Kriterien für eine opfergerechte Täterarbeit bei Sexualstraftätern • Voraussetzung und Hintergrund von Täterarbeit ist die permanente persönliche Auseinandersetzung mit dem Männlichkeitsbild und der Rolle von Männern in der Gesellschaft und verlangt somit einen fachlichen als auch einen persönlichen Prozess der Selbstreflexion. Fachlichkeit in der Täterarbeit setzt die Auseinandersetzung mit dem eigenen Männlichkeitsbild und dem eigenen Weiblichkeitsbild voraus. • Täterarbeit ist nicht mit Tätertherapie gleichzusetzen. Zu-Täterarbeit gehören alle Handlungen, - die den Opferschutz gewährleisten, d. h. darauf abzielen, dass der Täter keine sexuelle Gewalt mehr ausüben kann, - die Täter veranlassen, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen - die dafür sorgen, dass sich Täter mit den Folgen ihrer Taten auseinandersetzen und , - die darauf hinzielen, dass Täter die Konsequenzen tragen, die sich aus ihren Taten ergeben. (z. B. strafrechtlich, finanziell, familienrechtlich insbesondere in Bezug auf Sorgerecht, Information/Outing des Täters im sozialen Nahraum, keine Arbeit oder Aktionen im Kinder- oder Jugendbereich.) In diese Definition fallen sowohl Maßnahmen des Strafrechtssystems, als auch der Therapie, Sozialarbeit und Gemeinwesenarbeit. • Opferorientierte Täterarbeit kann nicht mit Freiwilligkeit der Teilnahme von Tätern rechnen, sondern ist angewiesen auf Möglichkeiten, Druck und Zwang auszuüben. Sexuelle Gewalt muss immer als Straftat bewertet und behandelt werden. (Strafanzeigen) • Täterarbeit braucht Kontrolle sowohl der Täter als auch derjenigen Personen, die mit den Tätern arbeiten. Täter sind häufig Meister der Manipulation. Supervision und Reflexion müssen sicherstellen, dass Mechanismen des Täterschutzes nicht zum Tragen kommen. Sexuelle Gewalt ist ein gesellschaftlich verankertes Problem, dessen Verleugnung und Duldung auch im Bewusstsein und im Handeln von Fachleuten und in Ideologien und Vorgehen von Institutionen wiederzufinden ist. Täterbehandlung muss immer in mehrfacher Besetzung geleistet werden. Bisher gibt es für Täterarbeit keine Erfolgskontrolle, d.h. Ergebnisse sind nicht messbar. Auch eine langfristige Kontrolle der Täter, kann ein Risiko für weitere Straftaten niemals ausschließen. Aus der Perspektive des Opferschutzes sind bisherige Erfolgsmeldungen mit allergrößter Skepsis zu betrachten. Eine bisher mögliche Erfolgskontrolle ist die Umsetzung der oben genannten Konsequenzen in die Tat. • Täterarbeit ist ohne eine Verbindung zur Opferarbeit - und ohne einen Austausch mit ihr unglaubwürdig und läuft Gefahr, Teil der Täterstrategien zu werden, mit denen Täter die Wahrnehmung aller Personen versuchen zu manipulieren, Fakten zu fälschen, Motive zu verbergen und Fachkräfte zu korrumpieren. Eine systematische und qualitätsgesicherte Kooperation und Vernetzung zur und Überprüfung durch die Opferarbeit ist unverzichtbar. Eine vom Täter bestimmte Kontaktaufnahme zum Opfer muss dem Täter strengstens untersagt werden. Täterarbeit steht im Dienst der Opferarbeit und des Opferschutzes - und nicht umgekehrt. • • • Täterarbeit darf Konfrontation des Täters mit seinen Taten und mit Forderungen nicht scheuen, sie setzt daher Personen voraus, die persönlich in der Lage sind zu konfrontieren und durch ihre grundsätzliche Haltung die Opferperspektive vertreten. • Täterarbeit ist keine Auseinandersetzung mit der Biographie des Täters, sondern in erster Linie und ausschließlich die Auseinandersetzung mit seinen (Straf)Taten. Wird dem Täter in der Behandlung gestattet sich als Opfer darzustellen, kann das Ziel der Verantwortungsübemahme • nicht erreicht werden. Zielgerichtete Täterbehandlung lässt grundsätzlich nicht zu, dass der Täter 'sich als Opfer inszeniert. Zielgerichtete Täterbehandlung foccusiert die den Straftaten zugrundeliegenden sexuellen Gewaltund Machtphantasien. Das bedeutet auch, dass Behandler ihre sexuelle männliche Identität reflektieren können müssen. • Der Therapiebegriff ist zu problematisieren, da Täterbehandlung eine Abkehr vom klassischen Therapieziel und Therapiesetting bedeutet. Es handelt sich um Straftäter (Forensik), es handelt sich nicht um "Patienten", "Klienten", denn Leidensdruck, Freiwilligkeit, Motivation zur Veränderung sind in aller Regel nicht gegeben. Ziel ist nicht die Heilung von erlebten Verletzungen, sondern die Beendigung von Straftaten und Menschenrechtsverletzungen. Die Kosten der Behandlung sind weitest möglich vom Täter selbst zu tragen und ist ein Bestandteil der Verantwortungsübernahme. • Verträge mit Tätern • Die Kenntnis über unterschiedlichste Täterstrategien und Manipulationen sowie Schutzbehauptungen ist grundsätzlich für die Arbeit mit Tätern vorauszusetzen.