Protonenresonanz-Spektroskopie ungesättigter Ringsysteme IV * Das NMR-Spektrum des a-Methyloxepins und seine Temperaturabhängigkeit HARALD GÜNTHER, RÜDIGER SCHUBART und EMANUEL VOGEL Institut für Organische Chemie der Universität Köln (Z. Naturforschg. 22 b, 25—35 [1967]; eingegangen am 20. Juli 1966) The nmr-spectrum of a-methyl-oxepin (V) in different solvents is discussed and its changes with temperature are interpreted on the basis of a fast, reversible equilibrium between V and its valencetautomer toluene-l-oxide (VII). From shift- and intensity-measurements follows A H ° { = H y — H y n ) = 0.4 ± 0 . 2 kcal/mole and AS0 ( = S $ - S £ „ ) = 5 . 0 ± 1.2 e. u. Lineshape-measurements in the region between —80 and —127 ° C yield the A r r h e n i u s parameters £'VII=9.2 ± 0 . 7 kcal/mole, log A y n = 14.2 ± 0 . 9 and £ V = 8.7 ± 0 . 7 kcal/mole, l o g ^ v = 13.1 ± 0 . 9 respectively. The results are compared with those of the benzeneoxide-oxepin equilibrium and discussed with respect to related systems. Frühere Untersuchungen 1 ' 2 über den SiebenringHeterocyclus Oxepin führten zu der Erkenntnis, daß diese Verbindung bei Raumtemperatur mit dem valenzisomeren Benzoloxyd in einem schnellen, reversiblen Gleichgewicht steht: Ia Ib Im Gegensatz zu den degenerierten CoPE-Umlagerungen des Homotrypilidens 3 und des Bullvalens 4 sind im Benzoloxyd-Oxepin-System (I) die Isomeren nicht strukturgleich und damit auch in ihrer Energie verschieden. Die Möglichkeit, in derartigen Fällen schnelle Valenzisomerisierungen mit Hilfe der Kernresonanz-Spektroskopie zu erfassen, ist begrenzt, da eine Gleichgewichtskonzentration von 5% ( £ = 1 9 ) im allgemeinen als Minimum der Nachweisbarkeit gelten kann 5 . Wie die NMR-spektroskopische Untersuchung der Valenztautomerie I zeigte 2 , liegen bei Raumtemperatur beide Komponenten in vergleichbaren Konzentrationen vor ( X < 10). Der Unterschied ihrer freien Enthalpie AG0 beträgt bei 25 °C nur - 1,3 kcal/Mol. Die Enthalpie des Benzoloxyds ist um 1,7 kcal/Mol * Auszugsweise vorgetragen auf der K e k u l e - Tagung der Gesellschaft Deutscher Chemiker in Bonn, 13. —18. September 1965; Angew. Chem. 77, 1022 [1965]. 1 E . VOGEL, W . A . BOLL u . H . GÜNTHER, T e t r a h e d r o n 3 W . VON E . DOERING U. Bei den schon länger bekannten Benzoxepinen II 7 , III 8 und IV 9 sind lediglich die Oxepinformen sta- ff W . R . ROTH, T e t r a h e d r o n 1 9 , E. CIGANEK, J. Amer. chem. Soc. 8 7 , 1 1 4 9 [1965]. 7 a) R. H. 5 E . LEDINGHAM, i b i d . 7 2 , 4797 Chem. 35, 1084 [1957]. b) E. VOGEL, M . BISKUP, W . PRETZER U. W . A. BOLL, Angew. Chem. 76, 785 [1964]. 9 3150 [1964]. Für eine neuere Ubersicht s. G. SCHRÖDER, J. F. M. OTH U. R. MERENYI, Angew. Chem. 77, 774 [1965]. MANSKE U. A . a ) F . SONDHEIMER U. A . SHANI, J . A m e r . c h e m . S o c . 8 6 , 3 1 6 8 [1964] ; [1963]. F. [ 1 9 5 0 ] ; b ) F. A . L . ANET U. P . M . G. BAVIN, Canad. J. 715 R . MERENYI, J . F . M . OTH U. G . SCHRÖDER, C h e m . B e r . m. 6 8 4 m bil. Der Grund hierfür ist in der Tatsache zu suchen, daß eine Umlagerung nur unter Aufhebung des aromatischen Zustandes der annelierten Benzoleinheiten möglich wäre und deshalb energetisch blockiert ist. Aus dem gleichen Grund ist andererseits das 9.10-Dihydro-9.10-epoxy-phenanthren in der Oxydform fixiert10. Letters 609. H. GÜNTHER, ebenda 1965, 4085. 1965, 2 geringer als die des Oxepins, dessen Entropie dagegen um 10cal/Grad Mol über der des Oxyds liegt. Den günstigen thermodynamischen Daten des Systems I war sein spektroskopischer Nachweis zu verdanken. Beim Cycloheptatrien-(1.3.5) konnte dagegen ein analoges Gleichgewicht bis heute nicht gesichert werden. Seine Existenz wird jedoch durch die Feststellung von C I G A N E K , daß 7-Trifluormethyl-7-cyano-cycloheptatrien bei Raumtemperatur mit der Norcaradienform ein valenztautomeres System bildet 6 , sehr wahrscheinlich gemacht. 97, a) K . DIMROTH U. G. POHL, i b i d . 7 3 , 4 3 6 [ 1 9 6 1 ] ; b ) K . DIMROTH, G . POHL U. F . FOLLMANN, C h e m . B e r . 9 9 , 6 3 4 10 [1966]. M. S. NEWMAN U. S. BLUM, J. Amer. ehem. Soc. 86, 5598 [1964], Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. Indessen war für einfach substituierte Oxepine nach den bei I gewonnenen Erkenntnissen ebenfalls mit dem Vorliegen eines Gleichgewichtes zwischen Trien und entsprechendem Aromatenoxyd zu rechnen. Während Substituenten in a-Stellung sowohl aus sterischen als auch elektronischen Gründen eine Gleichgewichtsverschiebung nach der Oxepinseite erwarten lassen, sollte bei Substitution in der ^-Stellung möglicherweise der entgegengesetzte Effekt beobachtet werden. Die Wirkungsweise von Substituenten in der /-Stellung läßt sich nur schwer abschätzen. Beim a,a'-Dimethyloxepin ist mit spektroskopischen Methoden die Gegenwart der Oxydform nicht mehr feststellbar 1 . In der vorliegenden Arbeit wird der Einfluß einer a-ständigen Methylgruppe auf das Gleichgewichtssystem I mit Hilfe der KernresonanzSpektroskopie untersucht. Auf Grund des Integrationsverhältnisses und der beim Oxepin gefundenen chemischen Verschiebungen 2 lassen sich jedoch der Signalgruppe bei 4,1 ppm die Protonen Hc und HQ und jener bei 4,6 ppm die Protonen H\ , H b und HE zuordnen. Die Methylgruppe absorbiert als Dublett ( / = 0,8Hz, Abb. 1 c) bei 8,20 ppm. Diese Befunde sind mit Struktur V gut vereinbar. So beobachtet man beim a,a'-Dimethyloxepin ( V I ) , bei dem UV- und NMR-Messungen nur die monocyclische Form nachweisen konnten 1 , die Absorption der Methylprotonen als Dublett ( / = 0 , 7 H z ) bei 8,19 ppm. Für das zu V isomereToluol-.(l)-oxyd (VII) hätte man dagegen die Methylprotonenresonanz bei CT cf o" o? Y Ergebnisse Das Protonenresonanz-Spektrum des a-Methyloxepins bei Raumtemperatur in Schwefelkohlenstoff ist in Abb. 1 a dargestellt. Die zwischen 4,0 und 4,8 p p m * absorbierenden fünf olefinischen Protonen bilden ein komplexes ABCDE-System, das zudem durch Kopplung mit den Methylprotonen gestört ist. ch3 w w w : höherem Feld zu erwarten. Im Propylenoxyd liegt das Signal der Methylgruppe bei 8,72 ppm 1 1 und im 1-Methyl-(1.2)-epoxy-cyclohexen-(4) (VIII) bei 8,74 ppm 1 2 . Auch die beobachtete Kopplung der Methylprotonen entspricht mit 0,8 Hz den Erwartungen für die Gruppierung — HC = C — CH3 13 und gleicht 0 - Ho a v W Abb. 1. Protonenresonanz-Spektrum des a-Methyloxepins bei 60 MHz mit Tetramethylsilan als innerem Standard; a) in Schwefelkohlenstoff bei 37 ° C ; b) in Trifluorbrommethan bei - 1 1 9 ° C ; c) Signal der Methylgruppe bei 37 °C. t> 3 * In dieser Arbeit wird die r-Skala verwendet. H. SUHR, Anwendungen der Kernmagnetischen Resonanz in der Organischen Chemie, Springer-Verlag, Berlin 1965. 11 12 13 Eigene Messungen. S. STERNHELL, Rev. Pure appl. Chem. 14, 15 [1964]. weitgehend der entsprechenden Wechselwirkung in VI. Das Signal der Methylgruppe in VIII zeigt dagegen keine Aufspaltung. Aus der beobachteten Halbwertsbreite von 0,7 Hz läßt sich abschätzen, daß die weitreichenden Kopplungen mit den benachbarten Protonen an C2 und C 6 weniger als 0,3 Hz betragen. Ein mögliches Gleichgewicht V ^ VII mußte danach bei Raumtemperatur sehr schnell sein (A;>10 4 ) und weitgehend auf der Seite der Oxepinform V liegen. Dafür sprach auch, daß im Gegensatz zum Oxepin das Spektrum von V (in CS2) zwischen + 37 °C und — 60 °C keine merkliche Beeinflussung durch Temperaturänderungen zeigte. Dagegen war im Bereich der olefinischen Protonen eine starke Lösungsmittel-Abhängigkeit festzustellen. In Abb. 2 sind die Signale dieser Protonen (in CS2 und Methanol-dj) denen der Protonen des Oxepins (in CS2) gegenübergestellt. sonanzen der ^'-Protonen *. Die stark aufgespaltene Liniengruppe bei höherer Feldstärke geht auf die Protonen HB und HE zurück. Ihre erhöhte Multiplizität erklärt sich durch Spin-Spin-Wechselwirkung mit H\ und den Protonen der Methylgruppe. Das Dublett bei höchster Feldstärke schließlich kann dem Proton H\ zugeschrieben werden. Seine Aufspaltung entspricht der Kopplungskonstante /ab u n d ist mit 4,8 Hz der Wechselwirkung zwischen a- und ^-Protonen im Oxepin (5,1 Hz) sehr ähnlich. Die Feinaufspaltung wird durch weitreichende Kopplungen mit den Protonen Hc und Hp hervorgerufen. Die Resonanz des Protons H A liegt in Methanol um ca. 0,1 ppm bei höherer Feldstärke als in Schwefelkohlenstoff. Wie bei I war auch im vorliegenden Fall ein Gleichgewicht zwischen Oxyd- und Oxepinform mit Sicherheit nur durch Tieftemperatur-NMR-Messungen nachzuweisen. In Trifluorbrommethan als Lösungsmittel zeigt V ab ca. — 80 c C im Spektrum eine Verbreiterung aller Signale, die bei etwa — 113 °C ihr Maximum erreicht. Bei weiterem Abkühlen treten neue Signale auf, die an Schärfe zunehmen. Diese Vorgänge sind reversibel und betreffen nicht das Signal des als inneren Standard verwendeten Tetramethylsilans. Die Veränderungen des Spektrums konnten danach ihre Ursache nur in einem Austausch der Protonen zwischen Positionen mit verschiedenen diemischen Verschiebungen haben, der im kritischen Bereich rdv i 3,5 i 4,0 i 4,5 i 5,0 X Abb. 2. Signale der olefinischen Protonen im a-Methyloxepin (a, in CS.,; b, in CH 3 OD) und im Oxepin (c, in CSo, Ia/Ib ~ 0,5). Das Spektrum von V in Methanol (Abb. 2 b) läßt sich danach eindeutig zuordnen. Die Signalgruppe bei geringster Feldstärke entspricht den Re* Diese Bezeichnung charakterisiert, auch im folgenden, die Stellung relativ zum Sauerstoff. «1/2.-1 zu einer Linienverbreiterung führt 14 und im betrachteten System mit einer Valenztautomerie V ^ VII erklärt werden mußte. Das in Abb. 1 b gezeigte Spektrum wurde bei — 119 °C aufgenommen und bildet jetzt die Überlagerung der individuellen Spektren von V und VII. Besonders deutlich sind die Veränderungen gegenüber dem bei 37° gemessenen Spektrum im Bereich des Methylprotonen-Signals. Hier findet man zwei Absorptionen bei 8,09 und 8,45 ppm, die gemäß ihrer Lage den Methylgruppen in V und VII angehören. Aus dem Intensitätsverhältnis ergibt sich, daß beide Verbindungen im Molverhältnis 7 : 3 vorliegen. Das Signal bei 6,26 ppm kann jetzt folgerichtig dem Proton HA in VII zugeordnet werden, während das Dublett bei 4,22 ppm diesem Proton in V zukommt. 14 1. c. 1 6 , S. 100 ff. r bedeutet hier die kleinste Zeitspanne, für die zwei verschiedene Resonanzen noch unterschieden werden können, und dv deren relative chemische Verschiebung. Die Kopplung von ca. 5,0 Hz stimmt damit gut iiberein. Im 1-Benzoxepin (III) wurde für die entsprechende Konstante ein Wert von 5,5 Hz gefunden 15 . Auch bei diesen Signalen zeigt das Intensitätsverhältnis ein Überwiegen der monocyclischen Form V an. Nachdem das Vorliegen eines Gleichgewichtes V ^ VII auf Grund dieser Ergebnisse als sicher gelten konnte, wurden aus den Temperatur-beeinflußten Veränderungen des Protonenresonanz-Spektrums die kinetischen und thermodynamischen Daten der Isomerisierung ermittelt. a) Die Reaktionswärme Erstes Ziel der Untersuchung war die Bestimmung der Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten K. Aus den Spektren, die bei Temperaturen unterhalb des Aufspaltungspunktes (160 ° K ) gemessen wurden, ergibt sich K direkt aus dem integrierten Flächenverhältnis der Methylsignale. Im Gebiet des schnellen Austausches oberhalb 160 °K wurde K aus der chemischen Verschiebung v (in Hz) des Methylsignals abgeleitet. Diese ist nach V = pyVy + PVII^VII (1) als Mittelwert aus den chemischen Verschiebungen der Methylprotonen in V und VII gegeben 16 , wobei Pi die Molenbrüche der Isomeren bedeuten. Mit Pvn = 1 — Pv u n d der Beziehung K — py/ (1 — py) erhält man K = (wir — v)f(v — vy). (2) In Tab. 1 sind die bei verschiedenen Temperaturen erhaltenen K-Werte zusammengestellt. Jede Größe ist der Mittelwert aus mindestens vier Einzelmessungen. Die gemäß der v a n ' t H o f f sehen Beziehung nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate ermittelte beste Gerade ist durch die Gleichung log 0,922 - 1 0 2 l / r + 1 , 1 0 7 T [°K] 149.8 151.2 187,9 194.2 198.7 15 H . GÜNTHER, M . BISKUP u . E . VOGEL, u n v e r ö f f e n t l i c h t . 16 J . A . POPLE, W . G . SCHNEIDER U. H . J . BERNSTEIN, H i g h - r e s o - lution Nuclear Magnetic Resonance, McGraw Hill Book Co., Inc., New York 1959, S. 221 ff. 2,99 a 3.24 a 4.11" 4.57 b 4,13 b Tab. 1. Gleichgewichtskonstanten K der Isomerisierung VII ^ V in Abhängigkeit von der Temperatur, a) Aus dem Flächenverhältnis der Methylsignale, b) Nach Gl. (2). b) Die Aktivierungsparameter Nach G U T O W S K Y und H O L M 17 ist die Linienform g{v) eines Singuletts für den Fall, daß der betreffende Kern an einem chemischen Austauschprozeß zwischen zwei Systemen A und B beteiligt ist, durch den Ausdruck (1+r 7i A)P-\-Q R 4 7l2 P2 + R2 g(v)=K (4) mit P=[iA2-v2+ i (? = [ — V — H ( P A - P B ) R= - V ( l (fA-vB)2]T-M/4jr (VA-VB) 1R + 2nxA) + i (PA-PB) (VA->'B) und einer Normalisierungskonstante K gegeben 18 . Ferner gilt T = TA B T / ( T A + Tß), TA = r/pB = l/A;A, t B = T/PA = 1 / A ^ . Hierbei bedeuten ta bzw. tß die mittlere Lebensdauer des Kerns in Position A bzw. B, A die Halbwertsbreite der Signale in Abwesenheit von Austausch (r —>• o°), PA bzw. PB die Molenbrüche der Komponenten A bzw. B, va bzw. ?'B die Resonanzfrequenzen des Kerns im System A bzw. B, v die bei der Messung variable Frequenz. (3) gegeben. (3) wird im folgenden zur Bestimmung von K bei anderen Temperaturen benutzt. Aus der Steigung von (3) erhält man die Wärmetönung der Reaktion VII V zu zJ//° = 422 cal/Mol. Der Ordinatenabschnitt liefert die Entropieänderung ZlS° = 5,0 cal/Mol Grad. K = py/py Ii Durch Vergleich der experimentellen mit den nach (4) berechneten Spektren lassen sich bei Kenntnis aller anderen Parameter die r-Werte und damit die Reaktionsgeschwindigkeits-Konstanten k bei verschiedenen Temperaturen bestimmen. 17 18 H . S . GUTOWSKY U. C . H . HOLM, J . d i e m . P h y s i c s 2 5 , 1228 [1956]. Alle Größen sind hier in Hz-Einheiten ausgedrückt, die T-Werte in sec. g(r) ist auf (^A+*'B)/2 als Nullpunkt bezogen. Im vorliegenden Fall benutzte man (4) zur Berechnung der Temperatur-abhängigen Veränderungen der Methylsignale. Die Verbreiterung kommt durch einen Austausch der Methylprotonen zwischen den Resonanzfrequenzen V\ und vyn zustande. (chemical exchange between two sites). Die Kopplung zwischen Methylgruppe und olefinischem Proton HE wird durch den Austauschprozeß nur insofern beeinflußt, als sie oberhalb des Koaleszenzpunktes ( r > 1 6 0 ° K ) durch die zu (1) analoge Beziehung 7 = p v / v + pvn/vii (5) gegeben ist, wobei J\ die Kopplungskonstanten in den betreffenden Isomeren bedeuten. Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen, wurde das Spektrum der Methylsignale als Überlagerung zweier Systeme mit verschiedener relativer chemischer Verschiebung dv(=v^ — vB = >>vii — v\) behandelt. Ein ähnliches Verfahren ist bereits früher beim Dimethylformamid 19 und kürzlich beim Furan-2-aldehyd 20 angewandt worden. Vernachlässigt man die Kopplung /yii zwischen HE und den Methylprotonen in der Oxydform VII, was nach den oben erwähnten Beobachtungen an der zu VII analogen Verbindung VIII gerechtfertigt ist, so hat das Spektrum der Methylprotonen für den Fall T-*- oo die in Fig. 1 gezeigte Gestalt: Fig. 1. lieh der Spineinstellung von HE unterscheiden und das Gleichgewicht (VII ^ V ) kann schematisch in zwei parallele Gleichgewichte (VII ^ V ) ' und (VII ^ V ) " zerlegt werden: HM H(a) (VII ^V)1 H(p) H(p) (VII-V)" Die beobachtete Austauschverbreiterung bildet danach eine Überlagerung zweier getrennter Systeme mit den effektiven relativen diemischen Verschiebungen dv' = dv — 1/2 / y und bv" = dv + 1/2 Jy . Die Linienform ist dann mit (4) +durch G(v)=g(vy g(v)" den Ausdrude(6) gegeben. Diese Betrachtungsweise ist insofern möglich, als die Spin-Gitter-Relaxationszeiten 7\, die für die Spineinstellung relativ zum äußeren Magnetfeld maßgebend sind, durch den Austauschprozeß nicht beeinflußt werden 21 . Die zur Berechnung der theoretischen Spektren nach dieser Methode notwendigen algebraischen Operationen wurden mit Hilfe eines dafür geschriebenen F o r t r a n - Programmes durchgeführt. Bei vorgegebenen Parametern A, v\, v%, px und pß wird damit für beliebig zu wählende r-Werte die Linienform G(v) des Spektrums berechnet und durch einen Daten-Plotter im Maßstab des experimentellen Spektrums aufgezeichnet. In Abb. 3 ist eine Anzahl experimenteller Spektren mit den zugehörigen theoretischen Kurven wiedergegeben. Während im Gebiet der größten Austausdi-Verbreiterung eine Auswertung der Spektren gemäß (6) notwendig war, konnten im Gebiet des langsamen und des schnellen Austausches ( r > 0 , l bzw. r < 0 , 0 1 ) die Näherungs-Gin. (7) und (8) benutzt werden 2 2 : Das Dublett mit der Aufspaltung / v entspricht den Methylprotonen der Verbindung V, das Singulett bei höherem Feld dagegen denen der Oxydform VII. In V bilden Methylprotonen und olefinisdies Langsamer Austausch: Proton HE ein AX 3 -System, da das Verhältnis von l/r\ii = kvii = n As,, (7) diemischer Verschiebung zu Kopplungskonstante für Schneller Austausch: diese Kerne sehr groß ist(v A — ^ x / / a x ~ 280). Das 1/TVII = Ä:VII= 4 71 PVII PvÖV2/Aa.. (8) Dublett in Fig. 1, welches nur den X 3 -Teil darstellt, In diesen Gin. bedeutet A a die allein durch den läßt sich dann als Superposition zweier Unterspek- Austauschprozeß gegebene Linienbreite des Signals tren A ( a ) X 3 und A ( / ? ) X 3 auffassen, die sich bezüg(in Hz) bei halber Amplitude. Gl. (7) wurde audi 19 G . FRAENKEL U. C . FRANCONI, J . A m e r . c h e m . S o c . 8 2 , 4478 21 4062 2 2 1. [I960]. 20 K. I . DAHLQVIST U. S . FORSEN, J . p h y s i c . [1965]. Chem. 69, L. W. REEVES, in: Advances in Physical Organic Chemistry, Vol. 3, Academic Press, London 1965, S. 187 ff. c . 1 6 , S . 2 1 8 ff. v g l . a u c h L . H . PIETTE u . W . chem. Physics 30, 899 [1959]. ANDERSON, J . Abb. 3. Beobachtete (links) und nach Gl. (6) berechnete (rechts) Absorptionen der Methylprotonen des Systems VII ^ V bei verschiedenen Temperaturen (°K) ; r-Werte in sec. zur Auswertung des Signals bei 6,26 ppm, das dem Proton HA in Verbindung VII zukommt, verwendet. Um auch bei diesem Verfahren die durch die Kopplung zusätzlich hervorgerufene Linienbreite zu erfassen und in Abzug zu bringen, wurde die Signalbreite zJa' gemäß (9) korrigiert: A,= 14; l / ( z l a ' - 2 7 ) < A ' + 2 7) - 7 2 ] 1 / l . (9) (9) gilt in guter Näherung für Fälle mit zl a '^2,20 / (s. Anhang). Für große Linienbreiten kann diese Korrektur vernachlässigt werden, da dann A& «s zla' wird. dard benutzten Tetramethylsilans bestimmt und in Gl. (6) verwendet. Für Gl. (7) und (8) bzw. (9) gilt dann zla' = Ae{[ — A. Dieses Verfahren ist berechtigt, da bei tiefen Temperaturen die effektive Halbwertsbreite im wesentlichen durch die Inhomogenität des Magnetfeldes gegeben ist 24 . Aus dem gleichen Grund wurde, wie allgemein üblich, A für beide Strukturen als gleich angesehen (<dv = ^vn = A). Im Bereich der Messungen betrug zItms 2 — 3 Hz. Die Molenbrüche der Isomeren bei den betreffenden Temperaturen erhielt man aus den gemäß (3) ermittelten Gleichgewichtskonstanten. Die für die Berechnung der Reaktionsgeschwindigkeits-Konstanten nach Gl. (6) bzw. (8) notwendige Kenntnis der relativen chemischen Verschiebung dv zwischen den Methylprotonen in V und VII wurde aus den Tieftemperaturspektren erhalten. Unterhalb 154 °K ist dv konstant und beträgt 21,5 ±0,3 Hz (Mittelwert aus elf Messungen zwischen 146° und 154 °K). Die Kopplung zwischen Methylprotonen und olefmischem Proton H e beträgt bei 310 °K in CS2 als Lösungsmittel 0,84 ± 0,04 Hz. Nach Beziehung (3) liegt unter diesen Bedingungen das Gleichgewicht zu 88% auf der Seite der Verbindung V und man erhält mit (5) / v = l , 0 Hz, da, wie bereits begründet, /vn = 0 gesetzt wird. Die Kopplung /AB in VII wurde mit 2,7 Hz angenommen. Dieser Wert stammt aus Messungen am unsubstituierten Oxepin 23. Um die natürliche Linienbreite A der Signale in Abwesenheit von Austausch (T—> oo), die neben der Austauschverbreiterung Aa (bzw. zl a ') in den experimentellen Größen zl e ff enthalten ist, zu berücksichtigen, wurde A am Signal des als inneren Stan23 Aus den Temperatur-abhängigen Veränderungen der entsprechenden Kopplung im Oxepin (in CS2) konnte bei Kenntnis der Molenbrüche aus einem System linearer Gleichungen des Typs (5) nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate die Größe der Konstanten in den beiden Isomeren abgeschätzt werden. t O) 3.0 2.0 1.0 5.4 5.6 5.8 6.0 62 6.4 6.6 6.8 7.0 1/T-w3—^ Abb. 4. A r r h e n i u s - Diagramm für die Reaktion VII V. Die Meßpunkte wurden nach folgenden Auswerte-Verfahren erhalten: O nach Gl. ( 6 ) ; • nach Gl. ( 7 ) ; O nach Gl. (8). 24 H. STREHLOW, in: Technique of Organic Chemistry, Hera u s g . S . L . FRIESS, E . S . LEWIS U. A . WEISSBERGER, Inter- science Publishers, New York 1963, Band VIII, Teil II, S. 879. Ia % I b VII % V Ea c Eac 9,1 ± 0 , 8 9,2 ± 0,7 7,2 ± 1,0 8,7 ± 0,7 log log Ä d 14,4 ± 1,1 14,2 ± 0,9 12,1 ± 1,4 13,1 ± 0 , 9 JGOc Ia % I b VII % V 0 -0,4 Ia ^ I b VII % V -1,3 -1,0 AG* c 173 °K 7,6 7,9 298 ° K 6,9 7,3 1,7 ± 0,4 0,4 ± 0,2 - AG* 7.6 8.3 10,5 ± 8,3 5,0 ± 1,2 c N 8,2 8,3 Tab. 2. Thermodynamische Daten und A r r h e n i u s - Parameter der Valenztautomerie des Oxepins a (I a I b) und des a-Methyloxepins (VII V). a) I. c. 2 ; b) diese Arbeit; c) in kcal/Mol; d) Logarithmen der Frequenzfaktoren; e) in cal/Grad Mol. Die Ergebnisse der Auswertung bezüglich der Reaktion VII — V sind in Abb. 4 in einem A r r h e n i u s • Diagramm aufgetragen. Die nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate erhaltene A r r h e n i u s - Gleichung hat die Form * Avil = IO14 2 ± 0 - 9 exp [ ( - 9200 ± 700)/RT]sec - 1 . (10) Mit K = kyji/ky erhält man für die Rückreaktion kw = 1 0 i3,i ±0,9 exp [ ( - 8700 ± 700) /RT] sec" 1 . (11) Nach der absoluten Reaktionstheorie sind die Reaktionsgeschwindigkeits-Konstanten mit den thermodynamischen Größen des Übergangszustandes durch die EYRING-Gleichung verknüpft 2 5 : k= x T,k n (12) exp(-/\G*/RT). Die Daten der Gleichgewichte VII V und I Ib sind in Tab. 2 zusammengestellt. Diskussion Die hochauflösende Kernresonanz-Spektroskopie bildet heute neben der neueren Spin-Echo-Methode 26 die beste Möglichkeit, schnelle und reversible Valenzisomerisierungen, bei denen die Isomeren in vergleichbaren Konzentrationen vorliegen, quantitativ zu verfolgen. Die Unzulänglichkeiten beider Methoden sind kürzlich in einer Gegenüberstellung 26 diskutiert worden. Beim ersten der genannten Verfahren sind besonders die abgeleiteten Frequenzfak25 A . A . FROST U. R . G. PEARSON, Kinetik u n d M e c h a n i s m e n homogener chemischer Reaktionen, Verlag Chemie, Weinheim, Bergstr., 1964, S. 90 ff. 2* a) A . ALLERHAND u. H. S. GÜTOWSKY, J. c h e m . P h y s i c s 4 1 , 2115 [1964]; b) A . ALLERHAND, H . S . GÜTOWSKY, J . JONAS u. R . A . MEINZER, J. A m e r . chem. Soc. 8 8 , 3 1 8 5 * Bezüglich der Fehlerableitung vgl. Diskussion. [1966]. toren und Aktivierungsentropien in vielen Fällen wenig zuverlässig und auch für absolute Fehler in der Temperaturmessung empfindlich. Es hat sich jedoch gezeigt, daß die Genauigkeit der Ergebnisse am größten ist, wenn zur Auswertung die Halbwertsbreite geeigneter Signale 27 oder die komplette Linienform des Spektrums 26 benutzt werden. Die Resultate sind dann mit denen der Spin-Echo-Methode in Einklang, wie etwa das Beispiel des Bullvalens 28 zeigt. Im vorliegenden Fall stimmt die aus drei unabhängigen Quellen (der Linienbreite der Methylsignale, der Linienbreite des a-Protonsignals in der Oxydform VII und der gesamten Linienform der Methylprotonenbande) erhaltene Information befriedigend überein. Wie Abb. 4 zeigt, wird die A r r h e n i u s - Gerade von allen Punkten gut erfüllt. Auch die Frequenzfaktoren liegen in dem für eine monomolekulare Reaktion erwarteten Bereich 25 um 1013. Der angegebene wahrscheinliche Fehler der A r r h e n i u s - Parameter wurde durch Vergleich der nach (6) berechneten mit den experimentellen Spektren erhalten. Die r-Werte an der oberen und unteren Grenze des Meßbereichs, für die eine Übereinstimmung zwischen Experiment und Theorie noch gefunden werden konnte, lagen weniger als 13% vom Mittelwert entfernt. Die Unsicherheit in der Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten im Gebiet des schnellen Austauschs nach Beziehung (3) war hier größer als beim Oxepin 2 , da die Änderung der chemischen Verschiebung mit der Temperatur infolge des kleineren dv (21,5 Hz gegenüber 100,6 Hz) und des kleineren AH° (0,4 kcal gegenüber 1,7 kcal) geringer sind. Durch Mittelung mehrerer Meßwerte bei gleicher Temperatur konnte die Fehlermöglichkeit jedoch eingeschränkt werden. Eine 27 H . SCHMID, H . FRIEBOLIN, S . KABUSS U. R . MECKE, S p e c t r o - 28 A . ALLERHAND U. H . S. GÜTOWSKY, J. A m e r . chem. S o c . 8 7 , chim. Acta [London] 22,623 [1966]. 4092 [1965]. Bestätigung dafür bildet die Lage derjenigen Punkte im A r r h e n i u s - Diagramm, die nach Gl. ( 7 ) , also ohne Bezugnahme auf das Molverhältnis, erhalten wurden. Die Fehler im AH°- bzw. J S ° - W e r t ( ± 2 0 0 c a l bzw. + 1,2 cal/Grad Mol) wurden aus den Abweichungen der Meßpunkte von der besten Geraden [Gl. ( 3 ) ] bestimmt. Relative Fehler in der Temperaturmessung ( < C ± 1 ° C ) wurden nicht berücksichtigt, da sie gegenüber anderen Meßfehlern nicht ins Gewicht fallen. Die Absolutfehler (ca. ± 3 c C ) verfälschen im wesentlichen die Frequenzfaktoren 27 . A u d i bei sorgfältiger Berücksichtigung aller Fehlermöglichkeiten lassen sich bei NMR-spektroskopischen kinetischen Messungen insbesondere systematische Fehler nicht ausschließen. Auf eine Berechnung aller Aktivierungsparameter nach der E y r i n g - G l e i c h u n g wurde deshalb verzichtet und lediglich die zIG^-Werte sind in Tab. 2 angegeben. Da die Messungen für beide Gleichgewichte (I a I b bzw. VII V ) unter ähnlichen Bedingungen ausgeführt wurden, nehmen wir jedoch an, daß die relativen Fehler der experimentell erhaltenen Größen klein sind. Die Ergebnisse der Messungen (Tab. 2) bestätigen die Voraussage der HücKEL-Regel29, nach der dem 8-^r-Elektronensystem der Oxepine (drei konjugierte Doppelbindungen und ein freies Elektronenpaar des Sauerstoffs) kein aromatischer Charakter, d. h. keine besondere Resonanzenergie zukommt. Selbst dann bleibt die Tatsache überraschend, daß in beiden Systemen das bicyclische Aromatenoxyd im Grundzustand stabiler ist als das Oxepin, obwohl es infolge des vorhandenen Dreiringes zusätzliche Spannungsenergie besitzen dürfte. Das Resultat einer Abschätzung der Bildungsenthalpien beider Isomerer mit Hilfe von Strukturinkrement-Werten hängt wesentlich von dem für die Spannungsenergie des Epoxydringes benutzten Betrag ab. Für das Oxepin kann man eine Stabilisierungsenergie von ca. 8,4 kcal/Mol erwarten. Diese Größe ergibt sich aus den entsprechenden Werten für Cycloheptatrien-(1.3.5) (CHT) (7 kcal/Mol, 29 basierend auf der Hydrierwärme für CHT und Cyclohepten 3 0 ' 3 1 ) und Divinyläther (1,4kcal/Mol 3 2 ). Mit den Inkrementwerten von F R A N K L I N 33 für drei « V H C = CH — und eine — O-Gruppe erhält man damit z l # B ° ( I b ) = 2 1 , 0 kcal/Mol. Für Benzoloxyd liefert eine analoge Rechnung (Inkrementwerte für ein konjugiertes Diensystem, zwei tert. CH- und eine — O-Gruppe) zunächst AH%° = 1,3 kcal/Mol. Berücksichtigt man für die Spannungsenergie des Epoxydringes 13 kcal/Mol 3 4 , so folgt AH^{\ a) = 14,3 kcal/Mol und AAHB° ~ 7 kcal/Mol, in qualitativer Übereinstimmung mit dem experimentellen Befund (AAHß 0 = 1 , 7 kcal/Mol). Wird dagegen die Spannungsenergie des Epoxydringes mit 27 kcal/Mol 35 veranschlagt, so folgt AHB°{1 a) = 28,3 kcal/Mol und AAHB° ~ — 7 kcal/Mol. Zur Erklärung der gefundenen Enthalpiedifferenz muß man danach für I a eine Stabilisierungsenergie von ca. 9 kcal/Mol oder für I b eine Destabilisierung in dieser Größenordnung annehmen. Auch das Bindungsenergie-Schema von Cox 3 0 führt zu einem negativen <dzl#B0-Wert (ca. — 9 kcal/ M o l ) , da hier ebenfalls die Spannungsenergie des Epoxydringes der des Cyclopropanringes (27 kcal/ Mol 3 7 ) gleichkommt. Andererseits soll jedoch beim Bicycloheptan-System mit dem Ersatz einer Methylengruppe durch Sauerstoff eine Abnahme der Spannungsenergie um ca. 12 kcal/Mol verbunden sein 3 8 . Eine sichere Entscheidung zugunsten der einen oder anderen Interpretation des experimentellen Ergebnisses und eine Berechnung der Bildungsenthalpien beider Isomerer ist daher, ohne zusätzliche Meßdaten, gegenwärtig nicht möglich. Die chemischen Verschiebungen der Protonen in den Aromatenoxyden und Oxepinen (Tab. 3) geben keinen Hinweis darauf, daß in diesen Verbindungen eine ungewöhnliche, etwa nichtklassische, cyclische Konjugation vorliegt, die infolge eines möglichen E. HÖCKEL, Z. Elektrochem. angew. phvsik. Chem. 43, 752 Hydrierwärme des CHT (70,5 kcal/Mol; 1. c. 31) A H b 0 (CHT) =42,0 kcal/Mol; aus den Inkrementwerten folgt [1937], 30 J. B. CONN, G . B . KISTIAKOWSKY U. E . A . SMITH, J . 31 32 34 R . B . TURNER, W . R . MEADOR U. R . E . WINKLER, e b e n d a 4116 andererseits Z I / / B ° ( C H T ) = 4 4 , 7 k c a l / M o l . Amer. chem. S o c . 6 1 , 1868 [ 1 9 3 9 ] . vgl. auch LANDOLT-BÖRNSTEIN, Zahlenwerte und Tabellen, Springer-Verlag, Berlin 1961, Band II, Teil 4, S. 29 ff. 79, [1957]. G . PILCHER, H . A . SKINNER. A . S . PELL U. A . E . POPE, T r a n s . 35 Faraday Soc. 59, 316 [ 1 9 6 3 ] . 33 J . L . FRANKLIN, I n d . E n g . C h e m . 4 1 , 1 0 7 0 [1949]. Das für I b angewandte Verfahren liefert beim CHT für A H B ° einen Wert, der mit dem aus thermochemischen Messungen erhaltenen gut übereinstimmt. So beredinet man aus der Bildungsenthalpie des Cycloheptans (28,5 kcal/Mol; H . L . FINKE, D . W . SCOTT, M . E . GROSS, J . F . MESSERLY U. G . WADDINGTON, J . A m e r . c h e m . S o c . 7 8 , 5 4 6 9 [ 1 9 5 6 ] ) und der R . A . NELSON U. R . S . JESSUP, c f . C . A . 4 6 , 8 5 0 5 i [ 1 9 5 2 ] ; 36 A . S. PELL U. G. PILCHER, Trans. Faraday S o c . 6 1 , 71 [1965]. J. D. Cox, Tetrahedron 19, 1178 [1963] ; dieses Schema ergibt für CHT zlHß°=40,9 kcal/Mol, in guter Ubereinstimmung mit dem experimentellen Wert (vgl. 1. c. 3 3 ). 37 J . W . KNOWLTON U. F . D . ROSSINI, J . R e s . n a t . B u r . S t a n d a r d s 38 A . F . BEDFORD, 43, 113 [1949]. A. E . BEEZER, C . T . MORTIMER SPRINGALL, J. ehem. Soc. [London] 1963, 3823. U. H. D. Ringstromeffektes39 eine Verschiebung der Protonenresonanzen nach niedrigerer Feldstärke bewirken sollte. Zwar liegt die Resonanz der a-Protonen im Benzoloxyd bei tieferem Feld als die der entsprechenden Protonen in anderen Vinyl-substituierten Epoxyden 40 , die ß- und /-Protonen absorbieren jedoch oberhalb 3,6 ppm, also deutlich im olefinia-Protonen ß-Pro tonen y-Protonen Benzoloxyd a Toluol- 1-oxyd Oxepin a a-Methyloxepin 6,0 6,26 4,3 4,22 3,7 4,0 4,3 4,5 3,7 4,0 3,7 3,8 Tab. 3. Chemische Verschiebungen (in ppm,r-Skala) der Protonen in Aromatenoxyden und Oxepinen. a) loc. cit. 2 . sehen Bereich und bei gleichem Feld wie die Protonen in den isomeren Trienen oder im Cycloheptatrien 11 . Auch ohne cyclische Delokalisation ist für die Aromatenoxyde mit einer geringen, elektronisch bedingten Stabilisierung zu rechnen. Nach Modellbetrachtungen kann man annehmen, daß mit der Einführung des Epoxydringes die Beweglichkeit des cis-Diensystems, die im Cyclohexadien- (1.3) eine Verdrillung von 17,5 ± 2° um die mittlere C — C-Einfachbindung zwischen den sp2-Zentren erlaubt41, weitgehend aufgehoben wird. Die koplanare Anordnung der konjugierten ^-Bindungen sollte dann einen Gewinn an Resonanzenergie einbringen. Ferner hat H O F F M A N N MO-theoretisch eine Konjugation des Cyclopropanringes mit cr-Elektronensystemen errechnet42 und es könnte diese Möglichkeit der elektronischen Wechselwirkung auch für den Epoxydring zutreffen. Die sterischen Voraussetzungen dafür sind in den Aromatenoxyden allerdings nicht günstig. Selbst wenn der eine oder andere der diskutierten Effekte eine Rolle spielen sollte, was durch die langwellige Verschiebung des UV-Maximums von I a 1 (zU= 15 m^u verglichen mit Cyclohexadien-(1.3)) nahegelegt wird, dürfte der zu erwartende Energiegewinn unter den geforderten 9 kcal/Mol liegen. 39 40 41 42 43 1. c . 1 6 , S. 180 ff. 1. c . 1 , Tabelle 1. S. S. BUTCHER, J. chem. Physics 42, 1830 [1965]. R. HOFFMANN, Tetrahedron Letters 1965, 3819. a) F. A. L. ANET, J. Amer. chem. Soc. 86, 458 [1964] ; b ) F. R . JENSEN U. L. A . SMITH, e b e n d a 8 6 , 9 5 6 44 M. TRAETTEBERG, ebenda 86, 4265 [1964]. Der höhere Entropieinhalt der monocyclischen Isomeren kann auf den im Vergleich zum starren Bicyclus sicherlich größeren Schwingungsanteil in diesen Systemen zurückgeführt werden. Darüberhinaus sollte hier, analog zu dem beim Cycloheptatrien nachgewiesenen Gleichgewicht zwischen zwei Wannenformen 4 3 _ 4 5 ? eine Umwandlung gemäß IX stattfinden, die ebenfalls zur Entropie beitragen kann: = • Untersuchungen am a,a'-Dimethyloxepin (VI) 4 6 , das nach bisherigen Ergebnissen in der monocyclischen Form vorliegt 1 , bestätigen, daß zumindest das Triensystem der Oxepine in der angedeuteten Weise gewinkelt ist. Die durch die Analyse des Kernresonanzspektrums von VI erhaltenen Kopplungsparameter entsprechen vollkommen denjenigen, die für das Cycloheptatrien gemessen wurden 47 . Eine Einebnung des olefinischen Molekülteils hätte sich aber in einem Anstieg der vicinalen Kopplungskonstanten zwischen den ß- und /-Protonen bemerkbar machen müssen, wie Beobachtungen am CycloheptatrienMolybdäntricarbonyl 48 zeigen. Uber die Lage der Atherbrücke lassen sich keine Aussagen treffen. Ein direkter Nachweis des Konformations-Gleichgewichtes IX steht noch aus. Die Linienform der NMR-Signale wird durch IX nicht beeinflußt, da sowohl die chemischen Verschiebungen als auch die Kopplungsparameter für beide Wannenformen identisch sind. Da letztere außerdem die gleiche Energie besitzen, werden auch die Aktivierungsenergien der Umlagerungen I a ^ ± I b bzw. VII ^ V durch IX nicht berührt. Die Einführung der Methylgruppe in a-Stellung des Oxepins bewirkt hauptsächlich eine Abnahme der Enthalpiedifferenz AH° zwischen beiden Strukturen (Tab. 2 ) . Die Aktiverungsenergie für den Übergang Oxyd —>- Oxepin bleibt dagegen nahezu unverändert. Die Substitution führt somit zu einer Stabilisierung der Oxepin- relativ zur Oxydform und zum Übergangszustand. Die Valenztautomerie des 45 46 47 S. S. BUTCHER, J. chem. Physics 42,1833 [1965]. H. GÜNTHER, unveröffentlichte Ergebnisse. a ) J . B . LAMBERT, L . J . DURHAM, P . LEPOUTERE U. J . D . R O - BERTS, J. Amer. chem. Soc. 87, 3896 [1965]; b) H. GÜNTHER Z. Naturforschg. 20 b, 948 [1965]; c) H. GÜNTHER U. R. [1964]. 48 WENZL, in Vorbereitung. H . GÜNTHER U. R . WENZL, unveröffentlichte Ergebnisse. a-Methyloxepins wird dadurch noch stärker als die des Oxepins vom Entropiefaktor bestimmt 49 . Diese Befunde machen auch verständlich, daß bei VI bisher keine Anzeichen für das Vorliegen eines Gleichgewichtes zwischen Trien und bicyclischem Isomeren, dem 1.2-Epoxy-o-xylol ( X ) , gefunden wurden 1 . Die Einführung einer zweiten Methylgruppe in a'-Stellung dürfte bei einer weiteren Abnahme von AH° um ca. 1,3 kcal zu einem negativen AH°-Wert führen. Da AS0 andererseits weiterhin positiv sein sollte, wird eine mögliche Gleichgewichtskonzentration an X unter der Nachweisgrenze gehalten. Der Grund für die beobachtete Wirkung der Methylgruppe kann sowohl sterischer als auch elektronischer Natur sein. Die räumliche Behinderung zweier Substituenten in a-Stellung ist bei X sicher gegeben, wie die Aufweitung der CCC-Strukturwinkel im cw-2.3-Epoxybutan zeigt 50 (Fig. 2 a). Dagegen dürfte bei VII dieser Faktor eine geringere Rolle spielen (Fig. 2 b ) , obgleich auch hier, analog zum Propylenoxyd 51 , der CCC-Strukturwinkel größer als der Tetraederwinkel anzunehmen ist. a t> Fig. 2. Sterische Wechselwirkung a-ständiger Substituenten in X (a) und VII (b). Verwendet wurden die Moleküldaten für cis-2.3-Epoxybutan 50 und Propylenoxyd 51 sowie die v a n d e r W a a l s - Radien der Methylgruppe (2,0 Ä) und des Wasserstoffs (1,2 Ä ) (L. P A U L I N G , The Nature of the Chemical Bond, 2. Auflage, Oxford University Press, London 1952, S. 187 ff.). 49 50 51 Bei diesem Vergleich ist zu berücksichtigen, daß die Messungen beim Oxepin in der weniger polaren Mischung CF 3 Br/Pentan (2:1) durchgeführt wurden, während beim a-Methyloxepin reines CF 3 Br Verwendung fand. Unveröffentlichte Ergebnisse zur Kinetik I a I b zeigen jedoch, daß in unpolaren Solventien (CS 2 ) A H ° abnimmt. Ein Lösungsmitteleffekt sollte demnach für VII V gegenüber I a ^ ± I b einen Anstieg von A H ° zur Folge haben. M. L. SAGE, J. chem. Physics 35,142 [1961]. J. D. S W A L E N u. D. R. HERSCHBACH, ebenda 27, 100 [1957]. Die Stabilisierung von V ist sicher audi der elektronischen Wechselwirkung der Methylgruppe mit der Doppelbindung zu verdanken, die, sei es durch Hyperkonjugation oder o-Bindungsstabilisierung 52 , zu einem Energiegewinn führt, welcher für Struktur VII entfällt. Es bleibt abzuwarten, ob eine Substitution in ^-Stellung eine Umkehr dieser Verhältnisse bewirkt, da hier einmal sterische Effekte zurücktreten und zum anderen im Bicyclus eine Konjugation des Substituenten mit dem Diensystem möglich wird. Angesichts der Stabilität des von M A I E R dargestellten 2.5-Diphenyl-diazanorcaradiens 53 scheint dies nicht ausgeschlossen. Daß sich die BenzoloxydOxepin-Valenztautomerie besonders zum Studium schwacher Substituenteneffekte eignet, zeigt die Synthese des 7,7'-Dimethyloxepins 54 . Nach ersten NMRUntersuchungen steht auch diese Verbindung mit der Oxydform im Gleichgewicht, die im Grundzustand hier wiederum die geringere Energie besitzt. Experimentelles Die Spektren wurden mit einem Varian A 60 und einem Varian DP 60 NMR-Spektrometer bei 60 MHz aufgenommen. Tetramethylsilan diente als innerer Standard. Kalibrierung erfolgte nach der üblichen Seitenbanden-Tedinik55 mittels eines Hewlett PackardFrequenzgenerators 202 A oder 200 CD und eines Hewlett Packard elektronischen Zählers 5212 A. Bei den Tieftemperaturspektren wurde die Temperatur mit einem Thermoelement nahe der Probe im kühlenden Stickstoffstrom gemessen. Wegen des Temperaturgefälles zwischen Meß- und Probenort mußte die gemessene Temperatur korrigiert werden. Dazu wurde die Meßanordnung geeicht, indem die abgelesene Thermospannung mit der eines zweiten, direkt in die Probe eingeführten Thermoelementes, verglichen wurde. Der Absolutfehler der Temperaturmessung betrug ca. ± 3 °C, der relative Fehler war kleiner als + 1 °C. Die benutzten Lösungsmittel zeigten im NMR-Spektrum keine Absorptionen, die auf die Gegenwart von Verunreinigungen gedeutet hätten. Das a-Methyloxepin wurde in einer zur Herstellung des Oxepins 56 analogen Weise durch Dehydrobromierung von 4.5-Dibrom-1.2epoxy-l-methyl-cyclohexan gewonnen. Die verwendete 52 53 54 55 56 A. S T R E I T W I E S E R , Molecular Orbital Theory for Organic Chemists, J. Wiley Sons, New York 1961, S. 247. G. M A I E R , Chem. Ber. 98, 2438 [1965]. E. V O G E L U. R. S C H U B A R T , unveröffentlicht. J. T. A R N O L D U. M. E. P A C K A R D , J. chem. Physics 19, 1608 [1951], H O U B E N - W E Y L , Methoden der Organischen Chemie, 4. Aufl., Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1966, Sauerstoffverb. I, Teil 4, S. 462; vgl. auch R. S C H U B A R T , Dissertation, Köln 1967. Probe wurde kurz vor der Messung durch Destillation gereinigt; Sdp. (11 mmHg) = 33,5 —34 °C; jid = 1,5065. Herrn Dr. H. FRIEBOLIN, Institut für Elektrowerkstoffe, Freiburg, sind wir für die Durchführung der Tieftemperatur-Messungen zu großem Dank verpflichtet. Den Herren Dr. W. A. BOLL, Köln, und Dr. J . F. M. OTH, Brüssel, danken wir für Diskussionen. Die Rechnungen wurden an der IBM-7090-Rechenanlage des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Instrumentelle Mathematik, Bonn, ausgeführt. Der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t danken wir für eine Sachspende. Anhang beschrieben. Kommt es infolge der Verbreiterung der Signale zu einer Überlagerung und verschwindet die Aufspaltung (A > / ) , so liegt das Maximum der Superposition im Zentrum und es gilt für die Intensität im Maximum (v = v0 = 0) 4A G{v) nA*+lt<?.-v)* (A1) \ 2A TT + 4 (— i J-v)2 - A = [A'V(A'-2J) (A' + 2 J) — J2]1/1 A' = [ 2 ( P + V P + i [/2 + A2]2)]Vl A°-+4n(U-vy (A2) (A4) (A 5) (A 6) Mit A / als Grenzbedingungen für die Gültigkeit der Ableitung folgt aus (A 6) A' 2,20 / . 2A jt (A3) (A 4) gleich (A 2) gesetzt und nach A aufgelöst liefert mit v = l/2A', wobei A' die Halbwertsbreite der Superposition ist, gegeben. Ein Dublett (Zentrum bei Vo = 0) zweier Signale gleicher Intensität und Halbwertsbreite im Abstand J wird dann durch ri Jr(j2+y2) und für die Intensität auf halber 2 A Amplitude G(v) !/2 = a(A2+P) ' oder Die Linienform eines Singuletts der Halbwertsbreite A an der Resonanzstelle v0 ist durch den Ausdruck57 max= 57 1. c. 16 , S. 37; alle Größen in Hz-Einheiten. (A 7)