60 Fall- und Wurfbewegungen u0 Waagerechter Wurf u0 C x 1 2 gt 2 uy= gt y= x = u0 t B ux = u0 A y B 1: Anna springt mit Anlauf waagerecht ab. Bernd lässt sich einfach fallen. Beide tauchen gleichzeitig ein. – In einem Gedankenexperiment bleibt Claus in der Absprunghöhe. Er läuft mit Annas Absprunggeschwindigkeit über den Laufsteg und beobachtet ihren Fall in die Tiefe. – Der Fotograf des Bildes beobachtet vom Beckenrand. x B A ((61 mm)) 0 ux = u0 uy y V 1: Zwei Kugeln A und B übernehmen die Rollen von Anna und Bernd. Kugel A wird von einer Feder waagerecht abgestoßen, Kugel B gleichzeitig in gleicher Höhe losgelassen. Die stroboskopische Beleuchtung zeigt: A und B befinden sich ständig in gleicher Höhe. A 1: Wie würde der Fotograf ➠ Versuch 1 beobachten, wenn er sich mit Annas u0 nach rechts bewegte? Gehen Sie systematisch vor: Das Bezugssystem Badeanstalt bewegt sich für den Fotografen nach links, wir sind für ihn die bewegten Beobachter. 1. Wer ist zuerst unten? Anna und Bernd springen vom 5 m-Turm. Anna nimmt einen weiten Anlauf und bewegt sich dann auf krummer Bahn. Bernd lässt sich einfach fallen, wenn Anna abspringt (➠ Bild 1). Er denkt, dass er so schneller unten sei, weil doch Anna den weiteren Weg zurücklegt. Hat er Recht? Im ➠ Versuch 1 übernehmen zwei Kugeln A und B die Rollen von Anna und Bernd. Kugel A wird waagerecht geworfen, B im gleichen Moment und auf gleicher Höhe fallen gelassen. Man hört, dass die Kugeln gleichzeitig auf dem Boden aufprallen. Nach der Stroboskopaufnahme befinden sie sich sogar ständig auf gleicher Höhe. Sieht man vom Luftwiderstand ab, so hängt das Ergebnis des Experiments weder von der Abwurfhöhe über dem Boden, noch von der Abwurfgeschwindigkeit u0 oder den Massen der Körper ab. – Anna und Bernd erreichen die Wasseroberfläche stets gleichzeitig. 2. Drei Beobachter – drei verschiedene Beschreibungen Hält Bernd auf dem Weg in die Tiefe die Augen offen, dann sieht er Anna stets auf seiner Höhe. Nur in waagerechter Richtung bewegt sie sich von ihm weg. Im Bild zu ➠ Versuch 1 kann man nachmessen, dass sich die Kugel A im Zeitraum zwischen zwei Blitzen in xRichtung immer um das gleiche Wegstück von B entfernt. In xRichtung wirkt keine Kraft, also bleibt ux konstant: ux = u0 . Claus dagegen beobachtet Annas Sprung von seinem Laufsteg aus (C in ➠ Bild 1). Er ruht in einem Bezugssystem, das sich für uns Außenstehende gleichförmig mit u0 nach rechts bewegt; seine yAchse zeigt nach unten. Für Claus fällt Anna beschleunigt senkrecht nach unten; gemäß dem Fallgesetz ist y = —12— g t 2. Annas Geschwindigkeit nimmt dabei wie beim freien Fall zu: uy = g t. Als 3. Beobachter steht der Fotograf des Bildes am Beckenrand. Er sieht Anna auf einer krummlinigen Bahn. Um diese zu beschreiben, verwendet er ein gegenüber dem Becken ruhendes Koordinatensystem (➠ Bild 1) mit der x-Achse nach rechts und der y-Achse nach unten. Als y-Koordinaten misst er die gleichen Werte, die Claus auf seinem bewegten Maßstab als Fallwege abliest: y = —12— g t 2. Als xWerte übernimmt der Beobachter am Beckenrand die Ortskoordinaten x = u0 t des auf dem Laufsteg bewegten Claus. Merksatz Ein Körper werde mit der Anfangsgeschwindigkeit u0 waagerecht abgeworfen. Sieht man vom Luftwiderstand ab, so beschreibt ein außenstehender Beobachter Ort und Geschwindigkeit mit den Gleichungen y = —12— g t 2, (1) x = u0 t, uy = g t. (2) ux = u0 , Für gleichförmig mit u0 bewegte Beobachter ist es ein freier Fall. Waagerechter Wurf 3. Wurfbahn mit Koordinaten beschrieben Mit der Anfangsgeschwindigkeit u0 und der Fallbeschleunigung g kann man Koordinaten für die Orte zu verschiedenen Zeitpunkten berechnen (➠ Tabelle 1) und in ein Koordinatensystem übertragen (➠ Bild 2). Beim „Wasserwerfer“ nach ➠ Bild 3 strömt Wasser horizontal aus einer Düse. Am „Laufsteg“ des mit u0 horizontal bewegten Beobachters Claus sind Wegmarken angebracht und Maßstäbe für die Fallwege angehängt. Sie geben die Ortskoordinaten der abgespritzten Wasserteilchen an. Daraus lässt sich z. B. deren Startgeschwindigkeit u0 berechnen. Für den senkrechten Fallweg y = —12— g t 2 = 48 cm braucht ein Wassertropfen im freien Fall = 0,31 s. Wenn der Beobacht = 2 y /g = 2· 0 ,48 m /9 ,81 m ·s–2 ter Claus über ihm dabei in horizontaler Richtung x = 80 cm zurücklegt, dann ist wegen x = u0 t die Startgeschwindigkeit u0 = x/t = 0,8 m/0,31 s = 2,6 m/s. g = 10 m/s2 u0 = 75 m/s t in s x in m y in m uy ux in m/s in m/s u in m/s 0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0 0,0 75,0 150,0 225,0 300,0 375,0 450,0 525,0 600,0 0,0 5,0 20,0 45,0 80,0 125,0 180,0 245,0 320,0 75,0 75,0 75,0 75,0 75,0 75,0 75,0 75,0 75,0 75,0 75,7 77,6 80,8 85,0 90,1 96,0 102,6 109,7 0,0 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60,0 70,0 80,0 T 1: x-y-Wertepaare und ux-uy-Wertepaare für den waagerechten Wurf mit u0 = 75 m/s 2 u + uy2 ist der und g = 10 m/s2. u = x Betrag des Geschwindigkeitsvektors (➠ Bild 2). 4. Geschwindigkeitsvektoren längs der Wurfbahn Geworfene Körper legen längere Wege zurück als „nur“ fallende. Wenn beide trotzdem unten gleichzeitig ankommen, muss der geworfene Körper unterwegs schneller sein. Der ruhende Beobachter kann die von ihm beobachtete Geschwindigkeit u des geworfenen Körpers zu einem beliebigen Zeitpunkt t bestimmen. Er setzt sie aus der Horizontal-Geschwindigkeit u0 von Claus und der von ihm gemessenen Vertikal-Geschwindigkeit uy (mit dem Betrag g · t) des Körpers vektoriell zusammen. Im ➠ Bild 2 sind für den Zeitpunkt t = 4 s diese Vektoren sowie der resultierende Vektor eingezeichnet. Er schmiegt sich tangential an die Bahnkurve. Könnte man nämlich die beschleunigende Kraft G = m g abschalten, so bliebe nach dem Trägheitsgesetz die Geschwindigkeit nach Betrag und Richtung konstant; der Körper flöge geradlinig weiter. 0 0 100 100 1s 200 2s 3s 300 4s 400 uy 300 y m 600 x m ux 5s 200 500 u 6s uy ux u 7s B 2: Bahnkurve mit den in ➠ Tabelle 1 punktweise berechneten Werten. – Der Geschwindigkeitsvektor u schmiegt sich jeweils tangential an die Bahnkurve. Den Betrag u der resultierenden Geschwindigkeit kann man mit dem Satz des PYTHAGORAS berechnen: u 2 = u02 + uy2. Man sieht: u ist größer als jeder der beiden Beträge u0 und uy . Dem Vektorbild kann man auch den Winkel ϕ entnehmen, unter dem die Bahn des waagerechten Wurfs gegen die Horizontale geneigt ist: tan ϕ = uy /ux = g t /u0 . – Obwohl die Bewegung nach rechts nicht aufhört, wird die Wurfbahn immer steiler. 5. Wie groß ist die Wurfweite? Bei y1 = 80 m Falltiefe kommt der waagerecht mit u0 = 75 m/s abgeworfene Körper in ➠ Bild 2 x1 = 300 m weit. Wie weit geht der Wurf bei der Falltiefe y2 = 350 m, die man auf dem Bild nicht mehr ablesen kann? Mit der Fallzeit t2 liefern die Koordinatengleichungen (1) und (2) (➠ Merksatz) für die Wurfweite x2 und die Falltiefe y2 den Ansatz t2 = 2y g und x2 = u0 t2 . Daraus folgt x2 = u0 2y g = 627 m. – 2/ 2/ Könnte der Körper 500 m tief fallen (ohne Luftwiderstand), dann würde er sich 750 m weit waagerecht bewegen (in 10 s). B 3: Während sich „der Beobachter auf dem Laufsteg“ 80 cm nach rechts bewegt, fällt für ihn das Wasser 48 cm tief; in der Hälfte dieser Zeit nur 12 cm. 61