Praxistipp - FORUM VIA SANITAS

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Praxistipp
von RA Moritz Braun
10.02.2016
PRAXISTIPP
Organisation und Recht / Deutschland
Ernährungsberatung und orthomolekulare Präparate in der therapeutischen Praxis
Bei der Ernährungsberatung und dem Verkauf oder Verschreiben von Nahrungsergänzungsmitteln und Lebensmitteln (für besondere medizinische Zwecke) in der ärztlichen bzw. therapeutischen Praxis sind bestimmte berufsbzw. gewerberechtliche Regelungen zu beachten. Wir haben die wichtigsten Regelungen für Sie recherchiert:
Gewerbeanmeldung
Ärzte, Heilpraktiker, Therapeuten und Berater, die in ihrer Praxis regelmäßig eine entgeltliche Ernährungsberatung durchführen und/ oder Nährstoffpräparate verkaufen oder entgeltlich vermitteln, benötigen hierfür grundsätzlich eine entsprechende Gewerbeberechtigung. Eine Gewerbeberechtigung für die Ernährungsberatung umfasst
hierbei auch den Verkauf und die Vermittlung der beratungsgegenständlichen Nährstoffpräparate.
Das Gewerbe kann hierbei durch den Arzt, Heilpraktiker, Therapeuten oder Berater selbst, eine Vertrauensperson
oder eine Gesellschaft (wie GmbH) bei der zuständigen Gewerbebehörde angemeldet werden.
Trennungsgebot
Bei der Ausübung der Ernährungsberatung und dem Produktvertrieb in den Praxisräumlichkeiten ist darauf zu
achten, dass die gewerbliche Tätigkeit von der ärztlichen bzw. therapeutischen Tätigkeit in zeitlicher, organisatorischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht getrennt gehalten wird.
Ärzten ist die gewerbliche Ernährungsberatung bzw. der entgeltliche Vertrieb von Nährstoffpräparaten
grundsätzlich nur dann gestattet, wenn kein „Zusammenhang mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit“
besteht (Trennungsgebot gemäß § 3 Abs. 2 M-BO; Deutsches Ärzteblatt Jg. 110, Heft 46, A2227). Ein gleichartiges Gebot gilt auch für Heilpraktiker (Art. 16 Z 2 Berufsordnung für Heilpraktiker). Das Trennungsgebot soll
sicherstellen, dass ärztliche Entscheidungen zum Schutz der Patienten nach medizinischen Gesichtspunkten
getroffen werden und kein Zusammenhang mit berufsfremden, merkantilen Aspekten besteht.
Nach der Rechtsprechung besteht kein solcher Zusammenhang, wenn der Arzt die gewerbliche Tätigkeit von
seiner ärztlichen Tätigkeit in zeitlicher, organisatorischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht getrennt hält.
Eine besondere räumliche Trennung ist hingegen nicht erforderlich (BGH 29.05.2008, I ZR 785/05).
Die Ernährungsberatung bzw. der Vertrieb von Nährstoffpräparaten in der Arztpraxis ist daher zulässig, wenn die
Trennung von der ärztlichen Heilbehandlung folgendermaßen den Patienten transparent gemacht wird:
1.
Zeitliche Trennung bedeutet, dass die ärztlichen Ordinationszeiten und die Zeiten der Ernährungsberatung
und des Produktvertriebs hinreichend zu trennen sind. Der Arzt darf also während seiner Ordinationszeiten
zugleich keine Ernährungsberatung durchführen und keine Nährstoffpräparate verkaufen bzw. verschreiben.
Die getrennten Öffnungszeiten sind auf Hinweisschildern den Patienten kenntlich zu machen.
„Überschneidende Öffnungszeiten“ sind nach der Rechtsprechung sind jedoch grundsätzlich zulässig, wenn
der Arzt an der Ernährungsberatung und dem Produktvertrieb in seiner Arztpraxis nicht persönlich mitwirkt
oder zwischen seiner ärztlichen Tätigkeit und seiner Beratung- bzw. Vertriebstätigkeit eine „hinreichende
zeitliche Trennung“ besteht und dies den Patienten auf Hinweisschildern ebenfalls kenntlich gemacht wird
(LG f. Heilberufe beim OVG NRW 18.02.2009, 6t A 1456/05).
2.
Organisatorische Trennung bedeutet, dass die freiberufliche ärztliche Tätigkeit von der gewerblichen Tätigkeit (Ernährungsberatung bzw. Produktvertrieb) auch organisatorisch zu trennen ist. Ausreichend ist, wenn
die ärztliche und die gewerbliche Tätigkeit in getrennten Räumen mit getrennten Hinweisschildern erfolgt.
Die Mitbenutzung der zur ärztlichen Praxis gehörenden Räumlichkeiten und Einrichtungen (wie Eingangsbereich, Empfang, Briefkasten, Wartezimmer, Toilette) steht einer hinreichenden organisatorischen Trennung
hingegen nicht entgegen. Gleiches gilt für die gemeinsame Beschäftigung von Angestellten (LG 18.02.2009).
3.
Wirtschaftliche Trennung bedeutet, dass die Abrechnung, Buchführung und die Gewinnermittlung der
freiberuflichen ärztliche Tätigkeit von der gewerblichen Tätigkeit (Ernährungsberatung bzw. Produktvertrieb)
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zu trennen ist (LG 18.02.2009). Es ist darauf zu achten, dass die Honorarnoten für die ärztliche Tätigkeit auf
den Arzt und die Rechnungen für die gewerbliche Tätigkeit auf den Gewerbebetrieb zu lauten haben; die
Provisionsabrechnung für den gewerblichen Produktvertrieb hat somit auf den Gewerbebetrieb zu lauten.
4.
Rechtliche Trennung bedeutet, dass für die gewerbliche Tätigkeit ein Gewerbe angemeldet werden muss
und die Ernährungsberatung sowie der Verkauf bzw. die Vermittlung von Nährstoffpräparaten rechtlich über
den Gewerbebetrieb abzuwickeln sind.
Erlaubte Information und berufswidrige Werbung
Bei der Ernährungsberatung bzw. entgeltlichen Abgabe oder Vermittlung von Nahrungsergänzungsmitteln oder
Lebensmitteln (für besondere medizinische Zwecke) sind des Weiteren folgende Regeln zu beachten:
1.
Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel sind Nährstoffpräparate zur ergänzenden Nährstoffversorgung bei bestehenden Nährstoffdefiziten oder einem erhöhtem Nährstoffbedarf ohne Krankheitsbezug.
2.
Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sind unter ärztlicher Aufsicht zu verwendende Lebensmittel zum Diätmanagement von Patienten, die in spezieller Weise verarbeitet oder formuliert werden. Sie
sind zur ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher
Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte oder von Patienten mit
einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf bestimmt ist, für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreicht (Art. 2 Abs. 1 lit. g VO (EU) Nr. 609/2013, 12.06.2013).
3.
Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel (für besondere medizinische Zwecke) sind keine Arzneimittel.
Angaben zu arzneilichen Wirkungen zur Vorbeugung, Linderung oder Heilung von Erkrankungen sind daher
unzulässig.
4.
Im Zusammenhang mit Ernährungsberatung und Nährstoffpräparaten sind nur „sachliche berufsbezogene
Informationen gestattet“. Anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung ist unzulässig (§ 27 M-BO;
Art. 8 Berufsordnung für Heilpraktiker). Zulässig ist jedoch die sachliche Information über eigene IGeLLeistungen (wie Ernährungsberatung) und Nährstoffpräparate unter Beachtung des Trennungsgebots.
Praxistipp
Zum Nachweis der gebotenen Trennung empfehlen wir, Inhalt und Uhrzeit der Ernährungsberatung in einem
schriftlichen Beratungsprotokoll zu dokumentieren. Ein Musterberatungsprotokoll kann als Praxisservices für
Förderer des FORUM VIA SANITAS unter [email protected] kostenfrei angefordert werden.
Wichtiger Hinweis
Die genannten Regelungen für Deutschland lassen sich aufgrund der gleichen Sach- und Schutzlage grundsätzlich analog auf andere Heilberufe in Deutschland (wie Heilpraktiker) sowie auf Heilberufe in Österreich und in der
Schweiz unter Berücksichtigung der einschlägigen standes- und gewerberechtlichen Bestimmungen übertragen.
Mehr zum Thema siehe FORUM VIA SANITAS PRAXISINFORMATION Organisation und Recht / Deutschland,
Neues Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen.
Kontakt
Rechtsanwalt Moritz Braun
Schulenberg & Schenk Rechtsanwälte und Steuerberatung
Alsterchaussee 25
20149 Hamburg
Telefon: +49 (0)40/73440 86-0
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Telefax: +49 (0)40/73440 86-29
E-Mail: [email protected]: www.sus-law.de
Hinweis: Diese Praxisinformation ist eine Erstinformation. Für weiterführende Informationen stehen die
zuständigen Behörden, Berufsvertretungen oder Rechtsberater zur Verfügung.
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