Dr. Wolfgang Wodarg, MdB Eckpunkte zum gesetzlichen

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Dr. Wolfgang Wodarg, MdB
Eckpunkte zum gesetzlichen Regelungsbedarf im Hinblick auf
Patientenverfügungen
Die folgenden Eckpunkte sollen die Grundlage eines Gesetzes über die
Patientenverfügung darstellen, welches als Spezialgesetz vom Bundestag
verabschiedet wird.
Betreuungsrecht, Strafrecht und Arztrecht bleiben dabei weitgehend unverändert. Es
wird lediglich der Prozess der Entscheidungsfindung definiert. Die Aufgaben der
Beteiligten werden klar hervorgehoben. Eine Dokumentationspflicht wird
sichergestellt sowie eine statistische Auswertung ermöglicht.
Auf diese Weise kann gesichert werden, dass bei fehlender Zustimmungsfähigkeit
der Patientin / des Patienten selbst, eine ihrem / seinem Willen entsprechende, auf
die aktuelle Situation optimal zugeschnittene Lösung gefunden wird, die von allen
Verantwortungsträgern gemeinsam definiert wurde.
Begriffsklärung
Patientenverfügungen enthalten den im Voraus geäußerten, schriftlichen Willen der
Patientin / des Patienten in Bezug auf mögliche Entscheidungssituationen im
medizinischen Bereich für den Fall ihrer / seiner Einwilligungsunfähigkeit.
Klarstellungen im Berufsrecht
1. Keine ärztliche oder pflegerische Handlung darf gegen den Willen der
Patientin / des Patienten erfolgen.
2. Ärztliche Behandlungen bedürfen einer medizinischen Indikation.
3. Der Wunsch der Patientin / des Patienten nach einer bestimmten Behandlung
ist allein nicht hinreichend für ärztliches Handeln.
4. Ärztinnen / Ärzte dürfen nichts tun, von dem sie annehmen, es werde
letztendlich der Patientin / dem Patienten schaden. (Nihil nocere!)
5. Ärztinnen und Ärzten ist auch die Beihilfe zum Suizid oder zur
Selbstschädigung untersagt.
6. Die Ärztin / der Arzt hat bei allen seinen Handlungen die ärztliche
Sorgfaltspflicht zu beachten.
7. Zur ärztlichen Sorgfaltspflicht gehört auch, dass sie / er nach Kräften versucht,
den Willen der Patientin / des Patienten in Bezug auf konkrete medizinische
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Alternativen zu eruieren und dabei gegebenenfalls Fremdanamnesen zu
erheben.
8. Patientinnen / Patienten müssen über Handlungsalternativen vollständig
aufgeklärt werden, um entscheiden zu können. Gleiches gilt auch für deren
Bevollmächtigte oder Betreuer / Betreuerinnen.
9. Ärztliche Handlungen sowie die Grundlagen wichtiger ärztlicher
Entscheidungen sind schriftlich zu dokumentieren.
10. Analog gilt dies auch für den pflegerischen Bereich.
Institutionelle Verantwortung
11. In Krankenhäusern und sonstigen Einrichtungen medizinischer und
pflegerischer Dienstleistungen tragen weisungsberechtigte ärztliche bzw.
pflegerische Leitungen die Verantwortung dafür, dass die Handelnden für die
ihnen gestellten Aufgaben ausreichend qualifiziert sind und ihre Pflichten
kennen. Dieses gilt auch und gerade für den Umgang mit Patientinnen /
Patienten, die keinen Willen äußern können.
Pflichten der Betreuerinnen / Betreuer bzw Vorsorgebevollmächtigten
12. Betreuerinnen / Betreuer sind dem Wohle ihrer Betreuten verpflichtet. Sie
haben deren Willen zu beachten.
13. In Entscheidungssituationen bei nichteinwilligungsfähigen
Patienten/Patientinnen ist angesichts möglicher Handlungsalternativen zu
prüfen, ob eine zutreffende Willensäußerung der Patientin / des Patienten für
die konkrete Entscheidungssituation bekannt ist.
14. Ist dieses nicht der Fall oder wird dieses von einer / einem der in der
Verantwortung Stehenden (Betreuer, Angehörige, Bevollmächtigte, sonstiges
medizinisches und pflegerisches Personal) angezweifelt, muss gemeinsam
von den Beteiligten eine Lösung gefunden werden, die dem mutmaßlichen
Willen der / des Betroffenen entspricht.
15. Dieser Findungsprozess ist in einem von allen Beteiligten zu
unterzeichnenden Protokoll zu dokumentieren. Dieses Protokoll sollte
mindestens zehn Jahre aufbewahrt werden.
16. Die Dokumentation sollte in einer Form erfolgen, die eine statistische
Auswertung derartiger Entscheidungsprozesse durch zuständige Stellen
ermöglicht, um Tendenzen und Fehlentwicklungen in diesem Bereich
rechtzeitig erkennen zu können.
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Sollte keine gemeinsame Entscheidung gefunden werden, muss gegebenenfalls das
Vormundschaftsgericht durch weitere Nachforschungen die Entscheidung im Sinne
des betroffenen Patienten fällen.
Strafrechtliche Tatbestände können sich aus Verletzungen der Sorgfaltspflicht der
Beteiligten ergeben.
Es muss betont werden, dass besonders in Krankenhäusern und ähnlichen
Einrichtungen nicht nur die einzelnen Angestellten dieser Sorgfaltspflicht unterliegen,
sondern dass es auch eine Verantwortung der Einrichtung und ihrer Leitung dafür
gibt, dass lediglich ausreichend qualifiziertes Personal mit derartig lebenswichtigen
Entscheidungen betraut wird (Weiterbildung, Supervision, Ablaufschemata,
Ansprechpartner (definierte Verantwortungsstrukturen wie z.B. beim Hygieneplan).
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