20.1.2016 24-jährige Pat.,intubiert, kontrolliert

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HEL(L)P
Der
fremde
Patient
OA Dr. Irmtraut Till DGKS Alice Deimel
1
24-jährige Pat. intubiert, kontrolliert beatmet
St.p. Akutsectio bei V. a. Eklampsie, HELLP-Syndrom
generalisierter Krampfanfall vor
Narkoseeinleitung
inadäquate Aufwachreaktion ->
CCT 1. postop.Tag
(generalisiertes Hirnödem, bilaterale Hypodensitäten)
Anamnese:
Cephalea, Nausea, Vomesis seit einer Woche
Hypertonie seit der Frühschwangerschaft
(unbehandelt)
zuletzt „Bauchschmerzen“
Anamnese mit dem Lebensgefährten
Fährt täglich Distanz Bruck/Leitha – Baby in Mistelbach
– Partnerin St. Pölten
Erzählt uns über die noch junge Beziehung, die Familie
in Deutschland und die gesundheitlichen Probleme in
den letzten Wochen der Schwangerschaft
4
Präeklampsie: E = Ödeme
P = Proteinurie (>0,3g/l/24 Std.)
hohe renale Verluste
Hypoproteinämie
H = Hypertonie
Eklampsie: ZNS-Symptome (Cephalea, Sehstörungen,
Nausea, Vomesis)
ton.-klon. Krämpfe
5-10% aller SS
nach der 20. SSW
HELLP-Syndrom: Haemolysis
Elevated Liver Enzyme Levels
Low Platelet Count
Erstsymptom: akute Oberbauch-Schmerzen
(Hepatomegalie)
erhöhte Gefäßpermeabilität (humorale Faktoren)
generalisierter Arteriolenspasmus
verminderte utero-plazentare Perfusion u. Nierenperfusion
zerebrale Vasospasmen
Leberstauung, Gerinnungsstörung
Aufnahmetag
NC: ICP-Sonde (physiolog. ICP-Werte)
TCD (keine Flussbeschleunigung)
Konsil-Neurologie:
hochnormale Perfusionsdrücke unter Analgosedierung
(Spasmen, Insulte)
vorerst keine antikonvulsive Therapie
MRT planen
Tag 1: Patientin erhält ICP Sonde und wird lt.
NC in Kategorie 1 eingestuft
Keine kinetische Therapie
Oberkörperhochlagerung stets 30°-45°
Mund- und Augenpflege 3x24h und Tubusumlagern – unter
Muskelrelaxierung
Verbandwechsel nur bei hygienischer Indikation
Endotracheales Absaugen nach Bedarf unter Relaxierung
Enterale Ernährung über MS möglich – abhängig von
Refluxmenge
Stuhlsorge nicht gestattet
Keine Physiotherapie
Reizstimulierung minimieren (Schutz vor Licht und Lärm, u.a.
Besucher informieren)
Thromboseprophylaxe nach Rücksprache
Körperpflege nur partiell gestattet
2.Tag
MRT: PRES und hypoxische Veränderungen a.d.
Basalganglien
PRES = Posteriores Reversibles Enzephalopathie-Syndrom
hypertensive Enzephalopathie
(Endothelschädigung, zerebrale Hyperperfusioncapillary-leak)
Eklampsie
nach Knochenmarks-u. Organtransplantationen
Infektionen
Autoimmunerkrankungen
Nw. von Chemotherapien
vasogenes bilaterales Hirnödem (parieto-occipital)
Kopfschmerzen, Sehstörungen, Vigilanzminderung, fokal
neurolog. Defizite, Krampfanfälle
Diagnose: Grunderkrankung
neurolog. Symptome
MRT
Therapie: RR-Regulation
Ausschalten der auslösenden Noxe
Antikonvulsiva
EEG:
burst-suppression-Muster, eingelagert steile Wellen
-> Antikonvulsiva
KO-TCD:
normale Flussgeschwindigkeiten
-> Aufwachversuch
Stressreaktion, ungezielte Schmerzabwehr
Aufwachversuch
Nachts wird die Sedierung reduziert
Reaktion der Patientin abwarten
Immer unter Monitoring des Hirndrucks und der anderen
Vitalzeichen
Spontanatmung so bald wie möglich
3.Tag
KO-EEG: non-konvulsiver Status epilepticus
-> tiefe Analgosedierung (Thiopental)
bis burst-suppression
(BIS- Monitoring)
-> neue intracranielle Drucksonde (ICP-Werte im
Normbereich)
-> Erweiterung der antikonvulsiven Therapie
täglich EEG-Ko
-> Gynäkologie: AB-Therapie (Curocef)
„Fremd“ für uns Pflegende
Diagnose HELLP mit den damit verbundenen „ups and downs“
Umgang mit einer frisch entbundenen Patientin
Kontrolle der verzögerten Uterusrückbildung durch Sedierung,
Immobilisation und
Abstillen, dieses erfolgt lt Gyn mit Dostinex – trotzdem kommt es zum
Milcheinschuß, Brust ist verhärtet, rot – ausstreifen der Milch,
Topfenwickel, Voltarengel. Dieses Procedere erstreckt sich über 2
Wochen bis Anfang Februar.
Regelmäßige Funduskontrolle, Beurteilung des Wochenflusses,
Anlegen einer Bauchbinde zur Unterstützung der Uteruskontraktion
2
Frühgeborenes auf der IBS
7.Tag
plötzlich weite, lichtstarre Pupillen
Akut-CCT: keine Befundänderung
Thiopentalnebenwirkung?
Abdomen-CT: Aszites, basale Lungenabschnitte bds.
Pleuraergüsse (1-2 cm)
febrile Temperaturen, pulmonaler Infekt?
8.Tag
akutes septisches Zustandsbild
hämodynam. instabil
gesteigerter Katecholaminbedarf
erhöhte Laktatspiegel
eingeschränkte Oxygenierung
Fokussuche
CCT: ohne Befunderweiterung
Thorax-CT: bds. Pleuraergüsse (4-5 cm)
Abdomen-CT: Hepatomegalie
TTE: unauffällig
-> Bülaudrainage re u. li (blutig-seröser Erguß)
-> BSK (putrides Sekret)
-> Steigerung der Katecholamintherapie
(Vasopressin), Hydrocortison
-> TEE: unauffällig (hypovoläm)
-> Tazonam (Pseudomonas)
-> Bauchlage, invasive BIPAP-Beatmung
-> NO-Inhalation
Respiratorische Situation - NO - Therapie
Respiratorisches Monitoring der Patientin
Ko des Geräts und des Respirators
Met-Hb Ko 1x/24h
2
9.-13.Tag
hämodynam. u. respirator. Stabilisierung
-> Beenden der NO- u. Katecholamin-Therapie
EEG: kein Krampfpotential
-> Beenden der Thiopentalgabe (Pupillomotorik)
-> Ausschleichen der Analgosedierung
-> Spontanatmung
Sedierung wird am Tag 11 reduziert
Vorerst tagelang keine ersichtliche Reaktion außer
Hyperventilation
Tachycardie
Temperaturanstieg
erst am Tag 15 erstmals Kopfwegdrehen bei
Pflegehandlungen
24
14.Tag
KO-Thorax-CT:
Erguß re Hemithorax
-> neue Bülaudrainage re (alt-blutiger Erguß)
17.Tag
Zunehmende respirator. Insuffizienz bei Erguß re
-> Chirurgie: 2. Bülau-Drainage re (reichlich altblutiger
Erguß)
19.Tag
-> Konsil Chirurgie: ev. VATS?
interkostale Blutung re, Hämatothorax,
transfusionspflichtig
20. Tag
Baby wird auf Neonatologie St. Pölten überstellt
Tag 19: Eltern, Schwester und Bruder
kommen aus Deutschland zu Besuch
Tag 20: Emir kommt vom KH Mistelbach ad
Neonatologie St. Pölten. Erster Besuch in
Begleitung seines Vaters und einer PP.
Bonding am 21. Tag postpartum, Emir liegt
eine Stunde am Bauch seiner Mama
Patientin öffnet spontan die Augen
Hygienische Richtlinien bei Bonding lt. Hygieneteam
Hautdesinfektion
der Mutter
Abdecken der
Drainagen und
Katheter mit sterilen
Tüchern
Händedesinfektion
31
21.Tag
Ko-MRT: deutliche Befundbesserung
(normale Grau-Weiß-Differenzierung im
Stammganglienbereich)
Ab Tag 21 Besuch der Musiktherapeutin
Harfenmusik vorerst für Emir
gedacht, es stellt sich
heraus, dass auch die
Mama sehr davon profitiert
Zeigt sich deutlich wacher,
öffnet die Augen
Bei ihrer Lieblingsmusik und
einem serbischen Kinderlied
weint sie
Im Lauf der Zeit versucht
sie, sich in Richtung
Instrument zu ziehen
Bei Kontakt mit dem Baby
senkt sich die
Herzfrequenz
beruhigt sich die
Patientin meistens schlafen
beide ein
ansonsten immer noch
keine gezielte
Kontaktaufnahme
möglich
22.Tag
-> VATS (Video Assisted Thoracoscopic Surgery)
Hämatomausräumung re Hemithorax
Tag 27: Tracheotomie
Patientin beginnt in den
folgenden Tagen zu
grimassieren
Bewegung der Finger
Erstmals Mobilisierung in den
Lehnstuhl
Ab Tag 29 Mobilisierung bis zu
6 Stunden, gut kontaktierbar,
schaut nach, bewegt OE
Ab Tag 30 bewegt beide
Hände, streicht sich über den
Bauch, fixiert Blick
37
27.Tag
-> Tracheotomie bei Langzeitbeatmung (HNO)
rezidiv. abdominelle Paralyse
laborchemisch V.a. seröse Pankreatitis
febrile Temperaturen
-> AB-Therapie Optinem
-> Wundkontrolle (Gyn)
Allgemeine Beobachtungen
Patientin atmet bei
Babybesuch tief und
schnell
Beide sind sehr aneinander
interessiert
Sie versucht, das Baby zu
streicheln
Reagiert sehr gut auf
Angehörige und
Kommunikation in der
Muttersprache
Physio- und Logotherapie
Mobilisierung ins Querbett
und mit Bettfahrrad
Ab Tag 33 hebt sie die
rechte Hand zum
Abschiedsgruß
Tag 37: Start mit Logopädie
und Sprechventil
O2 – Insufflation für ca 1h
Tag 40: wach, kommunikativ,
schluckt gut (sogar ganze
Tabletten), isst und trinkt
27.- 41.Tag
Neurologie: zunehmende Vigilanzsteigerung
bewußte Reaktion auf Baby
Mobilisierung bis Lehnstuhl
Logopädie
wiederkehrende Spontanmotorik
klar kontaktierbar
-> Deeskalation der antikonvulsiven Therapie
-> Dekanülierung (41.Tag)
Tag 41: Dekanülierung
Sättigt vorerst gut mit OptiFlow Nasenbrille
Patientin wird fahrig, unruhig, montiert sich Kabel und
Verbände ab
dann verlangsamt bis zu nicht mehr kontaktierbar
Ursache???
40.- 43. Tag
zunehmende Paralyse, enteraler Kostaufbau nicht
möglich, Laktatazidose, Anstieg LFP
-> CTA-Thorax-u. Abdomen:
Ausschluss einer Perfusionsstörung v.a. intestinal
ausgeprägter Aszites
Hepatomegalie mit Stauung
-> TTE: keine Rechtsherzbelastung, LVF normal, keine
Klappenvitien
-> Rekanülierung
-> Septifast
-> Konsil Gastroenterologie:
Sepsis unwahrscheinlich (kein Keimnachweis)
Leberdysfunktion multifaktoriell (Med.Nw., HELLP)
-> Abdomensonographie:
Ausschluss einer Pfortaderthrombose, Ascites
-> Ascitesdrainage bei erhöhtem IAP
Tag 45: CT - gezielte Punktion
Aszitesdrain
IAP - Messung
46
Ernährungssituation
Lt. Anamnese schon vor der
Erkrankung sehr kontrolliertes
Essverhalten
Gratwanderung zwischen:
ZV – Mischbeutel
Enteraler Ernährung mit
Magensonde
Oralem Kostaufbau mit großer
Unterstützung der Familie
Erschwernisse der Ernährung – 1500kcal/d ??
Patientin entfernt sich mehrmals täglich die Magensonde
und / oder Kanüle
Klagt oftmals über Übelkeit, Erbrechen und starke
Bauchschmerzen
Schwankt zwischen nicht essen können / wollen
Parenterale Ernährung soll vermieden werden
LÖSUNG??
Psychische Situation
Ab Anfang März JA / NEIN Antworten
Konkrete Anweisungen zu Lagern,
putzt sich die Zähne mit Hilfe
Ist sehr oft weinerlich, traurig
Panikartige Angstzustände
Bauchschmerzen, Hitzewallungen
Atemnot ..
Deutlich ruhiger mit Partner / Kind
Benötigt viel emotionale Zuwendung,
Füße massieren, warme Bauchwickel,..
Es geht bergauf…
Tag 55 endgültige Dekanülierung
Tag 57 erste Ausfahrt im Lehnstuhl in den Garten
Tag 58 erste Dusche seit ca. 60 Tagen, Stehversuch mit
2 PP und Verlegung ad Neurologie zur Rehabilitation
Phase B.
50
44.-52.Tag
Rückgang der Infektparameter u. LFP
zunehmende Besserung des AZ
-> Dekanülierung
depressive Stimmungslage
-> Beginn mit Antidepressiva
58.Tag
Übernahme Neurologie zur Rehabilitation
„Bei völlig stabilen Vitalparametern und
Fehlen eines klinischen wie radiologischen und
laborchemischen Hinweises auf ein
Infektgeschehen kann die Patientin am 17.3.
nach einem knapp 2-monatigen IBS Aufenthalt an die neurologische Abteilung
zur weiteren Rehabilitation transferiert werden.“
Das Fremde wurde vertraut, ein Netzwerk aus
vielen Seilschaften hat die Patientin wieder
„nach oben“ gebracht
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