Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:57 Uhr Umwelt NRW Seite 202 Daten und Fakten Die zunehmende Beanspruchung von Böden durch Wirtschaft und Gesellschaft erfordert unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Nutzung der Ressourcen „Boden“ und „Fläche“ einen umfassenden Bodenschutz. Mit der Verabschiedung des Bundesbodenschutzgesetzes (BBodSchG 1998) der Bodenschutzund Altlastenverordnung (BBodSchV 1999) und des Landesbodenschutzgesetzes (LbodSchG 2000) wurden hierfür die gesetzlichen Grundlagen geschaffen. Der Boden nimmt eine zentrale Stellung im Ökosystem ein, da er im Überschneidungsbereich der Medien Luft, Wasser und Gestein angesiedelt ist. Auf den Boden wirkt eine Vielzahl von Belastungen ein: ● Im Hinblick auf die Stoffkreisläufe ist er für persistente Stoffe eine Senke. Persistente Stoffe sind z. B. Schwermetalle, Polyzyklische Kohlenwasserstoffe (PAH) oder Polychlorierte Bipenyle (PCB). Sie werden im Boden kaum verlagert oder abgebaut und reichern sich somit im Boden an. ● Auf dem Luftpfad werden in Form von NOx und SO2 Säuren eingetragen. Die Säuren verbrauchen die Pufferkapazität der Böden. Bei niedrigen pH-Werten werden vorher fest gebundene Schadstoffe mobil und können in andere Schutzgüter verlagert werden. Mineralische Nährstoffe werden ausgewaschen. ● Durch die Stoffanreicherung sind der Boden und die angrenzenden Schutzgüter wie Grundwasser, Pflanzen oder sogar der Mensch selbst gefährdet. ● Intensive Nutzung verändert den Boden aufgrund von Erosion und Auslaugung in seinen Eigenschaften nachteilig. ● Mit Versiegelung und Überbauung werden ungebremst erhebliche Flächenanteile der naturnahen Nutzung entzogen, die somit unwiederbringlich nicht mehr für die Wahrnehmung der ökologischen Bodenfunktionen zur Verfügung stehen. Für einen effektiven Bodenschutz sind möglichst umfangreiche und lückenlose Informationen über den Bodenzustand, über die Leistungsfähigkeit der Böden und über die Bodenbelastung erforderlich. Der Schwerpunkt der Aktivitäten des LUA lag deshalb in den letzten Jahren bei der Erarbeitung von Bewertungsgrundlagen, beim Aufbau des Bodeninformationssystems (BIS NRW) und bei der Einrichtung von Bodendauerbeobachtungsflächen. Die Konzepte für das Bodeninformationssystem und für die Bodendauerbeobachtung werden erläutert und erste Ergebnisse zur Auswertung vorhandener Daten präsentiert. Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:57 Uhr Seite 203 Boden Inhalt Kapitel 4 Kapitel 6 5 Boden Mehr als nur der Untergrund, auf dem wir stehen 5.1 Grundlagen des Bodenschutzes – Bodeninformationssystem Am Anfang: Der Aufbau eines Informationssystems 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 Bodenschutz und Bodennutzung Informationsgrundlagen für den Bodenschutz Das Bodeninformationssystem Berichtswesen 5.2 Stoffliche Bodenbelastung Aktuelle Schadstoffbilanz der Böden in NRW 5.2.1 Fachinformationssystem Stoffliche Bodenbelastung (FIS StoBo) 5.2.2 Hintergrundwerte der stofflichen Bodenbelastung in NRW 5.2.3 Digitale Bodenbelastungskarten 5.3 Bodendauerbeobachtung in NRW Langfristige Trends von Bodenbelastungen und deren Auswirkungen 5.3.1 Konzept und Messstellenübersicht 5.3.2 Belastungsbedingte Trends bodenphysikalisch-/-chemischer Parameter 5.3.3 Erhebung bodenbiologischer Parameter 5 Umbruch Kap. 5 5.1 09.11.2000 14:58 Uhr Umwelt NRW 5 Seite 204 Daten und Fakten Boden Mehr als nur der Untergrund, auf dem wir stehen 5.1 Grundlagen des Bodenschutzes – Bodeninformationssystem Am Anfang: Der Aufbau eines Informationssystems 5.1.1 Bodenschutz und Bodennutzung Zweck des Bundesbodenschutzgesetzes vom 17. März 1998 ist es, nachhaltig die Funktionen des Bodens zu sichern oder wiederherzustellen (§ 1 BBodSchG). Bei Einwirkungen auf den Boden sollen Beeinträchtigungen seiner natürlichen Funktionen sowie seiner Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte so weit wie möglich vermieden werden. Die Bodenfunktionen nach § 2 BBodSchG sind in Tabelle 5.1/1 zusammengestellt. Die Bodenfunktionen können durch schädliche Bodenveränderungen beeinträchtigt werden. Die Beeinträchtigungen sind durch Maßnahmen abzuwehren, die das zukünftige Entstehen schädlicher Bodenveränderungen verhindern (Vorsorge) oder die die Auswirkungen bereits bestehender schädlicher Bodenveränderungen auf die Bodenfunktionen verhindern oder zumindest vermindern (Gefahrenabwehr). Dabei bestehen oftmals Zielkonflikte aufgrund konkurrierender Nutzungsansprüche an den Boden. Erfahrungsgemäß lassen sich eingetretene schädliche Bodenveränderungen nicht oder nur mit erheblichem technischem und finanziellem Aufwand rückgängig machen. Die Regeneration eines der Natur zurückgegebenen Bodens nimmt überdies erhebliche Zeit in Anspruch. Deswegen kommen dem vorsorgenden Bodenschutz und dem Management von bereits der naturnahen Nutzung entzogenen Flächen (Flächenrecycling) in der Flächennutzungsplanung eine besondere Bedeutung zu. Die aus den Überlegungen resultierenden Bodenschutzthemen sind in Abbildung 5.1/1 dargestellt. Tabelle 5.1/1: Bodenfunktionen nach § 2 BBodSchG 1. Natürliche Bodenfunktionen: Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen Bestandteil des Naturhaushaltes, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen aufgrund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers 2. Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte 3. Nutzungsfunktionen: Rohstofflagerstätte Fläche für Siedlung und Erholung Standort für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung Standort für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung 204 Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:58 Uhr Seite 205 Boden 5.1 Bodenschutzthemen schädliche Bodenveränderungen Flächenverbrauch Überbauung Abgrabung stofflich/ nicht stofflich nicht stofflich Begrenzung von Stoffeinträgen Erosion dadurch: Versiegelung Auswirkung vorhandener stofflicher Belastungen – Verlust an Boden stofflich Verdichtung – Stoffeintrag in angrenzende Medien durch Abschwemmung Veränderung des Wasserhaushalts Umlagerung Abbildung 5.1/1: Bodenschutzthemen 5 Die Vollzugsaufgaben, die sich daraus ergeben, sind nachfolgend zusammengestellt: ● Gefahrenbeurteilung bei bestehenden schädlichen Bodenveränderungen (verschiedene Pfade), ● Vermeidung von Auswirkungen auf die Böden und andere Schutzgüter beim Auf- und Einbringen von Materialien, ● Vorsorge gegen Entstehen von schädlichen Bodenveränderungen, ● Sicherstellen der Schadlosigkeit bei bodenbezogener Verwertung von Abfällen zur Verwertung nach Kreislaufwirtschaftsgesetz (Klärschlamm, Kompost, Baggergut, ...), ● Sicherstellen der Schadlosigkeit bei Anwendung von Dünge- und Bodenverbesserungsmitteln, ● Beweissicherung zur Bodenbeschaffenheit (Genehmigungsverfahren), ● Beurteilung des Bodenzustands bezüglich Stoffeinträge über den Luftpfad, ● Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), ● Ermittlung von Hintergrundwerten, ● Bodendauerbeobachtung, ● Beobachtung von Gewässern und Böden. Das behördliche Handeln im Bodenschutz basiert auf dem Bundes-Bodenschutzgesetz, auf der Bodenschutz- und Altlastenverordnung sowie auf dem Landesbodenschutzgesetz. Bodenschutz wird schon seit Anfang der 80er Jahre entwickelt und praktiziert. Er wurde aber nicht als eigenständiges Rechtsgebiet gesehen, sondern hielt Einzug in viele andere Rechtsbereiche wie Wasserhaushaltsgesetz, Abfallgesetz, Immissionsschutzgesetz, Naturschutzgesetz und Baugesetzbuch. In NRW sind das LUA, das Geologische Landesamt und in Teilfragen weitere Einrichtungen mit Fragen des Bodenschutzes betraut (s. Tabelle 5.1/2). Das LUA betrachtet vorrangig den Bodenzustand mit Blick auf die anthropogenen Belastungen, während das GLA die natürlichen (geogenen) Bodeneigenschaften erfasst und bewertet. Tabelle 5.1/2: Datenführende Stellen zu den Informationsgrundlagen im Bodenschutz Thema Bodeneigenschaften Stoffliche Belastung Bodendauerbeobachtung Belastungsursachen (Altlasten, Emissionen, Deposition) Bodennutzung Relief, Topografie Klima, Niederschlag Stoff- und Rechtseigenschaften Datenführende Stelle GLA LUA (weitere Landeseinrichtungen, Abwasserverbände, Kommunen, ...) LUA (LUA, GLA, LÖBF, ...) LUA, Kommunen (ggf. weitere) LVermA, Kommunen LVermA Wetterdienste, LUA LUA (ggf. weitere) 205 Umbruch Kap. 5 5.1 09.11.2000 14:58 Uhr Umwelt NRW Seite 206 Daten und Fakten Das Landesumweltamt hat in diesem Zusammenhang die folgenden Aufgaben: ● Erarbeitung der wissenschaftlichen und technischen Grundlagen zur fachgerechten Beurteilung bodenschutzrelevanter Fragestellungen und Durchführung von Erhebungen über die Belastung der Böden, ● Bereitstellung des Fachwissens und der Informationsgrundlagen für die Aufgaben des MURL und anderer mit dem Vollzug des Bodenschutzes befasster Stellen der Landesverwaltung und der kommunalen Verwaltung, ● Mitwirkung an der Abstimmung der fachlichen Grundlagen für den Vollzug des Bodenschutzes innerhalb des Landes und länderübergreifend, wie z.B. in den ständigen Ausschüssen der Bund/ Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO), ● Erarbeitung von Handlungskonzepten und Leitfäden für die Vollzugsbehörden, ● Gutachten und Stellungnahmen zu Fragen des Bodenschutzes in wichtigen Einzelfällen, ● Einrichtung und Betrieb des Bodeninformationssystems. 5.1.2 Informationsgrundlagen für den Bodenschutz Zur Umsetzung des Vollzugs werden drei Handlungsebenen unterschieden: 1.) Zustandserhebung und Analyse, 2.) Bewertung sowie 3.) Maßnahmen und Planverfahren im Rahmen des Vollzugs. Den Handlungsebenen können bezogen auf Themenbereiche die Informationsgrundlagen zugeordnet werden, die in dem jeweiligen Zusammenhang eine Rolle spielen. In der Ebene Zustandserhebung, Analyse werden jene Parameter gewonnen, deren Auswertung die Grundlagen für die Bewertung des Bodenzustands liefern. Die Ergebnisse der Bewertung wiederum sind die Grundlage für ggf. zu ergreifende Maßnahmen im Bodenschutz. Eine Übersicht über die Handlungsebenen und der erforderlichen Informationsgrundlagen liefert die Tabelle 5.1/3. Der Differenzierung der Handlungsebenen für den Bodenschutz entsprechend werden Informationsgrundlagen erfasst. Zusätzlich existieren weitere Daten für die Interpretation und Bewertung der Ergebnisse. Tabelle 5.1/3: Handlungsebenen des Bodenschutzes mit Themenbereichen und Informationsgrundlagen Handlungsebenen Zustandserhebung, Analyse Themenbereiche Eigenschaften Stoffgehalte Einwirkungen Bewertung Funktionserfüllung Schutzbedürftigkeit Gefährdung Vollzug, Maßnahmen, Planverfahren 206 Ausweisung von Schutzgebieten Beschränkung der Nutzung Begrenzung der Belastung Sanierung Informationsgrundlagen Korngrößen Wasseraufnahme Säureneutralisierung Feuchtestufe Bindungsstärke Relief Temperatur, Niederschlag Humusgehalt pH-Wert Nährstoffe Schwermetalle persistente org. Stoffe Nutzung Versiegelung Stoffeinträge Überformungen Ertragsfähigkeit Lebensraum Filter und Puffer seltene Bodentypen Austragsgefährdung Mobilisierbarkeit Bioverfügbarkeit Erosionsgefährdung Hämerobie („Natürlichkeit“) Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:58 Uhr Seite 207 Boden 5.1.3 5.1.4 Das Bodeninformationssystem Berichtswesen Ein wichtiger Aspekt des Bodenschutzes ist die Beschaffung und Bereitstellung von bodenkundlichen Daten, Daten über die stoffliche Belastung und die Nutzung der Böden. Deshalb wurde schon Anfang der 90iger Jahre mit der Einrichtung des Bodeninformationssystems (BIS NRW) begonnen. Im LUA liegt der Schwerpunkt auf dem Themenbereich „stoffliche Bodenbelastung”. Daneben baut das GLA die Fachinformationssysteme über die geowissenschaftlichen Grundlagen auf. Im Jahre 1994 wurde ein Prototyp mit den wesentlichen Strukturen und Funktionen für das BIS NRW fertiggestellt und am Beispiel von Anwendungen zum Thema „stoffliche Belastung von Böden“ getestet. Neben dem Prototyp wurde das Fachinformationssystem „Stoffliche Bodenbelastung“ (FIS StoBo) eingerichtet. Auf Grundlage der Erfahrungen mit dem Prototyp wurde das Konzept zur Einrichtung des Bodeninformationssystems überarbeitet und dabei an die Erfordernisse der DV-technischen Entwicklung angepasst. Die folgenden Module, die für den Bodenschutz von besonderer Bedeutung sind, werden zurzeit bearbeitet: Im LUA: ● Fachinformationssystem stoffliche Bodenbelastung (FIS StoBo), ● Informationssystem Altasten (ISAL), ● digitale Bodenbelastungskarten (BBK), ● Fachinformationssystem Bodendauerbeobachtung (FIS BDF), ● Schadstoffbank bodengefährdende Stoffe (SSDB), ● Kernsystem. Im GLA: ● Fachinformationssystem Bodenkunde (FIS Bo) 5.1 Die Module des BIS NRW bilden die Grundlage für die Umweltberichterstattung zum Thema Boden. Sie soll sukzessive fortgeschrieben werden. Im Rahmen der vorliegenden Berichtes „Umwelt NRW – Daten und Fakten“ wird mit den Themen 5.2 „Stoffliche Bodenbelastung“ und 5.3 „Bodendauerbeobachtung“ begonnen, weitere Themen werden später hinzukommen. 5.2 5 Stoffliche Bodenbelastung Aktuelle Schadstoffbilanz der Böden in NRW 5.2.1 Fachinformationssystem Stoffliche Bodenbelastung (FIS StoBo) 5.2.1.1 Gesetzliche und organisatorische Grundlagen Die Aufgaben des Bodenschutzes und die der räumlichen Planung sonstiger bodenrelevanter Verfahren erfordern immer häufiger schnelle Entscheidungen, beschleunigte Verfahren und verbesserte Informationsgrundlagen. Im § 21 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) werden die Länder ermächtigt, Bodeninformationssysteme einzurichten und zu führen. Es können Daten von Bodendauerbeobachtungsflächen und Bodenzustandserhebungen über die physikalische, chemische und biologische Beschaffenheit des Bodens 207 Umbruch Kap. 5 5.2 14.11.2000 16:02 Uhr Umwelt NRW Seite 208 Daten und Fakten sowie über die Bodennutzung erfasst werden. Bodeninformationssysteme sollen die systematische Erhebung, Aufbereitung und Auswertung bodenschutzrelevanter Daten erleichtern. Das am 30. Mai 2000 in Kraft getretene Landesbodenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (LbodSchG) weist diesbezüglich rechtliche Konkretisierungen sowie weitergehende ausführende Bestimmungen auf. Der § 6 des Gesetzes beauftragt das Landesumweltamt mit der Einrichtung und Führung eines Fachinformationssystems „Stoffliche Bodenbelastung”. Darüber hinaus enthält das Gesetz Regelungen zu Inhalten sowie zur Datenerfassung, -aufbewahrung und -weitergabe. Für NRW wurde bereits 1994 das Bodeninformationssystem (BIS NRW) eingerichtet. Das FIS StoBo ist als ein Modul des BIS NRW erarbeitet worden und stellt die Datengrundlage für Auswertungen und Bewertungen zu Fragen der stofflichen Belastung von Böden in NRW bereit. Die Daten über Stoffgehalte in Böden lagen bisher in unterschiedlich strukturierten Datensammlungen bei verschiedenen Einrichtungen Nordrhein-Westfalens vor. Für übergreifende Auswertungen mussten die verfügbaren Daten zusammengeführt werden. Das FIS StoBo wurde mit der Zielsetzung eingerichtet, Daten über Stoffgehalte in Böden in einer einheitlich strukturierten Datenbank zu organisieren, um sie für Auswertungen zur Verfügung zu stellen. Das FIS StoBo enthält Daten über Stoffe, von denen Beeinträchtigungen der natürlichen Bodenfunktionen ausgehen können. Demzufolge sind Daten aus den obersten durchwurzelten Bodenhorizonten erfasst. Daten aus tieferen Bodenhorizonten bzw. -schichten werden nicht mit aufgenommen. 5.2.1.2 Aufbau des FIS StoBo Der Aufbau des FIS StoBo entspricht den Vorgaben für ein länderübergreifendes Bodeninformationssystem. Gemäß dieses Vorschlages sollen für definierte Themenbereiche Fachinformationssysteme aufgebaut werden, in denen Sachdaten ge- 208 speichert und verfügbar gemacht werden können. Sachdaten sind punktbezogene Daten und Metadaten. Metadaten sind Informationen über die Daten. Metadaten sind häufig als Schlüssellisten in Tabellen zusammengefasst (z.B. Liste der Gemeindenamen, Liste der Stoffe, Liste der Analysemethoden, etc.). Die Daten des FIS StoBo werden in einer Datenbank in Tabellen abgelegt (s. Tabelle 5.2/1). Tabelle 5.2/1: Die wichtigsten Tabellen und Untergliederungen der Datenbank FIS StoBo „Tabelle“ zur Einordnung der Inhalt Informationen ins FIS StoBo Probe Lage (Gauß-Krüger-Koordinaten), Nutzungsart, Entnahmetiefe, Probennahmevorschrift, ... Parameter allgemeine Bodenparameter, Stoffgehalte, Analysenlabor und -methode, Nachweis- und Bestimmungsgrenzen, ... Datensammlung Namen der Datensammlungen und Metadateien 5.2.1.3 Datenbasis des FIS StoBo Im FIS StoBo werden Daten über Stoffgehalte in Böden aus Messprogrammen verschiedener Einrichtungen in NRW zusammengeführt. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind ca. 45.000 Datensätze aus 107 Datensammlungen von 82 datenführenden Stellen in das FIS StoBo eingestellt. Dabei entspricht ein Datensatz einer untersuchten Bodenprobe. Die Daten entstammen verschiedenen Datensammlungen. Es wurden Daten über Stoffgehalte aus Messprogrammen der Kreise und kreisfreien Städte, der Landeseinrichtungen und der Abwasserverbände berücksichtigt. Der größte Teil (49 %) der bisher eingestellten Daten entstammt Untersuchungen der Abwasserverbände. Sie führen als Betreiber der Abwasserbehandlungsanlagen Untersuchungen landwirtschaftlich genutzter Böden auf Schwermetallgehalte nach Klärschlammverordnung durch. Auch die Kreise und kreisfreien Städte führen Bodenmessprogramme zu verschiedenen Fragestellungen durch. 30 % der Daten entstammen solchen Untersuchungsprogrammen. Ein Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:58 Uhr Seite 209 Boden Anteil (16 %) der in das FIS StoBo eingestellten Daten entstammt Untersuchungen der Landeseinrichtungen (LUA, LÖBF, GLA). Unter Sonstige (Anteil von 5 %) zählen v.a. Untersuchungen, die von Universitäten im Rahmen von Diplom- oder Doktorarbeiten durchgeführt wurden. So führte z. B. die Universität Köln umfangreiche Untersuchungen zur Erfassung der Stoffgehalte in Auenböden verschiedener Flüsse Nordrhein-Westfalens durch. Ein großer Teil der Daten aus den genannten Datensammlungen wurde bereits im Rahmen von Forschungsvorhaben gesammelt, digital erfasst und ausgewertet. Einen Überblick über die Datenlage liefert die Tabelle 5.2/2. Tabelle 5.2/2: Datenführende Stellen, Anzahl der Datensammlungen und Datensätze Datenführende Stellen Anzahl der Anzahl der Anzahl der datenfühDatenDatenrenden Stellen sammlungen sätze (ca.) Kreise und Städte 58 72 13.817 Landeseinrichtungen 2 9 7.481 Abwasserverbände 9 11 22.141 Sonstige 13 15 2.101 Gesamt 82 107 45.540 Auch die Karte 5.2/1 gibt einen Überblick über die Probendichte und die Anzahl der Datensammlungen (differenziert nach datenführender Stelle) der Kreise und kreisfreien Städte in NRW. In den Kreisen Kleve, Wesel, Recklinghausen, Viersen und Neuss liegen Daten von mehr als 2000 Probenahmeorten vor. Für die Kreise Olpe und Siegen-Wittgenstein sowie die Städte Hagen und Herne hingegen liegen Daten von weniger als 100 Probenahmeorten vor. Von den ca. 45.000 untersuchten Bodenproben wurden 91 % auf Schwermetallgehalte untersucht. Demgegenüber wurden an nur 9 % der Proben Untersuchungen zur Ermittlung der Gehalte an organischen Schadstoffen durchgeführt (6 % der Proben auf PAH, 2 % auf PCB und 1 % auf PCDD/PCDF). Die Karte 5.2/2 zeigt die Datendichte von Schwermetallen am Beispiel von Blei, die Karte 5.2/3 die Datendichte von PAH (dargestellt am Beispiel Benzo[a]pyren). keine Proben 1– 100 101 – 2 000 > 2 000 2 4 Anzahl der Datensammlungen 6 Datensammlungen der Kreise und kreisfreien Städte Datensammlungen der Landeseinrichtungen Datensammlungen der Abwasserverbände Datensammlungen sonstiger Einrichtungen Karte 5.2/1: Probendichte und Anzahl der Datensammlungen (differenziert nach datenführender Stelle) der Kreise und kreisfreien Städte Nordrhein-Westfalens 209 5.2 Die Texte und Tabellen geben den aktuellen Stand wieder, die Karten zeigen den Stand des Jahres 1998. 5 Umbruch Kap. 5 5.2 09.11.2000 14:58 Uhr Umwelt NRW Seite 210 Daten und Fakten Anzahl der Daten pro Kreis oder kreisfreien Stadt (Gesamt-Anzahl: 31.698) keine Daten vorhanden 1– 100 101 – 2 000 > 2 000 Karte 5.2/2: Karte der Schwermetalldatendichte (Pb) in NRW Anzahl der Daten pro Kreis oder kreisfreien Stadt (Gesamt-Anzahl: 2 848) keine Daten vorhanden 1 – 100 101 – 500 > 500 Karte 5.2/3: Karte der PAH-Datendichte (Benzo[a]pyren) in NRW 210 Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:58 Uhr Seite 211 Boden Acker (Beprobungstiefe 0 - 30 cm) 5.2 Grünland (Beprobungstiefe 0 - 10 cm) 5 Gartenland (Beprobungstiefe 0 - 30 cm) keine Daten vorhanden 1– 100 101 – 2 000 > 2 000 Wald (Beprobungstiefe 0 - 10 cm) Anzahl der Daten pro Kreis oder kreisfreien Stadt Gesamtanzahl: Acker – 15.958 Grünland – 5.199 Gartenland – 559 Wald – 1.523 Karte 5.2/4: Schwermetalldatendichte (Pb) in NRW, Vergleich der Nutzungsarten Daten über Schwermetalle (am Beispiel Blei) liegen für die meisten Kreise Nordrhein-Westfalens vor. Die höchste Datendichte weisen die Kreise Kleve, Wesel, Viersen, Neuss und Recklinghausen auf. Für die Datendichte von PAH (am Beispiel von Benzo[a]pyren) zeigt sich für NRW eine andere Verteilung. Weite Teile des Landes weisen eine nur geringe Anzahl von Daten auf, für viele Kreise liegen gar keine Daten zur PAH-Belastung von Böden vor. Die im FIS StoBo enthaltenen Daten entstammen überwiegend den Oberböden bzw. den oberen Horizonten. Für die Nutzung Acker und Kleingärten wurden Daten aus den obersten 30 cm (Ap-Horizont), für Grünland aus den obersten 10 cm (Ah-Horizont) entnommen. Für Waldböden wurden neben Daten aus den obersten 10 cm (Ahbzw. Aeh-Horizont) auch Daten der AuflageHorizonte (Of-, Oh-Lagen) sowie den B-Horizonten eingestellt. Für spezielle Fragestellungen sind insbesondere die Nutzungsarten Kleingärten und Spielplätze mit abweichenden Entnahmetiefen 211 Umbruch Kap. 5 09.11.2000 5.2 14:58 Uhr Umwelt NRW Seite 212 Daten und Fakten untersucht worden. In Tabelle 5.2/3 ist beispielhaft die Anzahl der untersuchten Probnahmeorte für ausgewählte Nutzungsarten, Entnahmetiefen und Parameter angegeben. Am Beispiel Blei wird die Schwermetalldatendichte für verschiedene Nutzungen auf Kreisebene In der Abbildung 5.2/1 ist beispielhaft die Oberfläche der Eingabemaske für Probendaten abgebildet. Für die meisten Eingaben werden Schlüssellisten in Listboxen angeboten. Zur Erläuterung der einzelnen Schlüsselwerte werden die zugeordneten Klartexte mit angezeigt Tabelle 5.2/3: Anzahl der untersuchten Probenahmeorte für die Nutzungsarten Acker, Grünland, Wald, Kleingarten (selektiert nach Entnahmetiefen und Parametern) Nutzungsart (Entnahmetiefe) Acker Grünland Wald Kleingarten Daten des FIS StoBo über Stoffgehalte des Bodens stammen von Abwasserverbänden, von Kreisen und kreisfreien Städten, von Landeseinrichtungen wie LUA, LÖBF oder GLA und u.a. von Untersuchungen der Universitäten. (0-30cm) (0-10cm) (0-10cm) (0-30cm) Schadstoffgruppe (untersuchter Parameter) Schwermetalle PAH (BaP) PCB (Blei) 25.445 365 5.174 220 1.520 23 555 435 (PCB-28) 161 222 14 132 PCDD/F (2,3,7,8-TCDD) 49 148 – 43 dargestellt (s. Karte 5.2/4). Die meisten Daten liegen für die Nutzung Acker und Grünland vor. Dies sind v.a. Daten der Abwasserverbände aus Untersuchungen landwirtschaftlich genutzter Böden, die im Rahmen der Klärschlammverordnung erfolgen. Ein Großteil der vorliegenden PAH-Daten aus Böden der Nutzungsart Kleingärten entstammen Untersuchungen der Kreise zur Ermittlung ihrer Belastung. Die Daten können nach der Erfassung von den datenführenden Stellen für eigene Zwecke genutzt und für übergreifende Auswertungen im FIS StoBo zur Verfügung gestellt werden. Die Erfassung mit Hilfe eines standardisierten Bausteines führt zu einer erheblichen Arbeits- und Zeitersparnis. Der Erfassungsbaustein wird datenführenden Stellen auf Anfrage vom LUA kostenlos zur Verfügung gestellt. Ein Vergleich der eingestellten Daten untereinander kann nur unter der Berücksichtigung der gleichen Methodik möglich sein. Deshalb werden Auskünfte über Entstehung und Verwendung der Daten als Metadaten zur Information ebenfalls zur Verfügung gestellt. Auch die Einstellung der Metadaten und Metainformationen in das FIS StoBo erfordert eine einheitliche Strukturierung. Durch die Erfassung in Formblättern und die Verwendung von Schlüssellisten kann dieses gewährleistet werden. 5.2.1.4 Datenerfassung Für die Datenerfassung wurde ein Erfassungsbaustein entwickelt, in dem über verschiedene Masken die Eingabe von Daten über Stoffgehalte realisiert wurde. Für jede Probe werden u.a. folgende Angaben in die Datenbank aufgenommen: Untersuchungsprogramm, Untersuchungsanlass, Lage des Probenahmeortes (Gemeinde, Naturraum, 7-stellige Gauß-KrügerKoordinaten), Nutzungsart, Probenahmevorschrift, Bodentyp, Probenahmetiefe / Horizont, Bodenart, pH-Wert, Humusgehalt, Stoffgehalte, Aufschluss- und Analysemethoden, Analyselabor. 212 Für jede Datensammlung werden zwei Formblätter zur Erfassung von Metainformationen / Metadaten ausgefüllt, eines für die Orientierungs- und eines für die Detailebene. Die Orientierungsebene soll einen Überblick über die Datensammlung verschaffen. Sie enthält z.B. Informationen zu der Datensammlung, zu Fragestellung und Veranlassung der Untersuchung, etc.. Die Detailebene hingegen enthält genauere Angaben zu den Datenbeständen bzw. zu den untersuchten Probenahmeorten, Proben und Parametern. Hier sind Angaben zu den Standortverhältnissen, zu Methoden der Probenahme und Analytik und ausführliche Angaben zu den untersuchten Parametern abgelegt. Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:58 Uhr Seite 213 Boden 5.2 5 Abbildung 5.2/1: Oberfläche des FIS StoBo-Erfassungsbausteines (Oberfläche für die Eingabe in Tabelle Probe und Parameter) 5.2.1.5 Selektion, Visualisierung, Auswertung Für eine Auswertung werden die benötigten Daten (z.B. für einen bestimmten Untersuchungsraum) aus den verfügbaren Datensammlungen selektiert. Der Selektionsbaustein ermöglicht die freie Selektion von Daten aus dem FIS StoBo, ohne dass Kenntnisse einer Abfragesprache erforderlich sind. Er bildet die Basis für alle Auswertungen mit Daten aus dem FIS StoBo. Für die Selektion und Ausgabe der Daten werden folgenden Kriterien angeboten: ● Datensammlungen (Name der Untersuchungsprogramme), ● Nutzungsarten, ● Parameter (geordnet nach Stoffgruppen), ● Raumbezug (Kreis-/Gemeindenamen oder Koordinaten) ● Probenahmetiefe (Entnahmetiefe oder -horizont), ● Excel-Tabellenformat, ● statistische Auswertungen, ● räumliche Auswertung mit GIS (GeoInformationssysteme), ggf. zusammen mit weiteren raumbezogenen Daten. In der Abbildung 5.2/2 ist die Oberfläche des Selektionsbausteines abgebildet. Mit Hilfe eines GIS lässt sich z.B. relativ einfach die Lage der Probenahmeorte eines Untersuchungsprogrammes bestimmen und mit Punktsymbolen in den Grenzen der Kreise und kreisfreien Städte von NRW darstellen (vgl. Abb. 5.2/3). Die Funktion Info öffnet nach vorhergehender Markierung einer Datensammlung die dem Untersuchungsprogramm zugeordneten Metainformationen. Damit können jederzeit Hintergrundinfor- 213 Umbruch Kap. 5 5.2 09.11.2000 14:58 Uhr Umwelt NRW Seite 214 Daten und Fakten Abbildung 5.2/2: Oberfläche des FIS StoBo-Selektionsbausteines Abbildung 5.2/3: Lage der Probenahmeorte eines Untersuchungsprogrammes in Nordrhein-Westfalen 214 Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:58 Uhr Seite 215 Boden mationen über die selektierten Daten abgerufen werden. Der hier dargestellte Selektions- und Auswertungsbaustein des FIS StoBo wird mit den dargestellten Funktionen auch im Rahmen des DIM im MURL angeboten. 5.2.1.6 Anwendungsmöglichkeiten Die Daten des FIS StoBo bilden die Grundlage für vielfältige Aus- und Bewertungen. Aus den Daten des FIS StoBo können z.B. Hintergrundwerte für einzelne Schadstoffe abgeleitet werden (s. Kap. 5.2.2). Mit Hilfe weiterer räumlicher Informationen (z.B. Karte der Emittenten, der Überschwemmungsgebiete, der Erzabbaugebiete, etc.) können Ursachenanalysen sowie ggf. Maßnahmen bzw. Empfehlungen abgeleitet werden. Die Daten des FIS StoBo sind eine wichtige Datengrundlage für die Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten (s. Kap. 5.2.3). Auf Grundlage der jetzigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen werden Daten an Behörden (Kommunen, StUÄ) zur Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben vollständig und kostenfrei weitergegeben. Firmen, die im Auftrag von Behörden deren Aufgaben erledigen, werden wie Behörden behandelt, die Datenübermittlung erfolgt allerdings unter der Auflage, dass diese nach Beendigung der Arbeit gelöscht werden. Weiterhin werden vollständige Daten auch gegen Vorlage einer Einverständniserklärung der Eigentümer weitergegeben. In allen anderen Fällen werden Daten anonymisiert oder aggregiert weitergegeben. Dabei erfolgt eine Anonymisierung durch Rundung der Koordinaten auf 1 km-Genauigkeit, die Aggregierung erfolgt durch zusammenfassende statistische Auswertung und Weitergabe der Daten mehrerer Flächen in einem Gebiet. 5.2.2 Hintergrundwerte der stofflichen Bodenbelastung in NRW 5.2.2.1 5.2.1.7 Datenschutzbestimmungen Im FIS StoBo werden Daten über Stoffgehalte aus Böden mit 7stelligen Gauß-Krüger-Koordinaten, d.h. ortsgenau mit einer Genauigkeit von bis zu 1 m, eingestellt. Nur so ist für die meisten Auswertungen eine korrekte Verknüpfung mit raumbezogenen Daten, z.B. Bodenkarten oder topografischen Karten, möglich. Mit der Angabe 7stelliger Gauß-Krüger-Koordinaten ist jedoch eine eindeutige Zuordnung der untersuchten Probenahmeorte zu den Grundstückseigentümern möglich. Es liegen damit personenbezogene Daten vor. Diese personenbezogenen Daten stehen nur für interne Auswertungen zur Verfügung. Schadstoffgehalte in Böden Böden enthalten unterschiedliche Mengen persistenter Stoffe wie Schwermetalle, Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH), polychlorierte Biphenyle (PCB) sowie Dioxine und Furane (PCDD/PCDF), die sich dadurch auszeichnen, dass sie nur langsam abgebaut bzw. verlagert werden. Die Herkunft der Stoffe ist unterschiedlich, sie gelangen über verschiedene Eintragspfade in die Böden. So können diese Schadstoffe entweder durch die Prozesse der Bodenbildung aus Ausgangsgestein, d.h. geogen / pedogen bedingt (nur für Schwermetalle zutreffend) oder durch die Aktivitäten des Menschen (anthropogen bedingt) in die Böden eingetragen werden. Die persistenten Stoffe in Böden sind jedoch nicht homogen über die Flächen verteilt. Durch lokale Besonderheiten 215 5.2 5 Umbruch Kap. 5 5.2 09.11.2000 14:59 Uhr Umwelt NRW Seite 216 Daten und Fakten können Stoffe angereichert werden, sodass Belastungsschwerpunkte entstehen, die sich vom „normalen Hintergrund“ abheben. Der allgemein verbreitete Hintergrundgehalt eines Stoffes oder einer Stoffgruppe wird durch die Hintergrundwerte repräsentiert. Es liegen sowohl länderübergreifende als auch länderspezifische Hintergrundwerte vor. Hintergrundwerte werden zur Bewertung von Messergebnissen, z.B. zur Bewertung der Stoffgehalte eines Bodens bzw. zur Bewertung einer Bodenbelastung, verwendet. 5.2.2.2 Hintergrundwerte in NRW Der Hintergrundgehalt eines Bodens setzt sich aus dem geogenen Grundgehalt eines Bodens und der ubiquitären Stoffverteilung als Folge diffuser Einträge in den Boden zusammen. Dabei umfasst der geogene Grundgehalt den Stoffbestand eines Bodens, der sich aus dem Ausgangsgestein, ggf. Vererzungen und der durch bodenbildende Prozesse beeinflussten Umverteilung (Anreicherung oder Verarmung) von Stoffen im Boden ergibt. Hintergrundwerte, die auf den ermittelten Hintergrundgehalten beruhen, bezeichnen unter Angabe der statistischen Kenngrößen und der Differenzierung hinsichtlich Bodeneigenschaften und Standortverhältnisse sowie der Bezugsgrößen Nutzung und Gebietstyp die repräsentativen Stoffkonzentrationen in Böden. In der Regel werden die 50. und 90. Perzentile der nach den vorgenannten Merkmalen klassifizierten Hintergrundgehalte als Hintergrundwerte angegeben. Sie setzen sich aus den naturbedingten Grundgehalten und der allgemein vorhandenen anthropogenen Zusatzbelastung der Böden zusammen. Punktuelle Belastungen gehen jedoch nicht mit in die Ermittlung der Hintergrundwerte ein. 5.2.2.3 Datengrundlagen zur Ermittlung der Hintergrundwerte In unterschiedlichen Vorhaben wurden Daten über Stoffgehalte in Oberböden von NRW gesammelt und entsprechend ausgewertet. Die Daten wurden auch in das Fachinformationssystem Stoffliche Bodenbelastung (FIS StoBo) eingestellt, das als ein Modul des Bodeninformationssystems NRW (BIS NRW) eingerichtet wurde (s. Kap. 5.2.1). Aus den Daten des FIS StoBo werden für NRW für die Nutzungen Acker und Grünland die Hintergrundwerte der stofflichen Bodenbelastung für persistente organische und anorganische Stoffe ermittelt. Die Hintergrundwerte für die Nutzung Wald wurden aus den Daten der Bodenzustandserhebung (BZE) ermittelt. Die Hintergrundwerte werden zunächst für den mineralischen Oberboden (A-Horizonte) und für die organische Auflage von Waldböden (O-Horizont) angegeben. Für die Auflage wurden die Werte der Oh-Lage verwendet. 5.2.2.4 Anwendungen der Hintergrundwerte Hintergrundwerte können zu Fragestellungen des Bodenschutzes, z.B. zur Beurteilung eines Stoffgehaltes im Boden oder einer Bodenbelastung unter Berücksichtigung der Bezugsgrößen (Ausgangsgestein, siedlungsstruktureller Gebietstyp) genutzt werden. Mit Hilfe von Hintergrundwerten kann der Bodenzustand beschrieben werden. Landesweit geltende Werte können u.a. als Grundlage zur Ableitung von Vorsorgewerten zur Begrenzung von Stoffeinträgen herangezogen werden. Regionale oder lokale Hintergrundwerte können z.B. bei der Identifikation einer spezifischen Belastungsursache, bei der Altlastenbeurteilung oder zur Darstellung der Vorbelastung bei einer Umweltverträglichkeitsuntersuchung bei geplan- 216 Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:59 Uhr Seite 217 Boden Boden 5.2 Tabelle 5.2/4: Zuordnung der Kreise und kreisfreien Städte zu den siedlungsstrukturellen Gebietstypen Gebietstypen Kreise Typ I Kreis Aachen, EnnepeRuhr-Kreis, Hochsauerlandkreis, Märkischer Kreis kreisfreie Städte Typ II Mettmann, Neuss, Viersen, Düren, Erftkreis, Euskirchen, Oberbergischer-Kreis, Rheinisch-BergischerKreis, Rhein-Sieg-Kreis, Recklinghausen, Olpe, Siegen-Wittgenstein, Unna Leverkusen, Bielefeld, Hamm Typ III Kleve, Wesel, Heinsberg, Borken, Coesfeld, Steinfurt, Warendorf, Gütersloh, Herford, Höxter, Lippe, MindenLübbecke, Paderborn, Soest Düsseldorf, Essen, Krefeld, Münster Mönchengladbach, Mülheim, Oberhausen, Remscheid, Solingen, Wuppertal, Bonn, Köln, Bottrop, Gelsenkirchen, Bochum, Dortmund, Hagen, Herne Die Städte Duisburg, Aachen und Eschweiler sowie Teile der Städte Stolberg und Mechernich weisen aufgrund besonderer geogener oder anthropogener Einflüsse zum Teil stärkere Anreicherungen verschiedener Stoffe auf und lassen sich daher nicht den 3 Gebietstypen zuordnen. Tabelle 5.2/5: Hintergrundwerte für anorganische Stoffe in Böden Nordrhein-Westfalens (Datengrundlage für Acker und Grünland: FIS StoBo, für Wald: BZE), 50er und 90er Perzentile (n>> 100), Angabe der Gesamtgehalte (Acker, Grünland: Königswasserextraktion, Wald: Mikrowellen-Druckaufschluß (HNO3, H2O2, HCl) Acker Oberboden Typ 0 Typ I Typ II Typ III Grünland Oberboden Typ 0 Typ I Typ II Typ III Wald Auflage (Oh) Typ 0 Typ I Typ II Typ III Wald Oberboden Typ 0 Typ I Typ II Typ III Typ 0: Typen I-III: Typ I Typ II Typ III Perzentile Cd Cr Cu [mg/kg] Ni Pb Zn 50 90 50 90 50 90 50 90 0,42 0,77 0,53 1,00 0,40 0,80 0,40 0,70 25 39 12 22 16 34 14 26 11 18 12 24 30 52 44 96 29 50 27 44 67 119 108 245 66 111 60 99 50 90 50 90 50 90 50 90 0,63 1,41 0,92 1,91 0,76 1,21 0,50 1,31 28 48 18 46 21 58 17 36 16 43 25 54 56 130 79 213 61 117 43 107 127 333 179 494 123 216 105 304 50 90 50 90 50 90 50 90 0,66 1,21 0,62 1,21 0,70 1,26 0,62 1,17 38 56 36 67 42 81 35 59 32 58 21 33 337 568 375 604 335 532 272 511 117 191 128 217 120 188 93 132 50 90 50 90 50 90 50 90 0,23 0,77 0,25 0,60 0,26 0,90 0,14 0,76 48 82 16 32 19 42 17 31 9 18 16 37 108 205 132 221 137 211 66 101 64 132 78 149 63 123 40 118 landesweite Hintergrundwerte ohne Differenzierung nach siedlungsstrukturellen Gebietstypen regionale Hintergrundwerte mit Differenzierung Regionen mit großen Verdichtungsräumen (Ballungsräume und Kreise im weiten Einflussbereich von Erzabbaugebieten) Regionen mit Verdichtungsansätzen (Großstadtrandbereiche und Bereiche mit geogen in geringem Umfang erhöhten Schwermetallgehalten in Böden) ländlich geprägte Regionen (Ländliche Gebiete sowie Gebiete außerhalb des Einflussbereiches vorrangiger Belastungsursachen) 217 5 Umbruch Kap. 5 5.2 09.11.2000 14:59 Uhr Umwelt NRW Seite 218 Daten und Fakten ten Emittenten angewendet werden. Die Hintergrundwerte geben Informationen darüber, ob die ermittelte Konzentration der zu beurteilenden Fläche sich aus dem allgemeinen (umgebenden) Belastungsniveau heraushebt. Die länderspezifischen Hintergrundwerte für anorganische und organische Stoffe ermöglichen gegenüber den länderübergreifenden Hintergrundwerten eine bessere Differenzierung. Um die Werte für großmaßstäbige Auswertungen heranziehen zu können, ist ihre Repräsentativität in Bezug auf Ausgangsgestein, Nutzung, etc. im Einzelfall zu prüfen. Die Aufstellung dieser Werte setzt jedoch geeignete einheitliche Methoden bei der Datenerhebung, einen statistisch abgesicherten Datenumfang sowie die Berücksichtigung vergleichbarer Bezugsgrößen voraus. Nur so kann eine flächenrepräsentative Aussage gewährleistet werden. Zur Differenzierung nach Gebietstypen sind die einzelnen Kreise und Städte verschiedenen siedlungsstrukturellen Gebietstypen zugeordnet (vgl. Tab. 5.2/4, Karte 2.4/3 [Siedlungsdichte]). Typ I bezieht sich auf Regionen mit großen Verdichtungsräumen, Typ II auf Regionen mit Verdichtungsansätzen und Typ III auf ländlich geprägte Regionen. Typ O bezeichnet Hintergrundwerte ohne Differenzierung nach siedlungsstrukturellen Gebietstypen. Diese werden auch als landesweite Hintergrundwerte bezeichnet. In den Tabellen 5.2/5 und 5.2/6 sind die derzeit verfügbaren landesweiten und regionalen Hintergrundwerte angegeben. In Karte 5.2/5 ist die Bewertung der Bleigehalte der Oberböden der Nutzungen Acker, Grünland und Wald anhand der Klassierung nach landesweiten Hintergrundwerten ohne Differenzierung nach sied- Tabelle 5.2/6: Hintergrundwerte für organische Stoffe in Böden Nordrhein-Westfalens (Datengrundlage für Acker, Grünland und Wald: FIS StoBo), 50er- und 90er-Perzentile Perzentile Acker Oberboden Typ 0 Typ I Typ II Typ III Grünland Oberboden Typ 0 Typ I Typ II Typ III Wald Oberboden Typ 0 Typ I Typ II Typ III B[a]P [µg/kg] n 50 90 50 90 50 90 50 90 44 200 60 260 25 70 322 322 50 90 50 90 50 90 50 90 210 830 400 730 150 940 82 82 50 90 50 90 50 90 50 90 25 640 71 640 23 360 238 238 94 94 25 25 56 56 53 53 31 31 20 20 PCB (= Summe 6 Kong.)1 [µg/kg] n 6,5 43,8 4,5 10,1 4,3 12,6 1,8 3,9 61 61 41 41 28 28 71 71 - Typ 0: landesweite Hintergrundwerte ohne Differenzierung nach Gebietstyp (Siedlungsstruktur) Typen I - III: regionale Hintergrundwerte mit Differenzierung Typ I hohe Siedlungsdichte, Kernzone, sehr starker industrieller Besatz, Schwerpunkte der industriellen Entwicklung des Landes Typ II mittlere Besiedlungsdichte, mittlerer industrieller Besatz Typ III geringe Siedlungsdichte, Klein- und Mittelstädte in ländlicher Umgebung, kaum Industrie, starke landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Prägung 1 Summe für 6 Kongenere (ähnliche Verbindungen) 218 Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:59 Uhr Seite 219 Boden Acker (Beprobungstiefe 0 - 30 cm) 5.2 Grünland (Beprobungstiefe 0 - 10 cm) 5 Gartenland (Beprobungstiefe 0 - 30 cm) Wald (Beprobungstiefe 0 - 10 cm) weniger als 25 Proben < 50. Perzentil zwischen dem 50. und 90. Perzentil > 90. Perzentil Karte 5.2/5: Bleibelastungen in den Gemeinden Nordrhein-Westfalens, klassifiziert nach Hintergrundwerten lungsstrukturellen Gebietstypen durchgeführt worden. Aufgrund der geringen Datendichte lässt die Karte allerdings nur eingeschränkte Aussagen zu. Für die Nutzung Acker und Grünland liegt die Bleibelastung des größten Teils der Gemeinden von NRW im Bereich einer geringen bis mittleren Belastung (< 50% Perzentil bzw. zwischen 50 und 90% Perzentil). Einzelne Gemeinden bzw. Städte weisen hingegen höhere Belastungen der Böden mit Blei auf. Dieses betrifft einzelne Städte des Ruhrgebietes sowie den Raum Aachen-Stolberg. Diese erhöhten Schwermetallgehalte sind sowohl geogen als auch anthropogen bedingt. 219 Umbruch Kap. 5 09.11.2000 5.2 14:59 Uhr Umwelt NRW Seite 220 Daten und Fakten 5.2.3 Digitale Bodenbelastungskarten 5.2.3.1 Aufstellung und Anwendung digitaler Bodenbelastungskarten Die digitalen Bodenbelastungskarten (BBK) sind für Böden naturnaher Nutzung konzipiert. Für die Bearbeitung der innerstädtischen Siedlungsböden wird zurzeit eine Methode vom LUA erarbeitet. Mit Einführung der rechtlichen Grundlagen für den Bodenschutz – Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG 1998) und Landes-Bodenschutzgesetz (LbodSchG 2000) – ergeben sich neue Aufgaben zum Vollzug des Bodenschutzes. Zur Unterstützung insbesondere der unteren Bodenschutzbehörden bei den kommunalen Gebietskörperschaften wurden digitale Bodenbelastungskarten (BBK) entwickelt, die z.B. für die Erfassung und Bewertung von Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen und Verdachtsflächen eingesetzt werden können. Digitale Bodenbelastungskarten unterstützen in diesem Beispiel die behördliche Ermittlungspflicht nach § 9 BBodSchG. Nach § 5 Abs. 1 LbodSchG erfassen die zuständigen Behörden schädliche Bodenveränderungen und Verdachtsflächen. Nach § 5 Abs. 2 LbodSchG können zur Erfassung von Verdachtsflächen Bodenbelastungskarten erstellt werden. Mit Hilfe digitaler Bodenbelastungskarten sind flächenhafte Auswertungen auf Überschreitung der Vorsorge-, Prüfund Maßnahmenwerte der Bundes-Bodenschutzund Altlastenverordnung (BBodSchV 1999) möglich. Diese Auswertungen liefern Hinweise auf möglichen weiteren Handlungsbedarf. Darüber hinaus können digitale Bodenbelastungskarten Informationen für bodenrelevante Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie für Fragen der Abfallverwertung bereitstellen. Im Einzelnen ergeben sich insbesondere folgende Anwendungsbereiche: 1. Abgrenzung von Gebieten einheitlicher Hintergrundwerte, 2. Ermittlung und Abgrenzung von Gebieten, in denen die Vorsorgewerte nach Anhang 2 Nr. 4 BBodSchV überschritten sind, 220 3. Ermittlung und Abgrenzung von Gebieten im Hinblick auf das Auf- und Einbringen von Materialien nach § 12 BBodSchV, 4. Ermittlung und Abgrenzung von Gebieten, die für die Verwertung von Abfällen nach BioAbfV und AbfKlärV geeignet sind, 5. Ermittlung und Abgrenzung von Gebieten mit „geogen/ naturbedingt oder großflächig siedlungsbedingt” erhöhten Stoffgehalten nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BBodSchG in Verbindung mit § 9 Abs. 2 und 3, § 12 Abs. 10 sowie Anhang 2 Nr. 4.1 BBodSchV, 6. Beurteilung der stofflichen Bodenbelastung im Einflussbereich von Emittenten (z.B. geplante Anlagen nach UVPG), 7. Ursachenbezogene Bewertung von Einzelflächen anhand von Hintergrundwerten, 8. Ermittlungen zur Erfassung von schädlichen Bodenveränderungen und Verdachtsflächen nach § 5 LbodSchG und deren Abgrenzung, 9. Abwägungs- und Kennzeichnungsgrundlage für besonders belastete Böden im Rahmen der Bauleitplanung nach §§ 1, 5 und 9 BauGB. Die wesentliche Grundlage für die genannten Anwendungsbereiche ist die als Ergebnis der räumlichen Interpolation erstellte stoffspezifische Ergebniskarte „geschätzte Stoffgehalte” (vgl. Tabelle 5.2/7), in der für jeden Stoff der geschätzte Stoffgehalt flächendeckend dargestellt wird. Durch weitergehende Auswertungen können diese Ergebnisse für die o.g. Anwendungsbereiche genutzt und in Form von Auswertungskarten dargestellt werden. Digitale Bodenbelastungskarten stellen die Verbreitung von Schadstoffen in Böden flächenhaft dar. Ausgangspunkt für digitale Bodenbelastungskarten sind Daten über die Stoffgehalte aus punktbezogenen Untersuchungen von Oberböden natürlich entwickelter Bodenprofile der Nutzungsarten Acker, Grünland und Wald. Die überwiegend im Siedlungsbereich der Städte vorhandenen Böden unterliegen häufig Veränderungen durch Ab- und Umlagerungen künstlicher oder technisch veränderter Substrate. Diese Böden können bei der Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten mit der für naturnahe Nutzungen entwickelten Methode nicht berücksichtigt werden. Sie werden bei der Darstellung der Ergebnisse ausgegrenzt. Für die flächenhafte Darstellung der stofflichen Belastung in Siedlungsbereichen wird zurzeit eine Methode vom LUA entwickelt. Umbruch Kap. 5 14.11.2000 11:30 Uhr Seite 221 Boden Die Kenntnis der flächenbezogenen stofflichen Belastung und ihrer Einflussfaktoren ermöglicht eine d i f f e re n Tabelle 5.2/7: Karten zur Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten zierte BeKarten Inhalt urteilung standardisierte geschätzte flächenhafte Verteilung der Stoffgehalte, die um den Schwermetallgrundgehalt der BodenStoffgehalte sowie um den Einfluss durch Nutzung und Überschwemmung bereinigt sind. belastunSchätzgüte Schätzgüte: gering, mittel oder hoch geschätzte Stoffgehalte flächenhafte Darstellung der geschätzten Stoffgehalte der Oberböden unter gen und Berücksichtigung von Schwermetallgrundgehalten sowie Nutzungs- und zusammen Überschwemmungseinfluss mit zusätzHintergrundwerte-Vergleich geschätzte Stoffgehalte, klassifiziert nach den Hintergrundwerten (s. Kap. 5.2.2) Untersuchungsbedarf Untersuchungsbedarf: wird durch Kombination der Karten „geschätzte lichen DaStoffgehalte” und „Schätzgüte” erzeugt und anschließend klassifiziert ten über (Untersuchungsbedarf: gering, mittel oder hoch) Bodeneigenschaften und Belastungsursachen weitere Auswertungen der bereits vorhandenen Daten für Mit den Methoden zur Erstellung digitaler Bodenspezielle Fragen des Bodenschutzes. belastungskarten ist es prinzipiell möglich, auf vorhandene Daten aufzusetzen und je nach finanziFür die Erstellung der Bodenbelastungskarte werellen Möglichkeiten interaktiv die Qualität der den die in Abbildung 5.2/4 genannten ArbeitsErgebnisse zu verbessern. Geostatistisch betrachtet schritte durchgeführt. ist ein Optimum erreicht, wenn kein weiterer Untersuchungsbedarf mehr ermittelt wird. Die für die Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten erforderlichen Module (FIS StoBoErfassungsbaustein, BBK-Datenbankbaustein und Abgrenzung des Untersuchungsgebietes BBK-Rasterbaustein) werden den Kommunen derzeit kostenfrei vom LUA zur Verfügung gestellt. Sie Bereitstellung der Hard- und Software sind auf einem leistungsfähigen PC unter den gänBeschaffung und Bearbeitung der Daten- und Kartengrundlagen gigen WINDOWS Betriebssystemen lauffähig. Für jeden Stoff werden die in Tabelle 5.2/7 beschriebenen Karten erzeugt: Validierung der Daten über Stoffgehalte in Böden Anzahl vorliegender Daten? gering 5.2.3.2 Messnetzplanung Untersuchungen 5 Datenerfassung hoch Daten- und Kartengrundlagen räumliche Interpolation der Daten Ergebniskarte der geschätzten Stoffgehalte Ermittlung des Untersuchungsbedarfs weiterer Bedarf Messnetzplanung Untersuchungen kein Bedarf Datenerfassung Visualisierung und Auswertungen Abbildung 5.2/4: Arbeitsschritte zur Erstellung einer Bodenbelastungskarte Daten über Stoffgehalte in Böden von Nordrhein-Westfalen werden im Fachinformationssystem Stoffliche Bodenbelastung (FIS StoBo) bereitgestellt (s. Kap.5.2.1). Darüber hinaus wird geprüft, welche Daten zusätzlich zu denen des FIS StoBo für das Untersuchungsgebiet vorliegen und evtl. noch nicht in das FIS StoBo aufgenommen wurden. Hierzu zählen vor allem Daten aus Gutachten oder neueren Untersuchungsprogrammen. Für die Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten geeignet sind nur die Daten, für die neben den Angaben der Stoffgehalte, die in Tabelle 5.2/8 aufgeführten Informationen (Metadaten und Metainformationen) angegeben sind. 221 5.2 Umbruch Kap. 5 5.2 09.11.2000 14:59 Uhr Umwelt NRW Seite 222 Daten und Fakten Tabelle 5.2/8: Angabe der Metadaten und Metainformationen die für punktbezogene Daten über Stoffgehalte in Böden im Rahmen der Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten benötigt werden Identifikation Raumbezug Bodenkundliche Begleitparameter Weitere Begleitparameter Metadaten / Metainformationen Datum der Entnahme, eindeutige Probennummer Rechtswert, Hochwert (siebenstellig) pH-Wert, Skelettanteil, Bodenart (Körnung), Raumgewicht, Gehalt an organischer Substanz aktuelle Nutzungsart, Entnahmetiefe / Horizontbezeichnung, Ausgangssubstrat der Bodenbildung, Bodeneinheit nach BK 50 (Bodentyp), Flusseinzugsgebiet, Lage im Überschwemmungsgebiet, Belastungsverdacht, Probenahmetechnik, Probenvorbereitung, Analysevorschriften mit Bestimmungsgrenzen Tabelle 5.2/9: Daten- und Kartengrundlagen für die Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten Information Hintergrundwerte Karte der Nutzungsarten Karte der Schwermetallgrundgehalte oberflächennaher Gesteine Karte der Überschwemmungsgebiete Topografische Karten / Deutsche Grundkarte Altlast-Verdachtsflächen Emittentenstandorte Klärschlammverwertungsflächen Bergbaugebiete, Halden und Erzgänge Immissionen Erläuterung, Beschaffung, Aufbereitung siehe hierzu Kapitel 5.2.2 Wird aus ATKIS (Amtliches Topografisch-Kartografisches Informations-System) oder aus einer Realnutzungskartierung gewonnen. ATKIS-Daten liegen in NRW flächendeckend vor Wird aus der digitalen Bodenkarte (BK 50 dig) und geologischen Karten abgeleitet. Daten zu Schwermetallgrundgehalten werden in einer Datenbank des GLA vorgehalten Wird u.a. aus analogen Vorlagen zu gesetzlich festgelegten Überschwemmungsgebieten, aus der Bodenkarte und aus historischen Karten abgeleitet und digital aufbereitet Hintergrundinformationen bei der Messnetzplanung, Geländearbeit und Darstellung der Ergebnisse, liegen flächendeckend digital vor In digitalen Bodenbelastungskarten durch Symbol dargestellt, weitere Angaben können Datenbanken entnommen werden In digitalen Bodenbelastungskarten durch Symbol dargestellt, weitere Angaben können Datenbanken (z. B. Emissionskataster) entnommen werden, ggf. digital aufzubereiten Von den kommunalen Gebietskörperschaften in Klärschlammkatastern erfasst und bei einigen Kommunen in Karten vorliegend, ggf. digital aufzubereiten Erfassung von Bergbaugebieten, Tage-, Bergehalden und oberirdisch austretenden Erzgängen, ggf. digital aufzubereiten im LUA liegen umfangreiche Ergebnisse aus Staubniederschlagsdaten vor, die ggf. digital aufzubereiten sind Um die Daten sachgerecht einschätzen zu können, sind zudem Metainformationen erforderlich, mit denen die Datenerhebung (Untersuchungsprogramm) inclusive Beschreibung der Probenahmetechnik und Analysevorschriften dokumentiert ist. Vorliegende Daten über Stoffgehalte in Böden werden für die Erstellung der digitalen Bodenbelastungskarten zusammengeführt, in eine Datenbank eingestellt und hinsichtlich ihrer Eignung geprüft (Validierung). Die Aussagen der Ergebniskarten sind maßgeblich von der Qualität der eingesetzten Daten abhängig. Die Daten werden im Gegenzug wieder in das FIS StoBo eingestellt. Sie erhalten dabei den Qualitätsvermerk „für die Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten geeignet“. Die der Tabelle 5.2/9 sind weitere Daten- und Kartengrundlagen angegeben, die für die Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten benötigt werden. 222 5.2.3.3 Beispielhafte Auswertungen Die Methoden zur Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten wurden in vier Untersuchungsgebieten getestet. Die Daten wurden den betroffenen Kommunen zusammen mit den Softwaremodulen übergeben. In den Karten 5.2/6 und 5.2/7 werden am Beispiel der Stadt Neuss Ergebnisse für ein Untersuchungsgebiet vorgestellt. Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:59 Uhr Seite 223 Boden 5.2 < 100 mg/kg 100-200 mg/kg 200-300 mg/kg 300-400 mg/kg 400-500 mg/kg 500-600 mg/kg 600-700 mg/kg >700 mg/kg 5 Karte 5.2/6: Digitale Bodenbelastungskarte der Stadt Neuss, Darstellung der geschätzten Bleigehalte in Oberböden < 100 mg/kg 100-200 mg/kg 200-300 mg/kg 300-400 mg/kg 400-500 mg/kg 500-600 mg/kg 600-700 mg/kg >700 mg/kg Karte 5.2/7: Digitale Bodenbelastungskarte der Stadt Neuss, Darstellung der geschätzten Zinkgehalte in Oberböden 223 Umbruch Kap. 5 09.11.2000 5.2 14:59 Uhr Umwelt NRW Seite 224 Daten und Fakten Die Karten stellen die geschätzten Blei- und Zinkgehalte in Oberböden der Stadt Neuss flächenhaft dar. Berücksichtigt wurden die Einflussgrößen Schwermetallgrundgehalte oberflächennaher Gesteine, Nutzung und Überschwemmung. Die Stoffverteilungen zeigen ein regelhaftes Bild. Der Westen und Süden des Untersuchungsgebietes weist demnach Zinkgehalte auf, die im Durchschnitt unterhalb von 200 mg/kg liegen. Die Bleigehalte liegen im Durchschnitt unter 100 mg/kg. Höhere Konzentrationen in Oberböden zeigen sich hauptsächlich im Bereich des Hafens sowie in den Überschwemmungsgebieten des Rheins, der Erft und des Norfbaches. Neben den anthropogenen Quellen wie Abwassereinleitungen und Emissionen aus Gewerbe- und Industriebetrieben gelten auch metallreiche (= erzhaltige) Sedimente als Ursache für die Anreichung in den Auenbereichen. Eine Auffälligkeit der Zinkgehalte bildet ein Gebiet im Südosten der Stadt. Dabei handelt es sich um den Standort einer ehemaligen Zinkhütte. Die höheren Zinkgehalte in den Oberböden sind im Wesentlichen auf Depositionen zinkhaltiger Stäube zurückzuführen. 5.2.3.4 Förderprogramm „Maßnahmen zum Bodenschutz“ Im Rahmen des Förderprogramms „Maßnahmen zum Bodenschutz”fördert das Land NRW u.a. Untersuchungen zur großräumigen Ermittlung von Verdachtsflächen auf schädliche Bodenveränderungen. Mit dem Förderprogramm „Maßnahmen zum Bodenschutz” wird seit Ende 1997 die Erstellung von digitalen Bodenbelastungskarten in den Kreisen und kreisfreien Städten durch das Land gefördert (vgl. „Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für Maßnahmen des Bodenschutzes”des MURL vom 18.12.1998). In der Anlage 3 der Richtlinien sind Vorgaben zur Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten angegeben, da zunächst Untersuchungsmaßnahmen zur großräumigen Ermittlung und Bewertung von Verdachtsflächen auf schädliche Bodenveränderungen (i.S.d. § 2 BBodSchG) im Vordergrund stehen. Weitere detaillierte Ausführungen hierzu sind in dem Merkblatt „Leitfaden zur Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten” des Landesumweltamtes enthalten. 224 Digitale Bodenbelastungskarten können von den kreisfreien Städten und Kreisen des Landes NRW aufgestellt werden. Für das Antragsverfahren ist in den Richtlinien vorgegeben, dass Zuwendungsanträge vom Antragsteller (Kreise/ kreisfreie Städte) an die Bezirksregierungen gestellt werden. Die Bezirksregierung prüft den Antrag und stellt ggf. den Zuwendungsbescheid aus. Sie kann auch das zuständige Staatliche Umweltamt im Einzelfall mit der fachlichen Prüfung des Antrages beauftragen. Es ist davon auszugehen, dass die Kommunen zukünftig schrittweise digitale Bodenbelastungskarten erstellen werden. 5.2.3.5 Ausblick Digitale Bodenbelastungskarten liefern die notwendigen Grundlagen für die Beurteilung schädlicher Bodenveränderungen natürlicher Böden mit land- oder forstwirtschaftlicher Bodennutzung. Sie zeigen die stofflichen Belastungen mit Schwermetallen oder organischen Schadstoffen wie PAH oder PCB flächendeckend auf. Damit sind wertvolle Grundlagendaten auch für den vorsorgenden Bodenschutz gegeben. Das recht aufwändige Verfahren integriert dabei bereits vorhandene Erkenntnisse und Untersuchungen mit sehr zielgerichteten ergänzenden Untersuchungen. Alle Ergebnisse stehen für vielfältige Anwendungen in den Fachverwaltungen digital und in Kombination mit Geoinformationssystemen als Informationssystem zur Verfügung. Gerade die breite Palette der möglichen Anwendungen eröffnet noch weitere Perspektiven hinsichtlich ihrer zukünftigen Nutzung. Berichte aus Kommunen, die Teilergebnisse oder vollständige Systeme bereits im Einsatz haben, sind durchweg positiv. Im Siedlungsbereich der Städte sind für Fragen des Bodenschutzes (z.B. aufgrund der Bodenschutzgesetzgebung) oder für Planungszwecke (z.B. Bauleitplanung) im Vergleich zum Außenbereich andere Nutzungen, z.B. Kleingärten, Park- und Frei- Umbruch Kap. 5 09.11.2000 14:59 Uhr Seite 225 Boden zeitanlagen, Kinderspielflächen, Wohngebiete, Industrie- und Gewerbegrundstücke von Bedeutung. Außerdem weisen Böden auf diesen Flächen häufig gestörte Bodenprofile mit anthropogen Prägungen und kleinräumigen Stoffeinträgen (z.B. durch lokale Emittenten oder durch Auffüllungen und Umlagerungen von Bodenmaterial) auf. Bisher können Siedlungsbereiche mit Nutzungen auf gestörten Böden auf Grundlage der Methode der Stadtbodenkartierung im Maßstab 1:5.000 kartiert werden, um den Aufbau, die Zusammensetzung und die Eigenschaften der Böden zu erfassen. Eine Darstellung ihrer stofflichen Belastung mit Schwermetallen oder anderen Stoffen liegt bisher nicht vor. Dagegen steht der Wunsch für planungsrelevante Fragestellungen ebenfalls ein Instrument wie die digitale Bodenbelastungskarte zur Verfügung zu haben. In einem nächsten Schritt ist zu prüfen, ob die Prinzipien der bisherigen Methode zur Erstellung digitaler Bodenbelastungskarten auch für den Siedlungsbereich anwendbar sind. Dabei müssen zwei Fragen im Vordergrund stehen. Einmal geht es um die Abgrenzung und Zusammensetzung der Ausgangssubstrate, zum anderen sind im Einklang mit der Bodenschutzgesetzgebung Wirkräume festzulegen, für welche die stoffliche Belastung bestimmt werden soll. Wegen der Komplexität dieser Fragen wird der Maßstab einer Bodenbelastungskarte für den Siedlungsbereich viel größer sein müssen als bei den bisher betrachteten Böden. Für die angestrebten Anwendungen sollte der Maßstab 1:5.000 Grundlage der Erhebung und Darstellung sein. 5.3 5.3 Bodendauerbeobachtung in NRW Langfristige Trends von Bodenbelastungen und deren Auswirkungen 5.3.1 Konzept und Messstellenübersicht Die Verwitterung unterschiedlicher Gesteinsmaterialien unter verschiedenen Klimaten sowie sekundäre Umlagerungen prägen die Verteilung von Bodenformen sehr unterschiedlicher Eigenschaften. Böden erwiesen sich bisher gegenüber anthropogenen Belastungen in unterschiedlichem Maße resistent bzw. störempfindlich. Fraglich ist, für welche Böden irreversible Minderungen ihrer Leistungen als Sickerwasserfilter und Pflanzenstandort bereits eintraten oder bevorstehen oder nach Entlastung regenerative Prozesse schon wieder überwiegen. Das Konzept der Bodendauerbeobachtung auf bestimmten Flächen in NRW (BDF NRW) verfolgt das Ziel, über belastungsbedingte Bodenänderungen zu informieren, bevor intolerable Einbrüche der Bodenqualität bzw. irreversible Verluste von Bodenfunktionen entstehen. Das Auswahlverfahren für BDF muss in jedem Fall das a priori Wissen sowohl hinsichtlich der Funktionen von Böden als auch hinsichtlich deren Belastbarkeit und der zukünftig noch zu erwartenden Belastung nutzen. Als Belastungen im Vordergrund stehen hier Einträge aus der Luft von in Böden reagierenden Säuren (aus SOx, NOx) und von in Böden akkumulierenden Schwermetallen und persistenten organischen Schadstoffen. Standorte, an denen markante Schäden in vergleichbar kurzer Zeit am ehesten zu erwarten sind, haben bei der Auswahl von BDF die höchste Priorität. Relevanz steht hier vor der Repräsentanz, wie sie im BDF-Konzept der Sonderarbeitsgruppe Informationsgrundlagen Bodenschutz (SAG) prioritär gefordert wird. Das Repräsentanzkriterium kommt bei der konkreten Untersuchungsplanung und bei der Bewertung der Ergebnisse zum Tragen. 225 5 Umbruch Kap. 5 5.3 09.11.2000 15:00 Uhr Umwelt NRW Seite 226 Daten und Fakten Bodendauerbeobachtung in NRW Standorte der Messstationen Stand: Juli 200 Karte 5.3/1: Standorte der Bodendauerbeobachtung in NRW 226 Umbruch Kap. 5 14.11.2000 16:02 Uhr Seite 227 Boden 5.3 5.3.2 Für entsprechende Trenduntersuchungen wurden exemplarisch BDF-Standorte dort ausgewählt, wo Böden Belastungen gegenüber noch besonders exponiert sind und zudem wegen typischer natürlicher Ausstattung und Vorbelastung hinsichtlich Qualitätsverlusten besonders disponiert erscheinen. Die Lage und eine Kurzcharakterisierung der BDF-Standorte kann der Karte 5.3/1 entnommen werden. Belastungsbedingte Trends bodenphysikalisch-/ -chemischer Parameter 5.3.2.1 Belastung durch akkumulierende Schadstoffe Am Beispiel der Schwermetallniederschläge auf 1 km2-Flächen in Duisburg soll die Methodik der Abschätzung der Belastung durch den andauernden Eintrag akkumulierender Schadstoffe erläutert werden: Basierend auf Eintragsdaten werden die längerfristigen Auswirkungen der Depositionen abgeschätzt. Höhere Zuwächse der Gehalte persistenter Stoffe in Böden sind hier nach vorliegenden Niederschlagsdaten nur noch an g Staub/kg 100 % 150 mgTl/kg 100 % 1,5 % µgTl/kg · 100a 100 % gStaub/kg · 100a 0% 1,0 50 % 50 % <0,1 0,25 0,4 0,55 0,7 0,85 1 50 0 0,5 0% <0,2 0,5 1 2,5 5 Klassen der Staubeinträge in g/m · d mg Pb/kg % µgPb /kg · 100a toler. n. TA Luft >10 5,0 100 % % µgCd/kg · 100a toler. n. TA Luft 200 4,0 150 50 % 100 3,0 50 % 2,0 50 0% <62,5 125 250 500 1000 2000 >2000 Klassen der Bleiniederschläge in µg/m2 · d 0,0 mg Cd/kg 250 100 % 10 Klassen der Thalliumniederschläge in µg Tl/m2 · d 2 1,0 0 0% <1 2,5 5 10 20 40 >40 0,0 Klassen der Cadmiumniederschläge in µg /m · d Abbildung 5.3/1: Verteilung der Schwermetallniederschläge (µg/m 2·d) in 230 1km2-Flächen in Duisburg in % Häufigkeit und daraus berechnete Schwermetallanreicherungen in mg Schwermetall/kg Boden (365 kg Boden/m2) 227 5 Daten und Fakten wenigen Belastungsschwerpunkten zu erwarten. Relevante Belastungen der Böden alleine durch derzeitige Blei-, Cadmium- und Thalliumniederschläge wären demnach nach einer 100-jährigen Einwirkungsdauer in unter 5 % des untersuchten Belastungsgebiets von 230 km2 zu erwarten (s. Abb. 5.3/1). Entsprechende Vorbelastungen der Böden verkürzen diese „tolerierbare“ Einwirkungsdauer in Abhängigkeit von der Schwermetallmobilität und der Bodennutzung. Da Minderungsmaßnahmen an diesen Belastungsschwerpunkten schon greifen, dienen die 4 hier eingerichteten BDF zusammen mit dem flächendeckenden Niederschlagsmessnetz zunehmend der Erfolgskontrolle. 1 600 eq/ha 1 400 1 200 1 000 0 die Mischungsrechnung abschätzen. Dementsprechend wurde bisher an 12 Forststandorten mit Böden sehr unterschiedlicher Basenvorräte BDF eingerichtet. Die Spannweite dieser Basenvorräte wird in 800 Umwelt NRW Seite 228 600 5.3 15:00 Uhr 400 09.11.2000 200 Umbruch Kap. 5 0 50 5.3.2.2 Belastung durch in Böden reagierende Stoffe 100 cm Tiefe Wie sich Säureeinträge in Waldböden auswirken, hängt wesentlich von den Reaktionen mit den bodeninternen Puffersystemen (den Basenvorräten) ab und lässt sich nicht wie bei persistenten Stoffen (Schwermetallen, organischen Stoffen) über 50 % 0% 100 % 5 lab. Tonmin. 2 5 10 30 60 90 4 Smektit, basenarm 3 Al-Vermiculit 2 Chlorit, Vermiculit 1 Smektit, basenreicher 50 % 100 % 5 lab. Tonmin. 2 5 10 30 60 90 4 Smektit, basenarm 3 Al-Vermiculit 2 Chlorit, Vermiculit 1 Smektit, basenreicher cm Tiefe cm Tiefe GLI, basenarme Braunerde 0% Abbildung 5.3/2: Basenvorräte der Feinerde von Böden auf BDF in NRW SCH, Buche 2 (erhöhte Sandsteinanteile) VEL, Braunerde-Podsol 0% VEL Fichte BE-Podsol SCH Buche 2 basenarme BE GLI Buche basenärm. BE SCH Buche 1 basenreiche BE 50 % SCH, Buche 1, basenreiche Braunerde 100 % 0% 5 lab. Tonmin. 2 5 10 30 60 90 4 Smektit, basenarm 3 Al-Vermiculit 2 Chlorit, Vermiculit 1 Smektit, basenreicher cm Tiefe 2 5 10 30 60 90 50 % 100 % 5 lab. Tonmin. 4 Smektit, basenarm 3 Al-Vermiculit 2 Chlorit, Vermiculit 1 Smektit, basenreicher cm Tiefe Abbildung 5.3/3: Tonmineralentwicklung und -anteile in % von Ton und Tonanzeile in % bezogen auf Feinerde in den Böden von Bodendauerbeobachtungsflächen (BDF) in NRW 228 Umbruch Kap. 5 09.11.2000 15:00 Uhr Seite 229 Boden Abbildung 5.3/2 dargestellt. Die Folgen der Umsetzung in Waldböden eingetragener Säuren werden erfasst durch Änderungen 1. der Sickerraten von Basen, an ausgewählten Standorten, die wegen der jahreszeitlichen Gänge mit hoher zeitlicher Auflösung gemessen werden müssen, 2. der Zusammensetzung der mit der Bodenlösung korrespondierenden Austauschkationen und 3. der Komponenten des Bodenmineralbestandes die Basen in unterschiedlichen Raten nachliefern. Insbesondere die Entwicklung der Tonmineralbestände bis hin zu labilen Formen (s. unterschiedlich basenhaltige Böden der Abb. 5.3/3) dürfte hier ein sensibler Anzeiger für Trends der Versauerung von Böden sein. Mit Hilfe vorliegender Daten kann die Übertragbarkeit von Modellen überprüft werden, mit denen die Basenfreisetzung aus Bodenmineralen prognostiziert und dementsprechend bodenverträgliche Säureeintragsraten abgeleitet werden können. Detailliertere Angaben zu Verfahren und Methodik erfolgen mit der Vorstellung und Bewertung der Laborergebnisse von bisher untersuchten BDF. 5.3.2.3 Auswertung und weiteres Vorgehen Die Auswertung der bisher erhobenen Daten gilt der Zustandsbeschreibung der Böden als Pflanzenstandort, der Sicherung von Messwertdifferenzen und von Trends noch im Vorsorgebereich, sowie der Bestimmung des jeweiligen Untersuchungsturnus. Beim weiteren Vorgehen ist unter den Gesichtspunkten der Relevanz und der Repräsentanz die Notwendigkeit weiterer BDF zu prüfen. Hierzu können unter anderem Ergebnisse der Bodenuntersuchungen von 500 Messstellen der Bodenzustandserfassung im Wald (BZE) NRW herangezogen werden. 5.3 5.3.3 Erhebung bodenbiologischer Parameter Die Bodenorganismen sind wesentliche Bestandteile von Böden. Durch den Abbau der organischen Substanz und ihren Umbau im Wege der Humifizierung tragen sie entscheidend zur Aufrechterhaltung ausgewogener Stoffkreisläufe in Böden bei und sichern nachhaltig die Funktion von Böden als Nährstoffspeicher und -quelle sowie bei der Bindung und dem Abbau von Schadstoffen. Die Ausprägung der Bodenorganismengesellschaften hängt entscheidend von den vorherrschenden Standort- und Belastungsfaktoren wie z. B. Temperatur, Feuchte, Bodenreaktion, Nährstoffversorgung, Schadstoffbelastung oder mechanischer Belastung ab. Bodenorganismen können also als Indikatoren für Bodenveränderungen dienen. Daher wird im Rahmen der Bodendauerbeobachtungsprogramme von Bund und Ländern die Einbeziehung bodenbiologischer Untersuchungen empfohlen. In NRW ist die Ermittlung von langfristigen Veränderungen der Lebensraum- und Stoffumsatzfunktionen von Böden infolge belastungsspezifischer Einflüsse auf besonders empfindlichen bzw. besonders belasteten Böden ein wesentlicher Bestandteil des Konzeptes zur Bodendauerbeobachtung (s. Kap. 5.3.1). Hierzu werden bodenmikrobiologische und bodenzoologische Untersuchungen auf den BDF durchgeführt. Der methodische Ansatz ist die Beobachtung auf ökosystemarer Ebene, d. h. mittels integrativer Beobachtungsparameter. Um möglichst frühzeitig und sicher Veränderungen erfassen zu können, werden nur ausgewählte, empfindliche Indikator-Parameter bearbeitet. Damit können die bodenbiologischen Parameter als „Frühwarnsystem“ für Bodenzustandsveränderungen und Bodenbelastungen fungieren, die einen ggf. bestehenden belastungsbedingten Veränderungsdruck auf die Böden früher als durch bodenkundliche Ansprache möglich anzeigen. Aus dem Bereich der Bodenmikrobiologie sind hier aus praktischen Gründen gegenwärtig ausschließlich Funktions-Parameter geeignet. Konkret wird die Bodenatmung als universeller Summenparame- 229 5 Umbruch Kap. 5 09.11.2000 15:00 Uhr Umwelt NRW Seite 230 Daten und Fakten ter mikrobieller Stoffumsatzleistungen in Böden gemessen. Dabei werden jährlich die aktuellen und potenziellen Bodenatmungsleistungen, d. h. die Stoffabbauleistungen der Bodenmikroorganismen ohne und mit einer Stimulierung durch Nährstoffzufuhr, in Bodenproben von den Standorten der BDF bestimmt. Eine langfristige, gerichtete Veränderung realer oder potenzieller Abbauleistungen oder auch des Verhältnisses zueinander können als Stressindikatoren ausgewertet werden. Bei der Bodenfauna ist bei einigen Bodentiergruppen der Stand des Wissens so weit fortgeschritten, dass eine Erfassung auf Artniveau und damit exemplarisch für die Zersetzergesellschaft eine Erfassung der Struktur der Lebensgemeinschaften möglich ist. Diese faunistischen strukturellen Parameter integrieren über längere Zeiträume alle Einflussfaktoren und sind bei ausreichendem Kenntnisstand über die betreffenden Tiergruppen besonders sensible Parameter für Bodenzustandsveränderungen. Auf den BDF in NRW werden als zentrale Tiergruppen der Zersetzergesellschaft die Regenwürmer und ihre kleinen Verwandten, die Kleinringelwürmer (Enchytraeiden) untersucht. Dazu werden in einem Turnus von 5 Jahren für beide Tiergruppen jeweils die Artenzusammensetzung und die Dominanzstruktur ihrer Lebensgemeinschaften erfasst und in engem Vergleich zu den vorherrschenden Standort- und Belastungsfaktoren bewertet. Da die Abhängigkeiten der einzelnen Arten von den Standort- und Belastungsfaktoren 230 gut bekannt sind, sind sie ein geeignetes Indikatorsystem für Bodenveränderungen und -belastungen. Dies ist z. B. für Verschiebungen der Artenzusammensetzung innerhalb von Waldboden-Zersetzergesellschaften als Folge von Säureeinträgen mehrfach nachgewiesen. Da die bodenbiologischen Untersuchungen auf BDF in NRW erst seit 1 bis 3 Jahren laufen, liegen zurzeit zwar für die meisten Flächen die Zustandserhebungen vor, es können bei dem genannten Untersuchungsturnus von 1 bzw. 5 Jahren selbstverständlich aber noch keine Ergebnisse über langfristige Veränderungen dargestellt werden. Das Konzept der Bodendauerbeobachtung auf ausgewählten Flächen in NRW (BDF NRW) besteht darin, langfristige Trends der physikalisch, chemisch und biologisch messbaren Bodeneigenschaften aufzuzeigen. Die Messungen werden vorrangig an Standorten durchgeführt, an denen Belastungen erkennbar sind, die nachteilige Entwicklungen erwarten lassen und damit möglicherweise Minderungsmaßnahmen erfordern. BDF dienen nach Entlastungsmaßnahmen zunehmend der Erfolgskontrolle. Inhalt Kapitel 4 Kapitel 6 Umbruch Kap. 5 09.11.2000 15:00 Uhr Seite 231 Boden Inhalt 5.3 Kapitel 4 Kapitel 6 5 231