Umweltwissenschaftliche Grundlagen und Zielsetzungen im Rahmen des Nationalen Umweltplans für die Bereiche Klima, Luft, Lärm und Geruch ERSTELLT IM AUFTRAG DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR UMWELT, JUGEND UND FAMILIE durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften Kommission für Reinhaltung der Luft Schriftenreihe der Sektion I des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie Band 17 Wien, November 1994 Impressum: Medieninhaber und Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie Druck Umschlag: Fa. Anton Riegelnik, Wien Vervielfältigung: Fa. Multicopy Copyright: Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie, November 1994 Alle Rechte vorbehalten ISBN 3-901 305-18-1 Umweltwissenschaftliche Grundlagen und Zielsetzungen im Rahmen des Nationalen Umweltplans für die Bereiche Klima, Luft, Geruch und Lärm im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie (GZ. 01 2939/1-I/7/93) ÖSTERREICHISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN KOMMISSION FÜR REINHALTUNG DER LUFT 2. Auflage, Wien, Juni 1994 MITGLIEDER DER KOMMISSION FÜR REINHALTUNG DER LUFT Univ. Prof. Dr. Othmar Preining (Obmann) Institut für Experimentalphysik Universität Wien Univ. Prof. DDr. Manfred Haider (Stellvertreter) Institut für Umwelthygiene Universität Wien Univ. Prof. Dr. Siegfried Bauer Institut für Meteorologie und Geophysik Universität Graz Univ. Prof. Dr. Axel Berner Institut für Experimentalphysik Universität Wien Univ. Prof. Dr. Karl Burian Institut für Pflanzenphysiologie Universität Wien Univ. Prof. Dr. Albert Hackl Institut für Verfahrens-, Brennstoff- und Umwelttechnik Technische Universität Wien Univ. Prof. Dr. Gottfried Halbwachs Zentrum für Natur- und Umweltschutz Universität für Bodenkultur Wien Univ. Prof. Dr. Michael Hantel Institut für Meteorologie und Geophysik Universität Wien Univ. Prof. Dr. Helger Hauck Institut für Umwelthygiene Universität Wien Univ. Prof. Dr. Edmund Hlawka Institut für Analysis, Techn. Mathematik und Versicherungsmathematik Technische Universität Wien Univ. Prof. Dr. Helmuth Horvath Institut für Experimentalphysik Universität Wien Univ. Prof. Dr. Josef Huber Institut für Analytische Chemie Universität Wien Univ. Doz. Dr. Helga Kromp-Kolb Institut für Meteorologie und Geophysik Universität Wien Univ. Prof. Dr. Wolfgang Kummer Institut für Theoretische Physik Technische Universität Wien Univ. Prof. Dr. Hanns Malissa Institut für Analytische Chemie Technische Universität Wien Univ. Prof. Dr. Manfred Neuberger Institut für Umwelthygiene Universität Wien Univ. Prof. Dr. Hans Puxbaum Institut für Analytische Chemie Technische Universität Wien Univ. Prof. Dr. Peter Steinhauser Institut für Meteorologie und Geophysik Universität Wien Univ. Prof. Dr. Friedrich Steininger Institut für Paläontologie Universität Wien VERZEICHNIS DER MITARBEITER PROJEKTLEITUNG Univ. Prof. Dr. Othmar Preining Institut für Experimentalphysik Universität Wien REDAKTION Univ. Prof. Dr. Othmar Preining Institut für Experimentalphysik Universität Wien Univ. Prof. Dr. Helger Hauck Institut für Umwelthygiene Universität Wien ARBEITSGRUPPEN Kapitel 1: Vorbemerkung Univ. Prof. Dr. Othmar Preining Institut für Experimentalphysik Universität Wien Kapitel 2: Grundsätzliche Überlegungen Univ. Prof. Dr. Othmar Preining Institut für Experimentalphysik Universität Wien Univ. Prof. Dr. Albert Hackl Institut für Verfahrens-, Brennstoff- und Umwelttechnik Technische Universität Wien Univ. Prof. DDr. Manfred Haider Institut für Umwelthygiene Universität Wien Univ. Prof. Dr. Gottfried Halbwachs Zentrum für Natur- und Umweltschutz Universität für Bodenkultur Univ. Prof. Dr. Helger Hauck Institut für Umwelthygiene Universität Wien Univ. Doz. Dr. Helga Kromp-Kolb Institut für Meteorologie und Geophysik Universität Wien Univ. Prof. Dr. Manfred Neuberger Institut für Umwelthygiene Universität Wien Kapitel 3: Klima Univ. Prof. Dr. Michael Hantel Institut für Meteorologie und Geophysik Universität Wien Mag. Annemarie Haslinger Institut für Meteorologie und Geophysik Universität Wien Kapitel 4: Luft Univ. Prof. Dr. Helger Hauck Institut für Umwelthygiene Universität Wien Dr. Helga Dieberger Institut für Umwelthygiene Universität Wien Univ. Prof. Dr. Albert Hackl Institut für Verfahrens-, Brennstoff- und Umwelttechnik Technische Universität Wien Univ. Prof. Dr. Gottfried Halbwachs Zentrum für Natur- und Umweltschutz Universität für Bodenkultur Wien Univ. Doz. Dr. Helga Kromp-Kolb Institut für Meteorologie und Geophysik Universität Wien Univ. Prof. Dr. Manfred Neuberger Institut für Umwelthygiene Universität Wien Univ. Ass. DI Dr. Wolfgang Vitovec Institut für Verfahrens-, Brennstoff- und Umwelttechnik Technische Universität Wien Univ. Prof. DI Dr. Werner Wruss Institut für Chemische Technologie Anorganischer Stoffe Technische Universität Wien Kapitel 5: Geruch Univ. Prof. DDr. Manfred Haider Institut für Umwelthygiene Universität Wien Ing. Dr. Renate Cervinka Institut für Umwelthygiene Universität Wien Univ. Prof. Dr. Elisabeth Groll-Knapp Institut für Umwelthygiene Universität Wien Univ. Doz. DI Dr. Karl Pfeiffer Institut für Physiologie Universität Graz Kapitel 6: Lärm Univ. Prof. DDr. Manfred Haider Institut für Umwelthygiene Universität Wien Univ. Prof. Dr. Margit Koller Institut für Umwelthygiene Universität Wien Hon. Prof. DI Dr. Judith Lang Staatl. Versuchsanstalt für Wärme- und Schallschutz Technologisches Gewerbemuseum Wien Ing. Hans Günther Stidl Institut für Umwelthygiene Universität Wien Darüber hinaus haben folgende Kollegen Hilfestellungen oder kleinere Beiträge zu einzelnen Fragen geliefert: Hofrat DI Dr. Walter Kilian Forstliche Bundesversuchsanstalt Wien Univ. Prof. DI Dr. Josef Pollanschütz Institut für Waldwachstumsforschung Universität für Bodenkultur Wien Mag. Andreas Stohl Institut für Meteorologie und Geophysik Universität Wien Univ. Prof. DI Dr. Kurt Zukrigl Institut für Botanik Universität für Bodenkultur Wien Ferner sei gedankt: für Sekretariat, Protokoll und Organisation Mag. Gudrun Breschar für technische Bearbeitung Ing. Hans Günther Stidl für Graphiken Richard Hauck INHALT 1 VORBEMERKUNG (O.Preining) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 2 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN (O.Preining, A.Hackl, M.Haider, G.Halbwachs, H.Hauck, H.Kromp-Kolb, M.Neuberger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 2.1 Die Lage der Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 Wurzeln der Umweltprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Die globale Umweltsituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die Umweltsituation in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Die Umweltsituation in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 2.2 Kriterien eines NUP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.09 2.2.1 Definition NUP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.09 2.2.1.1 2.2.1.2 2.2.1.3 Schutzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10 Vorsorgeprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10 Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11 2.2.2 Ziele des NUP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11 2.2.2.1 2.2.2.2 2.2.2.3 2.2.2.4 2.2.2.5 Zielbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11 Kurz- und mittelfristige Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11 Langfristige Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11 Neubestimmung und Änderung von Zielen . . . . . . . . . . . . 2.11 Regulation von Fehlentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.12 2.3 Wirtschaftliche Aspekte des NUP Vorreiterrolle Österreichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.12 2.4 Die sachlichen Verflechtungen des NUP . . . . . . . . . . . . . 2.12 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4 2.4.5 NUP und Klima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.13 NUP und Luft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.13 NUP und Geruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.13 NUP und Lärm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.13 NUP und Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.13 ii 2.4.6 2.4.7 2.4.8 2.4.9 NUP und Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.14 NUP und Abfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.14 NUP und Wald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.14 NUP und einige spezifische Problemfelder . . . . . . . . . . . . . 2.15 2.4.9.1 2.4.9.2 2.4.9.3 2.4.9.4 NUP und radioaktive Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.15 NUP und Flugverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.16 NUP und Lichtbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.16 NUP und elektrische und magnetische Felder . . . . . . . . . . . 2.16 2.5 Beurteilungsfragen des NUP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.16 2.5.1 2.5.2 2.5.3 Prioritäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.16 Experten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.17 Die Austragung von Konflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.17 2.5.3.1 2.5.3.2 2.5.3.3 Konflikte der Zielvorstellungen (Bewertung) . . . . . . . . . . . 2.17 Konflikte der Prioritätensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.17 Konflikte durch Interessen von Einzelpersonen und Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.17 2.6 Maßnahmen aufgrund des NUP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.18 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4 Raumordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.18 Direkte Eingriffe (Gesetze und Verordnungen) . . . . . . . . . . 2.18 Indirekte Effekte (Steuern und Anreize) . . . . . . . . . . . . . . 2.18 Freiwillige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.18 2.7 Information und Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.18 2.7.1 2.7.2 2.7.3 2.7.4 NUP und Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.18 NUP und Erwachsenenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.18 NUP und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.19 NUP und Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.19 2.8 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.19 3 KLIMA (M.Hantel und A.Haslinger) . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 3.1 Das Klima allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 iii 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.1.6 Das Klimasystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Beschreibung des Klimasystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Das Haushaltsprinzip für die Ordnung der Klimagrößen . . . . 3.5 Instabilitäten - Das Skalenproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Klimamechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10 Klimadefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10 3.2 Die Erfassung der globalen Situation . . . . . . . . . . . . . . . 3.12 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 Weltweites Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.12 Der Strahlungshaushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.13 Der planetare Energiehaushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.15 Die Arbeitsweise von Klimamodellen . . . . . . . . . . . . . . . . 3.16 Klimavorhersage und Klimaszenarien . . . . . . . . . . . . . . . . 3.17 3.3 Szenarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.22 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 3.3.6 3.3.7 Die natürliche Variabilität des Klimasystems . . . . . . . . . . . 3.22 Der Wasserhaushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.27 Der Kohlenstoffhaushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.28 Weitere Spurenstoffhaushalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.29 Die Modellierung der anthropogenen Spurenstoffhaushalte . . 3.32 Der anthropogene Treibhauseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.32 Analogien zum Klimasystem im Bereich von Biologie und Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.37 3.4 Auswirkungen auf Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.38 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 Die Möglichkeiten regionaler Aussagen . . . . . . . . . . . . . . 3.38 Die Rolle der Gebirgsgletscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.40 Zusammenhang Schneedeckendauer Österreich Temperatur Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.43 Stadtklima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.45 3.5 Systemkritische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.48 3.5.1 3.5.2 3.5.3 Das Klimaproblem in der öffentlichen Diskussion . . . . . . . . 3.48 Die Sicherheit und Unsicherheit wissenschaftlicher Aussagen zum Klimaproblem . . . . . . . . . 3.49 Ansatzpunkte für Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.50 3.6 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.53 iv 4 LUFT (H.Hauck, H.Dieberger, A.Hackl, G.Halbwachs, H.Kromp-Kolb, M.Neuberger, W.Vitovec, W.Wruss) . . . . . 4.1 4.1 Wirkungen von Luftschadstoffen (Grundsätzliches) . . . . . 4.1 4.1.1 Wirkungen auf die Atmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 4.1.1.1 4.1.1.2 Aufbau der Atmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Drei wesentliche globale Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 4.1.2 Humantoxische Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 4.1.2.1 4.1.2.2 4.1.2.3 4.1.2.4 Schwefeldioxid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.13 Stickstoffoxide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.14 Kohlenstoffmonoxid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.16 Organische Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.16 4.1.2.4.1 4.1.2.4.2 4.1.2.4.3 4.1.2.4.4 4.1.2.4.5 Benzol, Toluol, Xylol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.17 Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe . . . . . . . . . . 4.18 Aliphatische Chlorkohlenwasserstoffe (Dichlormethan, Dichlorethan, Trichlorethen, Tetrachlorethen . . . . . . . . . . . 4.19 Dibenzodioxine (PCDB) und Dibenzofurane (PCDF) . . . . . . 4.20 Formaldehyd (HCHO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.21 4.1.2.5 4.1.2.6 Schwefelwasserstoff (H2S) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.22 Halogenverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.22 4.1.2.6.1 4.1.2.6.2 Chlorwasserstoff (HCl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.22 Fluorwasserstoff (HF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.23 4.1.2.7 4.1.2.8 4.1.2.9 Ammoniak (NH3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.24 Ozon (O3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.24 Aerosole (Staub) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.26 4.1.2.9.1 4.1.2.9.2 4.1.2.9.3 Schwermetalle (As, Cd, Cr, Hg, Pb) . . . . . . . . . . . . . . . . 4.28 Faserförmige Stäube (Asbest, KMF) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.29 Mikroorganismen als Aerosole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.29 4.1.2.10 4.1.2.11 Kombinationswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.30 UV-Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.31 4.1.3 Phytotoxische Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.32 4.1.3.1 Wirkungen - allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.32 v 4.1.3.2 4.1.3.3 4.1.3.4 4.1.3.5 4.1.3.6 Wirkobjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.33 Schwefeldioxid (SO2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.38 Stickstoffoxide (NOx) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.41 Kohlenstoffmonoxid (CO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.43 Staub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.43 4.1.3.6.1 Schwermetallhaltige Stäube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.44 4.1.3.6.1.1 4.1.3.6.1.2 4.1.3.6.1.3 4.1.3.6.1.4 4.1.3.6.1.5 Arsen (As) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.44 Cadmium (Cd) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.44 Chrom (Cr) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.42 Quecksilber (Hg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.45 Blei (Pb) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.45 4.1.3.7 Organische Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.45 4.1.3.7.1 4.1.3.7.2 4.1.3.7.3 4.1.3.7.4 Benzol, Toluol, Xylol; polyzyklische Kohlenwasserstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.45 Aliphatische Kohlenwasserstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.45 Halogenierte Kohlenwasserstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.46 Formaldehyd (HCHO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.46 4.1.3.8 4.1.3.9 4.1.3.10 4.1.3.11 4.1.3.12 4.1.3.13 4.1.3.14 Schwefelwasserstoff (H2S) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.47 Halogenverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.47 Ammoniak (NH3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.48 Ozon (O3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.48 Saure Niederschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.50 Kombinationswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.51 UV - Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.52 4.1.4 Wirkungen auf Sachgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.52 4.1.4.1. Metallische Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.53 4.1.4.1.1 4.1.4.1.2 4.1.4.1.3 4.1.4.1.4 Eisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.53 Kupfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.53 Silber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.54 Aluminium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.54 4.1.4.2 4.1.4.3 4.1.4.4 Mineralische Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.54 Organische Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.54 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.55 4.2 Emissionssituation in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.56 4.2.1 Anthropogene Emission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.56 vi 4.2.1.1 4.2.1.2 4.2.1.2.1 4.2.1.2.2 4.2.1.2.3 4.2.1.2.4 Rahmenbedingungen (Energieverbrauch, KFZ-Bestand, Heizungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.56 Toxikologisch wirksame Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.62 4.2.1.2.5. 4.2.1.2.6 4.2.1.2.7 4.2.1.2.8 4.2.1.2.9 Schwefeloxide (SO2, SO3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.62 Stickstoffoxide (NO, NO2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.70 Kohlenstoffmonoxid (CO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.75 Organische Verbindungen (Aromaten, Halogenkohlenwasserstoffe, Aldehyde) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.78 Schwefelwasserstoff (H2S) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.87 Halogene (Cl, HCl, F, HF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.89 Ammoniak (NH3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.93 Ozon (O3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.96 Staub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.96 4.2.1.2.9.1 4.2.1.2.9.2 Schwermetalle (As, Cd, Cr, Hg, Pb) . . . . . . . . . . . . . . . . 4.101 Faserförmige Stäube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.107 4.2.1.3 Klimawirksame Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.109 4.2.1.3.1 4.2.1.3.2 4.2.1.3.3 4.2.1.3.4 Kohlendioxid (CO2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.109 Methan (CH4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.113 Fluorchlorkohlenwasserstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.115 Distickstoffoxid (N2O) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.119 4.2.2 Phytogene Emission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.121 4.3 Immissionssituation in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.123 4.3.1 Atmosphärische Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.123 4.3.1.1 4.3.1.2 4.3.1.3 4.3.1.4 4.3.1.5 Globale Skala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.123 Regionale Skala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.123 Lokale Skala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.125 Episoden erhöhter Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.126 Auswirkungen des Flugverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.127 4.3.2 4.3.3 Immissionsmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.127 Immissionssituation in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.131 4.3.3.1 4.3.3.2 4.3.3.3 4.3.3.4 4.3.3.5 4.3.3.6 Schwefeldioxid (SO2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.131 Stickstoffoxide (NOx) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.131 Kohlenstoffmonoxid (CO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.135 Flüchtige Kohlenwasserstoffe (VOC) . . . . . . . . . . . . . . . . 4.135 Schwefelwasserstoff (H2S) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.138 Halogenwasserstoffe (HCl, HF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.138 vii 4.3.3.7 4.3.3.8 4.3.3.9 4.3.3.10 4.3.3.11 Ammoniak (NH4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.139 Ozon (O3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.140 Staub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.142 Schwermetalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.143 Fasern (Asbest, KMF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.145 4.3.4 4.3.5 Messungen mit Passivsammlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.145 Deposition von Schadstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.147 4.3.5.1 4.3.5.2 4.3.5.3 Trockene Deposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.147 Nasse Deposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.150 Okkulte Deposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.151 4.3.6 Schadstoffimporte und Schadstoffexporte . . . . . . . . . . . . . . 4.152 4.4 Gesetzliche Regelungen, Richtlinien und Normen . . . . . . . 4.174 4.4.1 Emission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.174 4.4.1.1 4.4.1.2 4.4.1.3 4.4.1.4 4.4.1.5 4.4.1.6 4.4.1.7 4.4.1.8 4.4.1.9 4.4.1.10 4.4.1.11 Gewerberecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.174 Dampfkesselrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.177 Bergrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.188 Abfallwirtschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.188 Chemikalienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.189 Kraftfahrzeugrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.196 Sonstige Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.197 Multilaterale Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.198 Länderrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.202 Recht der Europäischen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 4.204 Rechtsvorschriften in Deutschland und der Schweiz . . . . . . . 4.206 4.4.2 Immission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.206 4.4.2.1 Grenz- und Richtwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.207 4.4.2.1.1 4.4.2.1.2 Grenz- und Richtwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Vegetation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.209 Alarm- und Warnwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.221 4.4.3 4.4.4 Ö-NORMEN zur Luftreinhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.224 VDI-Richtlinien zur Luftreinhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.229 4.5 Zielvorstellungen und Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . 4.230 viii 4.6 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.232 5 GERUCH (M.Haider, R.Cervinka, E.Groll-Knapp, P.K.Pfeiffer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 5.1 Problemstellung, Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 5.2 Derzeitige Situation im Wohnbereich in Österreich . . . . . 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 Anzahl der im Wohnbereich durch Gerüche belästigten Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Art der hauptsächlich genannten Geruchsquellen . . . . . . . . . 5.4 Auswirkungen der Geruchsbelästigung . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Durch Gerüche betroffene Wohnungen . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 5.3 Bedeutung der Geruchswirkung für den Menschen . . . . . 5.8 5.3.1 Allgemeine Grundlagen (anatomische, physiologische, psychologische Gegebenheiten, Reizcharakteristika) . . . . . . 5.8 5.3.1.1 5.3.1.2 5.3.1.3 5.3.1.4 5.3.1.5 5.3.1.6 5.3.1.7 5.3.1.8 5.3.1.9 5.3.1.10 Geruchsstoffkonzentration und Geruchseinheit . . . . . . . . . . 5.8 Intensität der Geruchswahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9 Qualität der Geruchswahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9 Hedonische Geruchswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10 Riechschwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.12 Kombination von mehreren Gerüchen . . . . . . . . . . . . . . . . 5.12 Adaptation, Habituation, Sensibilisierung . . . . . . . . . . . . . 5.13 Einfluß von Alter und Geschlecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.13 Verminderung des Riechvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.14 Akzeptanz, positive und negative Einstellung zum Geruch Vermeidbarkeit von Gerüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.14 5.3.2 Auswirkungen von Gerüchen auf Gesundheit und Wohlbefinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.15 5.4 Gesetzliche Regelungen und Grenzwertempfehlungen . . . . 5.17 5.5 Beurteilungs- und Bewertungskriterien . . . . . . . . . . . . . . 5.22 5.5.1 Erfassung von Geruchsbelastungen durch Begehungen - ix 5.5.2 5.5.3 5.5.3.1 5.5.3.2 5.5.3.3 5.5.3.4 die modifizierte und erweiterte Rastermethode . . . . . . . . . . 5.24 Ausbreitungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.24 Weitere Erhebungsmethoden zur Erfassung von Geruchsbelästigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.25 Erfassung von Beschwerden: Beschwerdenstatistik (Community Reaction) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.25 Systematische Einmalbefragung von Anrainerstichproben in definierten Beurteilungsgebieten mittels eines Fragebogens . . 5.26 Systematische Mehrfachbefragung von ortsansässigen Probanden zur Bestimmung der Häufigkeit von momentanen Belästigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.26 Tagebuchbefragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.26 5.6 Allgemeine Umweltziele und Qualitätsziele für Geruchsbelastungen und Maßnahmenvorschläge . . . . . . . 5.27 5.6.1 5.6.2 Allgemeine Umweltziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.27 Qualitätsziele für Geruchsimmissionen . . . . . . . . . . . . . . . 5.27 5.6.2.1 Zielvorstellungen hinsichtlich der Verminderung des Anteils geruchsbelästigter Wohnungen . . . . . . . . . . . . . . . 5.27 Zielvorstellungen und Maßnahmenvorschläge hinsichtlich der Verminderung des Belästigungsgrades, der Begrenzung der Belästigungsdauer und der Sonderregelungen für spezielle Geruchsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.28 5.6.2.2 5.7 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.31 ANHANG: Modifizierte und erweiterte Rastermethode . . . . . . . . . . . . 5.34 6 LÄRM (M.Haider, M.Koller, J.Lang, H.G.Stidl) . . . . . . . . 6.1 6.1 Einleitung und Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 6.2 Bewertungs- und Beurteilungssgrößen . . . . . . . . . . . . . . 6.4 6.2.1 6.2.2 6.2.3 Frequenzbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Zeitbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Empfehlungen für in Österreich zu verwendende Bewertungs- und Beurteilungsgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8 x 6.2.4 Gehörbezogene Bewertungsverfahren ("Psychoakustik") . . . . 6.10 6.3 Die derzeitige Situation in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . 6.13 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.3.5 Lärmbelastung durch den Straßenverkehr . . . . . . . . . . . . . 6.16 Lärmbelastung durch den Schienenverkehr . . . . . . . . . . . . 6.20 Lärmbelastung durch den Flugverkehr . . . . . . . . . . . . . . . 6.21 Lärmbelastung durch Betriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.23 Lärmbelastung durch Freizeiteinrichtungen . . . . . . . . . . . . 6.24 6.4 Auswirkungen von Schallimmissionen auf den Menschen . 6.26 6.4.1 Einfluß physikalischer Geräuschcharakteristika . . . . . . . . . . 6.26 6.4.1.1 6.4.1.2 6.4.1.3 6.4.1.4 6.4.1.5 Lautstärke, Lautheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.26 Frequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.27 Expositionszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.29 Zeitliche Variabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.29 Verhältnis zwischen Signal und Störgeräusch . . . . . . . . . . . 6.30 6.4.2 Einfluß nicht-physikalischer und situativer Faktoren . . . . . . 6.31 6.4.2.1 6.4.2.2 6.4.2.3 6.4.2.4 6.4.2.5 6.4.2.6 Informationsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.31 Voraussagbarkeit und Kontrollierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . 6.31 Einstellung zur Geräuschquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.32 Aktivität zur Zeit der Geräuschexposition . . . . . . . . . . . . . 6.32 Tageszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.33 Empfundene "Notwendigkeit" der Schalleinwirkung . . . . . . 6.34 6.4.3 6.4.4 Einfluß individueller Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.34 Betroffene physische, mentale, psychische und soziale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.35 6.4.4.1 6.4.4.2 6.4.4.3 6.4.4.4 6.4.4.5 Kurzzeitig andauernde Reaktionen auf Schallreize . . . . . . . . 6.37 Langzeitig andauernde Reaktionen auf Schallreize . . . . . . . . 6.37 Beeinflussung des Schlafes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.38 Zwischenmenschliche Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.42 Nacheffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.42 6.4.5 6.4.6 Kombinationswirkungen von Lärm und anderen Umwelteinflüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.42 Gesundheitsgefährdungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.43 6.5 Gesetzliche Regelungen, Normen, Richtlinien und xi Richtwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.46 6.5.1 Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.46 6.5.1.1 6.5.1.2 6.5.1.3 6.5.1.4 Begrenzung der Schallemission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.46 Begrenzung der Schallimmission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.51 Meß- und Rechenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.53 Vorschreibung des erforderlichen baulichen Schallschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.53 Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.53 Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.53 VDI-Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.53 EG-Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.54 6.5.2 6.5.3 6.5.4 6.5.5 6.6 Rahmenbedingungen für die Lärmminderung, Qualitätsziele für bestimmte Auswirkungen und Umwelten . . . . . . 6.54 6.6.1 6.6.2 Rahmenbedingungen für die Lärmminderung, Mindestforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.54 Qualitätsziele zum Schutz bestimmter Aktivitäten . . . . . . . . 6.57 6.6.2.1 6.6.2.2 6.6.2.3 Sprachkommunikation, geistige Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . 6.57 Schlaf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.57 Schutz vor Belästigungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.58 6.6.3 Qualitätsziele für bestimmte Umwelten . . . . . . . . . . . . . . . 6.58 6.6.3.1 6.6.3.2 6.6.3.3 6.6.3.4 6.6.3.5 Außenpegel in Wohngebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.59 Wohnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.59 Schulen und Kindergärten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.59 Außenpegel in Ruhegebieten und Kurbezirken . . . . . . . . . . 6.59 Spitäler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.59 6.7 Maßnahmen zur Lärmminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.60 6.7.1 6.7.2 Raumordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.60 Geräuschminderung an der Quelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.64 6.7.2.1 6.7.2.2 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.64 Kraftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.64 6.7.2.2.1 6.7.2.2.2 6.7.2.2.3 6.7.2.2.4 Motorgeräusch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.65 Rollgeräusch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.66 Geschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.68 In Verkehr stehende Kraftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.68 xii 6.7.2.3 6.7.2.4 6.7.2.5 6.7.2.6 6.7.2.7 Schienenfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.68 Maschinen und Geräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.69 Verfahren zur Definition "lärmarm" . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.70 Ökonomische und sonstige Anreize (incentives) für den Einsatz lärmarmer Fahrzeuge und Maschinen . . . . . . . . . . . 6.72 Überwachung und Kontrolle der Geräuschemission . . . . . . . 6.72 6.7.3 6.7.4 Organisatorische Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.74 Maßnahmen zur Minderung der Geräuschimmission . . . . . . 6.75 6.7.4.1 6.7.4.2 6.7.4.3 6.7.4.4 Abstand Schallquelle - Immissionsort . . . . . . . . . . . . . . . . 6.75 Abschirmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.76 Schallschutz am Objekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.79 Aktive Geräuschminderung (active noise control) . . . . . . . . 6.80 6.7.5 Erziehung und Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.81 6.8 Zusammenfassung und Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . 6.83 6.9 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.87 ANHANG 6.1 Verzeichnis der verfügbaren Lärmkarten in Österreich, Stand 1990 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ANHANG 6.2 Verzeichnis der ÖNORMEN zum Schallschutz . . . . . . . . ANHANG 6.3 Verzeichnis der Richtlinien des Österreichischen Arbeitsringes für Lärmbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . ANHANG 6.4 Verzeichnis von VDI - Richtlinien zum Schallschutz . . . . ANHANG 6.5 Verzeichnis von EG - Richtlinien zum Schallschutz . . . . . A 6.1 A 6.2 A 6.3 A 6.4 A 6.5 1 Kurzfassung Umweltwissenschaftliche Grundlagen und Zielsetzungen im Rahmen des Nationalen Umweltplans für die Bereiche Klima, Luft, Geruch und Lärm Kurzfassung ÖAW-KRL Aufgrund einer Aufforderung des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie wurde im Rahmen der Erstellung eines Nationalen Umweltplans seitens der Kommission für Reinhaltung der Luft unter Beiziehung weiterer externer Mitarbeiter eine umfangreiche Grundlagenstudie und eine Zusammenstellung der internationalen Informationen zu den Bereichen Klima, Luft, Geruch und Lärm erstellt. Diese Studie soll als wissenschaftlicher Input für Arbeitskreise und weitere politische Gremien bei der Erstellung eines Nationalen Umweltplanes dienen. In einem einleitenden Kapitel wird auf grundsätzliche Überlegungen zur Problematik eines nationalen Umweltplans eingegangen, da die Umweltproblematik nicht für die einzelnen Problemkreise gesondert behandelt werden darf. Gerade für die Vernetzung aller Gesichtspunkte sind interdisziplinäre Arbeitsgruppen, die neben dem naturwissenschaftlich-technischem auch das gesellschaftliche, soziale und ökonomische Umfeld berücksichtigen, unbedingt notwendig. Hochspezialisierte Fachwissenschafter müssen sich unter Einbringung ihres Wissens an der politischen Meinungsbildung beteiligen. Sowohl ethische wie auch weitsichtige wirtschaftliche Ansatzpunkte, die einander keinesfalls widersprechen, sind zu berücksichtigen. Dem Prinzip der Nachhaltigkeit kommt dabei grundsätzliche Bedeutung zu. Ausgangspunkt - auch für Österreich - ist die globale Situation insbesonders in den Bereichen Bevölkerungsentwicklung, Wasserressourcen und Energieverbrauch. Der status quo in Österreich für die behandelten und auch für die im weiteren nicht behandelten Problemkreise wie Boden, Wald, etc. wurde kurz zusammengefaßt. Die Grundtatsachen über das Klima und seine Mechanismen sowie die regionalen und lokalen Besonderheiten des Klimas Österreichs werden besprochen. Als Klima wird die Gesamtheit der Eigenschaften des Klimasystems, d.h. derjenigen Komponenten der Erde, die am Klimageschehen teilnehmen, verstanden. Das heutige Klima ist auf der globalen Skala und im Jahresgang gut durch Modelle simulierbar; aber weniger befriedigend werden kleinskalige Phänomene (lokales Klima) sowie Klimaschwankungen erfaßt. Die Variabilität des Klimas hat eine Reihe natürlicher Ursachen. Sie folgen aus Veränderungen des Klimaantriebs (astronomisch bedingte sehr langfristige Änderungen der Sonnenstrahlung), aus natürlichen Änderungen der chemischen Zusammensetzung des Klimasystems (Vulkanausbrüche, Vegetationsänderungen), sowie aus internen Instabilitäten aufgrund der 2 Kurzfassung Nichtlinearität der Klimadynamik. Die Variabilität des Klimas aufgrund von Änderungen der Spurenstoffhaushalte wird anhand von Messungen und Modellrechnungen und im Zusammenhang mit möglichen anthropogenen Beeinflussungen diskutiert. Dabei sind zwei Gruppen von Spurenstoffen zu unterscheiden: die natürlichen Spurenstoffe (z.B. Wasser, Kohlendioxid), deren Gehalt auch vom Menschen beeinflußt wird, und die rein anthropogen erzeugten Spurenstoffe (z.B. FCKWs). Die von der Erde einschließlich ihrer Atmosphäre absorbierte kurzwellige Strahlungsenergie wird im infraroten Bereich wieder abgestrahlt. Ein Teil dieser Abstrahlung wird in der Atmosphäre durch die Treibhausgase (Wasserdampf, CO2, Ozon u.a.) wieder absorbiert und zurückgestrahlt, was eine mittlere Oberflächentemperatur der Erdoberfläche von ca. 15°C bewirkt. Ohne diesen Treibhauseffekt würde sich eine Temperatur von etwa _18°C einstellen, im Falle vollständiger Absorption der langwelligen Abstrahlung etwa +30°C. Der Zusatztreibhauseffekt infolge von Absorption durch anthropogen in die Atmosphäre eingebrachte Spurengase (CO2, FCKWs etc.) wird derzeit mit einer Erwärmung von 3,0 ± 1,5°C in den nächsten 100 Jahren abgeschätzt; wegen der Unsicherheiten in der anthropogenen Beeinflussung der natürlichen Spurenstoffhaushalte ist diese Abschätzung jedoch umstritten. Das regionale Klima ist in das globale Klima eingebettet. Dennoch hat die regionale Komponente eine gewichtige Eigenbedeutung. Als für Österreich relevante Beispiele werden die Schneedeckendauer, die Gebirgsgletscher sowie Stadt-Klima-Einflüsse besprochen. Der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung ist im Klimasystem vielfach nicht eindeutig erhebbar, vor allem nicht im Bereich der anthropogenen Klimabeeinflussung. Derzeit kann die Wissenschaft weder beweisen noch widerlegen, daß die in den letzten 100 Jahren beobachtete Temperatursteigerung von etwa 0,4°C auf anthropogene Ursachen zurückzuführen ist. Monokausale Klimaargumente als Grundlage wirtschaftlicher und politischer Handlungsanweisungen erscheinen daher wissenschaftlich als nicht vertretbar. Um dennoch die möglichen anthropogenen Auswirkungen klein zu halten, wird eine gemäßigte No Regret Strategy empfohlen. Die Ergebnisse von Klimamodellen sind als Szenarien und nicht als Prognosen zu sehen. Solange aber nicht bewiesen werden kann, daß die Klimaänderungen nicht eintreten werden, ist Handlungsbedarf gegeben. Dies umso mehr, als emissionsreduzierende Maßnahmen aus einer großen Zahl anderer Gründe (Ressourcenschonung, gesundheitliche Aspekte, Umweltqualität) notwendig sind. Nur die Emission von Spurenstoffen ist vom Menschen beeinflußbar. Damit können Maßnahmen zur Reduktion des anthropogenen Treibhauseffektes auch nur an dieser Stelle ansetzen. Bei der Auswahl solcher Maßnahmen ist jedoch zu beachten, daß Vorteile in einem Bereich nicht durch Nachteile in anderen Bereichen erkauft werden dürfen. Die von der österreichischen Bundesregierung beschlossenen CO2-Reduktionsziele, welche eine Herabsetzung der CO2-Emission um 20% auf Basis 1988 bis zum Jahr 2005 vorsehen, müssen als Teil einer gemäßigten No Regret-Strategie betrachtet werden. Im Kapitel LUFT werden zunächst die Wirkungen von Luftschadstoffen auf die Atmosphäre, Kurzfassung 3 auf den Menschen, auf die Pflanzenwelt und auf Sachgüter diskutiert. Im ersten Fall ist die Verknüpfung der drei globalen Problemkreise des anthropogenen Treibhauseffekts, des stratosphärischen Ozonabbaus und der troposphärischen Oxidantienbildung wichtig. Bei den human- und ökotoxischen Wirkungen wird zunächst auf die klassischen Luftschadstoffe wie Schwefeldioxid, Stickstoffoxide, Kohlenstoffmonoxid etc., aber auch auf Kohlenwasserstoffe, Dioxine, Formaldehyd, Schwefelwasserstoff und Halogenverbindungen eingegangen. Weitere Abschnitte sind den sekundären Schadstoffen wie Ozon sowie Staub und seinen verschiedenen Varianten, wie Schwermetallen, Fasern etc., gewidmet. In einer tabellarischen Zusammenfassung wird versucht, die wichtigsten Richtwerte und Risikoabschätzungen zusammenzustellen. Im Hinblick auf eine mögliche Zunahme der ultravioletten Sonnenstrahlung wird auch dieser Problemkreis kurz erörtert. Ein zweiter Abschnitt widmet sich der anthropogenen und phytogenen Emission der genannten Schadstoffe. Dabei wird der derzeitige Stand (1991) möglichst umfassend in Tabellen und Graphiken dargestellt, wobei vielfach bisher noch nicht vorliegende Zusammenstellungen und Emissionsabschätzungen durchgeführt werden. Soweit absehbar werden auch die weitere Emissionsentwicklung und mögliche Ansätze zur Reduktion der Emissionen angeführt. Im dritten Abschnitt wird die Immissionssituation in Österreich behandelt. Entsprechend den Vorgängen in der Atmosphäre wird hier zwischen globaler, regionaler und lokaler Skala bei Transmission und Bildung von Luftschadstoffen unterschieden. Bevor auf Immissionsmeßwerte eingegangen wird, werden kritische Überlegungen bezüglich Meßstrategien und Auswerteproblemen bei Immissionsmessungen angestellt. Da ein Gesamtüberblick der Immissionssituation in Österreich in diesem Rahmen aus Platzgründen nicht möglich ist, werden einzelne interessante Situationen für ausgewählte Luftschadstoffe vorgestellt. Beispielshaft sind für 1991 die Jahresmittel und die 97,5-Perzentile aller österreichischen Meßstationen (Bundesländer, UBA) zusammengestellt. Wichtige Fragestellungen wie Trends bei einzelnen Schadstoffen und die Situation im internationalen Einflußfeld (Schadstoffimporte und Exporte) werden gesondert diskutiert. Auch die Depositionsmechanismen - z.B. der Eintrag in den Boden - werden beschrieben und beispielshaft quantifiziert. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels werden gesetzliche Regelungen, Richtlinien und Normen für Emissionen und Immissionen zusammengestellt, wobei nicht nur die österreichische Rechtslage, sondern auch das Recht der Europäischen Gemeinschaft sowie Rechtsvorschriften im benachbarten Ausland (Schweiz, Deutschland) berücksichtigt werden. Geruchsbelästigungen gehören nach Lärmbelästigungen zu den am meisten genannten Umweltbelästigungen. 23,3% der Österreicher, das sind 1,4 Millionen Personen, sind in ihren Wohnungen umweltbedingten Geruchsbelästigungen ausgesetzt. Anhand einer kurzen Übersicht über die derzeitige Geruchsbelastungssituation in Österreich kann gezeigt werden, daß, abgesehen von lokalen Geruchsquellen, vor allem der Verkehr einer der Hauptverursacher von Geruchsbelästigungen ist. Im Gegensatz zu den im Kapitel Luft beschriebenen toxischen Schadstoffen oder den Lärmbelastungen ist im Bereich des Geruches sowohl die meßtechnische Erfassung als auch die Objektivierung von Geruchseinwirkungen sehr schwierig. Man ist in diesem Fall vielfach auf Befragungen angewiesen, weshalb auf die dabei auftretenden Probleme im besonderen eingegangen wird. 4 Kurzfassung Viele geruchsaktive Substanzen sind zwar an sich toxisch, in den umweltrelevanten Konzentrationen führen sie aber meist zu keinen akuten gesundheitlichen Schäden. Die durch Geruchsbelästigung hervorgerufenen, teils massiven Belästigungen können jedoch Gesundheitsbeeinträchtigungen verursachen und die Lebensqualität entscheidend negativ beeinflussen. In einem eigenen Abschnitt wird auf die wesentlichen Dimensionen der Geruchswahrnehmung, inklusive der besonderen emotionalen Komponente von Gerüchen, eingegangen, da diese für den Grad und die Art der zu erwartenden Geruchsbelästigung mitbestimmend sind. Es werden ferner die Fragen der Habituation, Adaptation und Sensibilisierung diskutiert und im speziellen Fragen der Akzeptanz von Geruchsbelästigungen angesprochen. Im anschließenden Abschnitt werden die Auswirkungen von Gerüchen auf den Menschen diskutiert. Obwohl durch Geruchsbelastungen erhebliche Beeinträchtigungen von Gesundheit und Wohlbefinden auftreten können, ist eine gesetzliche Regelung sehr schwierig. Aus diesem Grunde gibt es auch kaum einschlägige gesetzliche Regelungen und Grenzwerte. Trotzdem wird abschließend versucht, Qualitätsziele für Geruchsimmissionen zu formulieren, und auf die Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen hingewiesen. Lärm ist die Umweltbelastung, von der sich die Bevölkerung wegen der direkten Wahrnehmbarkeit am meisten betroffen fühlt. Gemäß Mikrozensus 1991 sind insgesamt 33,5% der österreichischen Wohnungen durch Lärm gestört, 17,9% stark und sehr stark gestört. Als Ursache der Störung wird überwiegend (80%) der Verkehr genannt, insbesondere der KFZVerkehr. Das Ziel der Strategien in den nächsten 10 Jahren muß die wesentliche Herabsetzung des Anteils Betroffener auf etwa maximal 25% durch Lärm gestörter Personen und 10% stark und sehr stark gestörter Personen sein. Wesentliche Elemente der Vorsorge gegen unerwünschte Schallimmissionen sind: die Minderung der Schallemission an der Quelle (Einsatz geeigneter Technologien, widmungsgemäße Benützung) und die Raumordnung (räumliche Trennung von Schallemittenten und Bereichen mit Ruheanspruch). Da Maßnahmen der Raumordnung ausreichende Abstände zwischen den Schallquellen und dem Immissionsort erfordern, müssen bei Neuplanungen von Betrieben, Verkehrswegen, etc. bestehende Widmungen für Wohngebiete sowie für Flächen mit besonderem Ruheanspruch unbedingt beachtet werden. Die Neuwidmung von Wohngebieten kann nur bei entsprechend niedrigen Immissionswerten erfolgen. Lärmkarten und Lärmkataster sind eine wertvolle Unterlage für raumplanerische Maßnahmen, sie sollten vermehrt eingesetzt werden. Eine Vereinbarung über bundeseinheitliche Immissionsgrenzwerte für die Raumordnung (basierend auf ÖNORM S 5021) wäre zweckmäßig. Ein Lärmschutzplan muß bei jeder Neuplanung verpflichtend sein. Der Verkehr als überwiegende Ursache der Lärmbelastung muß durch verbesserte Strukturen in der Raumplanung, verbessertes Angebot des öffentlichen Verkehrs und durch finanzielle Maßnahmen gesteuert werden. Dabei ist auch der Minderung der Schallemission der Verkehrsmittel selbst besonderes Augenmerk zu schenken. Die derzeit gegebene Gesamtschallemission der Schienenstrecken sollte nicht überschritten werden. Erhaltung eines guten Schienenzustandes und Kompensation einer Frequenzerhöhung durch Verringerung der Emission des rollenden Materials sind entsprechende Ansatzpunkte. Kurzfassung 5 Die in einer Prognose für das Jahr 2000 berechneten Fluglärmzonen sollen in der Raumordnung und Flächenwidmung beachtet werden. Der dieser Berechnung zugrunde liegende Einsatz von lärmarmen Flugzeugen und die Einhaltung der vorgesehenen Flugwege ist zu überwachen. Die Geräuschemission von Betrieben einschließlich des betriebsinduzierten Verkehrs durch wesentliche Erweiterungen muß verhindert werden. Bei Überschreiten der zulässigen Immissionsgrenzwerte in angrenzenden Gebieten durch die Schallpegel des Betriebsgeräusches sollte eine Herabsetzung der Emission des Betriebes erfolgen. Die Geräuschemission von Maschinen und Geräten kann nach dem Stand der Technik lärmarmer Technologien vermindert werden. Zur Förderung des Einsatzes dieser Technologien trägt die Einführung einer allgemeinen Lärmauszeichnungspflicht sowie die Definition einer Qualifikation "lärmarm" für Kraftfahrzeuge und die am häufigsten eingesetzten Maschinen und Geräte bei. Die Berücksichtigung der Geräuschemission neben Preis und Leistung bei der Anschaffung von Fahrzeugen und Geräten - insbesondere durch die öffentliche Hand - und die Schaffung von Anreizen kann den Einsatz derselben fördern (z.B. lärmabhängige Gebühren für Fahrzeuge, Subventionierung des Kaufes lärmarmer Fahrzeuge und Geräte, Ausnahme von dem Lärmschutz dienenden Fahrverboten und Arbeitszeitbegrenzungen für lärmarme Fahrzeuge und lärmarme Maschinen, Information der Konsumenten für den Kauf lärmarmer Fahrzeuge und Geräte). 6 Kurzfassung Executive Summary 7 NATIONAL ENVIRONMENTAL PLAN OF AUSTRIA H. Hauck and O. Preining This summary was presented at the 5th Global Warming Conference in San Francisco, April 4-7, 1994, and will be published in World Resource Review. Introduction As in many other industrialized countries environmental protection has become a major issue after and perhaps as a consequence of the booming economy ("Wirtschaftswunder") following World War II. In Austria a special ministry of - at that time - Health and Environmental Protection was first established in 1970. Compared to other European countries Austria pursued a progressive environmental policy. The environmental investment for 1991 in Austria was the highest within the OECD-countries compared to the gross social product (Figure 1). Mandatory use of catalytic converters in cars since 1987, higher price for leaded gasoline and exclusively sale of unleaded gasoline since 1993, and emission limit of 0.1 ng/m3 dioxin equivalent for incineration plants since 1989 are some examples of this policy. Because of its geographic position in the center of Europe, Austria is a net importer of air pollutants. In Figure 2 the deposition pattern for nitrates in Europe as computed within EMEP for 1980 is shown (Alcamo and Bartnicki, 1988). Highest deposition rates occur - and this is similar for sulfates - in the central areas of the continent. Another main problem is the transalpine traffic situation for cargo a n d p a s s e n g e r t r a f f i c . Si n c e Switzerland is very strict in her traffic policy, a great part of the transalpine road traffic goes across Austria, where transalpine railroads still are not accepted in the same extent. In addition the changed political situation in Eastern Europe Figure 1: Environmentaö investment 1991, percent of furthers the traffic going east-west as gross social product (OECD) well. The Clean Air Commission within the Austrian Academy of Sciences was founded in 1962. Its main activities of national importance were the compiling of air quality criteria for SO2, NOx, and Ozone as well as a project about the impacts of climate change on Austria. When the Federal Ministry of Environment, Youth and Family Affairs started to set up a national environmental plan of Austria, the Clean Air Commission was asked to prepare the scientific 8 Executive Summary input in the fields of climate, air pollution, noise and odor (ÖAW 1993). Because of limited working capacity and expertise in the fields of forest, water, and soil these areas were covered by additional experts from Austrian universities. General remarks The procedure to set up this national environmental plan of Austria (Nationaler Umweltplan NUP) should be a three level process. To speed up the whole process as much as possible the first two steps should be taken simultaneously. Step 1 was to collect all the information necessary and to compile the scientific input. In a second step 7 working parties were convoked from universities, federal administration, industry, etc. These working groups should combine the scientific input and discuss all the problems with respect to their own interests, they should also come up with final proposals for regulations and actions. This step is still going on whereas the scientific input was available by the end of 1993. There are special working parties for industry, energy and oil industry, traffic and transport, agriculture, forest and water management, tourism, management of resources and consumer problems. Of course, there is some overlapping between these 7 areas, and on the other side some problems are not covered at all. Within level 3 a very large body representing all government agencies and professional organizations in Austria should compose a final version of the environmental plan consisting of well discussed and accepted recommendations for further action. Unless a wide consent even on controversial issues based on effective information and broad understanding is reached, there is no way how this environmental plan should work. One of the basic principles heavily discussed under steps 1 and 2 was the principle of "sustainability". It is already difficult to find a German definition corresponding to the English expression "sustainable", but it is even more difficult to go into details. It became clear very soon, that this concept has to be restricted to the basic goal that future generations of man must not be endangered in their livelihood. Any further extension would possibly limit the technical progress in a contraproductive way. Another important issue is the fact that even well accepted experts are contradicting each other sometimes. Weak input data, simplifying models, different data access, and different basic profession are causes Figure 2: NOx -Deposition in europe (annual mean) for different and even contradicting according to EMEP-model for Luxembourg agreement statements of experts. Careful and (Alcamo and Bartnicki, 1988) Executive Summary 9 accurate mode of operation as well as high culture in scientific discussions are necessary to form an acceptable base for political decisions. Although democracy is no base for science, in environmental decisions it is necessary to have wide acceptance of the whole operation procedure. Climate Separate chapters are related to climate, air pollution, noise, and odors. Within the climate chapter first basic facts and definitions about the climate are discussed. Though the climate on a global scale is understood quite well and can be modelled in a satisfying way, phenomena on a small scale are still difficult to understand. Especially the regional and local features for the alpine region are very important. Trace elements of natural and in our days also anthropogenic origin influence the climate system. It is assumed that natural and anthropogenic greenhouse effects together will cause a global temperature increase of 3oC ±1.5oC within the next 100 years. However, it must be emphasized that this estimate is not unanimously accepted by the scientific community and that there have been several revisions in the past. Regional climate is basically influenced by the global effects, but due to the geographic Figure 3: Annual mean temperatures for the northern hemisphere and Austria 10 Executive Summary situation, elevation etc. local effects may be responsible for special situations. Like some other European countries Austria has long backdating climate observations too, e.g. for temperature back to 1775 (Figure 3), which represent the global temperature pattern quite well. Present temperatures are therefore still within the normal range (ÖAW, 1993). Within this chapter the duration of the snow cover, the development of alpine glaciers and the influence of big urban areas on the local climate are discussed. The correlation between duration of snow cover and monthly temperature averages in Europe were investigated by (Haiden und Hantel, 1992). While the situations in very high and very low elevations do not contribute very significantly, intermediate areas where many skiing areas are situated show the most interesting effect. In this height temperature changes affect the duration of snow cover very strongly. A temperature increase of 1oC would shorten the duration of snow cover by about 10 days per season. In Austria a good number of the Alpine glaciers are situated. Although these glaciers do not always follow the global trend, none of them shows a significant signal for a dramatic decrease of glaciers. The difference between average urban temperatures (annual mean) and the average temperature within the surrounding area was found to increase from 1976 to 1992 by 0.85oC. Figure 4: Mean increase of precipitation (mm) due to the conurbation of Vienna Executive Summary 11 Lower wind speed and lower number of clouds cause the biggest contributions. Also precipitation had increased by up to 240 mm per year. The precipitation maximum was found to be on the lee side of the urban area which was in the case of Vienna between 11 and 31 km east of the center (Figure 4). The basic message of this chapter is, that based on the current knowledge there is no proof for a temperature increase within the next decades, but there is no proof for the contrary either. This fact recommends a no-regret-strategy, climate reactive trace elements like chlorofluorocarbons (CFC) should be reduced as much as possible but also carbon dioxide emission should be reduced not only because of climate effects but also due to preserving energy resources. Air Pollution The next chapter about air pollution comprises four problems. First the effects on atmosphere, man, and environment are discussed from a general point of view. Anthro p o g e n i c g r e e n h o use effect, stratospheric ozone depletion, and tropospheric oxidants are considered the main global problems. Toxicology had to be restricted to the general air pollutants like sulfurdioxide, nitrogenoxides, carbon Figure 5: CO2 emissions from fossil energy in Austria monoxide, ozone, particulate matter, and to some other selected substances like hydrocarbons, dioxins, formaldehyde, hydrogensulfide and halogens. Also heavy metals and fibers are discussed on a small base. In the second part, emissions of these substances on the base of 1991, if available, are summarized for Austria. In many cases special calculations had to be done because these data have not been available yet. Toxicologically interesting emissions are discussed as well as green house emissions. In Figure 5 the carbondioxide emission for Austria from 1950 to 2005 based on 3 different scenarios (no emission reduction, freezing of present emission, and observing the Toronto protocol i.e. CO2 reduction of 20% on base of 1988). Total methane emissions are approximately 600.106 kg/yr, about 60% of these are related to agriculture, another third comes from waste. Chlorofluorocarbon emissions will decrease to about 35.106 kg/yr after a full ban in 1994 (Figure 6) mostly emitted by former foam insulations. The air quality situation in Austria is discussed in the third part. Air quality data from the federal and state environmental monitoring networks are comprised for 1991. Dry, wet, and hidden deposition are briefly discussed as well as import and export of air pollutants. The last part gives a very extensive overview on federal and state air pollution regulations including air pollution standards. In addition the regulations of the European Union and the neighbor 12 Executive Summary Figure 6: Emissions of fully halogenated CFCs in Austria countries Germany and Switzerland are presented. Finally, a complete overview on the standards of the Austrian Standards Institute and the VDI about air pollution problems is given. Odor Annoyance Odor and noise annoyances are environmental problems very frequently notified by the population. Each of them is discussed in a separate chapter. About 23% of all Austrians complain about odor annoyances which are mostly related to traffic emissions. Since odors are caused by very low concentrations analytical measuring techniques is a very tough task. Many investigations rely on questionnaires. In most cases, the environmental toxicity of these substances can be neglected. Nevertheless, permanent annoyances can give rise to health problems and can significantly deteriorate the quality of life. Several psychological effects, like habituation, adaptation, and sensitization determine the impacts of odors. Of course, it is very difficult to regulate odor annoyances by environmental standards, consequently those standards are very scarce. Nevertheless, quality goals are formulated to reduce the number of persons affected, to reduce the intensity of odor annoyances, to reduce the duration of annoyances, and to set up special regulations for special types of odors. Within a period of a maximum of 10 years, preferably 5-6 years, the percentage of dwellings affected by odors should be brought below a level of 20%. As a long-term goal this percentage should be below 15%. Finally, a standardized procedure to evaluate odor perception with respect to statistical criteria is given. Executive Summary 13 Noise The general public perceives noise as the most important environmental problem. About one third of all Austrian dwellings is considered to be impaired by noise. In 80% traffic noise is considered the main source, especially car traffic. Sound emission reduction should be achieved whenever possible directly at the source. Regional planning can contribute considerably to a reduction of noise annoyance when there is enough space available. Not only car traffic but particularly railroad traffic may become a considerable source of noise pollution, especially if cargo transport is transferred to railroad as tried in Central Europe. Construction of new railroads which might be desirable from the air pollution and energy concern point of view will become a very difficult task in our times in Central Europe. Noise from airplanes especially in the vicinity of airports is another significant problem especially in quite densely populated areas. In principle, technical measures at present available can contribute a lot to reduce noise emission if the necessary investment is accepted. Outlook Even if the political situation may slow down the process, it is generally clear, that the development of a national environmental plan is an ongoing process. New facts have to be considered, new problems may enforce new answering strategies. Also the international political situation may change dramatically as we have seen in the past and thus change environmental problems like increase of east-west traffic or energy supply for new economic development. References Alcamo J. and J. Bartnicki (1988): Nitrogen deposition calculations for Europe; IIASA Working Paper, Laxenburg, Austria (1988). Haiden T. und M. Hantel (1992): Klimamodelle: Mögliche Aussagen für Österreich; In: Österreicische Akademie der Wissenschaften: Bestandsaufnahme anthropogene Klimaänderungen, Mögliche Auswirkungen auf Österreich - Mögliche Maßnahmen in Österreich; Wien (1992). ÖAW (1993): Umweltwissenschaftliche Grundlagen und Zielsetzungen im Rahmen des Nationalen Umweltplans für die Bereiche Klima, Luft, Geruch und Lärm; Österreichische Akademie der Wissenschaften, Kommission für Reinhaltung der Luft, Wien (1993). 14 Executive Summary VORBEMERKUNG 1.1 1 VORBEMERKUNG Die Bundesministerin für Umwelt, Jugend und Familie hat 1992 die Initiative ergriffen und nach Information und Kenntnisnahme durch den Ministerrat mit der Erarbeitung eines "Nationalen Umweltplanes" begonnen. Ein solcher Umweltplan berührt die Interessen aller Staatsbürger. Es wurde daher eine mehrschichtige Behandlung der Problematik aufgenommen: zum einen soll eine unabhängige wissenschaftliche Instanz den wissenschaftlichen Input bereitstellen, d.h. eine Darstellung und Analyse des derzeitigen Zustandes geben und aufbauend hierauf Zielvorstellungen sowie die für deren Realisierung notwendigen logistischen Strukturen und wünschenswerten zeitlichen Abfolgen entwickeln. Zum anderen müssen alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft in diese Diskussion eingebunden werden, um eine generelle Akzeptanz möglicher Maßnahmen zu erreichen. Die Problematik ist interdisziplinär und umfaßt praktisch alle Bereiche der Natur-, Geistes- und Humanwisssenschaften einschließlich der Medizin und der Philosophie. Die heutige Situation erfordert auch eine neue Ethik, die sich mit der Umweltproblematik auseinandersetzen muß. So wurde z.B. vorgeschlagen, Kant's kategorischen Imperativ in eine neue Form zu bringen, die auch die Umweltfragen einschließt: Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde (KANT 1785). Eine "Übersetzung" dieses kategorischen Imperativs für das Ende des 20. Jahrhunderts durch den Philosophen Hans Jonas zur Ethik der Fernwirkung (künftige Generationen) könnte Grundlage für die weitere "Entwicklung" sein: Handle so, daß die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf der Erde (JONAS 1979). Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie hat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften - Kommission für Reinhaltung der Luft (ÖAW-KRL) die Erstellung eines Teiles des wissenschaftlichen Inputs übertragen. Da sich die Kommission für Reinhaltung der Luft seit Jahrzehnten mit Umweltproblemen auseinandersetzt, hat diese Kommission es übernommen, unter Beiziehung von Fachleuten, für die Teilbereiche Klima, Luft, Geruch und Lärm den wissenschaftlichen Input zu erstellen. Zur Durchführung der entsprechenden Arbeiten wurde für jeden der Problemkreise eine eigene Arbeitsgruppe gebildet. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind im folgenden Bericht dargestellt. Die Umweltprobleme haben außer den wissenschaftlichen auch wirtschaftliche und politische Aspekte, die im folgenden erwähnt, aber nicht diskutiert werden können. Zur Beurteilung der Wirkungen von Maßnahmen benützt man mathematische Modelle basierend auf naturwissenschaftlichen Grundlagen. Solche Modelle sind aber in ihrer Beschränktheit für das komplexe System Mensch plus Umwelt nur bedingt einsatzfähig. Man ist verführt, Abschätzungen vorzunehmen, welche dem schlechtesten denkbaren Fall entsprechen. Wenn nun in einer Kaskade von Abschätzungen auf jeder Stufe der denkbar schlechteste Fall gewählt wird, so ist das Ergebnis unweigerlich die Vorhersage einer Katastrophe. Eine solche wird aber nur äußerst selten eintreten, da eine Abfolge nur ungünstigster Fälle in der Natur mit sehr kleiner Wahrscheinlichkeit auftritt. Will man das Problem auf Grundlage solcher negativer Abschätzungen steuern, so führt dies zu massiv restriktiven Maßnahmen mit der Gefahr wirtschaftlicher Schädigungen und großer Störungen im sozioökonomischen Bereich, welche die positiven Auswirkungen in Frage stellen. Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist eine "no regret policy", d.h. man führt trotz ungesicherter Entscheidungsgrundlagen Maßnahmen durch, von denen man positive Ergebnisse erwartet, wobei sich in Grenzen haltende Einschränkungen in Kauf genommen werden müssen. 1.2 VORBEMERKUNG Nach Vorarbeiten in der zweiten Jahreshälfte 1992 und am Anfang des Jahres 1993 im Rahmen der KRL wurden die Arbeiten in vollem Umfang nach Abschluß des Vertrages zwischen der ÖAW und dem BMfUJuF am 22. Februar 1993 aufgenommen. Es wurden die bisherigen Arbeiten der KRL auf den letzten Stand gebracht und unter Beiziehung weiterer Fachleute vereinbarungsgemäß die Bereiche Klima, Luft, Geruch und Lärm bearbeitet. Vorläufige erste Ergebnisse für Luft, Geruch und Lärm wurden dem BMfUJuF bereits am 15. Oktober 1993 zur Verfügung gestellt. Der fertiggestellte Bericht wird vertragsgemäß mit heutigem Tage übergeben. Wien, am 22. November 1993 O.Univ.Prof.Dr. Othmar Preining (Obmann der KRL) GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN 2.1 2 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN O. Preining, A. Hackl, M. Haider, G. Halbwachs, H. Hauck, H. Kromp-Kolb, M. Neuberger 2.1 Die Lage der Umwelt 2.1.1 Wurzeln der Umweltprobleme Die Menschheit, zumindest ein großer Teil von ihr, hat bisher die Natur als unerschöpfliche Ressource angesehen; sie erachtete sich berechtigt, diese Ressourcen zu benützen und auszubeuten. Grenzen von Ressourcen hat man bisher fast nur lokal gesehen, daher historisch der Drang der Staaten zur Ausbreitung ihres Territoriums und zur Sicherung von Rohstoffen. Die Erde ist in Besitz genommen, die zuwachsende Bevölkerung erhöht die Dichte, der steigende Konsum der Industrieländer bringt einen rasch steigenden Ressourcenverzehr. Warnungen vor einer solchen Überentwicklung gab es historisch immer wieder, aber sie wurden kaum gehört. Die Probleme, welche durch den Ressourcenverzehr und durch die Verunreinigung von Luft, Boden und Wasser entstanden, wurden als lokal oder regional angesehen, daher wurden auch nur lokale oder regionale Lösungen gesucht. Eine Änderung dieser Situation wurde eingeleitet durch den Bericht des Club of Rome (MEADOWS 1972, MESAROVIC und PESTEL 1974), in dem die globalen Veränderungen einer breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht wurden. Ein Jahr später erzeugte der Ölschock ein Gefühl dafür, daß Ressourcen begrenzt sind; zu weltweiten Maßnahmen kam es jedoch zunächst nicht. Hinzu kommen zwei Beobachtungen in der jüngsten Zeit: # # Der Anstieg der CO2-Konzentration und anderer Treibhausgase in der Atmosphäre, der an jedem Punkt der Erde gemessen werden kann, Die Abnahme der Konzentration des stratosphärischen Ozons, vor allem zu Beginn des antarktischen Frühjahrs - das spektakuläre Ozonloch. Beide Beobachtungen wurden als Einfluß der Menschheit gedeutet. Der CO2-Anstieg als Folge der stark gestiegenen Verwendung fossiler Brennstoffe und geänderter Landnutzung und das Ozonloch in erster Linie als Folge der Verwendung der Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs). Diese sind chemisch so stabil, daß sie in der Troposphäre kaum abgebaut werden können, daher in die Stratosphäre diffundieren, dort unter der kurzwelligen UV-Strahlung der Sonne zerlegt werden, hiebei Chlor freisetzen, welches dann katalytisch, zusätzlich zu den natürlichen Prozessen, Ozon abbaut. Diese beiden Beobachtungen veranlaßten einige Wissenschaftler, an die Öffentlichkeit zu gehen, und sie fanden Gehör. Bedingt durch den Wohlstand in der entwickelten Welt und eine wachsende Unzufriedenheit mit einer technisierten, industrialisierten und urbanisierten Umwelt mit einschränkenden bzw. vielfach negativen Auswirkungen auf den einzelnen Menschen (Lärm, Verkehr, Geruch, reale oder vermeintliche gesundheitliche Beeinträchtigungen) wurden die Mahnungen aufgegriffen und an die Entscheidungsträger herangebracht. Eine Reihe von internationalen Konferenzen war die Folge. Besonders erwähnt seien: 2.2 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN Abb. 2.1: Entwicklung der Weltbevölkerung (Daten: UMWELTATLAS 1993, ENCYCLOPEDIA BRITANNICA 1993) Toronto 1988: The Changing Atmosphere: Implications for Global Security. Ergebnis: ein dramatisches Conference Statement, das weltweite Beachtung fand. ASCEND 21, Wien 1991. Ergebnis: das Programm "Agenda 21" UNCED Rio 1992 Ergebnis: Folgediskussionen, die sicherstellen, daß die Umweltprobleme weltweit im Zentrum des öffentlichen Interesses bleiben (ODUM 1993), ferner die Klimakonvention u.a. Die Umsetzung der Ergebnisse dieser Konferenzen steht noch aus. Voraussetzung für ein tatsächliches Umdenken auf allen gesellschaftlichen Ebenen ist die Bewußtmachung der tieferen Wurzeln von Umweltproblemen, die in unserer geistigen, emotionalen und kulturellen Entwicklung (CLUB OF ROME 1990) zur vorherrschenden Existenzweise des Habens und Konsumierens (FROMM 1976) zu suchen sind. Einzel- und Gruppenegoismus bis hin zu nationalen Egoismen (PECCEI 1981) verhinderten bisher, daß in Entwicklungsländern die Bevölkerungsexplosion und in Industrieländern der Konsum eingebremst wurden. Gefördert wird die Entwicklung des übermäßigen Konsums u.a. durch verschiedene menschliche Eigenschaften wie Gier oder Neid, die in der Werbung besonders angesprochen bzw. manipuliert werden und deren Befriedigung unter dem Deckmantel der (scheinbaren) Entscheidungsfreiheit für einzelne und Interessensgruppen in der freien Marktwirtschaft gesellschaftsfähig gemacht werden. 2.1.2 Die globale Umweltsituation Die Weltbevölkerung wächst rasch. Der Zuwachs findet vornehmlich in den sich entwickelnden Ländern statt. Vor 30 Jahren, im Jahr 1960, betrug die Weltbevölkerung 3 Mrd., 1990 bereits 5,3 Mrd., und im Jahr 2020 muß mit 9 Mrd. Weltbevölkerung gerechnet werden GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN 2.3 (Abbildung 2.1). Diese Entwicklung ist de facto unaufhaltsam, da in 30 Jahren keine grundsätzlichen Änderungen erwartet werden können. Erst für die Mitte des nächsten Jahrhunderts darf man hoffen, daß sich die Zunahme abschwächt. Um die Weltbevölkerung zu ernähren und den Bedürfnissen nach Gütern zu entsprechen, muß immer mehr Energie eingesetzt werden. Obwohl zu erwarten ist, daß der Wirkungsgrad des Energieeinsatzes steigt, ist dennoch ein Anstieg des Energiekonsums (nicht in gleichem Ausmaß wie bei der Weltbevölkerung) zu erwarten. Da der größte Teil der Energie aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe stammt, ist mit einem weiteren Anstieg der CO2-Emissionen global zu rechnen. Um die Ernährung sicherzustellen, ist mit einem weiteren Anstieg der bewässerten Flächen und einem Anstieg des Süßwasserkonsums weltweit zu rechnen. Auch hier ist vermutlich ein Faktor 2 bis zum Jahre 2020, verglichen mit 1990, zu erwarten. Dieser Anstieg des Wasserkonsums wird in vielen Teilen der Erde zu einer bedenklichen Wasserverknappung führen (Abbildung 2.2, Tabelle 2.1). Tabelle 2.1: Entwicklung der bewässerten Flächen in 106 ha (= 104 km2) und geschätzte zukünftige Entwicklung (nach: HARRIS 1990) Jahr Welt Industrieländer Entwicklungsländer GUS Staaten & Osteuropa 1950 1961/65 1974/76 1982 94 149 188 213 24 32 38 57 93 104 50 63 71 2000 2010 ca. 300 ca. 350 - - - Die Weltnahrungsmittelproduktion wird im Zuge der Technisierung der Landwirtschaft von einem immer kleineren Anteil der Bevölkerung bewerkstelligt. Dies führt zu einer Urbanisierung, immer mehr Menschen leben in städtischen Ballungsräumen. Waren es 1960 1 Mrd. Menschen, also ein Drittel der Weltbevölkerung, sind es 1990 bereits 2,2 Mrd. Menschen, die in Ballungszentren leben, und im Jahr 2020 werden es 4,5 Mrd. sein, dies ist dann etwa die Hälfte der Weltbevölkerung. Im gleichen Ausmaß, wie Weltbevölkerung und Weltnahrungsmittelproduktion zunehmen, ist zu erwarten, daß auch das Waldland global weiter abnehmen wird. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Entwicklung der Böden der Welt. Etwa 25% der globalen Landfläche sind sehr gute landwirtschaftliche Böden. 20% sind Wüstenboden, 16% schwach entwickelte Böden, der Rest verteilt sich auf verschiedene andere Bodentypen. Durch die Bodennutzung kommt es zu Abnützungserscheinungen, etwa 17% des Landes mit Vegetation sind weltweit geschädigt. Dieser Prozentsatz ist in Europa als Folge der intensiven Nutzung höher und beträgt 23% (ODUM 1993). Alle genannten Faktoren tragen primär zur Verschlechterung der Ökosituation des Systems Erde bei. Verschärft werden die Probleme durch die zunehmende Ungleichverteilung der Güter auf der Welt und durch die instabile politische Situation. Die Pro-Kopf-Einkommen der ärmsten Länder sind um einen Faktor 50 kleiner als die Pro-Kopf-Einkommen der reichsten 2.4 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN Abb. 2.2: Verwendung von Süßwasser (nach: HARRIS 1990) Industriestaaten. Für viele der sich entwickelnden Länder ist das naheliegendste Problem die Überwindung der zunehmenden Armut im eigenen Land. Nur wenn ein gewisses Anheben des allgemeinen Einkommensniveaus erreicht wird, darf man hoffen, daß der Behandlung von Umweltproblemen in diesen Ländern eine vorrangige Bedeutung beigemessen wird. 2.1.3 Die Umweltsituation in Europa Für die ehemaligen Comeconstaaten liegen vergleichbare Daten derzeit nicht vor, doch ist für diese Bereiche eine eher ungünstige Entwicklung anzunehmen. In der Europäischen Gemeinschaft, also im Umfeld Österreichs, ist nicht mit einer Verbesserung der Umweltsituation unmittelbar zu rechnen. So schätzt die EG (EG 1993), daß bis zum Jahre 2010 der Energieverbrauch um 25% steigen wird, was eine Zunahme der Kohlenstoffemissionen um 20% zur Folge hätte. Beim Verkehr wird es eine 25%ige Zunahme der Kraftfahrzeugbesitzer in den nächsten 10 Jahren geben, die gefahrene Kilometerleistung wird sich allerdings nur um 17% vermehren. In der Landwirtschaft gab es in den letzten 10 Jahren eine Zunahme des Düngemitteleinsatzes von über 60%, und eine weitere Zunahme ist zu erwarten. Ebenso wurde bei den Abfällen aus den Siedlungsgebieten in den letzten Jahren trotz verstärkter Bemühungen um Recycling eine 13%ige Zunahme festgestellt, und auch hier ist die Tendenz weiter steigend. Die gleiche Situation auch im Wasserverbrauch, die Wasserentnahme in der EG hat in den letzten 15 Jahren um 35% zugenommen, eine Abschwächung ist nicht in Sicht. Auch beim Tourismus ist mit einer Zunahme zu rechnen. Allein von 1984-1990 hat die Zahl der Touristen, die jährlich die Küstenregionen des Mittelmeeres besuchen, von 55 Mio. auf etwa 100 Mio. zugenommen. 2.1.4 Die Umweltsituation in Österreich Österreich ist nicht von allen genannten globalen Umweltproblemen in gleicher Weise betroffen; da aber diese Probleme ein beträchtliches Konfliktpotential zwischen Interessensgruppen und zwischen Staaten enthalten, können sich auch solche, von denen Österreich nicht GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN 2.5 direkt betroffen erscheint, auf Österreich ausweiten. Luftverunreinigung Seit Mitte der achtziger Jahre hat sich der durch einheimische Emissionsquellen verursachte Beitrag zur Luftverunreinigung verändert, bei einzelnen Schadstoffen stark verringert. Dennoch kommt es in einigen lokalen Bereichen temporär zu kritischen Immissionsepisoden, die im Sommerhalbjahr meist Ozon und seine Vorläufersubstanzen, im Winterhalbjahr SO2 und Staub betreffen. Für diese Situation sind auch Schadstoffverfrachtungen mitverantwortlich, die grenzüberschreitend nach Österreich kommen. Gewässerverunreinigung Die Fließgewässer haben im vergangenen Jahrzehnt eine deutliche Verbesserung bezüglich ihrer Güteklasse erfahren. Die Gewässerbelastung durch industrielle Anlagen konnte in diesem Zeitraum um 84% gesenkt werden; dennoch sind in einzelnen Abschnitten auch Verschlechterungen eingetreten. Sind im industriellen Bereich vor allem organische Chlorverbindungen und Schwermetalle verschmutzend, so sind es bei Kommunalabwässern Stickstoff- und Phosphorverbindungen. Da die Wohnstätten von rund 30% der Bevölkerung noch nicht an Kläranlagen angeschlossen sind, besteht ein beträchtlicher Ausbaubedarf. Durch diesen Ausbau und durch erhöhte Anforderungen an den Reinigungsgrad wird das Klärschlammaufkommen vergrößert. Die ökologisch einwandfreie Entsorgung des Klärschlammes ist schon heute ein schwieriges Problem, das durch zusätzlichen Anfall noch dringlicher wird. Das Grundwasser wird durch alte Deponien besonders gefährdet. Potentielle Gefährdungsbereiche sind im Oberösterreichischen und Wien/Niederösterreichischen Zentralraum, in der Mürz/Mur-Furche, im Inn- und im Rheintal, in einigen Kärntner und Salzburger Gebieten bekannt. Naturschutz Naturschutz ist in Österreich in Gesetzgebung und Vollziehung Angelegenheit der Bundesländer. Es gibt daher 9 Naturschutzgesetze, die zwar in vielen Punkten übereinstimmen, aber doch in vielen auch wesentlich divergieren. Die fehlende Kompetenz des Bundes wirkt sich besonders hemmend beim Abschluß und bei der Vollziehung internationler Abkommen aus sowie bei Bundesländer übergreifenden Nationalprojekten. Eine Rahmenkompetenz des Bundes wie in Deutschland wäre zweifellos günstig, da der Naturschutz zahlreiche Berührungspunkte mit anderen Landes- und vor allem Bundesmaterien hat. Abb. 2.3: Nationalparke in Österreich (Bestand und geplant) 2.6 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN Es wird zunehmend erkannt, daß die Landschaft als Gesamtheit zu schützen ist. Die klassischen Schutzkategorien Naturdenkmalschutz, Artenschutz, Naturgebietsschutz, Landschaftsschutz, geschützter Landschaftsteil, Naturpark und die in Österreich jüngste Schutzkategorie Nationalpark sind nicht ausreichend. Bedrohte Biotoptypen, wie Feuchtgebiete, Gewässerränder, Gletscherregionen werden bereits in manchen Ländern ex lege unter Schutz gestellt, zumindest wenn sie in Biotopinventaren erfaßt sind. Nur zum Teil gibt es bereits Fonds für Natur- und Landschaftsschutz- und -pflegemaßnahmen. Wissenschaftliche Landesanstalten für Naturschutz fehlen in Österreich. Zum Teil werden ihre Aufgaben von den Museen sowie zunehmend vom Umweltbundesamt wahrgenommen. Von den bestehenden Nationalparken (Abbildung 2.3) ist noch keiner international anerkannt. Ist die Rechtssituation im Naturschutz trotz der erwähnten Mängel im großen und ganzen zufriedenstellend, so besteht nach wie vor ein großes Vollzugsdefizit wie wohl in keinem anderen Bereich. Urbanisierung und städtische Umwelt Der weltweite Urbanisierungsprozeß ist auch in Österreich zu erkennen. Er beruht zum Teil auf der Zuwanderung aus dem Ausland, die primär in die Städte erfolgt. Dies führt zur Zuspitzung sozialer Probleme (Kriminalität, Drogensucht,..). Wie in früheren Jahrhunderten geht die Urbanisierung auch heute einher mit starker Belastung des Umlandes - sei es durch den Ressourcenbedarf, durch Abwässer, Abluft oder Müll. Je besser die Lebensqualität in der Stadt (Grünraum, Lärm, etc. ) umso geringer ist der Druck auf das Umland (Zweitwohnungen, Mobilität etc.). Die Lebensqualität in den Städten muß daher gesichert bzw. verbessert werden. Die Städte haben gute Voraussetzungen, dies mit einer Senkung des Energie- und Materialverbrauches zu verbinden. Die fortschrittlichsten Energiekonzepte werden auch in Österreich von Stadtgemeinden praktiziert (z.B. Einsatz von Kraft-Wärmekupplung, Fernwärme, Verbesserung der Bausubstanz, Formen der Finanzierung von verbraucherseitigen Energiesparmaßnahmen). In Städten ist es auch leichter, sinnvolle, umweltschonende Verkehrssysteme anzubieten, als am Land. Aufgrund ihrer in der Regel höheren Entscheidungskompetenz haben Städte auch wesentlich größere Entscheidungsspielräume als das Land. In der aktuellen politischen Situation sind alle Strategien, die in Richtung Nachhaltigkeit laufen (z.B. Verkehr, Müll) von besonderer Bedeutung, da die österreichischen Städte als Vorbild für die östlichen Nachbarländer wirken, die im Zuge ihres Modernisierungsschubes Vorbilder suchen. Abfallwirtschaft Mit einem spezifischen Abfallaufkommen von 320 kg/Einwohner und Jahr liegt Österreich im Mittelfeld der Industriestaaten. Der jährliche Gesamtanfall an Abfall gemäß Abfallwirtschaftsgesetz 1990 beträgt z.Z. 44 Millionen Tonnen. Für die im Abfallwirtschaftsplan 1992 ausgewiesenen 620 000 t/a an gefährlichem Abfall und die darin enthaltenen etwa 150 000 t, die der thermischen Behandlung zuzuführen sind, besteht eine inländische Entsorgungskapazität im Ausmaß von nur 60 000 t/a, die verbleibenden 60% müssen exportiert werden. Für die Deponierung gefährlicher Abfälle besteht keine Anlage in Österreich, auch diese Stoffe müssen exportiert werden. Somit besteht ein hohes Kapazitätsdefizit an Anlagen zur thermischen Behandlung und für die Deponierung gefährlicher Abfälle. Durch stoffliche Verwertung konnte der Zuwachs an Hausmüllanfall kompensiert werden. Abfallvermeidung hat bisher keine signifikanten Resultate gebracht, soll aber durch die Verpackungsverordnung 1993 in diesem Bereich stark gefördert werden. GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN 2.7 Energie Der Energiebedarf wird zu rund 42% von Öl gedeckt. Die Verwendung von Erdgas hat stark zugenommen (derzeit 20%) und wird weiter steigen. Der Abbau heimischer Braunkohle wurde zurückgenommen, der Import von Steinkohle ist gleichbleibend. Die thermische Nutzung von Biomasse hat in den letzten Jahren stark zugenommen und erreicht nun 12%. Die Erzeugung elektrischer Energie kann zu rund zwei Dritteln durch Wasserkraft erfolgen. Mit dem Energieplan 1993 der österreichischen Bundesregierung wurde erstmals ein Energiekonzept für kommende Jahre vorgestellt. Eine zukunftsorientierte Energiepolitik müßte den Kern des für eine nachhaltige Entwicklung notwendigen Strukturwandels der Wirtschaft bilden, der vor allem zu einer Verminderung von Energieumsatz und Ressourcenverschleiß führt. Eine solche Politik der Bedarfssenkung hat wegen der vielen damit verbundenen positiven Nebenwirkungen Vorrang: die Umwelt wird entlastet, die Energiekosten der Verbraucher werden gesenkt, die Auslandsabhängigkeit (Kohle und Öl) wird verringert, die Versorgungssicherheit und Krisensicherheit werden verbessert, Investitionen zur rationelleren Energieverwendung beleben die Wirtschaft und verbessern deren Konkurrenzfähigkeit, dezentrale, verbrauchernahe Energiegewinnung leistet einen Beitrag zur Regionalentwicklung, internationale Spannungen um die Ressourcenverteilung werden reduziert. Rationelle Energieverwendung ist die Voraussetzung für die Annäherung an eine nachhaltige Entwicklung. Über die angeführten Vorteile hinaus, inkludiert diese Politik auch alles, was auch als Vorsorgemaßnahme gegen Klimaänderungen notwendig wäre. Verkehr Im Straßenverkehr konnten trotz steigender KFZ-Zahlen und km-Leistungen Minderungen der Schadstoffemissionen (z.B. durch Katalysator) sowie der Lärmbelästigung (überwiegend durch passive Maßnahmen, z.B. Schallschutzfenster) erreicht werden. Im Transitverkehr und im bilateralen Reiseverkehr auf der Straße sind starke Zunahmen zu erwarten. Die Verlagerung eines größeren Teilstromes des Gütertransportes auf die Schiene wird u.a. durch die z.Z. zu geringe Kapazität der ÖBB behindert. Der Luftverkehr in und über Österreich wird weiterhin zunehmen. Der energiesparende Wasserweg wird trotz neuer Möglichkeiten noch zu wenig genutzt. Verkehrsreduzierende Maßnahmen (Raumplanung, Dezentralisierung) werden bisher noch ungenügend in Erwägung gezogen. Trotz einzelner Erfolge (Ausbau des öffentlichen Verkehrs, Transitvertrag, lärmarme LKW) steckt in einer Verkehrsreduktion etwa durch raumplanerische und organisatorische Maßnahmen noch ein großes Einsparungspotential. Landwirtschaft In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg wurde Österreich auf dem Gebiet der Grundnahrungsmittel zum Selbstversorger. Seither sind die Hektarerträge weiter angestiegen, so daß für diese Produkte auch ein starker Exportdruck entstanden ist. Diese Produktionssteigerung war gekoppelt mit einem drastischen Rückgang der Zahl der landwirtschaftlich Tätigen. Die intensive landwirtschaftliche Produktion verursacht ebenso wie die industrielle Produktion beträchtliche Belastungen der Luft, des Wassers und des Bodens, und ist keineswegs als nachhaltig zu bezeichnen. Obwohl das derzeitige Einkommenssystem für die Landwirte diese mit schädlichen Umwelteinflüssen verbundene Überproduktion fördert, nimmt die Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe in Österreich zu. Mit geringerem Energie- und extremem Düngemittelbedarf werden qualitativ hochwertige Produkte geliefert und daneben auch Landschaftspflege geleistet. Eine langfristige Sicherung der Ernährung der Menschen kann nur in einer Ökologisierung der Landwirtschaft liegen, in der wiederum soweit wie möglich die Stoffkreisläufe geschlossen werden, der Boden geschont, qualitativ hochwertige Produkte in Verbrauchernähe produziert und die Abhängigkeit von externen Produkten reduziert werden. Eine solche Entwicklung geht 2.8 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN auch in Richtung kleinräumiger, naturnahe betriebener Landwirtschaft und steht im Einklang mit einer Energiepolitik der Bedarfssenkung, die sich sehr stark in Richtung einer Dezentralisierung bewegen muß (Solarenergie, Biomassenutzung, Handwerker als Nebenerwerbsbauern,...). Eine ökologisch orientierte Steuerreform, die Energie und Rohstoffe besteuert und Lohnnebenkosten senkt, könnte zur Wiederbelebung der Wirtschaft in dezentralen Regionen führen und damit auch der Urbanisierung entgegenwirken. Gerade auf lokaler Ebene sind auch sehr viele Probleme, wie z.B. die Klärschlammentsorgung, Müllsammlung, Kompostierung, etc. entschärfbar, weil es sich um kleinere Mengen handelt und die Unmittelbarkeit zwischen Ursache und Wirkung häufig externe Kontrollen überflüssig macht. Wald Nach den Erhebungen der österreichischen Forstinventur ergibt sich eine ständige Zunahme der Waldfläche, ein laufend wachsender Holzvorrat und steigende Holzvolumenzuwächse. Diese Mehrung des Holzvorrates ist im Hinblick auf die Bindung von CO2 positiv zu bewerten. Für die Steigerung der Holzzuwächse können unter anderem auch vermehrter Eintrag von Stickstoffverbindungen, aber auch die Zunahme des CO2-Gehaltes der Luft und der Anstieg der Durchschnittstemperatur in den letzten 100 Jahren verantwortlich sein. Von Bedeutung war aber sicherlich auch das Aufhören der Streunutzungen in den Wäldern und der Rückgang der Waldweide. Demgegenüber steht eine ständige Zunahme der Schälschäden und der durch Holzerntemaßnahmen verursachten Rindenschäden. Beim Schutzwald besteht ein Drittel der Fläche aus Blößen, Bestandslücken und zerfallenden Altbeständen, wodurch die Schutzwirkung dieser Wälder verlorenzugehen droht. Obwohl sich aufgrund der Ergebnisse des Waldschadensbeobachtungssystems insgesamt eine Tendenz zur Verbesserung andeutet, bleibt der Anteil der stark verlichteten bzw. jährlich abgestorbenen Bäume konstant. Ein großer Teil der Waldböden ist dank der geomorphologischen Situation (35% karbonatisches Substrat, junge postglaziale Böden) gegen Säureeintrag weitgehend stabil. 23% sind von Natur aus oder durch anthropogene Einwirkung stark sauer und entbast, weitere 20% sind gegen zusätzliche Protonenzufuhr in unterschiedlichem Maße labil. Die Stickstoffausstattung liegt noch weitgehend im Mangelbereich. Die Schwermetallbelastung liegt - abgesehen von lokalen Kontaminationen (z.B. Brixlegg, Arnoldstein) - weit unter toxischen Konzentrationen, doch ist eine weiträumige, diffuse Anreicherung (Pb, Cd) über Ferntransport erkennbar. An essentiellen Schwermetallen (Cu, Cn, Mn) herrscht lokale Unterversorgung. Neben den in den Gebirgsregionen Österreichs zunehmend ihrer Schutzfunktion verlustig gehenden Schutzwäldern muß als größtes Problem der Wald im niederschlagsarmen und sommerwarmen Weinviertel angesehen werden. Lebensqualität Die Lebensqualität in Österreich hat, international gesehen, ein hohes Niveau. Dies hängt bis zu einem gewissen Grad mit dem erzielten Lebensstandard zusammen, doch ist zu beachten, daß der Zusammenhang Lebensqualität - Lebensstandard bzw. Bruttonationalprodukt nur bis zu einer gewissen Grenze gültig ist. Aus Umfragen geht hervor, daß in den Gegenden mit höchsten Einkommen nicht immer auch die höchste Zufriedenheit mit den Lebensumständen herrscht. Zur Lebensqualität gehören neben direkt meßbaren Parametern, wie z.B. Luftqualität oder Lärmbelastung, auch schwer oder nicht meßbare Werte wie das Gefühl der Partizipation an Entwicklungen und Entscheidungen, die Nähe zu Entscheidungsträgern, geringe Kriminalität und die Sicherheit sich ohne Angst frei bewegen zu können, Mobilität, Fragen der Nahversorgung mit Handels- und Dienstleistungsbetrieben, die eine gewisse Kontinuität und Beratungsqualität haben, verläßliche Infrastrukturen usw. GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN 2.9 Ein besonderes Merkmal der Lebensqualität in Österreich ist die Kombination von Umweltqualität und kulturellem Niveau, die auf die Vielfalt der Natur und auf die traditionsreiche Geschichte des Landes zurückzuführen sind. Dies gilt insbesondere auch für die Städte, wobei die kulturreiche Großstadt Wien mit ihrem waldreichen Umland, das mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht zugänglich ist, und der Nähe sehr naturnaher Gebiete (dem künftigen Nationalpark Donauauen) für ein Ballungsgebiet besonders hohe Lebensqualität bietet. Die weitere Entwicklung der Lebensqualität wird von der zukünftigen Politik abhängen: weite Teile Österreichs haben z.B. in den letzten Jahren aufgrund der Verkehrsentwicklung, insbesondere auch der Transitproblematik, starke Einbußen an Lebensqualität hinnehmen müssen. Ziel einer Politik, die auf Erhaltung oder Steigerung der Lebensqualität ausgerichtet ist, muß es sein, bei breitem Zielkonsens möglichst große Freiheits- und Entscheidungsspielräume auf möglichst niedriger Ebene anzusiedeln. Voraussetzung für den Erfolg eines solchen Ansatzes ist allerdings eine erfolgreiche Umwelterziehung und offensive Bildungspolitik. Artenvielfalt Aufgrund seiner unterschiedlichen Lebensräume vom pannonischen Tiefland bis zum Hochgebirge ist Österreich sehr artenreich. Nur 3 Beispiele mögen dies erläutern: Mit 202 regelmäßigen Brutvogelarten und 416 Vogelarten insgesamt steht Österreich nur wenig hinter dem fast dreimal so großen Bereich der alten Bundesländer Deutschlands zurück und übertrifft die Nachbarländer Tschechien, Ungarn und Schweiz. Bei kaum 1% der Fläche Gesamteuropas berherbergt Österreich 48% der Brutvogelarten (UBA 1993). Die Zahl der Gefäßpflanzenarten wird je nach weiterem oder engerem Artbegriff mit rund 2 900 bis 3 200 angegeben. Man kann also gut 3 000 Gefäßpflanzenarten annehmen. Der Atlas der Farm- und Blütenpflanzen der BRD (West) gibt 2 490 Arten an, allerdings zum Teil Aggregate. Die Zahl der Moosarten beträgt laut Roter Liste 957. 2.2 Kriterien eines NUP 2.2.1 Definition NUP Der Nationale Umweltplan Österreichs, der NUP, soll es erlauben, mittel- und langfristig Strategien für eine nachhaltige1 Umweltpolitik zu entwickeln. Diese ist in Zeitabschnitte zu gliedern. Ziele sind vorzugeben. Der erste Zeitabschnitt sollte wohl einen Rahmen von 46 Jahren haben, dem sollte ein weiterer Zeitabschnitt im gleichen oder etwas größeren Rahmen folgen. Umweltprobleme können nicht isoliert gesehen werden; daher muß der NUP den gesamten sozioökonomischen Komplex und die Umwelt gemeinsam erfassen. Darüber hinaus soll der NUP Wege für eine nachhaltige Entwicklung in Österreich aufzeigen. Der NUP muß sich selbstverständlich als nationaler Plan Österreichs in Umweltpläne der Anrainerstaaten und in den Umweltplan der Europäischen Gemeinschaft einfügen, und er muß letzten Endes Teil einer weltweiten Umweltplanung werden. Jedoch kann für Österreich nicht gewartet werden, bis alle Anrainerstaaten Umweltpläne entwickelt haben oder bis es zu einer weltweiten Einigung kommt. Österreich als hoch industrialisiertes und reiches Land hat die Verpflichtung, auf dem Umweltsektor beispielhaft vorauszuschreiten. Auf diesem Weg werden sowohl Schutz- als auch Vorsorgeprinzipien zur Anwendung kommen. 1 Der in der Umweltpolitik gebrauchte Begriff "nachhaltig" (sustainable) geht zurück auf die Definition aus der Forstwirtschaft: es darf dem Wald nur so viel Holz entnommen werden wie nachwächst, so daß der Waldbestand durch die Nutzung weder reduziert noch in seiner Struktur verändert wird. (BÄTZING 1993) 2.10 2.2.1.1 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN Schutzprinzip Alle menschlichen Aktivitäten sind so zu regeln, daß der Schutz aller Menschen und ihrer Umwelt dauerhaft gesichert bleibt. Nach dem Schutzprinzip dürfen also keine Emissionen zugelassen werden, welche die Gesundheit des Menschen gefährden und sein Wohlbefinden beeinträchtigen oder eine gefährdende Belastung der Umwelt verursachen. Bei Verstößen gegen dieses Prinzip wird man zunächst auf das Verursacherprinzip zurückgreifen. Der Verursacher hat für die Vermeidung bzw. Beseitigung der Schäden aufzukommen. Dies ist nicht immer möglich: es mag keinen Verursacher mehr geben (die Schäden sind in der Vergangenheit entstanden); in diesem Fall muß der Betroffene, d.h. die Gesellschaft, für die Kosten aufkommen. Im internationalen Bereich wird das Verursacherprinzip allein nicht genügen. Reiche, hoch industrialisierte Staaten sind in der Beseitigung von gewissen Umweltschäden weit fortgeschritten. Demgegenüber sind Umweltbelastungen in ärmeren Staaten und Gesellschaften oft sehr viel größer. Ein Ressourcentransfer von reich zu arm ist in dieser Situation der wirksamste Weg, um die globalen Umweltbelastungen effizient zu beschränken. In hoch industrialisierten Ländern sind zusätzliche Umweltschutzmaßnahmen, die eine weitere Reduktion von Emissionen bringen, oft sehr teuer und bringen nur mehr relativ geringe Verbesserungen. Mit gleichem finanziellem Aufwand könnten in sich entwickelnden Ländern (etwa auch in ehemaligen Comeconstaaten) Umweltmaßnahmen finanziert werden, die global und regional wesentlich mehr erbringen als die geringfügigen Reduktionen in den hochentwickelten Ländern. Da gewisse Umweltbelastungen, z.B. Luftverunreinigungen, grenzüberschreitend sind, kann und wird in vielen Fällen durch die Investitionen in den Verursacherländern die Situation der Betroffenen auch verbessert werden. Es ist also dem ersten Prinzip "the polluter pays" ein zweites Prinzip zur Seite zu stellen: "the victim pays", und beide sind in Abwägung gegeneinander zu betrachten. Das Prinzip "the victim pays" bedeutet, daß im Interesse der allgemeinen Verbesserung der Umweltsituation reiche, finanzkräftige Gesellschaften die Kosten für die Sanierung der Umwelt übernehmen müssen. 2.2.1.2 Vorsorgeprinzip Das Vorsorgeprinzip ist die Voraussetzung für eine nachhaltige umweltverträgliche Entwicklung in der modernen Gesellschaft. Zukünftige Generationen dürfen prinzipiell in der Befriedigung ihrer Bedürfnisse nicht beschränkt werden. Diese Forderung stellt einen Generationenvertrag dar. Schäden und Ressourcenverluste sind nur dann tolerabel, wenn entsprechende Reparaturmöglichkeiten und Alternativen bestehen oder absehbar sind. Das Vorsorgeprinzip besagt, daß auch potentielle künftige Gefahren für Mensch und Umwelt zu vermeiden sind, wenn die Möglichkeiten dazu gegeben sind; dies auch dann, wenn eine solche Gefährdung aus heutiger Sicht noch nicht erkennbar ist. In der Praxis bedeutet das, daß der anthropogen bedingte Einfluß auf ein nicht vermeidbares Minimum zu beschränken ist. Bei dieser Minimierung sind jedoch die Systeme in ökologisch sinnvoller Größe zu definieren. Dieses Vorsorgeprinzip ist die Richtschnur für einen Nationalen Umweltplan. Das Handeln nach dem Stand der Technik stellt nur ein gesetzlich zu fixierendes Minimum dar. Der Stand der Technik muß dynamisiert und stets weiterentwickelt werden. Forschungen sind anzustellen, um möglichst frühzeitig noch unerkannte Gefahren aufzuspüren, und es sind die besten Technologien einzusetzen, um solche möglichen Gefahren abzuwenden. Es ist jedoch anzumerken, daß das Vorsorgeprinzip nicht immer bis zur letzten Konsequenz anwendbar ist. Wollte man dieses Prinzip zum allein gültigen erheben, müßten praktisch alle Bemühungen in Forschung und Entwicklung, alle Maßnahmen zur Vermeidung primärer und sekundärer Folgen aus natürlichen und artifiziellen Vorgängen und Prozessen diesem Prinzip untergeordnet werden. Eine solche Verpflichtung würde die menschliche Intelligenz und die finanziellen Ressourcen in einem so hohen Maße binden, daß alle anderen Aktivitäten, für den materiellen und kulturellen Bestand der Menschheit gleichermaßen wichtig, so stark reduziert werden müßten, und dadurch die Lebensgrundlage künftiger Generationen zumindest in gleichem Ausmaß gefährdet werden könnte. GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN 2.11 Der notwendige Kompromiß besteht daher darin, das Vorsorgeprinzip jedenfalls in jenen Fällen zur Anwendung zu bringen, in welchen eine Gefährdung künftiger Generationen auf der Basis des derzeitigen Wissensstandes wahrscheinlich ist, oder zwar nicht erwiesen ist, aber auch nicht ausgeschlossen werden kann. 2.2.1.3 Kriterien Das Kriterium für den NUP ist der jeweilige Stand der Wissenschaft. Dazu gehören nicht nur der Stand der Naturwissenschaften, sondern auch die Erkenntnisse der Sozial- und Politikwissenschaften und darüber hinaus natürlich auch der Wirtschaftswissenschaften, um beurteilen zu können, inwieweit die Vorschläge auch finanziert werden können. Der NUP ist daher nicht nur ein fester Plan mit einem Zeitrahmen, sondern darüber hinaus ein Programm zur Etablierung eines neuen Verhaltens aufgrund einer neuen Ethik. 2.2.2 Ziele des NUP 2.2.2.1 Zielbestimmung Das übergeordnete Ziel des NUP ist die Überführung Österreichs in ein System, das sich nachhaltig weiter entwickelt. Um dieses Ziel zu erreichen, ist zu einem gegebenen Zeitpunkt auf einem vorgegebenen Zeithorizont eine Zielvorgabe in Form eines Kataloges zu geben. Im Rahmen des Erarbeitens der wissenschaftlichen Vorgaben dieses Kataloges ist die Vielschichtigkeit der Umsetzungsebenen, auf der die jeweiligen Ziele angestrebt werden müssen, zu berücksichtigen. In der Matrix der Zielvorstellungen und Umsetzungsebenen muß in besonderer Weise auf einige zeitabhängige Faktoren (chemische, biologische und physikalische) Bedacht genommen werden. Zu diesen zählen unter anderem Transportgeschwindigkeiten, chemischer und biologischer Abbau, Halbwertszeiten, Reaktionsgeschwindigkeiten, Löslichkeiten. Im Hinblick darauf sind gegebenenfalls ökologische Prioritäten abzuleiten, die mit den unter 2.5.1 genannten Prioritäten in Einklang zu bringen sind. 2.2.2.2 Kurz- und mittelfristige Ziele Für eine ausgewählte Reihe von Zielen ist ein Zeithorizont von 4-6 Jahren anzusetzen; bis zum Ablauf dieser Frist müssen die Belastungen im vorzugebenden Ausmaß reduziert werden. Solche Vorgaben sind für alle Teilbereiche notwendig, u.a. für Luft, Lärm, Verkehr, Energie. 2.2.2.3 Langfristige Ziele Für einen erweiterten Zielkatalog sind die Vorgaben zur Erreichung der Nachhaltigkeit zu erarbeiten. Die Frist, bis zu welcher Nachhaltigkeit erreicht werden kann, ist nicht genau bestimmbar und muß durch Abschätzungen angegeben werden. Auch das Erreichen der Nachhaltigkeit ist nicht unmittelbar feststellbar; es ist ein Iterierungsverfahren, mit dessen Hilfe z.B. im Sinne von JONAS (1979) eine Annäherung an diese Entwicklungsform gefunden werden muß. 2.2.2.4 Neubestimmung und Änderung von Zielen Insbesondere für die langfristigen Ziele wird es notwendig sein, diese Ziele neuen Entwicklungen und Erkenntnissen in der Wissenschaft, aber auch Entwicklungen im sozialen und gesellschaftlichen Bereich anzupassen. Es wäre notwendig, ein Gremium zu installieren, das diese einschlägige Entwicklung verfolgt und periodisch berichtigt. 2.12 2.2.2.5 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN Regulation von Fehlentscheidungen Da viele der Maßnahmen, die bei der Realisierung des NUP zu setzen sein werden, beträchtliche Eingriffe in die Wirtschaft notwendig machen, auch Änderungen im persönlichen Verhalten aller herbeiführen müssen, ist es notwendig, etwaige Fehlentscheidungen - man kann über das Ziel hinausgeschossen sein, man kann zu wenig verlangt haben, es können neue Forderungen auftreten aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen und gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklungen - durch ein entsprechendes Regulativ zu beheben. Es wäre also notwendig, ein Fachgremium bestehend aus Wissenschaftlern und Politikern zu installieren, dem es obliegt, im Sinne einer Appellationsinstanz für den NUP solche Fehlentscheidungen zu erkennen und zu korrigieren. 2.3 Wirtschaftliche Aspekte des NUP - Vorreiterrolle Österreichs Alle Maßnahmen, die auf dem Umweltsektor gesetzt werden, ja selbst die Diskussion solcher Maßnahmen haben auch wirtschaftliche Auswirkungen. Die Diskussion muß sowohl die Kosten betrachten, die für den einzelnen und die gesamte Wirtschaft entstehen, wenn keine Maßnahmen gesetzt werden (business as usual), als auch die Kosten der einzelnen Maßnahmen, die verschiedene soziale Schichten und Interessensgruppen in unterschiedlichem Maße tragen müssen. Die erstgenannten Kosten des Nichthandelns können u. U. wesentlich höher sein als die von rechtzeitig geplanten Umweltschutzmaßnahmen. Ein gesamtwirtschaftliches Optimum ist anzustreben. In die Kosten sind unter Berücksichtigung der Kostenwahrheit auch die externen und die langfristig anfallenden Folgekosten einzuschließen. Die wirtschaftliche Bewertung nicht quantifizierbarer Güter (z.B. Lebensqualität) kann hiebei ein Problem darstellen. Es ist aber auch festzustellen, daß eine fortschrittliche Umweltpolitik mittel- und langfristig nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch von Nutzen sein kann. Die in der Mitte der achtziger Jahre auf gesetzlicher Basis zur Anwendung gekommene Rauchgasentschwefelung -damals mit Deutschland zusammen als erstes Land in Europa - wurde durch die österreichischen Kraftwerksbetreiber so weiterentwickelt, daß diese Gesellschaften Tochterunternehmen gegründet haben und ihr Know-how nun in anderen Ländern erfolgreich vermarkten. Eine ähnliche Situation besteht bei der in Österreich erfolgten Weiterentwicklung der Rauchgasreinigung in Abfallverbrennungsanlagen aufgrund der sehr strengen österreichischen Emissionsgrenzwerte. Auch diese Entwicklungen werden in europäischen Ländern vermarktet. Als letzte Beispiele seien die seit 1987 bestehende Katalysatorpflicht bei PKWNeuzulassungen, der nun die restlichen europäischen (EG-) Länder nachfolgen, sowie die Entwicklung lärmarmer LKW durch österreichische Firmen und der Export dieser Fahrzeuge angeführt. Der NUP sollte dazu beitragen, daß dort, wo Österreich eine Vorreiterrolle hat, diese auch weiter bestehen bleibt bzw. weiterentwickelt wird. Es wäre wünschenswert, daß die Medien für eine internationale Verbreitung der Information über österreichische Umweltmaßnahmen und -technologien sorgten, denn nur dann, wenn diese Kenntnis weit verbreitet ist, treten auch die entsprechenden positiven Rückwirkungen auf. 2.4 Die sachlichen Verflechtungen des NUP Der NUP erfordert eine ganzheitliche Betrachtung. Er wird also übergreifend von vielen Wissensgebieten beeinflußt werden auf der anderen Seite nahezu alle menschlichen Aktivitäten zu berücksichtigen haben. Die Fragestellung ist so allgemein, daß es keinen für alles zuständigen Experten gibt. In der Behandlung der Probleme ist es daher notwendig, die Teilgebiete, für welche es Experten gibt, gesondert zu behandeln. Das Team der Experten aus allen Bereichen muß dann die Interdisziplinarität und die Berücksichtigung der vielen GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN 2.13 Teilaspekte sichern; in diesem Sinne ist die nachfolgende kurze Auseinandersetzung mit Teilbereichen zu sehen. 2.4.1 NUP und Klima Das Klima in Österreich kann durch Maßnahmen in Österreich nur in geringfügigem Ausmaß beeinflußt werden. Da zunehmende globale Luftverunreinigung und andere Faktoren eine Klimaänderung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit herbeiführen werden, muß ein Nationaler Umweltplan vorbereitende Maßnahmen enthalten, welche die Folgen einer solchen Klimaänderung für Österreich prüfen und die Forschung über Klimaauswirkungen auf Österreich intensivieren. 2.4.2 NUP und Luft Durch die Orographie Österreichs bedingt, kann es im Nahbereich von Emissionsquellen zu beträchtlichen Schadstoffbelastungen in der Luft kommen (Tal-, Kessel-, Beckenlagen). Ein Nationaler Umweltplan hat diese Gegebenheiten zu berücksichtigen. Neben der orographischen hat auch die verkehrsgeographische Situation Österreichs ihre Berücksichtigung zu finden. Die internen Bemühungen Österreichs müssen jedoch, speziell im Bereich Luft, durch bi- oder multilaterale Vereinbarungen zur Emissionsreduktion von Schadstoffen in den Nachbarländern ihre notwendige Ergänzung finden. 2.4.3 NUP und Geruch Geruchsbelastungen stellen eine wesentliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens dar. Seit 1979 konnten dabei in Österreich keine Verbesserungen mehr erreicht werden. Den Emissionsbegrenzungen geruchsaktiver Substanzen muß daher sowohl im Verkehr als auch bei Betrieben mehr Augenmerk geschenkt werden. Geruchskataster und Aktionspläne sollten ebenso erstellt werden wie österreichische Richtlinien zur Geruchsbeurteilung und -bewertung. 2.4.4 NUP und Lärm Von den österreichischen Wohnungen sind 33,5% lärmgestört. Dieser Prozentsatz sollte wesentlich herabgesetzt werden. Lärmminderungen müssen insbesondere durch verbesserte Strukturen in der Raumordnung und Raumplanung sowie im Verkehr erreicht werden. Für Kraftfahrzeuge, Maschinen und Geräte müssen lärmarme Technologien eingesetzt oder entwickelt werden. Geräuschemissionen und -immissionen sind in Lärmkatastern zu dokumentieren, und bei Grenzwertüberschreitungen sind Stufenpläne zur Herabsetzung der Emissionen zu erstellen. 2.4.5 NUP und Boden Die Böden sind eine wesentliche Ressource, auf die Erhaltung ihrer Funktionen (neben der allgemein bekannten biologischen Produktionsfunktion haben Böden eine Puffer-, Filter- und Transformationsfunktion) ist besonderes Augenmerk zu lenken. Böden haben gemäß ihrer Zusammensetzung eine gewisse Pufferkapazität. Dies führt dazu, daß Belastungen nicht unmittelbar negativ in Erscheinung treten, sondern erst mit einer gewissen Verzögerung, dann aber zu schwerwiegenden Konsequenzen führen können; es ist darauf zu achten, daß es zu solchen nicht kommt. Der Zustand der Böden und ihre Belastung, insbesondere auch die Einbringung von Kunstdünger und seine Verweilzeit, das Einbringen von Schwermetallen und persistenten organischen Verbindungen und ihre Verweilzeit sind laufend zu verfolgen, und es sind Maßnahmen zu setzen, um die Nachhaltigkeit der Bodenbewirtschaftung zu erreichen. Hiefür sind erhebliche Einsätze in der Überwachung und der weiteren Erforschung der 2.14 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN Zusammenhänge notwendig. Für die Bodensituation in Österreich liegt eine eigene Untersuchung vor. (Auftrag des BMfUJuF: "Statusbericht Boden - Istzustand und Entwicklungstendenzen in Österreich", Univ. Prof. Dr. W. E. Blum) 2.4.6 NUP und Wasser Wasser, d.h. Oberflächengewässer und Grundwasser, stellt eine wesentliche Ressource dar. Die nachhaltige Bewirtschaftung ist eine unabdingbare Voraussetzung für alle anderen nachhaltigen Entwicklungen in Österreich. Es ist hier ein großer Forschungsbedarf und ein großer Informationsbedarf gegeben. Die Frage, wie lange Substanzen zurückgehalten werden, und wie rasch sie in das Wasser eintreten, ist von vorrangiger Bedeutung. Auch in diesem Bereich könnten Klimaänderungen negative Auswirkungen für Österreich bedeuten (z.B. trockener Sommerbedarf an Bewässerung). Für die Wassersituation in Österreich liegt ein gesonderter Bericht vor (Auftrag des BMfUJuF: "Erstellung eines Leitbildes für Grund- und Oberflächengewässer unter Zugrundelegung festzulegender Nutzungsarten und Zielkriterien", Inst. f. Wasservorsorge, Gewässergüte u. Fischereiwirtschaft, Universität für Bodenkultur, Wien) 2.4.7 NUP und Abfall Abfälle bilden bezüglich Quantität und Qualität ein großes Gefährdungspotential für Mensch und Umwelt. Abfallwirtschaftliche Ziele sind daher wichtiger Bestandteil in jedem nationalen Umweltplan. Abfälle stellen auch Sekundärrohstoffe dar, die einer Nutzung zugeführt werden können. Darüber hinaus gibt es heute (auch in allen anderen Industrieländern) ungelöste Abfallprobleme in Form von Altlasten (Deponien), die entsprechend ihrem Gefährdungspotential aufgearbeitet werden müssen. Der Export von nicht als Sekundärrohstoffe zu behandelnden Abfällen in andere Länder ist keine Lösung des Problems und ist aus ethischen Gründen sobald wie möglich zu beenden. Umweltgerechte bestehende Techniken sind unter Berücksichtigung der regionalen Situation anzuwenden, fehlende Methoden sind zu entwickeln, um alle Abfälle sicher entsorgen zu können und in eine Form zu bringen, so daß sie entweder gefahrlos wiederverwertet oder auch langfristig gefahrlos deponiert werden können. Der Vermeidung von Abfällen ist ein besonderes Augenmerk zuzuwenden. Für die Abfallsituation in Österreich liegt ein eigener Bericht vor (Auftrag des BMfUJuF: "Ziel der Abfallwirtschaft aus ökologischer und rohstofforientierter Sicht", Univ. Prof. Dr. P. H. Brunner, DI G. Bauer) 2.4.8 NUP und Wald Für die Waldsituation in Österreich liegt eine eigene Studie vor (Dr.Sonderegger), doch seien hier kurz einige wesentlich erscheinende Problemkreise angesprochen: Der Holzzuwachs hat im letzten Dezennium außerordentlich hohe Werte erreicht. Der Hauptanteil der Zuwachssteigerung konzentrierte sich auf die hiebsunreifen 21 bis 60 Jahre alten und in den meisten Fällen dringend im Interesse der Holzvorrats- und Waldpflege zu durchforstenden Bestände. Die Durchforstungsrückstände übertreffen die in Österreich jährlich genutzte Holzmenge um ein Vielfaches. Der entscheidende Zuwachsträger im österreichischen Wald ist die Fichte, die den durchschnittlich besten Kronenzustand aufweist. Den schlechtesten Kronenzustand weist die Eiche, gefolgt von Tanne und Weißkiefer auf. Unter den biotischen und abiotischen Schadfaktoren, GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN 2.15 die artspezifisch unterschiedlich bedeutend, sind spielen eine wichtige Rolle: - Wurzelfäule (Fichte) Schadinsekten (Weißkiefer, Eiche, Buche) Hagelschlag (Fichte, Weißkiefer) Steinschlag (Fichte) Sturmschäden (Fichte) Schälschäden (Fichte) Trockenperioden, Frost und Grundwasserabsenkungen (Eiche, Buche). Bei der Tanne kommen vor allem kombinatorische Wirkungen zum Tragen. 2.4.9 NUP und einige spezifische Problemfelder Den folgenden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit aufgezählten Problemen wurde bisher keine spezielle Studie im Rahmen des NUP gewidmet. 2.4.9.1 NUP und radioaktive Belastungen Ein Nationaler Umweltplan sollte auch die Entsorgung radioaktiver Abfälle miteinschließen. Unter den Luftschadstoffen nimmt die Radioaktivität traditionell eine Sonderstellung ein. Sie kann natürlichen oder anthropogenen Ursprungs sein. Die natürliche radioaktive Belastung geht in Österreich in erster Linie auf das Edelgas Radon zurück, das an undichten Stellen aus dem Boden in die Häuser strömt und z.T. auch von Baustoffen an die Raumluft abgegeben wird. Die an den Feinstaub angelagerten Zerfallsprodukte des Radons (Schwermetalle) werden eingeatmet und bestrahlen die Lunge von innen. Aus der mittleren Dosis (bei 20-40 Bq/m3 (EEC) Raumluftkonzentration 20-40 mSv/Jahr Äquivalentdosis im Bronchialepithel) errechnet sich ein mittleres Lungenkrebsrisiko für die Allgemeinbevölkerung, das alle anderen Krebsrisiken durch Umweltnoxen - einschließlich Passivrauchen - übertrifft. Nach heutigem Wissensstand werden ca. 5% aller Lugenkrebsfälle in Österreich (ca. 150 Sterbefälle pro Jahr) der Inhalation von Radonzerfallsprodukten zugeschrieben, die in besonders belasteten Regionen bzw. Wohnungen der Hauptrisikofaktor dieser Erkrankung ist. Die höchsten Belastungen werden im Zusammenhang mit geogenen Quellen festgestellt, wobei in einem Tiroler Ort mit hoher Gaspermeabilität des Bodens bei geringem Feinkornanteil in Bergsturzmaterial mittlere EEC-Werte von 1 500 Bq/m3 und Maximalwerte von 30 000 Bq/m3 gemessen wurden. Da diese Quelle erst durch eine regionale Lungenkrebshäufung entdeckt wurde, sind erst jetzt Sanierungsmaßnahmen (Kellerabdichtung, Belüftung etc.) durchgeführt und Meßreihen auch in anderen Gebieten eingeleitet worden, wobei z.B. im Mühlviertel bisher in 18% der Wohnungen Werte über dem Eingreifrichtwert der Österreichischen Strahlenschutzkommission von 400 Bq/m3 festgestellt wurden. Auch die Erhaltung des Planungsrichtwertes von 200 Bq/m3 für Neubauten (und der ÖNORM S 5200 "Radioaktivität in Baustoffen") werden in Zukunft besser überwacht werden müssen, wobei die Belüftung auch für die Reduktion anderer Luftschadstoffe von Bedeutung ist, die in Innenräumen emittiert werden, in denen wir den Großteil des Lebens verbringen. Anthropogen verursachte radioaktive Belastung, die über den innerbetrieblichen Bereich hinausgeht, wird in der Regel vor allem mit dem Betrieb von Kraftwerken in Zusammenhang gebracht. Dabei stellt die in den Abgasen von Kohle- und Kernkraftwerken enthaltene Radioaktivität nach heutigem Wissensstand kein besonderes Umweltproblem dar. Probleme treten vor allem im Zusammenhang mit Störungen oder Unfällen in Kernkraftwerken und beim Transport radioaktiver Substanzen auf. Wegen der möglichen großräumigen Verstrahlung infolge solcher Unfälle ist auch das kernenergiefreie Österreich von dieser Problematik betroffen. Berechnungen haben ergeben (BKA 1991), daß in Österreich im Falle eines schweren Unfalles mit Kernschmelze in einem der grenznahen Kernkraftwerke die höchste Stufe der in den Rahmenempfehlungen des Bundesministeriums für Gesundheit, Sport und 2.16 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN Konsumentenschutz definierten Gefährdungsstufen auftreten kann, eine Gefährdungsstufe, für die der Einsatz aller möglichen Maßnahmen zur Minimierung der Belastung der Bevölkerung vorgesehen ist. Da eine Stillegung aller grenznahen Kernkraftwerke nicht absehbar ist, muß in Österreich ein möglichst wirkungsvolles Krisenmanagement einschließlich der erforderlichen Meßnetze und Simulationsmöglichkeiten aufrechterhalten werden. Darüber hinaus muß eine Verminderung des Risikos für Österreich angestrebt werden - sei es durch Aufzeigen von Schwächen der nuklearen Anlagen oder durch Förderung alternativer Lösungen zur Energiegewinnung. 2.4.9.2 NUP und Flugverkehr Der Flugverkehr hat für Österreich zwei Aspekte. Der erste ist die Belastung der Umwelt durch Flughäfen. Hier sind die Flugbewegungen und der Zubringerverkehr zu beachten, die eine entsprechende Quelle lokaler Luftverunreinigungen und Lärmbelastungen darstellen. Der zweite Aspekt ist das Überfliegen Österreichs. Österreich im Herzen Mitteleuropas und als Knotenpunkt vieler Luftrouten wird in steigendem Ausmaß überflogen. Es ist mit einer entsprechenden starken Zunahme auch im nächsten Jahrzehnt zu rechnen. Die Effekte und Auswirkungen dieses Überfliegens Österreichs sind zu beobachten und abzuschätzen. 2.4.9.3 NUP und Lichtbelastung Die Entwicklung der Beleuchtung öffentlicher Flächen (Straßenbeleuchtung) hat zu einer Verringerung der Unfallhäufigkeit geführt und ist grundsätzlich positiv zu sehen. Dies kann aber in vielen Orten, insbesondere in städtischen Ballungsräumen, zu negativen Effekten führen. In vielen Bereichen haben "Beleuchtungseffekte" ein solches Ausmaß erreicht, daß vor allem im häuslichen Bereich optische Belastungen auftreten und daher eine weitere Verstärkung nicht wünschenswert erscheint. Es wäre daher im NUP auch ein Abschnitt vorzusehen, der Grenzen der Belastung durch Beleuchtung setzt. Solche Belastungen treten auch in der Umgebung von Straßen im Nachtverkehr (z.B. Autoscheinwerfer) sowie von Sportanlagen, Werbeflächen, Baustellen etc. auf. Richtlinien über höchstzulässige Lichtbelastung müßten u.a. die Frage der Netzhautbelastung und der thermischen Belastung sowie die Probleme der Blendung berücksichtigen. Licht hat auch über hormonelle Beeinflussung (Melatoninunterdrückung) entscheidenden Einfluß auf die biorhythmische Regulation. 2.4.9.4 NUP und elektrische und magnetische Felder In den letzten Jahren hat sich international eine gewisse Besorgnis über die Belastung durch elektrische und magnetische Felder bemerkbar gemacht. Dies ist verständlich, wohnen doch zunehmend mehr Leute in der unmittelbaren Umgebung entsprechender elektrischer Systeme. Die Entwicklung auf diesem Sektor ist zu verfolgen, und eine entsprechende Expertise sollte in Österreich bestehen, um gegebenenfalls Grenzen der elektromagnetischen Belastung festlegen zu können. 2.5 Beurteilungsfragen des NUP Aus den sachlichen Verflechtungen des NUP geht zwingend hervor, daß es keine Einzelperson geben kann, welche alle Aspekte des NUP als Experte mit gleicher Autorität behandeln könnte. Dies führt zu einer Reihe spezieller Probleme, die im folgenden diskutiert seien. 2.5.1 Prioritäten In der Endphase des NUP sollte aus der Gesamtsicht aller Beteiligten eine entsprechende Prioritätensetzung erfolgen, vor allem für solche Bereiche, die für eine nachhaltige GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN 2.17 Entwicklung besondere Bedeutung haben. Dabei sollten u.a. die im Fünften Aktionsprogramm der EG genannten Schwerpunktbereiche (Industrie, Energie, Verkehr, Landwirtschaft, Tourismus), horizontalen Maßnahmen (Information, Aus- und Weiterbildung etc.) und Tätigkeitsfelder (Abfälle, Stadtumwelt, etc.) berücksichtigt werden (EG 1993). 2.5.2 Experten Es ist für die politischen Entscheidungsträger, aber auch für die Öffentlichkeit in gleichem Maße unerfreulich, daß es oft zu einer bestimmten Fragestellung widersprüchliche Aussagen angesehener Experten gibt. Dies hat seinen Grund darin, daß im Umweltbereich alle Probleme komplex und sehr stark vernetzt sind. Solche Widersprüche kommen in extenso in der Klimaproblematik (Kapitel 3) vor. Dazu kommen Unsicherheiten im Datenmaterial und in den Modellen. (Wegen der Komplexität sind nur stark vereinfachte Modelle möglich). Daher können die gleichen Daten von Experten mit verschiedenem Hintergrund unterschiedlich interpretiert werden. Grundsätzlich sind die Ergebnisse von Modellen keine Vorhersagen, sondern Szenarien und nur unter genauer Angabe der Parameter, welche in die Modelle eingegangen sind, vergleichbar. Es ist daher notwendig, bei widersprüchlichen Aussagen von Experten die verwendeten Parameter zu vergleichen und die Auswahlkriterien für die Information im Detail zu besprechen. Die Austragung von solchen Expertenkonflikten über Modelle und Wahl von Parametern ist zu "ritualisieren", d.h. es ist ein Schema festzulegen, wie sie auszutragen sind. Damit sollte die Akzeptanz für Expertenurteile als eine der Grundlagen gesellschaftspolitischer Entscheidungen wieder zunehmen, denn ein Mangel an Fachkenntnissen kann demokratiepolitisch nicht ersetzt werden, ebensowenig wie Experten selbst politische Entscheidungen treffen können. 2.5.3 Die Austragung von Konflikten 2.5.3.1 Konflikte der Zielvorstellungen (Berwertung) Die Zielvorstellung, wie die Welt, das Land, die Stadt sein soll, ist verbunden mit individuellen Werten, die sehr unterschiedlich sein können. Um zu einer einheitlichen und zumindest von einer großen Mehrheit akzeptierbaren Formulierung der Zielvorstellungen zu kommen, müssen die ethischen Bewertungssysteme im einzelnen diskutiert und gewogen werden. Es ist ein neuer Grundwert einzuführen, der sich am "Überleben der Menschheit" im allgemeinen und an einem "Maximum an Chancen für die nachfolgenden Generationen" im besonderen orientiert. 2.5.3.2 Konflikte der Prioritätensetzung Aufgrund einer gegebenen Situation und aufgrund von Zielvorstellungen werden die vorhandenen Ressourcen für die Bewältigung der Probleme nach Prioritäten geordnet eingesetzt. In der Prioritätensetzung wird es naturgemäß größere Konflikte geben. Es sind Mechanismen und Gremien zu konstruieren, welche eine Austragung der entsprechenden Konflikte ermöglichen. 2.5.3.3 Konflikte durch Interessen von Einzelpersonen und Gruppen Eine Konfliktbeilegung auf diesem Niveau ist nur über intensive Information und Bildung denkbar. Es sollten Gremien zur Austragung solcher Konflikte geschaffen werden. Um eine Akzeptanz zu erreichen, ist es aber notwendig, solche Konflikte nicht durch zentralistische autoritäre Urteile zu lösen. 2.18 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN 2.6 Maßnahmen aufgrund des NUP 2.6.1 Raumordnung Die Raumplanung muß regional und lokal die Raumnutzung und die Strukturplanung so vornehmen, daß ökologische Gesundheit und die sozioökonomische Entwicklung eines Gebietes, einer Region oder einer größeren Gemeinde gesichert sind. Hiezu ist eine integrale Vorgangsweise notwendig. Die Zersplitterung der Kompetenzen in Österreich machte bisher eine umweltgerechte Raumplanung nicht in geeignetem Umfang möglich. Hier ist eine Änderung auf dem Rechtssektor anzustreben. Dies muß ein zentrales Anliegen des NUP werden, Forschung muß gefördert werden. 2.6.2 Direkte Eingriffe (Gesetze und Verordnungen) Über Verordnungen und Gesetze sind entsprechende Maßnahmen durchzusetzen. 2.6.3 Indirekte Eingriffe (Steuern und Anreize) Der NUP muß finanzielle Lenkungssmaßnahmen vorsehen. Dies kann durch positive Anreize einerseits und/oder Steuern oder Abgaben andererseits geschehen. 2.6.4 Freiwillige Maßnahmen Freiwillige Maßnahmen hängen wesentlich von Bildung, laufender Information und Motivation ab. 2.7 Information und Bildung 2.7.1 NUP und Schule Umweltfragen müssen relativ frühzeitig allen Menschen als besonderes Anliegen nahegebracht werden. Hiezu ist auf allen Schulstufen ein entsprechendes Unterrichtsprinzip einzuführen. Dies sollte in Absprache mit den entsprechenden Fachministerien geschehen. Hiebei ist aber darauf zu achten, daß nicht nur die biologischen, naturwissenschaftlichen, sondern auch die sozioökonomischen und ethischen Aspekte der Umweltfragen behandelt werden. Es muß ein Verständnis für die Vernetzung der Probleme, vor allem aber auch ein emotional verankertes Interesse und Engagement für den Mitmenschen und die Natur geweckt werden, und zwar möglichst frühzeitig. Durch Entwicklung von Verantwortungsgefühl für den Nachbarn, die Dritte Welt und für die Folgegenerationen könnte das heute weit verbreitete "Florianiprinzip" von einem "Solidaritätsprinzip" abgelöst werden und die Akzeptanz für die nötigen Gemeinschaftseinrichtungen des Umweltschutzes (Massenverkehrsmittel, Müllentsorgung, etc.) gesteigert werden. 2.7.2 NUP und Erwachsenenbildung Da entsprechende Verhaltensänderungen aller Menschen relativ bald notwendig werden, sind alle Menschen zu informieren. Dies wird nur über ein allgemeines Bildungsprogramm gelingen, das auf gruppenspezifische Vorkenntnisse und Interessen Rücksicht nimmt. Es ist ein solches Bildungsprogramm zu entwerfen, welches auch eine konstruktive Bürgerbeteiligung ermöglicht. GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN 2.7.3 2.19 NUP und Forschung Es besteht ein großer Forschungsbedarf. Es sollte ein eigenes Umweltforschungsprogramm in Österreich installiert werden, welches vor allem Augenmerk auf die Vernetzung verschiedener Forschungszweige und internationale Kooperationen zu legen hätte. 2.7.4 NUP und Medien In der heutigen Zeit der Informationsüberflutung verwenden die Medien lokale, regionale und auch globale Umweltprobleme häufig als "Aufhänger". Dies gelingt nur, wenn sie die Probleme entsprechend dramatisiert darstellen, also ein Horrorszenarium entwerfen und das worst-case-Szenarium als Prognose bzw. wahrscheinlichste Entwicklung darstellen. Diese Art der Berichterstattung führt aber zu einer verzerrten Einschätzung der Umweltprobleme. Man erfährt, daß prognostizierte Katastrophen nicht eingetreten sind, und geht zur Tagesordnung über, d.h. aber, daß dringend anstehende Probleme nicht die nötige Beachtung finden. Solches führt zwar im allgemeinen nicht zu Katastrophen, wohl aber kann es unter Umständen zu beträchtlichen Schäden und Beeinträchtigungen kommen. Daher sollte eine eigene Instanz geschaffen werden, die nicht als Zensur verstanden werden darf, sondern Umweltprobleme für die Medien laufend aufbereitet. Diese Instanz könnte nicht nur der Abstumpfung und Gleichgültigkeit entgegenwirken, die durch Desinformation und widersprüchliche Meldungen entstehen kann, sondern müßte vor allem auch den Teufelskreis zwischen Sensationsjournalismus und beschwichtigender Defensivpolitik durchbrechen. Außerdem werden polarisierende Darstellungen auch deshalb durch echte Aufklärung ersetzt werden müssen, weil sonst notwendige Besorgnis zu irrationaler Angst wird, die von Demagogen und Fanatikern geschürt auch im Wirtschaftskampf mißbraucht werden kann. Technikfeindlichkeit, Wissenschaftsfeindlichkeit und Okkultismus nehmen in der Bevölkerung zu, und "Glaubenskriege" zwischen verschiedenen Umweltschutzgruppen beeinträchtigen rationale, konstruktive, vorausschauende gemeinsame Lösungen. 2.8 Literatur BÄTZING W (1993): Nachhaltigkeit aufgrund sozialer Verantwortung; Neue Zürcher Zeitung, 7./8. März 1993. Fernausgabe Nr. 54. BKA (1991): Bewertung der Sicherheit des Kernkraftwerkes Jaslovske Bohunice V-1, Band 1, Zusammenfassende Darstellung; Österreichische Expertenkommission Bohunice im Auftrag des Bundeskanzleramtes, Springer Verlag Wien, im Druck. CLUB OF ROME (1990): Die Herausforderung des Wachstums; Schweiz-Bern-MünchenWien. EG (1993): Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Nr. C 138, 36. Jahrgang. ENCYCLOPEDIA BRITANNICA (1993): 1993 Britannica Book of the Year, Encyclopedia Britannica; Chicago, USA. FROMM E (1976): Haben oder Sein; Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart. HARRIS JM (1990): World Agriculture and the Envrionment; Garland Publishing, Inc., New York. JONAS H (1979): Das Prinzip Verantwortung; Insel Verlag, Frankfurt a. Main. KANT I (1785): Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. MEADOWS D (1972): Die Grenzen des Wachstums, Bericht des Club of Rome zur Lage der 2.20 GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN Menschheit; Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart. MESAROVIC M und PESTEL E (1974): Menschheit am Wendepunkt, Zweiter Bericht an den Club of Rome zur Weltlage; Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart. ODUM EP (1993): Ecology and our endangered Life-Support Systems; Sinauer Associates, Inc. Publishers, Sunderland, Massachusetts. PECCEI A (1981): Die Zukunft in unserer Hand; Molden, Wien-München-Zürich-New York. UBA (1993): Atlas der Brutvögel Österreichs; Hrsg. Umweltbundesamt, Wien. UMWELTATLAS (1993): Internationaler Umweltatlas: Jahrbuch der Welt-Ressourcen; Band 3, ecomed verlagsgesellschaft, Landsberg, BRD. KLIMA 3.1 3 KLIMA M. Hantel und A. Haslinger In diesem Kapitel sollen die Grundtatsachen über das Klima und seine Mechanismen sowie die regionalen und lokalen Besonderheiten des Klimas Österreichs besprochen werden. 3.1 Das Klima allgemein Eine der frühesten Klimadefinitionen stammt von Alexander HUMBOLDT (1845): Der Ausdruck Klima bezeichnet in seinem allgemeinsten Sinne alle Veränderungen in der Atmosphäre, die unsre Organe merklich afficiren: die Temperatur, die Feuchtigkeit, die Verändrungen des barometrischen Druckes, den ruhigen Luftzustand oder die Wirkungen ungleichnamiger Winde, die Größe der electrischen Spannung, die Reinheit der Atmosphäre oder ihre Vermengung mit mehr oder minder schädlichen gasförmigen Exhalationen, endlich den Grad habitueller Durchsichtigkeit und Heiterkeit des Himmels; welcher nicht bloß wichtig ist für die vermehrte Wärmestrahlung des Bodens, die organische Entwicklung der Gewächse und die Reifung der Früchte, sondern auch für die Gefühle und ganze Seelenstimmung des Menschen. In ähnlicher Weise äußert sich auch KÖPPEN (1923) in der Einleitung zu seinem klassischen Werk Die Klimate der Erde. Diese Definitionen enthalten entscheidende richtige Ansätze; wenn man den anthropogenen Bezug betrachtet, sind sie sogar erstaunlich modern. Aber methodisch genügen sie nicht. Das Klima kann nicht durch Aufzählung einzelner Charakteristiken (Temperatur, Feuchtigkeit etc.) verstanden werden, sondern ist ein ganzheitliches Phänomen. 3.1.1 Das Klimasystem Das Klima ist die Gesamtheit der Eigenschaften des Klimasystems. Das Klimasystem besteht aus denjenigen Komponenten der Erde, die am Klimageschehen teilnehmen. Das Klimasystem (Abbildung 3.1) setzt sich nach der international gültigen Nomenklatur aus den folgenden 5 Komponenten (Subsystemen) zusammen: # # # # # Atmosphäre, Hydrosphäre (Weltmeer; Seen; Wassergehalt in Atmosphäre und Erdboden), Kryosphäre (kontinentale Eisschilde, Gletscher; Meereis; jahreszeitliche Schneebedeckung), Lithosphäre (oberste Erdschicht, feste Erde) und Biosphäre (Pflanzen, Tiere, Menschen). 3.2 KLIMA Abb. 3.1: Schematische Darstellung der Komponenten des Klimasystems. Schwarze Pfeile: Externe Prozesse, die bei Klimaänderungen eine Rolle spielen können. Weiße Pfeile: Interne Prozesse (nach: WMO/ICSU 1975) Jedes dieser Subsysteme hat eigene Charakteristiken und tritt mit den anderen in Wechselwirkung. Die Zeitskalen dieser Wechselwirkungen reichen von den kürzesten (Tag-NachtRhythmus) über die Jahreszeiten bis hin zu Klimaschwankungen (kurzzeitig: 100 a; langfristig: mehr als 106 a). Wichtigste Komponenten auf kurz- und mittelfristigen Zeitskalen sind Atmosphäre und Ozean. Gemeinsam werden sie als Klimafluide bezeichnet. Sie sind durch hohe Mobilität charakterisiert (z.B. Wind, Wellen, Meeresströmungen). Die Kryosphäre, insbesondere das Meereis, repräsentiert den Übergang zur eher unbeweglichen Lithosphäre. Die Mobilität der Biosphäre äußert sich beispielsweise in der Verschiebung der Baumgrenze. 3.1.2 Beschreibung des Klimasystems Das Klimasystem befindet sich zu einem gegebenen Zeitpunkt in einem ganz bestimmten Zustand. Man kennzeichnet ihn durch die Angabe von Zustandsgrößen. Eine der wichtigsten ist die Temperatur. Ihr Vertikalverlauf in der Atmosphäre ist schematisch in Abbildung 3.2 dargestellt. Im unteren Teil der Atmosphäre (der ca. 10 km mächtigen Troposphäre) fällt die Temperatur nach oben hin vom Bodenwert (ca. +15°C) auf unter -50°C ab; oberhalb der Tropopause steigt sie wieder. In der Troposphäre spielen sich die Wettererscheinungen ab. In Abbildung 3.2 ist eine weitere Zustandsgrößen eingetragen, der Druck; er nimmt wie auch die Dichte von der Erdoberfläche nach oben hin exponentiell ab. KLIMA 3.3 Die Zustandsgrößen im Ozean zeigen eine ganz andere Verteilung. Der Druck im Ozean nimmt nach unten hin linear zu. Die Dichte ist praktisch konstant; die Dichteunterschiede im Wasser, die für die Zirkulation durchaus wesentlich sind, liegen im Bereich von Prozent. Wichtigste Abb. 3.2: Wassertemperatur der obersten Meeresschicht im östlichen Nordpazifik. Vertikalstruktur der Temperatur im Jahresgang, gekennzeichnet durch strikte Isothermie der obersten Schicht; darunter Abfall zu Werten der Tiefsee (nach: TRENBERTH 1992) 3.4 KLIMA Zustandsgröße ist die Temperatur (Abbildung 3.3). Es gibt eine dünne Warmwassersphäre (20 bis 100 m, teilweise bis 200 m, auch Mischungsschicht genannt), eine variable Übergangszone (100-500 m) und eine mächtige Kaltwassersphäre (mehrere km bis zum Meeresboden). In der Mischungsschicht ist die Temperatur vertikal konstant. In der Übergangszone sinkt die Temperatur nach unten hin zunächst sehr stark, zu größeren Tiefen hin allmählich schwächer, in der Kaltwassersphäre so gut wie nicht mehr. In der Tiefsee und am Meeresboden (mehrere km Wassertiefe) herrschen relativ gleichmäßige Temperaturen von etwa 4°C. Abb. 3.3: Querschnitt durch die Atmosphäre. In der Troposphäre spielen sich die meisten wetterbildenden Prozesse ab. In 10 - 60 km Höhe wird Ozon durch photochemische Prozesse gebildet (Maximum in ca. 25 km) (nach: HÄCKEL 1985) KLIMA 3.5 In beiden Klimafluiden wird also die Temperatur geringer, wenn man sich von der Erd/ Meeresoberfläche vertikal nach oben oder nach unten entfernt. In der Atmosphäre liegt dies vor allem daran, daß Luft sich beim Aufsteigen ausdehnt und dadurch abkühlt; daher muß die Atmosphäre nach oben hin kälter werden. Im Ozean dagegen wird das Maximum der Wassertemperatur an der Meeresoberfläche durch die ständige Sonneneinstrahlung bewirkt. Dies gilt für die tropisch-subtropischen Ozeane ganzjährig und für die außertropischen und höheren Breiten im Sommer. Im Winter der Außertropen überwiegt die strahlungsbedingte Abkühlung an der Meeresoberfläche. Die Temperatur der Mischungsschicht ist weiterhin vertikal konstant, wird aber von Monat zu Monat geringer (Abbildung 3.3). Am Rand des polaren Eises (insbesondere vor Antarktika und vor Grönland) entsteht dadurch eine kalte abwärts gerichtete Strömung, in der Oberflächenwasser zum Meeresboden fließt und dort die Kaltwassersphäre speist. Das Kaltwasser wird bis in die tropischen Breiten geführt und steigt dort langsam wieder auf, um schließlich an der Meeresoberfläche in die Warmwassersphäre einbezogen zu werden, womit sich der Kreislauf schließt. Dieser Mechanismus der globalen Tiefenzirkulation erklärt die niedrigen Temperaturen der Tiefsee. In dieser vereinfachten Beschreibung ist die Rolle des Salzgehaltes (ebenfalls eine Zustandsgröße) nicht berücksichtigt, welche das Bild modifiziert, jedoch nicht grundsätzlich ändert. Das Meereis gehört zur Kryosphäre, jedoch in gewissem Sinne auch zu den Klimafluiden. Als Treibeis mit jahreszeitlich stark fluktuierendem Anteil hat es eine hohe Klimarelevanz auf den kürzeren Zeitskalen. Schwimmendes Treibeis ist im Mittel etwa 2-3 m dick; Schelfeis am Rand der Antarktis dagegen, das mit dem Inlandeis verbunden ist, ist im allgemeinen viel mächtiger (100 bis 1000 m). Die Bedeckung von Arktis und Antarktis mit Treibeis, vor allen in den Randmeeren, wird heute routinemäßig von Satelliten aus überwacht. 3.1.3 Das Haushaltsprinzip für die Ordnung der Klimagrößen Temperatur, Druck, Dichte, Salzgehalt, Eisbedeckung sind nicht die einzigen Klimagrößen. Strahlung und Niederschlag müssen ebenso erfaßt werden. In den täglichen Klimabeobachtungen, wie sie von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (Wien) regelmäßig veröffentlicht werden, gibt es Daten für 41 Klimaelemente. Maritime Stationen haben zusätzlich Angaben zum Zustand der See und des Wasserstands. Um diese Fülle zu ordnen, verwendet man heute allgemein das Haushaltsprinzip als objektives Kriterium. Klimatisch relevant sind in erster Linie solche Größen, die in einem Haushaltsgesetz eine Rolle spielen. Man bezeichnet sie als Haushaltsgrößen. Das Haushaltsprinzip besagt: Die zeitliche Änderung der Zustandsgröße ist gleich der Summe von Zufluß, Abfluß, Quelle und Senke; diese vier Größen werden zusammenfassend als Flußgrößen, die letzten beiden auch vielfach als Quellgrößen bezeichnet. 3.6 KLIMA Tabelle 3.1: Auswahl der wichtigsten Haushaltsgrößen im Klimasystem Größe Einheit a) Zustandsgrößen Energie Temperatur Latente Energie Potentielle Energie Kinetische Energie Substanz Spezifische Feuchte Spurenstoffe (Konzentr.) Gesamtmasse Salzgehalt im Ozean Bodenfeuchte Gletschereismasse °C J/kg J/kg J/kg g/kg g/kg kg g/kg kg/m2 kg/m2 b) Flußgrößen Energieflüsse (1W = 1J/s) Nettostrahlung Fluß latenter Wärme Fluß fühlbarer Wärme Wasserflüsse (Hydrologie) Niederschlag Verdunstung Abfluß W/m2 W/m2 W/m2 kg m-2 s-1 kg m-2 s-1 kg m-2 s-1 Einige der wichtigsten Haushaltsgrößen sind in Tabelle 3.1 zusammengestellt. Ganz vorne steht die Energie. Sie kommt in verschiedenen Formen vor. Als Wärme ist sie durch die Temperatur charakterisiert. Energie ist auch als latente Wärme im Wasserdampf der Atmosphäre gespeichert und wird bei Kondensation frei. Darin liegt die große energetische Bedeutung der Wolkenbildung. Der wichtigste Energie fluß ist die Strahlung. Sie wird in 3.2.2 näher besprochen. Der Fluß latenter Wärme ist wegen der Kopplung zwischen Wasserdampf und Energie durch den Verdunstungsfluß gegeben. Dabei handelt es sich um den Aufwärtstransport warmer Fluidblasen, wie man ihn etwa an heißen Sommertagen über einer Straße oder einem Getreidefeld sehen kann. Die wichtigste natürliche Substanz im Klimasystem ist der Spurenstoff Wasser; es wird als Feuchte in der Luft, als Wassergehalt in Luft und Boden und als Schnee und Eis erfaßt. Die Flüsse, die den Wasserhaushalt von Atmosphäre und Erd-/Meeresoberfläche koppeln, sind Niederschlag, Verdunstung und Abfluß. Wasser ist in der Tat ein Spurenstoff: Der globale Wassergehalt der Luft beträgt 0,25 Prozent (Massenverhältnis). Dieser Bruchteil deckt jedoch fast die Hälfte des Energiekreislaufes der Atmosphäre ab (vgl. Abbildung 3.5). Hier wird deutlich, daß ein exaktes Verständnis des hydrologischen Zyklus die Grundlage für die Erklärung des natürlichen Klimas ebenso wie für die Spurenstoffklimatologie bildet. KLIMA 3.7 Ein weiterer klimarelevanter Spurenstoff ist das CO2. Dieses Gas hat ebenfalls einen Haushalt. Allgemein hat man es bei Spurenstoffhaushalten mit folgenden Größen zu tun: # Zustandsgröße: Konzentration des Spurenstoffs. Die zeitliche Änderung der Konzentration wird durch die Summe aller Fluß- und Quellgrößen bestimmt. # Flußgrößen: Emission des Spurenstoffs von der Erdoberfläche in die Atmosphäre oder in den Ozean (z.B. Verdunstung beim Wasser; Atmung der Biosphäre beim CO2; Abgase bei den Schadstoffen). Vertikaler und horizontaler Transport (oder Fluß) des Stoffes im Klimasystem durch Wind und Strömung. Immission des Stoffs aus der Atmosphäre hin zur Erdoberfläche (z.B. saurer Regen). # Quellgrößen: Erzeugung bzw. Abbau (= negative Quelle) des Spurenstoffs im Klimasystem durch chemische und biologische Prozesse. Hierauf beruht die Bedeutung der Vorläufersubstanzen. Diese sind selbst nicht unbedingt klimawirksam (z.B. Stickstoffoxide), können sich jedoch durch chemische Reaktionen in solche Stoffe umwandeln (z.B. in bodennahes Ozon). Neben den Haushaltsgrößen gibt es auch noch Klimagrößen, die nicht einem Haushaltsgesetz gehorchen. Typische Nicht-Haushaltsgrößen sind die klimatisch wichtigen Häufigkeiten, z.B. Glatteis, Sturm, Nebel, die Wahrscheinlichkeit für Gewitter im Sommer und für Hagelschlag, weiters die Sonnenscheindauer, die Höhe der Schneegrenze und zeitliche Andauer der Schneedecke. Alle Klimagrößen, Haushaltsgrößen ebenso wie Nicht-Haushaltsgrößen, kann man grundsätzlich messen und analytisch erfassen, insbesondere statistisch bearbeiten. Die entscheidende Bedeutung der Haushaltsgrößen liegt jedoch darin, daß das für sie geltende Haushaltsgesetz es darüberhinaus gestattet, mathematische Vorhersagen der jeweiligen Zustandsgröße zu machen. Der Umstand, daß diese Vorhersagen (die Klimamodelle) letzten Endes auch ihre Grenzen haben, ändert nichts an der grundsätzlichen Bedeutung dieser Gesetzmäßigkeit. 3.1.4 Instabilitäten - Das Skalenproblem Das Klima an einem Ort hängt mit dem Klima an allen anderen Orten der Erde zusammen. Auch in einem Alpental kann man langfristig das Klima der freien Atmosphäre und sogar des Ozeans nicht ausklammern; selbst das Klima der Tropen wird, obwohl indirekt, von dem Klima der polaren Eiswüsten beeinflußt. Daraus ergibt sich, daß die Eigenschaft "Klima" nicht primär dem einzelnen Ort zukommt, sondern allen Orten gemeinsam. Vor diesem Hintergrund des globalen Klimas ist es dann sehr wohl sinnvoll, von einem lokalen Klima zu sprechen. Zwischen beiden 3.8 KLIMA finden sich alle Übergänge, den mittleren Bereich erfaßt man mit dem Begriff des regionalen Klimas. Allgemein gilt: Im globalen Klimasystem sind Phänomene ineinander eingebettet, deren räumliche Erstreckung von der kleinräumigen Turbulenz bis hin zum atmosphärischen Strahlstrom reicht (Abbildung 3.4). Das trifft auch für den Ozean zu. Beide Klimafluide zeigen quantitativ verschiedene, physikalisch aber recht ähnliche Prozesse. Diese werden mit dem Begriff der Skala (Englisch: scale) unterschieden. Die Skala eines Phänomens ist die charakteristische räumliche Erstreckung bzw. die charakteristische zeitliche Dauer des Phänomens. Die Phänomene aller dieser Skalen stehen miteinander in Wechselwirkung. Ein Beispiel aus dem kleinskaligen Größenordnungsbereich sind die Wellen auf der Meeresoberfläche, die auf den Strand auflaufen. Zum Strand hin wird eine solche Welle instabil - sie bricht sich. Dabei entsteht Turbulenz in Form von Schaum. Als typisches Beispiel größerskaliger Phänomene ist die Wechselwirkung zwischen dem mittleren Windmaximum in der Hochtropospäre und den Tiefdruckgebieten zu nennen. Das Windmaximum ist der Strahlstrom, der in einer Höhe von ca. 10 km ständig um die Erde herumweht; in ihn sind junge, noch unentwickelte Tiefdruckgebiete als Zyklonenwellen eingelagert. Unter bestimmten Umständen bricht sich eine solche Zyklonenwelle und bildet ein Tiefdruckgebiet mit Warmfront, Kaltfront und Okklusion. Bei der Wasserwelle fließt Energie von der ursprünglichen Welle (Skala ca. 2 m) in den Schaum der sich brechenden Welle (Skala der kleinen Turbulenzelemente ca. 2 cm); bei der Zyklone fließt Energie von der Strahlstromskala (20 000 km) in die Tiefdruckskala (2 000 km) und in die konvektive Energie der Wolkenskala (ca. 20 km), wobei die Zahlen in Klammern schematisch die Größenordnungen angeben. In den Klimafluiden gibt es also, ausgelöst durch unterschiedliche Instabilitätsmechanismen, Wechselwirkungen zwischen den Phänomenen verschiedener Skalen. Diese ordnen sich in Abbildung 3.4 recht gesetzmäßig längs einer Geraden an, die schräg durch das Diagramm verläuft. Verständlicherweise ist es unmöglich, etwa in einem Klimamodell jedes einzelne der ineinander eingebetteten Phänomene mit gleicher Genauigkeit darzustellen. Für globale Modelle ist nur die großräumige Skala darstellbar. Das bedeutet, daß die kleineren Skalen mit ihrem Eigenleben nicht exakt repräsentiert werden können, sondern nur als Mittelwerte in die Modellierung eingehen. Die Quantifizierung des Zusammenhanges zwischen dem Mittel aus vielen kleinskaligen Vorgängen und der großen Skala nennt man mit einem Fachausdruck Parametrisierung. Das Skalenproblem besteht darin, daß die Parametrisierung zwar den mittleren Zusammenhang richtig erfaßt, aber im Einzelfall versagt. Der eben erwähnte Energiefluß besteht nicht nur von der großen Skala in die kleine hinein; auch umgekehrt fließt Energie von den kleinen Skalen in die großen. Ein Beispiel für die Unlösbarkeit des Skalenproblems ist die Wechselwirkung zwischen den Wolken und der mittleren Zirkulation. KLIMA 3.9 Abb. 3.4: a. Schema der charakteristischen Längen- und Zeitskalen für die wichtigsten Prozesse in Atmosphäre und Ozean. b. Schema der Längen- und Zeitskalen für die verschiedenen Typen von Oberflächenwellen des Meeres (nach: FORTAK 1982) 3.10 3.1.5 Klimamechanismen KLIMA Die klimabildenden Prozesse kann man zusammenfassend als Klimamechanismen bezeichnen. Sie lassen sich in die folgenden großen Gruppen (mit ausgewählten Beispielen) einteilen: # Wechselwirkungen zwischen den Klimakomponenten - Austausch Atmosphäre-Ozean (Meeresströmungen; Wasserhaushalt), - Austausch Kryosphäre-Klimasystem (Schneefall; Schmelzen von Schnee und Eis) - Austausch Biosphäre-Klimasystem (Photosynthese; Atmung). # Wechselwirkungen zwischen den Skalen - Austausch Wellenenergie-Turbulenzenergie, - Austausch Strahlstrom-Tiefdruckgebiete, - Austausch Tiefdruckgebiet-Wolken. # Wechselwirkungen zwischen den Haushalten (Stoffen) - Austausch Wasserdampf-kondensiertes Wasser - Austausch Vorläufersubstanzen-Schadstoffe. # Wechselwirkungen durch Energietransporte - Strahlungsflüsse (Treibhauseffekt), - Advektive Energieflüsse (horizontaler Wärmetransport mit dem Wind), - Konvektive Energieflüsse (vertikaler Transport vorwiegend latenter Wärme durch Verdunstung). Diese Klimamechanismen sind unterschiedlich und dennoch nicht streng unabhängig voneinander. Die Zusammenstellung zeigt, daß die Komplexität des Klimabegriffs sich von der Komplexität des Klimasystems, seiner Komponenten und den sie koppelnden Mechanismen herleitet. 3.1.6 Klimadefinition Die Vielzahl der Aspekte, die für Klimasystem und Klima bedeutsam sind, und von denen oben einige genannt wurden, lassen eine exakte Definition des Begriffs Klima nicht zu. In der Praxis wird etwa nach folgendem Schema vorgegangen: # Man legt sich auf das System bzw. Subsystem und die zugehörige Größenskala fest, für welche die Definition gebraucht wird: Globales System, System der Wettervorhersage, Region oder Land (z.B. Europa; Österreich), lokale Systeme (z.B. ein Gebirgstal oder eine einzelne Stadt). Die jeweils übergeordneten Systeme werden als gegeben betrachtet; sie steuern die mittleren Verhältnisse der untergeordneten Skalen. # Innerhalb des betrachteten Systems (z.B. Wetterskala) sind Einzelphänomene KLIMA 3.11 von gegebenen Anfangszuständen aus vorhersagbar (z.B. Temperaturvorhersage); dies ist der dynamische Aspekt, der mit physikalischen Haushaltsgleichungen bestritten wird. # Zur Klimabeschreibung im engeren Sinne bildet man die statistischen Eigenschaften der langfristig beobachteten Klimagrößen (Mittelwerte, Varianzen, Korrelationen, Extremwerte) und beschreibt damit den mittleren Zustand des Systems. Dazu kann man sich die folgende statistische Klimadefinition zunutze machen. # Die Klimadefinition der World Meteorological Organization lautet gekürzt (McINTOSH 1972): Das Klima eines Ortes ist die Synthese der täglichen Mittelwerte und Fluktuationen der meteorologischen Meßgrößen an diesem Ort, insbesondere Temperatur, Niederschlag, Sonnenschein, Feuchte, Wind (und weitere Größen). Die statistischen Werte umfassen Mittelwerte, Varianzen, Häufigkeiten, Extremwerte (und weitere statistische Parameter). Klimadaten sind als Mittel über individuelle Monate von Einzeljahren zu bilden; langjährige Monatsmittelwerte sind über Normalperioden von 30 Jahren (1931-1960, 1961-1990) zu erstellen. 3.12 3.2 KLIMA Die Erfassung der globalen Situation Aufgabe der quantitativen Klimatologie ist es, die raum-zeitliche Struktur aller meßbaren Größen im globalen Klimasystem zu bestimmen. Dabei stehen die Haushaltsgrößen im Vordergrund der Betrachtung. Relevante Haushaltsgrößen in diesem Sinne sind: - Energie - Wasser - Weitere Spurenstoffe - Aerosolgehalt 3.2.1 Weltweites Monitoring Abgesehen von einigen Einzelstationen hat die Beobachtung des Klimasystems im 19. Jahrhundert begonnen; sytematisiert wurde sie durch die Schaffung der World Meteorological Organization (WMO) sowie durch Verträge aller seefahrenden Nationen mit dem Ziel der Überwachung der Ozeane. Die Beobachtungen waren zunächst auf die Erd- und Meeresoberflächen vor allem der bewohnten bzw. zugänglichen Weltgebiete beschränkt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen regelmäßige Höhenbeobachtungen von Ballonen, später von Flugzeugen und Raketen hinzu. Im Gegensatz zur Atmosphäre besteht im Ozean kein Routinemeßnetz, sondern ein laufend ausgebautes Beoachtungsnetz durch unbemannte treibende Bojen und durch Meßkampagnen bis hin zum Meeresboden. Basisstationen für Spurenstoffe in Reinluftgebieten (z.B. Südpol; Samoa; Mauna Loa, Hawaii; Barrow, Alaska; Sonnblickgipfel als österreichische Hintergrundstation in Planung) messen den globalen Hintergrundpegel. Zusätzlich zu diesen klassischen boden-, meeres- oder luftgebundenen Beobachtungssystemen existiert heute das weltweite Beoachtungsnetz von Satelliten im erdnahen Weltraum. Die globale Satellitenüberwachung der Erde beruht auf der Methode des Fernmeßverfahrens von elektromagnetischer Strahlung (remote sensing). Kurzwellige oder solare Strahlung (ein Teil davon ist das sichtbare Licht) wird von der Sonne ausgesandt und von Luft, Wolken/Aerosolen und der Erdoberfläche (Eis, Schnee, Wasserflächen, Landflächen, Vegetation) reflektiert, gestreut und/oder absorbiert (verschluckt) bzw. transmittiert (durchgelassen). Die Emission von solarer Strahlung spielt im Klimasystem keine Rolle. Langwellige oder terrestrische Strahlung wird im Klimasystem von Luft, Wolken/Aerosolen und der Erdoberfläche emittiert und gleichzeitig absorbiert; von der Sonne kommt keine terrestrische Strahlung. Meßtechnisch relevant sind folgende Strahlungsbereiche: # # # Solare Strahlung (λ = 0,2-3 µm) Terrestrische Strahlung (λ = 3-100 µm) Mikrowellen (λ = 10-3 - 1 m). Auch dieser Wellenlängenbereich gehört zur terrestrischen Strahlung, führt jedoch wegen seiner meßtechnischen Bedeutung KLIMA 3.13 eine Sonderbezeichnung; eine spezielle Mikrowellentechnik ist Radar. Fernmeßverfahren messen Strahlung, die von irdischen Objekten kommt. Aus der Wellenlängen- und Raumwinkelabhängigkeit der Strahlung werden die physikalischen Parameter von Atmosphäre und Erd- und Meeresoberflächen bestimmt. Die wichtigsten sind Zustandsgrößen (Temperatur; Höhe des Meeresspiegels, der Eisflächen, der Meereisbedeckung, der Wolkenbedeckung) sowie Oberflächencharakteristika. Zu den letzteren zählt beispielsweise die Albedo der Erd- und Meeresoberflächen. Flußgrößen sind im allgemeinen sehr viel schwieriger mit Fernmeßverfahren bestimmbar als Zustandsgrößen. Die am besten meßbaren Flußgrößen sind die am Oberrand der Atmosphäre hereinkommende und die nach oben austretende Strahlung. Bei fehlender Bewölkung gut meßbar ist ferner die vom Erdboden reflektierte kurzwellige Strahlung. Prinzipiell meßbar (mit Mikrowellenmethoden) ist der Niederschlag; die Fehlerrate ist jedoch sehr hoch. Vom Satelliten nicht meßbare Flußgrößen sind: - alle Komponenten der langwelligen Strahlung an der Erdoberfläche, - alle Komponenten der kurzwelligen Strahlung bei Bewölkung, - die Verdunstung von Wasser, - die Emissions- und Immissionsflüsse von Spurenstoffen an der Erdoberfläche. Trotz dieser Grenzen sind die satellitengebundenen Fernmeßverfahren die entscheidende Stütze des weltweiten Klimabeobachtungsnetzes. Die in diesem Netz routinemäßig erfaßten Daten liefern heute eine praktisch lückenlose Überdeckung des globalen Klimasystems. Die Messung der Klimagrößen allein genügt jedoch nicht. Die gewonnenen Daten müssen auf Konsistenz geprüft und in die allgemeinen physikalischen Erhaltungssätze eingebaut werden. Für die meteorologisch wichtigsten Zustandsgrößen (Temperatur, Druck, Feuchte, Wind) ist die Auswertungsdichte besonders hoch: Horizontale Auflösung ca. 500 km, vertikale Auflösung ca. 10 Schichten in der Atmosphäre. Die global gewonnenen Rohdaten werden routinemäßig einem diagnostischen Assimilationsverfahren unterzogen, bei dem die im Meßwert gelieferte relevante Information vom Rauschen objektiv getrennt wird. 3.2.2 Der Strahlungshaushalt Auch im globalen Strahlungshaushalt unterscheidet man, wie bei den Fernmeßverfahren, zwischen solarer und terrestrischer Strahlung; die Mikrowellen werden hier nicht eigens betrachtet, da sie energetisch unbedeutend sind. Die Antriebsenergie für Wetter und Klima stammt von der Sonne. 30% der hereinkommenden solaren Strahlung wird von den Komponenten des Klimasystems (Atmosphäre, Ozean, Land, Eis, Biosphäre) reflektiert, die restlichen 70% absorbiert. Die absorbierte Energie wird durch die 3.14 KLIMA terrestrische Ausstrahlung von Erde und Atmosphäre wieder an den Weltraum abgegeben. Die Intensität der terrestrischen Strahlung wird durch die Temperatur des Systems Erde-Atmosphäre bestimmt. Die Ausstrahlung ist umso stärker, je höher die Temperatur ist (Stefan-Boltzmannsches Gesetz). Angewandt auf einen Planeten wie die Erde liefert es: Hier ist S die Solarkonstante (heutiger Wert für die Erde: S = 1 372 W/m2), sie gibt die gesamte von der Sonne kommende Strahlungsleistung an; A ist die globale Albedo (Erde: 0,30); Te heißt Strahlungsgleichgewichtstemperatur; σ ist eine Naturkonstante. Die vorstehende Gleichung liefert für die Erde Te = 255 K oder -18°C. Te ist jedoch nur unter idealisierten Annahmen gleich der Oberflächentemperatur Ts (keine Atmosphäre, unendliche Wärmeleitfähigkeit). Bei vorhandener Atmosphäre ist Ts stets größer als Te. Ursache ist der Treibhauseffekt. Kurzwellige Sonnenstrahlung geht durch die Atmosphäre relativ unbeeinträchtigt hindurch. Die von der Erdoberfläche emittierte terrestrische Strahlung dagegen wird in der Atmosphäre teilweise absorbiert. Die absorbierte Energie wird sowohl nach oben wie auch zurück nach unten abgestrahlt. Als Ergebnis verliert die Erdoberfläche weniger Wärme direkt an den Weltraum als ohne Atmosphäre und bleibt daher wärmer. Dennoch strahlt die Erde einschließlich der Atmosphäre weiterhin genau gleich viel Energie ab wie sie von der Sonne empfängt. Die Hauptbestandteile der Atmosphäre: Stickstoff, Sauerstoff und Argon (zusammen mehr als 99,9%) sind im Bereich der terrestrischen Strahlung inaktiv; sie absorbieren und emittieren in diesem Spektralbereich keine Strahlung und wirken daher nicht als Treibhausgase. Als Treibhausgase wirken nur die Spurenstoffe der Atmosphäre. Das wichtigste natürliche Treibhausgas ist mit weitem Abstand der Wasserdampf, verstärkt durch die Wolken. Weitere natürliche Treibhausgase sind Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O) und Ozon (O3). # Der natürliche Treibhauseffekt zeigt sich an verschiedenen Tatsachen: # Die mittlere Temperatur der Erdoberfläche ist um 33°C höher als sie ohne Treibhausgase wäre (Te = -18°C, Ts = +15°C). # Die natürlichen Treibhausgase (Tabelle 3.2) halten die Erde warm. Dies gilt nicht nur im globalen Mittel, sondern auch im Einzelfall. Die warme und feuchte Atmosphäre der Tropen verhindert dort die nächtliche Ausstrahlung; in klaren Tropennächten tritt durch die Wirkung des Treibhauseffektes kaum eine Abkühlung ein. Im Unterschied dazu vergleiche man die starke Abkühlung, wie sie für klare Winternächte unseres Klimas oder Nächte in Wüsten charakteristisch ist. Durch die Trockenheit der Luft fehlt weitgehend der Treibhauseffekt und dadurch kann die Erdoberfläche ungehindert abstrahlen und sich so abkühlen. KLIMA 3.15 Tabelle 3.2: Beiträge zum derzeitigen Temperatur-Treibhauseffekt der wichtigsten atmosphärischen Spurengase (nach: SCHÖNWIESE 1987) Spurengas atmosphärische Konzentration (derzeit) Erwärmungseffekt (derzeit) Wasserdampf (H2O) sehr variabel (2 ppm - 3%) 20,6 °C Kohlendioxid (CO2) 350 ppm 7,2 °C Ozon, bodennah (O3) 0,03 ppm 2,4 °C Distickstoffoxid (N2O) 0,3 ppm 1,4 °C Methan (CH4) 1,7 ppm 0,8 °C weitere ca. 0,6 °C Summe ca. 33,0 °C # Untersuchungen von Eisbohrkernen, die 250 000 Jahre zurückreichen, zeigen, daß die Temperatur der Erde auf diesen längeren Zeitskalen parallel zu den CO2und CH4-Konzentrationen verläuft. Auf kürzeren Zeitskalen jedoch (100 Jahre) ist die Parallelität zwischen der Temperatur und den Spurenstoffkonzentrationen durchbrochen. Das bedeutet: Für schnelle Klimaschwankungen ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Treibhausgasen und Temperatur nicht unbedingt gegeben. Der natürliche Treibhauseffekt ist eine wesentliche Komponente des Klimas. Ohne ihn wäre die Entwicklung des Lebens auf der Erde nicht verständlich. Seine anthropogene Beeinflussung und Modifikation wird in 3.3.6 besprochen. 3.2.3 Der planetare Energiehaushalt Das eben besprochene Gleichgewicht von solarer und terrestrischer Strahlung führt dazu, daß der planetare Energiehaushalt primär geschlossen ist: Einkommender und ausgehender Fluß sind gleich (jeweils 239 W/m2). Im Klimasystem selbst (Abbildung 3.5) treten vielfältige sekundäre Umsetzungen auf. Von der solaren Strahlung wird etwa ein Drittel (85 W/m2) von der Atmosphäre, der Rest (154 W/m2) von der Erdoberfläche absorbiert. Diese bekommt außerdem einen hohen Strahlungsfluß von der Atmosphäre. Die Erdoberfläche ihrerseits gibt den Großteil der eingenommenen Energie als aufwärts gerichtete Strahlung wieder ab. Dieser Zusatzkreislauf der terrestrischen Strahlung (301 W/m2 durch die Atmosphäre nach unten und anschließend 356 W/m2 von der Erdoberfläche nach oben) ist der Treibhauseffekt. Aber die Erdoberfläche gibt die Energie nicht nur in Form von Strahlung ab, sondern auch als Verdunstung und als Fluß fühlbarer Wärme. Die Strahlungsbilanz der Erdoberfläche besteht in einer Netto-Einnahme von 3.16 KLIMA Abb. 3.5: Strahlungs-Konvektions-Gleichgewicht der planetaren Atmosphäre. Breite der Pfeile etwa proportional zur Flußstärke. Gestrichelt: Berechneter anthropogener Treibhauseffekt für CO2-Verdoppelung 99 W/m2; diese Energie wird durch aufwärts gerichtete konvektive Flüsse wieder abgegeben (strahlungs-konvektives Gleichgewicht, vgl. Abbildung 3.5). Der gesamte Konvektionsfluß setzt sich zu ca. 80% aus dem Verdunstungsfluß und zu ca. 20% aus dem Fluß fühlbarer Wärme zusammen. Das zeigt die zentrale Rolle, die der hydrologische Zyklus für den planetaren Energiehaushalt hat. Die Meßfehler der eben genannten Zahlen liegen im Bereich von 10-20%. Im Vorgriff auf 3.3.6 ist in Abbildung 3.5 der berechnete anthropogene Zusatz-Treibhauseffekt für angenommene CO2-Verdoppelung eingetragen. 3.2.4 Die Arbeitsweise von Klimamodellen Aufgrund der Kenntnis der Fluß- und Quellgrößen werden Zustandsgrößen vorhergesagt (Wettervorhersagemodelle, Klimamodelle). Diese Methode der quantitativen Vorhersage von Zustandsgrößen beruht auf dem in 3.1.3 diskutierten Haushaltsprinzip. Bei der Mehrzahl der heutigen Klimamodelle werden nicht nur die Haushalte physikalischer, sondern auch die chemischer und biologischer Größen berücksichtigt. Dabei treten zwei grundsätzliche Probleme auf. Das erste betrifft die Unsicherheit der Anfangsbedingungen. Die Messung des aktuellen Klimazustandes, von dem aus die Vorhersage gestartet werden soll, ist mit einem Fehler behaftet, der die Vorhersagegüte herabsetzt. An dieser Stelle wirkt sich die Qualität des oben erwähnten Assimilationsverfahrens aus. KLIMA 3.17 Das zweite ist das bereits oben genannte Parametrisierungsproblem. Nicht nur die Zustandsgrößen verändern sich im Lauf des Vorhersagezeitraumes, sondern auch die Fluß- und Quellgrößen. Für die letzteren gibt es aber keine Vorhersagegleichung; vielmehr muß man sie zum neuen Zeitpunkt jeweils aus den verhergesagten Zustandsgrößen bestimmen. Die Formulierung dieses Zusammenhanges wird als Parametrisierung bezeichnet. Dabei kommen die Wechselwirkungen zwischen den Skalen ins Spiel. Moderne Parametrisierungsansätze geben die Wechselwirkungen im Mittel gut wieder, versagen aber im Einzelfall. Auch dies begrenzt die Qualität der Vorhersagen. Ein wichtiges Kennzeichen eines Modells ist seine Auflösung. Beispielsweise kann man einen Haushalt nach Art der Abbildung 3.5 nicht nur für globale Verhältnisse angeben, sondern man kann ihn für beliebig kleine Parzellen im Klimasystem unterteilen. Dadurch gibt es auch horizontale Austauschvorgänge zwischen den Klimaparzellen, die in Abbildung 3.5 (vgl. auch Abbildungen 3.13 und 3.14) nicht vorkommen, weil es sich ja um die Erde als ganzes handelt; sie repräsentieren die Wechselwirkungen durch horizontale Transp orte. Hochauflösende Modelle haben horizontale Gitterschritte von typisch 100 km und 10 bis 20 Schichten in der Vertikalen. Bei 20 gekoppelten Haushalten ergibt das 10 bis 20 Millionen Haushaltsgleichungen. Dieser Gleichungssatz muß für jeden einzelnen Zeitschritt gelöst werden. Typische Zeitschritte haben die Länge von 1 Stunde. Solche Berechnungen sind nur mit leistungsfähigen Computern machbar. Im derzeitigen globalen Vorhersagemodell des EZMW2 wird bei einer Auflösung von 60 km eine 10-TageVorhersage in 1,5 Stunden Rechenzeit erstellt. Dazu werden insgesamt 1013 bis 1014 Einzeloperationen ausgeführt. Abbildung 3.6 demonstriert, daß das globale Klima, repräsentiert durch eine der konventionellen Klimaklassifikationen, durch Modelle des geschilderten Typs simulierbar ist. Die immer noch bestehenden Unterschiede zwischen den Teilbildern a) und b) von Abbildung 3.6 sind in neueren Modelläufen weiter reduziert worden. Die auf diese Weise simulierten wesentlichen Komponenten des irdischen Klimas im Jahresgang sind: Die Tropen, die mittleren Breiten und die Polargebiete; die Niederschlagsgürtel in den Tropen und Außertropen; die Wüstengebiete; die Zonen mit ewigem Eis, Winterschneedecke und die ganzjährig schneefreien Zonen; die großräumigen Meeresströmungen (z.B. Golfstrom); das warme Oberflächenwasser und die kalten Wässer der Tiefsee im Weltmeer, ferner die Treibeisgebiete; die tropischen Ostwinde und die außertropischen Westwinde; die Schwachwindgebiete und die Sturmzonen, insbesondere den hochtroposphärischen Strahlstrom, der für den Flugverkehr eine große praktische Bedeutung hat. 3.2.5 Klimavorhersage und Klimaszenarien Die eben diskutierte Methode der Klimamodellierung aufgrund von Haushaltsgesetzen nennt man deterministisch; sie führt zu Wetter- und Klima- Vorhersagen. Ein einzelnes deterministisches Modell macht keine Aussage über die zu erwartende Unsicherheit der Prognose. Um diese 2 Europäisches Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage, Reading 3.18 KLIMA Abb. 3.6: Das Klima an der Erdoberfläche; Monatswerte von Temperatur und Niederschlag. a) Berechnet mit Klimamodell des Geophysical Fluid Dynamics Laboratory in Princeton. Klassifikation nach KÖPPEN (nach: MANABE and HOLLOWAY 1975) KLIMA 3.19 Abb. 3.6: Das Klima an der Erdoberfläche; Monatswerte von Temperatur und Niederschlag. b) Beobachtet, Klassifikation nach KÖPPEN (nach: MANABE and HOLLOWAY 1975) 3.20 KLIMA Abb. 3.7: Meridionalprofil des mittleren Januarniederschlages zwischen Südpol (rechts) und Nordpol (links), Vergleich von 19 globalen Klimamodellen (Stand 1985). Daten in Ost-WestRichtung gemittelt. Zusammenstellung von GATES, zitiert nach HANTEL (1989) KLIMA 3.21 zu quantifizieren, werden Monte Carlo-Methoden eingesetzt. Im Beispiel von Abbildung 3.7 wurde ein Vorhersagelauf mit jeweils leicht veränderten Anfangsbedingungen mehrfach wiederholt, um aus der Streuung der auseinanderdriftenden Lösungen eine Schätzung des Vorhersagefehlers zu gewinnen. Aber nicht nur die Fehler der Anfangswerte, sondern auch die Unsicherheiten der Parametrisierung begrenzen die Aussagekraft der Klimamodelle. Der Vergleich verschiedener Modelle (Abbildung 3.8) zeigt am Beispiel des Niederschlages, daß die Ergebnisse eine hohe Streubreite haben (vgl. auch IPCC 1992). Wegen der Meßfehler und wegen der natürlichen Variationen des hydrologischen Haushaltes ist bisher nicht klar, ob die Streubreite der Klimamodelle größer ist als die Streubreite des globalen Niederschlagsfeldes. Dies hat dazu geführt, daß die Ergebnisse von Klimamodellen, auch wenn sie als deterministische Modelle angesetzt sind und daher methodisch als Vorhersagen verstanden werden müssen, vorsichtiger als Klimaszenarien interpretiert werden (z.B. IPCC 1990, 1992, MINTZER 1992). Ein methodisch anderer Ansatz, der die statistische Komponente in den Vordergrund stellt, sind stochastische Klimamodelle. Hier geht man nicht von einem Haushaltsgesetz aus, wie es aus den allgemeinen Naturgesetzen folgt, sondern man benutzt lange Klimareihen zur Anpassung statistischer Parameter (Beispiel: Markov'sche Modelle). Abb. 3.7: Auseinanderdriften der 240h-Vorhersage der Temperaturprognosen für eine Station in Finnland. Aus der objektiven Analyse der Lage vom 20.7.1990 wurden durch stochastische Störung 20 verschiedene Anfangsfelder hergestellt (Quelle: EZMW) 3.22 3.3 KLIMA Szenarien Die mögliche anthropogene Beeinflussung des globalen Klimasystems ist eingebettet in die natürlichen Mechanismen und Regelkreisläufe. Um also die anthropogenen Effekte beurteilen zu können, muß man sich zunächst eine Übersicht über die wichtigsten natürlichen Abläufe verschaffen. 3.3.1 Die natürliche Variabilität des Klimasystems Die natürliche Variabilität des Klimasystems soll zunächst anhand von Temperaturfluktuationen im Verlauf der Erdgeschichte aufgezeigt werden. Eine Übersicht über die jeweilige Andauer der Epochen gibt Abbildung 3.9. Man nimmt an, daß bei der astronomisch vorgegebenen Lage der Erde bezüglich der Sonne zwei stabile Extremzustände des Erdklimas möglich sind, der Zustand einer völlig eisfreien Erde mit im Mittel ca. 10°C höheren Temperaturen als heute und der einer sehr viel kälteren Erde (BÖHM 1993); dazwischen sollte ein dritter, weniger stabiler Zustand liegen, der etwa dem heutigen Klima entspricht. Die Hypothese dreier Klimazustände wurde anhand stark vereinfachter Modelle entwickelt und zeigte die Möglichkeit instabiler Übergänge zwischen diesen Zuständen auf (vgl. NORTH et al., 1981). Dieser Mechanismus des katastrophenartigen Umkippens von einem Klimazustand zum anderen wurde von den komplexeren globalen Klimamodellen vorerst nicht bestätigt. Jüngste Auswertungen an Eisbohrkernen (GRIP 1993) deuten erneut auf die Möglichkeit von drei verschiedenen weitgehend getrennten Klimazuständen hin. Für das Auftreten globaler Vereisung gibt es bis jetzt keine Hinweise. Dagegen herrschte das vollständig eisfreie Klima des warmen Zustandes im Lauf der Erdgeschichte zu etwa 90% der Gesamtzeit (4 600 Ma) vor (TARLING 1978). Der mittlere Zustand einer nur teilweise vereisten Erde beherrschte den Rest. Die Phasen der Eiszeitalter (5 bis 10 Ma) mit mehr oder weniger stark ausgeprägten Vereisungen stellen also im Vergleich zu den Warmzeiten (100-200 Ma) nur Episoden dar. Langfristige Klimaschwankungen, wie die Eiszeiten, können durch das Zusammenwirken mehrerer Faktoren erklärt werden: Primäre Änderungen der Sonnenstrahlung, die Änderung der Relief-, allgemein der paläogeographischen Verhältnisse, die Kontinentaldrift, Selbstverstärkungseffekte, Änderungen der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre sowie Variationen der Erdbahnelemente. Am besten erforscht ist das Quartär, dessen typisches Merkmal eine Abfolge von Eiszeiten und Zwischeneiszeiten ist. Vor dem Quartär, im Mesozoikum und Tertiär, war es während 250 Millionen Jahre im Mittel um 10°C wärmer als heute. Angesichts der Tatsache, daß die Zeitdauer des Quartärs etwa 1% der Zeitdauer der vorherigen warmen Epochen beträgt, ist festzustellen: Nicht die Schwankungen, sondern die Konstanz des Klimas ist das besondere Kennzeichen der Erdgeschichte (SCHWARZBACH 1988). Im Quartär spielte sich der entscheidende Teil der Evolution der Menschheit ab. Der Beginn der KLIMA 3.23 Menschheitsgeschichte wird vor 5-10 Ma angesetzt (LEAKEY 1981, ZIEGELMAYER 1987), als die tertiäre Warmphase in die quartäre Kaltphase überging. Die im Lauf des Quartärs auftretenden Schwankungen zwischen Eiszeiten und Zwischeneiszeiten lassen sich durch periodische Änderungen der Erdbahnparameter erklären. Die Erdbahnparameter durchlaufen Zyklen von kleinen, aber doch klimawirksamen Änderungen. Die Exzentrizität der Erdbahn ändert sich mit einer Periodendauer von ca. 96 000 Jahren (die Ellipse wird flacher oder kreisförmiger). Die Neigung der Erdachse gegen die Ekliptik ver- Abb. 3.9: Geologische Zeitskala der Erdgeschichte, 4 600 Ma (Ma = 1 Million Jahre). Die beiden rechten Spalten zeigen schematisch Phasen von Gebirgsbildung und Evolution des Lebens (nach: SCHMIDT 1986) 3.24 KLIMA ursacht die Jahreszeiten; dieser Parameter durchläuft durch Präzessions- und Nutuations- Abb. 3.10: Temperaturverlauf der letzten 250 000 Jahre, abgeleitet aus einem Eisbohrkern in Grönland. Zeitachse zu Beginn gestaucht, zur heutigen Zeit hin zunehmend gedehnt (nach: DANSGAARD 1969, modifiziert und umgezeichnet nach SCRIBA 1993) KLIMA 3.25 bewegungen Zyklen von 41 000 und 22 000 Jahren. Dadurch ändert sich die einfallende Strahlung um Werte im Größenordnungsbereich von 10 W/m2, die den Wechsel von Glazialen und Interglazialen initiieren könnten (Milankovich-Theorie, vgl. RIND et al. 1989). Kühlt sich das Klima nun ab, nimmt die Schneedecke zu. Durch den weißen Schnee wird die Albedo jedoch noch größer und somit weniger Sonnenlicht aufgefangen, sodaß eine weitere Abkühlung eintritt (sogenannte Eis-Albedo-Rückkopplung). Während der letzten 900 000 Jahre, die von diesen Mechanismen geprägt sind, zeigt sich eine Schwankung der Temperatur um rund 5°C mit einer Periodendauer von etwa 100 000 Jahren. Die Temperaturschwankungen sind unterschiedlich über die Erde verteilt; in den Tropen sind sie schwach, in den höheren Breiten stärker ausgeprägt. In der Zeit von 130 000 Jahren bis heute, in welche die sogenannte Eem-Warmzeit (vor 130 000 bis 110 000 Jahren) und die Würm-Kaltzeit (vor 60 000 bis 15 000 Jahren) fallen, treten auch Stadiale (kürzere Kälterückfälle) und Interstadiale (kürzere Warmperioden) hervor. Abbildung 3.10 zeigt den Temperaturverlauf während der letzten 250 000 Jahre, d.h. während etwa 10% des Quartärs. Auf der linken Achse ist linear die Bohrtiefe angegeben, woraus eine Verzerrung der Zeitachse in Abbildung 3.10 rechts folgt. Dadurch wird die jüngste Epoche, das Holozän (ab etwa 10 000 Jahren vor heute), weit gedehnt. Der Übergang vom Pleistozän, dem im Mittel kalten Teil des Quartärs, zum Holozän dauerte ca. 3 000 Jahre. Auffallend ist besonders das Eem, eine Warmzeit mitten im Pleistozän, mit relativ hohen Temperaturen, aber auch starken Schwankungen. Das Temperaturniveau im Eem lag in Europa zeitweise um mehr als 2°C über dem Mittel der letzten 100 Jahre. Nach neuesten Ergebnissen (Eisbohrkern Grönland) kamen Schwankungen mit einem Ausschlag von mehr als 10oC vor (Abbildung 3.11), die möglicherweise in früheren Klimazeugen wegen ihrer geringen Auflösung nicht entdeckt wurden. Die in Abbildung 3.11 dargestellte Klimaschwankung von 14°C innerhalb von 70 Jahren ist ein extremes Beispiel. Jedoch ist zu bedenken, daß es sich hier zunächst um einen Einzelbefund Abb. 3.11: Extreme Klimaschwankung am Höhepunkt der Eem-Warmzeit, abgeleitet aus dem Eisbohrkern "GRIP". Die daraus indirekt bestimmte Temperaturfluktuation betrug 14°C während einer Zeitspanne von 70 Jahren (GRIP 1993, umgezeichnet nach SCRIBA 1993) 3.26 KLIMA handelt, der nicht gobal gelten muß. Wesentlich stärker weicht von unserem derzeitigen Klima das von Kaltzeiten (z.B. Würmzeit) ab. Am Höhepunkt der Vereisung, vor 17 000 bis 18 000 Jahren, sind z.B. ganz Skandinavien, der größte Teil der Britischen Inseln, Norddeutschland und das Baltikum unter kilometerdickem Eis begraben. Schätzungen der mittleren Jännertemperaturen ergeben -10 bis -15°C für Mitteleuropa und -20°C für Hamburg oder Berlin. Von den Alpen ragen nur die hohen Gipfel heraus. Der hier beschriebene Klimazyklus von Abbildung 3.10 ist auch deshalb von Interesse, da in dieser Zeitspanne der Mensch bereits bis Mitteleuropa vorgedrungen ist und mit den Übergängen Eem-Würm und Würm-Holozän Klimaschwankungen überstehen konnte, die zu den extremsten gehören, die in der Erdgeschichte nachgewiesen wurden. Teile der Altsteinzeit und die gesamte Mittel- und Jungsteinzeit fallen in diese Epoche. Zu Beginn des Holozäns herrschten in Österreich Temperaturen ähnlich wie heute vor. Die Gletscher haben sich etwa auf diejenigen Areale reduziert, die sie auch heute einnehmen. Der radikale Wechsel von der Würmeiszeit zum holozänen Wärmeklima ist mit einem Temperaturanstieg in Österreich um mehr als 10°C (vor 13 000-12 000 Jahren) verbunden. Dagegen sind die während des Holozäns auftretenden Schwankungen mit einer Größenordnung von 1-2°C nur gering (Abbildung 3.10). Für Klimaschwankungen dieser Art werden von den Klimatheorien Ursachen wie Vulkanismus oder Änderungen der Meeresströmungen angeführt; auch stochastische Fluktuationen sind denkbar. Die Zeitspanne von 8000-4000 vor heute ist der wärmste Abschnitt des gesamten Holozäns mit Temperaturen, die etwa 2°C höher sind als heute. Ein Temperaturrückgang um 2 500 vor heute führte zum wahrscheinlich kältesten nacheiszeitlichen Zeitabschnitt mit Temperaturen von 1-2°C unter den heutigen (Hallstattkultur). In den ersten Jahrhunderten nach Christus waren die Temperaturen ähnlich hoch wie heute. Um 400-800 n.Chr. trat neuerlich eine kühlere Periode auf, der anschließend wiederum eine Wärmephase folgte (Klimaoptimum des Mittelalters). Bereits ab 1200 kündigte sich, zunächst nur in der subpolaren Zone, eine neuerliche Abkühlung an. Im 16. Jahrhundert war auch in Mitteleuropa ein erster Kältehöhepunkt des Zeitabschnitts erreicht, der als Kleine Eiszeit bezeichnet wird und der das 17., 18. und die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts beherrscht. Aber auch während der Kleinen Eiszeit waren die Temperaturen nicht konstant auf niedrigem Niveau. So herrschte in der Mitte des 17. und im 18. Jahrhundert mildes Klima vor. Alle diese kurzen nacheiszeitlichen Klimaschwankungen sind verglichen mit denen im Pleistozän gering. Einer der Gründe für die weltweite Sorge über die Entwicklung des globalen Klimas ist der Anstieg der Temperatur an der Erdoberfläche in den letzten 100 Jahren. Nach den besten existierenden Auswertungen ist die Temperatur von 1890 bis 1990 um etwa 0,45°C gestiegen (Abbildung 3.12). Der Hauptanstieg erfolgte von 1920 bis 1940, seit 1970 steigen die Temperaturen erneut. Die langen Klimareihen von Zentraleuropa, beispielsweise die aus Österreich, gestatten eine Zurückverfolgung und einen Vergleich der Temperaturverhältnisse bis ins 18. Jahrhundert KLIMA 3.27 (Teilbild b). Zunächst sieht man, daß von 1870 an die Temperaturen in Österreich weitgehend parallel zur Temperatur der Nordhalbkugel verlaufen. Der Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert ist durch im Mittel hohe Temperaturen, jedoch auch durch starke Temperaturschwankungen gekennzeichnet; die Maxima und Minima übertreffen die Werte in den letzten 50 Jahren. Die Warmphase um 1800 läßt sich in erster Linie auf übernormale Sommer zurückführen. Wichtig für die derzeitige Diskussion ist das natürliche Auftreten von Jahresmitteltemperaturen im 18. Jahrhundert, die im Einzelfall höher sind als heute. Die natürlichen Klimaschwankungen zeigen sich auch in anderen Zustands- und in den Flußgrößen. Im Gegensatz zur Temperatur gibt es hier vielfach keine weit zurückreichenden Klimazeugen. Man kann nur auf die Schwankungen seit Beginn der instrumentellen Epoche (in Österreich seit 1775) zurückgreifen. Auf kürzerer Zeitskala wird dies für lokale Verhältnisse in Abbildung 3.17 für den Niederschlag demonstriert. 3.3.2 Der Wasserhaushalt Die Gesamtmenge des Wassers auf der Erde hat sich in geologischen Zeiträumen gebildet. Auf der Zeitskala von einigen hundert Jahren wird der Gesamtwasservorrat im Klimasystem allgemein als konstant angenommen. Der globale Wasserhaushalt der Erde ist in Abbildung 3.13 dargestellt. Etwa 97% des gesamten irdischen Wassers ist in den Meeren enthalten; der Rest findet sich auf und in den Kontinenten, der größte Teil davon in den Eisschilden von Antarktika und Grönland. Der Wassergehalt der Atmosphäre beträgt etwa ein Hunderttausendstel des gesamten Wassers auf der Erde. Noch viel Abb. 3.12: Globaler Wasserhaushalt (2 Abschätzungen) in 1015 kg bzw. in 1015 kg/a. Wasser im Ozean zu 99,99% flüssig, auf Land zu 75% in fest, in der Atmosphäre zu 99% gasförmig (nach: PEIXOTO and OORT 1992) 3.28 KLIMA geringer ist der Wassergehalt der Biosphäre. Die Umsetzungen zwischen den Reservoiren in Abbildung 3.13 betreffen Niederschlag (P), Verdunstung (E) und Abfluß (A). Die beherrschenden Flüsse sind die zwischen Ozean und Atmosphäre. Wenn man die Verdunstungswerte der beiden in Abbildung 3.13 angegebenen Abschätzungen vergleicht, so zeigen sich Unterschiede von ca. 15%. Diese Unsicherheit entspricht den Unsicherheiten der Klimamodelle. 3.3.3 Der Kohlenstoffhaushalt Der CO2-Kreislauf ist Teil des globalen Kohlenstoffkreislaufs (Abbildung 3.14). Die Atmosphäre tauscht Kohlenstoff mit dem Ozean und der Biosphäre vor allem über CO2 aus. Während die Atmosphäre heute 740 CE enthält, sind im Ozean 39 000 CE gespeichert. In der Biosphäre lagern 1 000 CE. Einen näherungsweise vollständigen Haushalt gibt es nur für die Atmosphäre. Zufluß (Z = 227 CE/a) und Abfluß (A = 223 CE/a) zusammen ergeben die Tendenz. Jedoch ist die Angabe der Einzeldaten mit hohen Fehlern behaftet; eine andere Darstellung des C-Haushaltes (WATSON et al. 1990) weicht in den hier gegebenen Zahlen teilweise um 20% ab. Reservoire für Biosphäre, Lithosphäre und Ozean haben nicht-quantifizierbare Tendenzen. Die natürlichen Quellen sind Atmung, mikrobielle Zersetzung des organischen Materials, Gesteinsverwitterung und die Freisetzung von CO2 aus dem Ozean. Senken von atmosphäri- Abb. 3.13: Globaler Kohlenstoffkreislauf, Vorräte in Speichern: Zustandsgrößen CE (=1012 kg C), Flüsse in CE/a) (nach: DEUTSCHER BUNDESTAG 1988, KUHN 1990) KLIMA 3.29 schem CO2 sind die Aufnahme im Ozean und die Photosynthese der Pflanzen. Eine große Rolle spielt die Photosynthese von Meeresplankton. Es bindet etwa 65% des Kohlenstoffs, den die gesamte Pflanzenwelt bei der Photosynthese aufnimmt. Der totale jährliche Input von anthropogenem CO2 betrug 1980-1989 ca. 7,0 ± 1,1 CE/a, das sind ca. 4%, wobei 5,4 ± 0,5 CE/a aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe und 1,6 ± 1,0 CE/a aus der Abholzung tropischer Wälder stammen. Die letzte Zahl ist mit besonders großen Unsicherheiten behaftet. Die Akkumulation in der Atmosphäre beträgt 3,2 ± 0,2 CE/a, die Aufnahme durch den Ozean 2,0 ± 0,6 CE/a. Das ergibt eine Netto-Imbalance von 1,8 ± 1,3 CE/a. Die vorstehenden Daten geben SIEGENTHALER und SARMIENTO (1993) in Aktualisierung der IPCC-Daten (1990, 1992). Danach besteht weiterhin eine fehlende Senke im globalen Kohlenstoffhaushalt. Über die Ursachen der fehlenden Senke gibt es eine Reihe von Spekulationen. Die Zunahme von CO2 in der Atmosphäre erfolgte weniger rasch als aus C-Kreislaufmodellen erwartet wurde (in denen verschiedene Reaktionen der Biosphäre nicht berücksichtigt waren). Dies und Analysen des interhemisphärischen CO2-Gradienten deuten darauf hin, daß die Landökosysteme der Nordhemisphäre eine signifikante C-Senke darstellen könnten. Solch eine Senke wurde jedoch bisher nicht identifiziert. Die Zeit, die atmosphärisches CO2 braucht, um sich Änderungen seiner Quellen und Senken anzupassen, beträgt für die globale Skala 50-200 Jahre. Sie ist hauptsächlich bestimmt durch den langsamen Austausch von Kohlenstoff zwischen Oberflächenwasser und tieferen Ozeanschichten. Daher wird das heute in die Atmosphäre emittierte CO2 die CO2-Konzentration in der Atmosphäre für die nächsten hundert Jahre beeinflussen (IPCC 1990). 3.3.4 Weitere Spurenstoffhaushalte Die besondere Bedeutung von Wasser und Kohlenstoff im Klimasystem rührt u.a. von der Tatsache her, daß diese Substanzen für mehr als einen Stoffhaushalt eine Bedeutung haben. Weitere Stoffe im Klimasystem sind Ozon, Methan, FCKWs und Stickstoffoxide. Stratosphärisches Ozon Ozon ist ein wichtiger Bestandteil der Erdatmosphäre. Es schützt die Erde vor gefährlicher UV-Strahlung und spielt eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Temperaturstruktur der Stratosphäre, indem es sowohl die hereinkommende solare UV-Strahlung wie auch die emittierte terrestrische Strahlung absorbiert. Daneben beeinflußt es Chemie und Dynamik der Stratosphäre. Variationen der vertikalen Ozonverteilung können daher Klimaveränderungen verursachen. Die Stratosphäre enthält etwa 90% des atmosphärischen Ozons. Allein im Höhenbereich von 15-30 km befinden sich ungefähr 75% des gesamten Ozons der Atmosphäre. Die höchsten Ozonkonzentrationen befinden sich in den Tropen in ca. 25 km Höhe und in höheren Breiten in ca. 20 km . 3.30 KLIMA Die Verteilung des Ozons in der Atmosphäre wird durch ein empfindliches Gleichgewicht zwischen photochemischen Bildungs- und Abbauprozessen bestimmt und durch Transportprozesse (z.B. allgemeine Zirkulation in der Atmosphäre) wesentlich modifiziert. Ein ausgeprägtes Ozonminimum befindet sich über der Äquatorregion trotz maximaler Produktion. In Richtung der Pole nimmt die Konzentration zu und erreicht über der Polkappe ein Maximum. Die Ozonmenge über der Antarktis ist geringer als über der Arktis. Dies ist ein Ergebnis der unterschiedlichen Landverteilung und des Verhaltens der zirkumpolaren Wirbel. Der natürlichen Verteilung in Antarktika wird in jüngster Zeit ein ausgeprägtes Ozonminimum während des südpolaren Frühlings überlagert (Ozonloch), das seit Ende der siebziger Jahre beobachtet wird. Für dieses Minimum werden hauptsächlich stabile Chlor- und Bromverbindungen (FCKWs, Halone) verantwortlich gemacht. Unter Einfluß der Sonnenstrahlung werden diese Verbindungen zersetzt und bewirken unter den gegebenen meteorologischen Bedingungen (geringer horizontaler Luftaustausch, polare stratosphärische Wolken) über komplexe katalytische Prozesse einen zusätzlichen Ozonabbau. Im Vergleich zur Antarktis, wo während des Frühlings lokale Konzentrationsabnahmen bis zu ca. 90% beobachtet wurden, fand man in der Arktis keine starken Ozonverluste. Es wurde jedoch beobachtet, daß lokale Ozonverluste in der Arktis im Winter mit einer erhöhten Konzentration reaktiven Chlors in Zusammenhang stehen. Kürzliche Beobachtungen (Tabelle 3.3) zeigen eine signifikante Ozonabnahme während des Jahres auf Nord- und Südhalbkugel in mittleren und hohen Breiten. In den Tropen wurde kein Trend beobachtet. Die Abnahme war in den achtziger Jahren stärker als in den siebziger Jahren. Die Datenaufzeichnungen reichen jedoch nicht weit genug zurück, um zwischen natürlichen und anthropogenen Prozessen, die auf das Ozon wirken, zu unterscheiden. Ballon- und Satellitenmessungen zeigen, daß die beobachtete Abnahme des Ozons in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten hauptsächlich in der unteren Stratosphäre (15-25 km Höhe) stattfand. Nehmen die Konzentrationen von Chlor und Brom in der Atmosphäre weiter zu, könnten signifikante zusätzliche Ozonverluste eintreten. Eine Zunahme der Aerosolkonzentration könnte zu weiteren Ozonverlusten führen. Natürliche Aerosolquellen sind vor allem Vulkanausbrüche. Tabelle 3.3: Trend des globalen Ozongehalts in ‰/a mit 95% Vertrauensgrenze (nach: IPCC 1992) Satellitenmessungen 1979-1991 Bodenmessungen 26°N-64°N 45°S Äquator 45°N 1979-1991 1970-1991 DezMärz −5,2 ±1,5 +0,3 ±4,5 − 5,6 ±3,5 −4,7 ±0,9 − 2,7 ±0,7 MaiAug − 6,2 ±3,0 +0,1 ±5,2 − 2,9 ±2,1 − 3,3 ±1,2 SepNov − 4,4 ±3,2 +0,3 ±5,0 − 1,7 ±1,9 − 1,2 ±1,6 − 12,3 ±0,4 − 1,2 ±0,6 KLIMA 3.31 Als direkte anthropogene Quelle ist der stratosphärische Flugverkehr anzusehen, der zusätzlich auch Wasserdampf und Stickstoffoxide in die Stratosphäre einbringt, die wesentlichen Einfluß auf die stratosphärische Chemie haben könnten. Methan Methan (CH4) ist ein natürlicher Spurenstoff (vorindustrielle Konzentration 0,8 ppm), der jedoch stark anthropogen beeinflußt ist (derzeitige Konzentration 1,75 ppm). Methan hat unter allen Spurenstoffen die relativ größte jährliche Zuwachsrate (ca. 20% der natürlichen Zuflüsse im Vergleich z.B. zu CO2 mit nur ca. 2% der natürlichen Zuflüsse). Der Abbau von Methan geschieht in der Atmosphäre hauptsächlich durch Hydroxylreaktionen. FCKWs FCKWs sind in der Natur nicht vorkommende Gase, die seit etwa 30 Jahren großtechnisch verwendet werden, sich durch hohe chemische Stabilität auszeichnen, in der Troposphäre nicht abgebaut werden können und daher akkumulieren. Der einzige bekannte Abbaumechanismus ist die photochemische Zerlegung in der Stratosphäre. Dabei werden Halogenatome freigesetzt, die von Ozon oxidiert werden. Das Oxid reagiert abermals mit Ozon und wird dabei unter Abgabe von Sauerstoff reduziert, sodaß ein einziges Halogenmolekül genügt, um viele Ozonmoleküle abzubauen. Erst durch eine Reaktion mit anderen Spurenstoffmolekülen werden die Halogen- Tabelle 3.4: Zusammensetzung der Atmosphäre Anfang der 90er Jahre (1 ppm = 10-6 mol/mol) Name Symbol Molare Masse kg/kmol Mengenanteil mol/mol Massenanteil kg/kg Verweilzeit A: Hauptgase Stickstoff Sauerstoff Argon N2 O2 Ar 28,02 32,01 39,96 0,7809 0,2095 0,0095 0,7551 0,2314 0,0130 B: Spurengase (zeitlich u. räumlich konstant) Neon Helium Krypton Wasserstoff Xenon Ne He Kr H2 Xe 20,18 4,00 83,70 2,02 131,30 18,00ppm 5,20ppm 1,00ppm 0,50ppm 0,08ppm 12 .10-6 0,7 .10-6 2,9 .10-6 35 .10-9 0,36.10-6 C: Spurengase (zeitlich u. räumlich variabel) Wasserdampf Kohlendioxid Ozon (stratos.) (bodennah) Methan H 2O CO2 O3 18,00 44,02 48,00 CH4 16,03 0-3% 350-370ppm 9d 6a 5-10ppm bis0,20ppm 1,70ppm 30-150 d 1 h-10 d 9a 3.32 KLIMA atome aus diesem katalytischen Zyklus herausgenommen. Außerdem sind die FCKW-Moleküle Infrarotabsorber und damit klimawirksam. Die Klimawirksamkeit des einzelnen FCKW-Moleküls übertrifft die Wirksamkeit anderer Spurenstoffmoleküle um das mehr als Tausendfache. Stickstoffoxide N2O hat heute in der Atmosphäre mit 310 ppb eine um ca. 8% höhere Konzentration als vorindustriell (288 ppb). Der Stoff ist vorwiegend in der Stratosphäre photochemisch aktiv und spielt im Ozonhaushalt eine Rolle. Auch die anderen Stickstoffoxide NOx sind bei den Reaktionen beteiligt. 3.3.5 Die Modellierung der anthropogenen Spurenstoffhaushalte Die Zusammensetzung der Atmosphäre ist in Tabelle 3.4 dargestellt. Angegeben sind die Konzentrationen, d.h. die jeweiligen Zustandsgrößen. Über die zugehörigen Flußgrößen ist wenig bekannt, sie müssen geschätzt werden. Die Modellierung erfordert die vereinfachte Darstellung komplizierter nichtlinearer Zusammenhänge (Parametrisierung s.a. 3.1.4, 3.2.4). Natürliches Feld und anthropogenes Störungsfeld können daher nicht unabhängig voneinander vorhergesagt werden. Ein weiteres Problem besteht darin, daß die natürlichen Flüsse im allgemeinen wesentlich größer sind als die interessierenden anthropogenen Störflüsse. Auch die aus den Flüssen ermittelten Verweilzeiten weisen für ein und dieselbe Komponente je nach Betrachtungsweise unterschiedliche Werte auf (vgl. die Angaben für CO2 in Tabellen 3.4 und 3.5). 3.3.6 Der anthropogene Treibhauseffekt Bei der Beschreibung des anthropogenen Treibhauseffekts ist die folgende Kette von Vorgängen zu erfassen: # Emission der anthropogenen Spurenstoffe; grundsätzlich meßbar. # Zunahme der Spurenstoffkonzentrationen im Klimasystem unter Beachtung chemischer Umsetzungen; bedingt meßbar - anthropogen bedingte Zunahme kann nicht in allen Fällen zweifelsfrei von natürlicher Fluktuation getrennt werden. # Veränderung des Strahlungsfeldes im Klimasystem relativ zum natürlichen Strahlungsfeld; bisher nicht meßbar. # Veränderung der Temperatur im Klimasystem, bewirkt durch Absorption der KLIMA 3.33 Zusatzstrahlung; bedingt meßbar - anthropogen bedingte Temperaturänderung kann bisher nicht von natürlicher Fluktuation getrennt werden. Jeder dieser Vorgänge enthält meßtechnische und modellmäßige Unsicherheiten, die sich meist nicht in einfacher Weise quantifizieren lassen. In Abbildung 3.15 wird der anthropogene Zusatztreibhauseffekt mit dem natürlichen Treibhauseffekt verglichen. Den größten Beitrag zum gesamten Treibhauseffekt liefert das Wasser, dessen Anteil 59% (nach SCHÖNWIESE) bzw. 92% (nach LINDZEN) ausmacht. Trotz der Unterschiede in beiden Abschätzungen ist der anthropogene Anteil mit jeweils 1,4% gleich. Dieser Anteil wurde dadurch gewonnen, daß die Temperaturerhöhung der letzten 100 Jahre (0,45°C) als rein anthropogen bedingt angenommen wurde. Abb. 3.14: Darstellung der als anthropogener Treibhauseffekt interpretierten Temperaturerhöhung (oberes Diagramm, IPCC 1990) im Verhältnis zum natürlichen Treibhauseffekt (untere Diagramme, links nach SCHÖNWIESE (1987), rechts nach LINDZEN (1993)) Eine Abschätzung aus den Flüssen in Abbildung 3.5 (3,0 W/m2 gegenüber 356 W/m2) liefert einen Anteil von 0,8%. Dieser Vergleich setzt die berechnete (und dann als anthropogen interpretierte) Zunahme des terrestrischen Strahlungsflusses bei einer unterstellten CO2-Verdoppelung in Beziehung zum natürlichen aufwärts gerichteten terrestrischen Strahlungsfluß. 3.34 KLIMA Beide Abschätzungen sind voneinander unabhängig und verwenden verschiedene Daten. Sie besagen übereinstimmend, daß der Beitrag des anthropogenen Treibhauseffekts etwa im Prozentbereich liegt. Das erscheint zunächst wenig, darf jedoch nicht dazu verleiten, die möglichen Auswirkungen der anthropogenen Beeinflussung zu bagatellisieren. Empfindliche Gleichgewichte können auch durch kleine Änderungen bis hin zum Umkippen gestört werden. Tabelle 3.5: Daten der wichtigsten anthropogen beeinflußten Treibhausgase (mit Ausnahme des Wassers). Erhöhung der Wärmestrahlung = Radiative Forcing (nach: BENGTSSON 1992) Spurengas Konz. (1992) atmosphär. Verweilzeit Trend (derzeit) Erh. der Wärmestrahlg. (forcing) (1992-1750) wichtigste anthropogene Quellen Kohlendioxid CO2 356 ppm 50-200 J 0,5%/J 1,87 Wm-2 foss. Brennstoffe Waldrodungen Bodenerosion Methan CH4 1,75 ppm 10 J 0,9%/J 0,52 Wm-2 Reisanbau, Großviehhaltung, Verbrennung von Biomasse, foss. Brennstoffe, Erdgaslecks Distickstoffoxid N2O 0,31 ppm 150 J 0,25%/J 0,12 Wm-2 Kunstdüngung, foss. Brennstoffe Verbrennung von Biomasse CCl3F CCl2F2 302 ppb 523 ppb 65 J 130 J 4%/J 4%/J 0,27 Wm-2 FCKWs Andere Treibhausgase 0,22 Wm-2 Gesamtsumme 3,00 Wm-2 Erhöhung Wärmestrahlg. Ende 21. Jhrdt. CO2Äquivalente Erhöhung der Wärmestrahlung (2100-1992) Szenarium A 1343 ppm 6,9 Wm-2 Szenarium D 552 ppm 1,3 Wm-2 Reinigungsmittel, Industrie Eine Zusammenstellung von Ergebnissen bietet Tabelle 3.5. Von den vier oben genannten Vorgängen enthält die Tabelle Angaben für den zweiten und dritten Vorgang. Die zusätzliche Strahlung aufgrund des Stefan-Boltzmann-Gesetzes beträgt insgesamt 3 W/m2 (nach IPCC 1990: 2,45 W/m2), ein Wert, der angesichts der Unsicherheiten der Strahlungsabschätzung von Abbildung 3.5 (ca. 30 W/m2) nicht direkt meßbar ist. KLIMA 3.35 Abb. 3.15: Klimaszenarien, projiziert bis zum Jahr 2100 für 3 verschieden empfindliche Klimamodelle und unterschiedliche Emissionsentwicklungen von Treibhausgasen (nach: HOFFERT 1992) 3.36 KLIMA In Anbetracht der Streubreiten der in den Klimamodellen benutzten Parametrisierungen wird daher versucht, diese Unsicherheiten durch Szenarienrechnungen mit unterschiedlichen Annahmen einzugrenzen. Ein Beispiel zeigt Abbildung 3.16 für 3 verschieden empfindliche Klimamodelle (CO2-Verdoppelung führt zu einer Temperaturerhöhung gegenüber 1765 in Höhe von: 4,5°C - stark, 2,5°C - mittel, 1,5°C - schwach) und unterschiedliche Emissionsentwicklungen von Treibhausgasen (BaU: business as usual = unveränderter Emissionsverlauf; B, C, D: zunehmend geringere Emissionen). Obwohl häufig Temperaturänderungen zur Darstellung der Ergebnisse von Klimamodellberechnungen angeführt werden, ist auch mit Änderungen einer Vielzahl anderer Klimaparameter wie Niederschlag oder Anhebung des Meeresspiegels zu rechnen. Die derzeitige Gesamtbewertung des anthropogenen Treibhauseffektes, wie er von den Klimamodellen unter Beachtung der Spurenstoffhaushalte wiedergegeben wird, kann wie folgt zusammengefaßt werden (BENGTSSON 1992): # Die Absorption terrestrischer Strahlung nimmt aufgrund der Zunahme der Treibhausgase zu (derzeit um 0,4 bis 0,5 W/m2 pro Dekade). # Im Klimasystem gibt es Rückkopplungsprozesse (z.B. Wasserdampf, Wolken, Oberflächenalbedo, Meeresströmungen), die den direkten Effekt entweder verstärken oder abschwächen können. # Trotz eines beobachteten Temperaturanstiegs von 0,3 bis 0,5°C im globalen Mittel über die letzten 100 Jahre ist es bisher unmöglich, die vom Menschen verursachte Klimaänderung von der natürlichen Klimaschwankung zu trennen. # Der anthropogen bedingte Anstieg der globalen Temperatur an der Erdoberfläche beträgt in den nächsten 50 Jahren nach besten Schätzungen 1 bis 2°C. Es wird erwartet, daß sich eine globale Erwärmung in den nächsten 20 bis 30 Jahren bemerkbar machen wird. # Regionale Effekte sind mit wesentlich größeren Unsicherheiten behaftet als globale. Modelle zeigen z.B. eine Wanderung der europäischen Vegetationszonen nach Nordosten. # Der Anstieg des Meeresspiegels wird sich wahrscheinlich auf wenige cm pro Dekade (bedingt durch Ausdehnung des Wassers im Ozean) beschränken. Zum Teil könnte dies durch erhöhte Akkumulation von Schnee auf den Kontinenten (Gletscher in der Antarktis und Grönland) kompensiert werden. KLIMA 3.3.7 3.37 Analogien zum Klimasystem im Bereich von Biologie und Wirtschaft Die Ergebnisse der dynamischen Klimatologie haben bereits früh die Möglichkeit einer Labilisierung der Klimazustände bis hin zum katastrophenartigen Umkippen in einen vollständig anderen Zustand demonstriert (z.B. NORTH et al. 1981). Ferner gilt der sogenannte runaway greenhouse effect des Planeten Venus als wissenschaftlich gesichert. Dabei handelt es sich um einen Instabilitätseffekt der Venusatmosphäre; diese besteht praktisch ausschließlich aus CO2 und hat einen etwa 15 mal größeren Treibhauseffekt als die Erde. Befürchtungen, ein ähnliches Schicksal könne auch die Erde treffen, gelten zwar allgemein als unrealistisch. Dennoch ist es eine Tatsache, daß Klimasysteme im allgemeinen mehrerer stabiler Zustände fähig sind und beim Überschreiten kritischer Grenzen von dem einen in den anderen Zustand kippen können. Die Lage solcher kritischer Grenzen exakt zu quantifizieren, gehört zu den ungelösten Problemen der Klimasystemforschung. Ein Beispiel eines solchen möglichen Umschlags, wenn auch aus natürlichen Ursachen heraus, könnte das Ereignis in der Eem-Warmzeit vor 115 000 Jahren gewesen sein, das in Abbildung 3.11 diskutiert wurde. Man kann verschiedene Vorgänge im Klimasystem analog zu physiologischen Vorgängen im menschlichen Organismus betrachten, oder, wenn man noch einen Schritt weiter geht, die Erde überhaupt als Lebewesen ansehen (LOVELOCK 1992). Für beide, Mensch und Erde gilt, daß das System destabilisiert wird, wenn Subsysteme oder einzelne Parameter desselben einseitig gerichtete Veränderungen im Zeitablauf aufweisen und nicht mehr zur Ausgangslage zurückkehren. Wenn im System des menschlichen Organismus etwa Blutdruck, Temperatur, Laborwerte oder Schadstoffe in Körpergeweben laufend ansteigen (Störung des Fließgleichgewichts bei Stoffwechselvorgängen), so wird die Gefahr einer Destabilisierung erkennbar, auch wenn sich diese gesundheitlich nicht sofort auswirkt. Hier besteht Handlungsbedarf: Das Fließgleichgewicht muß wiederhergestellt werden, um weitergehenden oder längerdauernden Destabilisierungen im System, d.h. akuter Gesundheitsgefährdung, vorzubeugen. Eine andere und nicht weniger bedeutsame Analogie zum Klimasystem besteht in der Ähnlichkeit mit einem Wirtschaftssystem. Auch hier gibt es das Phänomen der Instabilität und die vielfach diskutierte Problematik des planenden Eingreifens. Ökonomische Modelle und Klimamodelle haben eine Reihe formaler Ähnlichkeiten: Beide sind Input-Output-Modelle; die in ihnen aktiven nichtlinearen Wechselwirkungen müssen parametrisiert werden. In der Ökonomie ist die Voraussage, welchen wirtschaftlichen Effekt eine bestimmte planerische Maßnahme haben wird, oft nicht möglich. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, daß die Voraussagen Rückwirkungen auf das System haben. 3.38 3.4 KLIMA Auswirkungen auf Österreich Globale Klimamodelle können heute selbst für die kontinentale Skala, d.h. für Europa, keine regional differenzierten Aussagen über mögliche Klimaänderungen liefern (IPCC 1990). Noch viel weniger sind solche Aussagen für ein kleines, orographisch stark gegliedertes Land wie Österreich möglich. Die horizontale Auflösung dieser Modelle (typischer Wert 500 km) ist zu gering und die Erfassung kleinräumiger Prozesse unzureichend, um die Vielzahl von orographischen Effekten zu berücksichtigen, die das Klima im Alpenraum prägen. Bei einer Abschätzung der Auswirkungen globaler Klimaänderungen auf das regionale Klima sollen daher im folgenden nur großräumige Charakteristika aus den Simulationsergebnissen globaler Klimamodelle herangezogen werden. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe der Österreichischen Akademie der Wissenschften hat die möglichen Auswirkungen von Klimaänderungen in Österreich auf Hydrologie, Limnologie, Vegetation und den Menschen für ein bestimmtes Szenarium untersucht und allfällige Maßnahmen diskutiert (ÖAW 1992, ÖAW 1993). 3.4.1 Die Möglichkeiten regionaler Aussagen Für den Schluß von großräumigen (z.B. mitteleuropäischen) Klimaverhältnissen auf das regionale Klima (z.B. im Ostalpenraum) bietet sich die Analyse vergangener Klimaänderungen an. Mit statistischen Methoden können Zusammenhänge zwischen großskaligen Parametern und solchen, die das regionale Klima charakterisieren, gefunden werden. Die in der Periode instrumenteller Beobachtung erfaßten Klimaschwankungen betreffen in erster Linie die letzten 100 Jahre. In Europa liegen dafür Klimadaten an ca. 170 Stationen vor. Daraus läßt sich eine Vielzahl statistischer Größen berechnen (z.B. SCHÖNWIESE et al. 1993). Die Entwicklung der Niederschlagsmenge in Wien in den letzten 100 Jahren zeigt Abbildung 3.17 für jedes Jahr. Daraus ergeben sich folgende Aussagen: - Aufgrund der hohen Variabilität ist der langjährige Mittelwert in Wien (654 mm/a) um mehr als 10% unsicher. Dies folgt auch beim Vergleich mit dem Mittelwert aufgrund eines nur 50-jährigen Datensatzes; hier beträgt der Niederschlag 685 mm/a. - Die starken interannuellen Schwankungen in Abbildung 3.17 sind das Resultat von Zirkulationsanomalien. Diese treten in Mitteleuropa bevorzugt im Winter auf und können daher anhand von Schneedaten analysiert werden. Danach wäre bei globaler Erwärmung im Winter in Mitteleuropa mit einer verstärkten Zonalisierung (zonal bedeutet hier in West-Ost-Richtung verlaufend) der Strömung und geringerer Neigung zur Ausbildung blockierender Zirkulationsverhältnisse zu rechnen. Für die Gebiete nördlich des Alpenhauptkamms würde der höhere Feuchtigkeitsgehalt der anströmenden Luftmassen ab einer gewissen Seehöhe die direkte Wirkung einer Temperaturerhöhung auf die Schneedecke zum Teil kompensieren. Im Höhenbereich unter 1 000 m würde die Zahl der Tage mit Schneedecke stärker abnehmen als in größeren Höhen, im Hochgebirge könnte die Schnee- KLIMA 3.39 höhe eventuell sogar zunehmen. Abb. 3.17: Jahresniederschlag der letzten 100 Jahre an der Station Wien, Hohe Warte. Daten von Rudel (private Mitteilung) Für die Gebiete südlich des Alpenhauptkamms ist bei verstärkt zonaler Strömung allerdings eine Abnahme der Winterniederschläge zu erwarten. Die Schneeverhältnisse in Osttirol, Kärnten und der Weststeiermark hängen sehr stark vom Vorhandensein bzw. Fehlen von Tiefdruckgebieten im nördlichen Mittelmeerraum ab. Die exemplarische Gegenüberstellung der beiden Winter 1989/90 und 1990/91 illustriert die hohe Variabilität der Schneeverhältnisse in diesem Raum am Beispiel der Villacher Alpe (2 140 m). Im Winter 1990/91 wurde auf der Villacher Alpe eine etwa viermal höhere Neuschneesumme (218 cm gegenüber 58 cm) registriert als 1989/90 (103 cm gegenüber 11 cm), sodaß die mittlere Schneehöhe 1990/91 neunmal größer war als 1989/90. Im Winter 1989/90 haben Kaltluftvorstöße in das westliche Mittelmeergebiet nahezu völlig gefehlt. Die Strömung war im Mittel ausgesprochen zonal; schwache Zyklonen, die sich im Lee des Gebirges bildeten, wurden mit der Strömung rasch verlagert, sodaß an einem gegebenen Ort keine hohen Niederschlagsmengen auftraten. Im Winter 1990/91 führte zweimaliges intensives Aufgleiten der Luft am Gebirge zu ergiebigen Schneefällen südlich des Alpenhauptkamms. Zwischen diesen beiden Niederschlagsereignissen bildeten sich bei Höhenströmungen mit starker Nord-Süd-Komponente im Gegensatz zu 1989/90 häufig stabile Hochdruckgebiete über Europa. Dadurch wurde eine Verringerung der Schneedecke in den niederschlagsfreien Perioden verhindert. Zirkulationsanomalien sind gerade für das Klima im alpinen Bereich von großer Bedeutung, 3.40 KLIMA können aber von Klimamodellen noch nicht beschrieben werden. Aus einigen großräumigen Tendenzen, die von den Klimamodellen erfaßt werden können, kann die Ableitung möglicher Auswirkungen auf den alpinen Raum jedoch versucht werden. Trifft z.B. der in mehreren Modellen auftretende Effekt des Bodendruckanstiegs im Mittelmeerraum mit einer leichten Nordwärtsverlagerung des Westwindbandes zusammen, so wäre vermutlich eine Abnahme der Winterniederschläge im gesamten Alpenraum zu erwarten. Ein solches Szenarium einer winterlichen Temperaturerhöhung bei gleichzeitiger Niederschlagsabnahme hätte eine negative Wirkung auf die Schneedecke in allen Höhenbereichen. Neuere Arbeiten (AUER und BÖHM 1993) dagegen zeigen, daß österreichweit zwar keine einheitlichen Trends vorliegen, aber eher die feucht-warmen und nicht die trocken-warmen Winter zunehmen. Der spekulative Charakter dieser Aussage spiegelt die Tatsache wider, daß Simulationen von globalen Klimamodellen einen Großteil des zur Erstellung regionaler Szenarien notwendigen Inputs noch nicht liefern können. Dies trifft besonders auf das Sommerhalbjahr zu, in dem das Wettergeschehen stärker von kleinräumigeren, konvektiven Vorgängen dominiert wird. So wird beispielsweise die von den meisten globalen Klimamodellen für mittlere Breiten simulierte negative Wirkung einer höheren Temperatur auf die sommerliche Bodenfeuchte auf das Zusammenwirken vor allem lokaler Effekte (frühere Schneeschmelze, stärkere Verdunstung) zurückgeführt. Diese grundlegenden Rückkopplungsmechanismen, die letztlich unabhängig von der Ursache der Temperaturerhöhung wirken, sollten besonders beachtet werden, insbesondere in Hinblick auf bereits bestehende Tendenzen zu trockeneren Verhältnissen in Teilen Ostösterreichs. 3.4.2 Die Rolle der Gebirgsgletscher Die weltweiten Gletscherfluktuationen sind gut dokumentiert (RÖTHLISBERGER 1986, IPCC 1990). Dabei muß man zunächst feststellen, daß die Gebirgsgletscher für die globale Kryosphäre so gut wie keine Rolle spielen: Die Eisschilde von Antarktika (91%) und Grönland (9%), einschließlich des Schelfeises, jedoch ohne Meereis, machen mehr als 99% der gesamten Eismasse der Erde aus. Die Gebirgsgletscher machen demgegenüber nur ca. 0,1% aus, Meereis und jährliche Schneedecke etwa 0,2% (KUHN 1990). Die Längenänderungen von Gebirgsgletschern sind jedoch Indikatoren für das regionale Klima, die zwar mit Verzögerung, aber sehr auffällig, ansprechen. Daher werden in der Folge nur sie betrachtet. In die Längenänderung gehen unter anderem folgende Parameter ein: Temperatur, Niederschlag und Bewölkung. Die Reaktionszeit eines Gletschers auf geänderte Bedingungen hängt von seiner Größe ab: Je größer der Gletscher, desto langsamer reagiert er. Abbildung 3.18 zeigt eine Statistik von durchschnittlich 350 Gletschern (seit 1959). Von diesen ist je knapp die Hälfte im Vorstoß, die andere Hälfte im Rückgang begriffen; ca. 7% sind derzeit stationär. Ein globaler Gletscherschwund ist daraus zunächst nicht ableitbar. KLIMA 3.41 Untersuchungen in den Alpen zeigen jedoch, daß hier die meisten Gletscher kleiner geworden sind (HAEBERLI und MÜLLER 1988). Die gesamte Massenabnahme in den Alpen seit Mitte des 19. Jahrhunderts beträgt nach HAEBERLI (1990) 50%; nach IPCC (1992) ist dieser Wert jedoch mit hohen Unsicherheiten behaftet. Abb. 3.18: Anteil der beobachteten Gletscherzungen, die vorstoßen, sich zurückziehen bzw. stationär sind. Erfaßt wurden weltweit 271 Gletscher im Jahr 1959/60 bis 486 Gletscher im Jahr 1984/85 (jeweils 5-Jahresmittel) (nach: FOLLAND et al. 1992) Abb. 3.19: a) Längenänderung aller Schweizer Alpengletscher von 1880-1987: Anteile der wachsenden, stationären und schwindenden Gletscher (nach: AELLEN und HERREN 1992) 3.42 KLIMA Statistische Analysen von räumlichen und zeitlichen Variationen der Massenbilanz von Gletschern verschiedener Kontinente zeigen, daß das Verhalten der Alpengletscher repäsentativ für alle Gletscher ist, was die Empfindlichkeit des Gletschervolumens gegenüber Klimavariationen bestätigt. Während des letzten Jahrhunderts erfolgte global eine Reduktion des Volumens um 13±9% (IPCC 1992). Abbildung 3.19 zeigt Längenänderungen von Schweizer Gletschern seit 1880 (AELLEN und Abb. 3.19: b) Längenänderung österreichischer Alpengletscher von 1959-1992 (oben) und Anteile wachsender (schwarz), stationärer (punktiert) und schwindender (weiß) Gletscher von der Anzahl (n) der beobachteten Gletscher (unten) (nach: PATZELT 1993) HERREN 1992) und österreichischen Gletschern seit 1959 (PATZELT 1993). Die Schweizer KLIMA 3.43 Gletscher zeigen einen Rückgang zwischen etwa 1920 und 1960, der im Durchschnitt etwa 80% der beobachteten Gletscher betraf. Im Zeitraum von 1965 bis 1980 erfolgte ein Nettovorstoß aller Alpengletscher, der mit niedrigen Mitteltemperaturen über dem größten Teil des Atlantik und über Westeuropa zusammenhängt. Seit 1984 erfolgt erneut ein leichter Rückgang, die Anteile der vorstoßenden und zurückgehenden Gletscher sind aber etwa gleich. Seit 1987 hat sich der Rückgang etwas verstärkt, der Anteil der schwindenden Gletscher hat gegenüber dem der wachsenden und stationären Gletscher zugenommen (Teilbild b). Ein auffälliger Klimatrend im Sinne eines dramatischen Rückganges ist aber aus diesen Befunden bisher nicht erkennbar. 3.4.3 Zusammenhang Schneedeckendauer Österreich - Temperatur Europa HAIDEN und HANTEL (1992) untersuchten den Zusammenhang zwischen Schneedeckendauer und Temperatur. Ausgangsdaten waren Monatsmittel von Temperatur (t, Einheit°C) und Anzahl der Tage pro Saison mit Schneedecke (N) an 109 Stationen aus dem Zeitraum 1953-1980. Das Verfahren besteht darin, aus dem Wert von N für eine Station die Empfindlichkeit SN der Andauer der Schneedecke gegenüber Temperaturanomalien abzuleiten. Dazu werden die Werte von t jahreszeitlich gemittelt. Für alle Stationen und Jahre wird N in Abhängigkeit von t eingetragen (Abbildung 3.20). Daraus wird die größte Steigung der Punktwolke objektiv ermittelt. Höhenstationen, wie etwa der Sonnblick, mit praktisch ganzjähriger Schneebedeckung Abb. 3.20: Zahl N der Tage mit Schneedecke für Frühjahr (Präbichl) als Funktion der Mitteltemperatur t über Europa; jeder Punkt repräsentiert ein Kalenderjahr. Nur der durchgezogene Teil der Kurve ist durch Daten repäsentiert. SN=-8 d/°C haben einen niedrigen Wert für SN; denn eine saisonale Erwärmung sogar um mehrere Grad 3.44 KLIMA kann etwa die Zahl der Schneetage im Winter, die ohnehin 90 Tage beträgt, kaum ändern. Ähnlich ist es bei Stationen im Flachland, etwa Eisenstadt, mit eher seltener Schneelage: hier wird auch eine großräumige Abkühlung die Zahl der Schneetage nicht sogleich dramatisch zunehmen lassen. Die Meßpunkte für den Sonnblick lägen in Abbildung 3.20 ganz links oben im Diagramm, die für Eisenstadt ganz rechts unten. Der interessante Bereich liegt in der Mitte. Dort ist die Empfindlichkeit gegen mögliche Klimaschwankungen am größten. Dort hat also für eine Station mit jahreszeitlich stark schwankender Schneebedeckung die Steigung der Kurve SN ein Maximum. Tabelle 3.6: Vergleich städtischer und ländlicher Klimaparameter (nach HENDERSONSELLERS and ROBINSON 1987) Element Parameter städtisch/ländlich Einstrahlung horizontal UV-Strahlung -15% -30% (Winter) - 5% (Sommer) Temperatur Jahresmittel Wintermaximum frostfreie Periode +0,7°C -1,5°C +2 bis 3 Wochen Windgeschwindigkeit Jahresmittel extreme Böen Kalmenhäufigkeit -20 bis -30% -10 bis -20% +5 bis +20% Relative Feuchte Jahresmittel Jahreszeitenmittel -6% -2% (Winter) -8% (Sommer) Bewölkung Wolkenhäufigkeit und-menge Nebel +5 bis +10% +100% (Winter) + 30% (Sommer) Niederschlag Menge Tage mit < 5 mm Schneetage +5 bis +10% +10% -14% Aus den individuellen SN-Werten hinreichend vieler repräsentativer Stationen läßt sich eine mittlere Empfindlichkeit für ganz Österreich ableiten. Das vorläufige Ergebnis lautet: Eine Zunahme der europäischen Mitteltemperatur um 1°C bewirkt eine Verringerung der Anzahl der Tage mit Schneedecke um etwa 10 Tage pro Saison. KLIMA 3.4.4 3.45 Stadtklima Der Einfluß des Stadtklimas kann weitgehend unabhängig vom globalen und sogar regionalen Klima betrachtet werden. In Tabelle 3.6 werden einige typische Parameter für Städte der gemäßigten Breiten zusammengestellt. Wesentlich ist ein relativ großer Unterschied zwischen den innerstädtischen Verhältnissen und denen im Umland. BÖHM (1979a) untersuchte unter Verwendung der Daten von 4 Stationen im verbauten Gebiet und 7 Stationen in der Umgebung der Stadt den Trend des Aufbaus der städtischen Wärmeinsel Wiens in der Zeit von 1952 bis 1976. Dabei wurde ein statistischer Trend von steigenden Temperaturunterschieden zwischen Stadt und Umgebung gefunden. Die Steigerung (bei den Jahresmitteln) betrug von 1952-1976 0,85°C, das sind 150% bezogen auf den Anfangswert 1952. Abbildung 3.21 zeigt die Isothermen der Temperaturabweichung vom Stadtkern. Wesentliche Ursachen für die Bildung der Wärmeinsel sind die erhöhte Wärmespeicherung durch die vermehrte Bausubstanz im Stadtgebiet und die Veränderung des Wasserhaushalts durch die Verbetonierung von Vegetationszonen. Dadurch wird auch die Verdunstung herabgesetzt, die im Umland wesentlich zur Abkühlung beiträgt. Hinzu kommt noch die Produktion fühlbarer Wärme durch Verbrennungsprozesse (Abwärme). Die markantesten wärmeinselbedingten Temperaturunterschiede zwischen Stadtzentrum und ungestörtem Umland stellen sich an windschwachen und bewölkungsarmen Tagen ein. Die urbane Wärmeinsel wirkt sich am stärksten im Sommer während der Nachtstunden aus, untertags jedoch kaum. Im Winter ist das Abb. 3.21: Lage der Temperaturmeßstationen in Wien/Umgebung und Ausdehnung der Wärmeinsel. Durchgezogene Linien Isothermen der Temperaturabweichung vom Stadtkern an Tagen mit günstigen Bedingungen zur Ausbildung der urbanen Wärmeinsel (BÖHM 1979a) 3.46 KLIMA Stadtzentrum ganztags, wenn auch geringer gegenüber dem Umland übertemperiert. Obwohl die Wärmeinsel nicht an allen Tagen gleich stark ausgeprägt ist, tritt sie bei der Jahresmitteltemperatur in Erscheinung. So ergibt sich für das Stadtzentrum eine Temperaturerhöhung von ca. 1°C gegenüber der östlichen, ebenen Region Wiens und eine Temperaturerhöhung von ca. 1,5°C gegenüber den westlichen Randbezirken (AUER et al. 1989). Das Beispiel Wien zeigt, daß der Wärmeinseleffekt unabhängig von der Einwohnerzahl ist; diese ist von 1950 bis zum Anfang der 90er Jahre konstant geblieben, der Wärmeinseleffekt hat dagegen zugenommen. Abb. 3.22: Schema der städtischen Atmosphäre. Abwärts der vorherrschenden Windrichtung entwickelt sich über der Stadt ein schwaches, klimatisch aber wirksames Auftriebsgebiet ("urban plume") (nach: HENDERSON-SELLERS and ROBINSON 1987) Ein schematischer Querschnitt durch die Stadtatmosphäre ist in Abbildung 3.22 dargestellt. Der Reibungseinfluß des Untergrundes wirkt sich sehr stark aus; die mittlere Windgeschwindigkeit ist herabgesetzt. Die vorherrschende Windrichtung ist nicht durch das Druckfeld in der freien Atmosphäre gegeben, sondern ist reibungsbedingt um bis zu 90 Grad gedreht. Ein Beispiel für die klimatische Auswirkung der Stadt auf das Niederschlagsfeld zeigt Abbildung 3.23 anhand von Wien. Nach einer Studie von BÖHM (1979b) beträgt die stadtinduzierte Niederschlagserhöhung im Mittel ca. 10% und hat im Zeitraum 1947 bis 1976 ca. 40% zugenommen. Das urban induzierte Niederschlagsmaximum liegt im Lee der Stadt, das Maximum im Bereich 11 bis 31 km ostwärts des Stadtzentrums; die vom erhöhten Niederschlag betroffene Fläche beträgt 300 bis 1 000 km2 - zum Vergleich: Fläche des Wiener Stadtgebietes 400 km2. Im Niederschlagsmaximum beträgt die Niederschlagserhöhung 75 bis 240 mm/a. Die Analyse und Vorhersage des Stadtklimas mit Hilfe von Modellen wird heute in wachsendem Ausmaß betrieben. Dabei steht die Simulierung der Ausbreitungsprozesse in der planetaren Grenzschicht im Mittelpunkt. Als Beispiel seien Modelle für industriebetroffene Standorte KLIMA 3.47 (Beispiel: Linz, vgl. PECHINGER et al. 1989) sowie für stark orographisch beeinflußte Standorte (Beispiel: Graz, vgl. PISCHINGER 1991) genannt. Abb. 3.23: Mittlere jährliche Zusatzniederschlagsmenge östlich von Wien; Daten von 1947 bis 1976, Isohyetenabstand 10 mm/Jahr. Dieser Niederschlag ist durch urbanen Einfluß erzeugt (nach: BÖHM 1979b) 3.48 3.5 KLIMA Systemkritische Aspekte In 3.1 bis 3.4 wurde das Klimaproblem vom rein naturwissenschaftlichen Standpunkt aus dargestellt. Das Klima hat darüber hinaus weitreichenden Einfluß auf alle Bereiche menschlicher Aktivitäten. Einige der besonders vordringlich erscheinenden Aspekte sollen im folgenden angeführt werden. 3.5.1 Das Klimaproblem in der öffentlichen Diskussion Die Entwicklung der Klimamodelle und der wissenschaftlichen Klimatologie führte in den 60er Jahren erstmals zu Betroffenheit über die Möglichkeit großer Klimaänderungen. Diese Diskussionen fanden von Anfang an nicht nur unter Fachleuten statt. Beispielsweise war zu dieser Zeit die Möglichkeit des künstlichen Abschmelzens der Eisbedeckung im Nordpolarmeer ein Programmpunkt im Parteiprogramm der Sowjetunion. Dies hatte unter anderem zum Ziel, das Klima Sibiriens zu verbessern (FLOHN 1989) und setzte erhebliche Forschungsmittel für die betroffenen Fächer frei. Diese Entwicklung war international bekannt und führte auch in den USA zu einer Verstärkung der Klimaforschung. Erste Ergebnisse von Modellrechnungen erbrachten anthropogen bedingte Erwärmungen in höheren Breiten im Ausmaß von 20°C (SMIC-Report 1971). In den 70er Jahren verstärkte sich das Gewicht der Klimaforschung weiter und lieferte zunehmend überzeugende Ergebnisse. Einer der Höhepunkte war die gelungene Simulierung der Klimaklassifikation von Köppen durch ein globales Klimamodell (vgl. Abbildung 3.6). Die Vorhersagen der globalen Temperaturänderung beispielsweise haben sich in den letzten 20 Jahren wie folgt entwickelt. - In den 70er Jahren wurden die Rekonstruktionen der globalen Temperaturen der letzten 100 000 Jahre dem breiten Publikum bekannt. Aufgrund einer Serie bitterkalter Winter in den USA, verbunden mit dem Ölschock und der heraufziehenden Energiekrise, wurde das Kommen einer neuen Eiszeit als reale Möglichkeit diskutiert (vgl. die Zusammenstellung von BALLING 1992). - Schon in den 60er und verstärkt in den 70er Jahren hatten die Klimamodelle (z.B. MANABE and WETHERALD 1975) die Möglichkeit eines verstärkten Treibhauseffektes durch die anthropogenen Spurengase und damit einer globalen Erwärmung aufgezeigt. 1979 fand die erste Weltklimakonferenz statt, und das CO2-Problem rückte ins allgemeine Bewußtsein. - Eine wesentliche Rolle für den Fortgang der wissenschaftlichen Klimadiskussion spielten drei Konferenzen in Villach (1979, 1981, 1985), welche schließlich die Gründung des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) auslösten. - 1987 wurde von der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft und der Deutschen Physikalischen Gesellschaft eine Broschüre "Warnung vor drohenden weltweiten Klimaänderungen durch den Menschen" herausgegeben (DMG 1987). Darin wurde festgestellt, daß innerhalb der KLIMA 3.49 nächsten 100 Jahre die mittlere Temperatur an der Erdoberfläche um etwa 3 bis 9°C ansteigen werde; im polaren Winter werde der Temperaturanstieg das Doppelte bis Dreifache dieses Wertes betragen. - 1990 fand die zweite Weltklimakonferenz statt. Bis zum Ende des nächsten Jahrhunderts wurde eine Erwärmung von 3°C ±1,5°C vorhergesagt (HOUGHTON 1990, 1991). Im Supplementband IPCC (1992) wurde diese Zahl beibehalten. - Die neuesten und eher kritischen Abschätzungen (LINDZEN 1990; BALLING 1992, SINGER 1992) kommen zu Erwärmungsraten, die unterhalb des Unsicherheitsbereichs des IPCC-Berichtes liegen. Diese Beispiele zeigen den Verlauf der wissenschaftlichen Entwicklung im Spannungsfeld öffentlicher Interessen. In der Öffentlichkeit werden unvollständige und vielfach widersprüchliche Informationen bekannt. Die Folge sind heftige Kontroversen, die wissenschaftlich nicht begründet sind und wissenschaftlich nicht bereinigt werden können. Ferner sind bei der Erörterung von Maßnahmen gegen allfällige Klimagefahren meist starke wirtschaftliche und politische Interessen berührt. Jeder Widerspruch in der wissenschaftlichen Argumentation kann für die eine oder andere Position genutzt werden. Daraus ergibt sich die Gefahr einer Ideologisierung der Klimadiskussion. 3.5.2 Die Sicherheit und Unsicherheit wissenschaftlicher Aussagen zum Klimaproblem Die wesentlichen Ursachen, Kräfte und Zusammenhänge des globalen Klimageschehens, der hydrologische Zyklus, die Entstehung der Hauptklimagebiete der Erde, die Verteilung von Niederschlag, Wind, Meeresströmungen, Eis, Vegetation und das globale und regionale Temperaturfeld unter Einschluß des jahreszeitlichen Zyklus sind meßtechnisch heute relativ gut erfaßt, wissenschaftlich in großen Zügen verstanden und auf Großrechenanlagen einigermaßen korrekt simulierbar. Eine weitere Verfeinerung dieses Bildes stößt jedoch auf große Schwierigkeiten. Die zusätzlich durch anthropogene Aktivitäten bewirkten Änderungen des natürlichen Klimas, der genaue Wert des Eintrags zusätzlicher als Schadstoffe angesehener Substanzen, und vor allem die Auswirkungen dieser Stoffe, insbesondere der bereits eingetretene sowie der erwartete Zusatz-Treibhauseffekt, sind zwar vermutet und durch eine große Zahl seriöser Modelle im wesentlichen übereinstimmend beschrieben (im Sinne einer Erwärmung, vgl. IPCC 1990, 1992); sie sind jedoch bisher nicht schlüssig durch Messungen nachgewiesen und außerdem in wesentlichen Einzelheiten umstritten. Um die Unsicherheiten in den Aussagen der Klimamodelle zu verringern, bietet sich eine Strategie nach Manabe (dargestellt von HOFFERT 1992) an. Darin wird ein dreifaches, gegenseitig abgestütztes, Vorgehen empfohlen (Abbildung 3.24). Seine Komponenten sind erstens 3.50 KLIMA Abb. 3.24: Strategie zur Verbesserung von Klimavorhersagen. Vorschlag von Manabe (nach: HOFFERT 1992) ein globales Beobachtungs- und Diagnoseprogramm, zweitens die Anwendung ständig verbesserter Modelle und drittens eine sorgfältige Diagnose der Modellvorhersagen auf Grundlage von Beobachtungen des Klimasystems. 3.5.3 Ansatzpunkte für Maßnahmen Die in 3.3.6 besprochene Kette von Vorgängen, nach der eine denkbare anthropogene Klimabeeinflussung abläuft, seien im folgenden nochmals im Hinblick auf technologische Eingriffsmöglichkeiten zusammengestellt: KLIMA 3.51 (1) Die Emission von Stoffen in das Klimasystem. Der Mensch beeinflußt (d.h. vergrößert oder verkleinert) den Fluß von Klimagrößen im Niveau der Erdoberfläche. Wichtige Beispiele sind: Die Änderung der solaren bzw. terrestrischen Strahlung durch Änderung der Oberflächenbeschaffenheit (z.B. Städtebau, Waldrodung, Feldbau, allgemein Kultivierung der Landschaft); die Änderung der Verdunstung durch die gleichen Maßnahmen; die zusätzliche Emission von Spurenstoffen durch Industrie, Verkehr, Hausbrand. (2) Die Zunahme der Konzentration von Stoffen im Klimasystem. Diese ist zwar über die Haushaltsbeziehungen an die Emission der Stoffe gekoppelt, mit ihr jedoch keineswegs identisch. Ein Beispiel ist das CO2, bei dem die globale Konzentrationszunahme nur etwa halb so groß ist wie die, welche sich aus den ziemlich gut bekannten anthropogenen Emissionen errechnen läßt. (3) Die Änderung des Strahlungshaushaltes entfernt von der Erdoberfläche. Aufgrund der Konzentrationsänderungen der Stoffe ändert sich die Strahlung und damit ändern sich auch die anderen Energieflüsse im freien Klimasystem. (4) Die Änderung der Temperatur an der Erdoberfläche. Diese ist zwar über den Treibhauseffekt an die Änderungen von Konzentrationen und Energieflüssen im freien Klimasystem gekoppelt, mit ihnen jedoch keineswegs identisch. Ein Beispiel ist der Umstand, daß die in den letzten 100 Jahren gemessene Temperaturerhöhung an der Erdoberfläche geringer ausfällt, als sie es nach reinen Treibhausrechnungen sein sollte. Von den Gliedern dieser Kette ist praktisch nur das erste vom Menschen beeinflußbar. Damit können Maßnahmen zur Reduktion des anthropogenen Treibhauseffektes nur an dieser Stelle ansetzen. Bei der Auswahl solcher Maßnahmen ist jedoch zu beachten, daß Vorteile in einem Bereich nicht durch Nachteile in anderen Bereichen erkauft werden. Es wurde gezeigt, daß die Ergebnisse der Klimamodelle, welche die Kette dieser Vorgänge zu simulieren versuchen, teilweise stark streuen. Das bedeutet: Eine zweifelsfreie Korrelation zwischen Ursache (1) und Effekt (4) ist umstritten. Derzeit kann die Wissenschaft weder beweisen noch widerlegen, daß die beobachtete Temperatursteigerung von knapp einem halben Grad in den letzten 100 Jahren auf menschliche Wirkung zurückzuführen ist. Skeptiker empfehlen daher eine Wait and see-Strategie. Sie argumentieren: Die hohen wirtschaftlichen und sozialen Kosten einer Treibhausgasreduktion dürfe man nicht auf der Grundlage so unsicherer Hypothesen beschließen, wie es der anthropogene Treibhauseffekt nun einmal sei. Das Klima habe so bemerkenswerte Stabilisierungsmechanismen, daß man in der gegenwärtigen Phase der Unsicherheit keine weitreichenden Reduktionsbeschlüsse fassen, sondern lieber auf sichere Ergebnisse der Wissenschaft warten solle. Dem wird entgegengehalten, daß die Wait and see-Strategie uns teuer zu stehen kommen könnte. Wenn sich herausstellen sollte, daß doch eine irreversible Klimaänderung durch anthropogene Aktivitäten herbeigeführt worden sei (Inadvertent climate modification), dann sei es zu spät. Daher solle man eine No regret-Strategie (vgl. MINTZER 1992) einleiten, die heute 3.52 KLIMA für einen späteren Zeitpunkt nichts verbaue, gleichgültig ob die Welt unmittelbar vor einer einschneidenden Klimaänderung stehe oder nicht; diese Strategie empfiehlt, nur solche Maßnahmen zuzulassen, bei denen Balance zwischen den dafür aufzubringenden (derzeitigen und künftigen) Kosten und den aus der Klimaänderung erwarteten Nachteilen gegeben ist. Die No regret-Strategie leitet aus dem gemessenen Konzentrationsanstieg der Spurenstoffe Handlungsbedarf ab, obwohl über den Grad möglicher Destabilisierungen vorläufig keine sicheren Aussagen getroffen werden können. Dies ist ein Beispiel für die typische Situation der Politik, Entscheidungen auf Grundlage unvollständiger Daten treffen zu müssen. Weitere Beispiele für wissenschaftlich-ökonomische Strategien angesichts des Klima-Dilemmas bietet MINTZER (1992). Die von der österreichischen Bundesregierung beschlossenen CO2-Reduktionsziele müssen als Teil einer No regret-Strategie betrachtet werden. Sie sehen eine Herabsetzung der CO2-Emission um 20% auf Basis 1988 bis zum Jahr 2005 vor (Energiebericht 1990). Die mittlerweile getroffenen Vereinbarungen mit dem Ziel der vollständigen Abschaffung der im natürlichen Klimasystem nicht vorkommenden Spurenstoffe (FCKWs, Halone, Methylchloroform; vgl. MONTREALER PROTOKOLL 1988 und Tabelle 3.7) können als Indiz dafür angesehen werden, daß auch auf internationaler Ebene No regret-Strategien zunehmend Akzeptanz finden. Danach darf für Gruppe I ab 1.7.1993 der berechnete Umfang des Verbrauchs und der Produktion der angeführten Stoffe jährlich 80% desjenigen von 1986 nicht übersteigen, ab 1.7.1998 50% desjenigen von 1986. Für Gruppe II gilt ab Oktober 1990 darf der berechnete Umfang des Verbrauchs und der Produktion der angeführten Stoffe jährlich denjenigen von 1986 nicht übersteigen. Tabelle 3.7: Zusammenstellung der durch das MONTREALER PROTOKOLL (1988) geregelten Stoffe Gruppe Stoff Ozonabbaupotential* (R 11) (R 12) (R 113) (R 114) (R 115) 1,0 1,0 0,8 1,0 0,6 (Halon 1211) (Halon 1301) (Halon 2402) 3,0 10,0 (noch zu bestimmen) Gruppe I CCl3F CCl2F2 C2Cl3F3 C2Cl2F4 C2ClF5 Gruppe II CBrClF2 CBrF3 C2Br2F4 * ) Diese Ozonabbaupotentiale sind Schätzungen auf Grund vorhandener Kenntnisse; sie werden regelmäßig überprüft und revidiert. KLIMA 3.53 Die von Analysen und Modellen gelieferten Indizien für eine anthropogene Beeinflussung des Klimas sind ernstzunehmen. Wegen der wissenschaftlichen Unsicherheiten dürfen die Modellergebnisse jedoch nicht als Prognosen zu erwartender Klimaänderungen interpretiert werden. Die Ergebnisse sind als Szenarien und nicht als Prognosen zu sehen. Solange aber nicht bewiesen werden kann, daß die Klimaänderungen nicht eintreten werden, ist Handlungsbedarf zumindest im Sinn einer No regret-Strategie gegeben. Dies umso mehr, als emissionsreduzierende Maßnahmen aus einer großen Zahl anderer Gründe (Ressourcenschonung, gesundheitliche Aspekte, Umweltqualität) ebenfalls notwendig sind. 3.6 Literatur Einige der folgenden angeführten Werke sind Sammelwerke verschiedener Autoren (Anthropogene Klimaänderungen: Mögliche Ausswirkungen auf Österreich - Mögliche Maßnahmen in Österreich, IPCC 1990 und 1992, Confronting Climate Change, Climate Change: Science, Impact, Policy). Der Einfachheit halber werden diese unter dem Herausgeber zitiert. AELLEN M und HERREN E (1992): Die Gletscher der Schweizer Alpen 1985/86 und 1986/87 - 107. und 108. Bericht; Jahrbuch der Gletscherkommission der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften (Hrsg. Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich) AUER I et al. (1989): Das Klima von Wien; 270 pp. AUER I und BÖHM R (1993): Combined Temperature and Precipitation Variation in Austria. 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