Thieme: Essentials der klinischen MRT

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3 Hirnmetastasen Etwa die Hälfte aller intrakranialen Tumoren sind Metastasen. Am häufigsten metastasieren Bronchialkarzinome, gefolgt von Mammakarzinomen und Melanomen.
Das Vorliegen mehrerer intrakranialer Raumforderungen
( Abb. 3.1a–d) ist meist ein Hinweis auf das Vorliegen metastatischer Läsionen. Allerdings müssen auch weniger
häufige Entitäten, wie multifokale primäre Hirntumoren
und Abszesse, in die differenzialdiagnostischen Erwägungen miteinbezogen werden. Etwa die Hälfte aller Hirnmetastasen tritt in Form solitärer Läsionen auf – insbesondere bei Mamma- und Uteruskarzinomen sowie bei
gastrointestinalen Krebserkrankungen. Sie stellen eine
besondere diagnostische Herausforderung dar.
Merkmale in der Bildgebung, die für Hirnmetastasen
sprechen, sind die gute Abgrenzbarkeit der Läsionen sowie die Lokalisierung am Übergang von der grauen zur
weißen Substanz (s. Abb. 3.1a–d). Der bevorzugte Befall
dieses Bereichs rührt wahrscheinlich daher, dass hämatogen streuende Tumoren nicht durch die dort vorhandenen schmaleren Gefäßstrukturen dringen können.
Von den kontrastmittelfreien Sequenzen sind T2w Sequenzen (insbesondere die T2w FLAIR-Sequenz, s. Abb.
3.1a) für die Darstellung von Metastasen vorzuziehen,
da die mit Metastasen vergesellschafteten Ödeme in
diesen Darstellungen eine hohe SI aufweisen. Vasogene
Ödeme durch Metastasen folgen in der Regel den Bahnen der weißen Substanz, ohne wie Glioblastome das
Corpus callosum zu kreuzen. Im Vergleich zum Tumorherd sind diese Ödeme meist übermäßig groß in der
Ausdehnung. Metastasen weisen jedoch nicht immer
ausreichende Ödeme auf, um sie ausschließlich mit T2w
Aufnahmen darstellen zu können. Diese Tatsache wird
in Abb. 3.1d deutlich, in der 2 kleine okzipitale Läsionen (schwarze Pfeile) zu sehen sind, die nach Kontrastmittelgabe dargestellt werden, in den FLAIR- und T2w
Aufnahmen (s. Abb. 3.1a und b) jedoch nicht in Erscheinung treten. Ob solitäre oder multiple Läsionen nachgewiesen werden, entscheidet darüber, ob die Behandlung operativ oder nicht operativ (mit Chemotherapie
oder Bestrahlung) erfolgt. Zur vereinfachten Diagnose
und zum besseren Nachweis von Läsionen (was für die
Therapieplanung unerlässlich ist) muss daher Kontrastmittel eingesetzt werden. Wenn in der 1. Auswertung nur eine solitäre Läsion erkannt wird, müssen die
kontrastmittelgestützten Aufnahmen sorgfältig auf eine
2. oder weitere Metastasen überprüft werden. Mit der
kontrastmittelgestützten MRT werden deutlich mehr
Läsionen erkannt als mit der kontrastmittelgestützten
CT (Computertomografie), weshalb Letztere für die Diagnostik von Metastasen nicht mehr verwendet wird.
Es ist anzumerken, dass trotz der guten Empfindlichkeit
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der MRT beim Nachweis von Läsionen manche Tumoren
selbst in T1w Postkontrastaufnahmen schwer darstellbar sind. Die Nachweisbarkeit von Läsionen in der MRT
lässt sich auf vielfältige Weise verbessern. Dazu zählen
die Verwendung dünner Schichten und der Einsatz der
Hochfeld-MRT mit 3,0 T (Tesla). Aufgrund des besseren
SNR (Signal-zu-Rauschen-Verhältnis) und einer verbesserten Sensitivität nach Kontrastmittelgabe wird empfohlen, zur Detektion von intrakranialen Metastasen
vorzugsweise 3 T zu verwenden.
Die Verwendung eines Kontrastmittels hilft auch, Blutungen (die ähnlich erscheinen können, wie die mit dem
weißen Pfeil in Abb. 3.1c gekennzeichnete Läsion) von hämorrhagischen Metastasen zu unterscheiden, da dadurch
der kontrastmittelaufnehmende Tumorherd klarer hervorgehoben wird (s. Abb. 3.1d, weißer Pfeil). In Studien
ohne Kontrastmittel zeigen hämorrhagische Metastasen,
die am häufigsten bei Melanomen, Nierenzellkarzinomen
und Chorionkarzinomen vorkommen, in T1w und T2w
Aufnahmen ein heterogeneres und in der Entwicklung
stärker verzögertes Signal als die bei einer Hämorrhagie
zu erwartenden Signaländerungen (s. Kapitel 8). Auch
fehlt hämorrhagischen Metastasen der gleichförmige,
hypointense Hämosiderinrand, der in späteren Stadien
gutartiger Hämorrhagien auftritt. Metastasen können als
solide oder ringförmig kontrastmittelanreichernde Läsionen imponieren. Ringförmig erscheinende Metastasen
(s. Abb. 3.1d, Sternchen) lassen sich anhand der Dicke und
Unregelmäßigkeit der anreichernden Wand bis zu einem
gewissen Grad von eher gutartigen Entitäten (z. B. von
Abszessen) unterscheiden. Auch ein zystisches Erscheinungsbild ist bei Metastasen häufig zu finden (s. Abb.
3.1d, Sternchen). Diese zystenartigen Erscheinungen
weisen in T2w und T1w Aufnahmen meist eine liquorähnliche Intensität auf (s. Abb. 3.1b und c), lassen sich in
FLAIR-Aufnahmen aber aufgrund des Proteingehalts von
Liquor unterscheiden (s. Abb. 3.1a). Schließlich weisen
bestimmte Metastasen in der MRT Signaleigenschaften
auf, die Aufschluss über ihren Ursprung geben. So zeigt
das (nicht hämorrhagische) melanotische Melanom in
der T1w Bildgebung aufgrund der paramagnetischen
Effekte des Melanins eine charakteristisch hohe SI. Eine
Hypointensität in T2w Aufnahmen spricht dagegen für
ein muzinöses Adenokarzinom des Dickdarms. Weniger
häufige leptomeningeale Metastasen stellen sich in der
Bildgebung als anomales Kontrastmittel-Enhancement
der Leptomeningen dar, das oft fokal und etwas knotig
erscheint. In der Postkontrast-MRT können eine bakteriell, viral oder tuberkulös bedingte Meningitis oder auch
eine Sarkoidose leptomenigealen Metastasen sehr ähnlich sehen.
Gehirn
aus: Runge u.a.: Essentials der klinischen MRT (ISBN 9783131472717) © 2011 Georg Thieme Verlag KG
a
b
c
d
Abb. 3.1 a–d
Gehirn
aus: Runge u.a.: Essentials der klinischen MRT (ISBN 9783131472717) © 2011 Georg Thieme Verlag KG
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30 Trauma Die MRT ist ein hervorragendes Verfahren, um Verletzungen der Weichteilgewebe und des Rückenmarks zu untersuchen und ist in diesem Zusammenhang der CT vorzuziehen. Die sagittale T2w Aufnahme mit Fettsättigung
in Abb. 30.1a zeigt zervikales Rückenmark, das durch eine
kleine umliegende, epidurale Flüssigkeitsansammlung
komprimiert wird (weiße Pfeile). Anhand ihrer Signalcharakteristika in zusätzlich angefertigten Sequenzen konnte
die Läsion als Epiduralhämatom identifiziert werden. Solche Hämatome entstehen in der Wirbelsäule durch Rupturen des epiduralen Venenplexus. Ihre SI verändert sich
mit dem Alter der enthaltenen Blutabbauprodukte.
Eine traumatische Bandscheibenherniation ( Abb. 30.1b
und c, schwarze Pfeile) auf Höhe von C6–C7 ist in sagittaler T2w FSE- (s. Abb. 30.1b) bzw. in axialer T2w GRE-Aufnahme (s. Abb. 30.1c) zu sehen. In der axialen Aufnahme
ist ein zentraler und linksseitig parazentraler breitbasiger Bandscheibenvorfall (s. Abb. 30.1c, schwarzer Pfeil)
mit begleitender leichter Pelottierung des Myelons zu erkennen. Eine traumatische Herniation kann infolge einer
Knochenverletzung entstehen, wie z. B. in der T2w Aufnahme in Abb. 30.2a. Hier führt die anteriore Subluxation von C4 im Verhältnis zu C5 zu einer Diskusprotrusion
mit gering- bis mittelgradiger Kompression des Myelons.
In der linksseitig parasagittalen Aufnahme in Abb. 30.2b
ist außerdem eine Luxation der Facettengelenke zu sehen
(weißer Pfeil).
Gelegentlich kann eine Schädigung des Myelons ganz
ohne unmittelbare Anzeichen einer gleichzeitigen Knochen- oder Weichteilverletzung auftreten. Die T2w
Aufnahme in Abb. 30.2c zeigt ein sich longitudinal ausdehnendes Myelonödem (schwarze Pfeile) ohne weitere
Anzeichen traumatischer Verletzungen. In einigen Fällen
kann Ödembildung auch zu einer Aufdehnung des Myelons führen. Die Unterscheidung zwischen reinem Ödem
und hämorrhagischer Läsion ist angesichts der schlechten
Prognose der Letzteren von entscheidender Bedeutung.
Die Blutung stellt sich typischerweise spindelförmig dar
und ist longitudinal von einem Ödem umgeben. Die SI
a
b
der hämorrhagischen Komponente ist abhängig vom Alter des Blutabbauprodukts (s. Kapitel 8), die Progression
läuft jedoch erheblich langsamer ab als im Gehirn. Aufgrund dieser Verzögerung ist Desoxyhämoglobin (niedrige SI bei T2w Aufnahme) die dominierende Form in der
akuten Phase. T2w GRE-Aufnahmen können zum Nachweis dieses und anderer Blutabbauprodukte (erkennbar
an der geringen SI) im Myelon beitragen. Bei chronischen
Rückenmarkverletzungen sind myelomalazische Veränderungen mit zystischer Nekrose vorherrschend (sichtbar
als hohe bzw. niedrige SI in T2w und T1w Bildern), die
schließlich zu Syrinxbildung und Markatrophie führen.
Spezifische ossäre Verletzungen der Halswirbelsäule
sind die atlantookzipitale Dislokation, die Jefferson-Fraktur (Berstungsbruch unter Beteiligung des vorderen und
hinteren Bogens von C1), die Hangman-Fraktur (Bruch
von C2 und C3 unter Beteiligung der Bogenwurzeln von
C2) und die Schipperfraktur (Abrissfraktur der Dornfortsätze von C6 oder C7). Densfrakturen können am oberen
Anteil (Typ 1) oder an der Basis des Dens axis (Typ 2) auftreten oder sich auf den C2-Wirbelkörper erstrecken (Typ
3). Ein Wirbelkörper kann sich im Flexion anterior verkeilen und in Fragmente zerbrechen.
Kompressions- oder Berstungsfrakturen z. B. infolge
axialer Überlastung sind die häufigsten traumatischen
Verletzungen im Bereich der Brustwirbelsäule. Sie können
sich in einer Abnahme der Wirbelkörperhöhe manifestieren, wie am BWK (Brustwirbelkörper) 3 in Abb. 30.3 zu
sehen (unterer weißer Pfeil). Die Wirbelkörperhöhe bleibt
jedoch oft unverändert, was die Visualisierung dieser Mikrofrakturen auf normalem Film oder im CT-Bild unmöglich macht. In der MRT hingegen werden die Frakturen
durch Signalalterationen mit Signalabsenkung in T1w
Aufnahmen sowie korrelierender Signalanhebung in T2w
Sequenzen deutlich sichtbar, wie am Beispiel des HWK
(Halswirbelkörpers) 7 in der T1w Aufnahme in Abb. 30.3
(oberer weißer Pfeil) illustriert.
Die MRT ist das einzige Bildgebungsverfahren, das die
unmittelbare Darstellung von Bandverletzungen ermög-
c
Abb. 30.1 a–c
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Halswirbelsäule
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b
c
Abb. 30.2 a–c
licht. Die dichten gefäßlosen Bänder um die Wirbelsäule
herum sind in allen Pulssequenzen als hypointense
Struktur niedriger SI erkennbar. Das vordere Längsband,
das bei Extensionsverletzungen häufig geschädigt wird,
erscheint in sagittalen Aufnahmen normalerweise als
kontinuierlicher dünner Streifen niedriger SI ventral der
Wirbelkörper. Ödeme oder eine Diskontinuität in diesem Streifen deuten auf eine Verletzung hin. Das hintere
Längsband hingegen, das ebenfalls häufig von Extensionsläsionen betroffen ist, sieht auch normalerweise
diskontinuierlich aus, da es von wechselnder Stärke ist:
auf Höhe der Bandscheiben dicker, auf Höhe der Wirbelkörper dünner. Flexionsläsionen können an den Ligg.
interspinalia auftreten, wie in Abb. 30.2a, wo ein Ödem
posterior auf Höhe von C4–C5 sowie eine Spreizung der
Dornfortsätze vorliegen. Mittels spektraler Fettsättigung
(bei T2w FSE-Aufnahme) oder STIR (Short Tau Inversion
Recovery; s. Kapitel 34) lässt sich die Darstellung von
Ödemen in den Weichteilgeweben verbessern. Bei spinalen Traumata müssen auch Gefäßstrukturen – insbesondere die A. vertebralis, da sie durch das Foramen transversum zieht – mittels MRT und MRA auf das Vorliegen
von Dissektionen bzw. dissektionsbedingten Okklusionen untersucht werden.
Abb. 30.3
Halswirbelsäule
aus: Runge u.a.: Essentials der klinischen MRT (ISBN 9783131472717) © 2011 Georg Thieme Verlag KG
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72 Erkrankungen des Abdomens bei Kindern Die Anfertigung einer MRT des Abdomens bei pädiatrischen Patienten ist mit einigen Schwierigkeiten verbunden: Bei ganz jungen Patienten (< 6 Jahre alt) ist es
schwierig, die willkürlichen Bewegungen des Patienten zu
minimieren. Eventuell ist hier gar eine Sedierung für den
Zeitraum der Untersuchung erforderlich. Unter Sedierung
persistierende physiologische Bewegungen durch z. B.
Atmung und Darmperistaltik können durch den Einsatz
von Sequenzen mit kurzen Akquisitionszeiten minimiert
werden, was aber der Bildqualität abträglich sein kann.
Es können auch alternative bildgebende Techniken eingesetzt werden, die bewegungsunempfindlich sind, wie
die PROPELLER-Technik (Periodically rotated overlapping
parallel Lines with enhanced Reconstruction).
Raumforderungen im kindlichen Abdomen betreffen meistens die Niere, wobei Nephroblastome (WilmsTumor) die häufigsten Tumoren sind. Sie erscheinen oft
als große, heterogene, hyperintense bzw. hypointense
Raumforderung in T2w bzw. T1w Aufnahmen. Die Inhomogenität in T2w Aufnahmen kann durch hämorrhagische, zystische oder nekrotische Anteile innerhalb des
Tumors entstehen. In Abb. 72.1a zeigt eine kontrastmittelverstärkte T1w Aufnahme mit Fettunterdrückung ein
großes, leicht homogen kontrastmittelanreicherndes Nephroblastom. Bei Kindern sind gesunde retroperitoneale
Lymphknoten meistens nicht abgrenzbar, sodass die Detektion von solchen Lymphknoten, die oft Kontrastmittel
anreichern und in T2w Aufnahmen eine erhöhte SI zeigen, verdächtig für Metastasen ist. Eine Infiltration des
perirenalen Fettes oder der Nierenvenen sind ebenfalls
wichtige Befunde. Die Beteiligung der Vene manifestiert
sich als Verlust der normalen flussbedingten Signalauslöschung innerhalb des Gefäßes in FSE-Aufnahmen oder
als hypointenses Lumen in GRE-Aufnahmen. Wenn die
Infiltration fraglich ist, kann die Durchführung einer MRV
hilfreich sein. Der Nachweis einer venösen Infiltration
kann den operativen Ansatz verändern. Der tatsächliche
Ursprung einer retroperitonealen Raumforderung bei
Kindern ist in einigen Fällen schwer zu bestimmen: Ein
Neuroblastom aus dem Nebennierenmark kann ähnlich
aussehen wie ein Neuroblastom aus dem paraspinalen
Sympathikus. Die T2w Aufnahme in Abb. 72.1b zeigt ein
Neuroblastom. Anders als Nephroblastome sind Neuroblastome weniger gut abgegrenzt, umschließen die retroperitonealen Gefäßstrukturen, breiten sich posterior
zur Aorta aus und kalzifizieren häufiger, was in der MRT
allerdings nicht immer gut zu erkennen ist. Der Ursprung
einer Läsion in der Nebenniere lässt sich mithilfe der
multiplanaren Rekonstruktionen der MRT besser feststellen. Die Ausbreitung bis zur Mittellinie ist ein wichtiger
Faktor für das Staging. Mehr als die Hälfte aller Neuroblastome bildet Metastasen im Knochen. Dieser Befund
ist schwer zu erkennen, da gesundes Knochenmark bei
Kindern in T1w Aufnahmen eine niedrige SI hat.
Mit zunehmendem Alter treten eher benigne neurogene Tumoren auf (Ganglioneuroblastome, Ganglio-
162
neurome). Die koronale, kontrastmittelverstärkte T1w
Aufnahme mit Fettunterdrückung ( Abb. 72.2a) zeigt ein
Ganglioneuroblastom (Sternchen). Im Gegensatz zu einem Neuroblastom ummauern solche Läsionen die Gefäße nicht. In Abb. 72.2b (kontrastmittelverstärkte T1w
Aufnahme mit Fettunterdrückung) ist die linke Niere von
einem mesoblastischen Nephrom betroffen (d. h. einem
fetalen Nierenhamartom), dem häufigsten soliden Nierentumor bei Patienten, die < 6 Monate alt sind. Diese
Läsion ist benigne, kann jedoch bildmorphologisch nicht
von einem Nephroblastom unterschieden werden. Solche
Läsionen können in T2w Aufnahmen trotz ihres typischerweise fibrösen Inhalts hyperintens erscheinen und
unterschiedlich Kontrastmittel anreichern. Auch Metastasen von Lymphomen und einer Leukämie können die
Niere betreffen. Eine Nephroblastomatose ist das selten
auftretende Persistieren des fetalen Nierenblastems, das
die Entwicklung eines Nephroblastoms begünstigt. Diese
Läsionen erscheinen oft als bilaterale, ovale Herde mit
unregelmäßiger hypointenser Signalcharakteristik in nativen und kontrastmittelverstärkten T1w Aufnahmen sowie mit hoher SI in T2w Aufnahmen. Eine Hämorrhagie
in der Nebenniere, ein häufiges Geburtstrauma, kann wie
eine retroperitoneale Neoplasie erscheinen. Im Unterschied zur Neoplasie bleibt die dreieckige Form der Drüse
bei einer Hämorrhagie der Nebenniere jedoch oft erhalten. Die SI-Merkmale solcher Hämorrhagien sind unterschiedlich, je nach Alter der enthaltenen Blutabbauprodukte: Die axiale T2w STIR-Aufnahme in Abb. 72.2c zeigt
eine Hyperintensität, die mit dem subakuten Zustand der
Hämorrhagie übereinstimmt.
Hepatoblastome und hepatozelluläre Karzinome, beides maligne Entitäten, machen zusammen den größten
Anteil der Leberraumforderungen im Kindesalter aus.
Hepatoblastome sind mit dem Beckwith-WiedemannSyndrom, dem fetalen Alkoholsyndrom und dem GardnerSyndrom assoziiert und betreffen die jüngere Patienten
(ca. 1 Jahr alt). Hepatozelluläre Karzinome treten typischerweise bei Kindern im Alter von 5–15 Jahren auf, die
eine Hepatitis oder eine angeborene Lebererkrankung haben. Diese beiden Entitäten sehen in der MRT ähnlich aus:
Sie betreffen vorzugsweise den rechten Leberlappen und
imponieren häufig als solitäre Raumforderung. Die kontrastmittelverstärkte T1w Aufnahme in Abb. 72.3 zeigt
ein solches Hepatoblastom. Frühes heterogenes Kontrastmittel-Enhancement ist typisch und spiegelt die enthaltenen, fibrösen Strukturen wider, die in Hepatoblastomen
verbreiteter sind als in hepatozellulären Karzinomen. Die
Beteiligung der nahe gelegenen Gefäßstrukturen und
der Lymphknoten der Leberpforte sollte ausgeschlossen
werden. Das Hepatoblastom in Abb. 72.3 zeigt deutliche
Signalauslöschungen. Dieses Merkmal erschwert seine
Unterscheidung von einem Hämangioendotheliom (infantiles kavernöses Hämangiom). Typisch für Letzteres sind
Kontrastmittel-Enhancement-Muster wie bei einem Hämangiom von Erwachsenen (s. Kapitel 65).
Abdomen und Becken
aus: Runge u.a.: Essentials der klinischen MRT (ISBN 9783131472717) © 2011 Georg Thieme Verlag KG
a
b
Abb. 72.1 a und b
b
a
c
Abb. 72.2 a–c
Abb. 72.3
Abdomen und Becken
aus: Runge u.a.: Essentials der klinischen MRT (ISBN 9783131472717) © 2011 Georg Thieme Verlag KG
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79 Kreuzbänder Mit der MRT können Risse des Lig. cruciatum anterius mit
einer Sensitivität von 95 % und einer Spezifität von nahezu
100 % identifiziert werden. Ein gesundes Lig. cruciatum
anterius ist in Abb. 79.1a dargestellt. Es entspringt an der
posterioren Innenfläche des Condylus lateralis femoris und
setzt anterolateral am anterioren Tibiplateau an. Die glatten, durchgehenden Fasern dieses Bandes zeigen in T1w
und T2w Aufnahmen eine niedrige SI, weil sie aus Kollagen
vom Typ I bestehen. Die starre Architektur dieses Kollagens beschränkt die Beweglichkeit des freien Wassers und
bewirkt Dipol-Dipol-Wechselwirkungen zwischen nahe
gelegenen Molekülen. Dies erhöht die T2-Relaxation und
senkt damit die SI in T2w Aufnahmen. Eine lineare Hyperintensität in T2w Aufnahmen, die proximal im Band verläuft, ist jedoch nicht als pathologisch zu bewerten, da sie,
durch die Partialvolumeneffekte bedingt, durch das Interkondylarfett erzeugt wird, das in FSE-T2w Aufnahmen hell
erscheint. Die Akquisition von sagittalen Aufnahmen bei
15 ° auswärts rotiertem Knie bzw. die entsprechende Angulation der jeweiligen Sequenzen kann von Vorteil sein,
um die sagittalen Schichten parallel zum Lig. cruciatum
anterius auszurichten. Eine optimale Darstellung des Lig.
cruciatum posterius wird auf die gleiche Weise erreicht.
Seine gesunde Ansicht zeigt die T2w Aufnahme in Abb.
79.1b. Die Fasern mit niedriger SI des Lig. cruciatum posterius reichen vom Condylus medialis femoris bis zur Area
intercondylaris posterior der Tibia. Eine Hyperintensität
jeglichen Grades im Lig. cruciatum posterius ist anomal.
Risse des Lig. cruciatum anterius treten typischerweise im mittleren Teil oder an den Ansatzstellen auf. Der
Verlust des parallelen Verlaufs des Bandes zur Blumensaat-Linie lässt sich am besten in einer sagittalen PDw
Aufnahme überprüfen. Ein flüssigkeitsgefüllter Spalt im
Band, der in T2w und PDw Aufnahmen hyperintens erscheint, ist das zuverlässigste Zeichen für einen Riss des
Lig. cruciatum anterius. Wenn dies sagittal nicht vollständig dargestellt werden kann, kann eine zusätzliche T2w
oder PDw Aufnahme in koronaler Ebene die Identifizierung unterstützen. Die T2w Aufnahme in Abb. 79.1c zeigt
ein welliges Lig. cruciatum anterius mit durchgängig hoher SI, was mit einem Ödem korreliert. Diese Wellenform
weist auf eine Banddehnung hin, die typisch für einen
partiellen Riss des Lig. cruciatum anterius vom Grad 2 ist.
Läsionen mit anomaler Hyperintensität der Bänder, aber
ohne Verdickung, werden als Grad 1 eingestuft. Mit der
Zeit hat sich der Riss in Abb. 79.1c zu einer kompletten
Ruptur des Kreuzbands ( Abb. 79.1d) entwickelt, die eine
Läsion vom Grad 3 darstellt. Das Fehlen von Fasern mit
niedriger SI im lateralen Teil der Interkondylargrube ist
ein zuverlässiger Indikator für eine Grad-3-Läsion. Begleitende Verletzungen anderer Bänder, insbesondere des
medialen Kollateralbands, kommen häufig vor.
Weitere akute Befunde sind Gelenkergüsse und Knochenkontusionen, die sich beide mit ödemartiger SI manifestieren. Kontusionen treten bei Pivot-Shift-Verletzungen
(Dreh-Rutsch-Verletzungen) durch externe Femurrotation
180
mit Subluxation der anterioren Tibia auf und betreffen
den Condylus lateralis femoris und die posterolaterale Tibia. Solche Verletzungen können das Lig. cruciatum posterius abwinkeln und zu der dargestellten eckigen Ansicht
führen. Segond-Frakturen sind mit Rissen des Lig. cruciatum anterius assoziiert und resultieren aus einer lateralen
Kapselavulsion, die sich als ödemartige SI präsentiert und
die Kapselinsertionsstelle an der lateralen proximalen
Tibia involviert. Insbesondere bei Kindern ist auch eine
Avulsion der Tuberositas tibiae möglich.
Wenn kein Gelenkerguss und keine Knochenkontusion
vorliegen, weist dies auf eine chronische Läsion hin, bei der
das verletzte Lig. cruciatum anterius mit der Zeit horizontalisiert und mit dem Lig. cruciatum posterius verkleben
kann. Es können auch Vernarbungen oder Faserverlust auftreten. Letzteres zeigt sich in T1w Aufnahmen oft als Fett
an der Insertionsstelle des Bandes. Chronische Hyperintensität in T1w Aufnahmen steht für eine mukoide Degeneration. Ganglionzysten in der Sehne oder Interkondylargrube
können wie ein Riss des Lig. cruciatum anterius erscheinen
und eine ödemartige SI aufweisen. Zur Diagnose von Kreuzbandrissen ist nur selten eine MR-Arthrografie erforderlich,
aber der Nachweis von Gadolinium im Dreieck zwischen
Lig. cruciatum anterius und Lig. cruciatum posterius oder
im Lig. cruciatum anterius selbst ist ein Hinweis.
Eine operative Rekonstruktion des Lig. cruciatum anterius wird mithilfe von Sehnentransplantaten aus der Patella oder der Poplitealsehne durchgeführt. Diese zeigen
oft eine generell schrägere Ausrichtung; in T2w Aufnahmen erscheinen sie innerhalb des 1. Jahres verdickt und
mit anomaler Hyperintensität. Eine erfolgreiche Rekonstruktion ist abhängig davon, dass der Femurtunnel an der
Schnittstelle des posterioren Femurkortex und des posterioren Teiles der Epiphysennarbe des Femurs platziert
wird. Früher wurden bevorzugt GRE-T2w Aufnahmen
zur Darstellung von Rissen des Lig. cruciatum anterius
benutzt; dies hat sich insbesondere bei postoperativen
Untersuchungen zugunsten von FSE-T2w Sequenzen geändert, um Suszeptibilitätsartefakte zu vermeiden.
Die Prinzipien der Bildgebung für das Lig. cruciatum
posterius sind denen für das Lig. cruciatum anterius ähnlich. Risse des Lig. cruciatum posterius werden auf ähnliche Weise diagnostiziert: Unterbrechungen entlang des
Bandes oder Bereiche mit hoher SI in T2w Aufnahmen,
die einem Ödem entsprechen. In Abb. 79.1e ist eine hohe
Ödem-SI im mittleren Teil des Lig. cruciatum posterius zu
sehen, das üblicherweise in sagittalen Aufnahmen hypointens erscheint. Partialrisse in der Bandmitte, wie hier
gezeigt, sind typisch für Verletzungen des Lig. cruciatum
posterius. Die assoziierte Avulsion an der Insertionsstelle
der Tibiakomponente des Innenbands am medialen Tibiaplateau ist als mediale oder umgekehrte Segond-Fraktur
bekannt. Das „Arcuate“-Zeichen (fibuläre Avulsion) ist mit
Verletzungen posterolateral lokalisierter Strukturen des
Kniegelenks und Kreuzbandrissen, insbesondere des Lig.
cruciatum posterius, assoziiert.
Muskuloskelettales System
aus: Runge u.a.: Essentials der klinischen MRT (ISBN 9783131472717) © 2011 Georg Thieme Verlag KG
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Abb. 79.1 a–e
Muskuloskelettales System
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