Technische Universität München Zentrum Mathematik Algebraische Topologie Sommersemester 2011 Prof. Dr. Josef Dorfmeister — Dr. Jan Wehrheim Übungsblatt 5 - Musterlösung Aufgabe 1: Ränder zeichnen Wir betrachten den 2-Quader T = id : I 2 → R2 . Berechnen Sie ∂2 (T ) und stellen Sie das Ergebnis zeichnerisch dar. Berechnen Sie explizit ∂1 (∂2 (T )) und erklären Sie das Ergebnis anhand der Zeichnung. Lösung zu Aufgabe 1: Im Rand ∂2 (T ) von T tauchen die folgenden 1-Quader auf: 0 x 2 2 α := A1 T : I → R ; x 7→ T (0, x) = β := A2 T : I → R ; x 7→ T (x, 0) = x 0 1 x γ := B1 T : I → R2 ; x 7→ T (1, x) = δ := B2 T : I → R2 ; x 7→ T (x, 1) = x 1 Damit gilt ∂2 (T ) = P2 j=1 (−1) j Wir führen die Bezeichnung 0 A := 0 (Aj T − Bj T ) = −A1 T + B1 T + A2 T − B2 T = −α + γ + β − δ. , B := 1 0 , ein. Damit tauchen im Rand der 1-Quader α, β, γ, δ 0 A1 α = α(0) = = A und 0 0 A1 β = β(0) = = A und 0 1 A1 γ = γ(0) = = B und 0 0 A1 δ = δ(0) = = C und 1 C := 0 1 , D := 1 1 die folgenden 0-Quader auf: 0 B1 α = α(1) = =C 1 1 B1 β = β(1) = =B 0 1 B1 γ = γ(1) = =D 1 1 B1 δ = δ(1) = =D 1 Damit gilt ∂1 (∂2 (T )) = ∂1 (−α + γ + β − δ) = −∂1 (α) + ∂1 (γ) + ∂1 (β) − ∂1 (δ) = −(−A1 α + B1 α) + (−A1 γ + B1 γ) + (−A1 β + B1 β) − (−A1 δ + B1 δ) = A−C −B+D−A+B+C −D = 0. C δ D α T γ A β B Aufgabe 2: Die Augmentierung Es sei X 6= ∅ ein topologischer Raum. Wir definieren die Augmentierung X X : Q0 (X) → Z ; a(m)xm 7→ a(m), m∈I m∈I wobei I eine endliche Indexmenge ist. Beweisen Sie: a) Die Augmentierung ist ein surjektiver Homomorphismus und induziert einen surjektiven Homomorphismus : C0 (X) → Z. b) Es gilt ◦ ∂1 = 0 und somit B0 (X) ⊂ ker . c) Ist X wegzusammenhängend, so gilt ker = B0 (X). In diesem Fall induziert also einen Isomorphismus ∼ = ∗ : H0 (X) → Z. Lösung zu Aufgabe 2: a) Die Gruppe Q( X) ist die von den Punkten x ∈ X erzeugte freie abelsche Gruppe. Sind a= X a(m)xm und b = X b(m)xm m∈Ib m∈Ia zwei Elemente von Q0 (X), so gilt X a+b= (a(m) + b(m))xm , m∈Ia ∪Ib wobei a(m) = 0 für m ∈ Ib \ Ia und b(m) = 0 für alle m ∈ Ia \ Ib gesetzt wird. Damit ist offensichtlich ein Homomorphismus. Wegen X 6= ∅ existiert ein x ∈ X und für alle n ∈ Z ist an := nx ∈ Q0 (X) ein Element mit (an ) = n. Somit ist surjektiv. Und da es schließlich keine degenerierten 0-Quader gibt ist C0 (X) = Q0 (X) und wir erhalten so einen surjektiven Homomorphismus : C0 (X) → Z: b) Es genügt zu zeigen, dass (∂1 (T )) = 0 für alle 1-Quader T : I → X: Ist T (0) = x0 und T (1) = x1 , so gilt (∂1 (T )) = (−A1 T + B1 T ) = ((−1)x0 + 1x1 ) = (−1) + 1 = 0. Folglich gilt für jedes Element b ∈ B0 (X) = ∂1 (C1 (X)) sofort (b) = 0, also ist B0 (X) ⊂ ker . c) Es sei a ∈ ker . Wir konstruieren eine 1-Kette c ∈ C1 (X) mit ∂1 (c) = a und zeigen so, dass a ∈ B0 (X), also ker ⊂ B0 (X), also ker = B0 (X) gilt. Wir schreiben ` k X X qi yi p i xi − a= i=1 i=1 mit Punkten xi , yi ∈ X und positiven ganzen Zahlen pi , qi . Wegen (a) = 0 gilt k X i=1 pi = ` X qi =: N. i=1 Wir nehmen nun das N -Tupel von Punkten (x̃1 , x̃2 , . . . , x̃N ) welches jeden Punkt xi genau pi -fach enthält und das entsprechende N -Tupel (ỹ1 , ỹ2 , . . . , ỹN ) welches jeden Punkt yi genau qi -fach enthält. Wir definieren für i = 1, . . . , N die 1-Quader Ti : I → X, indem wir einen nichtkonstanten Weg von ỹi nach x̃1 wählen. Hier nutzen wir aus,Pdass X wegzusammenhängend N ist. Es gilt also ∂1 (Ti ) = −ỹi + x̃i . Schließlich setzen wir c := i=1 Ti ∈ C1 (X) und erhalten: ∂1 (c) = N k ` X X X (x̃i − ỹi ) = pi xi − qi yi = a. i=1 i=1 i=1 Da : C0 (X) → Z ein surjektiver Homomorphismus ist, ist die induzierte Abbildung ∗ : C0 (X)/ ker = C0 (X)/B0 (X) = H0 (X) → Z also ein Isomorphismus. Aufgabe 3: Reduzierte Homologie Es seien X 6= ∅ ein topologischer Raum und die Augmentierung wie in Aufgabe 3. Wir definieren die 0-dimensionale reduzierte Homologie Gruppe e 0 (X) := ker /B0 (X). H Zeigen Sie, dass die Sequenz ξ∗ e 0 (X) −−− −→ H0 (X) −−−∗−→ Z −−−−→ 0 0 −−−−→ H exakt ist. Hierbei ist ξ∗ der von der Inklusion ξ : ker → C0 (X) induzierte Homomorphismus. Lösung zu Aufgabe 3: Es sind die folgenden Dinge zu beweisen: ξ∗ ist injektiv, ∗ ist surjektiv und ker ∗ = im ξ∗ . Sei a ∈ ker mit ξ∗ [a] = 0 ∈ H0 (X). Es gilt also ξ(a) ∈ B0 (X), aber ξ ist lediglich die Inklusionsabbildung der Teilmenge ker nach C0 (X), also gilt tatsächlich a ∈ B0 (X). Damit ist aber e 0 (X) = ker /B0 (X) und ξ∗ somit injektiv. [a] = 0 ∈ H Die Surjektivität von ∗ : H0 (X) → Z folgt sofort aus der Surjektivität von : C0 (X) → Z, die wir in Aufgabe 2 bewiesen haben. Schließlich gilt für ein a ∈ Z0 (X) = C0 (X) und das dargestellt Element [a] ∈ H0 (X) die folgende Äquivalenz: [a] ∈ ker ∗ ⇐⇒ ∗ [a] = 0 ⇐⇒ (a) = 0 ⇐⇒ a ∈ ker ⇐⇒ a ∈ im ξ ⇐⇒ [a] ∈ im ξ∗ Aufgabe 4: Das Fünferlemma Das folgende Diagramm von Gruppen und Homomorphismen sei kommutativ: φ1 φ2 φ3 φ4 ψ1 ψ2 ψ3 ψ4 A1 −−−−→ A2 −−−−→ A3 −−−−→ A4 −−−−→ A5 f5 y f4 y f3 y f2 y f1 y B1 −−−−→ B2 −−−−→ B3 −−−−→ B4 −−−−→ B5 Ferner seien beide Zeilen exakt, f2 und f4 seien Isomorphismen, f1 sei surjektiv und f5 sei injektiv. Beweisen Sie, dass dann f3 ein Isomorphismus ist! Lösung zu Aufgabe 4: Es ist zu zeigen, dass f3 surjektiv und injektiv ist. a3 ∈ ker(f3 ) ⇒ ψ3 ◦ f3 (a3 ) = 0 ⇒ f4 ◦ φ3 (a3 ) = 0 ⇒ φ3 (a3 ) = 0 ⇒ ∃a2 ∈ A2 : φ2 (a2 ) = a3 ⇒ f3 ◦ φ2 (a2 ) = 0 ⇒ ψ2 ◦ f2 (a2 ) = 0 ⇒ ∃b1 ∈ B1 : ψ1 (b1 ) = f2 (a2 ) ⇒ ∃a1 ∈ A1 : f1 (a1 ) = b1 ⇒ φ1 (a1 ) = a2 ⇒ a3 = φ2 ◦ φ1 (a1 ) ⇒ a3 = 0. b3 ∈ B 3 ⇒ b4 := ψ3 (b3 ) ∈ B4 ⇒ a4 := f4−1 (b4 ) ∈ A4 ⇒ ψ4 ◦ f4 (a4 ) = 0 ⇒ f5 ◦ φ4 (a4 ) = 0 ⇒ φ4 (a4 ) = 0 ⇒ ∃a3 ∈ A3 : φ3 (a3 ) = a4 ⇒ f4 ◦ φ3 (a3 ) = b4 ⇒ ψ3 ◦ f3 (a3 ) = b4 ⇒ ψ3 (b3 − f3 (a3 )) = 0 ⇒ ∃b2 ∈ B2 : ψ2 (b2 ) = b3 − f3 (a3 ) ⇒ a2 := f2−1 (b2 ) ⇒ f3 ◦ φ2 (a2 ) = b3 − f3 (a3 ) ⇒ b3 = f3 (φ2 (a2 ) + a3 ).