Kabelfehlerortung an Energiekabeln Mantelprüfung Mantelfehlerortung und Ortung von Erdberührungsfehlern Inhalt 1. Einleitung............................................................................................................. 3 2. Warum Mantelfehlerprüfung ................................................................................ 3 2.1 Mantelprüfgeräte ........................................................................................... 4 2.2 VDE Normen zur Mantelprüfung.................................................................... 5 2.3 Anwenderspezifische Definitionen zur Prüfung ............................................. 5 2.4 Durchführung der Mantelprüfung ................................................................... 6 2.5 Sicherheit ...................................................................................................... 7 3. Mantelfehler - Vorortung ...................................................................................... 8 3.1 Vorortung mit der Vergleichs- oder Spannungsabfallmethode ...................... 9 3.1.1 Bipolare Messung des Spannungsabfalls ............................................. 11 3.1.2 Vor- und Nachteile der Spannungsabfallmethode................................. 11 3.2 Vorortung mit der Messbrücke .................................................................... 12 3.2.1 Vorortung .............................................................................................. 12 3.2.2 Vorortung mit dem MVG 5 .................................................................... 12 3.2.3 Dreidrahtmessung nach Graaf .............................................................. 13 3.2.4 Zweidrahtmessung nach Murray ........................................................... 14 3.2.5 Vor- und Nachteile der Brückenmethoden ............................................ 14 4. Mantelfehler - Nachortung ................................................................................. 15 4.1 Die diversen Methoden ................................................................................ 15 4.2 Verhalten des Spannungstrichters............................................................... 15 4.3 Gleichstrom Impuls Methode ....................................................................... 16 4.3.1 Getaktete Impulsspannung ................................................................... 18 4.3.2 Leistung ................................................................................................ 18 4.3.3 Besonderheiten bei der DC - Methode .................................................. 19 4.3.4 Einflüsse ............................................................................................... 19 4.3.5 Vor- und Nachteile der DC - Methode ................................................... 19 4.4 Stoßmethode ............................................................................................... 20 4.5 Lokalisierung erdfühliger Fehler in kunststoffisolierten MV-Netzen ............. 20 4.6 Tonfrequenz - Methoden ............................................................................. 21 4.7 Gerätekombination FL 50 mit Schrittspannungssonde DEB 3-10 ............... 22 4.8 Tonfrequenzmethode mit 4,8 Hz und A-Rahmen ........................................ 22 4.9 Lokalisierung erdfühliger Fehler in LV- und Straßenbeleuchtungsnetzen ... 24 2010-07-13 2 1. Einleitung Nahezu unverändert bleibt seit vielen Jahren als Hauptursache von Fehlern an kunststoffisolierten Kabeln die Beschädigung des Außenmantels. An den Schadstellen besteht dort die Gefahr des Eindringens von Wasser und damit die Förderung von "Wasserbäumchen" (Watertrees) und anderen korrosionsbasierten Schäden, die häufig als Primärursache von Fehlern an Energiekabeln anzusehen sind. Bei Kommunikationskabeln reduziert das eindringende Wasser die Übertragungsqualität, was bei den heutigen Anforderungen einem Ausfall gleichkommt. Bei nicht längswasserdichten Kabeln besteht zusätzlich die Gefahr einer Muffenbeschädigung durch eingedrungenes und sich bis zur Muffe ausbreitendes Wasser. Nachfolgend werden Prüfverfahren für kunststoffisolierte Kabel und die Vor- und Nachortung von Mantelfehlern besprochen. 2. Warum Mantelfehlerprüfung Zur einwandfreien, störungsfreien Funktion einer Kabelanlage gehören neben den vorgesehenen Übertragungswerten für Information und Energie nicht nur gute Isolationswerte zwischen den Adern, sowie zwischen den Adern und dem Schirm, sondern auch eine unbeschädigte Außenumhüllung, die heute meist als PE-Mantel vorzufinden ist. Die in den vergangenen Jahren veröffentlichten Statistiken der Störungsursachen von Kabelfehlern, speziell an Mittelspannungskabeln, weisen eine beträchtliche Anzahl von Mantelbeschädigungen auf, die nachweislich zum Ausfall der Kabel führten. Folglich erlaubt eine Mantelprüfung in gewissem Rahmen auch eine diagnostische Aussage über den Zustand, bzw. den zu erwartenden Zustand des Kabels. Weiterhin ist die Mantelprüfung ein unerlässliches Werkzeug im Zusammenhang mit allen diagnostischen Prüfverfahren, denn für eine diagnostische Bewertung eines Kabels muss dieses natürlich in einem fehlerfreien Zustand sein. Eine Diagnose, ohne eine damit verbundene Mantelprüfung, ist eine relativ unzuverlässige Bewertung des Kabelzustandes, da eindringendes Wasser und damit verbundene Schädigungen den Zustand relativ schnell verschlechtern können. Das wiederum kann die Aussage und den Wert der Diagnose stark mindern. Bild 1: Kabel mit Mantelschäden 2010-07-13 3 Die Überprüfung der Unversehrtheit eines Kabelmantels bietet geradezu ideale Voraussetzungen zur Früherkennung von Beschädigungen und damit die Möglichkeit einer rechtzeitigen Beseitigung sich anbahnender Kabelfehler. Mit einer einfach durchzuführenden Isolations- oder Spannungsfestigkeitsprüfung zwischen Erde und Schirm kann hier bereits nach der Mantel Verlegung durch eine Abnahmeprüfung die Unversehrtheit des Kunststoffmantels Halbleitende Schicht bestätigt werden. In turnusmäßigen Überprüfungen, Schirm vor allem in Gebieten mit gehäufter Bautätigkeit, lassen sich Beschädigungen Isolation zu einem Zeitpunkt erkennen, wo sie dem Verursacher, da noch beweisbar, Halbleitende Schicht anzulasten sind. Mantelbeschädigungen - wenn nicht mit Innenleiter einer Beschädigung der Kabelisolation verbunden - führen selten zu einem schnellen Ausfall der Kabelanlagen. Vom Zeitpunkt der Bild 2: Typischer Kabelaufbau Beschädigung bis zum Auftreten des eigentlichen Kabelfehlers können Monate oder gar Jahre vergehen. Wird z.B. der Kunststoffmantel durch Grabungsarbeiten verletzt, so kann der darunter befindliche Schirm mehr oder weniger weit durch die äußere Leitschicht in die Isolation getrieben werden. An dieser Stelle wird der homogene Feldaufbau gestört und es entstehen Teilentladungsherde, die je nach Intensität die Isolierung zerstören und damit den Kabeldurchschlag einleiten. 2.1 Mantelprüfgeräte Als Mantelprüfgeräte eignen sich Hochspannungsgeneratoren mit einer regelbaren Gleichspannung von 0 bis 5 bzw. 0 bis 20 kV. Übliche Isolationsmessgeräte, die oft für eine solche Prüfung empfohlen werden, sind für diese Messung nicht oder nur bedingt geeignet, da eine Strommessung nicht möglich ist und die messbaren Isolationswerte nicht den vorgenannten Kriterien entsprechen. Zudem sollte die Prüfspannung über die genannte Prüfzeit von 10 Minuten ununterbrochen anliegen, was bei einem normalen Isolationsmessgerät nicht möglich ist. Die Ausgangsleistung eines Mantelprüfgerätes sollte begrenzbar oder wenigstens kontrollierbar sein, damit bei einem plötzlichen Durchschlag an einem Isolationsfehler keine weiterführende Zerstörung des Kabels und vor allem der halbleitenden Schicht stattfinden kann. Andererseits muss die Leistung jedoch noch so groß sein, dass auch bei langen Kabeln die große Kabelkapazität aufgeladen werden kann und der damit erhöhte Ableitstrom die Prüfspannung nicht zusammenbrechen lässt. Als Mantelprüfgeräte stehen Modelle zur Verfügung, die einige mA Prüfstrom liefern. Die Stromversorgung dieser Geräte kann sowohl durch eingebaute Akkumulatoren als auch durch Netzanschluss erfolgen. Für den Feldeinsatz an noch nicht angeschlossenen Kabelanlagen eignen sich netzunabhängige Geräte besonders gut, da im freien Feld selten ein Netzanschluss zur Verfügung steht. Kombinationsgeräte, die imstande sind, einen Strom von einigen 100 mA abzugeben, sind neben der Prüfung auch zur Vorortung und zur punktgenauen Nachortung des Mantelfehlers geeignet. 2010-07-13 4 2.2 VDE Normen zur Mantelprüfung Die Prüfung von Kabelmänteln ist in der VDE 0276 Teil 620 und Teil 632 geregelt. Danach gelten folgende Vorgaben: Spannungsprüfung am Mantel Prüfspannung Prüfpegel Prüfdauer DC bei Kabeln nach VDE 0276 Teil 620 PVC–Mantel ≤3 kV Keine Angabe PE - Mantel ≤5kV DC bei Kabeln nach VDE 0276 Teil 632 5 kV 1 min 2.3 Anwenderspezifische Definitionen zur Prüfung Manche regionale Energieversorgungsunternehmen haben zur Mantelprüfung eigene Richtlinien entwickelt, wobei es vor allem darum ging, Messkriterien zu schaffen. Damit verbunden ist eine „Güteprüfung“, die Fremdverleger nachweisen müssen. Diese Werksnorm, die außerhalb der VDE Regeln liegt, ist in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt. Die Prüfdauer beträgt 10 Minuten. Kabellänge Ableitstrom Ableitstrom Meter 50 100 250 50C 750 1000 2000 5000 PVC 0,04 mA 0,08 mA 0,2 mA 0,4 mA 0,6 mA 0,8 mA 1,6 mA 4,0 mA PE 0,001 mA 0,002 mA 0,005 mA 0,01 mA 0,015 mA 0,02 mA 0,04 mA 0,1 mA Bild 3: Akzeptable Ableitströme Hierbei ist zu beachten, dass eine erhöhte Anzahl von Muffen, die Alterung und andere Einflüsse einen direkten Effekt auf die gemessenen Ströme haben können. D.h. die in der Tabelle [Bild 3] genannten Grenzwerte gelten für neue Installationen. Bei gealterten Kabeln muss die Alterung mit betrachtet werden. Voraussetzung für die Mantelprüfung ist eine durchgehende Isolierung des Schirmes durch den Mantel gegen das Erdreich. So dürfen z.B. keine erdfühligen Muffen oder Garnituren vorhanden sein, da sonst die Prüfspannung zu Erde abgeleitet wird. Der Isolationszustand oder die Spannungsfestigkeit eines Schirmes gegen das Erdreich ist einfach festzustellen und setzt keine aufwendigen Messgeräte voraus. Je nach Isolationsart des Mantels - aber auch nach hausinternen Regeln von Kabelbetreibern - werden zur Prüfung 3 bis 5 kV Gleichspannung zwischen den metallischen Schirm und Betriebserde angelegt und der dabei auftretende Ableitstrom oder der Isolationswert direkt gemessen. Im internationalen Einsatz sind aber Spannungen bis zu 10 kV schon standardisiert. Dieser Wert hängt aber auch von der Konstruktion des Kabelmantels ab. So ist z.B. bei Hochspannungskabeln mit einem dickeren Aussenmantel eine Spannung von 5 kV möglicherweise nicht mehr ausreichend, um die Isolation zu überprüfen. 2010-07-13 5 2.4 Durchführung der Mantelprüfung Die Prüfspannung wird dabei jeweils so angelegt, dass das negative Potential am Schirm und das Positive an Betriebserde liegt. Obwohl bei dieser Spannung kaum Polarisationseffekte auftreten, sollte aus Gründen der Reproduzierbarkeit der Messungen stets gleichpolig angeschlossen werden. Beim MFM 10 sind sowohl die Spannungshöhe, als auch die Polarität frei wählbar. Die empfohlene typische Prüfzeit beträgt 10 Minuten. Liegen die ermittelten Stromgrenzwerte über den kabelspezifischen Vorgaben, und damit der Isolationswert unter den vorgegebenen Werten, sollte das geprüfte Kabel bald näher untersucht oder aber in einen kürzeren Überprüfungsturnus einbezogen werden. Nach dem Anschluss des Mantelprüfgerätes ist die Prüfspannung langsam (maximal 1 kV pro Sek.) auf den Prüf - Endwert von typisch 3 bzw. 5 kV zu erhöhen. Dabei sollte der Ladestrom des Schirmes sorgfältig beachtet werden. Plötzliche Änderungen, auch ein nur einmaliger, sprunghafter Stromanstieg lassen schon häufig auf einen Mantelfehler schließen. Nach Erreichen der Prüf - Endspannung sind einzelne Durchschläge im Rahmen einer 10-Minuten-Prüfung nicht immer sicher zu erkennen, da das Beobachten eines Messinstrumentes über die gesamte Prüfzeit sehr viel Konzentration erfordert. Verschiedentlich treten Durchschläge nur einmalig auf, da schon bei einem einmaligen Durchschlag die Fehlerstrecke unterbrochen wird oder austrocknet und damit einen intakten Kabelmantel vortäuscht. Dies tritt vor allem bei längeren Kabelstrecken auf, da deren Ladekapazität beim Durchschlag genügend Energie zur Austrocknung zu liefern vermag. Aus diesem Grund ist eine Geräteauslegung angebracht, die einen einmaligen Durchschlag anzeigt, auch dann, wenn sich das Prüfgerät nach der voreingestellten Prüfzeit selbsttätig abschaltet und den Schirm erdet. Dazu verfügt das MFM 10 über eine Funktion, die solche Vorgänge sofort automatisch speichert, protokolliert und diese nach beendeter Prüfung anzeigt. 2010-07-13 6 2.5 Sicherheit Der Entladung und Erdung eines Mantelprüfgerätes und des angeschlossenen Schirmes sollte besondere Beachtung geschenkt werden, da auch die Schirmkapazität, voll aufgeladen, eine gefährliche Kabelladung darstellt und zu Personengefährdung führen kann. Bei einer Schirmkapazität von ca. 1200 pF / m ergibt sich bei einer Kabellänge von 1000 m eine Gesamtkapazität von 1,2 µF und damit eine Ladung von 15 Joules, eine Ladungsmenge, die als berührungsgefährlich bezeichnet werden muss. [1] P =U2 C J oder Ws 2 Diese Ladeleistung ist andererseits jedoch zu klein, um weitere Beschädigungen an der Fehlerstelle hervorzurufen. Bei der Anwendung dieser, wenn auch spezifischer Methoden, gelten die gleichen Sicherheitsregeln, wie für jede andere Arbeit im Bereich von Spannungspotential führenden Anlagen. Grundsätzlich ist es für eine Mantelprüfung, Vorortung oder Nachortung erforderlich, den Kabelschirm an allen Enden hochzunehmen. Da ein Schirm immer eine gefährliche Ladung oder Ströme aufweisen kann, ist es wichtig, beim Anschließen, wie auch beim Abklemmen, dafür zu sorgen, dass diese Arbeiten nur an einem entladenen und geerdeten Schirm erfolgen. Das Mantelprüfgerät darf erst nach Abschluss aller Anschlüsse in Betrieb genommen werden. Wie für alle Arbeiten an Spannung gelten auch hier die 5 Sicherheitsregeln! 1. Freischalten 2. Gegen Wiedereinschalten sichern 3. Spannungsfreiheit feststellen 4. Erden und kurzschließen 5. Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken 2010-07-13 7 3. Mantelfehler - Vorortung Einer punktgenauen Mantelfehlerortung ist eine Vorortung vorauszuschicken, um den Zeitaufwand für die Punktortung deutlich zu reduzieren. Ohne Vorortung wird die Messzeit verlängert, wodurch die thermische Belastung der Fehlerstelle und die Möglichkeit einer ungewollten Austrocknung des Fehlers allein schon über den Faktor „Zeit“ vergrößert wird. Zur Vorortung von Mantelfehlern eignen sich Hochspannungs-Messbrücken in verschiedenen Schaltungsvarianten. Allerdings verlangen diese Messmethoden spannungsfeste Modelle, weil bis in den Bereich von 10 kV gemessen werden muss. Übliche Messbrücken arbeiten mit ca. 100 V – eine Spannung, die für diese Messung nur selten ausreicht. Ein anderes Verfahren ist die Verhältnismethode, die Strom, Spannung und Widerstand vor und nach der Fehlerstelle ermittelt und in Bezug zur Kabellänge bringt. Bei diesem Verfahren werden der Spannungsabfall der beiden Teilstrecken sowie der jeweilige Prüfstrom gemessen. Durch eine sehr hochohmige Messung kann der Messstrom relativ niedrig ausfallen, was die Messung fast unabhängig von Widerständen im Messpfad macht. Auch ist hier durch den geringen Strom die Gefahr einer Veränderung des Fehlers und der Austrocknung vernachlässigbar. Die nachfolgend beschriebene Spannungsabfall-Methode hat sich in einer besonderen Schaltungsvariante bestens bewährt. Dieses Verfahren bedarf keiner aufwendigen Messinstrumente und zeichnet sich durch ein besonders einfaches Rechenverfahren aus. Ein modernes Modell ermittelt die Fehlerortentfernung bereits vollautomatisch nach Eingabe der Kabellänge. L UN UF IN IF RN RF LN LF Bild 4: Vergleichsmethode Definition der Details wie in Bild 4 beschrieben Alleinstehende Buchstaben beschreiben den Gesamtwert der Kabellänge. Tiefgestellte Buchstaben stehen für Teilbereiche, N für Nah, also vom nahen Ende zum Fehler, und F für Fern, also vom fernen Ende zum Fehlerpunkt. 2010-07-13 8 3.1 Vorortung mit der Vergleichs- oder Spannungsabfallmethode Nach Bild 5 wird eine Konstantstromquelle G zwischen Schirm und Betriebserde angeschlossen. Dabei fließt ein Strom über den Fehlerwiderstand R durch das Erdreich zum Generator zurück. Der im Abschnitt LN (Kabelanfang - Fehlerort) fließende Strom verursacht auf dem Schirmwiderstand eine Spannung UN in der Größenordnung von einigen Millivolt. Als "Messleitungen" dienen zum einen der Schirm der Kabelstrecke LF (Fehlerort Kabelende) und zum anderen die Ader 1 (oder ein unversehrter Schirm) eines zum System gehörenden Kabels. L LN , UN , IN , RN LF , UF , IF , RF Weis G Grün ! ! Fehlerhafter Schirm Schwarz ! ! RFehler Gelb Bild 5: Prinzip der Vorortung Die Spannungsabfälle auf diesen "Messleitungen" sowie die Anschlusswiderstände können vernachlässigt werden, da die Messeinrichtung über einen sehr hochohmigen Eingang verfügt und brauchen in die Berechnung der Fehlerentfernung nicht einbezogen zu werden. Diese Unabhängigkeit von externen Einflüssen stellt einen der wesentlichen Vorteile der Spannungsabfallmethode dar. In einer zweiten Messung wird nun die Konstantstromquelle über eine zweite Systemader (bzw. einen zweiten, intakten Schirm) an den Schirm des Kabelendes über den Fehlerwiderstand RFehler an Betriebserde gelegt und damit eine Einspeisung vom Kabelende her vorgenommen. Die auch hier am Schirmwiderstand der Strecke LF entstehende Spannung UF wird ebenfalls gemessen. Die Teilspannungen UN und UF verhalten sich demnach zueinander wie die Strecken LN und LF. Anhand der Gleichung [2] lässt sich die Fehlerortentfernung wie folgt berechnen: [2]...LN 2010-07-13 =L 9 UN UN +UF Für das Spannungsabfallverfahren ist ein konstanter Prüfstroms die einzige wesentliche Anforderung bei den beiden Messungen. Geringfügige Unterschiede der beiden Prüfströme verringern die sonst mögliche Messgenauigkeit. Zur Lösung dieser Anforderung gibt es zwei Ansätze Die erste Lösung stellt die moderne Hochspannungsquelle dar, die durch entsprechend hochgenaue Regelelektroniken einen weit über den Anforderungen liegenden Konstantstrom zur Verfügung stellt Die zweite Lösung besteht darin, die Ermittlungsformel von Spannungsabfall auf den ohmschen Widerstand des Schirmes umzuformen. Durch die gleichzeitige Messung von Strom und Spannung am Schirm des Kabels lassen sich die Widerstandswerte der Teillängen ermitteln. Die Berechnungsformel für die Fehlerentfernung lautet dann: [3]...LN = RN R N + RF Voraussetzung für eine kleine Messtoleranz ist eine möglichst niederohmige Verbindung am Kabelende, da sich die Übergangswiderstände zu den Leitungswiderständen addieren und damit zu größeren Messungenauigkeiten führen können. Dieses Problem lässt sich jedoch durch eine geeignete Anschlusstechnik umgehen, indem der Anschluss für die Spannungsmessung hinter der Klemme zur Einspeisung des Messstroms liegt. Auf diese Weise wird die am Kontaktwiderstand abfallende Spannung nicht mit gemessen. Beim Vorhandensein mehrerer Mantelfehler am gleichen Kabel sind Fehlmessungen möglich, obwohl praktische Messungen gezeigt haben, dass bei vorsichtiger Dosierung der Prüfspannung zuerst der zündfähigste Fehler angemessen wird. Nach dessen Lokalisierung und Korrektur besteht dann die Möglichkeit eine weitere Vorortung vorzunehmen. Bei gleichzeitiger Erdberührung mehrerer Fehler stellt sich häufig ein Mittelwert der eingegebenen gesamten Kabellänge ein. Deshalb ist bei Vorortungsergebnissen, die ca. der halben Kabelstrecke entsprechen, besondere Vorsicht geboten. Weiss G Grün ! ! Virtueller Fehlerpunkt Schwarz ! ! RFehler1 Gelb Bild 6: Mehrfachfehler 2010-07-13 10 RFehler2 R1 1 R2 10 A R1 = R2 B R2 10 R2 C RFehler 2 RFehler 1 R1 R1 100 10 1 0,1 0,01 10 10 1 0,1 0,0 A B C Bild 7: Mehrfachfehler – Trend der Anzeige zum niederohmigen Fehler 3.1.1 Bipolare Messung des Spannungsabfalls Zur Erhöhung der Messgenauigkeit verfügt das MFM 10 über eine bipolare Messung zur Vorortung. Mit dieser bipolaren Messung lassen sich thermoelektrische und galvanische Effekte minimieren. Thermoelektrische Effekte entstehen durch Temperaturunterschiede im Leiter, die sich dann wie auch bei galvanischen Effekten als polarisierte Offsetspannung über die eigentliche Messspannung legen und deren Ergebnisse verfälschen können. Galvanische Effekte entstehen durch chemische Elemente, also z.B. in dem als Rückleiter fungierenden Boden enthaltene Erze oder Metallsalze, die in Verbindung mit Feuchtigkeit und dem Messstrom, die Ergebnisse beeinflussen können. Korrosion an der Schadstelle kann ebenfalls solche galvanischen Effekte hervorrufen. Durch die Bipolare Messung lassen sich solche Effekte feststellen und damit auch rechnerisch minimieren. 3.1.2 Vor- und Nachteile der Spannungsabfallmethode Vorteile: - Deutlich geringere Fehlerempfindlichkeit im Vergleich zu Brückenmethoden mit einer deutlich höheren Genauigkeit der Vorortungsergebnisse - Unabhängig von den Werten der Hilfsleiter - Unabhängig von den Unterschieden der Schirm und Leiterwiderstände - Keine Notwendigkeit für aufwändige manuelle Korrekturen der Ergebnisse durch weitere Gleichungen und Taschenrechner. - Schnelle Messungen – keine beweglichen Teile. - Keine zeitaufwändigen Brückenjustierungen mit motorgetriebenen Präzisionspotentiometern und entsprechenden aufwändigen Auswerteeinrichtungen. Nachteile: - Keine klare Erkennung von Mehrfachfehlern 2010-07-13 11 3.2 Vorortung mit der Messbrücke 3.2.1 Vorortung Im Gegensatz zur Spannungsabfallmethode, wird bei den konventionellen Brückenmethoden nur der Widerstandswert zur Auswertung benutzt. Für solche reine Brückenmessungen ist es erforderlich, externe Einflüsse zu vermeiden. Wichtig ist hierzu eine gute Kontaktierung zwischen Messbrücke und Messobjekt. Die Kontaktpunkte müssen sorgfältig gereinigt werden und die Kontaktierung selbst sollte mit Schraubklemmen erfolgen und nicht mit Clips. Brückentechnologien erfordern sehr homogene Leiterwiderstände, d.h. dass der Widerstand pro Längeneinheit ein möglichst konstanter Parameter bleiben sollte. Bei älteren Kabeln kann Wassereintritt, und die daraus resultierende Korrosion des Kabelschirms direkt in Widerstandsveränderungen resultieren. Ähnliche Probleme treten auf, wenn die Schirme verschiedener Segmente in den Muffen durch Drähte kleineren Querschnitts miteinander verbunden werden Hier ist dann zu erwarten, dass die Messergebnisse eine geringere Genauigkeit haben. Bei Kabeln mit graphitiertem, halbleitendem Aussenmantel, ist der Fehlerwiderstand typischerweise niedriger. Der Rückstrom fließt hier vorrangig direkt über diese Schicht und nicht durch das Erdreich zurück. 3.2.2 Vorortung mit dem MVG 5 Die Vorortung eines Mantelfehlers ist auch mit einer Hochspannungs - Messbrücke vorzunehmen. Dabei wird ein gesunder Schirm des Kabelsystems zur Brückenbildung herangezogen. Der Messaufbau wird nach Abbildung 8 vorgenommen. Referenzschirm MVG 5 ! ! Fehlerhafter Mantel ! ! MMG 5 0 - 5 kV DC Bild 8: Messbrückenprinzip Nach dem Brückenabgleich wird der ermittelte Prozentsatz mit Gleichung [ 4 ] gezeigt. [4] 2010-07-13 l X = 2l g 12 M [%] 100 Steht für den zweiten Brückenzweig kein gesunder Schirm zur Verfügung, so muss eine andere Ader des Kabelsystems herangezogen werden. Da diese jedoch normalerweise einen anderen Querschnitt und auch ein anderes Leitermaterial aufweisen kann, ist das Widerstandsverhältnis der beiden Brückenzweige nicht symmetrisch und die Gleichung [4] muss manuell korrigiert werden. 3.2.3 Dreidrahtmessung nach Graaf Steht kein gesunder Schirm zur Verfügung bzw. erfolgt die Vorortung an Dreileiterkabeln muss die Dreidrahtmessung nach Graaf angewandt werden. Bei dieser Messung sollte der Isolationswiderstand der beiden gesunden Hilfsadern 1000 mal größer sein, als der des fehlerhaften Mantels. 1. Hilfsader L Lx Ly Fehlerhafte Ader /Schirm Mk1 LX = L ⋅ M K 2 − M K1 M K 3 − M K1 Mk2 Mk3 2. Hilfsader Bild 9: Diagramm einer Graaf Brücke Unterschiedliche Durchmesser oder Widerstände zwischen guter und fehlerhafter Ader sind zulässig Bei kurzen Kabellängen haben die Zuleitungen und ihre Anschlusspunkte Einfluss auf die Messung Es müssen drei Messungen durchgeführt werden. Erde am Anfang des fehlerhaften Schirms: Erde an Erde: Erde am Anfang der gesunden Ader: LX = L ⋅ Mk1 Mk2 Mk3 M K 2 − M K1 M K 3 − M K1 Ist kein Nullabgleich möglich kann durch Tausch der Anschlüsse bei der Messung Mk2 oder MK3 das Ergebnis korrigiert werden. Mk2 = 200 - Mk2´ (Anschluss weiße Leitung – rote Leitung getauscht) Mk3 = 200 - Mk3´ (Anschluss schwarze Leitung – rote Leitung 2. Hilfsader getauscht) Es gilt dann: LX = L ⋅ 2010-07-13 200 − M K 2 − M K 1 200 − M K 3 − M K 1 13 3.2.4 Zweidrahtmessung nach Murray Bei längeren drei Einleiterkabeln (km Bereich) kann die Zweidrahtmessung nach Murray angewandt werden. Voraussetzung ist, dass der spezifische Widerstand des gesunden Schirms den gleichen Wert hat wie der fehlerhafte Schirm. Des weiteren dürfen keine Mantelfehler auf dem gesunden Schirm vorhanden sein. Dies kommt in der Praxis selten vor. M [%] L =L x 100% 3.2.5 Vor- und Nachteile der Brückenmethoden Vorteile: - Bei entsprechender Ausführung höchstgenaue Messung. Nachteile Brückenmessungen werden direkt beeinflusst von: - Der Grösse des Stroms, der im Brückenkreis fliesst - a. Die Genauigkeit der Messung hängt von der Höhe des Stroms ab - b. Mantelfehler erfordern eine gewisse Spannung und Strom, um die Isolation und die galvanischen und Widerstandeffekte des Erdreichs zu überbrücken. - Dem Schleifenwiderstand - Der Leistungsanpassung der internen Impedanz zum Brückenwiderstand - Der Empfindlichkeit des Anzeigeinstruments - Der Linearität der Potentiometer - Der Übergangswiderstände aller Messleitungen Keine Erkennung von Mehrfachfehlern 2010-07-13 14 4. Mantelfehler - Nachortung 4.1 Die diversen Methoden Zur punktgenauen Nachortung bieten sich drei verschiedene Messverfahren an: - Gleichstromimpuls-Methode Stoßstromimpuls-Methode Tonfrequenzmethode mit direkter oder kapazitiver Kopplung Tonfrequenzmethode mit modulierter Tonfrequenz 4,8 Hz Allen Methoden gemeinsam ist die Ermittlung des an der Austrittsstelle entstehenden Spannungstrichters, der sich mit verschiedenen Messmethoden und deren Sonden ausmessen lässt. Die einzelnen Messverfahren weisen Vor- und Nachteile auf, die sich weniger auf die Messgenauigkeit als vielmehr auf die Örtlichkeit der Fehlerstelle oder aber auf die thermische Belastbarkeit der Fehlerstelle auswirken. 4.2 Verhalten des Spannungstrichters Der Feldlinienverlauf nahe dem Fehler besteht aus konzentrischen Ringen. Die korrekte Interpretierung dieses Verlaufes ist die Grundlage zu einem erfolgreichen Einsatz Die Kreise stellen Orte gleichen Potentiales dar. Sie werden deshalb „Äquipotentiallinien“ genannt. Je näher man sich am Fehler befindet, umso höher ist die gemessene Schrittspannung. Wenn sich zum Beispiel aber der Fehler genau zwischen den beiden Erdspießen befindet, zeigt das Erschlusssuchgerät keinen Wert an, oder springt gerade noch zwischen Bild 10: Feldlinien im Spannungstrichter positiver und negativer Anzeige. Dies tritt auch dann auf, wenn man sich entweder genau über dem Zentrum eines Fehler befindet oder wenn man sich auf halbem Weg zwischen Fehler und Erdung befindet, da auch um den Erdungspunkt des Senders herum ein durch das Rücksignal hervorgerufener Spannungstrichter existiert. Wenn man sich also vom Erdungspunkt weg in Richtung des Fehlers bewegt, wird die Signalamplitude absinken, bis man sich auf halbem Weg zwischen Fehler und Erdspiess befindet. An diesem Punkt wird die Signalstärke ein absolutes Minimum erreicht haben. Wenn man sich dann weiter in Richtung Fehler bewegt, steigt die Signalstärke wieder an. Beinahe 70% des Signales treten innerhalb des letzten Drittels der Strecke auf. Die gemessene Signalstärke ist proportional zur Anzahl der Feldlinien des Spannungstrichters. Die maximale Signalstärke wird gemessen, wenn sich ein Spieß direkt über dem Fehler befindet. Bild 11: Feldlinien zwischen den Spannungstrichtern 2010-07-13 15 4.3 Gleichstrom Impuls Methode Als Gleichspannungs-Speisegerät dient hier, wie bei der Mantelfehler-Vorortung, ein kleines Gleichstrom-Kabelbrenngerät mit Strombegrenzung, dessen maximale Ausgangsspannung je nach Schalterstellung 1, 2, 5 oder 10 kV beträgt. Die Messung wird in der Praxis wie folgt vorgenommen: Das Speisegerät wird am Schirm des Fehlerkabels und an die Betriebserde angeschlossen. Nach Abbildung 13 sendet das Mantelprüfgerät einen Strom über den Schirm durch die Fehlerstelle und das Erdreich zur Ausgangsklemme zurück. Der an der Austrittsstelle beim Fehlerwiderstand RFehler entstehende Spannungstrichter wird durch zwei Erdspieße ausgemessen, wobei sowohl der Spannungsbetrag als auch die Polarität gemessen werden. Zur Auffindung des Spannungstrichters werden im vorgeorteten Bereich die beiden Erdspieße entlang der Kabeltrasse ins Erdreich gesteckt und die Schrittspannung gemessen. Bild 12: Prinzip punktgenaue Ortung Der Abstand der beiden Erdspieße kann zu Beginn der Messung einige 10 Meter betragen. Sind beide Erdspieße kurz vor der Fehlerstelle eingebracht worden, so zeigt sich ein starkes Spannungsmaximum in einer bestimmten Polarität. Sind jedoch die beiden Erdspieße in gleicher Entfernung von der Austrittsstelle angeordnet, so ergibt sich eine Kompensation der gegenpoligen Spannungen und damit der Spannungswert Null was bedeutet, dass der Fehler in der Mitte dazwischen liegt. Anschließend werden die beiden Erdspieße im Winkel von 90° zur Kabeltrasse eingesteckt und ebenfalls nach der Nullstelle die zweite Koordinate ermittelt. Der Kreuzungspunkt der beiden Koordinaten zeigt punktgenau die Fehlerstelle an. Die Genauigkeit dieses Verfahrens liegt im cm - Bereich und wird durch kein anderes Messverfahren erreicht. 2010-07-13 16 0 0 0 V + V + V + ! ESG 80 ! RFehler Fehlerwiderstand am Erdkontakt Bild 13: Nachortung V 0 + Nicht immer besteht die Möglichkeit direkt über der Kabeltrasse zu messen, da die Straßendecke als Isolator wirkt und die Erdspieße keinen Erdkontakt bekommen. (Ein Anbohren der Straßendecke zur Einbringung der Erdspieße ist aufwändigt und erhöht zudem den Zeitaufwand für die Messung). Hier können die Messungen dann auch seitlich versetzt vorgenommen werden, da sich der Spannungstrichter über einige 10 Meter ausbreitet. Am Straßenrand, zwischen Abdeckplatten oder Pflastersteinen lässt sich der Mittelpunkt des Spannungstrichters ebenfalls ermitteln. Die Längskoordinate ist dann am einfachsten über eine Trassensuche zu ermitteln. - 0 V + 0 V + 0 - V + V 0 + RF Bild 14: Bestimmung des Kreuzungspunktes 2010-07-13 17 4.3.1 Getaktete Impulsspannung Bei der Anwendung des Gleichstromverfahrens wirkt sich eine periodische Unterbrechung des Stromflusses sehr positiv aus, da bei Auftreten von Störspannungen an den beiden Erdspießen nur der Steigerungswert des Zeigerausschlages zu erfassen ist. Die eigentliche Fehlerstelle weist dann statt des Nullpotentials die Potentialumkehr auf. Dabei kann die Zeigerstellung auf jedem beliebigen Wert der Skala stehen. Diese Taktung des Prüfstromes ca. 3 Sekunden EIN und 1 Sekunde AUS - kann auch dazu benützt werden, um das Erdschlusssuchgerät in den Sendepausen zu kompensieren. Dies ist dann erforderlich, wenn an den beiden Erdspießen eine elektrolytische Spannung entsteht oder vagabundierende Ströme vorhanden sind. Zur punktgenauen Nachortung von Mantelfehlern nach der Gleichstrom-Methode wird ein Messstrom zwischen 10 und 100 mA benötigt. Obwohl größere Ströme einen ebenfalls größeren Spannungstrichter erzeugen, sollte von hohen Strömen bei der Nachortung abgesehen werden. Zudem sollte ein Speisegerät mit automatischer Strombegrenzung Anwendung finden. Beide Maßnahmen dienen dazu, die thermische Auswirkung an der Fehlerstelle zu begrenzen, um zu vermeiden, dass benachbarte Kabelsysteme beschädigt werden. Zudem ist zu erwarten, dass bei geringer thermischer Belastung der Fehlerstelle eine einfache Reparatur des Mantels möglich ist, wenn die Aderisolation an der Fehlerstelle nicht gelitten hat. 4.3.2 Leistung Die eigentliche Fehlerortung wird dann nur noch mit einer geringen Leistung von einigen 10 Watt vorgenommen. Details dazu können dem nachfolgenden Leistungsdiagramm entnommen werden. Eine weitere Verringerung der thermischen Belastung ist auch durch den Taktbetrieb zu erwarten, da damit die Stromflusszeit und damit die thermische Belastung der Fehlerstelle reduziert wird. Bild 15: Leistungsdiagramm MFM 10 2010-07-13 18 4.3.3 Besonderheiten bei der DC - Methode Beim Auftreten mehrfacher Mantelfehler entsteht um jede zündfähige Fehlerstelle ein Spannungstrichter. Das führt dazu, dass sogenannte Phantomfehler entstehen, die zu Fehlmessungen führen können. In Abbildung 16 ist diese Situation dargestellt. Wenn bei der Ortung des Fehlers auf den Polaritätswechsel geachtet wird, lässt sich der Phantomfehler leicht erkennen. Phantomfehler + + - ! - RF ! Bild 16: Phantomfehler 4.3.4 Einflüsse Gleichspannungen im Erdreich z.B. hervorgerufen durch den kathodischen Korrosionsschutz. Industrieanlagen, aber auch Strassenbahngleise können die punktgenaue Ortung stören. Durch wahlweise Schaltung eines Kondensators in Reihe zwischen Erdspiess und Empfänger werden die Gleichstromanteile gesperrt, es kommt zur Differenzierung des Eingangsimpulses und damit zur sicheren Auswertung. Wichtig bei der Auswertung ist, dass die Richtung des jeweils ersten Ausschlages den Fehler bestimmt. 4.3.5 Vor- und Nachteile der DC - Methode Vorteile der Gleichstrommethode sind: Vorortung der Fehlerstelle Hohe Empfindlichkeit keine Fehlmessungen durch kapazitive Kopplungen keine Störungen durch 50 Hz und kurze Schaltimpulse keine Veränderung der Fehlerstelle durch die Ortung selbst Geringe Beeinflussung durch externe Spannungen Messung von hochohmigen Fehlern Nachteile sind: Bei mehreren Fehlern kein Durchschlag hochohmiger Fehler und Abnahme der Empfindlichkeit Erschwerte Nachortung bei befestigten Oberflächen 2010-07-13 19 4.4 Stoßmethode Die Anwendung der Stossmethode ähnelt der Gleichspannungsmethode. Allerdings basiert sie auf der Entladung eines Stossgenerators. Diese Entladung ist fast identisch zu einer getakteten Gleichspannung. Achtung, Bei Anwendung der Stoßmethode (Stoßgenerator) darf die Schrittspannung 60 V nicht überschreiten. Bei dieser Methode kann der Strom erheblich größere Werte als bei der Gleichspannungsmethode bei vergleichsweise schmaler Impulsbreite annehmen. Daher darf die Stossenergie 100 J nicht überschreiten. Vorteile der Stossmethode sind: hohe Empfindlichkeit keine Störungen durch fremde Gleichspannungen hochohmige Fehler schlagen durch geringe Empfindlichkeitseinbuße bei mehreren Fehlern. Nachteile sind: Fehlmessungen durch kapazitive Kopplungen Veränderungen an Fehlerstelle durch zu hohe Stoßenergie (austrocknen) Höhere Sicherheitsanforderungen 4.5 Lokalisierung erdfühliger Fehler in kunststoffisolierten MV-Netzen Kurzschlüsse (0 Ohm) zwischen Ader und Schirm lassen sich mit der akustischen Nachortungsmethode punktgenau nicht lokalisieren. Die meisten dieser Fehler sind in Kabeln ohne Stahlarmierung erdfühlig. Durch Abklemmen des Schirms auf beiden Seiten lassen sich diese Fehler mit der DC-Schrittspannungsmethode sehr gut punktgenau lokalisieren. Diese Methode in Kombination mit der Vorortung über den Spannungsabfall hat sich bei der Fehlerortung an sehr langen Kabeln (z.B. 30 km in Windparks) bewährt. 0 0 0 ESG V + - V + - RF ! V + ! Fehler – Leiter – Schirm - Erde R Boden Bild 22: Kombinierte Erdfehler 2010-07-13 20 4.6 Tonfrequenz - Methoden An Stelle eines Gleichspannungsgenerators wird hier ein leistungsfähiger TonfrequenzGenerator an den erdfühligen Schirm und Betriebserde angeschlossen. Diese Geräte werden vielfach zur Kabelsuche und zur Ortung von niederohmigen Kabelfehlern eingesetzt und sind daher meist vorhanden. Die Anwendung des Tonfrequenz-Verfahrens gegenüber der Gleichspannungs-Methode hat trotz beschränkter Reichweite einige Vorteile: So kann z.B. Tonfrequenz auf der Empfängerseite vielfach und vor allem selektiv verstärkt werden. Damit wird eine vollständige Unterdrückung aller möglichen Störungen erreicht, die durch elektrolytische Spannungsquellen oder vagabundierende Ströme hervorgerufen werden. Zudem bietet die Tonfrequenz-Methode eine kapazitive Schrittspannungsmessung und damit die Möglichkeit, bei festen oder isolierenden Straßenbelägen, wo keine Erdspieße einzubringen sind, Schrittspannungsmessungen durchzuführen. Durch die große Kapazität des Schirmes gegen das Erdreich wird der einspeisende Tonfrequenz-Generator kapazitiv belastet, wodurch sich im Anpassungsfall des Generators eine geringe Ausgangsspannung einstellt. Damit besteht die Gefahr, dass sogenannte Überspringfehler nicht zünden und der Fehler nicht geortet werden kann. Der kapazitive Widerstand des Schirmes und die resultierende Ausgangsspannung errechnen sich wie folgt: [5] RC = 1 ωC [ 6 ] U = PRC Die nachfolgende Tabelle zeigt die Ausgangsspannungen als Beispiel bei verschiedenen Generatorleistungen und Frequenzen: 50 Watt bei 480 Hz 117 V 50Watt bei 1450 Hz 68 V 50 Watt bei 9820 Hz 26 V 500 Watt bei 480 Hz 370 V 500 Watt bei 1450 Hz 213 V 500 Watt bei 9820 Hz 82 V Um den kapazitiven Widerstand des Schirmes so wenig wie nur möglich wirken zu lassen und die Spannung an der Fehlerstelle so groß wie nur möglich zu halten, sind diese Messungen vorzugsweise mit den niederen Frequenzen durchzuführen. Fig 17: Ausgangsleistung abhängig von der Frequenz Eine entsprechende Schrittspannungssonde, zum Beispiel die DEB 3-10, besteht aus einem leichten Rahmen mit zwei kapazitiven Platten mit einem Abstand von ca. 80 cm, die sich einfach handhaben lässt. Die Konstruktion erlaubt den Einsatz mit Platten, wie auch mit Erdspiessen zur direkten galvanischen Messung der Schrittspannung. Bei der kapazitiven Messung bewegt man sich äquivalent zur GleichspannungsBild 18: Kapazitive Sonde messung parallel zur Kabeltrasse und bewertet die Spannungsgradienten. 2010-07-13 21 4.7 Gerätekombination FL 50 mit Schrittspannungssonde DEB 3-10 max min max ! ! RFehler RBoden Bild 19: Tonfrequenz – Schrittspannung Um die Empfindlichkeit zu erhöhen, können die kapazitiven Platten durch Spieße ersetzt werden. Ein optimaler Abgleich zum Empfänger ist sinnvoll. Kapazitive Platten erlauben eine Ortung über allen Oberflächen. Spieße erfordern einen guten Erdkontakt und sind besser in weichen Untergründen einsetzbar. Es besteht auch die Möglichkeit einer besseren Kontaktierung durch eine leitende Befeuchtung der Oberfläche. 4.8 Tonfrequenzmethode mit 4,8 Hz und A-Rahmen Der SFL2 A Rahmen ist ein Einzelgerät und kann parallel zu einem Locator genutzt werden, um eine Kabeltrasse zu orten. Der Sender speist zwischen dem mit einem Erdfehler behafteten Leiter und einem Erdungspunkt ein niederfrequentes Signal (4,8 Hz) und die Suchfrequenzen 9,8 kHz / 83 kHz ein, was in der Nähe des Erdfehlers einen Spannungstrichter erzeugt. Die Erdspieße des A-Rahmens orten diesen Spannungstrichter und führen den Anwender zum Fehler. Der A-Rahmen zeigt die Spannungsgradienten mittels Balkendiagramm-Anzeige an. Zum Start wird eine Spannungsmessung gemacht, und die Werte als Referenz gemerkt. Dann werden Messungen in gleichmässigen Abständen an der Trasse gemacht. Ohne Fehler, also ohne Spannungsgradienten ist die Anzeige 0 oder sehr niedrig. Wird ein Fehler detektiert, wird die Richtung durch blinkende Pfeile und durch ein Ansteigen des Balkendiagramms angezeigt. Bild 20: Tonfrequenz – Schrittspannung mit Spießen (z.B. vLocPro mit A-Rahmen) 2010-07-13 22 Hat man die Fehlerstelle passiert, wird die Richtung jetzt durch in die entgegengesetzte Richtung blinkende Pfeile und durch ein Abfallen des Balkendiagramms angezeigt. Die exakte Position wird durch beide, jetzt wechselnd blinkenden Pfeile, und durch ein Minimum am Balkendiagramm angezeigt, da sich hier die Spannungen zwischen den beiden Spitzen aufheben, bzw. ein Minimum haben. Sehr nahe zum Fehler zeigt das Balkendiagramm Werte, die ähnlich hoch sind, wie der vorher gemerkte Referenzwert. Sind allerdings diese Werte deutlich niedriger als der Referenzwert, ist die Wahrscheinlichkeit eines Mehrfachfehlers sehr hoch! In diesem Fall ist es am besten, den gefundenen Mantelfehler aufzugraben, zu reparieren, und dann die Messung in kürzeren Abständen nochmals zu wiederholen. Bild 21: Tonfrequenz – Schrittspannung mit Frequenzmodulation Der Metrotech SFL und der i5000 Tonsender sind vor allem für hochohmige Fehler und Fehler, die einen höheren Strom erfordern, geeignet. Niederohmige Fehler lassen sich besser mit dem Vloc Pro System lokalisieren. Balkendiagramm (Bargraph): Die Pfeile zeigen die Richtung des Fehlers und die Balkenanzeige zeigt die Signalstärke. Active: Zeigt den numerischen Wert für das Potentialgefälle entlang der Kabelstrecke an (Maximalwert beim größten Kabelfehler) Reference: Zeigt das maximale Potentialgefälle, welches bei der Synchronisation gemessen wurde Wie bei der Gleichspannungsmethode ist die Vorgehensweise vergleichbar. Das Display zeigt die Richtung zum Mantelfehler durch Messung der Spannungsgradienten. Auch die Kreuzmessung zur Feststellung des genauen Punktes erfolgt vergleichbar. 2010-07-13 23 Bild 21: Tonfrequenz – Schrittspannung mit Spießen (z.B. vLocPro mit A-Rahmen) Die Fehlerortung mit dem Vloc System ist vergleichbar mit dem oben gezeigten SFL. Der Tonsender speist zwischen dem mit einem Erdfehler behafteten Leiter und einem Erdungspunkt ein niederfrequentes Signal 4,8 Hz und 8 kHz ein. Der Vloc A-Rahmen hat keine Anzeige, sondern wird am Vloc Pro Empfänger angeschlossen. Dabei wechselt die Anzeige am Empfänger automatisch zum Fehlerortungsmodus. Die Erdspiesse des A-Rahmens sind rot und grün markiert und der Empfänger hat entsprechende rote und grüne Pfeile, die entsprechend die Richtung zum Fehler und über eine numerische Anzeige die Signalstärke anzeigen. Eine links/rechts Anzeige erlaubt dabei noch das genaue seitliche Trassieren des Kabeltverlaufs Die Fehlerortung erfolgt äquivalent zum SFL2 A-Rahmen. 4.9 Lokalisierung erdfühliger Fehler in LV- und Straßenbeleuchtungsnetzen Die Nachortung von erdfühligen Fehlern in LV-Netzen und Strassenbeleuchtungsnetzen ist ein preisgünstiges Messverfahren und hat sich mit der Einführung kunststoffisolierter LV Kabel stark verbreitet. Voraussetzung für eine erfolgreiche Nachortung ist ein reines Kunstoffnetz ohne erdfühlige Muffen. Der PEN muss in der Einspeisung, sowie in jedem Verteilschrank und Hausanschlusskasten von der Erde getrennt sein. Speziell in den sogenannten Secondaries, wie sie in US typischen URD Netzen (Underground Residential Distribution) vorkommen, werden meistens ungeschirmte Einleiterkabel eingesetzt. Durch die geringe Länge dieser Kabel, sowie der Ausführung als Einzelleiter, ist eine Fehlerortung mit auf Reflektometrie basierenden Methoden fast aussichtslos. Andererseits ist hier jeder Fehler erdfühlig, wodurch sich insbesondere die Fehlerortungsmethoden mit einem A-Rahmen anbieten. Schlussbemerkung Die frühzeitig und regelmässig durchgeführte Mantelprüfung und Mantelfehlerortung reduziert die Ausfallwahrscheinlichkeit an Mittelspannungskabeln mit extrudierter Aderisolation durch eine rechtzeitige Erkennung. Aderfehler auch indirekt auch über eine Mantelfehlerortung ermittelt werden, da von außen kommende Kabelbeschädigungen häufig zu echten Kabelfehlern führen. 2010-07-13 24