Unterscheidung von Stickstoff- und Phosphor-Inversion, Rotation um die N-P-Bindung und Ligandenaustausch am Phosphor D. Im bery und H. F r ie b o l in Institut für Elektrowerkstoffe der Fraunhofer-Gesellschaft, Freiburg/Brsg. (Z . Naturforsch. 23 b, 759— 766 [1968]; eingegangen am 4. Oktober 1967) A large number of aminophosphines were prepared to study the kinetic processes. It could be shown that at room temperature there is rapid nitrogen-inversion but slow phosphorous-inversion. At higher temperatures (+ 8 0 °C ), a rapid chlorine-exchange takes place with inversion of configu­ ration at phosphorous. At low temperatures ( — 80 °C ), rotation around the N-P-bond was slow. A dependence of the barrier of rotation on the size of the substituents could be recognized. It is possible that p.T-d.T-bonding is partially responsible for the relatively high barrier of rotation com­ pared with derivatives of ethane and hydrazine. Stickstoff und Phosphor unterscheiden sich in ihrer Fähigkeit, Doppelbindungen zu den Sub­ stituenten auszubilden. Während Stickstoff als Ele­ ment der zweiten Periode des Periodensystems leicht p., — p^-Bindungen ausbilden kann, sind beim Phosphor infolge seines größeren Radius solche Bin­ dungen nicht oder nur schwer möglich; die Ausbil­ dung der Doppelbindung erfolgt vielmehr über d-Orbitale 1. Solche pT — d.*-Bindungen wurden bei­ spielsweise für die Diphosphine diskutiert2> 3 und sind auch für die in dieser Arbeit untersuchten Amino-phosphine zu erwarten. Die N —P-Bindung erhält dadurch den Charakter einer partiellen Dop­ pelbindung: > - < a — > ^ ?< b Trägt die Grenzformel b zur Struktur wesentlich bei, so sollte die Energiebarriere für die Rotation um die N — P-Bindung erheblich höher sein als die Rotationsschwelle, die für Einfachbindungen, wie zum Beispiel in Äthan-4 oder Hydrazin-Derivaten 5, bestimmt wurden. Die Bindung sollte in ihren Eigen­ schaften vielmehr den partiellen Doppelbindungen 1 2 3 4 5 6 A. C o u l s o n , Valence, University Press Oxford, 1966, S. 216. A. H. C o w l e y , Chem. Reviews 65, 617 [1965]. A. H. C o w l e y u. R. P . P i n n e l l , J. Amer. chem. Soc. 87, 4454 [1965]. R. N e w m a r k u. C . D. S e d e r h o lm , J. chem. Physics 43, 602 [1965]. C . B. C o l b u r n e , F. A. J o h n s o n u. C . H a n e y , J . chem. Phy­ sics 43,4526 [1965]. H . S. G u t o w s k y u. H . C . Holm, J . chem. Physics 25, 1228 [1956]. C. in den Carbonsäureamiden6 oder den Boraminen7 entsprechen. Der Bestimmung der Rotationsbarriere in Amino-phosphinen mit H ilfe der Protonenresonanz-Spektroskopie stehen jedoch im Gegensatz zu den Verhältnissen bei den Amiden und Boraminen zusätzliche Schwierigkeiten entgegen: Die Molekeln der Amine und Phosphine gleichen in ihrem sterischen Aufbau flachen Pyramiden. Wäh­ rend die Bindungen in den Aminen sp3-Charakter besitzen, sind die der Phosphine fast reine p-Bindungen 1. In den Aminophosphinen stellen, falls die drei Substituenten verschieden sind, sowohl der Stickstoff als auch der Phosphor Asymmetriezentren dar. Durch Inversion am Stickstoff oder am Phosphor werden die entsprechenden Asymmetriezentren invertiert, wobei es für das Ergebnis gleichgültig ist, ob die Inversion als monomolekularer Prozeß (wie z. B. im Ammoniak) abläuft oder über einen bimolekularen Ligandenaustausch unter Konfigura­ tionsumkehr erreicht wird. Von den monomolekula­ ren Inversionen ist bekannt, daß zur Inversion des Phosphors in Phosphinen 25 — 30 kcal/Mol Aktivie­ rungsenergie benötigt w erden8> 9, während in den 7 H. T. B aechle u. H. J. B echer , Spectrochim. A cta [L o n ­ don] 21, 579 [1 965] ; K. N iedenzu u. J. W. D awson , J. A m er. diem. Soc. 82, 4223 [1 9 60 ] ; H. W ata nabe , T. T otani u. T. T ori, Proc. of the X IH . Colloque Am pere 375 [1964] ; G. E. R yschkewitsch u. W. S. B rey , J. Am er. chem. Soc. 83, 1010 [1 9 61 ] ; Eigene unveröffentlichte Ergebnisse, T eil der Dissertation D. I m bery , Freiburg/Brsg. 8 J. B. L a m b e r t u . D. C. M u e l l e r , J. Amer. chem. Soc. 88, 3669 [1966]. 9 L. H o r n e r , H . W i n k l e r u. A. R a p p , Tetrahedron Letters [London] 161 [1961]. Unauthenticated Download Date | 10/21/17 2:46 PM Aminen im allgemeinen weniger als etwa ein Drittel dieses Energiebetrages zur Inversion ausreicht10, so daß die Kinetik der Stickstoffinversion bisher nur an wenigen Beispielen mit der PR-Spektroskopie Diese Konformeren können nach Einfrieren der Rotation und der Inversionen alle unterschiedliche PR-Spektren aufweisen, was die Bestimmung der Rotationsbarriere weiter kompliziert. untersucht werden konnte. Durch Beteiligung der p-EIektronen des Stick­ stoffs an der N — P-Bindung wird die Amin-Pyramide abgeflacht, im Grenzfall sogar eben werden, wie dies in den Amiden annähernd der Fall is t11. Das würde zu einer Erleichterung der StickstoffInversion führen. Das Phosphin kann dagegen seine pyramidenähnliche Geometrie auch bei Ausbildung Zur Lösung der oben genannten Probleme 1. Unterscheidung der verschiedenen innermoleku­ laren Bewegungsmöglichkeiten und 2. Unterscheidung zwischen den verschiedenen Kon­ formationen haben wir die folgenden Aminophosphine PR-spektroskopisdi untersucht. von Doppelbindungen beibehalten. Bei den Aminophosphinen ist demnach bei der R i\ Untersuchung der konformativen Beweglichkeit zw i­ R2/ schen drei verschiedenen Möglichkeiten zu unter­ scheiden: 1. Rotation um die N —P-Bindung. 2. In ­ version am Phosphor. 3. Inversion am Stickstoff. Unter Vernachlässigung der möglichen Abflachung der Amin-Pyramide lassen sich für den allgemeinen /R 3 >N— PC R4 m it a) R i = R 2 b) R i 4= R2 c) R i = R 2 d) R i =f= R 2 R 3 #= R 4 R3 = R4 Durch Variation der Reste R j und R 2 wurde außerdem der Einfluß der Substituentengröße auf die Höhe der Rotationsbarriere um die N — P-Bin­ dung studiert. Fall, daß die Substituenten sowohl am Stickstoff, als auch am Phosphor untereinander verschieden Ergebnisse und Diskussion sind, sechs Konformationen * (vgl. Abb. 1) mit auf Lücke stehenden Substituenten R aufzeichnen: Rotation Die Untersuchung der Temperaturabhängigkeit der Aminophosphine mit Hilfe der PR-Spektrosko­ pie ergab, daß sich zwei kinetische Prozesse unter­ scheiden lassen: A ) Ein Hochtemperaturprozeß mit Koaleszenztemperaturen oberhalb Zimmertemperatur ( + 80 bis + 170 °C ) und B) ein Tieftemperaturprozeß mit Aufspaltungs­ temperaturen unterhalb 0 °C. Diese beiden Prozesse werden im folgenden nach­ einander an Hand der bei verschiedenen Temperatu­ ren aufgenommenen PR-Spektren diskutiert. A) gauche-Formen anti-Form en Abb. 1. Die sechs Rotameren der Aminophosphine. u. J. D . R o b e r t s , J. Amer. chem. Soc. 87, 4089 [1965] ; J. M. L e h n , F. G . R i d d e l l , B. J. P r i c e u. I. 0. S u t h e r la n d , J. chem. Soc. (B) [London] 1967, 387. C . C . C o s ta in u. J. M. D o w lin g , J. chem. Physics 32, 158 [I960]. D. L . G r iffith K i n e t i k bei hohen T e m p e r a t u r e n , I n v e r s i o n am P h o s p h o r W ie die bei + 25 °C aufgenommenen PR-Spek­ tren der Methylbenzylamino- und Isopropylbenzylamino-chlor- phenyl-phosphine (V II und V I I I ; s. Tab. 3) zeigen, sind die beiden Methylenprotonen der * Durch Phosphor-Inversion entstehen sechs weitere Kon­ formere, die sich zu den in Abb. 1 dargestellten sechs Kon­ formeren wie Bild und Spiegelbild verhalten. Da dies keine Auswirkungen auf die Protonenresonanz-Spektren hat, ge­ nügt die Diskussion der in Abb. 1 angegebenen Konforme- Unauthenticated Download Date | 10/21/17 2:46 PM Abb. 2. Übersichtsspektrum von Methylbenzylamino-chlorphenyl-phosphin (V II), Lösungsmittel CS2 , aufgenommen bei + 25 °C, Meßfrequenz 100 MHz. in CS2 +2 5 *C j ______ i 0 2 4 - 6 Benzylgruppe magnetisch nicht äquivalent (s. Abb. 2, = 15,2 Hz bei 100 MHz, /haHb = 14,5 H z). Sie zeigen den AB-Teil eines ABX-Spektrums, wo­ bei beide Protonen Ha und Hb unterschiedlich mit dem Phosphor (X-Kern) koppeln ( / h a , P = 13,8 Hz; Jhb.p = 4,7 H z ). Ein solches Spektrum ist nur dann zu erwarten, wenn mindestens ein Asymmetrie­ zentrum, entweder am Stickstoff oder am Phos­ phor 12, vorhanden ist, d. h. eine Inversion muß hinreichend langsam verlaufen. An Hand der PRSpektren von Verbindungen, bei denen das Asym­ metriezentrum am Phosphor fehlt, wie im Methylbenzylamino-dichlor-phosphin X I I I und im Methylbenzylamino-diphenyl-phosphin X I V (s. Tab. 4 ), er­ sieht man, daß es die Phosphor-Inversion und nicht die Stickstoff-Inversion ist, welche „eingefroren“ ist. Die Methylenprotonen der Verbindungen X I I I und 8 T [p p m ] -► X I V sind bis zu den tiefsten gemessenen Temperatu­ ren ( ~ — 80 °C ) äquivalent. Dies bedeutet, daß zu­ mindest in diesen Verbindungen der Stickstoff (für die PR-Untersuchungen) kein Asymmetriezentrum mit genügend großer Lebensdauer darstellt * *. Das gleiche sollte wegen der Ähnlichkeit auch für die Verbindungen V I I und V I I I gelten. Bei hohen Temperaturen ( > + 80 °C in reiner Flüssigkeit) fließen die acht Resonanzlinien der M e­ thylenprotonen von V I I und V I I I jeweils zu einem Dublett zusammen (s. Abb. 3 ). Die Aufspaltung ent­ spricht einer gemittelten P — H-Kopplung von 10 Hz. Es muß sich dabei um einen Prozeß han­ deln, bei dem mit steigender Temperatur das bei + 25 °C noch vorhandene Asymmetriezentrum am Phosphor verloren geht. Zwei Inversionsmechanis­ men kommen hierfür in Frage: Die monomolekulare Abb. 3. Ausschnitt aus dem PR-Spektrum (100 MHz) von Verbindung V II, aufge­ nommen bei +1 5 0 °C in reiner Flüssig­ keit. 12 M. S a u n d e r s u. F. Y a m a d a , J. Amer. chem. Soc. 85, 1882 [1963]. * * Eine zufällige Äquivalenz der Methylenprotonen bei zwei strukturell verschiedenen Verbindungen ist unwahrschein­ lich. Außerdem würde es allen bisher bekannt geworde­ nen Ergebnissen widersprechen, wenn in diesem Falle die Stickstoff-Inversion langsamer verlaufen sollte als die Phosphor-Inversion. Unauthenticated Download Date | 10/21/17 2:46 PM Inversion des Phosphors oder der mit Konfigura­ tionsumkehr verbundene bimolekulare Chlor-Aus­ tausch (Sj^-Mechanismus). Nach den Arbeiten von Lambert und M u e lle r 8 über Phosphor-Inversion an Diphosphinen sowie den Arbeiten von Fontal und Goldw hite 13 über Chloraustausch wären beide Prozesse möglich. W ie Fon tal und Goldwhite konn­ ten wir die Entscheidung zwischen diesen beiden Prozessen eindeutig zugunsten des bimolekularen Mechanismus treffen: Die Koaleszenztemperatur jTa der acht Linien der Methylenprotonen von Verbin­ dung V II ist in Dekalin als Lösungsmittel sehr stark konzentrationsabhängig (s. Tab. 1). Bei einer Kon­ zentration von 4,4 Mol-% liegt T & über + 170 °C, während bei einer Konzentration von 50 Mol-% die Koaleszenztemperatur gleich derjenigen wird, wie sie in reiner Flüssigkeit gemessen wurde (T a = 80 ° C ) . In anderen Lösungsmitteln, wie z. B. in T o ­ luol, ist der Effekt nicht so ausgeprägt. net, da diese Verbindungen Methylenprotonen in un­ mittelbarer Nachbarschaft zum Asymmetriezentrum haben. Weitere Untersuchungen über den Lösungs­ mitteleinfluß und den Mechanismus des Chloraus­ tausches in Aminophosphinen sind noch im Gange. B) K i n e t i k b e i t i e f e n T e m p e r a t u r e n : S t i c k s t o f f - I n v e r s i o n . R o t a t i o n um d i e P —N - B i n d u n g 1. Experimentelle Befunde a) Amino-chlor-phenyl-phosphine mit symmetrisch substituiertem Stickstoff (Verbindungen I —V I, s. Tab. 3 ). Rx , CI R / N ~ P \X Ph Sämtliche untersuchten Amino-dilor-phenyl-phosphine dieses Typs verhalten sich alle analog: Bei + 25 °C sind die beiden Substituenten R magne­ tisch äquivalent, die mittleren P — H-Kopplungen betragen durchschnittlich 12 — 13 Hz. Beim Abkühlen der Probe werden die PR-Signale der Substituenten am Stickstoff breit und spalten schließlich zu zwei gleich intensiven Liniengruppen auf, d. h. bei der Dimethylverbindung 1 14 in zwei Dublette (s. Abb. 5 ). Der Abstand der zwei Signale Jp h =13,0 Abb. 4. Ausschnitt aus dem PR-Spektrum (100 MHz) von Verbindung V II, aufgenommen in CS2 bei —80 °C mit Inte­ gration der CH2- und CH3-Signale. Die CH2-Signale wurden zusätzlich mit größerer Verstärkung registriert. Molprozent an Phosphin V II in Dekalin CH, \ J TMS CI / / P\ CHj Phenyl in CS2 +25°C . > +170 + 160 +120 + + JpH= 7‘0 80 80 TkJ C JPH = 19,0 Tab. 1. Konzentrationsabhängigkeit von T a vom Molprozentgehalt an Phosphin V II in Dekalin. Austauschgeschwindigkeit /ca « * 25 sec-1 . Zur Beobachtung des Chloraustausches mit Hilfe der PR-Spektroskopie sind aus der Zahl der von uns untersuchten Aminophosphine prinzipiell nur die . . 1 . * . Methylbenzylaminophosphine V II und V I I I geeig- Abb. 5 Ausschnitte aus den PR-Spektren von Dimethylamino-chlor-phenyl-phosphin I (CHs-Signale), aufgenommen in CS2 bei + 2 5 °C und - 8 0 °C, Meßfrequenz 56,4 MHz. Unauthenticated Download Date | 10/21/17 2:46 PM eines Dubletts entspricht der P — H-Kopplung; die Größe dieser Kopplung des Phosphorkerns mit den Protonen der beiden CH3-Gruppen ist unterschied­ lich und beträgt 19 und 7 Hz. Für die anderen Amino-chlor-phenyl-phosphine ( I I bis V I) gilt entsprechendes *. weglichkeit die Stickstoff-Inversion oder die Rota­ tion um die N — P-Bindung ist. In Tab. 2 sind die vier möglichen Kombinationen der innermolekularen Beweglichkeiten für die Aminophosphine zusammengestellt, dazu für das Beispiel des Dimethylamino-chlor-phenyl-phosphins b) Amino-chlor-phenyl-phosphine mit unsymme­ (I ) die Anzahl der Signale im dazugehörigen Prototrisch substituiertem Stickstoff (Verbindungen V II nenresonanz-Spektrum unter Berücksichtigung der P — H-Kopplung. bis X , s. Tab. 3 ). R ix /Cl N -P ' Ro ''P h Bei der Verbindung V II erfolgt die Signalaufspal­ tung im selben Temperaturbereich, wie bei den obengenannten Verbindungen. In dem Tieftemperaturspektrum (s. Abb. 4) erscheinen die Signale zweier Konformerer, die im Gleichgewicht annähernd im Verhältnis 2 : 1 vorliegen. Die Kopplungen der Methylprotonen mit dem Phosphor betragen 20 Hz und 6,5 Hz, d. h. sie sind gleich denen an der Dimethylverbindung I gemessenen Kopplungen. In den Tieftemperaturspektren des Isopropylbenzylamino ( V I I I ) -, des Methylphenylamino(IX) und des Äthylphenylamino-chlor-phenyl-phosphins (X ) erfolgt im Gegensatz zu den Verhältnissen bei V I I keine Signalaufspaltung, d. h. es läßt sich mit dieser Methode kein Gleichgewicht verschiedener Konformerer nachweisen. Die Dimethylverbindung (I) wurde deshalb ausge­ wählt, weil bei Strukturgleichheit der Reste Ri und R 2 jeweils zwei der sechs in Abb. 1 gezeigten Konformeren energiegleich sind und das gleiche PR-Spektrum haben. Es sind also die folgenden drei Konformationen noch zu berücksichtigen: Ph Cl Ph Cl '7 ' Ä 0| H3C - 1(4) Rotation , CH3 H3C ph CH3 H3C ch3 2(5) N-Inversion 3(6) Zahl der Methyl-Signale unter Berücksichtigung der P — H-Kopplung 1 frei frei 1 2 frei gehindert 2 Dublette 3 gehindert frei mind. max. 2 4 Dublette Dublette 4 gehindert gehindert mind. max. 2 6 Dublette Dublette Dublett c) Aminophosphine mit symmetrisch substituier­ tem Phosphor (Verbindungen X I —X IV , s. Tab. 4 ). Tab. 2. Zahl der PR-Signale für die Methylgruppen im Di- R i\ /R -3 \ N -P / c h 3/ R 3 = R 4 = C l;P h N r4 Für die Dimethylamino-dichlor (X I )- und -diphenylphosphine ( X I I ) sowie die Methylbenzylaminodichlor ( X I I I ) und -diphenyl-phosphine (X I V ) konnte zwischen + 25 °C und — 80 °C ebenfalls keine Änderung der Protonenresonanzen festgestellt werden. methylamino-chlor-phenyl-phosphin (I) für die vier möglichen Kombinationen der innermolekularen Beweglichkeiten. In den Fällen 3 und 4 können jeweils Paare von Dubletten verschie­ dene Intensität haben. Nur im ersten Fall, wenn sowohl die Rotation als auch die Stickstoff-Inversion ungehindert sind, kön­ nen die beiden Methylgruppen äquivalent werden und im PR-Spektrum ein Dublett ergeben. In Abschnitt A war gezeigt worden, daß es sich bei dem Hochtemperaturprozeß um eine Inversion am Phosphor handelt. Es bleibt nunmehr nachzuwei­ sen, ob die bei tiefen Temperaturen einfrierbare Be­ Bei freier Rotation und gleichzeitig eingefrorener Stickstoff-Inversion (Fall 2) sind die beiden Me­ thylgruppen immer verschieden, und wir sehen im PR-Spektrum dann für jede der beiden CH3-Gruppen ein Dublett. Die Lage dieser Dublette wird durch Ausmittelung der entsprechenden Signallagen über die drei Positionen in den drei Rotameren be­ stimmt. 14 Diese Verbindung wurde ebenfalls von M. P. Sim onnin, J. J. B a s s ilie k u. C . C h a r r i e r PR-spektrosopisch unter­ sucht. Bull. Soc. chim. France 9, 3544 [1967]. Die genauen Werte der Kopplungskonstanten sind bei die­ sen Verbindungen schwerer zu ermitteln, weil die Spektren komplexer sind. Zusammen fassung Unauthenticated Download Date | 10/21/17 2:46 PM Für den dritten Fall, d. h. bei eingefrorener Rota­ tion und gleichzeitig ungehinderter Stickstoff-Inversion, wurde vorausgesetzt, daß nur solche Inver­ sionsschritte möglich sind, bei denen keine Ubergangskonformationen mit ekliptischer Anordnung der Substituenten durchlaufen werden, da diese an­ nähernd den Potentialmaxima der (gehinderten) Rotation um die N — P-Bindung entsprechen wür­ den. Es sind also nur die Inversionen der K onfor­ meren 1 ^ 5 und 2 ^ 4 (vgl. Abb. 1) erlaubt, In­ versionen der anfz-Konformationen 3 und 6 sind nicht möglich. Im Spektrum müßten daher für die Methyl-Signale der äquivalenten Konformeren 1, 2, 4, 5 zwei Dublette und für die zwei äquivalenten a/i£t-Konformeren 3 und 6 zwei weitere Dublette auftreten. Im vierten Fall, in welchem dem Molekül keine Bewegungsfreiheit mehr gegeben ist, können für die drei verschiedenen Konformeren sechs Dublette für die Methylgruppen erscheinen. Diese Zahlen sind wie auch im dritten Fall Maximal­ werte. Voraussetzung für das Auftreten der maximalen Zahl von Signalen ist, daß alle Konformeren im Gleich­ gewicht mit mehr als 5% (Nachweisgrenze des Spektro­ meters) vorliegen, d. h. die freie Konformationsenthalpie AG muß 1,8 kcal/Mol sein. Ist die freie Konformationsenthalpie AG ^ 1,8 kcal/Mol, dann sind die Spektren von frei rotierendem und starrem Molekül gleich 15. W ie oben beschrieben, zeigt das Spektrum des Dimethylamino-chlor-phenyl-phosphins ( I ) (s. Abb. 5) für die zwei Methylgruppen bei + 25 °C ein Dublett, bei — 80 °C zwei Dublette gleicher Intensität. Es folgt daraus, daß bei Zimmertemperatur sowohl die Rotation um die N — P-Bindung, als auch die Stick­ stoff-Inversion noch ungehindert sein müssen. Bei tiefen Temperaturen ( — 80 °C ) muß hingegen min­ destens eine dieser Bewegungen „eingefroren“ sein. Die Spektren lassen jedoch keine eindeutige Ent­ scheidung zu, ob es sich dabei um die Rotation oder die Stickstoff-Inversion handelt**. Von den drei möglichen Konformeren kann mit H ilfe der Tieftemperaturspektren nur eines nachge­ wiesen werden. Es ist nicht zu entscheiden, welches von den dreien vorliegt. Auch das Methylbenzylamino-chlor-phenyl-phosphin ( V I I ) zeigt in dem bei + 2 5 °C aufgenomme­ nen Spektrum (s. Abb. 2) lediglich ein Dublett für 15 High Resolution Nuclear Magnetic Resonance, McGrawHill, New York 1959. P o p l e , S c h n e id e r u . B e r n s t e in , S. 366 ff., S. 381 ff. die CH3-Gruppe, während im Tieftemperaturspektrum (s. Abb. 4) die Signale zweier energetisch un­ gleicher Konformerer (2 Dublette) zu sehen sind. Dieses Verhalten ist wieder ein Hinweis dafür, daß bei tiefen Temperaturen mindestens eine der Bewe­ gungsmöglichkeiten des Moleküls eingefroren ist. W ie oben gezeigt, sind im Falle von V I I alle sechs Konformeren (Abb. 1) energetisch verschieden. Sie können daher verschiedene PR-Spektren ergeben. Es kann aber nicht entschieden werden, welche zwei der sechs möglichen Konformeren im Tieftemperaturspektrum von V II zu sehen sind. Die freie Kon­ formationsenthalpie der beiden nachweisbaren Kon­ formeren wurde zu A G _ 75 = 0,3 kcal/Mol bestimmt. Bei Chlor-phenyl-phosphinen mit anderen Sub­ stituenten am Stickstoff, wie zum Beispiel iso-Propyl- oder Phenylgruppen (Verbindungen V I I I bis X, s. Tab. 3) ist offensichtlich ein Konformeres (mit mehr als 95%) sehr stark im Gleichgewicht begün­ stigt, da sich die Spektren dieser Verbindungen im Temperaturbereich von + 2 5 ° C bis — 80 °C nicht ändern. Bisher blieben die zwei Fragen, welches die energetisch günstigsten Konformeren sind und wel­ che Beweglichkeiten bei tiefen Temperaturen einge­ froren werden können, offen. Für die am Stickstoff und am Phosphor symme­ trisch substituierten Dimethylamino-dichlor- und -diphenyl-phosphine X I und X I I (s. Tab. 4) konn­ ten wir die Frage nach der günstigsten Konforma­ tion beantworten. Für diese Verbindungen gibt es nur zwei energetisch verschiedene Konformationen, eine gauche-Form und eine an&'-Form. CH , CI(Ph)CH3 X. Cl(Ph) CH3 CH3 & Cl(Ph) Ct(Ph) Liegen die Moleküle bei tiefen Temperaturen in der an^'-Form vor, dürfen die beiden äquivalenten Methylgruppen im PR-Spektrum nur ein Dublett ergeben. In der fixierten gauche-Form dagegen sind die Methylgruppen nicht äquivalent, es müssen im Tieftemperaturspektrum zwei Dublette erscheinen. Eine Änderung der Protonenresonanzen der M e­ thylgruppen war im gesamten Temperaturbereich von + 2 5 °C bis — 80 °C weder bei X I noch X I I * * Eine solche Entscheidung wäre unter Umständen möglich, wenn mehr als zwei Dublette auftreten würden. Unauthenticated Download Date | 10/21/17 2:46 PM festzustellen. Dies bedeutet, daß die beiden Methyl­ gruppen äquivalent bleiben. Dieses Verhalten kann entweder durch freie Rotation um die N — PBindung oder durch eine starke energetische Begünstigung der anfi-Form ( ^ 9 5 % ) , wodurch die Rotation unbeobachtbar wird, erklärt werden. Uns erscheint die zweite Möglichkeit, der anti-Yormen, plausibler als die Annahme freier Rotation bis — 80 °C, da es unwahrscheinlich ist, daß die Molekeln des gemischten Dimethylamino-chlor-phenyl-phosphins ( I ) starr sein sollen, die des Dimethylamino-dichlor- und des Dimethylamino-diphenylphosphins (X I und X I I ) hingegen nicht. Eine Entscheidung zugunsten der anfc'-Form kann, im Gegensatz zu den Verhältnissen bei den Dimethylamino-phosphinen (X I und X I I ) , für die Methylbenzylamino-phosphine nicht gefällt werden. Selbst für die am Phosphor symmetrisch substituier­ ten Dichlor- und Diphenyl-phosphine ( X I I I ) und (X I V ) sind noch drei verschiedene Konformationen, zwei gauche- und eine anfi-Form möglich. Cb, ClfPh) Q^Ph C l(Ph) Die Protonenresonanzen dieser zwei Verbindun­ gen ändern sich bis zu den tiefsten gemessenen Tem­ peraturen ( — 80 °C ) nicht. Dies zeigt zwar an, daß wieder eine Konformation energetisch begünstigt ist — ungehinderte innermolekulare Beweglichkeit bei dieser tiefen Temperatur kann wie oben ausgeschlos­ sen werden —, doch liefern alle drei Konformatio­ nen ein PR-Spektrum des gleichen Typs. Es ist aber naheliegend, durch Vergleich mit den oben disku­ tierten Verbindungen X I und X I I ; auch für die Aminophosphine V II, X I I I und X IV die anii-Form anzunehmen, zumal die P — H-Kopplungskonstanten in V II und I annähernd gleich sind *. W ie aus dem Vorausgehenden folgt, kann an Hand der Tieftemperaturspektren nicht entschieden werden, ob die Rotation oder die Stickstoff-Inver­ sion, oder ob beide Bewegungsmöglichkeiten „einge­ froren“ werden. Uns erscheint ein Einfrieren der Rotation um die N — P-Bindung am wahrscheinlich­ sten, wobei im Gleichgewicht der Konformeren die anfi-Form begünstigt ist. Ob in dieser anii-Form Stickstoff-Inversion überhaupt noch möglich ist, da * Die arc£t--Form scheint auch bei den Diphosphinen und den Hydrazin-Derivaten am stabilsten zu sein. im Übergangszustand eine energetisch sehr ungün­ stige, doppelt ekliptische Anordnung der Substituen­ ten entstehen würde, oder ob durch Abflachung der Bindungspyramide am Stickstoff durch p.T — d„-Bindungsanteile die Stickstoff-Inversion begünstigt wird, kann nicht eindeutig entschieden werden. Für eine Reihe von Aminophosphinen bestimmten wir die freie Aktivierungsenthalpie AG^ für diese Rotation, in Abhängigkeit von der Größe der Sub­ stituenten R x und R 2 am Stickstoff (s. Tab. 3 ). Da­ bei zeigte sich, daß für alle Verbindungen mit einer verzweigten Kette als Substituenten am Stickstoff AG^ um 2 bis 3 kcal/Mol höher liegt ( ~ 14 kcal/ M ol) als bei solchen mit unverzweigter Kette ( ~ 11 kcal/Mol). In diese Reihe ordnet sich auch Methylbenzylamino-chlor-phenyl-phosphin ( V I I ) mit 11,1 kcal/Mol * * gut ein. Diese Werte für die Rota­ tionsbarriere von 11 — 14 kcal/Mol sind sehr viel höher als die für die Äthan- und Hydrazin-Derivate gemessenen, deren Barrieren im allgemeinen kleiner als 8 kcal/Mol sind4> 5. Sie sind jedoch wesentlich kleiner als die Rotationsbarrieren in Aminoboranen7, bei denen Werte von 18 — 20 kcal/Mol ge­ funden wurden. Der Schluß auf einen Beitrag zur Erhöhung der Barriere durch partiellen Doppelbin­ dungscharakter (p.T — d.j) ist daher naheliegend, je ­ doch nicht erwiesen. Der Einfluß verschiedener L ö ­ sungsmittel auf die Höhe der Rotationsbarriere wird zur Zeit noch untersucht. R i\ /Ci > N —P ( r/ \Ph Nr. Av r-Werte [Hz] (CHS) [ppm] (CH3) Ri = R 2 Methyl Äthyl Propyl I II III 7,54 8,97 9,3 n-Butyl iso-Propyl sek-Butyl IV V VI 9,24 9,25 8,7 V II V III IX X 7,71 8,80 7,29 9,18 Rl Methyl iso-Propyl Methyl Äthyl ^2 Benzyl Benzyl Phenyl Phenyl Ta. AGf [°C ] [kcal/ Mol] 52 30 34 34 17 46 20 -5 0 -5 0 -5 5 -6 0 -6 0 - 5 + 15 10,8 10,0 10,8 10,9 10,7 13,2 14,6 45 48 11,1 Tab. 3. Chemische Verschiebungen ( A v ) der CHs-Signale bei 100 MHz. Aufspaltungstemperaturen T a ( — T c) und freie Aktivierungsenthalpien ZlG+Ta der Phosphine I —X, Lösungs­ mittel : CS2 . ** Bei der Berechnung dieses Wertes haben wir die freie Konformationsenergie von 0,3 kcal/Mol vernachlässigt. Unauthenticated Download Date | 10/21/17 2:46 PM Nr. Rr /R3 r-Werte (CH,) [ppm] > N -P < CH/ xR 4 Rt R3 XI ch3 7,21 X II ch3 Cl Phenyl — r4 X III Benzyl 7,36 X IV Benzyl Cl Phenyl 7,53 7,70 Tab. 4. Aminophosphine X I —X IV und deren chemische Ver­ schiebungen in ppm. Lösungsmittel: CS2 . C. D a r s t e l l u n g d e r S u b s t a n z e n , Experimentelles Die Darstellung der Substanzen erfolgte durch Um­ setzung von Phosphortrichlorid, Dichlorphenylphosphin beziehungsweise Diphenylchlorphosphin in absolut benzolischer Lösung bei + 5 bis + 1 0 °C mit 2 Molen der entsprechenden sekundären Am ine16_18. Alle darge­ stellten Aminophosphine sind übelriechende, leicht hy­ drolysierende, farblose Flüssigkeiten, deren Siede­ punkte in Tabelle 5 zusammengestellt sind. Substanz Sdp. [°C ] Druck Sub[mm Hg] stanz Sdp. [°C ] Drude [mm Hg] I 6 8 -7 0 0,1 V III 180 II 8 2 -8 4 0,05 IX 178-181 0,1 0,15 III 1 3 6-140 0,15 X 180-185 0,1 3 8 -4 0 0,1 IV 145-148 0,1 XI V 122 0,2 X II 116 1 VI 187 0,2 X II I 165 0,15 V II 15 4-1 6 0 0,1 X IV 168-172 0,01 Tab. 5. Siedepunkte der dargestellten Aminophosphine. Die Reinheit der Substanzen wurde mit Hilfe der PR- und IR-Spektren sowie durch chemische Analysen nachgewiesen. Die PR-Spektren wurden mit den Varian-Geräten HA-100 bei 100 MHz und DP-60 bei 56,4 MHz auf­ genommen. CS2 oder deuteriertes Aceton dienten als Lösungsmittel für die Tieftemperatur-Untersuchungen. Bei hohen Temperaturen wurden z. T. die reinen Flüs­ sigkeiten oder Lösungen in m-Dichlor- oder m-Dibrombenzol mit Oktamethyl-cyclo-tetrasiloxan als innerem Standard verwendet. Mit Hilfe der Näherungsformel von G u t o w s k y und H o l m 6 und der chemischen Verschiebung Av entspre­ chender Signale konnte die Geschwindigkeitskonstante ka, bei der Aufspaltungstemperatur Ta berechnet wer­ den. Mit diesem Wert und der Aufspaltungstemperatur wurde dann mit der E y r i n g ’schen Gleichung die freie Aktivierungsenthalpie AG^ berechnet. Herrn P rof. Dr. R. M ecke sei für die Förderung dieser A rb eit herzlich gedankt. Fü r w ertvolle und an­ regende Diskussionen möchten w ir den H erren P ro f. Dr. P a u l Haake, University o f C aliforn ia, Los A n geles, Dr. J. E. Anderson, z. Z. C alifornia Institute o f Techno­ logy, Pasadena, P ro f. J. M . Lehn, Chem. Institut der Universität Straßburg, Dr. A . Mannschreck, Chem. Institut der Universität H eid elb erg, Dr. S. Kabuss, Chem. Institut der Universität F reib u rg und D r. H . G. Schmid, G. D endl und J. N eh rin g, Institut für Elektrowerkstoffe der Fraunhofergesellschaft Freiburg/Brsg. herzlich danken. 18 H. H. S i s l e r u. N. L. S m ith , J. org. Chemistry 26, 611 17 G. E w a r t u . D. S. P a y n e , J. diem. Soc. [London] 1962, 3984. 18 W. A. H art u . H. H. S i s l e r , Inorg. Chem. 3, 617 [1964]. Unauthenticated Download Date | 10/21/17 2:46 PM