Kardiovaskuläre Folgen der Anämie Dr. med. Walter Willgeroth Internist - Kardiologe Dortmund Anämie Definition: Unternormale Verminderung von • Erythrozytenzahl oder • Hämatokrit oder • Hämoglobinkonzentration Ursachen der Anämie: Prinzipiell vielfältig Für heutige Betrachtung: Renale Anämie bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz Ursachen der renalen Anämie: Hauptursache: Verminderte Bildung von Erytropoetin als Folge der Niereninsuffizienz Begleitursachen: Verkürzte Erythrozytenüberlebenszeit, inadäquate Dialyse, Eisenmangel durch Blutverluste, Knochenmarkfibrose durch Hyperparathyreoidismus Kardiovaskuläre Mortalität bei Patienten mit Niereninsuffizienz KV-Mortalität bei Dialysepatienten 10-20-fach erhöht im Vergleich zur Normalbevölkerung Bei jungen Dialysepatienten 1000-fach erhöht KV-Mortalität in der allgemeinen Bevölkerung und bei Dialysepatienten Die Mortalität bei Dialysepatienten ist dramatisch höher als bei der allgemeinen Bevölkerung 100 Annual CV mortality (%) 10 1 0,1 0,01 black population white population female population male population : dialysis patients : general population 25-34 35-44 45-54 55-64 65-74 75-84 > 85 Age (years) Kardiovaskuläre Erkrankungen Verantwortlich für ca. 60% der KV-Mortalität • 50% plötzlichem Herztod zuzurechnen • 25% Myokardinfarkt zuzurechnen Grundlegende Probleme der Kardiovaskulären Mortalität 1. Linksventrikuläre Hypertrophie 2. Koronare Herzkrankheit Häufige Ursache und Folge der Niereninsuffizienz: HYPERTONIE Abhängigkeit der KV-Mortalität bei Patienten mit Niereninsuffizienz von verschiedenen Faktoren Alter Geschlecht Diabetes Nikotin Hypertonie Hyperlipidämie (Dyslipidämie) Urämie Hyperparathyreoidismus Anämie Dialysetherapie per se Pathophysiologie und Formen der LVH Keine LVH Wandstärke: normal Volumen: normal Konzentrische LVH Wandstärke: vermehrt Volumen: verkleinert Exentrische LVH (Volumenhypertrophie) Wandstärke: normal Volumen: vergrößert Anämie ist eine der häufigsten Ursachen einer Zunahme des Herzminutenvolumens Oft Übergang in Herzinsuffizienz im Sinne einer „high-outputSituation“ Anämie Hypoxie der Gewebe Reduzierte Blutviskosität Abnahme des peripheren arteriellen Widerstandes Zunahme des Herzzeitvolumens Chronische Anämie Nachlast ↓ Vorlast ↑ HZV ↑ Hypertrophie (exzentrisch) LVEDP ↑ Kardiale Kompensationsmechanismen bei Anämie 1. Exzentrische Hypertrophie 2. Katecholamine ↑ 3. Inotope Faktoren ↑ HZV ↑ Pathophysiologie der LVH bei Niereninsuffizienz Niereninsuff. Erhöhtes Plasmavolumen Hypertonie Inadäquate Produktion von Erithropoetin Vermind. Erythrozytenzahl = vermind. O2-Transport Kompensationsmech. Zur r Übe l. R Aufrechterhaltung der O2Versorgung t. -Ak AAS Gesteigerte periphere O2-Extraktion Kompensiert Hb 1-2 g/dl Druckind. Konzentrische LVH cardiac output Herzfrequenz Kontraktilität Vasodilatation und gesteigerte Sympatikusaktivität Volumen-ind. LVDilatation LVH Gewöhnlich bd. LVHInduktionskomp. parallel Exzentrische LVH Pathophysiologie der LVH Literaturquellen • • • • • • • • • • • • • • • Amann K, et al. JASN 1994. Duke M, Abelmann WH. Circulation 1969. Eckardt KU. Nephron 1994. Eckardt KU. NDT 1999. Eckardt KU. Clin Nephrol 2000. Erslev AJ, Besarab A. KI 1997. Foley RN, et al. AJKD 1998. Foley RN, Parfrey PS. J Nephrol 1998. London GM, et al. KI 1987. London GM, et al. Curr Opin Nephrol Hypertens 1999. Mitchell TR, Pegrum GD. Br J Hematol 1971. Neill WA, et al. Am J Physiol 1969. Olivetti G, et al. Am J Pathol 1992. Roy SB, et al. Circulation 1963. Schwartz S, et al. Am J Physiol 1981. • Vlahakos DV, et al. JASN 1997. Prävalenz der LVH und Fortschreiten der Anämie in Abhängigkeit von der Nierenfunktion Niereninsuff. Krea-Cl. (ml/min) Prävalenz LVH Ges.-Bev. 17% Durchschn. Hb Mild 50-75 27% 14.1 Moderat 25-50 31% 12.7 Schwer <25 45% 11.4 75% 8.9 Dialysebeg. Foley, R.N.; et al. KI 1995 Folgerungen: Schweregrad der Niereninsuffizienz korreliert strikt mit LVH und ihren Komplikationen Inzidenz der LVH bei Patienten bei Dialysebeginn ist 4-5-fach höher als bei der Normalbevölkerung Die Anämie setzt ein bei einer KreaClearance von ca. 50 ml/min Foley, R.N.; et al. KI 1995; Levy, D.; et al. Ann. Intern. Med. 1998 Folgen der LVH Zunehmende Myokardischämien Verminderte Koronarreserve Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse bei LVH 3-6-fach Beteiligt: begleitende KHK vermindertes, zelluläres O2-Angebot bei Anämie Zunehmendes Auftreten einer Herzinsuffizienz Incidenz einer Herzinsuffizienz 4-fach erhöht bei LVH Kardiale Arrhythmien (VT, VF) LVH erhöht die Mortalität 4-fach! Parfrey, P. S.; et al. NDT 1996; Silberberg, J.; et al. KI 1989 LVH als Kompensationsmechanismus HZV steigt (Verbesserung der 02-Versorgung) Exzentrische Hypertrophie (zur Verminderung der Wandspannung) Wandspannung steigt (wird anfangs durch Adaptation konstant gehalten, Gesetz von Laplace) Relative Wandstärkenzunahme (bleibt im Vergleich zum LV normal) LVH ist Mechanismus, der die diastolische LVFunktion verbessert. Von Kompensation zur Dekompensation Bei chronischer Urämie sind gewöhnlich Druckbelastung und Volumenbelastung kontinuierlich das Herz-Kreislauf-System belastende Parameter. Von Kompensation zur Dekompensation Fibrose durch Aktivierung von Fibroblasten mit Bildung von Kollagen bei LVH (stärker bei Urämie-Patienten) Zunehmende Fibrose beeinträchtigt auch die systolische LV-Funktion - weitere Größenzunahme des LV Zunehmende Fibrose macht LVH irreversibel. Endstadium der Dekompensation Dilatation LV Wandverdünnung LV EF↓ Schwere systolische Dysfunktion Study 1: Prospective cohort study of 433 dialysis patients in 3 centers in Canada (early 80s to early 90s)59 Survival following initiation of dialysis therapy59: 1 0,9 0,8 Survival 0,7 0,6 0,5 0,4 Normal 0,3 Concentric LVH 0,2 LV Dilatation 0,1 Systolic Dysfunction 0 0 6 12 18 24 30 36 42 48 54 60 66 72 Months Among all forms of LVH, systolic dysfunction has the worst prognosis 59 Parfrey PS, et al. NDT 1996. Prognose der Mortalität verschiedener Typen der LVH bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz 1. Alle Formen der LVH haben eingeschränkte Prognose 2. LV-Dilatation ist mit schlechtester Prognose behaftet 3. Isolierte konzentrische LVH hat bessere Prognose im Vergleich zur LV-Dilatation