§3 Kurven

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Mathematik für Ingenieure III, WS 2015/2016
Montag 23.11
$Id: kurven.tex,v 1.9 2015/11/23 13:13:27 hk Exp $
§3
Kurven
3.1
Kurvenintegrale erster Art
In der letzten Sitzung hatten wir das skalare Kurvenintegral
Z
Z
b
f (γ(t)) · |γ 0 (t)| dt
f ds =
a
γ
eines Skalarfelds f längs einer Kurve γ : [a, b] → Rn eingeführt und auch schon zwei
Beispiele hierzu gerechnet. Ein besonders wichtiger Fall tritt auf wenn das Skalarenfeld
konstant gleich Eins ist. Im Flächenbild bilden wir dann die Fläche mit Höhe konstant
gleich Eins über unserer Kurve, und deren Flächeninhalt ist dann die Länge der Kurve,
also:
Definition 3.3 (Länge einer Kurve)
Die Länge einer Kurve γ : I → Rn ist definiert als
Z
Z
`(γ) := ds = |γ 0 (t)| dt.
γ
I
Überprüfen wir dies zunächst einmal am Beispiel des Kreisumfangs. Ist r > 0 der
Radius, so durchläuft die Kurve γ(t) = (r cos t, r sin t) für 0 ≤ t ≤ 2π den Rand des
Kreises von Radius r. Wegen
p
−r sin t
0
γ (t) =
ist |γ 0 (t)| = r2 sin2 t + r2 cos2 t = r,
r cos t
also
Z
2π
r dt = 2πr.
`(γ) =
0
Hier kommt also tatsächlich das erwartete und bekannte Ergebnis heraus. Als ein zweites Beispiel betrachten wir die Spirale γ(t) = (t cos t, t sin t) definiert für 0 ≤ t ≤ a mit
einer vorgegebenen Konstante a > 0. Es ist γ 0 (t) = (cos t − t sin t, sin t + t cos t) und
(cos t − t sin t)2 + (sin t + t cos t)2
= cos2 t − 2t sin t cos t + t2 sin2 t + sin2 t + 2t sin t cos t + t2 cos2 t = 1 + t2
9-1
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Montag 23.11
√
also |γ 0 (t)| = 1 + t2 . Die Stammfunktion dieser Funktion haben wir bisher noch nie
berechnet, und müssen dies daher an dieser Stelle tun. Schon im ersten Semester (in
I.§12.4) hatten wir die Hyperbelfunktionen
sinh t =
et − e−t
et + e−t
und cosh t =
2
2
eingeführt und die Gleichung cosh2 t − sinh2 t = 1 festgehalten. Als Ableitung des Sinus
Hyperbolicus ergibt sich
sinh0 t =
et − (−e−t )
= cosh t > 0,
2
und insbesondere ist der Sinus Hyperbolicus streng monoton steigend. Wegen
lim sinh x = ∞ und lim sinh x = −∞
x→∞
x→−∞
erhalten wir als Umkehrfunktion des Sinus Hyperbolicus den sogenannten Area Sinus
Hyperbolicus
arsinh : R → R,
der auch schon in I.§12.4 im ersten Semester erwähnt, aber nicht weiter besprochen,
wurde. Mit der Formel für die Ableitung von Umkehrfunktionen (I.§14.Satz 9 im ersten
Semester) erhalten wir die Ableitung
arsinh0 (x) =
1
1
1
,
=q
=√
cosh(arsinh x)
1 + x2
1 + sinh2 (arsinh x)
also in Termen unbestimmter Integrale
Z
dx
√
= arsinh x.
1 + x2
Mit partieller Integration erhalten wir damit
Z √
Z
1+
x2
und somit ist
dx =
1 + x2
√
dx =
1 + x2
Z √
Z
Z
x
dx
1 + x2
Z √
√
2
= arsinh x + x 1 + x −
1 + x2 dx,
dx
√
+
1 + x2
x· √
1 √
x 1 + x2 + arsinh x .
2
Für die Länge unserer Spirale folgt damit
Z a√
√
1
`(γ) =
1 + t2 dt =
arsinh a + a 1 + a2 .
2
0
1 + x2 dx =
9-2
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Montag 23.11
Zum Abschluß dieses Abschnitts wollen wir noch einige Grundeigenschaften des Kurvenintegrals erster Art festhalten, und müssen hierzu zwei kleine geometrische Begriffe
einführen.
Definition 3.4 (Umgedrehte und zusammengesetzte Kurven)
Ist γ : [a, b] → Rn , so bezeichnet γ − die in die andere Richtung laufende Kurve. Als
Formel ist diese durch
γ − : [a, b] → Rn ; t 7→ γ(a + b − t)
gegeben. Der Startpunkt von γ − ist dann der Endpunkt von γ und der Endpunkt von
γ − ist der Startpunkt von γ. Ist δ : [a0 , b0 ] → Rn eine weitere Kurve, deren Startpunkt
gerade der Endpunkt von γ ist, also δ(a0 ) = γ(b), so können wir die Kurven γ und δ
aneinanderhängen und erhalten die Summe
(
γ(t),
a ≤ t ≤ b,
γ + δ : [a, b + b0 − a0 ] → Rn ; t 7→
δ(t − b + a0 ), b ≤ t ≤ b + b0 − a0 .
Die Argumentverschiebungen sind hier leider nötig, da die Definitionsintervalle von γ
und δ nicht unbedingt zusammenpassen müssen.
Der Endpunkt der Summenkurve γ+δ ist dann der Endpunkt von δ und der Startpunkt
ist der Startpunkt von γ.
Satz 3.1 (Grundeigenschaften des skalaren Kurvenintegrals)
Seien U ⊆ Rn offen, γ : [a, b] → U eine Kurve die ganz in U verläuft und f : U → R
eine stetige Funktion.
(a) Ist g : U → R eine weitere stetige Funktion, so gilt
Z
Z
Z
(f + g) ds = f ds + g ds.
γ
γ
γ
(b) Für jede Konstante c ∈ R gilt
Z
Z
cf ds = c ·
f ds.
γ
γ
(c) Sei δ : [c, d] → U eine weitere Kurve in U deren Startpunkt gleich dem Endpunkt
von γ ist. Dann gelten `(γ + δ) = `(γ) + `(δ) und
Z
Z
Z
f ds = f ds + f ds.
γ
γ+δ
δ
(d) Es ist `(γ − ) = `(γ) und
Z
Z
f ds =
γ−
f ds.
γ
(e) Es gilt
Z
f ds ≤ sup |f (γ(t))| · `(γ).
a≤t≤b
γ
9-3
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3.2
Montag 23.11
Vektorfelder
Nachdem wir nun die Kurvenintegrale erster Art eingeführt haben, wollen wir zu den
vektoriellen Kurvenintegralen, also den Kurvenintegralen zweiter Art, kommen. Als
Vorbereitung diskutieren wir in diesem Abschnitt erst einmal die dabei auftretenden
Integranden.
Definition 3.5 (Vektorfelder)
Ein Vektorfeld auf einer offenen Menge U ⊆ Rn ist eine Abbildung F : U → Rn .
Üblicherweise stellen wir uns vor das für jeden Punkt p ∈ U ein Vektor F (p) ∈ Rn
an p angeklebt wird. Es gibt verschiedene übliche Schreibweisen für Vektorfelder. Am
einfachsten ist es die Komponenten von F in einen Spaltenvektor zu schreiben, also für
n = 2 Dimensionen
F (x, y) =
F1 (x, y)
F2 (x, y)
etwa F (x, y) =
−y
x
.
Manchmal wird das Vektorfeld auch als Linearkombination bezüglich der Standardbasis
geschrieben, also
F (x1 , . . . , xn ) = F1 (x1 , . . . , xn )e1 + · · · + Fn (x1 , . . . , xn )en
also beispielsweise für n = 2
F (x, y) = −ye1 + xe2 .
Eine dritte Möglichkeit ist die Schreibweise als Differentialoperator, diese ist eigentlich
wie die eben vorgestellte Schreibweise über die Standardbasis nur das man anstelle von
e1 , . . . , en die partiellen Ableitungen ∂/∂x1 , . . . , ∂/∂xn verwendet, also
F (x1 , . . . , xn ) = F1 (x1 , . . . , xn )
∂
∂
+ · · · + Fn (x1 , . . . , xn )
,
∂x1
∂xn
und das schon zweimal als Beispiel verwendete Vektorfeld schreibt sich dann als
F (x, y) =
−y
x
= −ye1 + xe2 = −y
∂
∂
+x .
∂x
∂y
Warum letztere Schreibweise manchmal praktisch ist werden wir bald sehen. Schauen
wir uns zunächst einige Beispiele von Vektorfeldern an
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2
y
–2
2
y
1
0
–1
1
2
–2
1
0
–1
1
x
–1
–1
–2
–2
∂
∂
Streckung F = x ∂x
+ y ∂y
∂
∂
Drehung F = y ∂x
− x ∂y
2
y
–2
2
y
1
–1
1
2
–2
1
–1
1
x
2
x
–1
–1
–2
–2
F =
2
x
∂
xy ∂x
−
∂
∂y
∂
∂
F = xy ∂x
− y ∂y
Dreidimensionale Vektorfelder kann man auf Bildern meist nur schlecht überblicken,
der Vollständigkeit halber wollen wir uns aber trotzdem zwei Beispiele anschauen
2
2
1
2
1
–2
y
–1
–1
z
1
0 z
x
0
–1
1
–2
–1
–2
2
–2
–2
–1
–2
–1
y
0
0
1
2
Drehung um z-Achse F =
∂
y ∂x
−
∂
x ∂y
F =
9-5
x
∂
1+z 2 ∂x
+
x
1
2
y
∂
1+z 2 ∂y
∂
+ (x − y) ∂z
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Eine allgemeinere Klasse von Beispielen liefert der Begriff der Kraft in der Mechanik.
Nehmen wir wieder einmal das Gravitationsgesetz. Denken wir uns einen Körper K
der Masse M in einem Punkt p ∈ R3 fixiert, so übt dieser auf andere Körper etwa mit
Masse m im Punkt q ∈ R3 die Kraft
F =γ·
mM
γM
(p
−
q)
=
m
·
G(q)
mit
G(q)
:=
(p − q)
|p − q|3
|p − q|3
aus. Dabei hängt G nur von der Raumposition q ∈ R3 ab, und kann daher unabhängig
von einem zweiten Massepunkt betrachtet werden. Man bezeichnet G als das Gravitationsfeld des Körpers K. Das Feld G(q) ist für jeden Punkt q ∈ R3 definiert unabhängig
davon ob sich in q ein weiterer Körper befindet oder nicht. Streng genommen ist dies
eigentlich nur für q 6= p der Fall, aber dieses Detail wollen wir hier ignorieren. Dabei ist
das Feld G selbst keine Kraft, es bewirkt nur auf einen Körper im Punkt q mit Masse
m die Kraft m · G(q).
Ähnliche Beispiele sind auch das elektrische Feld E und das magnetische Feld B in
der Elektrodynamik. Die Felder E und B selbst sind keine Kräfte, sie bewirken aber
auf einen Ladungsträger der Ladung q im Punkt p mit Geschwindigkeitsvektor v die
Kraft
1
F = q · E(p) + v × B(p) ,
c
wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist. An diesem Beispielen sieht man auch, das es nötig
ist zeitabhängige Vektorfelder zu betrachten, oder etwas allgemeiner gleich Vektorfelder
die von irgendwelchen anderen Parametern abhängig sind. Ein solches Vektorfeld ist
dann eine Abbildung
F : U × P → Rn
wobei U ⊆ Rn offen ist und P den Parameterbereich bezeichnet. Meist spricht man
dann weiter von einem Vektorfeld auf U , oder auch von einem zeitabhängigen Vek”
torfeld“ wenn P für einen Zeitparameter steht. Als ein Beispiel hierfür betrachten wir
wieder das Gravitationsfeld G nur nehmen wir diesmal an das unser Grundkörper K
sich auf einer Kurve γ : R → R3 bewegt. Dann wird
G(q, t) = γM ·
γ(t) − q
.
|γ(t) − q|3
Entsprechend hat man in der Elektrodynamik auch sich zeitlich ändernde elektrische
und magnetische Felder. Ist der Parameterbereich eine offene Teilmenge eines Rm ,
so kann man auch Ableitungen des Vektorfeldes nach den Parametern bilden. Das
Hauptbeispiel hierfür sind dann Ableitungen sich zeitlich verändernder Vektorfelder
nach der Zeit. Geschrieben werden solche Ableitungen dann als partielle Ableitungen
nach den Parametern. Haben wir beispielsweise das sich zeitlich ändernde Vektorfeld
F (x, y, t) = (x + t2 y)
9-6
∂
∂
+ e−t x ,
∂x
∂y
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Montag 23.11
so wird
∂
∂
∂F
(x, y, t) = 2ty
− e−t x .
∂t
∂x
∂y
Ein anderes Beispiel ist die Beschreibung von Flüssigkeiten. Diese beschreibt eine
Flüssigkeit indem zu gegebenen Ort p ∈ R3 und gegebenen Zeitpunkt t ∈ R der Geschwindigkeitsvektor u(p, t) angegeben wird. Ein in der Flüssigkeit treibendes Teilchen
das zur Zeit t im Punkt p ist, soll also gerade die Geschwindigkeit u(p, t) haben. Dann
ist u ein zeitabhängiges Vektorfeld.
3.3
Kurvenintegrale zweiter Art
Wir wollen nun Kurvenintegrale zweiter Art oder vektorielle Kurvenintegrale einführen.
Bei derartigen Integralen
R wird ein Vektorfeld F längs einer Kurve γ integriert und das
Ergebnis ist eine Zahl γ F · ds. Der Punkt steht dabei für das Skalarprodukt. Um
zu sehen wie dieses Integral definiert werden soll und was es bedeutet, starten wir
als Beispiel mit dem Begriff der Arbeit. Gegeben sei ein Vektorfeld F das wir uns in
jedem Punkt p ∈ R3 als eine Kraft vorstellen. Wir bewegen nun ein Teilchen in diesem
Kraftfeld längs einer Kurve γ : [a, b] → Rn und fragen was die vom Zeitpunkt t = a bis
zum Zeitpunkt t = b geleistete Arbeit ist.
Konkret sei F etwa die Erdanziehungskraft auf
ein Objekt der von uns betrachteten Masse m = 1
und γ etwa die Bewegung längs einer schiefen Ebene. Dabei werden die Haftreibung und alle sonstigen Arten von Reibungen ignoriert. Wie üblich ist
h
F=−g e2
F = −ge2 , wobei g die Erdbeschleunigung ist. Zu
jedem Zeitpunkt 0 ≤ t ≤ a arbeiten wir gegen die
Erdanziehung könnten also an g · `(γ) als die gelei- t=0
t=a
stete Arbeit. denken. Das ist aber nicht ganz das
was passiert, wir bewegen unser Objekt ja nicht vertikal nach oben, sondern haben
auch einen waagerechten Bewegungsanteil der mit der Erdanziehung gar nichts zu tun
hat, und uns interessiert nur der Bewegungsanteil in vertikaler Richtung. Angenommen
wir überwinden vom Zeitpunkt t = 0 bis zum Zeitpunkt t = a die Höhendifferent h, so
haben wir insgesamt die Arbeit W = gh. Sind u der Vektor u = (a, h) und F = (0, −g)
die Erdanziehungskraft, so ist gh = −F · u, wobei letzteres für das Skalarprodukt steht.
Relativ zur zurückgelegten Strecke ist damit
W
F ·u
u
=−
= −F ·
.
|u|
|u|
|u|
Das Skalarprodukt F · (u/|u|) ist nun gerade der Anteil von F in Richtung des Vektors
u. Dies ist eine direkte Konsequenz der geometrischen Definition des Skalarprodukts,
siehe hierfür §10.1 im ersten Semester oder etwas expliziter Satz 8.1 aus dem zweiten
Semester.
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Das Minuszeichen steht hier nur weil wir die Arbeit gegen die Erdanziehung berechnen, wird die von der Erdanziehung bewirkte Arbeit berechnet, so haben wir relativ
zur Länge einfach F · (u/|u|). Ebenso gilt dies allgemein für die längs einer Geraden
von einer konstanten Kraft geleistete Arbeit. Haben wir ein allgemeines stetiges Kraftfeld F und eine allgemeine Kurve γ, so ist die Bewegungsrichtung von γ zu einem
Zeitpunkt t durch den Tangentenvektor γ 0 (t) gegeben, und der Anteil der Arbeit zum
Zeitpunkt t ist F (γ(t))·(γ 0 (t)/|γ 0 (t)). Die insgesamt längs der Kurve γ geleistete Arbeit
ergibt sich durch Integration über die Kurve, und wie wir bei der Diskussion des skalaren Kurvenintegrals gesehen haben, ist dieses Integral gleich dem eindimensionalen
Rieman-Integral
Z b
Z b
γ 0 (t) 0
W =
|γ (t)| dt =
F (γ(t)) · 0
F (γ(t)) · γ 0 (t) dt
|γ (t)|
a
a
wobei das Intervall [a, b] der Definitionsbereich der Kurve γ ist. Damit haben wir die
folgende explizite Definition des vektoriellen Kurvenintegrals:
Definition 3.6 (Vektorielle Kurvenintegrale)
Seien U ⊆ Rn offen, F : U → Rn ein stetiges Vektorfeld auf U und γ : I → U eine
ganz in U verlaufende Kurve. Das vektorielle Kurvenintegral von F längs γ ist dann
Z
Z
F · ds := F (γ(t)) · γ 0 (t) dt.
γ
I
Wie schon bemerkt sprich man auch von einem Kurvenintegral zweiter Art, und
manchmal auch von einem Linienintegral. Schreibt man F mit Komponenten F1 , . . . , Fn
und γ mit Komponenten γ1 , . . . , γn , so ist
Z
Z
F · ds = (F1 (γ(t))γ10 (t) + · · · + Fn (γ(t))γn0 (t)) dt,
γ
I
und hierfür wird häufig auch die symbolische Schreibweise
Z
Z
F · ds = F1 (x) dx1 + · · · + Fn (x) dxn
γ
γ
verwendet, also zum Beispiel für n = 2
Z
Z
f (x, y)
f (x, y) dx + g(x, y) dy = F · ds mit F (x, y) :=
.
g(x, y)
γ
γ
Rechnerisch stellt uns die Berechnung des Linienintegrals vor keine neuen Aufgaben,
da sie nur auf die Berechnung eines eindimensionalen Riemanintegrals führt, das zudem
meistens wesentlich einfacher als das beim entsprechenden skalaren Kurvenintegral ist.
Als ein Beispiel nehmen wir einmal die Kurve


   2 
t
x
xy
γ : [0, 2] → R3 ; t 7→  t3  und das Vektorfeld F : R3 → R3 ;  y  =  x − z  .
2
z
xyz
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Dann haben wir
Z
Z
F · ds =
γ
Z
2
x y dx + (x − z) dy + xyz dz =
γ
2
t5 + 3(t − 2)t2 dt
0
2
20
1 6 3 4
3
= t + t − 2t = .
6
4
3
0
Wir hatten das vektorielle Kurvenintegral als
Z
Z
Summation des Vektorfeldes F in
K · ds = F (γ(t)) · γ 0 (t) dt =
Bewegungsrichtung der Kurve γ
γ
I
definiert. Es gibt noch eine weitere kleine, gelegentlich verwendete Schreibweise. Ist
der Integrationsweg γ : [a, b] → Rn eine geschlossene Kurve, stimmen also ihr Anfangsund Endpunkt überein, d.h. γ(a) = γ(b), so schreibt man auch
I
Z
F · ds = F · ds,
γ
γ
dies ist also kein neues Integral sondern nur eine Schreibweise. Nehmen wir etwa den
geschlossenen Weg


r cos t
γ : [0, 2π] → R3 ; t 7→  r sin t 
0
mit r > 0, so ist für das obige Vektorfeld F (x, y, z) = (x2 y, x − z, xyz) auch
I
2π
x y dx + (x − z) dy + xyz dz =
−r4 cos2 t sin2 t + r2 cos2 t dt
γ
0
Z 2π 2
3
r
r
r4
πr2 (4 − r2 )
(1 + cos(2t)) − (1 − cos(4t)) dt = πr2 − π =
=
2
8
4
4
0
I
F · ds =
γ
Z
2
da
1 2
1 − cos(4t)
sin (2t) =
4
8
ist. Wir wollen zum Abschluß noch die folgenden Grundtatsachen festhalten:
sin2 t cos2 t =
Satz 3.2 (Grundeigenschaften des vektoriellen Kurvenintegrals)
Seien U ⊆ Rn offen, γ : [a, b] → U eine Kurve die ganz in U verläuft und F : U → Rn
ein stetiges Vektorfeld.
(a) Ist G : U → Rn eine weiteres stetiges Vektorfeld, so gilt
Z
Z
Z
(F + G) · ds = F · ds + G · ds.
γ
γ
9-9
γ
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(b) Für jede Konstante c ∈ R gilt
Z
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Z
cF · ds = c ·
F · ds.
γ
γ
(c) Sei δ : [c, d] → U eine weitere Kurve in U deren Startpunkt gleich dem Endpunkt
von γ ist. Dann gilt
Z
Z
Z
F · ds = F · ds + F · ds.
γ+δ
γ
δ
(d) Es ist
Z
Z
F · ds.
F · ds = −
γ−
γ
(e) Es gilt
Z
F · ds ≤ sup |F (γ(t))| · `(γ).
a≤t≤b
γ
Wie ein Vergleich mit Satz 1 zeigt, sind dies fast dieselben Eigenschaften wie beim
skalaren Kurvenintegral, der einzige Unterschied ist Eigenschaft (d). Wird die Kurve γ
in die andere Richtung durchlaufen, so bleibt das skalare Kurvenintegral unverändert
aber das vektorielle Kurvenintegral erhält ein Minuszeichen.
3.4
Umparametrisierungen und Koordinatentransformation
Es stellt sich heraus das es für beide Varianten von Kurvenintegralen gar nicht so sehr
darauf ankommt wie die Kurve exakt durchlaufen wird, sondern nur auf den zurückgelegten Weg und die Durchlaufrichtung. Haben wir etwa eine Kurve γ : [0, 1] → Rn , so
können wir die Kurve mit doppelter Geschwindigkeit durchlaufen, also γ1 : [0, 1/2] →
Rn ; t 7→ γ(2t), oder sie sogar ganz anders durchlaufen wie etwa γ2 : [0, 1] → Rn ; t 7→
γ(t2 ). Dies bezeichnet man als Umparametrisierungen der Kurve, das Argument t wird
durch eine Funktion in t ersetzt. Wir wollen also t durch einen Ausdruck ϕ(t) ersetzen.
Haben wir zum Beispiel eine Kurve γ : [0, 1] → Rn und betrachten
γ
e : [−1, 1] → Rn ; t 7→ γ(1 − t2 )
so durchlaufen wir für t = −1 bis t = 0 die Kurve einmal in Durchlaufrichtung, und
anschließend laufen wir von t = 0 bis t = 1 wieder auf der Kurve zurück. So etwas soll
nicht als Umparametrisierung gelten, wir wollen nur Funktionen ϕ(t), die den Argumentbereich einmal durchlaufen und zwischendurch nicht umkehren. Dies kann man
erreichen indem gefordert wird das ϕ eine bijektive Funktion ist. Das alleine reicht
aber noch nicht aus. Zum Beispiel durchläuft γ(−t) die Kurve in die entgegengesetzte
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Montag 23.11
Richtung, und dies wollen wir ebenfalls nicht, da Umparametrisierungen die Durchlaufrichtung der Kurve nicht ändern sollen. Daher fordern wir das die Abbildung ϕ
monoton steigend ist. Diese Bedingungen führen auf die folgende Definition:
Definition 3.7 (Umparametrisierung von Kurven)
Sei γ : I → Rn eine Kurve. Eine Umparametrisierung von γ ist eine Kurve der Form
δ = γ ◦ ϕ, wobei ϕ : J → I eine bijektive, stetig differenzierbare Abbildung mit
ϕ0 (t) > 0 für alle Punkte t ∈ J ◦ im Inneren von J ist. Die Abbildung ϕ wird dann
auch als die Umparametrisierung bezeichnet, und da ihre Ableitung positiv ist, ist sie
streng monoton steigend.
Man kann auch sagen das die Kurve mit der eventuell nicht konstanten Geschwindigkeit
ϕ(t) durchlaufen wird. Man erlaubt das die Umparametrisierung in den Randpunkten
des Intervalls J die Ableitung 0 hat, da auch Umparametrisierungen wie ϕ(t) = t2
zugelassen sein sollen.
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