Jahrbuch 2013/2014 | Biller, Beth; Henning, Thomas; Brandner, W olfgang; Feldt, Markus | Seltenes Bild eines Super-Jupiters w irft neues Licht auf Planetenentstehung Seltenes Bild eines Super-Jupiters wirft neues Licht auf Planetenentstehung Rare image of Super-Jupiter sheds light on planet formation Biller, Beth; Henning, Thomas; Brandner, W olfgang; Feldt, Markus Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg Korrespondierender Autor E-Mail: [email protected] Zusammenfassung Einer Forschergruppe unter Beteiligung des MPIA ist mit dem Subaru-Teleskop die Aufnahme eines „SuperJupiters” gelungen, der den massereichen Stern κ Andromedae umkreist. Der Gasriese hat etw a 13 Jupitermassen, sein Mutterstern 2,5 Sonnenmassen. Alles deutet darauf hin, dass der Planet ähnlich entstanden ist w ie normale Planeten mit geringerer Masse: in einer „protoplanetaren Scheibe” aus Gas und Staub, die den neugeborenen Stern umgab. Das macht die Entdeckung zu einem w ichtigen Testfall für aktuelle Modelle der Planetenentstehung und ihre Vorhersagen über Planeten um massereiche Sterne. Summary An infrared imaging search w ith the Subaru telescope has captured a rare image of a “Super-Jupiter” around the massive star κ Andromedae. The gas giant has a mass about 13 times that of Jupiter, w hile the host star has a mass 2.5 times that of the Sun. There are strong indications that this planet formed in a manner similar to ordinary, low er-mass exoplanets: in a “protoplanetary disk” of gas and dust that surrounded the new born star. This makes the planet an important test case for current models of planet formation and their predictions about planets around massive stars. Von den bislang bekannten knapp 1.100 Exoplaneten – also Planeten, die nicht die Sonne, sondern andere Sterne umkreisen – existieren nur von einem kleinen Teil astronomische Aufnahmen. Die allermeisten Nachw eise gelangen durch indirekte Methoden. Grund dafür ist, dass Sterne ungleich heller sind als ihre Planeten (typische Faktoren: eine Milliarde oder mehr) und ihre Planeten schlicht überstrahlen. Jetzt ist einem Team von Astronomen unter der Leitung von Joseph Carson (College of Charleston und MaxPlanck-Institut für Astronomie) eine Aufnahme eines großen „Super-Jupiter” gelungen, der den massereichen Stern κ And (Kappa Andromedae) umkreist. Für die Entdeckung nutzten sie das Subaru-Teleskop, ein 8 MeterSpiegelteleskop auf dem Gipfel des Mauna Kea auf Haw aii, das vom japanischen Nationalobservatorium betrieben w ird. Das Kappa-Andromedae-System © 2014 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 1/5 Jahrbuch 2013/2014 | Biller, Beth; Henning, Thomas; Brandner, W olfgang; Feldt, Markus | Seltenes Bild eines Super-Jupiters w irft neues Licht auf Planetenentstehung κ And steht im Sternbild Andromeda und ist rund 170 Lichtjahre (rund 52 Persec) von der Erde entfernt. Er ist ein sehr junger Stern, nur geschätzte 30 Millionen Jahre alt (Alter unserer Sonne: 5 Milliarden Jahre), der außerdem massereich und heiß ist (Spektraltyp B9; geschätzte Masse zw ischen 2,4 und 2,5 Sonnenmassen; Effektivtemperatur um die 10.000 Kelvin; Abb. 1). A bb. 1: Fa lschfa rbe ne s Na hinfra rotbild (3,8 Mik rom e te r W e lle nlä nge ) de s κ And (Ka ppa Androm e da e )-Syste m s, a ufge nom m e n m it de m Suba ru-Te le sk op a uf Ha wa ii im Juli 2012. De r Großte il de s Lichts de s Mutte rste rns, a uf de n da s Bild ze ntrie rt ist, wurde durch Bildve ra rbe itung he ra usge filte rt. Die Fle ck e n rund um die Sche ibe sind R e ste ffe k te de s he ra usge re chne te n Ste rne nlichts. De r Supe r-Jupite r κ And b ist obe n link s de utlich zu se he n. Im Bild e ntspricht se in Absta nd vom Mutte rste rn de m 1,8-fa che n de s Absta nds de s Ne ptuns von de r Sonne . © NAO J / Suba ru / J. C a rson (C olle ge of C ha rle ston) / T. C urrie (Unive rsity Toronto) Junge Planeten sind als Folge ihrer Entstehungsphase vergleichsw eise heiß. κ And b hat eine Oberflächentemperatur von ungefähr 1.700 K (rund 1.400 Grad Celsius). Dass der Planet damit im Infrarotbereich vergleichsw eise hell strahlt, macht junge Sternsysteme zu geeigneten Kandidaten bei der Suche nach Planeten, die sich direkt abbilden lassen. κ And b hat eine Masse von geschätzt 12,8 Jupitermassen. Aufgrund dieses Wertes könnte es sich entw eder um einen massereichen Planeten oder um einen sehr leichten Braunen Zw erg handeln. Vergleichsmessungen der Helligkeit von κ And b bei vier verschiedenen Infrarotw ellenlängen zeigen allerdings eine Infrarotfärbung ähnlich der einer Handvoll vergleichbarer Planeten um andere Sterne, von denen ebenfalls Aufnahmen gemacht w erden konnten. Hinzu kommt, dass Modelle der Planetenentstehung vorhersagen, dass die Wahrscheinlichkeit für die Bildung größerer Gasriesen mit der Sternmasse zunimmt; da κ And eine Masse zw ischen 2,4 und 2,5 Sonnenmassen besitzt, ist die große Planetenmasse des Super-Jupiter nicht überraschend. Für die Modelle der Planetenentstehung ist zw eitrangig, ob sich κ And b diesseits oder jenseits der Grenze zw ischen Planeten und Braunen Zw ergen befindet. Dementsprechend definieren Carson et al. [1] den Begriff „Super-Jupiter” so w eit, dass er beide Arten von Objekten einschließen kann, solange das Objekt nur auf ähnliche W eise entsteht w ie die Planeten des Sonnensystems. κ And b scheint seinen Mutterstern in einer Entfernung von mindestens dem 55-fachen des Erde-SonneAbstands (55 astronomische Einheiten) zu umkreisen. Allerdings gilt: So w ie Objekte je nach Blickw inkel verkürzt erscheinen können, w ird auch der scheinbare Abstand eines Planeten von seinem Mutterstern in der © 2014 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 2/5 Jahrbuch 2013/2014 | Biller, Beth; Henning, Thomas; Brandner, W olfgang; Feldt, Markus | Seltenes Bild eines Super-Jupiters w irft neues Licht auf Planetenentstehung Regel kleiner sein als der tatsächliche Abstand. κ And dürfte ein Mitglied des Columba-Bew egungshaufens sein – einer Gruppe von Sternen, die sich vor rund 30 Millionen Jahren gemeinsam gebildet haben und sich seither auf ähnlichen Umlaufbahnen durch unsere Galaxis bew egen. Ein w eiteres Mitglied der Gruppe ist der massereiche Stern HR 8799, dessen Planeten zu den ersten Exoplaneten gehören, von denen direkte Aufnahmen gelungen sind. Obw ohl HR 8799 nicht annähernd soviel Masse besitzt w ie κ And, kommen in diesem Planetensystem mehrere Gasriesen vor, deren Massen und Infrarotfärbung ähnlich der von κ And b sind. κ And b abbilden – eine schwierige Aufgabe Um die Aufnahme seines Begleiters κ And b überhaupt gew innen zu können, mussten die Astronomen sow ohl bei der Beobachtung als auch bei der Ausw ertung ausgefeilte Techniken und Methoden anw enden. Als besondere Herausforderung kam hinzu, dass das neu entdeckte Objekt von seinem Mutterstern kaum doppelt so w eit entfernt ist w ie Neptun von der Sonne – die meisten bisherigen Aufnahmen gelangen bei Exoplaneten mit noch deutlich größerem Abstand von ihrem Mutterstern (Abb. 2). A bb. 2: Dre i Fa lschfa rbe n-Abbildunge n de s κ And (Ka ppa Androm e da e )-Syste m s, a ufge nom m e n m it de m Suba ruTe le sk op a uf Ha wa ii. De r Großte il de s Lichts de s Mutte rste rns, a uf de n da s Bild ze ntrie rt ist, wurde durch Bildve ra rbe itung he ra usge filte rt. Die Fle ck e n rund um die Sche ibe sind R e ste ffe k te de s he ra usge re chne te n Ste rne nlichts. De r Supe rJupite r κ And b ist je we ils obe n link s zu se he n. (a ): Aufna hm e im Na hinfra rotlicht (W e lle nlä nge n 1,2 bis 2,4 Mik rom e te r). (b): „Signa l-zu-R a usche n”-Ka rte für die Abbildung (a ). Je we iße r e in Fle ck , de sto höhe r ist die W a hrsche inlichk e it, da ss e s sich nicht um e ine n zufä llige n Störe ffe k t (R a usche n) ha nde lt, sonde rn da ss dort ta tsä chlich e in Him m e lsk örpe r zu se he n ist (Signa l). Die we iße Fa rbe de s Supe r-Jupite rFle ck che ns obe n link s ze igt, da ss e s sich m it se hr große r W a hrsche inlichk e it um e ine n ta tsä chliche n Na chwe is ha nde lt. (c): Aufna hm e im Na hinfra rotlicht (W e lle nlä nge 3,8 Mik rom e te r) © Im a ge cre dit: NAO J / Suba ru / J. C a rson (C olle ge of C ha rle ston) / T. C urrie (Unive rsity Toronto) Die Beobachtungen w urden mit dem Subaru-Teleskop vorgenommen, dem Flaggschiff des Japanischen Nationalobservatoriums (National Astronomical Observatory of Japan, NAOJ): ein Spiegelteleskop mit 8,2 Metern Hauptspiegeldurchmesser. Subaru ist die japanische Bezeichnung für die Plejaden, den w ohl bekanntesten offenen Sternhaufen. Als astronomische Kameras kamen die Infrarotkamera IRCS und HiCIAO zum Einsatz. HiCIOA steht für „HighContrast Coronagraphic Imager for Adaptive Optics” (w örtlich etw a: koronografische Hochkontrast-Kamera für Adaptive Optik). HiCIAO ist für die Beobachtung von schw ach leuchtenden Objekten in der Nähe von Sternen © 2014 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 3/5 Jahrbuch 2013/2014 | Biller, Beth; Henning, Thomas; Brandner, W olfgang; Feldt, Markus | Seltenes Bild eines Super-Jupiters w irft neues Licht auf Planetenentstehung optimiert, etw a von Exoplaneten und protoplanetaren Scheiben. In der Kamera kommt modernste Adaptive Optik zum Einsatz: eine Technik, die Störeinflüsse, die sich beim Durchgang des Lichts ferner Himmelsobjekte durch turbulente Gebiete der Erdatmosphäre ergeben („Sternfunkeln”), w eitgehend ausgleicht. Außerdem kommt bei HiCIAO ein Mechanismus (Koronograf) zum Einsatz, der das Licht eines hellen Sterns w eitgehend ausblendet, um Untersuchungen benachbarter schw ächer leuchtender Objekte zu ermöglichen. Auf einem einzelnen Infrarotbild w ürde der kleine Lichtpunkt von κ And b komplett vom Licht seines Muttersterns überstrahlt w erden. Die Astronomen konnten das Licht des Planeten nur durch die raffinierte Kombination zeitlicher Sequenzen von Einzelbildern herausfiltern, das sogenannte „Angular Differential Imaging” (ADI). Dabei w ird ausgenutzt, dass sich die Orientierung des Teleskops relativ zum beobachteten Himmelsabschnitt über längere Beobachtungszeiten hinw eg ändert; so lassen sich Streulicht und Planetenschein trennen. κ And b ist einer von nur knapp 30 Planeten, von denen Astronomen direkte Aufnahmen haben anfertigen können. Der Super-Jupiter w urde im Januar und Juli 2012 in voneinander unabhängigen Beobachtungen bei vier verschiedenen Wellenlängen nachgew iesen. Der Vergleich der relativen Positionen zu diesen beiden Zeitpunkten hat gezeigt, dass κ And und sein Begleiter ihren Ort am Fixsternhimmel in genau der gleichen (w inzigen) Weise ändern (gemeinsame Eigenbew egung, in diesem Falle von rund zw ei hunderttausendstel Grad pro Jahr). Das ist ein überzeugender Hinw eis darauf, dass die Objekte in der Tat durch ihre Schw erkraft aneinander gebunden sind. Auch massereiche Sterne können Planeten haben Bei den vorhandenen Bildern von Planeten um Muttersterne, deren Massen auf noch höhere Werte geschätzt w erden, handelt es sich zumeist um Sterne in späteren Entw icklungsstadien (jenseits der Hauptreihe), oder um Begleiter, die in deutlich größerem Abstand umlaufen als die Planeten unseres Sonnensystems. Beide Umstände deuten darauf hin, dass die betreffenden Planeten anders entstanden sind als in unserem Sonnensystem, also nicht aus einer protoplanetaren Scheibe um den jungen Stern. Mit einer Masse von rund 13 Jupitermassen könnte das Objekt κ And b entw eder ein Planet oder ein sehr leichter Brauner Zw erg sein, also eine Zw ischenstufe zw ischen Planeten und echten Sternen. Die verfügbaren Daten sprechen dafür, dass es sich um einen Planeten handelt. Interessant ist an der Entdeckung vor allem, dass sich das Objekt um einen jungen, massereichen Stern bew egt. Zusammen mit der Information über den Abstand des Planeten von seinem Stern kann man folgern, dass sich das Objekt sehr w ahrscheinlich in vergleichbarer Weise w ie normale Planeten niedrigerer Masse gebildet hat: in einer protoplanetaren Scheibe aus Gas und Staub, die den jungen Stern w ährend seiner frühesten Entw icklungsphasen umgeben hat. In den vergangenen Jahren haben Beobachter und Theoretiker argumentiert, dass massereiche Sterne w ie dieser auch mit größerer Wahrscheinlichkeit massereiche Planeten haben sollten, als es z. B. bei unserer Sonne der Fall ist. Andererseits gab es Bedenken, dass bei besonders massereichen Sternen gar nicht die richtigen Voraussetzungen für herkömmliche Planetenentstehung vorliegen könnten: Solche Sterne senden enorme Mengen an hochenergetischer Strahlung aus, die große Teile einer in Entstehung befindlichen protoplanetaren Scheibe zerstören könnte. Damit w ürden die üblichen Prozesse der Planetenentstehung stark behindert, vielleicht sogar unmöglich gemacht. Die Entdeckung des Super-Jupiters κ And b legt jetzt nahe, dass sich zumindest um Sterne bis zum zw eieinhalbfachen der Sonnenmasse große Planeten in protoplanetaren Scheiben bilden können – eine Schlüsselinformation für Forscher, die an Modellen der Planetenentstehung arbeiten. © 2014 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 4/5 Jahrbuch 2013/2014 | Biller, Beth; Henning, Thomas; Brandner, W olfgang; Feldt, Markus | Seltenes Bild eines Super-Jupiters w irft neues Licht auf Planetenentstehung Ein entscheidender Vorteil des direkten Nachw eises ist, dass der Exoplanet unmittelbar w eiteren astronomischen Beobachtungstechniken zugänglich ist, etw a der genauen Analyse seines Lichts mithilfe der Spektroskopie. Entsprechende w eitere Untersuchungen des von κ And b über einen breiten Wellenlängenbereich hinw eg ausgesandten Lichts sollen jetzt Daten zur chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre des Gasriesen liefern sow ie helfen, seine Bahndaten genauer zu bestimmen und mögliche w eitere Planeten in dem System nachzuw eisen. Mit diesen zusätzlichen Informationen sollten sich sow ohl die Einzelheiten der Entstehung des Jupiters nachvollziehen als auch allgemeinere Aussagen über die Planetenentstehung bei massereichen Sternen ableiten lassen. in Zusammenarbeit mit: SEEDS collaboration (PI: Tamura, Motohide; National Astronomical Observatory of Japan) Literaturhinweise [1] Carson, J.; et al. Direct Imaging Discovery of a "Super-Jupiter" Around the late B-Type Star Kappa Andromedae The Astrophysical Journal Letters 763, L32 (2013) © 2014 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 5/5