Lichtblitze auf dem mond

Werbung
Astronomie und Praxis: Beobachtungen
Lichtblitze auf dem Mond
Einschläge kosmischer Gesteinsbrocken auf dem Mond verursachen Lichtblitze, die sich
von der Erde aus nachweisen lassen. Amateurastronomen und Forscher nutzen hierfür
moderne Videokameras. Schon bald bietet sich eine günstige Gelegenheit, um einen
eigenen Versuch zu wagen: der Meteorstrom der Perseiden, der alljährlich in den Tagen
um den 12. August seine größte Aktivität entfaltet.
Von Bernd Gährken
D
ie von unzähligen Kratern
fassen, die Satelliten und Raumstationen
Sturmstärke fünf weitere Ereignisse auf-
zernarbte Oberfläche unseres
gefährlich werden könnten. Mit moder-
zeichneten. Die Forschung interessierte
Mondes zeugt von einem hef-
nen Videokameras gelang es Forschern
sich besonders für den Vergleich der
tigen Bombardement, dem
und Amateurastronomen, eine Reihe von
Fallraten auf dem Mond und der Erde.
Impakten im Bild festzuhalten.
Eine Feuerkugel mit einer Helligkeit von
der Erdtrabant vor mehreren Milliarden
Jahren ausgesetzt war. Dabei entstanden
Auch Sie können solche Ereignisse mit
–10 mag in der Erdatmosphäre sollte
zahlreiche große Krater, die seither neben
Ihrem Teleskop verfolgen. Vor allem wäh-
einem 3 mag hellen Einschlag auf dem
den dunklen Maregebieten den Anblick
rend eines Meteorstroms ist die Einfalls-
Mond entsprechen. Während sich die Hel­
unseres kosmischen Nachbarn bestim-
rate kosmischer Partikel erhöht: Sie tref-
ligkeiten von Feuerkugeln in der Erdatmo-
men. Noch heute gibt es – wenngleich in
fen dann nicht nur die Erde, sondern auch
sphäre nur schwer schätzen lassen, sind
viel geringerem Ausmaß – einen stän-
den Mond. Die nächste gute Gelegenheit,
sie bei Mond­impakten gut messbar.
digen Zustrom von Gesteinsbrocken. Da
Impakte zu beobachten, bietet der Strom
Die damals veröffentlichten Berichte
der Mond keine dichte Atmosphäre be-
der Perseidenmeteore, der in den Tagen
zeigten, dass die Rate der Einschläge etwas
sitzt, treffen sie seine Oberfläche völlig
um den 12. August 2013 sein nächstes
unterhalb des erwarteten Werts lag. Es
ungebremst. Die dabei als Wärme und
Aktivitätsmaximum erreichen wird (siehe
gab also weiteren Forschungsbedarf, und
Licht freigesetzte Energie hängt von der
Kasten S. 70).
in der Folgezeit griffen mehrere Arbeits-
Masse und Geschwindigkeit des einschla-
gruppen das Thema auf. Im Jahr 2000 star-
häufig aus, um Leuchterscheinungen aus-
Leonidenstürme brachten erste Erfolge
zulösen, die von der Erde aus sichtbar
Die ersten fünf Einschläge auf dem Mond
zur regelmäßigen Beobachtung. Weitere
sind. Die beobachtete Helligkeit lässt auf
wurden während des starken Leoniden-
Projekte gab es von der International
die Zerstörungskraft eines solchen Ereig-
stroms 1999 nachgewiesen, als auf der
Occultation Timing Association (IOTA)
nisses schließen.
Erde bis zu 3000 Meteore pro Stunde sicht-
und der British Astronomical Association
genden Himmelskörpers ab. Sie reicht
tete die Association of Lunar and Planetary Observers (ALPO) ein erstes Programm
Die Impakte lassen sich auf der dunk-
bar waren. Damals ließ sich immerhin
(BAA). Ab dem Jahr 2005 begann auch das
len Seite der Mondoberfläche nachwei-
ein Impakt pro Stunde registrieren. Bei
Marshall Space Flight Center (MSFC) der
sen, beispielsweise in der Zeit zwischen
der nächsten Gelegenheit, im Jahr 2000,
US-Raumfahrtbehörde NASA mit regel-
Neumond und dem ersten Viertel. Beim
stand der Vollmond auf der Sichtlinie zum
mäßigen Messungen und widmete den
Auftreffen entstehen Lichtblitze, deren
Ra­dianten, so dass alle Impakte auf der
Impakten eine eigene Website.
systematische Beobachtung sich dazu eig-
Mondrückseite stattfanden. Erst im Jahr
Die Zeit der Leonidenstürme war nach
net, die Verteilung kleinerer und mittlerer
2001 war die Geometrie wieder günstig,
dem Jahr 2002 vorbei, weshalb normale
Meteoroide im Erde-Mond-System zu er-
so dass die Beobachter bei vergleichbarer
Meteorströme sowie sporadische Stern-
68
August 2013
Sterne und Weltraum
NASA
schnuppen zunehmend in den Fokus
Die Leuchterscheinungen der Impakte
der Forschung gerieten. Alle Projekte
lassen sich nur auf der Nachtseite des
bemühten sich von Anfang an darum,
Mondes nachweisen. Ideal ist die Zeit vor
auch Amateurastronomen für ihre Ziele
dem ersten Viertel und nach dem letzten
zu begeistern. Denn je größer die Zahl der
Viertel. Der unbeleuchtete Mondabschnitt
Beobachter ist, desto größer ist auch die
ist dann ausreichend groß, und die Sichel
Chance, einen der viel selteneren sporadi­
ist nicht so hell, dass sie die dunklen Par-
schen Impakte zu erwischen.
tien überstrahlt. Ideal wäre es, die Beob­
ausdauerndes
Hinsehen
lohnt
achter so gleichmäßig um den Globus zu
sich: Erst kürzlich, am frühen Morgen
verteilen, dass der Mond permanent von
des 17. Mai 2013 gegen 5:50 Uhr MESZ
mindestens zwei Stationen aus überwacht
beobachteten Forscher der NASA einen
werden kann. Denn eine solche Doppel­
Einschlag, der rund zehnmal heller als alle
sichtung vermag eine Fehldetektion un-
bislang bekannten Ereignisse dieser Art
zweifelhaft auszuschließen: Objekte in
war. Der Impakt erzeugte einen 4 mag hel-
der Erdatmosphäre, Kameraartefakte oder
len Lichtblitz, der sogar mit dem bloßen
blinkende Satellitenbruchstücke in einer
Auge sichtbar gewesen wäre. In der glei-
Erdumlaufbahn wären nur von einem ein-
chen Nacht erfassten Weitwinkeloptiken,
zigen Standort aus vor der Mondscheibe
mit denen die NASA den Himmel über-
sichtbar. Hingegen erscheint ein echter
wacht, ebenso wie Kameras der University
Mondimpakt von verschiedenen Beob­
Ähnlich wie in der künstlerischen Darstel-
of Western Ontario, eine ungewöhnliche
achtungsorten aus an derselben Stelle auf
lung ganz oben könnte einem hypothe­
Häufung heller Meteore, die tief in die
der Mondoberfläche.
tischen Beobachter auf dem Mond ein
Erdatmosphäre eindrangen. Die Rückbe-
Bernd Gährken, Otto Farago
Ein
kosmischer Impakt erscheinen. Während
sich auf nahezu gleichen Wegen aus dem
Mit Amateurteleskopen und Videokameras
Asteroidengürtel der Erde angenähert
Das Programm des MSFC läuft inzwi-
erstmals von Deutschland aus registriert:
hatten. Offenbar war das gesamte Erde-
schen kontinuierlich seit acht Jahren.
Durch zeitgleiche Videoaufnahmen hielten
Mond-System gleichzeitig von diesem
Im Mittel wird in jedem Monat in etwa
Bernd Gährken in Bayrischzell und Otto
sporadischen Ereignis betroffen, dessen
zehn Nächten beobachtet. Dabei werden
Farago in Stuttgart den Impakt im Bild Ursache eine kosmische Trümmerwolke
Mondphasen mit Beleuchtungsanteilen
fest. Die beiden Graustufenbilder zeigen
gewesen sein könnte.
von 10 bis 55 Prozent routinemäßig abge-
ihn jeweils als kleinen Lichtpunkt.
rechnung ihrer Bahnen ergab, dass sie
www.sterne-und-weltraum.de
des Meteorstroms der Quadrantiden im
Januar 2009 wurde ein solches Ereignis
August 2013
69
Gute Kandidaten für Mondimpakte: die Perseiden 2013
D
er Meteorstrom der Perseiden wird alljährlich in der Zeit vom
ment Explorer (LADEE) zu starten, um den Staub im Mondumfeld
17. Juli bis zum 24. August erwartet. Die Phase der höchsten
genauer zu untersuchen. Diese Mission soll unter anderem den
Aktivität ist erheblich kürzer als dieser Zeitraum, sie dauert nur
Zusammenhang zwischen Mondimpakten und der sehr dünnen
wenige Tage. Die International Meteor Organisation prognosti-
Mondatmosphäre erforschen. Mit ein wenig Glück lassen sich ein-
ziert das kommende Maximum für den 12. August 2013, in der
zelne von LADEE detektierte Staubkörner sogar den aufgezeichne-
Zeit von 18:15 bis 20:45 Uhr UT. Die Neumondphase liegt dann
ten Impakten zuordnen. So gäbe es lokal zuweisbare »Bodenpro-
nur wenige Tage zurück – eine gute Gelegenheit, auf der dunklen
ben« – ohne dass eine aufwändige Mondlandung nötig wäre.
Seite des Erdtrabanten nach Impakten zu suchen. Da sich der Aus-
Während des Perseidenmaximums befindet sich der Mond im
strahlungspunkt der Meteore, der so genannte Radiant, nördlich
südlichen Teil der Ekliptik: Vom 10. bis zum 14. August durchläuft
der Ekliptik befindet, genügt es, nur die nördliche Mondhalbkugel
er die Sternbilder Jungfrau, Waage und Skorpion. Das Maximum
zu überwachen. Daher bieten sich auch gute Chancen für Optiken
ist sehr breit, somit lässt sich die Aktivität während des gesamten
mit längeren Brennweiten.
Zeitraums überwachen. Geometrisch ideal wäre die Situation auf
Einen Beobachtungsaufruf gibt es vom US-amerikanischen
Beobachter Brian Cudnik. Er möchte die intensive Überwachung
Die Mondphasen am 11., 12. und 13. August 2013, jeweils um
beabsichtigt die NASA, den Lunar Atmosphere and Dust Enviro-
21 Uhr MESZ (von links).
NASA / GSFC / Arizona State University, Virtual Moon Atlas
auch in den Folgemonaten fortsetzen, denn im September 2013
deckt. Der Erfolg blieb nicht aus: Bis zum
liefern ein analoges Signal, das sich mit
desanstalt. Neuere Timeinserter arbeiten
Jahr 2013 registrierten die Forscher 294
einem Framegrabber in ein digitales Bild
mit dem weltweit verfügbaren Zeitsignal
Impaktkandidaten. Die dabei eingesetzte
umwandeln lässt und dann mit einem
des Global Positioning System (GPS) der
Ausrüstung ist auch bei manchen Ama-
Computer verarbeitet wird. Für PCs gibt es
NASA.
teurastronomen vorhanden. Ideal ist eine
Framegrabber als passende Steckkarten.
Außerhalb starker Meteorströme wer-
lichtstarke Optik mit geringer Brennweite,
Jedoch sind auch externe Geräte erhält-
den sporadische Ereignisse registriert.
um einen möglichst großen Bereich auf
lich, so genannte Video-Konverter, die
Irdische Beobachter sehen dann etwa
dem Mond abzudecken. Das MSFC nutzt
meist über USB-Anschluss verfügen.
sechs sporadische Meteore pro Stunde am
zwei Schmidt-Cassegrain-Teleskope mit
Videokameras liefern bis zu 50 Halb-
Himmel und innerhalb von 24 Stunden
14 Zoll Öffnung, deren Brennweite mit
bilder pro Sekunde. So entstehen inner­
etwa einen sporadischen Impakt auf dem
einem Reducer auf f/3,3 verringert wird.
halb einer Nacht hunderttausende ein-
Mond. Bei Meteorstürmen ist die Aktivität
Bei Brennweiten um 1,2 Meter können
zelner Aufnahmen. Um diese gewaltige
jedoch erheblich größer: Die Perseiden
handelsübliche Videochips große Teile
Datenflut verwalten zu können, wird in
können leicht 60 Meteore pro Stunde
des Mondes erfassen. Sie arbeiten mit
das Videobild eine Uhr eingeblendet, die
erreichen, die Geminiden sogar mehr als
Raten von 50 oder 60 Einzelbildern pro
jede Aufnahme mit einem exakten Zeit-
120 Meteore pro Stunde. In diesen Fällen
Sekunde (englisch: frames per second,
stempel versieht (siehe Bilder S. 69). Die
genügen oft schon zweieinhalb Stunden
fps). Damit lassen sich die Impakte auf
dazu verwendeten Timeinserter arbeiten
Beobachtungszeit, um ein Einschlagereig-
mehreren Frames ablichten und auf
mit einer Funkuhr, die eine zeitliche
nis auf dem Mond nachzuweisen.
diese Weise zeitlich auflösen. Als ideal
Auflösung von 0,01 Sekunden besitzt. Die
erwiesen sich Überwachungskameras mit
notwendige Genauigkeit wird bei älteren
unternahmen Otto Farago von der Volks-
hochempfindlichen rauscharmen Mikro­
Geräten durch die Abstimmung mit dem
sternwarte Stuttgart und Bernd Gährken
linsenchips. Im Amateurbereich sind
Funksignal von DCF 77 erreicht, eines in
von
diese Kameras unter den Markennamen
Mainflingen betriebenen Langwellensen-
München ihren ersten Versuch, einen
Mintron und Watec weit verbreitet. Sie
ders der Physikalisch-Technischen Bun-
Mondimpakt von Deutschland aus zu
70
August 2013
Anlässlich
der
der
Quadrantiden
Bayerischen
2009
Volkssternwarte
Sterne und Weltraum
180
160
der Südhalbkugel, denn dort verläuft
140
die Ekliptik steiler zum Horizont als
in Mitteleuropa, so dass der Mond für
120
mehrere Stunden am dunklen Nachthimmel steht. Eine vergleichbar gute
Gelegenheit wird es erst während der
ZHRMond
Eta-Aquariden im Mai 2014 geben.
SuW-Grafik / International Meteor Organisation
ZHR
100
80
ZHRErde
17:30 Uhr UT
40
20
0
1. Jan.
21:00 Uhr UT
60
2. Jan.
3. Jan.
4. Jan.
5. Jan.
6. Jan.
NASA / Ames / GSFC
Datum 2009
Die Datenpunkte zeigen den Verlauf der im Jahr 2009 auf der Erde beobachteten ZHR des Quadrantidenstroms. Am 3. Januar folgte der Mond der Erde
auf ihrer Bahn um rund 3,5 Stunden nach: Kurz vor 21 Uhr UT, als die Beob-
­achter den Impakt registrierten, durchlief der Mond denjenigen Teil des
Stroms, den die Erde bereits gegen 17:30 Uhr UT passiert hatte. Dementsprechend lag die ZHR auf dem Mond zur Zeit des Impakts höher als auf der Erde.
Die von der NASA entworfene Sonde
LADEE wird die äußerst dünne Gashülle
des Mondes, die so genannte Exo-
sphäre, und die Verteilung des Staubs in seiner Umgebung erforschen.
fotografieren. Die Quadrantiden sind ein
Maximum, das nur wenige Stunden dauert, und die Fallraten sind stark variabel.
Kepler
Kopernikus
Bernd Gährken, NASA / GSFC / Arizona State University, Virtual Moon Atlas
Meteorstrom mit einem sehr spitzen
Für den 3. Januar 2009 wurde ein be­
sonders starkes Maximum vorhergesagt.
Tatsäch­lich ergaben Messungen der International Meteor Organisation um die
Mittagszeit eine auf den Zenit bezogene
Rate (englisch: zenithal hourly rate, ZHR)
von 146 Meteoren pro Stunde (siehe Diagramm rechts oben).
Der Mond befand sich zu dieser Zeit
im ersten Viertel. An dieser Position folgt
er der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne
im Abstand von wenigen Stunden. Das
Maximum der Quadrantiden sollte den
Mond demnach am Nachmittag erreichen. In Stuttgart standen ein Vier-ZollRefraktor und eine daran angeschlossene
Watec-Kamera bereit. In München war an
Der Mondimpakt vom 3. Januar 2009 (Pfeil) ereignete sich südwestlich des
diesem Abend Hochnebel zu erwarten.
Kraters Kepler. Der rechteckige Streifen links ist ein Aus­schnitt aus der
Deswegen verlagerte ich meinen Standort
Videoaufnahme von Bernd Gährken. Das Bild wurde einer für den Beobach-
um 90 Kilo­meter in südöstlicher Richtung
tungszeitpunkt berechneten Karte des Mondes überlagert.
www.sterne-und-weltraum.de
August 2013
71
Marat Achmetwalejew
Kosmische Geschosse wie der Meteori-
Die Kameras arbeiteten mit 50 Halbbil-
erkennen. Für eine Bestätigung war die
tenfall im russischen Tscheljabinsk sind
dern pro Sekunde. Pro Stunde ergibt dies
Datenqualität jedoch völlig ausreichend.
relativ selten – darauf deuten die aus
90 000 Vollbilder, und wir mussten einige
Der Zeitpunkt und die Position auf dem
Mondimpakten gewonnenen Daten hin.
100 000 Aufnahmen bewältigen.
Mond passten perfekt (siehe Bilder S. 69).
Ohne eine technische Lösung blieb das
Hilfreich bei der Auswertung war, dass
Material fast zwei Jahre lang unangetas­
auf dem dunklen Teil der Mondoberflä-
nach Bayrischzell, um auf 1200 Meter
tet. Statistische Überlegungen ergaben je-
che gewöhnlich noch Einzelheiten sicht-
Höhe dem Dunst zu entgehen. Als mobiles
doch, dass die Daten sehr wahrscheinlich
bar sind, an denen sich ein Beobachter
Gerät nutzte ich ein Newton-Teleskop mit
ein Impaktereignis enthalten mussten.
orientieren kann. Dank des von der Erde
sechs Zoll Öffnung sowie eine Mintron-
Zudem meldeten US-amerikanische Beob­
auf den Mond reflektierten Sonnenlichts,
Kamera. Die Wetterbedingungen waren
achter in der gleichen Nacht eine weitere
des so genannten sekundären Lichts oder
an beiden Standorten wechselhaft, doch
positive Sichtung – und dies bei geome-
Erdscheins, zeichneten sich in unseren
gelang es, mehrere Stunden Videomate-
trisch deutlich schlechteren Bedingungen.
Aufnahmen einige Mare sowie der helle
rial aufzuzeichnen. Die Auswertung war
allerdings schwieriger als gedacht.
Aufwändige Suche nach Lichtblitzen
Im Mai 2011 hatte sich noch immer
Krater Aristarch ab. Dies ermöglichte
keine brauchbare Auswertungssoftware
es, das registrierte Ereignis mit einer
gefunden, und so wurden die Videos noch
Mondkarte zu überlagern. Demnach liegt
einmal herausgesucht und per Hand aus-
der Einschlagsort bei 40 Grad westlicher
gewertet. Die sehr mühsame Prozedur
Länge und 5,5 Grad nördlicher Breite –
Die NASA bietet eine kostenlose Software
dauerte bei acht Stunden Arbeitszeit pro
unweit des Kraters Kepler (siehe Bild S. 71
für das Betriebssystem DOS im Internet
Tag mehrere Wochen. Doch die Quälerei
unten).
an,
automatisch
war nicht umsonst: Tatsächlich fand sich
Auch die Helligkeit des Impakts ließ
durchsucht. Die erfolgreiche Anwendung
ein sehr vielversprechender Kandidat! Er
sich bestimmen. Ein Vergleich mit Ster-
des Programms erfordert allerdings Daten
nen, die auf den Videos gut sichtbar sind,
in professioneller Qualität – ohne wech-
war auf dem Video aus Bayrischzell auf
sieben Bildern mit jeweils 1/50 Sekunde
selnde Mondpositionen, durchziehende
Belichtungszeit nachweisbar. Die Freude
Helligkeit von rund 6 mag. Die Masse
Wolken und sich ändernde Helligkeiten.
war groß, als sich dieser Impakt auch in
eines etwas helleren Leoniden-Impaktors
Unsere Daten vom 3. Januar 2009 entstan-
den Daten aus Stuttgart verifizieren ließ.
aus dem Jahr 2001 wurde zu 2,5 Kilo-
den leider mit schlecht abgestimmten
Dort wurde mit 25 fps gearbeitet, und
gramm berechnet. Bei dem Impakt vom
Montierungen bei Wind und durchzie-
der Lichtblitz ist bei schlechterem Signal-
3. Januar 2009 handelte es sich mit hoher
henden Wolken. Versuche, sie dem NASA-
zu-Rauschverhältnis und Kompressions­
Wahrscheinlichkeit um einen Quadranti-
Format anzupassen, scheiterten kläglich.
arte­fakten auch nur auf zwei Bildern zu
den. Berücksichtigt man, dass sich die Par-
72
die
Videosequenzen
August 2013
ergab für den Lichtblitz eine scheinbare
Sterne und Weltraum
tikel dieses Meteorstroms viel langsamer
ihrer geringen Größe der direkten Sich-
bewegen als diejenigen der Leoniden, so
tung entziehen. Eine im Jahr 2006 publi-
kommt eine Masse des Impaktors von bis
zierte Arbeit schätzt auf der Grundlage
zu fünf Kilogramm in Betracht. Der beim
von Mondimpakten die Zahl der irdischen
Impakt neu entstandene Krater könnte einen Durchmesser von etwa zehn Metern
Treffer mit mehr als einem Kilogramm
Masse auf rund 80 000 pro Jahr. Große
besitzen.
Einschläge mit einer Explosionskraft von
Unsere Beobachtung reichten wir beim
mehr als 15 Kilotonnen sollten demnach
Marshall Space Flight Center ein. Dort
nur einmal pro Jahr vorkommen. Der
erfasst die NASA diejenigen als bestätigt
Einschlag bei Tscheljabinsk entfaltete eine
geltenden Impaktereignisse, die nicht
Explosionskraft von etwa 500 Kilotonnen
gleichzeitig von ihren Mitarbeitern nach-
und kann als seltenes Ereignis gewertet
gewiesen werden konnten, in einer Liste.
werden. Auf der Grundlage des herkömm-
Unser Eintrag erhielt die Nummer 13 und
lichen Datenmaterials ist ein derartiger
ist dort der erste bekannte Nachweis aus
Treffer statistisch nur im Abstand von
Deutschland. Die Nummer 12 ist der erste
mehreren Jahrzehnten zu erwarten.
Eintrag aus der Schweiz: Steffano Sposetti
Die DSP-Satelliten des US-Militärs,
und Marco Iten wurden am 11. Februar
welche die gesamte Erdoberfläche über-
2011 erstmals fündig. Ihr Impakt wurde
wachen, liefern jedoch eine erweiterte Da-
zwar später aufgezeichnet, aber früher
tenbasis. Sie suchen nach Raketenstarts,
entdeckt. Inzwischen gelang es den bei-
registrieren aber auch die Wärmestrah-
den Beobachtern, zehn weitere Ereignisse
lung von Feuerkugeln. Die Auswertungen
erfolgreich nachzuweisen! Und die Chan-
deuten darauf hin, dass sogar wöchentlich
cen stehen gut, dass es im Jahr 2013 wei-
Meteoriten die Erdoberfläche erreichen.
tere Einträge in die Liste der NASA geben
Die meisten von ihnen gehen aber – glück-
könnte (siehe Kasten S. 70).
licherweise – über menschenleeren Regio­
Mondimpakte und irdische Treffer
nen wie Ozeanen oder Wüsten nieder.
Nach dem Meteorfall von Tscheljabinsk
Bernd Gährken ist Mit-
am 15. Februar 2013 mit mehr als tausend
glied der Volkssternwarten
Verletzten gab es in Russland zahlreiche
in München und Paderborn.
Stimmen, die eine genauere Überwachung
Zudem engagiert er sich in
des Himmels forderten (siehe SuW 4/2013,
der Fachgruppe Astrofoto-
S. 22). Hierzu kann die Beobachtung von
grafie der Vereinigung der
Sternfreunde e. V. Er besitzt
Mondimpakten einiges beitragen: Der
Erdtrabant eignet sich ideal als Detektor,
jahrzehntelange Erfahrung in der Amateur­
um die Masseverteilung von Kleinstkör-
astronomie und ist nicht nur als Beobachter,
pern in unserer näheren kosmischen
sondern auch als Autor und Referent auf
Umgebung zu erforschen, die sich wegen
Tagungen aktiv.
www.sterne-und-weltraum.de
Literaturhinweise
Bellot Rubio, L. R. et al: Luminous Effi­
ciency in Hypervelocity Impacts from
the 1999 Lunar Leonids. In: Astrophysical Journal 542, S. 65 – 68, 2000
Cudnik, B.: Lunar Meteoroid Impacts
and how to observe them. Springer,
Berlin 2010
Cudnik, B.: Lunar Meteor Impact Monitoring and the 2013 LADEE Mission. In:
The Society for Astronomical Sciences
31st Annual Symposium on Telescope
Science, S. 29 – 35, 2012
Ortiz, J. L. et al.: Observation and Interpretation of Leonid Impact Flashes
on the Moon in 2001. In: Astrophysical
Journal 576, S. 567 – 573, 2002
Ortiz, J. L. et al.: Detection of Sporadic
Impact Flashes on the Moon: Implica­
tions for the Luminous Efficiency of
Hypervelocity Impacts and Derived
Terrestrial Impact Rates. In: Icarus 184,
S. 319 – 326, 2006
Yanagisawa, M. et al.: Lightcurves of
1999 Leonid Impact Flashes on the
Moon. In: Icarus 159, S. 31 – 38, 2002
Youtube-Video des
hellen Mondimpakts
am 17. Mai 2013:
www.youtube.com/
watch?v=IYloGuUZCFM
Weblinks zum Thema finden Sie unter
www.sterne-und-weltraum.de/artikel/
1199615
August 2013
73
Herunterladen