TagesAnzeiger FranzundEnglischsindbesserals ihrRuf KonservativePolitikerwolleninderPrimarschuleeineFremdsprachestreichen.Der Aufwandlohnesichnicht.WissenschaftlersindandererAnsicht. SinddieZürcherPrimarschülermitdemLernenvonzweiFremdsprachenüberfordert?Foto:Gabi Vogt NachfastexaktzehnJahrenisteswiedersoweit:DasZürcherVolkmussdarüber entscheiden,obinderPrimarschuleeineFremdspracheausdemStundenplan gestrichenwerdensoll.Derzeitwirdabder2.KlasseEnglischundabder5.Klasse Französischunterrichtet. Damals,am26.November2006,lehntendieZürcherdieVolksinitiativemitüber58 ProzentNein-StimmenabundsagtenJazumdoppeltenFremdsprachenunterrichtin derPrimarschule.DieArgumente,dieKinderwürdennichtmehrrichtigDeutsch lernenundseienimPrimarschulaltermitzweiFremdsprachenüberfordert,warenfür dieStimmberechtigtennichtstichhaltiggenug.Siegewichtetendiesteigende BedeutungderSpracheninBerufundGesellschaftstärkeralsangeblicheProbleme imUnterricht.Zudemglaubtensie,eineSprachelernesichleichter,jefrüherman beginne. Sprachenkonzeptgescheitert? NundoppelndieInitiantenvondamalsnach.«DieErfolgesindausgeblieben,das Sprachenkonzeptistgescheitert»,sagtetwaderehemaligeBildungsratund inzwischenpensionierteSeklehrerHans-PeterAmstutz.FürihnundseineMitstreiter sinddieBedingungenfürsFremdsprachenlerneninderPrimarschulesoschlecht,dass derUnterrichtnutzlossei.DieKlassenseienzugrossunddieZahlderLektionenzu klein. ImUnterschiedzumletztenMalhabendieInitiantendiesmaldievolleUnterstützung derkantonalenLehrerverbände.IneinerUmfragedesZürcherLehrerinnen-und Lehrerverbandes(ZLV)habensichfast80ProzentfürdieneueVolksinitiative ausgesprochen.SupportgibtsdiesmalauchausderForschung.DieZürcher SprachwissenschaftlerinSimonePfenningerhatimHerbst2014ineiner Langzeitstudieherausgefunden,dassZürcherGymnasiasten,dieerstinder SekundarschuleEnglischhatten,ihrenRückstandaufdieFrühenglischlernerunter ihrenKameradeninsechsMonatenaufgeholthatten. KeineÜberforderung Pfenningerhatzwarwiederholtbetont,sieversteheihrStudienergebnisnichtals AufforderungzurAbschaffungderzweitenFremdspracheinderPrimarschule. DennochwüsstendieStimmberechtigtengern,wiegutoderebenwieschlechtder FremdsprachenunterrichtinderPrimarschuletatsächlichist. AussagendazumachteineArbeitausdemInstitutfürMehrsprachigkeitder UniversitätFreiburg.DorthabenForscherdieErkenntnisseaus25kantonalenStudien zumFremdsprachenunterrichtanalysiert.Dabeizeigtesich:Primarschülersindmit demErlernenvonzweiSprachennichtgenerellüberfordert,wiedieInitianten behaupten.ÜberfordertseiennurKinder,dieinanderenFächernauchMühehätten. Interessantistauch,dassjeneElternundLehrpersonen,diegegeneinezweite FremdspracheanderPrimarschulesind,ihreeigenenKindernichtalsüberfordert einschätzen. ZudemhatÜberforderungnichtsmitderMuttersprachezutun.Zwarerreichenjene Kinder,diezuHauseDeutschsprechen,leichtbessereNotenindenFremdsprachen alsKindermiteinemMigrationshintergrund.DieForscherführendiesaberaufdie privilegiertereHerkunftvoneinheimischenKindernzurück. MotivationalsErfolgsfaktor AlsgrösstenErfolgsfaktorimSprachunterrichthabendieForscherdieMotivation eruiert.Kinder,dieeinepositiveEinstellungzuFranzösischundEnglischhaben, erreichenauchdiesignifikantbesserenLeistungen.UnddieMotivationderSchüler wirdwesentlichdurchdieMotivationderLehrpersonbeeinflusst.Dasheisst:Wenn einKindeinemotivierteFranzlehrerinhat,wirdesmehrlernenundbessereNoten schreiben. ZudenLeistungenimFremdsprachenunterrichtmachtdieAnalysenurvageAngaben. MankönnedieResultatederverschiedenenStudiennurschwervergleichen. Allerdingswirdnichtgesagt,dassdieKinderdieLernzielenichterreichenkönnen.Im Gegenteil.UrsMoservomInstitutfürBildungsevaluationanderUniversitätZürich misstseitzehnJahrendieLeistungenbeimFrühenglischimKantonAargauundsieht dorteinenähnlichenLernerfolg,wieerinanderenSchulfächernzusehenist:«Der früheEnglischunterrichtzeigtWirkung,unddieLernzielewerdenvoneinemGrossteil derSchülererreicht.» FürdenFranzösischunterrichtkannerkeineeigenenMessresultatevorweisen.Eine aktuelleStudieausderInnerschweizzeigeaber,dassderLernerfolgimFach Französischleichtschlechtersei. MoserrelativiertauchdieErkenntnissevonSimonePfenninger,weilsie ausschliesslichdieLeistungenvonGymnasiastenuntersuchthat:«ClevereSchüler habenverpasstesPrimarschulwissenebengenerellschnellaufgeholt.»Darauszu schliessen,manmüsseEnglisch(oderFranzösisch)inderPrimarschulestreichen,sei falsch.DennähnlicheEffekteliessensichwohlauchinMathematikoderDeutsch nachweisen.«NiemandwürdeaufdieIdeekommen,einsolchesFachdeswegenzu streichen.» ÄhnlichargumentiertSprachdidaktikerinChristineLePapeRacinevonder PädagogischenHochschulederFachhochschuleNordwestschweiz:«Dassnachdem FremdsprachenunterrichtderPrimarschulewiederbeinullbegonnenwerdenmuss, isteinewigwiederkehrendesArgument,dasinersterLiniedieArbeitder Lehrpersonenabwertet.»AbgesehendavonseiensolcheAussagendemotivierendfür SchülerundLehrer. Älterelernenschneller IneinemPunkthatsichderwissenschaftlicheStandpunktindenletztenzehnJahren geändert.DieAussage,wonachkleineKindereineSpracheschnellerlernenals grosse,hatsichalsfalscherwiesen–wenigstensinBezugaufdasschulische Sprachenlernen.DasGegenteilistrichtig,ältereKinderlernenschneller.Dennoch bleibenMoserundLePapeRacinedabei:InderPrimarschulesollsowohlEnglischwie Französischunterrichtetwerden.Moser:«WennmanfrühermitdemLernenbeginnt, weissmanamEndederVolksschulemehr.» Zusammengefasstkannmansagen:DieBildungsforschungistinder FremdsprachenfragekeinezuverlässigePartnerin–wederfürGegnernoch Befürworter.OderwieStefanWolter,LeiterderSchweizerischenKoordinationsstelle fürBildungsforschung,inderNZZsagte:«WerdenUnterrichteinerzweiten FremdspracheausderPrimarschuleverbannenwill,kanndiesmitSicherheitnicht wissenschaftlichbegründen.»EinesolcheEntscheidungseireinpolitischmotiviert. ElterngegendieInitiative ZuredengibtdieVolksinitiativeauchunterdenEltern.DeshalbhatderVerbandder ElterngremienimKantonZürichKEO(KantonaleElternmitwirkungs-Organisation) eineUmfragedurchgeführt.60ProzentderBefragtensprachensichfürdenStatus quoaus,alsozweiFremdspracheninderPrimarschule.UndalsersteFremdsprache wünschtsichdieMehrheitEnglisch. (Tages-Anzeiger) Erstellt:14.11.2016,12:33Uhr DenSprachfriedennichtmitder«Abrissbirne» zerstören DerKantonsrathatdieInitiativezurStreichungderzweitenFremdspracheinder Primarschuleklarabgelehnt. VielhatsichimKantonsratindenletztenzehnJahrennichtgeändert.ImJuli2006 hattedasKantonsparlamentdieVolksinitiativezurStreichungderzweiten FremdspracheanderPrimarschulemit90:65Stimmenabgelehnt.Gesternfielder gleicheEntscheidmit96:68Stimmen.AuchdieMeinungeninnerhalbderParteien habensichkaumverändert–miteinererstaunlichenAusnahme. DieEVP,vorzehnJahrennochanvordersterFrontbeidenInitiantendabei,stimmte gesterngegendasVolksbegehren.«Wirtreteneinfüreinezukunftsorientierte Bildung»,sagteHans-peterHugentobler(EVP,Pfäffikon).EinJazurInitiativekäme seinerMeinungnacheinerKapitulationgleich.ParteipräsidentJohannesZollinger bestätigtegesternamRandederDebatte,dassdieWendeinderFraktionmitdem RücktrittdesdamaligenMeinungsmachersHans-PeterAmstutzzusammenhänge. GeschlossenfürdieInitiative«MehrQualität–eineFremdspracheander Primarschule»votiertedieSVP.FürFraktionssprecherinAnitaBorer(Uster)istdies einelogischeForderung.«DasfrüheFremdsprachenlernenistwissenschaftlich umstritten.»AuchwiessieaufdieÜberlastungdesSchulpersonalshinundauf möglichesSparpotenzialinderLehrerausbildung.RochusBurtscher(Dietikon)redete von«Zwängerei»,wennmananderzweitenFremdsprachefesthalte.«Mitdiesem UnterrichtproduzierenwirfrustrierteSchüler.»NebenderEDUstimmteauchdie MehrheitderGrünliberalenfürdieInitiative.ChristophZiegler(GLP,Elgg)sprachvon «Symbolunterricht».MitderStreichungeinerFremdsprachekönneerals SekundarlehrernachhaltigenErfolggarantieren. DieGegnerderInitiativeräumtenein,dassesimUnterrichtSchwächengebe.Doch daraufmüssemanmitVerbesserungundnichtmitStreichungreagieren.FDPSprecherinCäciliaHänni(Zürich)sprachvoneinem«Saltorückwärts».Mitder InitiativewerdederLernwillenderKindermissachtet.FranzösischundEnglischseien einMust,wennmanberuflichetwaserreichenwolle.DieCVPbefürchtet,dassbei einemJaEnglischaufdieOberstufeverschobenwürde,wasfürCorinneThomet (Kloten)«nichtakzeptabel»wäre. BennoScherrer(GLP-Minderheit,Uster)betonte,derKantonZürichkönnemiteinem NeinzurInitiativeeinZeichensetzen–fürdieinternationaleAusrichtungZürichsund fürdieMehrsprachigkeitderSchweiz.BeidenLinkenwurdediepolitischeDimension derVorlageebenfallsstarkgewichtet.SofürchteteetwaKarinFehrThoma(Grüne, Uster)IrritationeninderRomandie.RuediLais(SP,Wallisellen)warntedavor,den SprachenfriedeninderSchweizmitder«Abrissbirne»zuzerstören.Erwieszudem aufdiezunehmendeBenachteiligungsprachlicherMinderheiteninOsteuropahin,die manmitderInitiativeauchinderSchweizfördere. UnterdenBuh-rufenausderSVPfragteLais:«Sindwireigentlichblöd,künstlichdas ProblemdesSprachennationalismuszuimportieren?»BeidenSozialdemokratenhat dieInitiativeallerdingsaucheinigeSympathisanten.Fünfvonihnenhabensichbei derAbstimmungenthalten. BildungsdirektorinSilviaSteiner(CVP)betonte,inderSchulegebeesmindestensso vieleUnter-wieÜberforderte.DarumdürfemandasNiveauanderPrimarschule nichtsenken.SiewiesauchaufdenfinanziellenSchadeneinerStreichunghin.Bisher hatderKanton41MillionenFrankenandieAus-undWeiterbildungder Lehrpersonenbezahlt.DazukommenInvestitioneninLehrmittel,dieüberflüssig würden.DieVolksabstimmungfindetvoraussichtlichimerstenHalbjahr2017statt. http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/Primarschueler-sollen-weiterhinFranzoesisch-und-Englisch-lernen/story/28951955