Integrale Integrale Die Zerschneidung entspricht einer Zerlegung des Definitionsmenge von f : 10. Integralrechnung [a, b] Zur Di↵erentialrechnung tritt nun die Integralrechnung hinzu. I I Di↵erentialrechnung $ Steigungsbegri↵ Integralrechnung = [x0 , x1 ] [ [x1 , x2 ] [ . . . [ [xs 2 , xs 1 ] [ [xs 1 , xs ], Beispielsweise für s = 6: (lokale Eigenschaft) $ Flächeninhaltsbegri↵ (globale Eigenschaft) Bei der Integralrechnung muss die Funktion als Ganzes betrachtet werden. Ganz = lat. Integer. Steigungsermittlung Flächen(-inhalts)ermittlung Für jeden Streifen ist ein ⇣i 2 [xi 1 , xi ] zu wählen. Eine zugehörige Rechteckssumme = Riemannsumme ist dann s X f (⇣i ) · (xi xi 1 ) i=1 G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 114 / 116 G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs Integrale September 2017 116 / 116 Integrale Riemanns Idee krumm berandete Flächen unter“ Graphen zu messen: ” Zerlege Fläche in vertikale (in der Schule zusätzlich: gleichbreite) Streifen und nähere deren Fläche durch Rechtecksflächen an, deren Höhe irgendeinem auf dem Streifen angenommenen Funktionswert entspricht: Beispiele für die Näherung der Fläche unter f |[ 1 ,5] : 2 1) s = 4, Ober- und Untersummen mit gleich breiten Streifen: Verbessere nun die Feinheit“ = maximale Streifenbreite einer Zerlegung ” immer mehr. Führt jede Verfeinerungstrategie zum gleichen Grenzwert I bei den Riemannsummen, so nennt man f : [a, b] ! R Riemann-integrierbar und schreibt Z b I =: f (x) dx . a Diese Zahl heißt bestimmtes Integral der Funktion f von a nach b und wird für f 0 als Flächeninhalt unter f |[a,b] (d.h. zwischen Graph von f |[a,b] und x-Achse) gedeutet. 2) s = 6: Unterschiedlich breite Streifen, einmal Obersumme, dann Wahl der Stützstellen mittig (engl. midpointrule“), dann zufällige Wahl. ” Bemerkungen: 1. Das Integralzeichen erinnert als stilisiertes S an eine Summenbildung. Rb 2. In der Schreibweise a f (x) dx“ darf statt x jede freie Variable ” verwendet werden: Also Z b Z b Z b Z b f (x) dx = f (t) dt = f (s) ds = f (⇣) d⇣ . . . a G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 115 / 116 G. Skoruppa (TU Dortmund) a a Mathematischer Vorkurs a September 2017 117 / 116 Integrale Integrale 3. Für Vorzeichen wechselndes f gilt: + – Definition 10.2 Existiert für a b das bestimmte Integral – Z P Bei der Ermittlung der Riemannsumme si=1 f (⇣i ) · (xi xi 1 ) tragen Rechtecke, die wegen f (⇣i ) < 0 unter der x-Achse liegen, negative Flächenanteile bei. Das bestimmte Integral ist daher ein orientierter Flächeninhaltsbegri↵, der Flächenanteile zwischen Graph und x-Achse, die unter der x-Achse liegen, negativ zählt. G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 118 / 116 Aufgabe: Z a Rb f (x) dx, so definiere man a Z f (x) dx := b b f (x) dx a 1 3 dx =? 2 G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs Integrale September 2017 120 / 116 Integrale Beispiel 10.1 (Geometrisches Integrieren) Aufgrund der suggestiven Vorstellung vom Integralbegri↵ können wir unter Ausnutzung von Symmetrien, Kongruenzen und elementargeometrischen Gegebenheiten geometrisch“ integrieren. ” Z 2⇡ 1. sin x dx = 0 : Satz 10.3 (Eigenschaften des bestimmten Integrals) Z b 1. c dx = c · (b a), c2R. a 2. Für a b c gilt inkl. Existenz der anderen Seite Z 0 c f (x) dx = a Z b f (x) dx + a Z c f (x) dx. b wenn eine der beiden Seiten existiert. Z a 3. Elementares Ausrechnen der Flächen: Z 3 1 |x 1| 1 dx = 1 : 3 2 G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs · f von a bis b intbar und 3. Mit f und g sind auch f + g und 2. Ungerades f : [ a, a] ! R: Z a f (x) dx = 0 a f (x) + g(x) dx = Z b · f (x) dx = a 4. f, g von a bis b intbar mit f g September 2017 119 / 116 Z b G. Skoruppa (TU Dortmund) · b a Z b f (x) dx + Z b g(x) dx a 2R. f (x) dx , a ) Mathematischer Vorkurs Z b a f (x) dx Z b g(x) dx. a September 2017 121 / 116 Integrale Integrale Wie kann man aber bestimmte Integrale ohne Riemannsummen ausrechnen? Ein Begri↵ der Di↵erentialrechung kommt zu Hilfe . . . Wir wollen natürlich nicht ständig prüfen müssen, ob eine Funktion integrierbar ist oder nicht. Hier die wichtigsten beiden positiven Fälle: Satz 10.4 (Die wichtigsten Riemann-integrierbaren Funktionen) Ist f : [a, b] ! R stetig oder monoton, so ist f von a bis b integrierbar. Zusatz: Statt Stetigkeit reicht sogar stückweise Stetigkeit. Diese liegt vor, wenn f stetig ist bis auf endlich viele Sprungstellen (halbseitige Limites existieren!). Beweis: o.D.: zu technisch, tiefere“ Begri↵e aus der Analysis nötig! ” Jeder kennt den Mittelwertbegri↵: n a1 bis an ist gerade a1 +...+a . n Das arithmetische Mittel der Zahlen Mathematischer Vorkurs September 2017 Gibt es eine Stammfunktion zu f , so gibt es gleich unendlich viele. Satz 10.8 1. Ist F (x) Stammfunktion zu f (x), so auch F (x) + c für jedes c 2 R. Gibt es auch Mittelwerte bei Funktionen? In der Vorlesung wird hierzu eine Motivation gegeben . . . G. Skoruppa (TU Dortmund) Definition 10.7 f : I ! R sei auf einem Intervall I definiert. Dann heißt F : I ! R Stammfunktion (auch: Integral) von f , falls F 0 (x) = f (x). 122 / 116 2. Sind F1 (x), F2 (x) Stammfunktion zu f (x), so gibt es ein c 2 R mit F1 (x) = F2 (x) + c. Beweis: klar mit 8.21. ⇤ Z.B. sind F1 (x) = x2 und F2 (x) = x2 + 1 Stammfunktionen zu f (x) = 2x. Jede weitere Stammfunktion zu f (x) hat so das Aussehen F (x) = x2 + c. G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs Integrale Folgender zentraler Satz verbindet Integralrechnung eng mit der Di↵erentialrechnung und scha↵t eine einfache“ Methode zur Berechnung ” bestimmter Integrale. Ist f von a nach b integrierbar, so nennt man Z b 1 µf := f (x) dx b a a Satz 10.9 (Hauptsatz der Di↵erential-und Integralrechnung (HDI)) f f : I ! R sei stetig und a, b 2 I. 1. Fa : I ! R (integralen) Mittelwert von f auf [a, b]. mit Für f 0 ist die (hier schraffierte) Fläche unter f |[a,b] so groß wie die des (hier roten) Rechtecks entsprechender Breite (b a) und der Höhe µf . Vis. Satz 10.6 (1. Mittelwertsatz der Integralrechnung) Ist f : [a, b] ! R stetig, so gibt es ein c 2 [a, b] mit G. Skoruppa (TU Dortmund) Z Z x f (t) dt ist eine Stammfunktion a 2. Ist F irgendeine Stammfunktion von f , so gilt Z b f (x) dx = F (b) F (a) =: F (x)|ba . a µf = f (c), d.h. September 2017 123 / 116 b f (x) dx . a Mathematischer Vorkurs Fa (x) := Fa 0 (x) = f (x). von f , d.h. : a) = 124 / 116 Integrale Definition 10.5 f (c) · (b September 2017 Bemerkung: Bei 1. leistet die Integralrechnung für die Di↵erentialrechnung: Das bestimmte Integral erlaubt das Finden einer Stammfunktion. Bei 2. ist es umgekehrt: Die Stammfunktion erlaubt die Berechnung eines bestimmten Integrals. G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 125 / 116 Integrale Integrale Beispiel 10.11 (Grundintegrale) Beweis: Zu 1. Fa (x + h) h Fa (x) = 10.3(2) = ✓Z x+h ◆ Z x 1 · f (t) dt f (t) dt h a a Z x+h 1 10.6 · f (t) dt = f (⇣h ) h x mit ⇣h zwischen x und x + h. f (⇣h ) geht wegen der Stetigkeit von f für h ! 0 gegen f (x). Zu 2. Ist F irgendeine Stammfunktion von f , so unterscheidet sie sich nach 10.8 von Fa aus 1. nur um eine additive Konstante: F (x) = Fa (x) + c. Rb Nun gilt Fa (a) = F (b) F (a). ⇤ a f (x)dx = Fa (b) = Fa (b) | {z } =0 G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 126 / 116 Um an unbestimmte Integrale bzw. Stammfunktionen zu kommen, müssen wir nur die alten Ableitungstabellen (wie z.B. 8.10) rückwärts lesen. Es ergibt sich leicht durch Anpassung entsprechend der Ableitungsregeln: Z 1 xr dx = xr+1 + c (r 6= 1) r+1 Z sin x dx = cos x + c Z cos x dx = sin x + c Z 1 dx = tan x + c cos2 x Z 1 dx = cot x + c sin2 x Z 1 p dx = arcsin x + c 1 x2 G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs Integrale R Besitzt f : I ! R eine Stammfunktion, so bezeichnet f (x) dx die Menge der Stammfunktionen zu f und heißt unbestimmtes Integral von f . Man schreibt z.B. Z 2x dx = x2 + c (c 2 R) Z Bemerkung: Nicht jede integrierbare Funktion besitzt eine Stammfunktion und nicht jede Funktion mit Stammfunktion ist integrierbar (vgl. Übungen). Aber: Bei stetigen Funktionen stimmen die Begri✏ichkeiten natürlich überein (HDI). September 2017 127 / 116 1 dx = arctan x + c 1 + x2 Einige bestimmte Integrale: Z b qx + r dx = q a = (q und deutet so an, dass diese Menge sich aus einer speziellen Stammfunktion durch Addieren von Konstanten ergibt. Mathematischer Vorkurs 128 / 116 Integrale Definition 10.10 G. Skoruppa (TU Dortmund) September 2017 Z Z ⇡ 1 x2 dx = 0 sin x dx = 0 Z b x dx + a x2 2 x3 3 1 0 + rx) = cos x ⇡ 0 b a Z b r dx a = q 2 (b 2 a2 ) + s(b a) 1 3 = cos ⇡ + cos 0 = 2 Integrieren“ heißt Stammfunktionen suchen. Neben Grundtabellen sind ” dazu spezielle Methoden nützlich. Diese ergeben sich z.B. durch Ausnutzung der Produkt- und Kettenregel aus der Di↵erentialrechnung. G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 129 / 116 Integrale Integrale Die Produktregel liefert die erste wichtige Integrationsregel: Wir gehen die Schritte an zwei Beispielen durch: R ⇡/2 1. Berechne cos x sin2 x dx. 0 Au↵allend: neben sin x taucht sin0 x = cos x auf. Daher t = sin x. Satz 10.12 (Partielle Integration oder Produktintegration) Sind f und g stetig di↵erenzierbar, (d.h. ihre Ableitungen sind noch stetig), so gilt Z 0 f (x) · g (x) dx = f (x) · g(x) Z 2. dt = cos x dx. R ⇡/2 R sin ⇡/2 R1 3. Hiermit cos x sin2 x dx = sin 0 t2 dt = 0 t2 dt. 0 R1 3 4. Aber 0 t2 dt = t3 |10 = 13 . f 0 (x) · g(x) dx. Satz 10.13 (Substitutionsregel) R p 1. Berechne x 1 + x2 dx. Au↵allend: Die Ableitung des Terms unter der Wurzel ist 2x, also bis auf Faktor 2 gleich dem außen auftauchenden x. Daher t = 1 + x2 . Ist f eine stetige Funktion mit Stammfunktion F und g eine stetig di↵erenzierbare Funktion, so gilt Z f (g(x)) · g 0 (x) dx = F (g(x)) + c 2. dt = 2x dx, also 12 dt = x dx. p R Rp 3. Hiermit x 1 + x2 dx = 12 t dt. p R R 4. Aber 12 t dt = 12 t1/2 dt = 12 · 23 t3/2 + c. Die Kettenregel liefert die zweite wichtige Integrationsregel: G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 5. Resubstitution t = 1 + x2 liefert die die Menge der Stammfunktionen p 1 3 2 3 ( 1 + x ) + c. 130 / 116 G. Skoruppa (TU Dortmund) Integrale 1. Identifziere im Integranden das zu substituierende 2. Rechne = g 0 (x) und forme um: 132 / 116 R n+1 In der Grundtabelle für Stammfunktionen finden wir xn dx = xn+1 + c. Leider liefert diese Formel nicht für n = 1. Uns unbekannt sind aktuell noch die Stammfunktionen von x 1 = x1 . Da diese Funktion stetig ist, muss es aber Stammfunktionen geben. g(x) = t. dt = g 0 (x)dx. 3. Ersetze mithilfe der Formeln g(x) = t und dt = g 0 (x)dx im Integranden alle x und dx durch t und dt. Es darf kein x und nicht dx übrig bleiben! Bei einem bestimmten Integral sind zusätzlich die Integralgrenzen a und b auf g(a) und g(b) zu transformieren. Daher erscha↵en wir eine neue Funktion: Definition 10.14 (Natürlicher Logarithmus) Nach Satz 10.4 gibt es eine Funktion ln(x) := 4. Finde Stammfunktion F (t) des neuen Integranden in t. 5. Bei unbestimmtem Integral ist noch t = g(x) zurück zu substituieren. G. Skoruppa (TU Dortmund) September 2017 Integrale Bemerkung: Die Regel lässt sich kalkülhaft so umsetzen: dt dx Mathematischer Vorkurs Mathematischer Vorkurs September 2017 131 / 116 Z ln : R+ ! Rmit x 1 1 dt , t genannt natürlicher Logarithmus. G. Skoruppa (TU Dortmund) Mathematischer Vorkurs September 2017 133 / 116