Tunneleffekte in Halb- und Supraleitern Ausarbeitung zum Vortrag im Rahmen des Hauptseminars Experimentalphysik Nobelpreis-Experimente der letzten 50 Jahre der Universität Duisburg-Essen im SS 2005 Zahra Shojaaee Duisburg, den 28.04.2005 Inhaltverzeichnis 1 2 Der Nobelpreis des Jahres 1973 für Physik .........................................................2 Tunneleffekt..........................................................................................................4 2.1 Was ist der Tunneleffekt?..............................................................................4 2.2 Die Tunnelwahrscheinlichkeit........................................................................5 2.3 Der Tunnelstrom ...........................................................................................8 2.4 Rastertunnelmikroskop................................................................................11 3 Tunneleffekt in Halbleitern..................................................................................12 3.1 pn-Übergang ...............................................................................................12 3.2 Die Tunneldiode ..........................................................................................16 3.3 Anwendung der Tunneldiode ......................................................................20 4 Tunneleffekt in Supraleitern................................................................................24 4.1 Experimente mit Metall-Isolator-Metall-Proben ...........................................24 4.2 Experimente mit Metall-Isolator-Supraleiter-Proben....................................26 4.3 Experimente mit Supraleiter-Isolator-Supraleiter-Proben ............................29 4.4 Der Suprastrom...........................................................................................30 4.5 SQUID.........................................................................................................32 5 Quellen...............................................................................................................36 1 1 Der Nobelpreis des Jahres 1973 für Physik Abbildung 1.1: Der Nobelpreis des Jahres 1973 für Physik Der Nobelpreis des Jahres 1973 für Physik wurde an Leo Esaki, Ivar Giaever und Brian David Josephson für die Entdeckung des Tunneleffektes im Festkörper vergeben. Leo Esaki aus Japan und Ivar Giaever aus Norwegen haben zusammen eine Hälfte des Preises jeweils für ihre experimentelle Entdeckung des Tunneleffektes in Halbleiter und Supraleiter bekommen. Die andere Hälfte des Preises hat Josephson für seine Vorhersage der Eigenschaften des Suprastroms durch eine Tunnelbarriere und die als Josephson Effekte bekannten Phänomene bekommen. Leo Esaki wurde 1925 in Japan geboren. Er ist einer von vier japanischen Wissenschaftlern, die jemals den Nobelpreis erhalten haben. Er hat seine Promotion in 1959 in Japan abgeschlossen. Währenddessen hat er bei „Kobe-Kogyo“ und „Sony“ gearbeitet. 1957 hat er die Tunneldiode (genannt Esaki Diode) entdeckt. Seit 1960 hat er dann bei IBM in USA gearbeitet. Im Jahr 1992 kehrte er nach Japan zurück und ist seitdem an einer Universität tätig. 2 Ivar Giaever wurde 1929 in Norwegen geboren. In 1952 hat er ein Studium im Fach Maschinenbauingenieur absolviert. Anschließend hat er in Kanada bei „General Electric“ gearbeitet. Dort bekam er die Gelegenheit, 3 Jahre Kurse in Ingenieurwissenschaften und Angewandter Mathematik zu besuchen. Mit 28 Jahren war er in New York und hat dort für verschiedene Firmen gearbeitet. Bei John Fisher (General Electric) begann er Physik zu studieren. Sein Thema waren „Dünne Schichten“ und wie er selbst sagt, verstand er am Anfang unter „Dünne Schichten“ Photographie. Er hat seine Promotion 1964 abgeschlossen. Die Experimente zur Entdeckung des Tunneleffektes in Supraleitern wurden von ihm in 1960/1961 durchgeführt. Seit Anfang der siebziger Jahre hat er sich mit biologischen Problemen beschäftigt. Brian David Josephson wurde 1940 in England geboren. Er hat in der Universität von Cambridge studiert und hat in 1964 seine Promotion abgeschlossen. Seit 1972 ist er Dozent in Physik. In den siebziger Jahren hat er sich weiterhin mit der Funktionsweise des Gehirns beschäftigt. Hier ist ein aktuelles Bild von ihnen und weiteren Preisträgern von der Tagung der Nobelpreisträger in Lindau im Sommer 2004: Abbildung 1.2: Tagung der Nobelpreisträger in Lindau (Sommer 2004) 3 2 Tunneleffekt 2.1 Was ist der Tunneleffekt? Als Giaever angefangen hat, Physik zu studieren, hatte er noch keine vollständige Vorstellung vom Tunneleffekt. In seinem Nobelvortrag berichtet er davon und erklärt diesen Effekt anhand folgender Bilder: Abbildung 2.1: Die Erklärung des Tunneleffektes von Giaever Er sagt dazu: Wenn man einen Ball gegen eine Wand wirft, springt der Ball zurück. Die Regeln der Physik erlauben dem Ball die Wand zu durchdringen aber diese Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, weil der Ball ein makroskopischer Gegenstand ist. Zwei Metalle, die durch Vakuum getrennt sind, verdeutlichen diese Situation: Die Elektronen sind die Bälle, und das Vakuum ist die Wand. Das Energiediagramm des vorherigen Bildes wurde in Abbildung C dargestellt. Die Elektronen haben nicht genügend Energie, um über die Barriere zu springen. Die beiden Metalle können aber trotzdem Elektronen austauschen, indem die Elektronen durch die Barriere tunneln. Weil die Elektronen mikroskopische Teilchen sind und es viele von ihnen im Metall gibt, wird die Wahrscheinlichkeit dieses Phänomens groß, wenn die Wand dünn genug ist. 4 2.2 Die Tunnelwahrscheinlichkeit Eine klassische Übung im Rahmen des Quantenmechanikkurses ist die 1DPotenzialbarriere: Abbildung 2.6: die Tunnelwahrscheinlichkeit Die Frage ist: Wie groß ist der Transmissionskoeffizient eines Teilchens, welches eine kleinere kinetische Energie als die Höhe der Barriere hat? Die Lösung ist: Die Schrödinger Gleichung und ihre Lösung für den Bereich außerhalb der Barriere lautet: h2 d 2 ψ ( x ), Eψ ( x ) = − 2m dx 2 x < 0 oder x > a ψ ( x ) = A exp(ikx ) + B exp(− ikx ) , k = ψ ( x ) = F exp (ikx ) , k = 2mE ,x<0 h 2mE ,x>a h In der Barriere gilt: d2 ψ ( x ), 0 < x < a 2m dx 2 2m(V0 − E ) ψ ( x ) = C exp (κx ) + D exp (− κx ), κ = , E < V0 h (E − V0 )ψ (x ) = − h 2 Aus den Randbedingungen an den Grenzen x=0 und x=a ergeben sich die folgenden Gleichungen: A+ B=C+D ik(A - B) = κ (C - D) C exp(κa) + Dexp(-κa) = F exp(ika) κ [C exp(κa) - Dexp(-κa)] = ikF exp(ika) (1) (2) (3) (4) Aus den Gleichungen (3) und (4) ergeben sich: 5 2κC exp (κa ) = (κ + ik )F exp(ika ) 2κD exp(− κa ) = (κ − ik )F exp (ika ) (5) (6) Durch Einsetzen dieser beiden Gleichungen in die Gleichungen (1) und (2) ergibt sich: κ ( A + B ) = [κ cosh (κa ) − ik sinh (κa )]F exp(ika ) ik ( A − B ) = [ik cosh (κa ) − κ sinh (κa )]F exp(ika ) (7) (8) Eliminiert man B aus diesen beiden Gleichungen, ergibt sich die Amplitude der transmittierten Welle als Funktion der Amplitude der einfallenden Welle: ( ( ) ) 4k 2κ 2 A = 4k 2κ 2 + k 2 + κ 2 sinh 2 (κa ) F 2 2 2 Der Transmissionskoeffizient ist gleich: T (E ) = F A 2 2 ( k2 +κ 2 = 1+ 4k 2κ 2 ) 2 sinh (κa ) −1 2 V02 = 1 + sinh 2 (κa ) 4 E (V0 − E ) −1 Man sieht, dass mit zunehmender Dicke der Barriere der Transmissionskoeffizient abnimmt. Betrachtet man zwei Kupferscheiben mit einem Abstand bis 5 nm, kann man folgende Werte für den Transmissionskoeffizienten ausrechnen. Für Kupfer sind Fermienergie und Austrittsarbeit EF=7,03 eV bzw. QW =4,65 eV. 1,0 EF=7,03 eV QW=4,65 eV 0,8 T 0,6 0,4 0,2 0,0 0 1 a [nm] 2 Abbildung 2.7: Abnahme des Transmissionskoeffizienten mit zunehmender Dicke der Barriere Die Zunahme der Höhe Transmissionskoeffizienten. der Barriere führt auch zur Abnahme des 6 0,0010 EF=7,03 eV 0,0008 a=5 nm T 0,0006 0,0004 0,0002 0,0000 7,0 7,1 7,2 7,3 V0[eV] Abbildung 2.8: Abnahme des Transmissionskoeffizienten mit zunehmender Höhe der Barriere Die Zunahme der Energie der einfallenden Welle führt zur Zunahme des Transmissionskoeffizienten. -4 1,5x10 V0=EF+QW=11,68 eV a=5 nm -4 T 1,0x10 -5 5,0x10 0,0 10,5 11,2 E [eV] 11,9 Abbildung 2.9: Zunahme des Transmissionskoeffizienten mit zunehmender Energie der einfallenden Welle Wenn das Produkt κ.a viel kleiner als 1 ist, ergibt sich: V02 T (E ) = 1 + sinh 2 (κa ) 4 E (V0 − E ) T (E ) ∝ e −1 ≈1 − V02 2 ⋅ (κa ) 4 E (V0 − E ) 2 − a 2 m (V0 − E ) h 7 2.3 Der Tunnelstrom Das Bild von Giaever zur Verdeutlichung des Tunneleffektes sah folgendermaßen aus: Abbildung 2.10: Eine M-I-M-Probe Das Energiediagramm dieses Models für zwei unterschiedliche Metalle sieht so aus: Abbildung 2.11: Das Energiediagramm einer M-I-M-Probe In thermischem Gleichgewicht tunneln die gleiche Anzahl von Elektronen in beiden Richtungen. Das führt dazu, dass insgesamt kein Strom durch die Barriere fließt. Die Ferminiveaus auf beiden Seiten liegen auf gleicher Höhe. Was passiert, wenn man eine äußere Spannung V auf beide Seiten der Barriere anlegt? Jetzt verschieben sich die Ferminiveaus gegen einander um eV. 8 Abbildung 2.12: Das Energiediagramm einer M-I-M-Probe unter äußere angelegte Spannung So gibt es auf der rechten Seite freie Zustände für Elektronen auf der linken Seite und deswegen erhöht sich der fließende Strom von Elektronen von links nach rechts gegenüber entgegenkommendem Strom. Es gibt einen Nettostrom von Elektronen nach rechts. Wie groß ist der Tunnelstrom? Die Tunnelwahrscheinlichkeit kann man mit Hilfe der WKB-Näherung (Wentzel, Kramers and Brillouin Methode) berechnen. Dazu betrachtet man eine Barriere mit beliebiger Form U(z) und die einfallenden Teilchen mit Energie E. Abbildung 2.13: Eine Barriere mit beliebiger Form Die Tunnelwahrscheinlichkeit wird nach der WKB-Näherung folgendermaßen berechnet: z 2 2 z 2 T (E ) ∝ exp − 2 ∫ k ( z ) dz = exp − ∫ 2m (U ( z ) − E ) dz z1 h z1 9 Zur Vereinfachung betrachten wir ein eindimensionales Modell. Der von link nach rechts fließende Strom ergibt sich aus folgendem Integral: ∞ I L = 2e ∫ f L [E (k ), µ L ] ⋅ {1 − f R [E (k ) + eV , µ R ] }⋅ v(k ) ⋅ T (k ) ⋅ 0 dk 2π Es gilt aber: dk = dk 1 dE = dE dE hv Durch Einsetzen in das vorherige Integral ergibt sich: IL = 2e ∞ f L [E, µ L ] ⋅ {1 − f R [E + eV , µ R ] }⋅ T (E ) ⋅ dE h U∫L Auf die gleiche Weise kann man den von rechts nach links fließenden Tunnelstrom rechnen: ∞ 2e I R = − ∫ f R [E, µ R ] ⋅ {1 − f L [E − eV , µ L ] }⋅ T (E ) ⋅ dE h UR Der Gesamtstrom ist damit: 2e ∞ I = IL + IR = F (E ,V , µ L , µ R ) ⋅ T (E ) ⋅ dE h U∫L wobei F (E ,V , µ L , µ R ) = f L [E , µ L ] ⋅ {1 − f R [E + eV , µ R ] } − f R [E , µ R ] ⋅ {1 − f L [E − eV , µ L ] } Es ist klar, dass der Strom keine lineare Abhängigkeit von der Spannung zeigt. Nur im Fall kleiner angelegter Spannungen kann man die Funktion F im Integral durch den ersten Satz seiner Taylor-Serie: F (E , V , µ L , µ R ) ≈ eV ∂F ∂E und so bekommt man eine lineare Abhängigkeit des Stromes von der angelegten Spannung: 2e 2V I= h ∞ ∂F ∫ ∂E ⋅ T (E ) ⋅ dE UL 10 2.4 Rastertunnelmikroskop In 2.3 haben wir gesehen, dass der Strom exponenziell von der Barrierendicke abhängt. Diese empfindliche Abhängigkeit des Stroms vom Abstand nutzt man in einem Messgerät, welches als Rastertunnelmikroskop bezeichnet wird. Das Gerät besteht aus einer metallischen Spitze, die durch einen Regelkreises kontrolliert wird. Abbildung 2.14: Rastertunnelmikroskop Wie im Tunnelproblem hergeleitet, ist der fließende Strom durch die Barriere sehr stark vom Abstand zwischen zwei Metallen abhängig. Der Regelkreis führt dazu, dass sich die Spitze in einem konstanten Abstand von der Probe bewegt. Dadurch fließt ein konstanter Tunnelstrom durch den Stromkreis. Die starke Abhängigkeit des Stromes vom Abstand führt zur atomaren Auflösung des Mikroskops. Abbildung 2.15: ein mittelmäßiges selbst aufgenommenes Bild mit STM 11 3 Tunneleffekt in Halbleitern 3.1 pn-Übergang Was passiert, wenn man einen p-Halbleiter und einen n-Halbleiter kontaktiert? Dieses Bild ist uns allen bekannt und in jedem Buch zum Thema Festkörperphysik zu finden. Abbildung 3.4: pn-Übergang In einem pn-Übergang grenzen eine p- und eine n-leitende Halbleiterzone aneinander. An einem solchen pn-Übergang diffundieren Leitungselektronen der nZone und Löcher der p-Zone (Majoritätsträger) jeweils in das Gebiet entgegengesetzter Dotierung, in dem sie Minoritätsträger sind. Es bildet sich so am Übergang eine an Majoritätsträgern verarmte Zone. Diese Diffusion der Ladungsträger wird durch ihre thermische Energie und das Konzentrationsgefälle der Ladungsträger am Übergang (Diffusionsstromdichte SD ∝ dn/dx bzw. dp/dx) verursacht. Die eingedrungenen Ladungsträger rekombinieren nach einer gewissen Zeit unter Energieabgabe mit Majoritätsladungsträgern. Neue Ladungsträger werden dadurch zur Verfügung gestellt, dass Valenzelektronen durch thermische Anregung ins Leitungsband gehoben werden. Bei diesem Prozess der Generation und 12 Rekombination von Ladungsträgern stellt sich ein Gleichgewichtszustand mit einem Verlauf der Ladungsträgerkonzentration nach Abbildung 3.4 ein. Die zurückbleibenden ortsfesten und nicht mehr ladungskompensierten Dotierungsatome an der Grenzschicht bilden dort eine Raumladung: die positiven Donatorionen im nGebiet (und die eingedrungenen positiven Löcher) bilden eine positive Raumladung und die negativen Akzeptoren im p-Gebiet (und die eindiffundierten Elektronen) bilden eine negative Raumladung. Diese Raumladung hat ein vom p- ins n-Gebiet gerichtetes elektrisches Feld zur Folge, das einen Feldstrom (S ∝ E) durch Minoritätsträger vom n- ins p-Gebiet in umgekehrter Richtung wie der Diffusionsstrom ID der Majoritätsträger bewirkt. Liegt am pn-Übergang keine äußere Spannung an, so heben sich Diffusionsstrom und Feldstrom gegenseitig auf; der Gesamtstrom ist Null. Die Raumladungsfeldstärke, die auch als Diffusionsfeldstärke bezeichnet wird, bewirkt am Übergang eine Potentialdifferenz, die sogenannte Diffusionsspannung UD. Der Betrag der Diffusionsspannung kann aus thermodynamischen Überlegungen berechnet werden. Das Verhältnis der Elektronendichte im p-Gebiet zu der im nGebiet ist durch den Boltzmann-Faktor (Boltzmann-Näherung der Fermi-DiracVerteilung) gegeben: − ni2 = =e nn n A n D np eU D kT Daraus folgt für die Diffusionsspannung: UD = kT n A n D ln 2 e ni kT wird oft auch als Temperaturspannung bezeichnet. Bei e Raumtemperatur (300 K) beträgt sie UT=25,9 mV. Anderseits gilt aufgrund der Ladungsneutralität für die Breiten der positiven Raumladungszone (dn) und der negativen Raumladungszone (dp): Die Größe d n nD = d p n A Eine genaue Analyse Raumladungszone: des Potentialverlaufs d = dn + d p = ergibt 2ε r ε 0U D n A + n D ⋅ e n A nD für die Breite der (3-1) 13 Abbildung 3.5 zeigt links anschaulich die Verteilung der Ladungsträger in einem pnÜbergang. Die Kreise stellen die ortsfesten ionisierten Akzeptoren und Donatoren dar. Der graue Bereich symbolisiert das Gebiet der beweglichen Elektronen, der rote das der Löcher. Die Bänderdarstellung rechts zeichnet sich dadurch aus, dass im thermodynamischen Gleichgewicht ohne äußere Spannung das Fermi-Niveau in allen Bereichen auf gleicher Höhe liegt. Die Bandkanten verschieben sich zwischen dem n- und p-Gebiet um den Energiebetrag eUD. Abbildung 3.5: pn-Übergang unter äußerer angelegter Spannung Legt man nach Abbildung 3.5-b eine Spannung in Sperrrichtung an (U<0), dann werden die beweglichen Elektronen zum positiven Pol und die Löcher zum negativen Pol gezogen. Dadurch verbreitert sich die Raumladungszone (in Gleichung 3-1 wird UD ersetzt durch UD+IUI) Es fließt nur noch ein geringer Sperrstrom, der darauf beruht, dass Minoritäten an den Übergang diffundieren und dort vom starken elektrischen Feld auf die andere Seite befördert werden. Bei großen Sperrspannungen sättigt der Strom und geht in den Sperrsättigungsstrom IS über. Abbildung 3.5-c zeigt die Verhältnisse im pn-Übergang unter der Wirkung einer Spannung in Flussrichtung (U>0). Die angelegte Spannung baut die Diffusionsspannung ab, so dass die Bandverbiegung kleiner wird. Die Breite der Raumladungszone wird verringert (in Gleichung 3-1 wird UD ersetzt durch UD-IUI). Die beweglichen Ladungsträger reichern sich in der Verarmungszone an und dringen ins benachbarte Gebiet ein, wo sie mit den dortigen Majoritäten rekombinieren. Der fließende Strom nimmt mit wachsender Spannung stark zu. Nach W. Shokley gilt für die Abhängigkeit des Stroms von der Spannung: eU I = I S e kT − 1 14 Abbildung 3.6: Die Kennlinie eines pn-Übergangs Abbildung 3.6 zeigt typische Kennlinien für Ge- und Si-Dioden. Der Sperrsättigungsstrom IS ist bei Raumtemperatur in der Größenordnung von 1 nA für Si und 1 µA für Ge. Er ist sehr stark temperaturabhängig gemäß: IS ∝ e − Eg kT In Sperrrichtung kann es zu einem Durchbruch kommen. Dies beruht zum einen auf dem Zener-Effekt. Hierbei werden nach Abbildung 3.7-a in folge der großen Feldstärke im Inneren des Übergangs Elektronen aus dem Valenzband des pMaterials waagrecht über die verbotene Zone ins Leitungsband des n-Materials gezogen: sie „tunneln“. Der zweite Mechanismus, der zum Durchbruch führt, ist in Abbildung 3.7-b angedeutet. Ein Elektron bewegt sich bei großer elektrischer Feldstärke so schnell, dass es bei einem Zusammenstoß mit dem Gitter einen Teil seiner Energie abgeben und ein neues freies Elektron-Loch-Paar erzeugen kann. Diese Ladungsträger werden in gleicher Weise beschleunigt und können ihrerseits neue freie Paare schaffen, so dass der Strom lawinenartig anwächst: Abbildung 3.7: Durchbruch einer pn-Diode 15 Beide Effekte weisen eine gegenläufige Temperaturabhängigkeit der Durchbruchspannung UZ (Zener-Spannung) auf. Bei Si-Dioden mit UZ=5,6 V lässt sich die beste Temperaturkonstanz der Durchbruchspannung erzielen. 3.2 Die Tunneldiode (Esaki-Diode) Was passiert, wenn p- und n-Zone hoch dotiert sind? Das ist das Experiment, Leo Esaki im Jahr 1957 durchführte und dieses Bild ist einem Artikel von entnommen. Die Konzentration von Akzeptoren in der p-Zone ist 1,6·1019 cm-3 die der Donatoren in der n-Zone ist 1019 cm-3 gewesen. Die Probe wurde Germanium hergestellt. das ihm und aus Abbildung 3.8: Die Kennlinie von einer hochdotierten pn-Diode Der Verlauf der Kennlinie verhält sich anders als bei normalen pn-Dioden, da ein lokales Maximum auftritt. Das Maximum befindet sich bei einer Spannung von etwa 0,035 ± 0,005 Volt und bei Spannungen höher als 0,3 Volt läuft die Kurve wieder entsprechend der Gleichung von W. Shokley: eU I = I S e kT − 1 Wie man in Abbildung 3.8 sieht, ist die Leitfähigkeit in Sperrrichtung größer als in Durchlassrichtung. 16 Wie kann man dieses Phänomen verstehen? Die auf einem pn-Übergang aufbauende Diffusionsspannung UD = kT n A n D ln 2 e ni beträgt bei den für normale Dioden üblichen Dotierungen (1016-1017 cm-3) etwa 0,3 V für Germanium und 0,7 V für Silizium. Sie sind damit kleiner als die entsprechenden Bandabstände ∆E/e zwischen Leitungs- und Valenzband von 0,65 V bei Ge und 1,1 V bei Si. Bei größeren Dotierungen (1019-1020 cm-3) wird die Diffusionsspannung größer als der Bandabstand. Dieses Bild stammt aus einem Artikel von Leo Esaki: Abbildung 3.9: Das Energiediagramm der Tunneldiode In diesem Fall bildet sich am pn-Übergang der spannungslosen Diode in bekannter Weise durch Diffusion von beweglichen Ladungsträgern jeweils in das Gebiet entgegengesetzter Dotierung eine ladungsträgerarme Sperrschicht, in der sich die unkompensierten Ladungen von positiven Donator- und negativen Akzeptorionen gegenüberstehen. Die stärkere Dotierung führt zu größeren Raumladungen enD und –enA und damit zu einer sehr geringen Sperrschichtdicke (<10-2 µm) mit einer hohen elektrischen Feldstärke (10-100 kV/cm). Die sich durch Diffusion von Ladungsträgern am Übergang aufbauende Energiebarriere e·UD ist im Vergleich zur mittleren thermischen Energie der Elektronen zu hoch, um Leitungselektronen der n-Zone über sie hinweg in das pGebiet gelangen zu lassen. 17 Abbildung 3.10: Verdeutlichung des negativen differenziellen Widerstandes der Tunneldiode Wie Abbildung (3.10-a) am Bändermodell ohne äußere Spannung zeigt, liegt wegen e UD > ∆W das Ferminiveau W F im oberen Bereich des Valenzbandes des neutralen p-Gebiets und im unteren Bereich des Leitungsbandes des neutralen n-Gebiets (entarteter oder degenerierter Halbleiter). Die obere Kante des Valenzbandes im pGebiet liegt höher als die Unterkante des Leitungsbandes des n-Gebiets. Infolge dieser Bandüberlappung, und da die Grenzschichtdicke und damit die Breite des Potenzialwalls sehr gering ist, kann dieser von Elektronen auf Grund des quantenmechanischen Tunneleffektes durchdrungen werden. Es können Elektronen des Valenzbandes der p-Zone in das unbesetzte Leitungsband der n-Zone durch die Sperrschicht „tunneln“. Ebenfalls können Elektronen aus dem Leitungsband des nGebiets in das Valenzgebiet des p-Gebiets „tunneln“. Der vom p- ins n-Gebiet fließende Elektronenstrom wird als Zenerstrom (IZ, Abbildung 3.11) und der Strom von n- ins p-Gebiet als Esakistrom (IE) bezeichnet. Außerdem fließen - wie bei normalen Dioden - von der p- in die n-Zone ein Minoritätsträger-Sperrstrom (IS) und in umgekehrter Richtung ein Majoritätsträger-Diffusionsstrom (ID). Liegt an der Diode keine äußere Spannung an, so kompensieren sich die in beiden Richtungen durch die Grenzschicht fließenden Tunnelströme und ebenfalls Sperr- und Diffusionsstrom. 18 Abbildung 3.11: Die unterschiedlichen Ströme in einer Tunneldiode Bei einer in Vorwärtsrichtung angelegten äußeren Spannung U (+ an p und – an n), Bild (3.10-b), wird die Energie der Leitungselektronen des n-Gebiets gegenüber der Energie der Valenzelektronen des p-Gebiets angehoben. Das Ferminiveau W Fn der n-Seite wird gegenüber W Fp der p-Seite um e·U erhöht. Bei kleiner Spannung stehen so Elektronen unterhalb W Fn auf der n-Seite leeren Zuständen (Löchern) oberhalb W Fp auf der p-Seite gegenüber. Es findet ein Tunneln der Elektronen von der n- auf die p-Seite statt. Mit wachsender anliegender Spannung schiebt sich der mit Leitungselektronen besetzte untere Teil des Leitungsbandes der n-Zone am oberen von Löchern eingenommenen Bereich des Valenzbandes der p-Seite vorbei. Der Bandüberlappungsbereich nimmt ab. Dabei befinden sich mit steigender Spannung die Leitungselektronen des n-Gebiets zunächst einer wachsenden, dann wieder abnehmenden und schließlich verschwindenden Anzahl von freien Valenzbandzuständen des p-Gebiets gegenüber. So steigt der Esakistrom bei sinkendem Zenerstrom zunächst stark an und wird dann wieder kleiner (Abbildung 3.11). Wird mit zunehmender Spannung schließlich die Bandüberlappung aufgehoben (Abbildung 3.10-c), so gehen der Esaki- und der Zenerstrom gegen Null. Die Potentialstufe am Übergang wird nun so weit abgebaut, dass der Diffusionsstrom auf Grund des normalen Ladungstransports oberhalb der Schleusenspannung stark ansteigt. Bei einer in Rückwärtsrichtung an die Tunneldiode angelegten Spannung (+ an n, - an p), Abbildung 3.10-e, tunneln Elektronen von besetzten Valenzbandzuständen unterhalb W Fp der p-Seite zu unbesetzten Leitungsbandzuständen oberhalb W Fn der n-Seite (ähnlich dem Zenereffekt). Wird die Rückwärtsspannung erhöht, so sinkt W Fn gegenüber W Fp weiter ab, so dass mehr besetzte Energiezustände der p-Seite unbesetzten Zustände der n-Seite gegenüberstehen. So nimmt das Tunneln von Elektronen vom p- zum n-Gebiet mit wachsender Spannung zu. Der Zenerstrom steigt steil an, während Esaki- und Diffusionsstrom verschwinden. Bild 3.31 zeigt, wie sich die Teilströme zur resultierenden Strom-Spannungs-Kennlinie einer Tunneldiode zusammensetzen. Infolge der Abnahme des Tunnelstroms in Durchlassrichtung und der Zunahme des Diffusionsstroms mit wachsender Spannung ergeben sich in der Kennlinie ein Maximum (Höcker) und ein Minimum (Tal) (IH /ID ≈ 10-20). In dem dazwischen liegenden fallenden Kennlinienteil nimmt mit wachsender Spannung der Strom ab. Es ergibt sich also ein Bereich mit negativem differenziellen Widerstand dU/dI=-Rn, Rn>0. 19 3.3 Anwendung der Tunneldiode Da die Elektronen im Tunnelstrombereich die Sperrschicht fast trägheitslos durchqueren, ist die Tunneldiode für Mikrowellenanwendung geeignet und kann auch als schneller Schalter in Impulsgenerator- und Impulsformerschaltungen verwendet werden. Der Tunneleffekt ist auf Spannungen beschränkt, die kleiner als die der verbotenen Zone entsprechenden Potentialdifferenz (0,65 V bei Ge und 1,1 V bei GaAs) sind. Infolge des geringen Spannungsaussteuerungsbereiches (etwa ± 0,25 V bei Ge und ± 0,4 V bei GaAs) ist die lieferbare Hochfrequenzleistung von Tunneldioden nur sehr gering (einige mW). Der negative differenzielle Widerstand – Rn (etwa –10 bis –150 Ω) der Tunneldiode bleibt bis zu sehr hohen Frequenzen frequenzunabhängig. Er ist abhängig von der Lage des Arbeitspunktes A (Abbildung 3.12) im fallenden Kenlinienbereich und von der Amplitude des aussteuernden Hochfrequenzsignals. Abbildung 3.12:.Arbeitsgerade einer Tunneldiode In eine näherungsweise Betrachtung (Kleinsignalbetrieb) ersetzt man die Kennlinie durch ihre Tangente im Arbeitspunkt. 20 Abbildung 3.13 zeigt ein Kleinsignal-Ersatzschaltbild einer Tunneldiode mit einem Arbeitspunkt im fallenden Kennlinienbereich: Abbildung 3.13:.Kleinsignal-Ersatzschaltung einer Tunneldiode Hierin bedeuten CS die Sperrschichtkapazität und RB der Bahn- und Kontaktwiderstand des Diodenchips. LZ repräsentiert die innere Zuleitungsinduktivität und CG die Gehäusekapazität. Es wird eine einfache Oszillatorschaltung betrachtet mit der Serienschaltung von Tunneldiode und Kondensatoren und Spulen. In Abbildung 3.14 ist die Schaltung im Prinzip dargestellt. Mit der Vorspannung UV ( ≈ 0,2 V) wird der Arbeitspunkt der Diode im fallenden Kennlinienbereich (meist im Wendepunkt) eingestellt. Mit dem Kleinsignalersatzschaltbild der Tunneldiode nach Abbildung 3.13 ergibt sich für eine näherungsweise Betrachtung des Oszillators ein ungedämpfter Schwingkreis. Abbildung 3.14: Tunneldioden-Oszillator Ein gedämpfter elektromagnetischer Schwingkreis besteht entsprechend Abbildung 3.15 aus einer Spule L, einem Kondensator C und einem ohmschen Widerstand R: 21 Abbildung 3.15: Gedämpfter elektromagnetischer Schwingkreis Aus der Forderung, dass die Summe aller Spannungen in einer Masche eines Stromkreises gleich null sein muss (2. Kirchhoff’sches Gesetz), kann die Differenzialgleichung für den gedämpften elektromagnetischen Schwingkreis hergeleitet werden: 1 LI&& + RI& + I = 0 C oder I&& + 2δ I& + ω 02 I = 0 Die Lösung dieser Gleichung für ω0 > δ sieht folgendermaßen aus (Abbildung 3.16): I = I 0 e −δt cos(ω d t + ϕ 0 ) wobei: ωd = ω0 1− D2 ,D = δ ω0 1 _ 0 -1 0,0 0,5 1,0 t 1,5 2,0 2,5 Abbildung 3.16: : Der gedämpfte Verlauf des Stroms eines Schwingkreises In einer Schaltung mit einem negativen differenziellen Widerstand (Abbildung 3.14) ergibt sich unter bestimmten Voraussetzungen eine ungedämpfte Kennlinie mit sehr 22 hoher Frequenz (Abbildung 3.17). Eine solche Schaltung ist eine typische Baugruppe in der Mikrowellentechnik als Oszillator. _ 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 -0,2 -0,4 -0,6 -0,8 -1,0 -1,2 -1,2-1,0-0,8-0,6-0,4-0,20,0t 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 Abbildung 3.17: Der ungedämpfte Verlauf des Stroms des Kreises in Abbildung 3.14 23 4 Tunneleffekt in Supraleitern 4.1 Experimente mit Metall-Isolator-Metall-Proben Im Lebenslauf von Ivar Giaever habe ich berichtet, dass er sich bei John Fisher (General Electric) mit dem Thema „Dünne Schichten“ beschäftigt hat. Er meinte, dass nützlich elektronische Schaltungen durch die Anwendung der Dünnschichttechnologie entwickelt werden können. Nach kurzer Zeit hatten sie Tunnelexperimente mit zwei metallischen Schichten, die durch eine Isolatorschicht getrennt wurden, aufgebaut. Giaever meint in seiner Nobelvorlesung, dass er sicher sei, dass Fisher damals über Tunnelexperimente von Esaki informiert war, aber Giaever selbst wusste darüber nichts. Er hat viel versucht um sich zu überzeugen, dass Elektronen sich manchmal so unerwartet verhalten und zum Beispiel tunneln. Das Problem war, dass beide keine vorherige Erfahrung in Experimentalphysik hatten. Am Anfang gab es viele Fehlversuche bis klar war, dass der Abstand zwischen zwei Metallschichten nicht viel mehr als 100 Å groß sein darf, um Tunnelströme messen zu können. Um das Problem der Schwankungen der Abstände der Metallschichten zu vermindern, wurden schließlich zwei aufgedampfte Metallschichten von einer gewachsenen Isolatorschicht getrennt. Abbildung 4.1: Faszinierter Giaever Um den Übergang herzustellen wurde zunächst eine Schicht Aluminium auf einer Glassscheibe aufgedampft. Dann wurde diese aus dem Vakuum der Apparatur entfernt und an Luft aufgeheizt um die Aluminiumschicht schnell zu oxidieren. Dann wurden, wie in Abbildung 4.2 gezeigt, gleichzeitig mehrere Aluminiumstreifen auf die vorherige Schicht aufgedampft und damit gleich mehrere Übergänge hergestellt. 24 Abbildung 4.2: Die Herstellung der Metall-Isolator-Metall-Proben Bis zum April 1959, wurden viele erfolgreiche Experimente durchgeführt. Jetzt waren die Ergebnisse reproduzierbar und die Ergebnisse waren solche Strom-SpannungsKennlinien. Die Experimente wurden mit unterschiedlichen Schichtdicken, unterschiedlichen Schichtflächen und bei unterschiedlichen Temperaturen gemacht. Abbildung 4.3: Die erhaltenen Kennlinien von den Metall-Isolator-Metall-Proben Wie wir in vorherigen Rechnungen gesehen haben, zeigen diese Kennlinien den von der Theorie erwarteten Verlauf. Da die Zustandsdichten konstant angenommen werden, wächst die Zahl der Elektronen, die von einer zur anderen Seite tunneln können, proportional zur Spannung. Der Nettostrom ist deshalb ebenfalls proportional zur äußeren angelegten Spannung. 25 Bei diesen fünf Proben wurde die Dicke der Isolatorschicht konstant gehalten und nur die Oberfläche geändert. Das Ergebnis war, dass der Strom der Oberfläche des Übergangs proportional ist. Dadurch wurde festgestellt, dass wirklich der Tunnelstrom gemessen wurde und der Strom nicht durch Kurzschluss zustande kommt. 4.2 Experimente mit Metall-Isolator-Supraleiter-Proben Giaever hat noch an weiteren Vorlesungen in Physik teilgenommen und in einer Festkörperphysikvorlesung hat er auch Fakten zum Thema Supraleitung gelernt. Nach der BCS-Theorie gibt es bei 0 K in Supraleitern eine Energielücke der Größe 2.∆. In der Nähe des Energieniveaus EF−∆ sind alle Elektronen paarweise gekoppelt (Cooper-Paare) und wegen entgegengesetzter Spin- und Wellenvektorrichtungen gehorchen sie der Bose-Einstein Verteilung. Man sieht, dass die Zustandsdichte in unmittelbarer Nähe des Ferminiveaus sehr groß ist und zu kleineren Energien hin, nähert sie sich der Zustandsdichte der Fermionen. Oberhalb des Energieniveaus EF+ ∆ sind die Zustände alle frei. Bei höheren Temperaturen werden einige CooperPaare durch thermische Fluktuation aufgebrochen und man erhält thermisch angeregte Quasiteilchen. Diese sind genau wie Elektronen im Normalleiter Fermionen. Giaever hat sich überlegt, dass wenn diese Theorie wirklich stimmt und seine Tunnelexperimente richtig funktionieren, sich aus der Kombination dieser beiden etwas interessantes ergeben sollte. Er hat sich zuerst informiert wie groß die Bandlücke sein soll und als er begriffen hat, dass es ein paar meV sind, war er sicher, dass anhand seiner Messgeräte sein Experiment zu machen sei. In dieser Abbildung hat er seine Idee gezeichnet: Abbildung 4.4: Das Energiediagramm des M-I-S-Kontaktes 26 In Abbildung 4.4-A und 4.4-B werden die Energiebändermodelle von Normalleiter und Supraleiter verglichen. Wenn sich auf einer Seite der Isolatorschicht ein Supraleiter befindet, werden die Ferminiveaus des Normalleiters auf einer Seite und des Supraleiters auf der anderen Seite gleich sein. Jetzt kann kein Strom fließen, weil der Supraleiter kein Elektron in der Nähe des Ferminiveaus hat und den Elektronen im Normalleiter stehen keine weiteren freien Zustände im Supraleiter zur Verfügung. Nur wenn die angelegte Spannung den Wert ∆/e überschreitet, können die Elektronen vom Metall in den Supraleiter tunneln. Bei der Spannung ∆/e setzt der Tunnelstrom mit vertikaler Tangente ein. Dieser steile Anstieg ist durch die hohe Dichte der freien Zustände im Supraleiter bedingt. Bei noch höheren Spannungen verläuft die Kurve gegen die Tunnelkennlinie für zwei Normalleiter. Bei endlichen Temperaturen haben wir die Besetzung im Normalleiter etwas verschmiert und auch entsprechend einige Einzelelektronen im Supraleiter oberhalb der Energielücke, die auch etwas kleiner ist. Dann erhalten wir eine Kennlinie, wie sie in Kurve 3 in Abbildung 4.5 schematisch dargestellt ist: Abbildung 4.5: Die erwartete Kennlinie eines M-I-S-Kontaktes Dieses Experiment musste bei tiefen Temperaturen durchgeführt werden. Die obenliegende Aluminiumschicht seiner Proben wurde gegen Blei ausgetauscht und die Aluminiumoxidschicht wurde viel dünner hergestellt. Bei diesem Versuch hat er die Proben nicht aufgeheizt, sonder nur ein paar Minuten in der Luft liegen lassen. Damit war die Dicke der Oxidschicht nur ca. 30 Å. Blei wird unter 7,2 K und Aluminium unter 1,2 K Supraleiter. Als dieses Experiment durchgeführt wurde, hat sich der Verlauf der Strom-Spannungs-Kennlinie unterhalb der kritischen Temperatur von Blei merklich geändert. 27 Abbildung 4.6: Die resultierten Kennlinien für die M-I-S-Probe bei unterschiedlichen Temperaturen Bei tieferen Temperaturen ändert sich die Bandlücke und demzufolge die StromSpannungs-Kennlinie. Es ist bekannt, dass Supraleiter bei hohen Magnetfeldern Normalleiter werden. Um die Korrektheit seiner Annahme zu prüfen, hat Giaever das Experiment bei konstanter Temperatur (1,6 K) mit unterschiedlichen Magnetfeldern durchgeführt. Abbildung 4.7: Die resultierten Kennlinien für die M-I-S-Probe bei unterschiedlichen Magnetfeldern Die Kurven zeigen ebenfalls eine Abhängigkeit der Bandlücke vom Magnetfeld. Die Größe der Bandlücke stimmte mit vorherigen Werten überein, die früher von anderen mit verschiedenen Messmethoden bestimmt wurden. Giaever berichtet, dass er sich in dieser Zeit zum ersten Mal als Physiker gefühlt hat. 28 4.3 Experimente mit Supraleiter-Isolator-Supraleiter-Proben Der nächste Schritt war natürlich der Aufbau einer Probe mit Supraleitern auf beiden Seiten. Wir betrachten erst den Fall T ≠ 0. Bei e·V= ∆2- ∆1 wird ein Maximum des Tunnelstroms erreicht, weil nun alle Einzelelektronen des Supraleiters 1 nach rechts tunneln können und dort eine besonders hohe Dichte unbesetzter Zustände finden. Der Strom nimmt dann mit wachsender Spannung ab, weil die Dichte der unbesetzten Zustände in 2 abnimmt. Bei e·V= ∆2+ ∆1 wird dann ein besonders steiler Anstieg des Stroms beobachtet. Hier kommt nun sowohl die hohe Dichte der besetzten, als auch der unbesetzten Zustände zur Geltung. Abbildung 4.8: Das Energiediagramm und die Kennlinie eines S-I-S-Kontaktes In dem besonders steilen Anstieg liegt der messtechnische Vorteil bei der Verwendung von zwei Supraleitern. 29 4.4 Der Suprastrom Als nächstes hat Giaever mit anderen seiner Kollegen die Experimente entwickelt. Es wurden Experimente mit unterschiedlichen Materialien bei tieferen Temperaturen und höheren Magnetfeldern durchgeführt. Eine dieser Kennlinien ist hier dargestellt. Abbildung 4.9: Die Entdeckung des Suprastroms Kurve 1 zeigt einen messbaren Strom ohne angelegte äußere Spannung. Dieser Effekt wurde von Giaever als ein metallischer Kurzschluss erklärt. Später hat er aber von einem Artikel von Brian Josephson in „Physics Letters“ gehört. Der Effekt wurde von Josephson so erklärt, dass es möglich ist durch einen Supraleiter-IsolatorSupraleiter-Übergang ohne angelegte äußere Spannung einen Suprastrom fließen zu lassen. Dieser Effekt ist als DC-Josephson-Effekt bekannt. So ein Strom ist nur dann messbar, wenn die Dicke der Oxidschicht klein genug ist (ca. 20 Å). Der neu entdeckte Strom ist gegenüber dem bekannten Tunnelstrom ein Suprastrom bei U=0 V. Der Josephson-Gleichstrom, der von Cooper-Paaren getragen wird, kann bis zu einem Maximalwert Imax gesteigert werden. Überschreitet man jedoch diese Grenze, so fällt am Kontakt eine Spannung ab und die Kennlinie springt auf einen Punkt, der durch den äußeren Widerstand bestimmt wird. An dieser Stelle in der Strom-Spannungs-Charakteristik tritt nun ein hochfrequenter Cooper-PaarWechselstrom (AC-Josephson-Effekt) und ein Quasiteilchen-Gleichstrom auf. Bei noch höheren Spannungen geht auch diese Kennlinie in die ohmsche Gerade über. Wie können wir die Josephson-Effekte theoretisch beschreiben und daraus Beziehungen für den Josephson-Gleich- und Wechselstrom herleiten? Da sich alle Cooper-Paare im Grundzustand in einem quantenmechanischen Zustand befinden (denn sie gehorchen der Bose-Einstein-Verteilung S=0 und K=0), können sie durch eine Zustandsfunktion beschrieben werden: ψ 1 = nc1 exp(iϕ 1 ) bzw. ψ 2 = nc 2 exp(iϕ 21 ) 30 Die Supraleiter 1 und 2 werden durch die Schrödinger-Gleichung beschrieben. Dabei wird die Kopplung der Supraleiter durch die Kopplungskonstante K dargestellt. ∂ψ 1 = E1ψ 1 + Kψ 2 ∂t ∂ψ 2 ih = E 2ψ 2 + Kψ 1 ∂t ih Einsetzen der Zustandsfunktionen liefert: n& c1 2 nc1 n& c 2 2 nc 2 exp (iϕ 1 ) + i nc1 exp (iϕ 1 )ϕ&1 = − { } { } i E1 nc1 exp (iϕ 1 ) + K nc 2 exp (iϕ 2 ) h exp(iϕ 2 ) + i nc 2 exp (iϕ 2 )ϕ& 2 = − i E 2 nc 2 exp (iϕ 2 ) + K nc1 exp (iϕ 1 ) h Als nächstes werden Real- und Imaginärteil voneinander getrennt 1 n& c1 K = 2 nc1 h nc 2 sin (ϕ 2 − ϕ 1 ) 1 n& c 2 K = nc1 sin (ϕ 1 − ϕ 2 ) 2 nc 2 h { { } } i E1 nc1 + K nc 2 cos(ϕ 2 − ϕ 1 ) h i i nc 2 ϕ& 2 = − E 2 nc 2 + K nc1 cos(ϕ 1 − ϕ 2 ) h i nc1ϕ&1 = − Da aber der Austausch immer symmetrisch sein muss und wir der Einfachheit halber gleiche Supraleiter annehmen ( n& c1 = −n& c 2 , nc1 = nc 2 ), folgt: n& c1 = 2K nc1 sin (ϕ 2 − ϕ 1 ) = − n& c 2 h Der Strom ergibt sich nun aus der zeitlichen Änderung der Cooper-Paar-Dichten nach Multiplikation mit dem Volumen des Supraleiters 1 und der Ladung 2e: I S = I S , max sin (ϕ 2 − ϕ 1 ) mit I S ,max = (4-1) 2 K ⋅ 2e ⋅ V ⋅ nc h Es wird also ohne Spannung ein Supragleichstrom fließen, dessen maximaler Wert nur von der Geometrie des Kontakts und der Konzentration der Cooper-Paare im Supraleiter abhängt. 31 Aus den letzten beiden Gleichungen folgen die Beziehungen für den Fall des Spannungsabfalls. Es ergibt sich eine Differenzialgleichung für die zeitliche Änderung der Phasendifferenz: d (ϕ 2 − ϕ1 ) = 1 (E1 − E2 ) = 2eU dt h h Integration liefert: (ϕ 2 − ϕ1 ) = 2eU ⋅ t + ϕ 0 h Die Phasendifferenz wächst also linear mit der Zeit an. Somit tritt ein Wechselstrom auf, dessen Frequenz durch die anliegende Spannung bestimmt ist: ν= 2eU h Für eine Spannung von 1 mV ergibt sich eine Frequenz von 4,85.1011 Hz (also ca. 500 GHz), das heißt langwellige Ultrarotstrahlung. 4.5 SQUID Josephson-Tunneln von Cooperpaaren im Zusammenhang mit Magnetfeldern ermöglicht Experimente, die die hohe Kohärenz des supraleitenden Zustands ähnlich wie bei der Interferenz von kohärentem Licht zeigen. Die Realisierung der Experimente beruht darauf, dass ein hochkohärenter Suprastrom auf zwei Wege aufgeteilt wird (Abbildung 4.10), die die Josephson-Tunneldioden (a und b) enthalten. Die Vereinigung der beiden Stromwege führt zu einem geschlossenen Umlauf im Suprastromkreis, der nur durch die Tunnelbarriere a und b getrennt ist. Abbildung 4.10: Zwei schwach aneinander gekoppelte Supraleiter (I und II) getrennt durch zwei Tunnelbarrieren (a und b) 32 An diesen Stellen erfährt gemäß 4-1 die Gesamtwellenfunktion des supraleitenden Zustandes im Bereich I einen Phasensprung gegenüber der im Bereich II. Ohne ein die supraleitende Schleife in Abbildung 4.10 durchdringendes Magnetfeld (B=0) seien diese Phasensprünge δa bzw. δb, d.h. die Ströme sind über die Tunnelbarrieren a und b darstellbar als I a = I 0 sin δ a I b = I 0 sin δ b Bei eingeschaltetem Magnetfeld B hingegen bestimmt diese, bzw. sein Vektorpotential A auch die Phasendifferenz in den beiden Supraleitern. Die Phasendifferenz zwischen zwei beliebigen Punkten X und Y hängt in folgender Weise mit dem kanonischen Impuls zusammen: ∆ϕ XY Y 1 r r = ∫ p ⋅ ds hX Der kanonische Impuls hat in Anwesenheit eines Vektorpotentials zwei Beiträge: r r r p = 2mv + 2eA Eine Phasendifferenz wird also durch einen Strom und durch ein Vektorpotential verursacht. Mann kann den Weg aber so wählen, dass man sich im Inneren des Ringes befindet, wo keine Ströme existieren. Ströme fließen nur unmittelbar an der Oberfläche, um das äußere Magnetfeld abzuschirmen. Es bleibt: ∆ϕ XY Y 2e r r = A ⋅ ds h ∫X Damit ergeben sich die Gesamtphasenänderungen der supraleitenden Zustandsfunktion von I nach II auf den beiden Wegen über a bzw. b zu ∆ϕ II I ∆ϕ II I 2e r r A ⋅ ds h ∫a 2e r r = δ b + ∫ A ⋅ ds h b =δa + Wegen der Eindeutigkeit der Zustandsfunktion an einem Punkt müssen die beiden Phasensprünge identisch sein und deren Subtraktion ergibt: δb −δa = 2e r r 2e r r 2e A ⋅ ds = ∫ B ⋅ df = ⋅Φ h ∫ h h (4-2) Φ ist der magnetische Fluss durch den Ring. Die gesamte Phasendifferenz kann also durch den magnetischen Fluss gesteuert werden. Das zu erwartende Interferenzphänomen der Supraströme wird offensichtlich, wenn wir den 33 Gesamtstrom I betrachten, der sich aus der Summe der Ströme Ia und Ib unter Berücksichtigung des Magnetfeldes ergibt. Mit der aus 4-2 folgenden willkürlichen Definition von δ0 (abhängig von der Natur der Tunnelbarrieren und der anliegenden Spannung) durch e h e δb = δ0 + ⋅Φ h δa = δ0 − ⋅Φ folgt für den Gesamtstrom: e e I = I 0 sin δ 0 + ⋅ Φ + sin δ 0 − ⋅ Φ h h e I = 2 I 0 sin δ 0 cos ⋅ Φ h (4-3) Der Suprastrom durch die Parallelschaltung zweier Josephson-Tunnelbarrieren variiert also mit dem durch die supraleitende Schleife dringenden magnetischen Fluss wie der Cosinus des Flusses. Maxima des Stroms werden erreicht für Φ=N πh e =N h , 2e N = 1, 2, 3, K Abbildung 4.11: Abhängigkeit des Stromes vom angelegtem Magnetfeld d.h. jeweils, wenn ein magnetisches Flussquant umschlossen wird. Abbildung 4.11 zeigt den experimentell ermittelten Strom durch ein Paar von Josephson-Kontakten in Abhängigkeit vom Magnetfeld zwischen den beiden Kontakten. Die Oszillationen zeigen jeweils ein Flussquant an, sie resultieren aus dem Cosinus-Interferenzterm in 4-3. Anwendungen der hier diskutierten Josephson-Effekte sind nahliegend. Die beiden stabilen Zustände eines Josephson-Kontaktes (ICP ≠ 0 bei U=0 und Einelektron-Tunnelstrom bei U ≠ 0, Abbildung 4.9) erlauben den Aufbau von binären Schaltelementen in der Mikroelektronik, z.B. in Rechnerspeichern. Diese Bauelemente sind extrem schnell, müssen jedoch gekühlt werden. Die Möglichkeit 34 der Interferenz zweier Cooper-Paar-Tunnelströme in zwei parallel geschalteten Josephson-Kontakten (Abbildung 4.10) hat zum Bau von extrem empfindlichen Magnetometern, sog. SQUID’s (Superconducting Quantum Interferometer Device), geführt. Selbst Magnetfelder, die durch Hirnströme verursacht werden, können mit Hilfe dieser Bauelemente nachgewiesen werden. 35 5 Quellen 1. Leo Esaki, Reviews of Modern Physics, Vol. 46, No. 2, April 1974 2. Ivar Giaever, Physical Review Letters, Vol. 5, No. 4, August 15, 1960 3. Ivar Giaever, Karl Megerle, Physical Review, Vol. 122, No. 4, May 15, 1961 4. Ivar Giaever, Physical Review Letters, Vol. 14, No. 22, May 31, 1965 5. Ivar Giaever, Reviews of Modern Physics, Vol. 64, No. 2, April 1974 6. Ivar Giaever, Physical Review Letters, Vol. 5, No. 10, November 15, 1960 7. B. D. Josephson, Reviews of Modern Physics, Vol 64, No. 2, April 1974 8. Ibach, Lüth, Festkörperphysik 9. Hering, Martin, Stohrer, Physik für Ingenieure 10. Werner Buckel, Supraleitung 11. Prof. Dipl. Ing. Erich Pehl, Mikrowellentechnik 36