung des Traumas zum Kopf. Die hieraus entstehende sog. „Coup-Contrecoup“Verletzung setzt das Gehirn teils rasanten
Be-/Entschleunigungskräften aus.
Resultierend kann es zu Schädigungen
der Nervenzellen, Axone, Gliazellen und
Blutgefäße kommen.
Auf neurophysiologischer Ebene beginnt
eine komplexe Kaskade, die zur Funktions-
störung des axonalen Systems und der Nervenmembranen führt, Störungen der Ionenhomöostase hervorruft, Neurotransmitter
freisetzt sowie Beeinträchtigungen des zerebralen Blutflusses und Dysfunktionen von
Synapsen auslöst. Meist führt dies zu akut
auftretenden, kurzzeitigen neurologischen
Symptomen, die zum überwiegenden Anteil
eine Funktionsstörung, jedoch keine wertige
strukturelle Schädigung des Gehirns repräsentieren. Dies erklärt, warum die radiologische Bildgebung des Schädels (CT/MRT) in
diesem Zusammenhang unauffällig ist.
Allgemeine Zeichen und Symptome einer
akuten Gehirnerschütterung
Eine Gehirnerschütterung kann zu verschiedenen Symptomen oder Verhaltensänderungen führen. Sportartübergreifende Studien konnten zeigen, dass bei einer akuten ➔
43 |
© Fotos: Jürgen Kessler Sportfotografie
::Traumatologie
Gehirnerschütterung die Symptome Kopfschmerz (70 %), Schwindel (30–50 %), Übelkeit/Erbrechen (20–40 %), Nackenschmerzen (ca. 20 %) und Schwäche/Müdigkeit
(20–50 %) am häufigsten vorliegen.
Nach dem „2012 Zurich consensus statement on concussion“ sind folgende klinische
Anzeichen einer Gehirnerschütterung zuzuordnen:
1. Symptome – symptomatisch (z. B. Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit, Empfindlichkeit gegen Licht/Lärm), kognitiv (z. B.
Wattegefühl, Erinnerungs-/Konzentrationsschwäche, verlangsamte Reaktionszeit) und/
oder emotional (z. B. Stimmungslabilität,
Traurigkeit);
2. Physische Anzeichen (z. B. Bewusstseinsstörung, Amnesie);
3. Verhaltensänderungen (z. B. Reizbarkeit);
4. Schlafstörungen.
In diesem Zusammenhang ist
ausdrücklich zu bemerken, dass eine
Gehirnerschütterung auch ohne
Ohnmacht oder Erinnerungsstörung
(Amnesie) vorliegen kann.
Evaluation des Sportlers im Wettkampf
oder Training
Die primäre Erkennung und Einschätzung
der Verletzungsschwere auf dem Spielfeld ist
von hoher Bedeutung, um den Sportler vor
noch größerem Schaden zu bewahren (s.u.).
Zu diesem Zweck wurden laienverständli-
| 44
che Taschenkarten erarbeitet, die insbesondere nicht medizinisch geschulten Personen
(z. B. Trainer u. Betreuer) aber auch Ärzten
eine wertvolle Hilfestellung geben, um einen
Sportler mit akuter Gehirnerschütterung zu
identifizieren.
An dieser Stelle ist auf das sog. „Concussion-Recognition-Tool“ der „Concussion in
Sports (CIS) Group“ zu verweisen (Abb. 1a,b).
Dieses Modul fragt ausschließlich die Symptomatik und Fragen zur Orientierungsprüfung („Maddocks-Fragen“) standardisiert ab.
Dies kann problemlos innerhalb einer Minute
durchgeführt werden.
Aufgrund der hohen Koinzidenz von
HWS-Verletzungen bei Gehirnerschütterungen sollten diese ausgeschlossen werden. Laien sollten bei Nackenschmerzen des
Sportlers umgehend medizinisch geschultes
Personal hinzuziehen, um eine Protektion
der Halswirbelsäule durchzuführen.
Bei Vorliegen einer oder mehrerer Hinweise einer Gehirnerschütterung sollte der
Spieler umgehend aus dem Wettkampf bzw.
Training genommen werden. In diesem Zusammenhang wird in den Handlungsempfehlungen des Bundesinstituts für Sportwissenschaft („Leichtes SHT im Sport“) ein
grundlegendes Prinzip beschrieben:
„When in Doubt – Take him Out“!
Bestehen Hinweise auf eine Gehirnerschütterung, darf der Spieler auch nicht wieder in den
Wettkampf zurückgebracht werden (‚Geht
schon wieder‘). Für dieses Vorgehen muss
möglichst schon im Vorfeld das Verständnis
von Trainer und Betreuern erworben werden.
Anschließend sollte eine zeitnahe ärztliche Konsultation erfolgen, um eine detaillierte neurophysiologische Untersuchung
durchzuführen. Diese sollte eine Beurteilung
des mentalen Status, der kognitiven Funktionen, des Ganges und der Gleichgewichtsfunktion beinhalten. Befundabhängig wird
dann über eine notfallmäßige zerebrale Bildgebung (CT/MRT) entschieden.
Zur Evaluation im Profisport wurde durch
internationale Fußball-, Eishockey- und Rugby-Verbände sowie dem Internationalen
Olympischen Komitee (FIFA, IIHF, IRB und
IOC) das sog. SCAT-3-Konzept verabschiedet. Es wurde aus den sog. „Maddock-Fragen“ und dem „Standardized Assessment of
Concussion“ (SAC) entwickelt. Hierbei handelt es sich um ein ausführliches Modul,
welches Mannschafts-/Turnierärzten eine
standardisierte klinische sowie neurokognitive/ neuropsychologische Beurteilung des
Sportlers ermöglicht (Abb. 2a, 2b). Es wurde
als Screening-Test entwickelt, dessen Durchführung ca. 15–20 min in Anspruch nimmt.
Sinnvoll scheint es, das SCAT-3-Modul bereits vor der Saison für die Sportler zu erfassen
(„Baseline-Untersuchung“), um im Ernstfall
eine Vergleichsmöglichkeit zu haben. Anhand
der Ergebnisse wird dann von ärztlicher Seite entschieden, ob der Sportler weiterspielen
kann oder zur weiteren Diagnostik in ein Krankenhaus eingewiesen werden muss.
Regeländerungen im internationalen Rugbysport ermöglichen es mittlerweile, Spieler
ATOSnews
für eine ärztliche Untersuchung bei vermuteter Gehirnerschütterung temporär auszuwechseln. Im Eishockey finden ohnehin häufige Wechsel statt, so dass eine ärztliche
Untersuchung ohne temporäre Auswechselung stattfinden kann.
Für Kinder im Alter von 5–12 Jahren wurde ein eigenes Modul entwickelt, der sog.
Child-SCAT3.
Unabhängig von der Screeninguntersuchung mit dem SCAT-Modul sollte grundsätzlich bei jeglichem Bewusstseinsverlust (unabhängig von der Dauer), einer Verschlimmerung
von Symptomen im zeitlichen Verlauf (z. B. zunehmende Kopfschmerzen) oder bei dem Verdacht auf eine Halswirbelsäulenverletzung die
Einweisung in ein Krankenhaus erfolgen.
Sportverbände wie z. B. die DEL (Deutsche Eishockey Liga) sowie der IRB (International Rugby Board) haben Handlungsempfehlungen auf
ihren Internetseiten für Jedermann zugänglich
(http://www.del.org/de/del-intern/medicaltask-force/page/1600-4830-45—.html; http://
playerwelfare.worldrugby.org/ concussion).
Behandlung
Nach einer Gehirnerschütterung befinden
sich die Gehirnzellen zunächst in einem Reparaturzustand, der sog. «vulnerablen Phase».
In dieser Phase brauchen die Zellen genügend
Zeit für die Heilung. Daher sind die Ecksteine der Behandlung einer Gehirnerschütterung die physische und kognitive Pause. Diese
sollte bis zum Abklingen der akuten Symptome durchgeführt werden und eine Dauer von
mind. 24–48 Stunden nicht unterschreiten.
Typischerweise liegt die Symptomdauer in der
Akutphase zwischen 2–4 Tagen.
Im Anschluss kann der Sportler dann
nach dem sechs Stufenschema der „Concussion in Sports (CIS) Group“ rehabilitiert werden. In Anlehnung an das „2012 Zurich consensus statement on concussion“ wurde eine
deutsche Übersetzung des Stufenplans in
den Handlungsempfehlungen des Bundesinstituts für Sportwissenschaft („Leichtes SHT
im Sport“) veröffentlicht (Abb. 3).
Das Rehabilitationskonzept sieht vor,
dass jede Belastungsstufe absolut symptomfrei bestanden werden muss. Typische ➔
Abb. 1a, 1b: Das „Concussion Recognition Tool“ stellt Fragen zur Symptomatik und Orientierungsprüfung
45 |
::
Abb. 2a: Das SCAT 3-Konzept zur standardisierten klinischen sowie neurokognitiven/
neuropsychologischen Beurteilung des verletzten Sportlers
| 46
ATOSnews
N O T E S
&
N E W S
:: Dr. Steffen Thier – neue Kompetenz in der Notfallambulanz
der ATOS Klinik Heidelberg
Dr. Steffen Thier
Kein Aprilscherz: Seit 1. April verstärkt
mit Dr. med. Steffen Thier nicht nur ein
hochqualifizierter Unfallchirurg, sondern
auch ein ehemaliger Rugby-Nationalspieler das Team von Dr. Andreas Klonz
in der Praxis für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie die integrierte orthopädische Notfallambulanz.
Dr. Thier ist im Raum Heidelberg nicht
nur als Chirurg, sondern auch als ehemaliger Rugby-Spitzenspieler der RG
Heidelberg bekannt. Die Behandlung von
Sportlern und Sportverletzungen ist daher der logische Fokus seiner Tätigkeit.
Während seiner langjährigen Tätigkeit in
der Universitätsklinik Mannheim hat er
sich insbesondere auf arthroskopische
Gelenkoperationen zur Rekonstruktion
von Bändern und Sehnen spezialisiert.
Nach dem Abschluss des Medizinstudiums an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg absolvierte Dr. Steffen
Thier seine Facharztausbildung an der
Universitätsmedizin Mannheim. Nach
einem Jahr (2009-2010) als Weiterbil-
dungsassistent in der Sektion für spezielle Thorax- und Onkochirurgie der Allgemeinchirurgie der Universitätsmedizin
Mannheim unter der Leitung von Prof.
Dr. Stefan Post schloß er seine experimentelle Doktorarbeit im Bereich des
Tissue Engineering erfolgreich ab. Im
Anschluss erfolgte der Wechsel in das
Orthopädisch-Unfallchirurgische Zentrum der Universitätsmedizin Mannheim unter der Leitung von Prof. Dr. H-P.
Scharf. Hier absolvierte er die Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und
Unfallchirurgie (03/2015). Während der
Zeit in der Universitätsmedizin Mannheim erfolgte unter den Sektionsleitern
PD Dr. S. Fickert und Prof. Dr. L. Lehmann
die Spezialisierung auf gelenkerhaltende
Eingriffe der unteren und oberen Extremität.
Wissenschaftliche Schwerpunkte lagen
insbesondere auf klinischen Studien zur
Therapie von Knorpelschäden an Hüfte
und Kniegelenk, die unter Zusammenarbeit mit Prof. Dr. U. Obertacke bearbeitet wurden. Als zertifizierter Prüfarzt
betreute Dr. Steffen Thier unter anderem
eine multizentrisch angelegte Zulassungsstudie eines Produktes zur Knorpelregeneration (ACT).
Mit 13 Jahren entdeckte er seine Liebe zum Rugbysport bei der RG Heidelberg. Nach zahlreichen deutschen
Meisterschaften in Schüler- und Jugendaltersklassen zog es ihn für ein Jahr in
das Mutterland des Rugbys, in ein englisches Internat (Lancaster Royal Grammar School). Im Jahre 1997 und 1998
bestritt er als 3. Reihe Stürmer zwei U18Weltmeisterschaften für Deutschland
und schaffte den unmittelbaren Aufstieg
in die Herren-Nationalmannschaft.
Im Verein war er bereits mit 17 Jahren in
die erste Herrenmannschaft aufgestiegen. Mit dieser wurde er 2004 deutscher
Pokalsieger sowie mehrfacher deutscher
7er Rugby Meister. Nach einem Jahr
2004/2005 beim RC Straßburg in der
Federal I in Frankreich zog es ihn wieder
in die Heimat. In den Jahren 2006 und
2007 errang er mit der RG Heidelberg die
deutsche Meisterschaft.
In der 7er und 15er Nationalmannschaft
war er Leistungsträger und schaffte im 15er Rugby mit dem sog. „goldenen Jahrgang“ 2006/2007 den Aufstieg
in die erste europäische Division. Im 7er
Rugby wurde er Kapitän der Nationalmannschaft und konnte mit dieser internationale europäische Turniere wie
z. B. in Prag und Heidelberg gewinnen.
Steffen Thier ist verheiratet und lebt in
Heidelberg. Heute liegen seine Interessen neben seinem großen beruflichen
Engagement in sportlichen Aktivitäten wie Joggen, Mountainbiken, Rugby,
Krafttraining und Tennis.
Steffen Thier beim Rugby
(Foto: Miriam May, Berlin)
47 |
::Traumatologie
Es wird postuliert, dass ein erneutes
Trauma in der „vulnerablen Phase“
zu einer gestörten Autoregulation
der ­zerebralen Gefäße führen kann.
Resultierend kann dies eine Hyperämie
triggern, die zur Entwicklung eines
Hirnödems führt. Diesbezüglich wurden
bereits Todesfälle bei jungen Sportlern
beschrieben.
Auch die Ausbildung eines subduralen
Hämatoms wurde in der Literatur
bereits beschrieben. Diese strukturellen,
teils irreversiblen Folgeschäden können
zu persistierenden neurologischen
Symptomen führen. Sportler mit
repetitiven Gehirnerschütterungen
zeigten eine hohe Assoziation mit
Aufmerksamkeits- und Gedächtnis­
störungen, Schwierigkeiten bei der
Informationverarbeitung sowie
­chronischer Müdigkeit.
Daher sind Sportler mit postkommotionellen Symptomen nicht sportfähig!
Abb. 2b: Das SCAT 3-Konzept zur standardisierten klinischen sowie neurokognitiven/ neuropsychologischen Beurteilung des verletzten Sportlers
Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel,
Wattegefühl, Koordinationsstörungen, Konzentrationsschwäche, Licht und Lärmempfindlichkeit oder Reizbarkeit sollten vollständig abgeklungen sein, bevor die nächste
Belastungsstufe am Folgetag angegangen
wird.
In der Mehrzahl der Fälle (80–90 %) bilden
sich die Symptome einer Gehirnerschütterung innerhalb der ersten 7–10 Tage komplett
zurück. Bei Kindern und jungen Erwachsenen
kann diese Erholungsphase länger sein. Persistierende Symptome (>10 Tage) werden im
Allgemeinen bei ca. 10–15 % der Sportler
nach Gehirnerschütterung beobachtet. Hier-
| 48
bei handelt es sich häufig um Verletzte, die
bestimmte Risikofaktoren („Red-Flags“) aufweisen. Zu diesen werden das weibliche Geschlecht, eine vorbestehende Migräne oder
Lernstörung sowie eine depressive Erkrankung gezählt. Zusätzlich scheinen das Auftreten von Schwindel sowie die Länge der
initialen Bewusstlosigkeit den Behandlungsverlauf nach Gehirnerschütterung zu protrahieren.
Ein erneutes Trauma, sog. „second hit“,
gilt es in dieser Phase mit postkommotionellen Symptomen (z. B. Kopfschmerzen,
Schwindel, Wattegefühl etc.) dringend zu
vermeiden!
Leider ist es zu Todesfällen bei jungen Sportlern aufgrund eines aus dem zweiten Trauma
resultierenden Hirnödems gekommen (sog.
„Second-Hit-Syndrome“).
Bei einer postkommotionellen Symptomdauer von 3–4 Wochen sollte eine stationäre,
multidisziplinäre Abklärung eingeleitet werden.
In Deutschland wird in den BG-Kliniken ein eigens hierfür entwickeltes stationäres Diagnostikmodul namens „Brain-Check“ angeboten.
Ein interdisziplinäres Team aus verschiedenen,
medizinischen Fachrichtungen erarbeitet mit
dem Sportler und dem Betreuerstab ein individuelles Return-to-Play Konzept.
Postkommotionelles Syndrom
Bei einer posttraumatischen Symptomdauer von über 3 Monaten wird im Allgemeinen
von einem „Postkommotionellen Syndrom“
gesprochen. Hierbei handelt es sich um einen
meist gemischten Symptomkomplex wie z. B.
Kopfschmerzen, Schwindel, Abgeschlagenheit,
Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen, erniedrigte Stresstoleranz sowie Reizbarkeit. Bei
ATOSnews
tektoren zu einer höheren Risikobereitschaft
führt, die in einem Anstieg der Verletzungshäufigkeit resultieren könnte.
Die muskuläre Stabilisierung der Hals/Nacken Muskulatur durch spezifisches Krafttraining wird empfohlen. Eine Auswirkung auf die
Inzidenz einer Gehirnerschütterung ist jedoch
noch nicht ausreichend untersucht.
Eine signifikante Reduktion der Inzidenz
von Gehirnerschütterungen wurde durch Regeländerungen erreicht. So konnte durch ein
Verbot des „Spear Tackles“ (Ausheben des
Spielers mit Kopf Richtung Boden) im Football
und Rugby die Rate an Gehirnerschütterungen
und HWS-Verletzungen gesenkt werden. Ähnliches konnte durch das Verbot des Checkens
von hinten im Eishockey erreicht werden.
Präventiv sollten aggressive oder risikoreiche
Spielweisen schon im Jugendalter unterbunden werden und das „Fair-Play“ als Grundprinzip jeder Sportart vermittelt werden.
Zusammenfassung
Abb. 3: „Leichtes SHT im Sport“ – Handlungsempfehlungen des Bundesinstituts
für Sportwissenschaft
den meist unspezifischen Symptomen sollten
andere Erkrankungen bzw. Verletzungsfolgen
als mögliche Ursache ausgeschlossen werden.
Aufgrund des zunehmenden Interesses
an Kontaktsportarten wird in den Medien
wiederholt über Langzeitfolgen nach repetitiven Gehirnerschütterungen berichtet. Als
mögliche Folge kann es zur Ausbildung einer „Chronisch traumatischen Enzephalopathie“ kommen. Sie wird mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson,
Demenz und Alzheimer in Zusammenhang
gebracht. Die wissenschaftliche Datenlage
ist bisher jedoch nicht ausreichend um eine
diesbezügliche Kausalität zu bestätigen.
Prävention
In Kontaktsportarten wie Rugby und Eishockey ist der Körperkontakt ein wesentlicher
Bestandteil des Spiels. Um die Inzidenz der
Gehirnerschütterungen in diesen Sportarten
zu senken, wurden mehrere Ansätze verfolgt.
Das Tragen von einem Kopfschutz, Helm
oder Mundschutz zeigte keinen wesentlichen
Einfluss auf die Inzidenz der Gehirnerschütterung. Biomechanische Studien konnten jedoch
bestätigen, dass die Stoßwirkung des Traumas
durch o.g. Protektoren abgeschwächt wird, um
so die Anzahl struktureller Verletzungen des
Kopfes zu reduzieren. Andererseits wurde postuliert, dass das Tragen von zusätzlichen Pro-
Die akute Gehirnerschütterung stellt insbesondere bei Kontaktsportarten eine häufige, bisweilen unterschätzte Verletzung dar.
In der Mehrzahl der Fälle (80–90 %) bilden
sich die Symptome einer Gehirnerschütterung innerhalb der ersten 7–10 Tage zurück.
Am Spielfeldrand sollte eine Evaluation des
Sportlers durch diagnostische Module (SCAT
3TM, „Concussion-Recognition-Tool“ ) erfolgen. Eine Behandlung sollte sich an dem Return-to-Play-Protokoll orientieren und ggf.
symptomabhängig individualisiert werden.
Eine erneute Gehirnerschütterung ist bei
noch bestehenden Symptomen aufgrund der
teils drastischen Folgen dringend zu vermeiden („Second Impact Syndrome“).
Literatur beim Verfasser
Dr. Steffen Thier
Dr. Andreas Klonz
Praxis für Unfallchirurgie und Orthopädie
Notfallambulanz, Sportmedizin,
D-Arzt für Schul- und Arbeitsunfälle
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
[email protected]
49 |
::Fachbeiträge
N O T E S
&
N E W S
:: Die „International Shoulder Tour“ macht Station
in Heidelberg
Impressum
Herausgeber
ATOS Klinik Heidelberg
GmbH & Co. KG
Wissenschaftsredaktion
Prof. Dr. Hajo Thermann
Redaktion
Dr. Barbara Voll-Peters
Eichenhainallee 34
51427 Bergisch-Gladbach
Tel.: 02204 97 92 54
Fax: 02204 97 92 55
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Produktmanagement und Anzeigen
Osman Bal
ILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA
W
GIT VERLAG
Boschstrasse 12
69469 Weinheim
Die Reisegruppe der „Schulter Reise“ in der ATOS Klinik Heidelberg.
Im Rahmen einer internationalen „Schulter Reise“ verbrachten 15 Schulter­
experten aus aller Welt (Südkorea, Japan, Australien, Südamerika) vom 26.–27.
November 2015 zwei Tage in der ATOS-Klinik Heidelberg und in Grünstadt, um an
drei Live-Operationen zur Schulterprothetik und einem Workshop teilzunehmen.
Ausrichter war das Deutsche Gelenkzentrum Heidelberg, Prof. Dr. Markus Loew.
Tel.: 06201 606-374
Fax: 06201 606-790
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www.wiley.com
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Grund-Layout
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68161 Mannheim
Produktion
WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA
GIT VERLAG
Herstellung: Christiane Potthast
L ayout: Ruth Herrmann, Ralf Prötzel
Litho: Elke Palzer
Druck: PVA, Landau
V.i.S.d.P.:
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Telefax 06221 983-919
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www.atos.de
Bildnachweis Titelbild:
© vectorfusionart | Fotolia.com
| 50
ATOSnews
Engagement, Empathie und medizinische
Qualität auch im Notfall
10 Jahre Notfallambulanz in der ATOS Klinik Heidelberg
Seit bereits 10 Jahren bietet die Notfallambulanz in der ATOS Klinik Heidelberg rasche
und kompetente Hilfe für akute Verletzungen und Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparates an. Die Patienten und
zuweisenden Ärzte aus Heidelberg, der Metropolregion Rhein-Neckar und auch aus
überregionalen Gebieten wissen diese Möglichkeit inzwischen zu schätzen, so dass das
Notfalltelefon selten stillsteht.
Trotz des hohen Zulaufs ist und bleibt
der Anspruch der Ärzte und des gesamten
Teams, auch für den Notfallpatienten eine
besondere Atmosphäre zu schaffen, in der
er (oder sie) sich wohl, geborgen und gut
aufgehoben fühlen kann. Die Behandlung
erfolgt unter der Leitung von Dr. Andreas
Klonz und Dr. Guido Volk durch einen kleinen
und spezialisierten Kreis von Fachärzten für
Unfallchirurgie und Orthopädie.
Die Wartezeiten sind vergleichsweise sehr
kurz. Soweit erforderlich und sinnvoll, wird
auch die weiterführende Behandlung ohne
Informationsverluste durch den erstbehandelnden Facharzt fortgeführt. Von großem
Vorteil ist die enge Anbindung und Kooperation mit anderen Praxen in der ATOS Klink
mit z. B. allen Möglichkeiten der modernen
radiologischen Bildgebung, oder auch der
rheumatologischen, internistischen oder
neurologischen Abklärung.
Es besteht im Übrigen nicht nur die Möglichkeit zur Behandlung von Privatpatienten
oder Arbeits- und Schulunfällen. Seit 2008
können auch Kassenpatienten mit dem selben Anspruch an Engagement, Empathie und
medizinische Qualität behandelt werden.
Ein spezieller Schwerpunkt liegt in der
Behandlung von Sportlern und Sportverletzungen im Leistungs- und Breitensport. Viele
Sportler stellen sich noch am Wochenende
mit ihren Blessuren vor. Dr. Klonz betreute als Mannschaftsarzt von 2008 bis 2013
die Handballer der Rhein-Neckar-Löwen. Dr.
Volk betreut seit 1997 den aktuellen Deutschen Eishockey-Meister Adler Mannheim.
Meist können Verletzungen mit Verbänden,
Schienen, Medikamenten oder Krankengymnastik behandelt werden. Sollte doch eine
operative Therapie erforderlich werden, so
wird diese innerhalb kurzer Zeit im OP-Programm der ATOS berücksichtigt.
Die Notfallambulanz in der ATOS Klinik
ist damit in den zurückliegenden Jahren weit
mehr als nur eine Alternative zu den üblichen
Ambulanzen in den großen Krankenhäusern
geworden.
Am 2. Oktober 2015 wurde das 10-jährige Jubiläum der Notfallambulanz gebührend
gefeiert.
51 |
::Fachbeiträge
Kreuzbandverletzung bei Kindern
und Jugendlichen
Flache anatomische Doppelbündelrekonstruktion
ist besser als klassische Einbündeltechnik
Von Rainer Siebold
Keywords: Vorderes Kreuzband, Vordere Kreuzbandruptur, Kreuzbandrekonstruktion
Die meisten vorderen Kreuzbandverletzungen bei Kindern und Jugendlichen t­reten
beim Fußball, Skifahren und im Schulsport auf. Die Diagnose wird durch die
klinische Untersuchung und Kernspinaufnahmen (MRT) gestellt. Symptome sind
­
akute S
­ chmerzen, Schwellung und Instabilität. Bleibt die Kreuzbandruptur unbehandelt kommt es durch die Instabilität bei über 50 % der jungen Patienten zu Folge­
schäden am Meniskus. Schmerzen zwingen zur Sportaufgabe und spätestens dann
müssen sich die Kinder und Jugendlichen einer Operation unterziehen, um das vordere Kreuzband und den Meniskus zu reparieren.
Bei einem vorderen Kreuzbandriss im Kindes- und Jugendalter ist die Stabilisierung
des Kniegelenkes durch eine Kreuzbandrekonstruktion extrem wichtig. Denn durch
das meist hohe Aktivitätsniveau treten leider bei über 50 % der Patienten innerhalb
kürzester Zeit Folgeverletzungen des Meniskus auf. Eine alleinige Kreuzbandläsion birgt
ein Arthroserisiko von ca. 10 % nach ca. 25
­Jahren, tritt zusätzlich ein Meniskusschaden
auf, steigt das Arthroserisiko auf sehr hohe
70-90 %! Betrachtet man das jugendliche
Alter der Patienten, so sind Früharthrosen
zwischen dem 25. und 40. Lebensjahr vorprogrammiert. Deshalb steht außer Frage,
dass ein instabiles Kniegelenk bei Kindern
und Jugendlichen nach heutigem Wissensstand durch eine Kreuzbandrekonstruktion
versorgt werden sollte.
Die Standardtechnik zur Rekonstruktion
des vorderen Kreuzbandes bei Kindern und
Jugendlichen ist der Kreuzbandersatz mit
den Kniebeugesehnen in der Single-Bundle Technik. Dabei werden die Semitendino-
| 52
sus- und Gracilissehne 4-fach gelegt und
gemeinsam als ein rundliches breites Transplantat über einen Bohrkanal im Oberschenkel (Femur) und Unterschenkel (Tibia) befestigt. Die Technik hat sich bewährt, da die
Gefahr von Wachstumsstörungen bei einem
reinen Sehnentransplantat ohne Knochenblöcke extrem gering ist.
Neue anatomische Studien u.a. aus unserer Arbeitsgruppe haben allerdings gezeigt,
dass das vordere Kreuzband kein rundliches
dickes Band ist, sondern wie ein Uhrenarmband nur 3–5mm flach, aber dafür 10–12mm
breit ist [2–4]. Auch berichten mehrere aktuelle internationale Studien, dass die Re-ruptur Rate des operierten Kniegelenkes oder
der gesunden Gegenseite bei sehr hohen
20–30 % liegen.
Neue Operationstechnik entwickelt
Deshalb haben wir seit 2013 unsere Operationstechnik komplett umgestellt und rekonstruierten das Kreuzband bei Kindern und
Jugendlichen weltweit erstmals in einer eigens dafür angepassten anatomischen Doppelbündeltechnik mit anteromedialem und
posteromedialem Bündel. Dabei wird der
flache gerade Ansatz am Oberschenkel und
der flache „C“-förmige Ansatz am Unterschenkel durch zwei kleine Bohrkanälchen
am Oberschenkel und zwei kleine Bohrkanälchen am Unterschenkel rekonstruiert. Damit
unterscheidet sich die OP-Technik ganz entscheidend von der „klassischen“ EinbündelTechnik, bei der jeweils ein (zu) großer (nicht
anatomischer) Bohrkanal an Ober- und Unterschenkel angelegt wird.
Durch die neu entwickelte Technik resultiert eine flache anatomische Konfiguration des Sehnentransplantats, d. h. des neuen
Kreuzbandes. Anstelle der Semitendinosusund der Gracilissehne verwenden wir außerdem nur noch die Semitendinosussehne.
Dadurch bleibt die natürliche Funktion der
Gracilissehne erhalten. Auch versuchen wir
das noch vorhandene Kreuzbandgewebe mit
Gefäßen und Nervenfasern im Sinne einer
ATOSnews
Abb. 1 a, b:
Vordere Kreuzbandrekonstruktion
in anatomischer flacher Zweibündeltechnik mit der 4-fachen Semi­
tendinosussehne bei 11-jährigem
Jungen bzw. 13-jährigem Mädchen
mit offenen Wachstumsfugen.
Bei der OP-Technik werden intakte
Restfasern komplett erhalten
(= Augmentation).
a
„Augmentation“ komplett zu erhalten und
flechten die Kreuzbandrekonstruktion in das
noch vorhandene Gewebe ein (Abb. 1a, b).
Das Ergebnis ist ein sehr schonender Kreuzbandersatz mit kleinen Bohrkanälchen und
überzeugenden klinischen Ergebnissen.
In der März-Ausgabe 2016 des europäischen Fachjournals für arthroskopische
Kniechirurgie (KSSTA) haben wir erstmals
unsere klinischen Ergebnisse dazu publiziert
[5]. Dabei haben wir Kinder und Jugendliche mit „klassischer“ Einbündeltechnik (bis
2012) mit der von uns erstmals durchgeführten Doppelbündeltechnik für Kinder und
Jugendliche (ab 1/2013) verglichen. Alle 57
jugendlichen Patienten, die zwischen 2008
und 2014 von uns operiert wurden, konnten
nachuntersucht werden. Dabei wurde neben
einer gründlichen klinischen Untersuchung
und Befragung erstmals auch eine spezielle
roboterunterstützte Messung der Rotationsstabilität beider Kniegelenke durchgeführt
[1, 6]. Das Ergebnis der operierten Seite wurde mit dem Normalbefund des gesunden anderen Kniegelenkes verglichen.
Vordere Kniestabilität und Rotations­
stabilität verbessert
Die Befragung der jungen Patienten erbrachte keinen wesentlichen Unterschied beider
Gruppen, jedoch war die vorderer Kniestabilität (gemessen mit dem KT-1000) und die
Rotationsstabilität (gemessen mit dem Roboter) in der Doppelbündelgruppe deutlich
besser. So stimmte das mittlere Gelenkspiel
bei 59 % der Single Bundle Patienten und
b
100 % der Doppelbündelpatienten mit dem
des gesunden Kniegelenkes überein. Damit
wird die biomechanische Überlegenheit der
Doppelbündelmethode eindrucksvoll belegt.
Die neuerliche Verletzungsrate (=Rerupturrate) nach Kreuzbandrekonstruktion konnte von 26 % in der Einbündelgruppe auf 14 %
in der Doppelbündelgruppe deutlich gesenkt
werden. Interessanterweise traten 92 % aller
Rerupturen in den ersten 16 Monaten nach
der Operation auf, davon die meisten innerhalb von 12 Monaten. Die frühen erneuten
Verletzungen belegen, dass sich die jungen
Patienten nach der Kreuzbandrekonstruktion
nicht ausreichend Zeit für die Rehabilitation
und die Rückkehr zum Sport nehmen. Bei keinem Patienten traten Wachstumsstörungen
am Kniegelenk auf. Dies bestätigt die Unbedenklichkeit der Doppelbündeltechnik bei offenen Wachstumsfugen.
Die flache anatomische Doppelbündeltechnik zur Rekonstruktion des Kreuzbandes mit
der Semitendinosussehne zeigt eine deutlich
geringere Re-Verletzungsrate als die Einbündeltechnik und deutlich gebesserte Stabilitätswerte. Damit hat sich die von uns entwickelte neue Technik der Rekonstruktion
der anteromedialen und posteromedialen
Kreuzbandfasern bei Kindern und Jugendlichen eindeutig bewährt und ist für uns klare
Therapie der Wahl in dieser Altersgruppe. Die
OP-Technik ist operativ sehr anspruchsvoll
und sollte deshalb nur von absoluten Kreuzbandspezialisten durchgeführt werden, die
viel Erfahrung mit der Doppelbündeltechnik
auch bei Erwachsenen haben.
Fazit
Zur Wiederherstellung der Funktion und
zum Schutz des Meniskus und des Knorpels ist die Stabilisierung des kindlichen
und jugendlichen Kniegelenkes durch eine
Kreuzbandrekonstruktion heute Therapie
der Wahl. Folgeschäden am Meniskus sind
bei Knieinstabilität eine gefürchtete Komplikation und können durch eine rechtzeitige Kreuzbandrekonstruktion meist vermieden werden. Der Kreuzbandersatz kann bei
Reruptur wiederholt werden, ein verlorener
Meniskusanteil ist ein unwiederbringlicher
Verlust an Stoßdämpfer und führt unweigerlich zur (Früh-)Arthrose.
Prof. Dr. Rainer Siebold
HKF – Internationales Zentrum für Hüft-,
Knie- und Fußchirurgie, Sporttraumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
53 |
::Fachbeiträge
Literatur
1.Branch TP, Stinton SK, Siebold R,
Freedberg HI, Jacobs CA, Hutton
WC (2015) Assessment of knee
laxity using a robotic testing device:
a comparison to the manual
clinical knee examination.
Knee Surg Sports Traumatol
Arthrosc
2.Oka S, Schuhmacher P, Brehmer A,
Traut U, Kirsch J, Siebold R (2016)
Histological analysis of the tibial
anterior cruciate ligament
insertion. Knee Surg Sports
Traumatol Arthrosc
24:747-753
N O T E S
&
3.Siebold R (2014) “Ribbonlike” DoubleBundle ACL Reconstruction with
Restoration of “C”-Shaped Tibial
­Insertion Site. In: Siebold R, Dejour D,
Zaffagnini S (eds) Anterior Cruciate Ligament Reconstruction. Springer
Berlin Heidelberg, pp 291-295
4.Siebold R, Schuhmacher P,
Fernandez F, Smigielski R, Fink C,
Brehmer A, Kirsch J (2015) Flat
midsubstance of the anterior
cruciate ligament with tibial
„C“-shaped insertion site. Knee
Surg Sports Traumatol Arthrosc
23:3136-3142
5.Siebold R, Takada T, Feil S, Dietrich C,
Stinton SK, Branch TP (2016) Anatomical „C“-shaped double-bundle versus
single-bundle anterior cruciate ligament reconstruction in pre-adolescent
children with open growth plates.
Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc
24:796-806
6.Stinton SK, Siebold R, Freedberg H,
Jacobs C, Branch TP (2016) The use
of a robotic tibial rotation device and
an electromagnetic tracking system
to accurately reproduce the clinical
dial test. Knee Surg Sports Traumatol
­Arthrosc 24:815-822
N E W S
:: 5. Shoulder Arthroplasty Convention in München
Vom 15.–17. Oktober 2015 fand in der „Alten K­ ongresshalle“ in
München die „Shoulder Arthroplasty Convention 2015“ statt,
ver­anstaltet von den Teams des Deutschen Gelenkzentrums
­Heidelberg und des Deutschen Schulterzentrums. Es war seit
2006 der fünfte von Prof. Habermeyer und Prof. Loew gemeinsam organisierte Kongress über Innovationen in der Schulter­
endoprothetik und gleichzeitig ein Jubiläumsmeeting zu einem
halbrunden Geburtstag.
Mehr als 250 Teilnehmer aus 37 Nationen, von Neuseeland
bis Chile, folgten den Vorträgen der weltweiten Meinungsführer
auf diesem Gebiet, beobachteten 4 Live Operationen, diskutierten aktiv und nahmen an Workshops teil, um selbst die Implantation von Schulterprothesen zu üben. Ein großartiger Erfolg
für alle, die sich bestimmt in zwei Jahren bei der „­Shoulder
­Arthroplasty Convention 2017“, wieder treffen werden.
| 54
Die Organisatoren Prof. Habermeyer (links) und Prof. Loew
ATOSnews
Kasuistik:
Kombinationsdeformitäten von Hüft- und
Kniegelenk bei kleinwüchsigen Patienten
Von Fritz Thorey
Keywords: Deformität, Hüfte, Knie, Endoprothetik
Deformitäten von Hüft- und Kniegelenk findet sich vor allem bei
Patienten, die aufgrund unterschiedlicher Erkrankungen rollstuhlpflichtig sind und/oder Syndrome mit Beteiligungen des
muskulo-skelettalen Bewegungsapparates aufweisen. Beim Vorliegen von Beugekontrakturen von Hüft- und Kniegelenk ist eine
Versorgung von beiden Gelenken in einer Operation sinnvoll.
Fazit
Bei einem 26-jährigen Patienten besteht eine deformierende Arthrose von Hüfte und Knie. Eine Voroperation
des proximalen Femurs mit Plattenosteosynthese erhielt
der Patient vor 3 Jahren. Aktuell besteht keine Gehfähigkeit aufgrund stärkster Schmerzen.
Vor 6 Monaten erhielt der Patient nach Entfernung der
Platte am Femur eine Hüft-Endoprothese mit tripolarer Pfanne und einem speziellen Schaft. Ebenso benötigte er eine gekoppelte Knie-Endoprothese, da aufgrund der Deformität und der Bandinsuffizienz kein
anderes Implantat sinnvoll war. Er wurde anschließend
mit schmerzadaptierter Belastung mobilisiert. Ziel ist es,
wieder an einem Rollator mobil zu sein.
Die Versorgung dieses Patientgutes ist teilweise komplex
und fordert eine exakte Indikationsstellung und operative
Versorgung. Wichtig ist, die Erwartungshaltung gerade
dieser Patienten in einem Gespräch zu ermitteln, um keine
Hoffnungen auf Operationsergebnisse zu wecken, die aufgrund von Vorerkrankungen nicht erreichbar wären.
Prof. Dr. Fritz Thorey
HKF – Internationales Zentrum für Hüft-, Knie- und
Fußchirurgie, Sporttraumatologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
www.hkf-ortho.de
Abb.1 :
Hüftarthrose mit
einliegender Femurosteosynthese
sowie defomierte
Kniearthrose (A).
Nach Implantation von Hüft- und
Knie-Sonder­
endoprothesen (B)
55 |
::Fachbeiträge
Epilepsie im Kindesalter
Von Cornelia Bußmann
Keywords: Epilepsie, Fieberkrampf, Säuglingsepilepsie, Absence
Epilepsie ist die häufigste chronische Erkrankung des Nerven­
systems. Im Kindesalter ist sie häufiger als die viel besser bekannten chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Rheuma.
Ca. 1 % der Bevölkerung in Europa leidet unter einer Epilepsie,
50–60 % treten im Kindesalter auf [1]. Bei optimaler Therapie
können mehr als 70 % der Patienten anfallsfrei werden. Voraussetzung für die bestmögliche Therapie ist die korrekte Diagnose
der Epilepsie bzw. des Epilepsiesyndroms.
Der Begriff ‚Epilepsie‘ leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet ‚ergriffen‘ oder ‚gepackt‘ sein. Damit wird gut beschrieben, dass
dem betroffenen Mensch ‚etwas passiert‘, das
er nicht selbst steuern kann. Etwa 5 % aller
Menschen erleiden im Laufe ihres Lebens einen epileptischen Anfall. Ein einzelner Anfall
ist noch nicht gleichbedeutend mit einer Epilepsie, sondern kann unter bestimmten Bedingungen bei jedem Menschen auftreten, z. B.
bei einer schweren Kopfverletzung oder einer
akuten Erkrankung. Von einer Epilepsie spricht
man erst dann, wenn sich epileptische Anfälle
ohne äußere Provokation wiederholen.
Fieberkrämpfe
Etwa 3 % aller Kinder erleiden bis zum 7. Lebensjahr einen Fieberkrampf. Betroffen sind
in aller Regel normal entwickelte Kinder im
Alter von sechs Monaten bis fünf Jahren. Solange diese Krämpfe nur bei Fieber bzw. im
Rahmen eines Infekts auftreten, gelten sie
nicht als Epilepsie. Der erste Fieberkrampf
ihres Kindes ist für Eltern ein völlig unerwar-
| 56
tetes und oftmals sehr dramatisches Ereignis, bei dem viele um das Leben ihres Kindes
fürchten. Die Prognose auch von wiederholt
auftretenden Fieberkrämpfen ist allerdings
sehr gut, die weitere Entwicklung der Kinder
ist unbeeinträchtigt. Nur in wenigen Fällen
können fiebergebundene Anfälle auch ein
erstes Zeichen für eine beginnende Epilepsie
sein. Das spätere Epilepsierisiko erhöht sich
nur geringfügig von 0,5–1 % auf ca. 3 % [2].
Da ein Fieberkrampf in seltenen Fällen
auch erstes Symptom einer Hirnhautentzündung (Meningoenzephalitis) sein kann, sollte bei einem ersten Fieberkrampf immer eine
unmittelbare ärztliche Vorstellung erfolgen
und insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern die Indikation zu einer Lumbalpunktion großzügig gestellt werden.
Das generelle Wiederholungsrisiko für
Fieberkrämpfe beträgt ca. 30 %. Eine medikamentöse Dauertherapie ist in der Regel
nicht erforderlich. Die meisten Fieberkrämpfe enden spontan innerhalb von 2–3 Minuten. Bei einer Dauer von mehr als 5 Minuten
sollte der Anfall mit Hilfe eines schnell wirk-
samen, oral oder rektal zu verabreichenden
Notfallmedikaments unterbrochen werden.
Anfallsformen
Viele Menschen denken bei Epilepsie zunächst an dramatisch anzusehende Anfälle
mit Muskelzuckungen (klonisch), verkrampften Muskeln (tonisch) und Bewusstseinsverlust, den so genannten Grand mal-Anfall.
Doch epileptische Anfälle können auch ganz
anders aussehen. Einige Kinder nesteln zum
Beispiel bei einem Anfall nur wenige Augenblicke unmotiviert an einem Kleidungsstück
oder schlucken und schmatzen ohne Grund.
Bei anderen zuckt nur eine Hand/eine Extremität und andere haben auf einmal seltsame, nicht erklärbare Sinneswahrnehmungen
(Aura). Wieder andere scheinen einen Moment lang wie weggetreten (Absence). Nicht
bei allen Anfällen kommt es zu einem Bewusstseinsverlust. Bei einem Teil der epileptischen Anfälle ist das Bewusstsein vollständig erhalten, bei einigen ist das Bewusstsein
eingeschränkt.
ATOSnews
Aura
Manche epileptischen Anfälle beginnen mit
einer sogenannten Aura: Die betroffenen
Kinder bemerken dabei ungewöhnliche Sinneseindrücke wie zum Beispiel Kribbeln in
einer Extremität, Sehstörungen/Halluzinationen oder merkwürdige Geschmacks- oder
Geruchseindrücke. Andere spüren seltsame
Empfindungen im Bauch oder vom Bauch
her aufsteigend (epigastrische Sensationen).
Einige Kinder erkennen an der Aura, dass
ein größer Anfall kurz bevorsteht. Eine Aura
kann aber ebenso gut das einzige Symptom
eines Anfalls sein und bleiben. Eine Aura ist
ein kurzer Anfall, der in einer sehr begrenzten Region des Gehirns abläuft. Sie kann in
der Regel nicht von Außenstehenden beobachtet werden, da es sich um eine reine
Sinneswahrnehmung handelt. Es ist wichtig,
Kinder mit einer Epilepsie genau danach zu
befragen, da Aura-Symptome Rückschlüsse
auf die anfallsauslösende Hirnregion ermöglichen.
Abb. 1: Setzen einer EEG-Haube zur Ableitung eines Elektroenzephalogramms (EEG)
Absencen
Epileptische Anfälle, die eher unauffällig
sind und daher möglicherweise zunächst
übersehen werden, sind Absencen. Absencen sind epileptische Anfälle, die durch eine
kurze Abwesenheit mit fehlender Ansprechbarkeit und durch eine Erinnerungslücke gekennzeichnet sind. Absencen kommen bei
Klein- und Schulkindern am häufigsten vor
und sind bei Kindern allgemein die mit Abstand häufigste Form epileptischer Anfälle.
Sie kommen auch bei Jugendlichen und Erwachsenen vor, werden aber mit zunehmendem Alter immer seltener [3]. Weil Absencen so kurz sind und die Betroffenen selbst
nichts merken, bleiben sie oft lange unerkannt, werden als Unaufmerksamkeit („verträumte“ Kinder, „Hans Guck-in-die-Luft“)
oder – besonders in der Schule – auch als
Konzentrationsstörung oder fehlender Wille
missverstanden.
Säuglingsepilepsien
Im Säuglingsalter können epileptische
Krampfanfälle sehr uncharakteristisch aus- ➔
Abb. 2: EEG bei einer Okzipitallappen-Epilepsie
57 |
::Fachbeiträge
N O T E S
&
N E W S
:: M
it Einfühlung und Respekt
Neues Fachgebiet an der ATOS Klinik Heidelberg:
Dr. med. Cornelia Bußmann eröffnet Praxis für Kinderneurologie
überall dringend gesucht, und auch Dr.
Bußmann hatte viele Angebote – wollte
aber aus familiären Gründen in der Region bleiben.
Die Verbindung zu den anderen Fachrichtungen der ATOS Klinik Heidelberg ist für
Dr. Bußmann ideal, denn bei vielen orthopädischen Fragestellungen im Kindesalter ist es wichtig, eine ursächliche neurologische Störung abzuklären, um diese
auch adäquat therapieren zu können.
Dr. med. Cornelia Bußmann
Kinderheilkunde als Fach hat Dr. Bußmann schon immer interessiert, da es ein
sehr umfassendes Fachgebiet ist – sozusagen die gesamte innere Medizin für
das Kind. Die Ärztin stammt aus Hameln;
nach Stationen in Kiel, Paris und Montréal ist sie nun seit 20 Jahren in Heidelberg zuhause. Dass sie selbst zwei Kinder
im Grundschulalter hat, hilft ihr in ihrer
Praxis sehr, „denn so manche praktische
Frage der Eltern lernt man nicht in Studium und Klinik, sondern im Alltag mit den
eigenen Kindern“.
Seit 13 Jahren widmet sich Dr. Bußmann
uneingeschränkt der Kinderneurologie,
einem Fach, das deutschlandweit knapp
besetzt ist. Im Großraum Heidelberg ist
die Praxis von Dr. Bußmann die einzige ausschließlich kinderneurologische
Spezialpraxis. Kinderneurologen werden
| 58
In ihrer Praxis sieht Dr. Bußmann Kinder aller Altersstufen, vom Säugling bis
zum Jugendlichen. „Viele verbinden mit
Kinderneurologie Kinder mit Behinderungen“, erläutert Dr. Bußmann. Diese
Patienten sind ihr sehr wichtig, aber das
medizinische Spektrum geht weit darüber
hinaus. Sie beurteilt die Entwicklung ehemaliger Frühgeborener, Bewegungs- und
Entwicklungsauffälligkeiten sowie Kopfschmerzen, genetische Syndrome und
neuromuskuläre Erkrankungen.
Dr. Bußmann ist Expertin für Epilepsie,
die im Säuglingsalter oft schwer zu erkennen ist und die im Kindesalter von
kaum wahrnehmbaren Absencen bis zu
schweren Anfällen reichen kann. In der
Universitätskinderklinik Heidelberg war
sie zwei Jahre auf der Spezialstation für
Epilepsiediagnostik tätig, bevor Dr. Bußmann Oberärztin am Sozialpädiatrischen
Zentrum wurde, das sie zuletzt leitete;
eine Einrichtung mit Kinderneurologen,
Psychologen, Therapeuten und Sozialpädagogen.
Einigen ihrer Patienten kann nach einer
differenzierten Untersuchung bereits mit
gezielter Krankengymnastik und Ergotherapie sehr gut geholfen werden. Bei vielen
neurologischen Erkrankungen ist es insbesondere wichtig, die Eltern einfühlsam
zu stützen, indem man sich Zeit nimmt,
ihnen zuhört und ihnen fundierte Informationen über die Krankheit ihres Kindes
gibt. Denn natürlich sind viele Eltern sehr
verunsichert und in Sorge um ihr Kind.
Dass sie in einem Fachgebiet arbeitet, in
dem Dr. Bußmann ihren Patienten oft kein
Versprechen auf Heilung geben kann –
„diese Tatsache bedrückt mich natürlich
auch, ich würde die Kinder lieber alle heilen können, aber diese Möglichkeit bietet
die Medizin leider in vielen Fällen aktuell nicht. Dennoch kann ich den Kindern
durch Festlegung geeigneter Therapien,
Hilfsmittel und soweit erforderlich Medikation helfen und Folgeprobleme minimieren oder sogar vermeiden“.
Die Arbeit mit chronisch kranken Kindern
und ihren Eltern erlebt Dr. Bußmann als
persönliche Bereicherung, und sie hat Respekt vor den Familien: „Es ist großartig,
mit welcher Energie viele dieser Kinder
und Familien ihren Weg gehen und individuelle Lösungen für unüberbrückbar erscheinende Hindernisse finden. Das relativiert die eigene Welt und macht dankbar
und demütig.“
Informationen unter
www.kinderneurologie-heidelberg.de
ATOSnews
sehen. So äußern sie sich bei sehr jungen
Säuglingen häufig als Atempausen (Apnoe)
oder kurzes Innehalten, z. T. begleitet von
einem Abweichen der Augen zu einer Seite
(Augendeviation), Lidflattern oder rollenden/zuckenden Augenbewegungen (Nystagmus). Sofern Muskelzuckungen (Kloni) auftreten, betreffen diese oft nur eine
umschriebene Körperregion, die im Laufe
eines Anfalls auch wechseln kann. Weitere Anfallssymptome können wiederholtes
Schmatzen oder Vorschieben der Zunge
sein [4].
Bei einer anderen Anfallsform des Säuglingsalters kommt es zu einem plötzlichen
schreckhaften Öffnen der Augen und beide
Arme werden zur Seite hochgerissen. Dies
wiederholt sich mit kurzen Pausen in Serien.
Diese so genannten BNS-Anfälle (Westsyndrom) müssen frühzeitig als Epilepsieform
erkannt werden, da sie bei dem betroffenen
Säugling unbehandelt zu einem Entwicklungsstillstand oder sogar Entwicklungsrückständen führen können.
Da epileptische Anfälle insbesondere im
jungen Säuglingsalter auch für Experten
nicht immer leicht zu erkennen sind, sollten
Eltern versuchen, die fraglichen Zustände in
einem Video zu dokumentieren. Eher anfallsverdächtig sind Episoden, die sich in gleicher
Art und Weise mehrfach wiederholen und
untypisch für das Alter des Kindes erscheinen, die nicht durch Berührung des Kindes
gestoppt und andererseits auch nicht nur
durch Lageveränderung des Kindes ausgelöst werden können.
Säuglingsmyoklonien
Viel häufiger als epileptische Anfälle gibt es
im Säuglingsalter eine Vielzahl von gutartigen nicht-epileptischen motorischen Phänomenen. Zu diesen gehören u.a. Schlafmyoklonien, bei denen es sich um kurze
rhythmische Zuckungen handelt, die nur
im Schlaf auftreten und durch Wecken des
Kindes unterbrochen werden können. Auch
wenn Zuckungen (Myoklonien) durch Festhalten der betroffenen Extremität zu unterbrechen sind, spricht das gegen ein epileptisches Phänomen [5].
Abb. 3 und 4: Screenshots aus dem Schulungsprogramm „Epilepsie
für Familien“ (FAMOSES) für Kinder mit Epilepsie und deren Eltern (mit
freundlicher Genehmigung der MOSES-Geschäftsstelle).
Der erste epileptische Anfall
Jeder erste epileptische Anfall kann das erste
und möglicherweise über längere Zeit auch
das einzige Zeichen einer akuten Schädigung des Gehirns sein. Deshalb muss er immer Anlass zu einer möglichst umgehenden
Untersuchung beim Kinderarzt bzw. Kinderneurologen sein. Vom Ergebnis dieser Untersuchung hängen alle weiteren Entscheidungen ab. Die Diagnostik umfasst die Messung
der Hirnstromkurven (Elektroenzephalographie =EEG, Abb. 1 und 2), eine Blutuntersuchung und zum Ausschluss einer anderen
Ursache oftmals noch ein Elektrokardiogramm (EKG). Je nach Befund können weitere Untersuchungen wie eine Kernspintomographie (MRT) und in Einzelfällen auch eine
Lumbalpunktion zur Untersuchung des Hirnwassers erforderlich sein.
➔
59 |
::Fachbeiträge
Literatur
1.Forsgren L: Incidence and
­prevalence. In: Wallace SJ, Farrell
K, eds. Epilepsy in children, 2nd
edn. London: Arnold, 2004: 21–25
2.Patel N. et al. Febrile Seizures.
BMJ 2015 Aug 18:351-360
3.Park JT et al. Common pediatric
epilepsy syndromes. Pediatr Ann.
2015 Feb;44(2):e30-5
4.Mizrahi E, Watanabe K. Symptomatic neonatal seizures. In: Roger
J, Bureau M, Dravet C, Genton
P, Tassinari CA, Wolf P, editors.
Epileptic syndromes in infancy,
childhood and adolescence. 5.
London: John Libbey & Co Ltd;
2012. pp. 15–31.
5.Singer H, Mink J, Gilbert D,
­Jankovic J. Transient and
­Developmental Movement
­Disorders in Children. Movement
Disorders in Childhood 2. Elsevier;
2016 pp 69-77.
6.Dunn DW, Kronenberger WG:
Childhood epilepsy, attention
problems, and ADHD: review and
practical considerations. Semin
Pediatr Neurol 2005; 12: 222–8.
Wichtig ist, dass ein normales EEG eine Epilepsie nicht sicher ausschließt. Bei einigen Kindern sind wiederholte EEG-Ableitungen oder
sogar spezielle EEG-Untersuchungen wie ein
Schlaf-EEG oder ein Langzeit-EEG erforderlich.
Therapie
Die primäre Therapie einer Epilepsie erfolgt
medikamentös. Die Wahl des Antiepileptikums richtet sich vor allem nach dem vorliegenden Epilepsiesyndrom. Je genauer die
Epilepsie des Kindes einem speziellen Epilepsiesyndrom zuzuordnen ist, desto gezielter
kann die Behandlung erfolgen. Bei optimaler Therapie werden mehr als 70 % der Kinder
dauerhaft anfallsfrei.
Sofern medikamentös keine Anfallsfreiheit erreicht wird, muß evaluiert werden, ob
das Kind für einen epilepsiechirurgischen
Eingriff in Frage kommt. Dies kommt nur bei
einer fokalen Epilepsie in Frage, d. h. einer
Epilepsie, die ihren Ursprung in einer ganz
umschriebenen Hirnregion nimmt.
Eine andere Behandlungsmöglichkeit besteht in einer speziellen Diät (ketogene Diät),
bei der die Patienten eine kohlenhydratarme,
sehr fettreiche Nahrung zu sich nehmen. Da
diese Diät große Einschränkungen in der Lebensqualität mit sich bringt, wird sie nur bei
sehr schweren Epilepsieformen eingesetzt.
In der Regel keine Anfallsfreiheit, aber
eine deutliche Anfallsreduktion kann mit
Hilfe eines elektrischen Stimulators erzielt
werden, der wie ein Herzschrittmacher unter dem Schlüsselbein unter die Haut implantiert wird (Vagusnervstimulator = VNS).
Durch regelmäßige Stimulation eines Hirnnerven, des Vagusnerven, können epileptische Anfälle unterdrückt werden.
angeboten (siehe Abb. 3 und 4). Bei diesen
werden neben Informationen zur Diagnose
Epilepsie auch vorherrschende Einstellungen und Meinungen reflektiert und Strategien und Verhaltensweisen für den Alltag erarbeitet.
Im Umfeld der Kinder wie Freundeskreis,
aber auch Kindergarten und Schule herrscht
häufig eine große Unsicherheit bezüglich der
Diagnose und dem Umgang mit dem an einer Epilepsie erkrankten Kind. Dabei gilt zunächst zu vermitteln, daß es nicht die EINE
Epilepsie gibt, sondern dass es sich um ein
sehr heterogenes Krankheitsbild mit individuellen Verläufen und Umgebungsbedingungen handelt. Die Mehrzahl aller Kinder
mit einer Epilepsie sind normal intelligent.
Zum Teil aufgrund der Epilepsie, zum Teil
auch aufgrund der Nebenwirkungen der
Therapie können bei ihnen aber häufiger Teilleistungsstörungen oder Aufmerksamkeitsprobleme auftreten [6]. Sofern das Umfeld
darauf vorbereitet ist, kann dies frühzeitig
erkannt und das Kind durch entsprechende
Maßnahmen unterstützt werden.
Schulung
Da die Diagnose einer Epilepsie ihres Kindes
für die meisten Familien ein einschneidendes Ereignis darstellt, sollte wo immer möglich die Teilnahme an speziellen Schulungen angestrebt werden. In dem modularen
Schulungsprogramm Epilepsie für Familien
(FAMOSES) werden für betroffene Familien separate Eltern- und Kinderschulungen
| 60
Dr. Cornelia Bußmann
Praxis für Kinderneurologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
www.kinderneurologie-heidelberg.de
ATOSnews
PR-Beitrag
CDS®-Serie von albrecht:
Kleiner, leichter und flexibler bei Redression
Deutlich kleiner als bisher sind die neuen Gelenke der dynamischen Redressionsschienen der CDS®-Serie von albrecht. Dank des überarbeiteten
Designs mit verstellbaren Spangenelementen sinkt auch das
Gewicht der Orthesen, und der
Tragekomfort wird weiter verbessert. Unverändert bleiben
dagegen die bewährten Stärken der CDS®-Reihe: der anpassbare Redressionsbereich
sowie das Beibehalten der individuell einstellbaren Federkraft beim werkzeuglosen Einund Ausschalten der Schiene.
Insbesondere ist auch ein
optimaler Einsatz bei der
Versorgung von Kindern
gewährleistet.
Bei den CDS®-Schienen
von albrecht sorgt ein pa-
N O T E S
&
tentierter Mechanismus dafür, dass die individuelle Einstellung der Federkraft erhalten
bleibt, auch wenn der Patient die Schiene
deaktiviert und ablegt. Nach dem
erneuten Anlegen und Wiederanschalten entfaltet sie wieder die
definierte Kraft.
Die Wirkung der dynamischen
Redression mit CDS®-Orthesen
wurde kürzlich auch in einer kontrollierten, randomisierten klinischen
Studie bestätigt. Bei Streckdefiziten
am Knie wurde eine Patientengruppe
mit und eine ohne CDS®-Schienen behandelt. Die Gruppe mit den Orthesen
erzielte eine signifikant stärkere Reduktion
des Streckdefizits als die Kontrollgruppe.
Abb.1: Dynamische
Redressionsschiene
aus der CDS®-Serie
von albrecht
Die dynamische Redression hilft Patienten
mit weichteilbedingten Bewegungseinschränkungen, wie sie nach einem Trauma
oder operativem Eingriff vorkommen. Sie
dehnt Muskeln, Sehnen und Bänder durch
die Einwirkung einer kontrollierten dynamischen Federkraft (Controlled Dynamic
Stretch, CDS®).
Der kontinuierliche Dehnungsreiz auf
das verkürzte Gewebe trägt dazu bei, den
Bewegungsumfang wieder zu erweitern,
gleichzeitig lässt die Schiene die natürliche Bewegung zu. Dehnung und zyklische
Gewebebelastung, etwa beim Gehen, regen Stoffwechsel und Durchblutung im
kontrakten Gewebe an.
Die albrecht GmbH entwickelt und produziert Medizinprodukte für Orthopädie,
Neurologie und Verbrennungsmedizin. Das
mittelständische Familienunternehmen mit
Sitz im bayerischen Stephanskirchen feierte 2015 sein zwanzigjähriges Bestehen.
N E W S
:: Dr. Tauber zum Associate Professor der
Paracelsus Universität Salzburg ernannt
Am 1. Dezember 2015 wurde dem Ärztlichen Direktor der
ATOS Klinik München, Privatdozent Dr. med. Mark Tauber,
von der Paracelsus Medizinischen Universität (PMU) Salzburg der Titel des Associate Professors verliehen. Die erste
private Medizinuniversität in Österreich, welche zwischenzeitlich auch einen Standort in Nürnberg betreibt, würdigt
damit die Leistungen in Wissenschaft und Lehre, die von
Dr. Tauber in den letzten Jahren erbracht wurden. Seine
rege Publikationstätigkeit sowie Einladungen zu diversen
nationalen und internationalen Fachtagungen auf seinem
Spezial­
gebiet der Schulterchirurgie sind Ausdruck dieses
wissenschaftlichen Engagements.
(v.l.n.r.) Prof. Pirich, Dekan für Studium und Lehre der PMU
Salzburg, Dr. Tauber, Associate Professor, Dr. Alexander Auffarth,
Leitender O
­ berarzt der Universitätsklinik für Unfallchirurgie Salzburg.
61 |
::Fachbeiträge
Diagnose, Therapie und Prävention von
Pilzerkrankungen am Beispiel Onychomykose
– mit Disziplin und Geduld zum Erfolg
Von Claudia Jäger
Keywords: Mykosen, Nagelpilz, Laser
Mykosen sind durch Dermatophyten, Hefen oder Schimmelpilze
verursachte Infektionskrankheiten, die sowohl durch eine primäre Infektion mit direktem Erregerkontakt als auch durch Sekundärinfektionen oder als Folge einer Antibiotikatherapie auftreten können. Fast jeder Dritte ist in Deutschland davon betroffen.
Während systemische Mykosen sehr selten sind und v.a. bei Immunsupprimierten
schwerwiegende Erkrankungen der inneren
Organe verursachen, betreffen oberflächliche Mykosen Schleimhäute, Haut oder Nägel.
Prädispositionen sind:
-- Alter
-- Erbliche Prädisposition
-- Immundefekte
-- Adipositas
-- Diabetes mellitus
-- Feuchtes Klima und starkes Schwitzen
-- Immunschwäche
-- Rauchen
-- Durchblutungsstörungen
-- Psoriasis
-- Vorgeschädigte Nägel
-- Mangelernährung
Eine besonders häufige Form der Pilzerkrankung ist die Onychomykose (Nagelpilz). Sie
gilt als eine der am schwierigsten zu behandelnden Pilzinfektionen. Betroffen sind 1418 % der Bevölkerung, bei den über 70-Jährigen ist sogar jeder Zweite infiziert. Zunächst
| 62
ist die Onychomykose vor allem ein optisches
Problem, der Leidensdruck ist hoch. Bleibt die
Erkrankung unbehandelt, droht eine Ausbreitung der Infektion auf weitere Nägel, auf die
Haut von Händen und Füßen oder auch auf
das übrige Integument. Die Betroffenen sind
eine dauerhafte Ansteckungsquelle sowohl
für sich selbst als auch für andere. Eine individuelle, konsequente und langwierige Therapie
ist daher zu empfehlen und verspricht gute
Heilungschancen.
Onychomykose – Nagelpilz
Die Onychomykose macht rund ein Viertel aller Nagelerkrankungen aus; nur ca. 50 % der
optisch als Onychomykose eingestuften Nagelveränderungen sind tatsächlich eine Nagelpilzerkrankung. Dabei handelt es sich um
eine chronische Pilzinfektion der Fuß- oder
Fingernägel, die langfristig die Nagelplatte
zerstört und vorwiegend an vorgeschädigten Nägeln auftritt. Ursachen für diese Basisschäden sind Traumata, Durchblutungsstörungen, neurogene Störungen oder eine
Onychodystrophie.
Unterschieden werden die distale subunguale Onychomykose, die deutlich seltener vorkommende proximale subunguale Onychomykose sowie die ebenfalls seltenere weiße
oberflächliche Onychomykose. Maximalund Endform ist jeweils die totale dystrophische Onychomykose, die oft einzelne Nägel
ausspart.
Unbehandelt schreitet die Onychomykose
fort. Auch wenn das Risiko für systemische
Krankheiten zu vernachlässigen ist: Die Onychomykose kann Eintrittspforte für gravierende bakterielle Erkrankungen wie ein Erysipel (Wundrose) sein.
Der Nagel und seine Funktion
Der Nagel besteht aus totem Gewebe ohne
Zugriff auf das Immunsystem.
Der sichtbare Teil ist die bis zu 0,75 mm
starke Nagelplatte, die auf dem Nagelbett
aufliegt. Sie besteht aus 100 bis 150 Hornzellschichten, die an der Nagelwurzel gebildet werden. Sie wird auch als Nagelmatrix
bzw. Wachstumszone benannt, ihr sichtbarer Teil ist als Lunula bzw. „weißer Nagel-
ATOSnews
Ursachen der Onychomykose
Auslöser einer Onychomykose sind folgende
Erreger:
-- Dermatophyten (Faden- oder Hautpilze)
als mit Abstand häufigster Erreger. Dabei
kommt Trichophyton rubrum mit 84 %
weitaus häufiger vor als Trichophyton
mentagrophytes
-- Candida albicans (Hefepilz)
-- Mischinfektionen aus Mykosen und
Bakterien
-- Sehr selten: andere Erreger, wie
Scopulariopsis brevicaulis (Schimmel­
pilze), ­kommen gehäuft bei schweren
Basis­schäden vor.
Wer ist besonders gefährdet?
Mit Pilzen und ihren Sporen kommt jeder
täglich in Kontakt. Sei es in Hotels, im Fitnessstudio, beim Schuhkauf oder über bereits betroffene Nägel. Sie sind innerhalb
eines enorm breiten Temperaturspektrums
von –20 bis +80 °C lebensfähig. Optimal
© Quelle: Taurus Pharma GmbH
mond“ zu sehen. Seitlich werden die Nägel
vom Nagel­wall umgeben.
für eine virulente Form der Erreger ist eine
feuchte „Kälte“ von 25-28 °C. Daher sind bevorzugt Menschen mit Durchblutungsstörungen an den Füßen wie Diabetiker oder
Raucher betroffen. Aber auch eine familiäre Veranlagung oder eine Abwehrschwäche
des Körpers können die Manifestation einer
Onychomykose begünstigen.
Das Risiko einer Nagelpilzinfektion steigt
auch mit zunehmendem Alter in Abhängigkeit von der nachlassenden Wachstumsgeschwindigkeit der Nägel. Besonders betroffen sind Menschen über 70 Jahre: In dieser
Altersgruppe ist jeder Zweite betroffen.
Zwar leiden Kinder und junge Menschen
seltener unter Nagelpilz, die Tendenz ist jedoch steigend. Ursache ist das veränderte Freizeitverhalten und
der zunehmende Wellness- und Fitnesskult.
Damit verbunden
sind häufige
Besuche öffentlicher Einrichtungen in einer
Kombination mit feuchtem Klima in engen
Schuhen. Ein weiterer Faktor, der die Ausbreitung von Fußpilz begünstigt, ist die mechanische Belastung von Füßen und Nägeln
bei Sport und Spiel. Sie kann zu Mikroverletzungen und damit zu Eintrittspforten für
Pilzsporen führen. Betroffene Nägel sind daher eine ernst zu nehmender Infektionsherd.
Ein Betroffener ist eine Ansteckungsquelle
sowohl für sich als auch für andere.
Symptome und Diagnostik
Die Infektion beginnt bevorzugt an der vorderen Nagelwand und breitet sich in Richtung Nagelwurzel aus. Symptome sind Verfärbungen, Verdickungen und brüchige
Nägel. Fußnägel sind 4–7 mal häufiger betroffen als Fingernägel, befallen sind anfangs
meist die Großzehe bzw. die fünfte Zehe.
Die distale subunguale Onychomykose
bildet im Anfangsstadium weißlich-gelbe
krümelige Massen unter den vorderen Nagelecken. Sie breiten sich entlang der Nagelränder bis zur vollständigen Durchdringung
des Nagels aus. Dieses Hornmaterial verfärbt
sich durch die Besiedelung mit Bakterien
und Schimmelpilzen dunkel. Haben die Pilze die Nagelmatrix erreicht, verstärken sich
Wuchsstörungen in Form von Verdickung
und einer unebenen Oberfläche.
Während die proximale subunguale
Onychomykose als weißlichgelbe Verfärbung am
proximalen Nagelfalz beginnt und
verbunden mit
Wuchsstörun- ➔
63 |
::Fachbeiträge
gen des Nagels fortschreitet, fällt die seltene
„weiße“ oberflächliche Onychomykose durch
scharf begrenzte weiße, raue Flecken der
dorsalen Nagelplatte auf.
Eine Onychomykose wird weitaus häufiger diagnostiziert als sie tatsächlich vorkommt. Man geht davon aus, dass rund 50 %
aller verdächtigen Nagelveränderungen tatsächlich eine Onychomykose zur Ursache
haben.
Mögliche Differentialdiagnosen sind:
-- Ekzemnagel
-- Nageldystrophie (Wachstumsstörung)
-- Psoriasisnägel
-- Lichen planus des Nagels
Vorgeschädigte Nägel neigen zu zusätzlichem Nagelpilzbefall. Hilfreich ist daher neben der Blickdiagnose die Untersuchung der
speziellen Beschaffenheit der subungualen
keratotischen Massen. Als Basis jeder Diagnostik und damit als Voraussetzung für eine
effektive Therapie ist der exakte mikrobiologische Erregernachweis notwendig. Die Materialentnahme muss exakt am aktiven Rand
der Mykose erfolgen. Für den Patienten ist
die Entnahme in der Regel schmerzfrei. Das
Kulturergebnis liegt nach ca. 4 Wochen vor
und entscheidet über die individuelle, gezielte Therapie.
Prävention von Haut- und Nagelpilzen
Die Erreger einer Onychomykose sind Pilzsporen, die selbst bei ungünstigsten Bedingungen und extremen Temperaturen lebensfähig sind. Bereits kleinste Verletzungen von
Haut und Nägel genügen als Eintrittspforte.
Mehrere Faktoren wie feucht-warmes Klima
in engen Schuhen oder Durchblutungsstörungen an den Füßen begünstigen daher die
Entstehung von Nagelpilzen.
Eine effektive Prävention entspricht daher im
Wesentlichen den Maßnahmen, die auch für
eine effektive Fußpilz-Therapie essentiell sind:
-- Füße stets trocken und warm halten.
-- In öffentlichen Einrichtungen,
Duschkabinen oder auf Teppichböden
nie barfuß gehen
| 64
-- Passendes, atmungsaktives Schuhwerk
tragen
-- Auf häusliche Hygiene achten.
Therapie
Die Onychomykose zeigt keinerlei Selbstheilungstendenz, da sie dem körpereigenem
Immunsystem nicht zugänglich ist. Eine effektive Behandlung ist zeitaufwändig und
kostenintensiv. Sie erfordert Disziplin und
erstreckt sich in der Regel über eine Dauer
von 9 bis 12 Monaten bei Fußnägeln und
über 6 Monaten bei Fingernägeln. Liegt keine Nagelwachstumsstörung vor, ist von einer Heilungsrate von über 90 % auszugehen.
Die Dauer der Therapie ist abhängig
von der Wachstumsgeschwindigkeit des
Nagels. Aus Faustregel gilt: Ein gesunder
Daumennagel wächst im Durchschnitt 0,5
bis 1 mm/Monat, Fußnägel nur etwa halb
so schnell. Durch Einnahme von Vitamin H
(Biotin) kann das Nagelwachstum unterstützt werden.
Die Therapie basiert auf 5 Stufen, ist multimodal und abhängig vom Verlauf der Erkrankung:
-- Entfernen der infizierten Nagelmasse
-- Topische, lokale Behandlung
-- Systemische Therapie
-- Häusliche Hygiene
-- Laserbehandlung.
Essentiell für den Erfolg jeder Therapie sind
folgende Begleitmaßnahmen:
-- Abtragen des infizierten Materials
­( Erregerreservoir) mit Fräse, Laser bzw.
stark harnstoffhaltigen Externa (40 %)
-- Socken und Handtücher immer bei
­mindestens 60° waschen
-- Eigenes Handtuch sowie eigene
Instrumente zur Fuß- und Nagelpflege
für jede Person im Haushalt
-- Regelmäßige Schuhdesinfektion
(2–3mal/Woche)
-- Füße trocken und warm halten
-- Partner bzw. Familienangehörige ebenfalls untersuchen und bei entsprechender
Indikation mitbehandeln lassen.
Abb. 1: Onychomykose mit Befall der
seitlichen Nagelränder
Abb. 2: Onychomykose mit über 50 % Befall
Abb. 3: Befall der gesamten Nagelplatte
ATOSnews
Abb. 4: Onychomykose unter Aussparung einzelner Zehen
Je nach Stadium und Verlauf der Infektion
wird ein individueller Therapieplan erstellt.
Sind ein Drittel bis zu maximal der Hälfte der vorderen Nagelplatte und nur einzelne Nägel betroffen, spricht man von einer
distalen subungualen Onychomykose. Hier
sowie bei der weißen oberflächlichen Onychomykose verspricht die topische Basisbehandlung gute Erfolgschancen.
Zwei Alternativen stehen zur Verfügung:
Auftragen eines anti-mykotischen Nagellacks entweder täglich (Wirkstoff Ciclopiroxolamin) oder 1-2 mal wöchentlich
(Wirkstoff Amorolfin). Ciclopiroxolamin ist
darüber hinaus fungizid, sporozid und antibakteriell.
Zusätzlich Laserung des betroffenen Nagels zur Schädigung des Erregers ohne Schädigung der Nagelmatrix.
Von einem fortgeschrittenen Verlauf
spricht man, sobald ein Nagel zu mehr als
50 % oder mehr als drei Nägel gleichzeitig
betroffen sind. Dann wird eine zusätzliche
systemische Therapie mit modernen Antimykotika angeraten. Sie galt aufgrund von
Komplikationen wie Leberschäden lange
Zeit als problematisch. Heute stehen mo-
Abb. 5: Onychomykose der Fingernägel
derne Therapieschemata zur Verfügung, die
trotz niedrigerer Wirkstoffmenge ein breites Wirkungsspektrum bieten. Sie gelten
als gut verträglich und zeigen ein geringes
Interaktionspotential mit anderen Medikamenten.
Zum Einsatz kommen die Wirkstoffe Fluconazol, Terbinafin, Itraconazol.
Systemische Antimykotika müssen nach
einer kurzen täglichen Anflutphase bis zum
Erreichen des Therapieziels, dem optisch
gesund nachgewachsenen Nagel, nur noch
1-2x pro Woche eingenommen werden.
Die Rezidivquote ist abhängig von der
Ausprägung der Basisschäden. Für eine erfolgreiche Therapie ist bei der fortgeschrittenen Onychomykose die Kombination von
Basis- und systemischer Therapie wichtig.
Sie verspricht eine Heilungsquote von insgesamt 80-90 %. Grundsätzlich ist die Heilungsrate bei Fingernägeln stets besser als
bei Zehennägeln.
Weiterführende Informationen
und Quellen:
-- Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und der deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft
-- Die Onychomykose und ihre Erreger
– Hans-Jürgen Tietz in „Der Deutsche
­Dermatologe“ 4/2012
-- Nagelpilz ist ansteckend, Hautpilz auch.
Patientenratgeber Taurus Pharma GmbH,
Bad Homburg.
Dr. Claudia Jäger
Fachärztin für Dermatologie und
Venerologie,Phlebologie, Allergologie,
Proktologie
Tätigkeitsschwerpunkt Ästhetische Medizin
und Dermatologie
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
www.atos-dematologie.de
65 |
::Prävention
Die Früherkennung von Darmkrebs
Höchst erfolgreich, aber zu selten in Anspruch genommen
Von Martin A. Thome
Grundsätzlich gilt: Je früher der Krebs entdeckt wird (UICC-Stadien I und II), desto
besser sind die Heilungschancen (85–95 %).
Unbehandelt führt Darmkrebs hingegen in
den meisten Fällen innerhalb weniger Jahre
zum Tod.
Einem Tumor im Darm kann man in der
Regel nicht spüren. Symptome wie Blut im
Stuhl, länger anhaltender Durchfall oder
chronische Verstopfung treten meist erst
spät auf. Bei derartigen Beschwerden untersuchen wir die Darmschleimhaut mit einer Darmspiegelung auf Veränderungen und
entnehmen gegebenenfalls Gewebeproben
zur mikroskopischen Untersuchung im Speziallabor. Nur so kann zwischen gutartigen
und bösartigen Veränderungen unterschieden und Darmkrebs sicher diagnostiziert
werden.
Darmkrebs geht meist aus zunächst gutartigen Vorstufen hervor. Diese sind bei einer Darmspiegelung als kleine Wucherungen
der Darmschleimhaut, sogenannten Polypen
sichtbar. Die meisten dieser gutartigen Geschwulste sind Adenome. Einige von ihnen
können sich über einen längeren Zeitraum
von 10 bis 15 Jahren zum Karzinom ent­
wickeln (Adenom-Karzinom-Sequenz).
| 66
Risikofaktoren für kolorektale Karzinome
Früherkennung und Vorsorge
Am stärksten erhöhen Rauchen und Übergewicht das Darmkrebsrisiko. Es folgen Bewegungsmangel und ballaststoffarme Ernährung.
Auch regelmäßiger Konsum von Alkohol oder
rotem Fleisch erhöht das Darmkrebsrisiko. Direkte Verwandte von Darmkrebspatienten sind
besonders gefährdet, ebenfalls an Darmkrebs
zu erkranken. Auch chronisch-entzündliche
Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und
Morbus Crohn können das Risiko erhöhen.
Gesetzlich Krankenversicherte zwischen 50
und 55 Jahren können jährlich einen Test auf
okkultes Blut im Stuhl durchführen lassen
(z. B. Hämoccult® oder hemoFEC®). Moderne und effektivere immunologische Stuhlbluttests werden die älteren, guajakbasierten
Tests (FOBT) voraussichtlich bald ablösen.
Die zuverlässigste Früherkennungsmethode
(Goldstandard), mit der man bereits die gutartigen Vorstufen erkennen und entfernen kann,
Die Früherkennung von Darmkrebs – eine viel zu selten wahrgenommene Chance.
Quellennachweis: Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ) und Stiftung LebensBlicke Ludwigshafen.
Keywords: Darmkrebs, kolorektale Karzinome, Koloskopie, Früherkennung
In Deutschland ist Darmkrebs die dritthäufigste Krebserkrankung nach
Brust- und Prostatakrebs. Jährlich erkranken ca. 63.000 Menschen erstmals
an Darmkrebs, ca. 26.000 Menschen versterben an dessen Folgen (RobertKoch-Institut 2015). Damit ist Darmkrebs die zweithäufigste Krebstodesursache in Deutschland. Mehr als 90 % aller Erstdiagnosen von Darmkrebs
werden nach dem 55. Lebensjahr gestellt. Die Zahl der Darmkrebsfälle hat
in den letzten Jahren zugenommen. Dennoch wird der Goldstandard der
Früherkennung, die Koloskopie, noch viel zu selten in Anspruch genommen.
ATOSnews
ist nach einheitlicher Expertenmeinung derzeit die Darmspiegelung. Sie steht in Deutschland seit 2002 allen Versicherten ab dem Alter
von 55 Jahren zur Verfügung mit Wiederholung nach 10 Jahren bei unauffälligem Erstbefund. Studien zufolge ist die Methode mit einer
sehr geringen Komplikationsrate von 0,01 %
bis 0,6 % (Blutung, Perforation) behaftet und
kann daher als sehr sicher angesehen werden.
Langzeituntersuchungen haben gezeigt,
dass bisher ca. 300.000 Adenome entfernt
und ca. 43.000 Karzinome in frühen Stadien
entdeckt werden konnten. Modellrechnungen des Deutschen Krebsforschungszentrums
Heidelberg (DKFZ) ergeben, dass damit über
100.000 Karzinome verhindert beziehungsweise geheilt werden konnten.
Leider wird die Vorsorge-Darmspiegelung
aber immer noch viel zu selten in Anspruch
genommen.
Im Zeitraum von 2002–2012 haben laut
Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung weniger als 20 % der Vorsorgeberechtigten einen Termin zur Darmspiegelung
wahrgenommen.
GEKKO-Studie gemeinsam mit dem DKFZ
Auch um diesem Trend Einhalt zu gebieten,
beteiligt sich das Phlebologisch-Proktochirurgische Centrum (PPC) in der ATOS-Klinik
Heidelberg an der Studie zur Darmkrebsfrüherkennung und Vorsorge „Gebt dem Krebs
keine Chance-Onkocheck (GEKKO)“ des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen
(NCT) und dem Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ) unter Leitung
von Prof. Dr. Hermann Brenner (s. rechts).
Ablauf der Koloskopie
Wichtig für ein zuverlässiges Ergebnis der
Darmspiegelung ist die vorherige sorgfältige Darmreinigung mit einer Trinkspül­lösung
durch den Patienten. Hierauf geht der behandelnde Arzt im Rahmen des ausführlichen Aufklärungsgespräches im Vorfeld der
Untersuchung nochmals ein. Am Untersuchungstag führen die Patienten dann noch
ein Gespräch mit unserem Facharzt für Anästhesie, ehe sie für die Zeit der völlig schmerzlosen Darmspiegelung (ca. 30 Minuten)
in eine Kurznarkose versetzt werden. Anschließend ruhen sich die Patienten noch
30–60 Minuten im Aufwachraum aus.
Zum Abschluss klärt der behandelnde
Arzt die Patienten in einem ausführlichen
Gespräch über die Untersuchungsbefunde
auf und händigt ihnen einen detaillierten
Arztbrief auf Wunsch auch für den Hausarzt aus, ehe die Patienten die Praxis mit einer Begleitperson verlassen können. Am Tag
nach der Darmspiegelung können sie ihrem
Alltag wieder wie gewohnt nachgehen und
natürlich auch arbeiten.
Dr. Martin A. Thome
Phlebologisch-Proktochirurgisches
Centrum (PPC)
ATOS-Klinik Heidelberg
[email protected]
67 |
:: Prävention
SCHORNSTEINFEGER BRINGEN GLÜCK, ODER:
WARUM PRÄVENTION SO WICHTIG IST
DR. MED. FRANK HECKMANN,
FACHARZT FÜR INNERE MEDIZIN, ANGIOLOGIE UND PHLEBOLOGIE
Als Kind habe ich oft beobachtet, wie mein
Vater sich beim Schornsteinfeger beklagte, dass
er schon wieder komme, wo er doch gerade da
war. Dieser entgegnete aber immer wieder, dass
es wohl gesetzlich so vorgeschrieben sei, in
Abständen die Feuerstellen zu besichtigen und
nach dem Rechten zu schauen. Dann habe ich
gehört „Schornsteinfeger bringen Glück“ und
mich gefragt, warum das so ist. Sie bringen
tatsächlich Glück, indem sie Hausbrände oder
Kohlenmonoxidvergiftungen verhindern, also
durch Überprüfung des Zustands der Feuerstellen tatsächlich Schlimmeres verhindern
oder dem zuvorkommen.
Prävention kommt aus dem Lateinischen und
heißt zuvorkommen oder eben verhindern. Wir
leben in einem Land der Versicherungen. Wir
sind es gewohnt, uns für den Notfall abzusichern und damit vorzusorgen. In unserem Land
haben zwar fast alle eine Krankenversicherung,
und Medizin ist somit für viele nahezu kostenlos, aber unter den Folgen von chronischen
Krankheiten müssen viele Menschen dennoch
leiden.
Deswegen gibt es das Konzept der Vorsorge und
der Prävention. Diese Begriffe, häufig synonym
gebraucht, sind eigentlich zwei Teile eines
Ganzen: Vorsorge bedeutet Früherkennung
von Krankheiten, damit sie rechtzeitig behandelt werden und nicht zu weiteren schweren
Erkrankungen führen. Prävention im weiteren Sinne setzt bei der Eigenverantwortung
an, denn sie bedeutet auch eine Veränderung
des Lebensstils: ein gesundes Leben zu führen,
damit erst gar keine Krankheiten eintreten und
es somit in der Folge auch nicht zu Notfällen
kommt.
Bei diesem Denkansatz gehen wir davon aus,
dass Krankheiten eigenbestimmt sind; das
heißt, dass wir viel tun können, um Krankheiten zu verhindern. Andere Gesellschaften auf
der Welt haben die Auffassung, dass Krankheiten schicksalshaft, sozusagen von außen
gesandt sind. Wahrscheinlich ist beides richtig,
dennoch kann man aufgrund der Erkenntnisse
der Medizin vieles vorhersehen, vorhersagen
und rechtzeitig die Gefahren beseitigen.
ANMELDUNG & INFORMATION:
ATOS Klinik Heidelberg
Zentrum für Gefäßerkrankungen und Präventivmedizin
Telefon 06221 / 983 – 225
[email protected]
Weitere Informationen und unsere
Broschüre zum Download finden Sie
unter www.atos.de/checkup
| 68
Zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen, wird von
vielen als notwendiges Übel angesehen, aber
sehen Sie es bitte einmal anders: Es ist die
Möglichkeit, mehr über den eigenen Körper
zu erfahren. Prävention ist eine Lebenseinstellung und ein Lebensstil, der viel Freude bringen
kann, der uns zu einem aktiven, selbstbestimmten Leben einlädt. Sie haben es wirklich in der
Hand, wie Sie mit Ihrem Körper umgehen und
wie viel Freude Sie durch ein gesundes Leben
verspüren können.
Uns als ATOS-Check-Up-Team ist es daran
gelegen, Risiken für mögliche Erkrankungen
bei Ihnen rechtzeitig zu erkennen, damit Ihre
Lebensfreude bis ins hohe Alter erhalten bleibt.
WIE LÄUFT DAS CHECK-UP-PROGRAMM
ORGANISATORISCH AB?
Wenn Sie sich entscheiden, das Check-Up-Programm der ATOS zu durchlaufen, vereinbaren Sie beim Check-Up-Team einen individuellen Termin für
eine Blutabnahme und ein Vorgespräch, in dem wir gemeinsam beraten, wie
Ihr Check-Up aussehen soll.
Sie können die einzelnen Bausteine (siehe Grafik rechts) individuell zusammenstellen. Wir koordinieren die Termine für Sie. Die Untersuchungen
werden dann durch unsere Spezialisten durchgeführt. Für den BasisCheck sollten Sie zwei Stunden einplanen, für das vollständige Check-UpProgramm je nach Auswahl ein bis drei Tage, die Sie ambulant in unserer
Klinik verbringen.
DAS CHECK-UPPROGRAMM
DER ATOS
Wenn Sie sich dazu entschließen, mehr für Ihre
gesundheitliche Vorsorge zu tun, dann stellt
sich die Frage – welche Untersuchungen sind
sinnvoll? Und zu welchem Arzt gehen Sie am
besten?
Das ATOS-Präventionsprogramm haben wir
genau deshalb ins Leben gerufen. Wir möchten unseren Patienten die Möglichkeit bieten,
koordiniert, wenn möglich sogar an einem Tag,
ein individuell zusammengestelltes Check-UpProgramm zu durchlaufen. Durch ein modulares System kann der ATOS Check-Up genau
auf Ihre Bedürfnisse und Gesundheitsrisiken
abgestimmt werden. Er bietet die Fachkompetenz unserer Spezialisten in ihrer gesamten
medizinischen Breite. Daran beteiligt sind mehr
als ein Dutzend Praxen der
ATOS Klinik und einige
externe Praxen.
In einer ersten
Voruntersuchung
nehmen wir Ihnen
Blut ab und führen
PsyChologisChe
gesPräChe
Foto: Johannes Vogt
ATOSnews
DAS CHECKUP-TEAM DER
ATOS KLINIK
HEIDELBERG
mit Ihnen ein Gespräch, in dem wir Sie anhand
Ihrer individuellen gesundheitlichen Situation
beraten, welche Präventions-Untersuchungen
sinnvoll sind. Danach koordinieren wir die
Termine für Sie, damit Ihr Check-Up, wenn von
den Untersuchungen her möglich, an einem
Tag stattfinden kann.
Wir bieten Ihnen unterschiedliche Möglichkeiten, wie Sie Ihren Check-Up zusammenstellen
können. Der Basis-Check umfasst eine generelle
Vorsorge; die weiteren Bausteine ergänzen Ihr
Check-Up-Programm individuell
(siehe Grafik).
eXtras
thromBose- und
thromBoPhiliediagnostik
Die Kosten für das ATOS Check-Up-Programm
werden in der Regel von den Privatversicherern übernommen. Extras wie Leistungsdiagnostik oder Ernährungsberatung runden das
Programm ab.
strahlenFreie mrtdiagnostik: herz,
ganzkörPer, mamma,
Prostata, tumorFrüherkennung
diaBetes- und
adiPositasuntersuChung
augenuntersuChung
ausFührliChes
med. gesPräCh
inkl. imPFBeratung
rheumaCheCk
ultrasChalluntersuChungen
indiViduell
gestaltete
Bewegungsanalyse
Alle Leistungen können Sie gebündelt oder
unabhängig voneinander in Anspruch nehmen.
Das gesamte ATOS-Präventionsprogramm wird
durch die jeweiligen Fachärzte begleitet.
hnountersuChung
komPlette
körPerliChe
untersuChung
(Halsgefäße, Beinvenen
und -arterien, Bauchorgane)
hautsCreening
allergieCheCk
leistungsdiagnostik
ausgedehnte
laBoruntersuChung
sChilddrüsendiagnostik
ernährungsBeratung
Personal CoaChing
orthoPädisChe
VorsorgeuntersuChung
kardiologisCher
CheCk: eCho, ekg
und Belastungsergometrie
5-sternehotellerie
urologisChe und
gynäkologisChe
untersuChung
Das ATOS Check-Up-Programm
ist in Modulen aufgebaut, die frei kombiniert werden können.
lungenFunktionsCheCk
Basis-CheCk
Parkinsonund alzheimerFrüherkennung,
neurologisCher CheCk
erw
magen-darmsPiegelung,
enddarmerkrankungen
langzeit-ekg,
24h-BlutdruCkmessung,
sChlaFaPnoesCreening
eiterter CheCk
69 |
:: Prävention
UNSER ATOS PRÄVENTIONS-TEAM
Basis-Check
Zentrum für Gefäßerkrankungen
und Präventivmedizin
Dr. med. Frank Heckmann
Dr. med. Wanda Kloos
Dr. med. Uwe Zwettler
Dr. med. Ralph Baader
·Ausführliches med. Gespräch inkl. Impfberatung
·Komplette körperliche Untersuchung
·Laboruntersuchung
·Lungenfunktionstest
·Kardiologischer Check
·Schilddrüsendiagnostik
·Ultraschalluntersuchung
·Langzeit-EKG (erweiterter Check)
·24h-Blutdruckmessung (erweiterter Check)
·Schlafapnoe-Screening (erweiterter Check)
Erweiterter Check
Zentrum für Radiologie
Praxis für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Praxis für Dermatologie
Dr. med. Wolfgang Lederer,
Dr. med. Stefan Schneider,
Dr. med. Wolfgang Wrazidlo
Prof. Dr. med. Markus Fischer
Dr. med. Claudia Jäger
·HNO-Untersuchung
·Hautscreening
Phlebologisch-Proktochirurgisches Centrum
Praxis für Neurologie und Psychiatrie
Praxis für Unfallchirurgie und Orthopädie
Dr. med. Martin A. Thome,
Dr. med. Jens M. Hecker,
Dr. med. Peter G. Friedl
Stella Covtun,
Dr. med. Kathrin Elze
Dr. med. Andreas Klonz
Dr. med. Guido Volk
·Parkinson- und Alzheimer-Früherkennung
·Neurologischer Check
·Orthopädische Vorsorgeuntersuchung
·Strahlenfreie MRT-Diagnostik
·Magen- und Darmspiegelungen/
Enddarmerkrankungen
| 70
ATOSnews
Erweiterter Check
Zentrum für Rheumatologie
Dr. med. Ines Dornacher,
Dr. med. Verena Schmitt
·Rheumacheck
Praxis für Diabetologie, Endokrinologie,
Angiologie
Praxis für Atemwegserkrankungen und Allergien
Prof. Dr. med. Christoph Hasslacher
·Allergiecheck
Dr. med. Verena Mandelbaum
·Diabetes-Check/Diabetes-Prävention
·Diabetes-typische Begleiterkrankungen
In Zusammenarbeit mit unseren externen Kollegen
Gynäkologische Gemeinschaftspraxis
Urologische Privatpraxis Heidelberg
Augenpraxisklinik Heidelberg
Dr. med. Jutta Ertelt-Kircher
Ingrid Schwaighofer-Bender
Dr. med. Iris Mäder-Joepgen
Dr. med. Thomas Dill
Dr. med. Martin Löhr
PD Dr. med. Robert Degenring
Dr. med. Axel Gleibs
·Urologischer Check
·Augenärztlicher Check
·Gynäkologischer Check
Ihre Anmeldung nehmen Sie bitte über das Zentrum
für Gefäßerkrankungen und Präventivmedizin vor.
Telefon: 06221 / 983 - 225
E-Mail: [email protected]
Physiotherapie REHA in der ATOS
adViva
·Leistungsdiagnostik
·Individuell gestaltete Bewegungsanalyse
71 |
::Fachbeiträge
Evaluation einer intensivierten Rehabilitation
nach lumbalen Wirbelsäuleneingriffen
Von Johannes Schröter, M. Lechterbeck, F. Hartmann und E. Gercek
Keywords: lumbaler Wirbelsäuleneingriff, Rehabilitation
Bislang gibt es keine einheitlichen Empfehlungen zur Rehabilitation von Patienten,
bei denen eine Operation im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) durchgeführt
wurde. Wenngleich sich die Operationsmethoden im Laufe der letzten Jahre deutlich
verbessert haben und somit die Belastungsfähigkeit nach den Operationen erhöht
ist, erfolgte bislang keine Anpassung der konservativen rehabilitativen Nachbehandlung. Ein früher Start einer intensivierten Rehabilitation nach der Akutbehandlungsphase wird von Operateuren oft noch skeptisch betrachtet.
Um den Effekt einer strukturierten Rehabilitation nach Operationen im LWS-Bereich in der subakuten Behandlungsphase (beginnend in der 3. Wo. nach der Operation) zu untersuchen, erfolgte im Rahmen einer prospektiven Multicenter Studie die
Evaluation des Effekts einer nach zwei Wochen postoperativ begonnenen Rehabilitation (ambulante Rehabilitation oder Anschlussheilbehandlung) auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die Beeinträchtigung durch Rückenschmerzen.
Bislang gibt es nach Wirbelsäulenoperationen keine klare Handlungsempfehlung für
die postoperative Rehabilitation und den
Belastungsaufbau. Weder der Zeitpunkt
des Beginns und die Dauer einer gezielten
Rehabilitation, noch die Dauer einer postoperativen körperlichen Schonung oder
die Möglichkeit einer direkten postoperativen Anschlussheilbehandlung nach Wirbelsäulenoperationen, ist festgelegt. Exakte
Empfehlungen in der Literatur finden sich
nicht.
Bedingt durch die Optimierung der Operationstechniken mit Einführung von sofort
belastungsstabilen Spondylodeseverfahren
ergeben sich auch für die direkte postoperative Rehabilitation neue Möglichkeiten.
Es erfolgte ein Zusammenschluss von
sieben Wirbelsäulen-operierenden Kliniken,
zwei stationären und drei ambulanten Rehabilitationszentren im Rhein-Main-Gebiet.
| 72
Konsens war, dass die Intensität und die
Form der angewandten Therapien in dieser
Phase gesteigert werden muss. Im Rahmen
einer prospektiven Multicenter Studie sollte
daher evaluiert werden, wie der Effekt einer
nach zwei Wochen postoperativ begonnenen Rehabilitation (ambulante Rehabilitation oder Anschlussheilbehandlung) auf die
gesundheitsbezogene Lebensqualität und
Beeinträchtigung durch Rückenschmerzen
bei diesen Patienten ist.
Material und Methoden
Aus der intensiven Diskussion der teilnehmenden Institutionen ergab sich die Erkenntnis, dass eine alleinige Einteilung der
Patienten hinsichtlich der Ausgangsdiagnose bezüglich der zu wählenden postoperativen Belastungsfähigkeit nicht geeignet ist.
Es wurde daher im Konsens vereinbart, dass
ein Patient jeweils durch seinen Operateur in
eine von drei unterschiedlichen Belastungsgruppen eingeteilt werden sollte:
Gruppe A umfasst die Patienten mit einer
gegebenen Primärstabilität ohne wesentliche Einschränkung hinsichtlich des postoperativen Belastungsaufbaus,
Gruppe B umfasst Patienten mit geringen
Einschränkungen und
Gruppe C betrifft Patienten, welche eine geringere Primärstabilität aufweisen.
Im Rahmen einer umfangreichen Diskussion
über etablierte rehabilitative konservative
Therapieverfahren [4] erfolgte eine Festlegung der zu wählenden Therapieformen im
Bereich der Physiotherapie und physikalischen Therapie, aufgeteilt nach den Gruppen und nach dem Zeitpunkt in der sub­
akuten Behandlungsphase entsprechend der
in A
­ bb. 1 angegebenen Inhalte.
➔
ATOSnews
Abb. 1: Therapieformen aufgeteilt nach Gruppen und Behandlungsphase
Abb. 2: Übungsbogen für die Patienten – Beispiel für Gruppe A
73 |
::Fachbeiträge
Durch das Grafikprogramm Physiotools®
wurden sowohl für die Therapeuten als auch
für die Patienten Übungsbögen erstellt. Damit konnten die Übungen, welche mit den
Patienten durchgeführt wurden, für Patient
und Therapeut visualisiert werden, um somit
eine möglichst hohe Koinzidenz der durchgeführten Übungen in allen vier Rehabilitationseinrichtungen zu gewährleisten (Abb. 2:
Beispielbogen für Gruppe A).
Die Untersuchung fand von April 2013
bis Dezember 2013 statt. Für diese Studie
wurden 124 Patienten aus 7 Akutkliniken gewonnen, die sich einer Operation an der LWS
unterziehen mussten und einer stationären
oder intensivierten ambulanten Rehabilitation zugeführt wurden. Die Rehabilitanden
waren durchschnittlich 61,5 Jahre alt. Die
Verteilung nach Diagnosen war wie folgt: 32
Spondylodesen, 10 langstreckige Fusionen,
60 OPs nach Bandscheibenvorfällen sowie
22 andere Operationen (Abb. 3).
Die Dauer der Anschlussheilbehandlung
betrug im Mittel 20,5 Tage.
Abb. 3: Verteilung der Diagnosen
Messinstrumente
Zur Evaluation wurden die etablierten Validierungsinstrumente Oswestry Disability
Score (ODI), SF-12 und die Visuelle Analog
Skala (VAS) sowohl zu Anfang der Rehabilitation als auch zum Ende der Rehabilitation
erhoben.
Ergebnisse
Entsprechend der Auswertung getrennt nach
Geschlechtern und Gruppen konnte kein geschlechtsspezifischer Unterschied detektiert
werden. In allen Gruppen zeigte sich eine signifikante Verbesserung in den Messinstrumenten Oswestry Disability Score (ODI) und
der Visuellen Analog Skala (VAS) (Abb.4 und
5). Der SF12 Fragebogen erwies sich als nicht
statistisch signifikant, da er häufig nicht
vollständig ausgefüllt wurde.
Diskussion
Die Evidenz postoperativer Physiotherapiekonzepte nach Spondylodesen und anderen
| 74
Abb. 4: Ergebnisse der Visuellen Analog Skala (VAS)
ATOSnews
Literatur
1.Kulig K, Beneck GJ, Selkowitz
DM et al. (2009) An intensive,
progressive exercise program
reduces disability and improves
functional performance in
­patients after single-level
lumbar microdiskectomy.
Physical t­ herapy 89:1145-1157
2.McGregor AH, Probyn K,
Cro S, Doré CJ, Burton AK,
­Balagué F, Pincus T, Fairbank J.
­Rehabilitation following ­surgery
for ­lumbar spinal stenosis.
Cochrane Database Syst Rev.
2013 Dec 9;12:CD009644. doi:
10.1002/14651858.CD009644.
pub2. Review.
Abb. 5: Ergebnisse des Oswestry Disability Score (ODI).
Eingriffen im Bereich der Lenden­wirbel­säule
ist sehr klein [1,4]. Nach Microdiskektomien
und Dekompression von Spinalkanalstenosen scheint ein intensiviertes physiotherapeutisches Behandlungskonzept von Vorteil
[2]. Da strukturierte Nachbehandlungskonzepte fehlen [5], war es primäres Ziel der
vorliegenden Studie, eine neu strukturierte
Rehabilitation nach Operationen an der Lendenwirbelsäule zu evaluieren.
In der vorliegenden Studie wurden die
untersuchten Patienten einer ambulanten
oder stationären Rehabilitation im Rahmen
einer Anschlussheilbehandlung, in der Regel
ab der dritten postoperativen Woche, zugeführt. Ein so frühzeitiger Beginn der Rehabilitation ist in der Literatur kaum beschrieben. Die wenigen Publikationen, die sich mit
dieser Thematik befassen, unterscheiden
meist einen Beginn nach 6 Wochen und 12
­Wochen nach lumbaler Fusion [4] und zeigen
keinen Unterschied im Outcome.
Es konnte durch die Studie belegt werden, dass eine intensivierte Rehabilitation in
der Lage ist, die Funktionsfähigkeit im Alltag
nach der subakuten Behandlungsphase zu
erhöhen. Parallel war eine ebenfalls signifi-
kante Verringerung des Schmerzes, gemessen mit der VAS, zu verzeichnen. Reoperationswürdige Komplikationen traten nicht auf.
Fazit:
Eine direkt an die Operation anschließende strukturierte Rehabilitation, welche vom
Operateur diagnoseunabhängig auf die Belastungsfähigkeit des Patienten abgestimmt
ist, führt zu einer deutlichen Verbesserung in
den Parametern Schmerz und Lebensqualität, ohne dass wesentliche Komplikationen
auftreten.
Dr. Johannes Schröter
MEDIAN Rehaklinik Aukammtal
Wiesbaden
3.Oestergaard LG, Christensen FB,
Nielsen CV et al. (2013) Early
versus late initiation of rehabilitation after lumbar spinal fusion:
economic evaluation alongside a
randomized controlled trial. Spine
38:1979-1985
4.Rushton A, Eveleigh G, Petherick
EJ et al. (2012) Physiotherapy
rehabilitation following lumbar
spinal fusion: a systematic review
and meta-analysis of randomised
controlled trials. BMJ open 2
5.Rushton A, Heneghan N, Heap
A et al. (2014) Survey of Current
Physiotherapy Practice for Patients Undergoing Lumbar Spinal
Fusion in the UK. Spine(Phila Pa
1976). 2014 Aug 14. [Epub ahead
of print]
[email protected]
M. Lechterbeck, F. Hartmann, E. Gercek
Zentrum für Unfallchirurgie und Orthopädie,
Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein,
Ev. Stift St. Martin, Koblenz
75 |
Patienteninformationsabende
14.03.2016 um 19:00 Uhr
„Minimal invasive Fußchirurgie“
Dr. med. Christian Kinast
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Sportorthopädie
18.04.2016 um 19:00 Uhr
„Dupuytrensche Kontraktur – verschiedene Behandlungsmöglichkeiten: Operativ, nicht operativ“
Dr. med. Klaus-Dieter Werber
Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie, Handchirurgie
09.05.2016 um 19:00 Uhr
„Rückenbeschwerden – Muss das sein?“
Dr. med. Achim Garnjost und Herr Bernd Sigl
13.06.2016 um 19:00 Uhr
„Wenn die Hüfte schmerzt – was hilft?“
Prof. Dr. med. Hans Gollwitzer
Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin
18.07.2016 um 19:00 Uhr
Moderne Diagnostik in der Allgemeinmedizin
Dr. med. Gregor Blome
Facharzt für Allgemeinmedizin
Der Veranstaltungsort ist jeweils in der ATOS Klinik München,
Effnerstraße 38, 1. OG, Patientenaufenthaltsraum.
Die Teilnahme ist selbstverständlich kostenfrei.
ATOSnews
Die ATOS Physios und die starken Männer:
Rugby und der Traum von Olympia
Von Mandana Scharei und Björn Bürgler
Die starken Männer – das sind die Akteure der beiden Rugby­
nationalmannschaften im 7er und 15er Rugby. Was vor k­ urzer
Zeit noch Träumerei war, ist heute greif bare Realität: der Aufstieg der 7er in die World Series und die Olympiateilnahme
­sowie der Klassenerhalt der 15er in der ENC Division 1A.
Fristete Rugby in der Vergangenheit in
Deutschland eher einem Außenseiterdasein, bewegt sich seit letztem Jahr auch
hierzulande einiges. Nach sehr guten Ergebnissen in der europäischen Grand Prix
Series 2015 belegte die deutsche Nationalmannschaft im 7er Rugby hinter Frankreich,
Spanien und England und den punktgleich
viertplatzierten Russen den fünften Platz
in Europa. Dieser fünfte Platz berechtigte
das Team zur Teilnahme am europäischen
Olympiaqualifikationsturnier, das mit einem guten zweiten Platz beendet wurde.
Der Erste Russland, Deutschland und der
drittplatzierte Irland kämpfen nun im Juni
beim Weltqualifikationsturnier um das letzte Olympiaticket.
Im 15er Rugby steht nach dem Aufstieg
in die ENC Division 1A nun die schwierige
Aufgabe des Klassenerhalts bevor. Ziel ist
nach einer letztjährig verpassten Weltmeisterschaftsqualifikation die Teilnahme am
Rugby World Cup 2019 in Japan.
Professionelles Training in Heidelberg
Dass sich das deutsche Rugby so schnell in
Richtung professioneller Leistungssport entwickelt hat, liegt vor allem an den Rahmenbedingungen, die geschaffen wurden. Dank
der Förderung des Deutschen Olympischen
Sportbundes (DOSB) und des Premiumsponsors Capri-Sonne und können beide Mannschaften seit letztem Jahr professioneller
und intensiver trainieren. In Heidelberg, der
Rugbystadt Deutschlands, entsteht derzeit
ein Trainingszentrum, um die optimale Förderung junger Talente voranzutreiben. Durch
das finanzielle Engagement von Dr. HansPeter Wild können beide Mannschaften zudem wichtige Erfahrung in Trainingslagern,
Turnieren und Länderspielen auch in anderen
Kontinenten wie Australien, Südamerika und
Südafrika sammeln.
Während im 7er Rugby ein Teil der Spieler
als Sportfördersoldaten angestellt ist und
somit optimale Bedingungen herrschen, um
den Trainingsaufwand zu meistern, muss
die Mehrheit der 15er Spieler ihr Geld mit
„normalen“ Jobs verdienen – anders als die
Spieler aus Ländern wie z. B. Georgien, Russland, Spanien und Rumänien, die Gegner der
15er, von denen viele Spieler in der Top Liga
in Frankreich als Profis angestellt sind. Arbeit und Leistungssport unter einen Hut zu
bekommen stellt für unsere Athleten eine
enorme Doppelbelastung dar. Um auf diesem hoch professionellen Niveau existieren
zu können und sich Schritt für Schritt an
die Weltspitze heranzuarbeiten, braucht es
neben der Mannschaft auch ein gut funktionierendes Team aus Trainern, Physiothe-
rapeuten, Ärzten, Fitness-Trainern und Betreuern.
So spielt neben dem Einsatz der Sportler,
der finanziellen Förderung und dem professionellen Trainer- und Betreuerstab die medizinische Versorgung eine entscheidende Rolle.
Wir als Physiotherapeuten müssen die Körper
unserer Athleten mit ihren Stärken und Defiziten gut kennen, um sie optimal in ihrer Vorbereitung und Regeneration zu unterstützen. Im
Falle einer Verletzung muss in Zusammenarbeit mit den betreuenden Ärzten und Trainern
eine auf die Anforderungen und Belastungen
des Sports optimal abgestimmte Rehabilitation stattfinden, um den Athlet schnellst möglich wieder in den Sport zu bringen. Gleichzeitig darf die Gesundheit des Spielers nicht aus
den Augen verloren werden.
Harte Arbeit für die Physios selbst an
„Traumzielen“
Während ein Aufenthalt in Fiji, Dubai oder
Brasilien sich erstmal nach einem Urlaub anhört, ist das aber für alle Beteiligten – Sportler, Trainer, Physiotherapeuten und Betreuer
– harte Arbeit. Tägliche Trainingseinheiten
fordern körperlichen Tribut und hier sind vor
allem wir als Physios gefragt, um die Muskeln wieder locker zu bekommen und kleinere Verletzungen schnell zu regenerieren. ➔
77 |
An einem typischen Wettkampftag sind die
Physiotherapeuten mit die ersten, die aufstehen und die letzten, die zu Bett gehen.
Vor dem anstrengenden Turnier bzw. Spiel
beginnt für die Spieler der Tag mit einer kurzen, intensiven Einheit, die die Muskulatur
durchblutet und das Herz-Kreislauf-System
hochfährt. Direkt im Anschluss beginnt unsere Arbeit als Physios mit Präventivmaßnahmen wie Tapeverbänden zur Gelenkstabilisierung, Vorbereitung der Muskulatur
mit u.a. Massagen/Weichteiltechniken und
Stretching. Diese Maßnahmen finden meist
noch im Hotel statt.
Anschließend geht es zum Turniergelände, wo in der Umkleidekabine das physiotherapeutische Equipment aufgebaut wird und
die Maßnahmen fortgesetzt werden. Stattfindende Warm ups bzw. Cool downs werden teilweise auch von uns mitgestaltet und
angeleitet.
Zwischen den Spielen werden die Spieler einzeln behandelt: hier stehen Entspannungsmaßnahmen wie Massagen zur Muskellockerung im Mittelpunkt.
Beginnt das Spiel, geht die Arbeit weiter und es ist höchste Aufmerksamkeit gefordert. Im Falle einer Verletzung müssen wir noch auf dem Spielfeld oder
am Spielfeldrand eine Schnelldiagnostik
durchführen. Kleinere Verletzungen werden
gleich versorgt, in schwerwiegenderen Fällen
muss die weitere medizinische Abklärung organisiert werden.
Nach dem Spiel geht es zurück ins Hotel,
wo eine globale Regenerationseinheit z. B. im
Pool stattfinden kann. Nach dem Abendessen gibt es dann weitere Regenerationssessions, damit die Athleten am nächsten Tag
wieder Bestleistung von ihrem Körper abrufen können.
Obwohl die Betreuung einer Sportmannschaft sehr zeitintensiv ist, macht es aber
auch Riesenspaß Teil des Teams zu sein
und einen wichtigen Beitrag zum Erfolg der
Mannschaft zu leisten. Gemeinsam gilt es
für uns nun, die großen Ziele zu erreichen
und den Traum von Olympia und der Weltmeisterschaft zu verwirklichen. Hierfür geben wir unser Bestes und wünschen unseren
starken Männern viel Erfolg!
| 78
© Tobias Keil | Fotografie
::Fachbeiträge
Die Arbeit der Physiotherapeuten ist
immer gefragt, ob auf dem Spielfeld …
... oder in der Kabine...
... oder auch in Fiji
Mandana Scharei
Physiotherapeutin der Rugbymannschaft
des Heidelberger Ruderklub
Physiotherapeutin der Deutschen Rugby
XV Nationalmannschaft
Björn Bürgler
Physiotherapeut der Rugbymannschaft
der Rudergesellschaft Heidelberg (RGH)
Physiotherapeut der Deutschen Rugby
7er Nationalmannschaft
Reha in der ATOS
ATOS Klinik Heidelberg
[email protected]
ATOSnews
N O T E S
&
N E W S
:: Spitzenathleten auf dem Weg nach Rio – betreut von der
ATOS Klinik Heidelberg
ger Kooperation des Deutschen Gelenkzentrums Heidelberg in der ATOS Klinik
Heidelberg mit dem Olympiastützpunkt
Rhein-Neckar werden einige der Athleten und Athletinnen des Team Rio medizinisch in dieser Zeit begleitet:
Carolin Leonhardt, Kanutin und Goldmedaillengewinnerin 2004 in Athen so-
© Foto: thomathzac23 – Fotolia.com
Nur noch wenige Wochen Vorbereitungszeit verbleiben, bis die für die Olympischen Spiele qualifizierten Athleten aus
der Rhein-Neckar-Region Richtung Brasilien starten. Die mit der Intensivierung
des Trainings einhergehende Belastungssteigerung führt den Bewegungsapparat
an Grenzen, die Beschwerden und/oder
Verletzungen hervorrufen können. In en-
wie Silbermedaillengewinnerin in London
2012, wird mit konservativen Maßnahmen bei Überlastungsreaktionen therapiert.
Elisabeth Seitz, Gewinnerin des Gesamtweltcups im Kunstturnen 2012 und
Sechste bei den Olympischen Spielen
2012 am Stufenbarren, kann sich nach
Operation einer Sprunggelenkverletzung
wieder voll auf das Training konzen­
trieren.
Alexej Prochorow, Achter bei den Euro­
pa­
meisterschaften im Gewichtheben
2014, kann nach operativer Versorgung
einer Fußverletzung wieder ins Hanteltraining einsteigen.
Die Betreuung der Hochleistungssportler in Heidelberg erfolgt durch Prof. Dr.
­Holger Schmitt. Er kann auf eine mittlerweile fast 20-jährige Erfahrung in der
Betreuung von Nationalmannschaftsathleten in verschiedenen Sportarten
zurückblicken. Wir wünschen „unseren“
Athleten viel Glück und Erfolg in Rio!
Carolin Leonhardt
Elisabeth Seitz
Alexej Prochorow
Prof. Dr. ­Holger Schmitt
79 |
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64. Jahrestagung der
Vereinigung Süddeutscher
Orthopäden und Unfall­
chirurgen
HKF
International Center for
Hip, Knee & Foot Surgery
ATOS HIP EXPERT MEETING
Cartilage lesion in the hip – and now?
Date:
17th of June 2016, 9–16 h
> Hip Live Surgeries
> Indications for Cartilage Repair
> Surgical Technique: Tips and Tricks
from experienced hip surgeons
> Patient Rehabiliation after AMIC
> Clinical Evidence for AMIC
Procedure
Location:
ATOS Klinik
Heidelberg / Germany
Faculty:
Prof. F. Thorey
Dr. A. Fontana
Dr. G. Möckel
Contact for Registration:
Email [email protected]
Unter dem Motto „Was, Wann, Wie“ werden
ca. 3.000 Fachbesucher zum wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch
von 28.– 30. April 2016 in Baden-Baden erwartet. Rund 400 Fachvorträge, Workshops, Seminare und Podiumsdiskussionen stehen auf
dem Programm.
Um Orthopädie und Unfallchirurgie den
gleichen Stellenwert beim Kongress einzuräumen, teilen sich Prof. Dr. med. Dr. h.c. Joachim
Grifka (Direktor der Orthopädischen Klinik für
die Universität Regensburg) und Prof. Dr. med.
Ulrich Stöckle (Ärztlicher Direktor der BG-Unfallklinik Tübingen) den Vorsitz.
Schon der Auftakt zeigt den Anspruch,
den die VSOU-Jahrestagung hat: Festredner
Prof. Dr. jur. Heribert Prantl wird mit dem Vortragsthema „Medizin zwischen Ökonomie und
Ethik“ das ärztliche Handeln im Spannungsfeld
zwischen Wirtschaftlichkeit und gesellschaftlichem Anspruch beleuchten.
Das Kongressmotto: „Was, Wann, Wie“ verspricht viele konkrete Handlungsempfehlungen. „Diese Fragenfolge bestimmt unser tägliches Handeln zentral. In dem Maße, wie wir
durch wissenschaftliche Evaluation, Diagnostik
und Therapie beurteilen können, wie unser Behandlungsergebnis durch outcome-Messungen
überprüft wird und wie Patienten eine ,Reparaturmentalität‘ entwickelt haben und einen
höchsten Anspruch an die Wiederherstellung
der Funktionalität formulieren, müssen wir unser Vorgehen exakt definieren“, erläutert Prof.
Grifka.
Als Novum in der Kongresslandschaft hat
Grifka ein neues Format entwickelt: Einen Weiterbildungscontest. Dabei treten Teams von
Weiterbildungsassistenten gegeneinander an,
um klinische Fälle zu lösen. Dem Siegerteam
winkt ein Stipendium der VSOU für den kanadischen Orthopädenkongress.
PROF. F. THOREY
HEIDELBERG, GERMANY
Weitere Informationen unter: www.vsou.de
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ATOSnews
N O T E S
&
N E W S
:: N eu in der ATOS Klinik München:
Dr. Alexander Rauch verstärkt die Praxis Dr. Rembeck
Klinikum rechts der Isar in München
wurde er von Prof. Dr. Stöckle in der Unfallchirurgie und Prof. Dr. Imhoff in der
Sportorthopädie ausgebildet. Mit seiner
Facharztanerkennung wechselte er 2012
nach Landshut zu Chefarzt Dr. Ganslmeier
und baute dort als Oberarzt eine sport­
orthopädische Abteilung auf. Hier spezialisierte er sich auf die Behandlung von
Sport- und Gelenkverletzungen sowie
Verletzungen an der Wirbelsäule.
Dr. med. Alexander Rauch
Dr. med. Alexander Rauch ist Facharzt
für Orthopädie und Unfallchirurgie. Darüber hinaus besitzt er die Zusatzbezeichnungen Spezielle Unfallchirurgie und
Sportmedizin.
Er studierte von 2000–2006 in München
an der Ludwig-Maximilians-Universität
und der Technischen Universität Medizin.
Im Rahmen seiner Facharztausbildung am
Seit Dezember 2015 ist er als Kollege von
Dr. med. Erich Rembeck im Excellent Center of Medicine an der ATOS Klinik München tätig. Sein Schwerpunkt liegt in der
operativen arthroskopischen und der
konservativen Behandlung von Kniegelenkverletzungen.
Dr. Rauch hat über seinen Facharzt und
die Zusatzbezeichnungen hinaus weitere
Qualifikationen erworben:
- Diplom in Mountain-Medicine für
Höhen-, Alpin- und Bergmedizin
Aesculap® Methaa®
Der Kurzschaft.
■
■
■
Knochenerhaltende und weichteilschonende
nde Operationstechnik
sensortiment
Vielfältigkeit durch umfangreiches Prothesensortiment
ch spezielle Beschichtung
Förderung der knöchernen Integration durch
A-OT13003
de
Weitere Informationen unter www.kurzschaft.de
Aesculap AG | 78532 Tuttlingen | www.aesculap.de
- ATLS®-Provider in Weiterbildung
zum ATLS®-Instructor
- Fachkunde Rettungsdienst (Notarzt),
qualifizierter Leitender Notarzt.
Auch privat ist Dr. Rauch dem Sport
sehr verbunden: Als ehemaliger Leistungssportler im Rudern konnte er diverse Landesmeistertitel und mehrfache
Finalteilnahmen an der Deutschen Jugendmeisterschaft sowie eine Teilnahme
im Weltcup der Senioren-B erreichen.
Auch im Skirennsport war er aktiv und
konnte unter anderem ­einen Bronzerang
bei den Bayerischen Skimeisterschaften
der Junioren im ­Slalom erzielen. Bergsport, Radfahren, Fußball und Basketball
sind weitere Sportarten, die Dr. Rauch
betreibt. Als weiteres Hobby nennt er
Bayerische Brauchtumspflege.
::ATOS intern
Knee Current Concepts Arthroscopy
and Replacement
Live-Surgeries and Videos
10th International
Heidelberg Castle Meeting
ATOS-HKF
Heidelberg,
10th–12th November 2016
Program
Sehr geehrte Kollegen,
Herzlich willkommen zum 10. Internationalen ATOS
Live Surgery Meeting in Heidelberg. Führende Experten
präsentieren Ihnen Tipps und Tricks der modernen
Knie­chirurgie. Nutzen Sie die exzellente Möglichkeit
der praxisnahen Weiterbildung mit Live-OP´s aus der
ATOS Klinik im historischen Ambiente des Heidelberger
Schlosses.
Program | Thursday, November 10th 2016
Ihr Team des HKF – Internationales Zentrum für Hüft-,
Knie- und Fußchirurgie in der ATOS Klinik Heidelberg
• Meniscus root repairs
Prof. Dr. Rainer Siebold
Priv. Doz. Dr. Christoph Becher
Prof. Dr. Hajo Thermann
Prof. Dr. Fritz Thorey
Session 1: MENISCUS REPAIR
• Concept of Anatomical Meniscus Refixation:
medial & lateral
• Meniscal repair: inside-out/outside-in
• Meniscal repair with different all-inside devices
• Live Surgery – Repair of Large Bucket Handle Tear
• Results of isolated vs ACL associated bucket handle
tear repair
L
• ateral discoid meniscus: repair or resection?
• Live Surgery Video – Meniscus Allograft
Transplantion
–– Coffee Break & Industrial Exhibition ––
Session 2: CARTILAGE TRANSPLANTATION
• Different concepts of cartilage transplantation
Zertifizierung:
Zertifizierungspunkte sind beantragt
Online-Teilnehmerregistrierung, aktuelle
Programminformationen sowie Informationen
zur Anreise und Parkmöglichkeiten finden
Sie unter:
www.heidelberg-castle-meeting.de
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• Factors affecting success after ACT
• Cartilage therapy with early OA
• Live Surgery – Arthroscopic cartilage transplantation
• Arthroscopic second-look after cartilage repair
• Return to sports after ACT
• Concept of tibial valgus osteotomy
• Tibial valgus osteotomy with/without cartilage
treatment?
• Outcome of tibial valgus osteotomy vs. medial UNI
ATOSnews
Program | Friday, November 11th 2016
Program | Saturday, November 12th 2016
Session 3: ANTERIOR CRUCIATE LIGAMENT
Session 6: UNICOMPARTIMENTAL ARTHROPLASTY
• Live Preparation Video: ACL Ribbon
• Live Surgery – unicompartimental arthroplasty
• Histology of the tibial & femoral ACL insertion
• Biomechanics in UKR – what is different to TKA?
• Live Surgery – SB ACL reconstruction with
• Sports after UKR – what is different to TKA?
Quadriceps-Tendon
• Concept & Live Surgery Video – SB ACL reconstruction
with Patella Tendon
• Important aspects of ACL surgery with open physis
• Results of SB versus DB in kids & adolescents
• Concept & Live Surgery Video of ACL augmentation
–– Coffee Break & Industrial Exhibition ––
• Live Surgery – Double-Bundle ACL Reconstruction
• Concept & Live Surgery Video – Flat ACL reconstruction
with Semi-T
• Reasons for failure of ACL reconstruction
• Tactics in ACL revision surgery
• Concept & Live Surgery Video – posteromedial
corner reconstruction
• Concept & Live Surgery Video – posterolateral
corner reconstruction
• Live Surgery – Spongiosaplasty for ACL revision
from iliac crest
–– Lunch Break & Industrial Exhibition –– Session 4: PATELLAFEMORAL INSTABILITY
• Diagnostics and decision making in patella instability
• Live Surgery - MPFL-Reconstruction with Quadriceps
Concept & Live Surgery Video – MPFL Reconstruction
Concept & Live Surgery Video – Tibial Tuberosity Transfer
• Live Surgery – MPFL-Reconstruction with Gracilis
• Results of MPFL repair
• Concept & Live Surgery Video – Arthroscopic cartilage
transplantation Patella
• What makes a good result?
- a patient specific implant!
- the help of a robot for implant positioning!
- not to do it and go for TKA!
ANMELDUNG
–– Lunch Break & Industrial Exhibition –– Kontakt:
Session 7: TOTAL KNEE
ARTHROPLASTY
Best solution for a satisfied
Zentrum patient?
für Knie- und Fußchirurgie
• Bicruciate retaining TKA? – Video demonstration Vanguard XP
Frau Sabine Hopf
• Bicruciate substituting TKA? – Video demonstration:
E-Mail: [email protected]
Journey BCS
• Optimal design of a classic TKA prosthesis?
– Video demonstration: Attune TKA
• Patient specific TKA – matching the implant to the patient –
Video demonstration: ConforMIS iTotal
• Patient specific TKA – matching the cutting blocks to the
patient? – Video demonstration: Visionaire
–– Coffee Break & Industrial Exhibition ––
What is the best alignment ?
• Kinematic alignment/Constitutional alignment
Complication management – the infected TKA
• Diagnostics and surgical management
• Antibiotics are the key for success
• Management of defect situations – bone/soft tissue
Wissenschaftliche Leitung
Prof. Dr. Rainer Siebold,
PD Dr. Christoph Becher,
Prof. Dr. Hajo Thermann,
Prof. Dr. Fritz Thorey
Kongressorganisation
Intercongress GmbH
Berlin Düsseldorf
Freiburg Wiesbaden
Karlsruher Straße 3
79108 Freiburg
Program | Saturday, November 12th 2016
HKF – Die Spezialisten für
Hüft-, Knie- & Fußchirurgie
Session 5: PATELLOFEMORAL ARTHROPLASTY
ATOS Klinik Heidelberg
fon +49 761 69699-242
fax +49 761 69699-11
Live Surgery – Patellofemoral Arthroplasty
• PFA: Why I prefer an Inlay-design
• PFA: Why I prefer an Onlay-design
• Special considerations in PFA – the dysplastic PFJ
• Patella management
www.hkf-ortho.com
www.intercongress.de
–– Coffee Break & Industrial Exhibition ––
Veranstalter
Siebold-Thermann-Thorey u. a. GbR
Bismarckstr. 9–15
D-69115 Heidelberg
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Weitere Informationen auch im Internet
www.arthrex-celltherapy.com
SCHÖNHEIT
AUS MIR SELBST
Nutzen Sie Ihre körpereigenen Wirkstoffe für ein natürlich schönes
Nutzen Sie Ihre körpereigenen Wirkstoffe für ein natürlich schönes Aussehen.
Aussehen. Lassen Sie Ihre Zellen für sich arbeiten.
Lassen Sie Ihre Zellen für sich arbeiten.
© Arthrex GmbH, 2016. Alle Rechte vorbehalten.
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