Astronomie und Praxis: Beobachtungen Lichtblitze auf dem Mond Einschläge kosmischer Gesteinsbrocken auf dem Mond verursachen Lichtblitze, die sich von der Erde aus nachweisen lassen. Amateurastronomen und Forscher nutzen hierfür moderne Videokameras. Schon bald bietet sich eine günstige Gelegenheit, um einen eigenen Versuch zu wagen: der Meteorstrom der Perseiden, der alljährlich in den Tagen um den 12. August seine größte Aktivität entfaltet. Von Bernd Gährken D ie von unzähligen Kratern fassen, die Satelliten und Raumstationen Sturmstärke fünf weitere Ereignisse auf- zernarbte Oberfläche unseres gefährlich werden könnten. Mit moder- zeichneten. Die Forschung interessierte Mondes zeugt von einem hef- nen Videokameras gelang es Forschern sich besonders für den Vergleich der tigen Bombardement, dem und Amateurastronomen, eine Reihe von Fallraten auf dem Mond und der Erde. Impakten im Bild festzuhalten. Eine Feuerkugel mit einer Helligkeit von der Erdtrabant vor mehreren Milliarden Jahren ausgesetzt war. Dabei entstanden Auch Sie können solche Ereignisse mit –10 mag in der Erdatmosphäre sollte zahlreiche große Krater, die seither neben Ihrem Teleskop verfolgen. Vor allem wäh- einem 3 mag hellen Einschlag auf dem den dunklen Maregebieten den Anblick rend eines Meteorstroms ist die Einfalls- Mond entsprechen. Während sich die Hel­ unseres kosmischen Nachbarn bestim- rate kosmischer Partikel erhöht: Sie tref- ligkeiten von Feuerkugeln in der Erdatmo- men. Noch heute gibt es – wenngleich in fen dann nicht nur die Erde, sondern auch sphäre nur schwer schätzen lassen, sind viel geringerem Ausmaß – einen stän- den Mond. Die nächste gute Gelegenheit, sie bei Mond­impakten gut messbar. digen Zustrom von Gesteinsbrocken. Da Impakte zu beobachten, bietet der Strom Die damals veröffentlichten Berichte der Mond keine dichte Atmosphäre be- der Perseidenmeteore, der in den Tagen zeigten, dass die Rate der Einschläge etwas sitzt, treffen sie seine Oberfläche völlig um den 12. August 2013 sein nächstes unterhalb des erwarteten Werts lag. Es ungebremst. Die dabei als Wärme und Aktivitätsmaximum erreichen wird (siehe gab also weiteren Forschungsbedarf, und Licht freigesetzte Energie hängt von der Kasten S. 70). in der Folgezeit griffen mehrere Arbeits- Masse und Geschwindigkeit des einschla- gruppen das Thema auf. Im Jahr 2000 star- häufig aus, um Leuchterscheinungen aus- Leonidenstürme brachten erste Erfolge zulösen, die von der Erde aus sichtbar Die ersten fünf Einschläge auf dem Mond zur regelmäßigen Beobachtung. Weitere sind. Die beobachtete Helligkeit lässt auf wurden während des starken Leoniden- Projekte gab es von der International die Zerstörungskraft eines solchen Ereig- stroms 1999 nachgewiesen, als auf der Occultation Timing Association (IOTA) nisses schließen. Erde bis zu 3000 Meteore pro Stunde sicht- und der British Astronomical Association genden Himmelskörpers ab. Sie reicht tete die Association of Lunar and Planetary Observers (ALPO) ein erstes Programm Die Impakte lassen sich auf der dunk- bar waren. Damals ließ sich immerhin (BAA). Ab dem Jahr 2005 begann auch das len Seite der Mondoberfläche nachwei- ein Impakt pro Stunde registrieren. Bei Marshall Space Flight Center (MSFC) der sen, beispielsweise in der Zeit zwischen der nächsten Gelegenheit, im Jahr 2000, US-Raumfahrtbehörde NASA mit regel- Neumond und dem ersten Viertel. Beim stand der Vollmond auf der Sichtlinie zum mäßigen Messungen und widmete den Auftreffen entstehen Lichtblitze, deren Ra­dianten, so dass alle Impakte auf der Impakten eine eigene Website. systematische Beobachtung sich dazu eig- Mondrückseite stattfanden. Erst im Jahr Die Zeit der Leonidenstürme war nach net, die Verteilung kleinerer und mittlerer 2001 war die Geometrie wieder günstig, dem Jahr 2002 vorbei, weshalb normale Meteoroide im Erde-Mond-System zu er- so dass die Beobachter bei vergleichbarer Meteorströme sowie sporadische Stern- 68 August 2013 Sterne und Weltraum NASA schnuppen zunehmend in den Fokus Die Leuchterscheinungen der Impakte der Forschung gerieten. Alle Projekte lassen sich nur auf der Nachtseite des bemühten sich von Anfang an darum, Mondes nachweisen. Ideal ist die Zeit vor auch Amateurastronomen für ihre Ziele dem ersten Viertel und nach dem letzten zu begeistern. Denn je größer die Zahl der Viertel. Der unbeleuchtete Mondabschnitt Beobachter ist, desto größer ist auch die ist dann ausreichend groß, und die Sichel Chance, einen der viel selteneren sporadi­ ist nicht so hell, dass sie die dunklen Par- schen Impakte zu erwischen. tien überstrahlt. Ideal wäre es, die Beob­ ausdauerndes Hinsehen lohnt achter so gleichmäßig um den Globus zu sich: Erst kürzlich, am frühen Morgen verteilen, dass der Mond permanent von des 17. Mai 2013 gegen 5:50 Uhr MESZ mindestens zwei Stationen aus überwacht beobachteten Forscher der NASA einen werden kann. Denn eine solche Doppel­ Einschlag, der rund zehnmal heller als alle sichtung vermag eine Fehldetektion un- bislang bekannten Ereignisse dieser Art zweifelhaft auszuschließen: Objekte in war. Der Impakt erzeugte einen 4 mag hel- der Erdatmosphäre, Kameraartefakte oder len Lichtblitz, der sogar mit dem bloßen blinkende Satellitenbruchstücke in einer Auge sichtbar gewesen wäre. In der glei- Erdumlaufbahn wären nur von einem ein- chen Nacht erfassten Weitwinkeloptiken, zigen Standort aus vor der Mondscheibe mit denen die NASA den Himmel über- sichtbar. Hingegen erscheint ein echter wacht, ebenso wie Kameras der University Mondimpakt von verschiedenen Beob­ Ähnlich wie in der künstlerischen Darstel- of Western Ontario, eine ungewöhnliche achtungsorten aus an derselben Stelle auf lung ganz oben könnte einem hypothe­ Häufung heller Meteore, die tief in die der Mondoberfläche. tischen Beobachter auf dem Mond ein Erdatmosphäre eindrangen. Die Rückbe- Bernd Gährken, Otto Farago Ein kosmischer Impakt erscheinen. Während sich auf nahezu gleichen Wegen aus dem Mit Amateurteleskopen und Videokameras Asteroidengürtel der Erde angenähert Das Programm des MSFC läuft inzwi- erstmals von Deutschland aus registriert: hatten. Offenbar war das gesamte Erde- schen kontinuierlich seit acht Jahren. Durch zeitgleiche Videoaufnahmen hielten Mond-System gleichzeitig von diesem Im Mittel wird in jedem Monat in etwa Bernd Gährken in Bayrischzell und Otto sporadischen Ereignis betroffen, dessen zehn Nächten beobachtet. Dabei werden Farago in Stuttgart den Impakt im Bild Ursache eine kosmische Trümmerwolke Mondphasen mit Beleuchtungsanteilen fest. Die beiden Graustufenbilder zeigen gewesen sein könnte. von 10 bis 55 Prozent routinemäßig abge- ihn jeweils als kleinen Lichtpunkt. rechnung ihrer Bahnen ergab, dass sie www.sterne-und-weltraum.de des Meteorstroms der Quadrantiden im Januar 2009 wurde ein solches Ereignis August 2013 69 Gute Kandidaten für Mondimpakte: die Perseiden 2013 D er Meteorstrom der Perseiden wird alljährlich in der Zeit vom ment Explorer (LADEE) zu starten, um den Staub im Mondumfeld 17. Juli bis zum 24. August erwartet. Die Phase der höchsten genauer zu untersuchen. Diese Mission soll unter anderem den Aktivität ist erheblich kürzer als dieser Zeitraum, sie dauert nur Zusammenhang zwischen Mondimpakten und der sehr dünnen wenige Tage. Die International Meteor Organisation prognosti- Mondatmosphäre erforschen. Mit ein wenig Glück lassen sich ein- ziert das kommende Maximum für den 12. August 2013, in der zelne von LADEE detektierte Staubkörner sogar den aufgezeichne- Zeit von 18:15 bis 20:45 Uhr UT. Die Neumondphase liegt dann ten Impakten zuordnen. So gäbe es lokal zuweisbare »Bodenpro- nur wenige Tage zurück – eine gute Gelegenheit, auf der dunklen ben« – ohne dass eine aufwändige Mondlandung nötig wäre. Seite des Erdtrabanten nach Impakten zu suchen. Da sich der Aus- Während des Perseidenmaximums befindet sich der Mond im strahlungspunkt der Meteore, der so genannte Radiant, nördlich südlichen Teil der Ekliptik: Vom 10. bis zum 14. August durchläuft der Ekliptik befindet, genügt es, nur die nördliche Mondhalbkugel er die Sternbilder Jungfrau, Waage und Skorpion. Das Maximum zu überwachen. Daher bieten sich auch gute Chancen für Optiken ist sehr breit, somit lässt sich die Aktivität während des gesamten mit längeren Brennweiten. Zeitraums überwachen. Geometrisch ideal wäre die Situation auf Einen Beobachtungsaufruf gibt es vom US-amerikanischen Beobachter Brian Cudnik. Er möchte die intensive Überwachung Die Mondphasen am 11., 12. und 13. August 2013, jeweils um beabsichtigt die NASA, den Lunar Atmosphere and Dust Enviro- 21 Uhr MESZ (von links). NASA / GSFC / Arizona State University, Virtual Moon Atlas auch in den Folgemonaten fortsetzen, denn im September 2013 deckt. Der Erfolg blieb nicht aus: Bis zum liefern ein analoges Signal, das sich mit desanstalt. Neuere Timeinserter arbeiten Jahr 2013 registrierten die Forscher 294 einem Framegrabber in ein digitales Bild mit dem weltweit verfügbaren Zeitsignal Impaktkandidaten. Die dabei eingesetzte umwandeln lässt und dann mit einem des Global Positioning System (GPS) der Ausrüstung ist auch bei manchen Ama- Computer verarbeitet wird. Für PCs gibt es NASA. teurastronomen vorhanden. Ideal ist eine Framegrabber als passende Steckkarten. Außerhalb starker Meteorströme wer- lichtstarke Optik mit geringer Brennweite, Jedoch sind auch externe Geräte erhält- den sporadische Ereignisse registriert. um einen möglichst großen Bereich auf lich, so genannte Video-Konverter, die Irdische Beobachter sehen dann etwa dem Mond abzudecken. Das MSFC nutzt meist über USB-Anschluss verfügen. sechs sporadische Meteore pro Stunde am zwei Schmidt-Cassegrain-Teleskope mit Videokameras liefern bis zu 50 Halb- Himmel und innerhalb von 24 Stunden 14 Zoll Öffnung, deren Brennweite mit bilder pro Sekunde. So entstehen inner­ etwa einen sporadischen Impakt auf dem einem Reducer auf f/3,3 verringert wird. halb einer Nacht hunderttausende ein- Mond. Bei Meteorstürmen ist die Aktivität Bei Brennweiten um 1,2 Meter können zelner Aufnahmen. Um diese gewaltige jedoch erheblich größer: Die Perseiden handelsübliche Videochips große Teile Datenflut verwalten zu können, wird in können leicht 60 Meteore pro Stunde des Mondes erfassen. Sie arbeiten mit das Videobild eine Uhr eingeblendet, die erreichen, die Geminiden sogar mehr als Raten von 50 oder 60 Einzelbildern pro jede Aufnahme mit einem exakten Zeit- 120 Meteore pro Stunde. In diesen Fällen Sekunde (englisch: frames per second, stempel versieht (siehe Bilder S. 69). Die genügen oft schon zweieinhalb Stunden fps). Damit lassen sich die Impakte auf dazu verwendeten Timeinserter arbeiten Beobachtungszeit, um ein Einschlagereig- mehreren Frames ablichten und auf mit einer Funkuhr, die eine zeitliche nis auf dem Mond nachzuweisen. diese Weise zeitlich auflösen. Als ideal Auflösung von 0,01 Sekunden besitzt. Die erwiesen sich Überwachungskameras mit notwendige Genauigkeit wird bei älteren unternahmen Otto Farago von der Volks- hochempfindlichen rauscharmen Mikro­ Geräten durch die Abstimmung mit dem sternwarte Stuttgart und Bernd Gährken linsenchips. Im Amateurbereich sind Funksignal von DCF 77 erreicht, eines in von diese Kameras unter den Markennamen Mainflingen betriebenen Langwellensen- München ihren ersten Versuch, einen Mintron und Watec weit verbreitet. Sie ders der Physikalisch-Technischen Bun- Mondimpakt von Deutschland aus zu 70 August 2013 Anlässlich der der Quadrantiden Bayerischen 2009 Volkssternwarte Sterne und Weltraum 180 160 der Südhalbkugel, denn dort verläuft 140 die Ekliptik steiler zum Horizont als in Mitteleuropa, so dass der Mond für 120 mehrere Stunden am dunklen Nachthimmel steht. Eine vergleichbar gute Gelegenheit wird es erst während der ZHRMond Eta-Aquariden im Mai 2014 geben. SuW-Grafik / International Meteor Organisation ZHR 100 80 ZHRErde 17:30 Uhr UT 40 20 0 1. Jan. 21:00 Uhr UT 60 2. Jan. 3. Jan. 4. Jan. 5. Jan. 6. Jan. NASA / Ames / GSFC Datum 2009 Die Datenpunkte zeigen den Verlauf der im Jahr 2009 auf der Erde beobachteten ZHR des Quadrantidenstroms. Am 3. Januar folgte der Mond der Erde auf ihrer Bahn um rund 3,5 Stunden nach: Kurz vor 21 Uhr UT, als die Beob- ­achter den Impakt registrierten, durchlief der Mond denjenigen Teil des Stroms, den die Erde bereits gegen 17:30 Uhr UT passiert hatte. Dementsprechend lag die ZHR auf dem Mond zur Zeit des Impakts höher als auf der Erde. Die von der NASA entworfene Sonde LADEE wird die äußerst dünne Gashülle des Mondes, die so genannte Exo- sphäre, und die Verteilung des Staubs in seiner Umgebung erforschen. fotografieren. Die Quadrantiden sind ein Maximum, das nur wenige Stunden dauert, und die Fallraten sind stark variabel. Kepler Kopernikus Bernd Gährken, NASA / GSFC / Arizona State University, Virtual Moon Atlas Meteorstrom mit einem sehr spitzen Für den 3. Januar 2009 wurde ein be­ sonders starkes Maximum vorhergesagt. Tatsäch­lich ergaben Messungen der International Meteor Organisation um die Mittagszeit eine auf den Zenit bezogene Rate (englisch: zenithal hourly rate, ZHR) von 146 Meteoren pro Stunde (siehe Diagramm rechts oben). Der Mond befand sich zu dieser Zeit im ersten Viertel. An dieser Position folgt er der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne im Abstand von wenigen Stunden. Das Maximum der Quadrantiden sollte den Mond demnach am Nachmittag erreichen. In Stuttgart standen ein Vier-ZollRefraktor und eine daran angeschlossene Watec-Kamera bereit. In München war an Der Mondimpakt vom 3. Januar 2009 (Pfeil) ereignete sich südwestlich des diesem Abend Hochnebel zu erwarten. Kraters Kepler. Der rechteckige Streifen links ist ein Aus­schnitt aus der Deswegen verlagerte ich meinen Standort Videoaufnahme von Bernd Gährken. Das Bild wurde einer für den Beobach- um 90 Kilo­meter in südöstlicher Richtung tungszeitpunkt berechneten Karte des Mondes überlagert. www.sterne-und-weltraum.de August 2013 71 Marat Achmetwalejew Kosmische Geschosse wie der Meteori- Die Kameras arbeiteten mit 50 Halbbil- erkennen. Für eine Bestätigung war die tenfall im russischen Tscheljabinsk sind dern pro Sekunde. Pro Stunde ergibt dies Datenqualität jedoch völlig ausreichend. relativ selten – darauf deuten die aus 90 000 Vollbilder, und wir mussten einige Der Zeitpunkt und die Position auf dem Mondimpakten gewonnenen Daten hin. 100 000 Aufnahmen bewältigen. Mond passten perfekt (siehe Bilder S. 69). Ohne eine technische Lösung blieb das Hilfreich bei der Auswertung war, dass Material fast zwei Jahre lang unangetas­ auf dem dunklen Teil der Mondoberflä- nach Bayrischzell, um auf 1200 Meter tet. Statistische Überlegungen ergaben je- che gewöhnlich noch Einzelheiten sicht- Höhe dem Dunst zu entgehen. Als mobiles doch, dass die Daten sehr wahrscheinlich bar sind, an denen sich ein Beobachter Gerät nutzte ich ein Newton-Teleskop mit ein Impaktereignis enthalten mussten. orientieren kann. Dank des von der Erde sechs Zoll Öffnung sowie eine Mintron- Zudem meldeten US-amerikanische Beob­ auf den Mond reflektierten Sonnenlichts, Kamera. Die Wetterbedingungen waren achter in der gleichen Nacht eine weitere des so genannten sekundären Lichts oder an beiden Standorten wechselhaft, doch positive Sichtung – und dies bei geome- Erdscheins, zeichneten sich in unseren gelang es, mehrere Stunden Videomate- trisch deutlich schlechteren Bedingungen. Aufnahmen einige Mare sowie der helle rial aufzuzeichnen. Die Auswertung war allerdings schwieriger als gedacht. Aufwändige Suche nach Lichtblitzen Im Mai 2011 hatte sich noch immer Krater Aristarch ab. Dies ermöglichte keine brauchbare Auswertungssoftware es, das registrierte Ereignis mit einer gefunden, und so wurden die Videos noch Mondkarte zu überlagern. Demnach liegt einmal herausgesucht und per Hand aus- der Einschlagsort bei 40 Grad westlicher gewertet. Die sehr mühsame Prozedur Länge und 5,5 Grad nördlicher Breite – Die NASA bietet eine kostenlose Software dauerte bei acht Stunden Arbeitszeit pro unweit des Kraters Kepler (siehe Bild S. 71 für das Betriebssystem DOS im Internet Tag mehrere Wochen. Doch die Quälerei unten). an, automatisch war nicht umsonst: Tatsächlich fand sich Auch die Helligkeit des Impakts ließ durchsucht. Die erfolgreiche Anwendung ein sehr vielversprechender Kandidat! Er sich bestimmen. Ein Vergleich mit Ster- des Programms erfordert allerdings Daten nen, die auf den Videos gut sichtbar sind, in professioneller Qualität – ohne wech- war auf dem Video aus Bayrischzell auf sieben Bildern mit jeweils 1/50 Sekunde selnde Mondpositionen, durchziehende Belichtungszeit nachweisbar. Die Freude Helligkeit von rund 6 mag. Die Masse Wolken und sich ändernde Helligkeiten. war groß, als sich dieser Impakt auch in eines etwas helleren Leoniden-Impaktors Unsere Daten vom 3. Januar 2009 entstan- den Daten aus Stuttgart verifizieren ließ. aus dem Jahr 2001 wurde zu 2,5 Kilo- den leider mit schlecht abgestimmten Dort wurde mit 25 fps gearbeitet, und gramm berechnet. Bei dem Impakt vom Montierungen bei Wind und durchzie- der Lichtblitz ist bei schlechterem Signal- 3. Januar 2009 handelte es sich mit hoher henden Wolken. Versuche, sie dem NASA- zu-Rauschverhältnis und Kompressions­ Wahrscheinlichkeit um einen Quadranti- Format anzupassen, scheiterten kläglich. arte­fakten auch nur auf zwei Bildern zu den. Berücksichtigt man, dass sich die Par- 72 die Videosequenzen August 2013 ergab für den Lichtblitz eine scheinbare Sterne und Weltraum tikel dieses Meteorstroms viel langsamer ihrer geringen Größe der direkten Sich- bewegen als diejenigen der Leoniden, so tung entziehen. Eine im Jahr 2006 publi- kommt eine Masse des Impaktors von bis zierte Arbeit schätzt auf der Grundlage zu fünf Kilogramm in Betracht. Der beim von Mondimpakten die Zahl der irdischen Impakt neu entstandene Krater könnte einen Durchmesser von etwa zehn Metern Treffer mit mehr als einem Kilogramm Masse auf rund 80 000 pro Jahr. Große besitzen. Einschläge mit einer Explosionskraft von Unsere Beobachtung reichten wir beim mehr als 15 Kilotonnen sollten demnach Marshall Space Flight Center ein. Dort nur einmal pro Jahr vorkommen. Der erfasst die NASA diejenigen als bestätigt Einschlag bei Tscheljabinsk entfaltete eine geltenden Impaktereignisse, die nicht Explosionskraft von etwa 500 Kilotonnen gleichzeitig von ihren Mitarbeitern nach- und kann als seltenes Ereignis gewertet gewiesen werden konnten, in einer Liste. werden. Auf der Grundlage des herkömm- Unser Eintrag erhielt die Nummer 13 und lichen Datenmaterials ist ein derartiger ist dort der erste bekannte Nachweis aus Treffer statistisch nur im Abstand von Deutschland. Die Nummer 12 ist der erste mehreren Jahrzehnten zu erwarten. Eintrag aus der Schweiz: Steffano Sposetti Die DSP-Satelliten des US-Militärs, und Marco Iten wurden am 11. Februar welche die gesamte Erdoberfläche über- 2011 erstmals fündig. Ihr Impakt wurde wachen, liefern jedoch eine erweiterte Da- zwar später aufgezeichnet, aber früher tenbasis. Sie suchen nach Raketenstarts, entdeckt. Inzwischen gelang es den bei- registrieren aber auch die Wärmestrah- den Beobachtern, zehn weitere Ereignisse lung von Feuerkugeln. Die Auswertungen erfolgreich nachzuweisen! Und die Chan- deuten darauf hin, dass sogar wöchentlich cen stehen gut, dass es im Jahr 2013 wei- Meteoriten die Erdoberfläche erreichen. tere Einträge in die Liste der NASA geben Die meisten von ihnen gehen aber – glück- könnte (siehe Kasten S. 70). licherweise – über menschenleeren Regio­ Mondimpakte und irdische Treffer nen wie Ozeanen oder Wüsten nieder. Nach dem Meteorfall von Tscheljabinsk Bernd Gährken ist Mit- am 15. Februar 2013 mit mehr als tausend glied der Volkssternwarten Verletzten gab es in Russland zahlreiche in München und Paderborn. Stimmen, die eine genauere Überwachung Zudem engagiert er sich in des Himmels forderten (siehe SuW 4/2013, der Fachgruppe Astrofoto- S. 22). Hierzu kann die Beobachtung von grafie der Vereinigung der Sternfreunde e. V. Er besitzt Mondimpakten einiges beitragen: Der Erdtrabant eignet sich ideal als Detektor, jahrzehntelange Erfahrung in der Amateur­ um die Masseverteilung von Kleinstkör- astronomie und ist nicht nur als Beobachter, pern in unserer näheren kosmischen sondern auch als Autor und Referent auf Umgebung zu erforschen, die sich wegen Tagungen aktiv. www.sterne-und-weltraum.de Literaturhinweise Bellot Rubio, L. R. et al: Luminous Effi­ ciency in Hypervelocity Impacts from the 1999 Lunar Leonids. In: Astrophysical Journal 542, S. 65 – 68, 2000 Cudnik, B.: Lunar Meteoroid Impacts and how to observe them. Springer, Berlin 2010 Cudnik, B.: Lunar Meteor Impact Monitoring and the 2013 LADEE Mission. In: The Society for Astronomical Sciences 31st Annual Symposium on Telescope Science, S. 29 – 35, 2012 Ortiz, J. L. et al.: Observation and Interpretation of Leonid Impact Flashes on the Moon in 2001. In: Astrophysical Journal 576, S. 567 – 573, 2002 Ortiz, J. L. et al.: Detection of Sporadic Impact Flashes on the Moon: Implica­ tions for the Luminous Efficiency of Hypervelocity Impacts and Derived Terrestrial Impact Rates. In: Icarus 184, S. 319 – 326, 2006 Yanagisawa, M. et al.: Lightcurves of 1999 Leonid Impact Flashes on the Moon. In: Icarus 159, S. 31 – 38, 2002 Youtube-Video des hellen Mondimpakts am 17. Mai 2013: www.youtube.com/ watch?v=IYloGuUZCFM Weblinks zum Thema finden Sie unter www.sterne-und-weltraum.de/artikel/ 1199615 August 2013 73