Christoph Kolumbus - Eine Seefahrt verändert die Welt

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Manuskript
radioWissen
Christoph Kolumbus - Eine Seefahrt verändert die Welt
AUTORIN:
REDAKTION:
Ulrike Rückert
Thomas Morawetz
Zitatorin
Ferdinand und Isabella, durch die Gnade Gottes König und Königin von Kastilien, Leon,
Aragon, Sizilien, Granada et cetera. Da Ihr, Cristobal Colon, auf unseren Befehl
aufbrechen werdet, mit einigen unserer Schiffe und Untertanen, um gewisse Inseln
und Festländer im ozeanischen Meer zu entdecken und zu unterwerfen, ist es recht
und billig, dass Ihr, weil Ihr Euch in so große Gefahr begebt, um uns zu dienen,
belohnt werden sollt. Und so ist es unser Wille…
Kolumbus
… Und so ist es unser Wille, dass Ihr, Cristobal Colon, nachdem Ihr die besagten
Inseln und Festländer, oder einige davon, entdeckt und erobert habt, unser Admiral
für besagte Inseln und Festländer sein sollt, und dass Ihr unser Vizekönig und
Generalgouverneur sein sollt. Für die Zukunft möget Ihr Euch Don Cristobal Colon
nennen. Granada, am 30. April, im Jahr des Herrn 1492
Erzählerin
Das war es, wofür er so viele Jahre so hart gekämpft hatte. Der Wollwebersohn aus
Genua würde unter die Herren der Welt aufsteigen. Er musste diese Inseln und
Festländer nur noch finden und erobern. Cristobal Colon nannte er sich in Spanien, wir
kennen ihn als Christoph Kolumbus. Als Cristoforo Colombo wurde er 1451 in Genua
geboren. Er lernte das Handwerk seines Vaters, wie es üblich war. Aber dem kargen
Leben zwischen Webstuhl und Schuldgefängnis wollte er entkommen - und in Genua
stand ihm die Welt offen. Neben Venedig beherrschte die Republik den Seehandel vom
Schwarzen Meer bis Nordafrika. Kolumbus trat in die Dienste eines großen
Handelshauses, für das er Mittelmeerhäfen bereiste. Er wurde auch Seemann und
Kapitän – wann und wie, wissen wir nicht. Mit fünfundzwanzig Jahren verschlug es ihn
nach Lissabon, die energiesprühende Metropole am Atlantik.
O-Ton Alfred Kohler
Also es steht einem Händler da sehr viel offen, und die Portugiesen, die Konkurrenten
Kastiliens sind auf der iberischen Halbinsel, die haben vom Atlantik doch große
Kenntnisse. Kolumbus hatte hier also in Portugal die größten Möglichkeiten.
Erzählerin
Der Wiener Historiker Alfred Kohler hat ein Buch über Christoph Kolumbus und seine
Zeit geschrieben. In Lissabon kamen Kaufleute aus ganz Europa zusammen, Schiffe
brachten Seide und Gewürze aus dem Orient, englische Wolle, flämisches Tuch, Gold
aus Timbuktu – und auch afrikanische Sklaven. Die Krone förderte die Wirtschaft, und
die Suche nach neuen Absatzmärkten und Warenquellen trieb die Erforschung des
Atlantiks voran.
O-Ton Alfred Kohler
Nun gibt es zu der Zeit ein Weltbild, das antike Weltbild eines Claudius Ptolemäus,
auch in Form einer Karte. Das reicht von den „Glücklichen Inseln“, den Kanarischen
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Inseln, bis Indien. Also im Norden Europa, das geht bis Thule oder Irland, und im
Süden Afrika, das geht nicht ganz zum Äquator, und der Indische Ozean erscheint als
Binnenmeer.
Erzählerin
Jenseits der Grenzen dieser bekannten Welt lauerten schreckliche Gefahren:
Ungeheuer in den Wogen des Ozeans, tödliche Hitze im Süden, Menschenfresser an
fernen Gestaden. Doch kühne Seefahrer stießen immer weiter ins Ungewisse vor.
Portugal hatte die modernsten Schiffe und die besten Navigatoren. Portugiesen hatten
die Kapverden entdeckt und die Azoren, 1.400 Kilometer vom Festland entfernt. Sie
drangen an der Westküste Afrikas entlang immer weiter nach Süden vor und segelten
weit aufs Meer hinaus auf der Suche nach unbekannten Inseln.
Konkurrenz machten ihnen nur die Spanier, mit denen sie im Krieg lagen, als
Kolumbus nach Lissabon kam. Er lernte den Atlantik kennen, als er Wolle in England
einkaufte und Zucker auf Madeira und bis in den Golf von Guinea fuhr.
O-Ton Alfred Kohler
Für Kolumbus war es in Portugal wichtig, und das ist ihm auch gelungen, in den
portugiesischen Adel einzuheiraten.
Erzählerin
Doña Felipa Perestrelo e Moniz war eine glänzende Partie für Christoph Kolumbus:
zwar ohne Vermögen, aber adlig. Ihr Vater war einer der Abenteurer um Prinz Heinrich
den Seefahrer gewesen und hatte dafür das Gouverneursamt auf der kleinen Insel
Porto Santo erhalten – ein kärglicher Lohn, aber wohl doch eine Inspiration für
Kolumbus, dessen Ehrgeiz unstillbar war. Eine Entdeckung konnte der Schlüssel zu
Ruhm und Reichtum sein. Aber wohin sollte die Fahrt gehen? Noch ein Inselchen? Ein
weiteres Stück afrikanische Küste? Wer von weit unten kommt und hoch hinaus will,
muss Einzigartiges bieten. Indien! Worunter man zu Kolumbus’ Zeit den ganzen
Fernen Osten verstand, die Quelle von Seide, Perlen und Juwelen, Pfeffer, Zimt und
Nelken.
O-Ton Alfred Kohler
Im Mittelalter hat Europa seit den Kreuzzügen eine sehr enge Beziehung und eine
Erfahrung dieses asiatischen Reichtums. Und jetzt gab es die Mongolenherrschaft im
13. Jahrhundert bis Mitte des 14. Jahrhunderts, und die Mongolen haben nun
ermöglicht europäischen Kaufleuten, relativ frei herumzureisen. Und nun passiert
etwas 1453. Konstantinopel, das heutige Istanbul, wird erobert vom Sultan. Und damit
ist man völlig abhängig vom Zwischenhandel des Osmanischen Reiches, und ist es
noch schwerer, auf dem Landweg, die sogenannte Seidenstraße, nach Indien oder
nach China zu kommen.
Erzählerin
Je weiter die Portugiesen an der afrikanischen Küste nach Süden kamen, desto
realistischer erschien ein direkter Seeweg nach Indien. Doch der Fortschritt wurde
mühsam erkämpft, und zeigten nicht die alten Karten eine Landbarriere vor dem
Indischen Ozean?
Kolumbus
Seit ich Seemann wurde, habe ich mit Fleiß in allen Schriften, Erdbeschreibungen,
Geschichtsbüchern, Chroniken, Philosophiewerken und anderen Büchern gelesen.
Erzählerin
Kolumbus studierte, was antike und arabische Gelehrte und die Humanisten seiner
Zeit über Geographie geschrieben hatten. Die Erde ist eine Kugel, also musste man
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Indien in beiden Richtungen erreichen können. Diesen Gedanken hatten schon die
alten Griechen.
O-Ton Alfred Kohler
Aber die Idee, nun es westwärts zu versuchen, gewinnt an Aktualität. Kolumbus hat
den Westweg nicht erfunden, ist aber sozusagen auf diese Idee aufgesprungen und
hat sie vehement und nachdrücklich und unnachgiebig vertreten.
Erzählerin
Die Frage war, ob es praktisch möglich wäre. Konnte ein Schiff genug Vorräte für die
Reise laden? Wie groß ist der Erdumfang? Wie breit die Landmasse von Europa und
Asien? Welche Entfernung ergibt sich daraus für den Seeweg? Kolumbus las, verglich,
rechnete nach. Pickte sich heraus, was ihm gefiel, verwarf, was seiner Idee
widersprach, und rechnete Längenmaße falsch um. Am Ende bestimmte er den
Erdumfang kleiner, die Landmasse größer als irgendjemand vor ihm.
O-Ton Alfred Kohler
Der Pazifische Ozean, der auf einer antiken Karte nicht drauf ist, beträgt zwei Drittel
der Erdoberfläche. Und Kolumbus hat die Entfernung von Lissabon, sag ich jetzt
einmal, bis nach Japan viel zu gering eingeschätzt, im Grunde nur ein Drittel der
tatsächlichen Größe. Und so konnte Kolumbus behaupten, naja, er fährt dort schnell
hin. Er hat gesagt, wir sind da schnell dort, das ist keine große Entfernung und das
kann man machen.
Erzählerin
1484 trug er seinen Plan dem König von Portugal vor, der Gelehrte zu Rate zog.
Zitator
Diese aber bezeichneten die Worte des Christoph Kolumbus als leeres Gerede, das der
Einbildung entsprang.
Erzählerin
Enttäuscht ging Kolumbus nach Spanien, der einzigen ernsthaften Konkurrenz für
Portugal. Schnell fand er einflussreiche Freunde: Franziskaner mit besten Beziehungen
zum Hof, die der Gedanke an die Heidenseelen, die sie dem Heil zuführen könnten,
erfreute. Und zwei Herzöge, die Handelsschiffe besaßen und Goldstücke vor dem
inneren Auge tanzen sahen. Bald schon empfing ihn das Königspaar, Isabella von
Kastilien und Ferdinand von Aragon. Sie sprachen freundlich zu ihm und baten
Gelehrte um ein Gutachten.
Zitator
Alle stimmten darin überein, dass unmöglich wahr sein konnte, was der Admiral sagte.
Erzählerin
Doch der offizielle Bescheid ließ auf sich warten. Kolumbus gab nicht auf. Hartnäckig
folgte er dem Hof auf dessen Zug von Burg zu Burg und ins Feldlager, denn Spanien
führte Krieg gegen das Emirat von Granada, die letzte muslimische Bastion in
Andalusien. Er feilte an seinem Projekt und schuf sich ein weitgespanntes Netz von
Gönnern. Nach endlosen sechs Jahren kam die Absage.
Zitator
Jeder Mensch von einiger Bildung, auch wenn er kein Fachmann ist, wird erkennen,
dass die Durchführung nicht möglich ist.
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Erzählerin
Doch im Januar 1492 fiel Granada, und von den Türmen der Alhambra wehten die
Banner der spanischen Könige. Und plötzlich wendete sich das Schicksal auch für
Kolumbus.
O-Ton Alfred Kohler
Die Situation hat sich mit der Eroberung Granadas sehr verbessert. Dann hatte man
sozusagen wieder den Kopf frei für Neues und auch für eine expansive Phase der
spanischen oder kastilischen Politik.
Erzählerin
Vier Jahre zuvor hatte Bartolomeu Diaz die Südspitze Afrikas umschifft, und jenseits
des Kaps befand sich offenes Meer. Der Seeweg nach Indien war frei – doch nur für
Portugal. Denn der spanisch-portugiesische Krieg in den 1470er-Jahren hatte mit
einem Vertrag geendet, in dem Spanien Portugals Monopol auf den Afrikahandel und
den östlichen Seeweg nach Indien anerkannte.
O-Ton Alfred Kohler
Es gibt also Gegensätze, und daher ist nun für Spanien eine solche Expedition, eine –
eine Fahrt, ein Projekt wie das von Kolumbus, von Interesse.
Erzählerin
Nach zehn Jahren Krieg gegen die Mauren, waren die Schatztruhen leer. Die Kosten
der Indienfahrt würden größtenteils private Investoren tragen. Das Königspaar mochte
seine Idee für Fabelei halten, aber es hatte wenig zu verlieren und viel zu gewinnen.
Dafür erfüllten sie großmütig Kolumbus’ extravagante Forderungen.
O-Ton Alfred Kohler
Der Kolumbus, bei der ersten Reise wird er hoch privilegiert. Für Kolumbus war das
Wichtigste, dass er Adeliger wird.
Erzählerin
Don Cristobal, Admiral, Vizekönig und Generalgouverneur. Auch zehn Prozent aller
Profite aus seinen Eroberungen waren ihm zugesichert. Er musste diese Länder nur
noch finden. So brach er mit drei Schiffen und rund einhundert Mann auf, um China zu
unterwerfen. Und mit einer Ladung Glasperlen, Blechglöckchen und roter Mützen
wollte er die Schätze Indiens einhandeln.
O-Ton Alfred Kohler
Ich weiß überhaupt nicht genau, was dem Kolumbus da alles an Vorstellungen
mitgegeben wurde, nicht, das ist ja ganz komisch. Kolumbus hatte einen Reisepass
mit, worin steht, dass ihn der Großkhan in Asien gut empfangen sollte. Aber Kolumbus
nimmt ja gleich alles in Besitz. Also was der Kolumbus wirklich alles wollte oder zu viel
wollte, Land in Besitz nehmen, das vielleicht dem Großkhan gehört oder dem Kaiser
von China oder dem japanischen Herrscher ...
Erzählerin
Doch bekanntlich traf Kolumbus nicht auf die Armeen des Kaisers von China, sondern
auf die unbekleideten Bewohner karibischer Eilande. Nach sechsunddreißig Tagen auf
See erspähten sie am 12. Oktober um zwei Uhr morgens Land.
Kolumbus
Dann lagen wir bei und warteten bis zum Anbruch des Tages, an welchem wir zu einer
Insel gelangten, die in der Indianersprache „Guanahaní“ hieß. Dort erblickten wir
allsogleich nackte Eingeborene. Ich begab mich an Land. Dort entfaltete ich die
königliche Flagge. Ich rief die beiden Kapitäne und auch all die anderen zu mir und
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sagte ihnen, daß ich im Namen des Königs und der Königin, meiner Herren, von der
genannten Insel Besitz ergreife.
O-Ton Alfred Kohler
Das ist ja eine Unverschämtheit, könnte man sagen. Die Tainos sind daneben
gestanden und haben eigentlich nichts genau gewusst, was ihnen passiert.
Erzählerin
Kolumbus war auf die Bahamas gestoßen, doch er hatte keinen Zweifel, wo er sich
befand. Er hatte genau da Land gefunden, wo er es erwartet hatte. Es musste sich um
eine der zahllosen kleinen Inseln vor den Küsten Indiens handeln, die Marco Polo
beschrieben hatte. Ganz in der Nähe würde Japan liegen, das Polo Cipangu nannte.
Die Insulaner, die Kolumbus folgerichtig Indianer nannte, erwiesen sich
erfreulicherweise als ideale Untertanen der katholischen Majestäten:
Kolumbus
Sie gaben und nahmen alles von Herzen gern. Sie führen keine Waffen mit sich, die
ihnen nicht einmal bekannt sind. Sie müssen gewiß treue und kluge Diener sein.
Überdies glaube ich, daß sie leicht zum Christentum übertreten können.
Erzählerin
Die Taino brachten den Besuchern allerlei Geschenke, doch Kolumbus kam rasch zum
Wesentlichen.
Kolumbus
Ich trachtete, herauszubekommen, ob in dieser Gegend Gold vorkomme. Mit Hilfe der
Zeichensprache erfuhr ich, daß man gegen Süden fahren müsse, um zu einem König
zu gelangen, der große goldene Gefäße und viele Goldstücke besaß.
Erzählerin
Monatelang jagte er von Insel zu Insel auf der Suche nach Gold, nach den
Marmorpalästen und Handelshäfen, von denen Marco Polo berichtete. Er fand nur
üppige Vegetation und Strohhütten, doch die Zeichen der Bewohner glaubte er, genau
zu verstehen:
Kolumbus
Gestern habe ich die Anker gelichtet, um nach der Insel Kuba zu segeln. Sie soll reich
an Gold und Gewürzen sein und viele Kaufleute beherbergen.
Erzählerin
Schließlich fand er die schönste von allen, Hispaniola.
Kolumbus
Gott gebe, daß ich ein reiches Goldlager entdecke, ehe ich nach Spanien zurückkehre.
Erzählerin
Aber auch hier nur bescheidene Schmuckstücke aus Goldblech, etwas Goldstaub,
sonst nichts. Dennoch kehrte Kolumbus im Triumph nach Spanien zurück und meldete
wundersame Dinge.
Kolumbus
Hispaniola hat einen größeren Umfang als ganz Spanien. Die Flüsse sind zahlreich und
viele von ihnen sehr goldhaltig. Hier gibt es viele Gewürze und große Goldminen, wie
auch andere Erzgruben. Auch Aloe und Sklaven werden von dort in jeder gewünschten
Menge eingeführt werden können.
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Da nun Unser Herr und Erlöser unserem erlauchtesten Königspaar diesen Sieg
beschert hat, der ihnen bis in späte Jahrhunderte Ruhm und Glanz verleihen wird,
muß die ganze Christenheit frohlocken.
Erzählerin
Unter dem Jubel des Volks zog er in Begleitung prächtiger Papageien und
federgeschmückter Indianer, die er gewaltsam entführt hatte, von Andalusien bis nach
Barcelona. Dort empfingen ihn Isabella und Ferdinand zum Festmahl und sangen in
der Messe das Te Deum mit ihm. Kolumbus war am Ziel seiner Wünsche.
Kolumbus
Der König und die Königin sandten mich rasch wieder aus, um mein Unternehmen
fortzuführen und alles zu gewinnen.
Erzählerin
Dieses Mal fuhr Kolumbus mit siebzehn Schiffen und rund 1.400 Mann aus und
gründete auf Hispaniola eine Stadt. Wieder suchte er nach China und Japan. Er fand
weder das eine noch das andere, aber als er bei seinen Erkundungsfahrten auf die
Küste von Venezuela stieß, keimte eine Ahnung in ihm:
Kolumbus
Ich glaube, daß dies ein sehr großer Kontinent ist, der bis heute unbekannt war.
Erzählerin
Doch sogleich beschloss er, dies könne nichts anderes sein als das Irdische Paradies,
der biblische Garten Eden, den man irgendwo in Asien vermutete.
Auf Hispaniola sollten die Indianer Gold herbeischaffen, das es nicht gab und wurden
brutal bestraft, wenn sie ihr Soll nicht erfüllten. Die Spanier marodierten über die
Insel, plünderten Dörfer und vergewaltigten Frauen. Als die Indianer begannen, sich
zu wehren, führte Kolumbus einen erbarmungslosen Krieg gegen sie. Mit Kolumbus
begann die Versklavung und Vernichtung der Bevölkerung. Doch auch Gewalt zauberte
kein Gold herbei. In Spanien wurde Isabella ungeduldig.
Zitatorin
Er soll dafür Sorge tragen, so schnell wie irgend möglich zu erfahren, was es mit
diesem Gold, von dem er spricht, auf sich hat.
Erzählerin
Als Ersatz schickte Kolumbus Sklaven, doch das hatte Isabella verboten. Rückkehrer
erhoben in Spanien schwere Vorwürfe gegen den Vizekönig. Im Herbst des Jahres
1500 wurde Kolumbus in Ketten nach Spanien gebracht und aller Ämter enthoben.
Eine letzte Entdeckungsfahrt sollte ihn rehabilitieren – sie wurde ein Albtraum aus
Fieber, Sturm und Schiffbruch.
Erzählerin
Krank und verbittert kämpfte Kolumbus um seine Titel und Privilegien, fühlte sich
betrogen und ungerecht behandelt.
Kolumbus
Man hatte mir über alles und auf ewig die Herrschaft übertragen, und jetzt wurde sie
mir im Zorn genommen. Ganz gewiss offenbart sich darin die Bosheit des Teufels,
damit ein so heiliges Vorhaben nicht gelingt.
Erzählerin
Er steigerte sich in religiöse Wahnideen, hielt sich für das auserwählte Werkzeug
Gottes. Sein Selbstbewusstsein war ungebrochen. In seinem Testament erklärte er
stolz:
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Kolumbus
Ich schenkte dem König und der Königin die indischen Lande, und ich sage, ich
schenkte sie ihnen, denn durch den Willen Gottes gab ich sie ihnen, so als gehörten
sie mir.
Erzählerin
Als Christoph Kolumbus am 20. Mai 1506 im spanischen Valladolid starb, nahm die
Welt keine Notiz davon. Sein Ruhm war verblasst. Andere erforschten das Land, das er
entdeckt hatte. Nach Amerigo Vespucci, der die Küste Südamerikas erkundete, wurde
die Neue Welt „Amerika“ genannt. Christoph Kolumbus war vergessen. Kolumbus war
nicht der erste Europäer, der Amerika entdeckte. Die Wikinger waren vor ihm da,
vielleicht auch bretonische Fischer. Aber das sind bestenfalls Fußnoten der Geschichte,
Kolumbus veränderte die Welt. Für die Menschen in Amerika war die Ankunft der
Europäer eine Katastrophe. Auf Hispaniola zählten die Spanier 1496 mehr als eine
Million erwachsene Arawak, achtzehn Jahre später nur noch zweiundzwanzigtausend.
Den Europäern verlieh die Geschwindigkeit, mit der sie einen ganzen Kontinent
überrannten und die Reiche der Azteken und Inka eroberten, ein bisher ungekanntes
Gefühl der Überlegenheit.
O-Ton Alfred Kohler
Die Europäer in Europa in ihrer Nachbarschaft hatten ja muslimische Nachbarn, die
stark waren, gegen die sie sich nicht so durchsetzen konnten, wie sie wollten. Die
Portugiesen hatten bei ihrer Expansion in Asien die doch starken und gut organisierten
asiatischen Reiche und Gesellschaften, Stichwort Mogulreich und andere Reiche in
Indien und das chinesische Reich, und konnten den Handel, wie sie ursprünglich
wollten, nicht monopolisieren. In Amerika ist das anders, da gibt es schwache
Gesellschaften, die keine Feuerwaffen haben, Gesellschaften, die kein Metall kennen,
sich also schlecht verteidigen können, die man unterwerfen kann, und Reiche, die man
zerstören kann.
Erzählerin
Mit diesem Überlegenheitsgefühl gingen sie daran, sich in den folgenden
Jahrhunderten rücksichtslos „die Erde untertan“ zu machen.
stopp
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