Untersuchungen zur Wirksamkeit und zum angiostatischen Effekt

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Aus der Medizinischen Klinik I
der Universität zu Lübeck
Kommissarischer Direktor: Prof. Dr. med. T. Wagner
Untersuchungen zur Wirksamkeit und zum
angiostatischen Effekt einer metronomischen
Chemotherapie mit Trofosfamid beim humanen
nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom LX1 am
Nacktmausmodell
Inauguraldissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
der Universität zu Lübeck
- Aus der Medizinischen Fakultät vorgelegt von
Christine Bela
aus Hamburg
Lübeck 2006
1. Berichterstatter:
Prof. Dr. med. Thomas Wagner
2. Berichterstatter:
Prof. Dr. med. Hans-Günther Machens
Tag der mündlichen Prüfung:
Zum Druck genehmigt. Lübeck, den
24.08.2007
24.08.2007
Gez. Prof. Dr. med. Werner Solbach
-Dekan der Medizinischen Fakultät-
II
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1
1.1 Krebserkrankungen und ihre Behandlung
1
1.2 Chemotherapien und ihre Wirkmechanismen und Nebenwirkungen
2
1.3 Angiogenese
3
1.4 Metronomische versus konventionelle Chemotherapie
5
1.5 Oxazaphosphorine
6
1.6 Zielsetzung
8
2. Material und Methoden
9
2.1 Versuchstiere und Tumorzellinie
9
2.2 Tumorxenograften
9
2.3 Zytostatikum
12
2.4 Versuchsgruppen
12
2.5 Immunhistochemische Auswertung
14
2.5.1 Bestimmung der Proliferationsrate mit Ki-67
15
2.5.1.1 Prinzip
15
2.5.1.2 Durchführung
15
2.5.2 Bestimmung der Mikrogefäßdichte (microvessel density) mit CD31
17
2.5.2.1 Prinzip
17
2.5.2.2 Durchführung
18
2.5.3 Darstellung apoptotischer Zellen mit der TUNEL-Methode
20
III
2.5.3.1 Prinzip
20
2.5.3.2 Durchführung
20
2.6 Auswertung mittels computergestützter Bildanalyse
22
2.7 Biometrische Auswertung
23
3. Ergebnisse
24
3.1 Vergleich des Tumorwachstums unter konventioneller und metronomischer Therapie
24
3.1.1 Tumorwachstum unter Stoßtherapie („konventioneller Therapie“)
24
3.1.2 Tumorwachstum unter metronomischer Therapie
26
3.2 Nebenwirkungen der verschiedenen Therapieformen
28
3.2.1 Nebenwirkungen unter den konventionellen Therapieformen
28
3.2.2 Nebenwirkungen unter den metronomischen Therapieformen
29
3.3 Immunhistochemische Auswertung
31
3.3.1 Beurteilung der Proliferationsrate
31
3.3.2 Beurteilung der Apoptoserate
32
3.3.3 Beurteilung der Mikrogefäßdichte
33
4. Diskussion
36
4.1 Metronomische Therapieverfahren und Antiangiogenese mit Trofosfamid
38
4.2 Resistenzentwicklung
42
4.3 Nebenwirkungen metronomischer Therapieverfahren
45
IV
5. Zusammenfassung
48
6. Literaturverzeichnis
50
7. Danksagung
61
8. Lebenslauf
62
V
1. Einleitung
1.1 Krebserkrankungen und ihre Behandlung
Zu den therapeutischen Prinzipien bei der Behandlung maligner Tumoren zählen die
chirurgische Intervention, die Strahlentherapie sowie die chemotherapeutische Therapie.
Hierbei wird die Chirurgie insbesondere in früheren Tumorstadien beziehungsweise bei
lokalisierten
Malignomen
angewandt
[Luqmani,
2005].
Zu
beachten
ist,
daß
mikrometastatische Absiedelungen bei dieser Therapieform in der Regel nicht berücksichtigt
werden können und auch zunehmend radikalere operative Maßnahmen häufig keine
Verbesserung der 5-JÜR ergeben haben.
Die Strahlentherapie basiert auf der Voraussetzung, daß das jeweilige Tumorgewebe eine
höhere Strahlensensibilität als das umliegende, gesunde Gewebe aufweist. Relativ gute
Ergebnisse wurden in der Behandlung maligner Kopf-Hals-Tumoren, insbesondere bei
Speicheldrüsentumoren erzielt, wobei bisher keine Verbesserung der Überlebensrate
nachgewiesen werden konnte [Kokemüller et al., 2004].
In den 1940er Jahren begann mit der Entdeckung der antineoplastischen Wirkung von
Stickstofflostverbindungen und Antifolaten bei der Behandlung von Lymphomen und soliden
Tumoren die Ära der zytostatischen Chemotherapie. Seit den 1960er Jahren hat die
Chemotherapie zunehmend an Bedeutung gewonnen. Zytostatika haben insbesondere durch
Kombination verschiedener Medikamente bei Erkrankungen wie z.B. Hodgkin-Lymphomen
zu einer Heilungsrate von ca. 80-90% geführt [Bonadonna et al., 2005; Gholam et al., 2003;
Theodore, 2003]. Zu beachten ist, daß die Chemotherapie allerdings bei vielen
fortgeschrittenen Krebserkrankungen einen eher palliativen Charakter besitzt.
1
1.2 Chemotherapien und ihre Wirkmechanismen und Nebenwirkungen
Die systemische Chemotherapie hat das Ziel, maligne entartete Zellen durch den Eingriff in
den Zellzyklus in ihrer Proliferation zu hemmen bzw. vollständig zu zerstören. Es existieren
verschiedenste Therapiekonzepte in der antineoplastischen medikamentösen Therapie. Hierzu
gehören unter anderem die zytostatische Chemotherapie, die Hormon- sowie die
Immuntherapie, die durch den Einsatz monoklonaler Antikörper charakterisiert ist. Weiterhin
befinden sich Behandlungsstrategien wie die Zytokintherapie, die Inhibition von
Wachstumsfaktoren, Gentherapie sowie die in dieser Arbeit behandelte Antiangiogenese in
Erprobung. Anzustreben beim Einsatz von Chemotherapeutika sind eine größtmögliche
Antitumorwirkung bei möglichst geringen Nebenwirkungen. Durch die vorwiegend
systemische Verabreichung und Wirkung der betreffenden Medikamente läßt sich eine
zytotoxische Schädigung des gesunden Gewebes in der Regel jedoch nicht vermeiden. Im
Rahmen der Weiterentwicklung von antineoplastischen Medikamenten und mithilfe
unterstützender Begleitmaßnahmen bei der Durchführung von Chemotherapien ließen sich das
Auftreten und der Schweregrad der Nebenwirkungen in den vergangenen Jahren deutlich
verringern.
Problematisch ist auch, daß viele Zytostatika eine geringe therapeutische Breite besitzen, so
daß für die erwünschte antineoplastische Wirkung häufig eine gewisse systemische Toxizität
in Kauf genommen werden muß [Emmenegger et al., 2004]. Zunehmend gewinnen,
abweichend
von
den
konventionellen,
zyklisch
applizierten
Chemotherapien,
Therapiekonzepte an Bedeutung, die durch niedrigere Dosierung und kontinuierliche Gabe
2
eine Verminderung der Nebenwirkungen bei gleichbleibender Antitumorwirkung erzielen
(„metronomische Chemotherapie“) [Fujimoto et al., 2005; Polverini, 2002].
1.3 Angiogenese
Das Wachstum von Zellen und Geweben ist neben anderen Substraten (z.B. Glukose)
abhängig von der ausreichenden Versorgung mit Sauerstoff. Dies gilt auch für neoplastisches
Gewebe. Tumoren sind in der Regel gekennzeichnet durch expansives Wachstum mit hohen
Proliferationsraten und deutlich verstärkter Stoffwechselaktivität, so daß eine befriedigende
Oxygenierung nicht allein durch Sauerstoffdiffusion aus dem umliegenden Gewebe erfolgen
kann [Folkman, 1971]. Interaktionen zwischen Tumor und seiner Umgebung führen dazu, daß
eine ausreichende Vaskularisierung stattfindet. Diese Vaskularisierung wird durch
Wachstumsfaktoren und verschiedene aktivierende und inhibierende Proteine der Tumorzellen
reguliert, welche je nach Bedarf sezerniert werden [Choi et al., 2003]. Im Regelfall
überwiegen die inhibitorischen Proteine. Zwei der wichtigsten die Gefäßneubildungen
stimulierenden („angiogenen“) Faktoren sind VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor)
und bFGF (Basic Fibroblast Growth Factor) [Raymond, 1998]. Nach der Sezernierung
innerhalb der Tumorzelle binden diese an Rezeptoren bestehender Endothelzellen. Die
Signaltransduktion zum Endothelzellenkern führt zur entsprechenden Genexpression und zur
Bildung neuer Gefäße. Hierbei kommt es zunächst zur Freisetzung von MatrixMetalloproteasen (MMP), welche die Degradation der Basalmembran der Endothelzelle sowie
des umliegenden Gewebes bewirken und so eine Einsprossung von neuen Gefäßen
ermöglichen [Hamacher et al., 2004]. In der folgenden Phase werden diese Gefäße mit
3
Perizyten umgeben, die endotheliale Proliferation wird gehemmt und die Basalmembran wird
erneut aufgebaut [Bohle et al., 1999]. Diese Vorgänge sind häufig inkomplett und resultieren
in irregulären Gefäßformation, unregelmäßig aufgebauten Gefäßwänden und arteriovenösen
Shunts [Miller et al., 2001]. Weiterhin sind im Rahmen der Angiogenese nicht nur lokale
Vorgänge, also die Teilung präexistenter, differenzierter Endothelzellen („Sprouting
angiogenesis“)
zu
beachten,
sondern
auch
das
Vorkommen
eines
systemischen
Angiogeneseprozesses, der unter anderem mit einer Ausschwemmung von endothelialen
Progenitorzellen (CEP) einhergeht [Poreba et al., 2005].
Aufgrund der Bedeutung der Tumorvaskularisation für das Tumorwachstum sind in den
letzten 30 Jahren verschiedene Ansätze der antiangiogenen Therapiemöglichkeiten entstanden.
Es existieren präklinische und klinische Studien, in denen Angiogenese-Inhibitoren wie
beispielsweise TNP-470 [Browder et al., 2000] oder Antikörper gegen VEGF [Rhee et al.,
2005; Takahashi et al., 2005] getestet wurden. Gleichermaßen konnte jedoch auch gezeigt
werden, daß gebräuchliche zytostatische Chemotherapeutika antiangiogenes Potential besitzen
[Drevs et al., 2004; Miller et al., 2001; Moehler et al., 2004]. Hierzu gehören insbesondere
Bleomycin, die Vincaalkaloide und Taxol [Kerbel et al., 2002]. Folkman berichtete in den
1970er Jahren als Erster über die angiostatische Wirkung von Cyclophosphamid. Mehrere
Studien konnten diese Ergebnisse in den nachfolgenden Jahren weiter unterstreichen [Bello et
al., 2001; Browder et al., 2000; Zhao et al., 2005].
4
1.4 Metronomische versus konventionelle Chemotherapie
Die heute vorwiegend gebräuchlichen Chemotherapieschemata, die sich primär gegen die
Tumorzelle richten, basieren auf unterschiedlichen theoretischen Modellen und Überlegungen
(Goldie-Coldman, Skipper-Schabel, Norton- Simon). Sie haben insgesamt zu dem Schluß
geführt, daß eine effektive antineoplastische Wirkung durch wiederholte zyklische Gabe
(Intervalle von 3-4 wöchigen Abständen) von Medikamenten in adäquater Dosierung erzielt
wird [Foote, 1998]. Durch Therapiepausen soll einerseits eine Erholung des gesunden
Gewebes hervorgerufen werden, andererseits die sekundäre Resistenzbildung in den
Tumorzellen verhindert werden [Gatti et al., 2005]. Diese entwickelt sich, im Gegensatz zur
primären Resistenz, nach dem Kontakt mit dem Zytostatikum und wird durch unterschiedliche
Prozesse induziert (verminderte Aktivierung in der Tumorzelle, vermehrte Inaktivierung,
Expression von Multi-Drug-Resistance-Genen etc.) [Gatti et al., 2005; Rideg et al., 2005]. Die
Resistenzbildung der Tumorzellen erklärt, warum Tumoren häufig initial gut auf die jeweilige
Chemotherapie ansprechen, letztlich jedoch nur selten kurativ behandelt werden können.
Im Rahmen der metronomischen Chemotherapie soll durch kontinuierlich verabreichte,
niedrigdosierte Mengen des Zytostatikums eine Reduktion der den Tumor versorgenden
Blutgefäße und somit eine Hemmung des Tumorwachstums erreicht werden. Vorrangig ist
nicht die Tumorzelle selbst dabei der Angriffspunkt der Therapie, sondern vielmehr die
genetisch stabile Endothelzelle. BROWDER et al. konnten zeigen, daß für die Hemmung der
Gefäßneubildung deutlich niedrigere Dosierungen nötig sind als für die Erzielung eines
zytotoxischen Effekts [Browder et al., 2000]. Diese Ergebnisse wurden auch in anderen
Untersuchungen erzielt [Boehm et al., 1997; Drevs et al., 2004; Hanahan et al., 2000; Ng et
5
al., 2004]. Es ergibt sich somit eine Verminderung der toxischen Nebenwirkungen unter einer
metronomischen Chemotherapie, welche in tierexperimentellen Studien und einzelnen
klinischen Fallberichten gezeigt werden konnte, sowie eine effektive antitumorale Wirkung
[Man et al., 2002; Rozados et al., 2004]. COLLEONI und Mitarbeiter sowie BOCCI und
Mitarbeiter untersuchten metronomische Therapieverfahren mit den oral verabreichten
Medikamenten Cyclophosphamid und Methotrexat bei Patientinnen mit metastasierten
Mamma-Karzinomen. Sie konnten einerseits die effektive antitumorale Wirkung sowie den
vergleichsweise geringen Kostenaufwand einer solchen Therapie demonstrieren [Bocci et al.,
2005; Colleoni et al., 2002].
1.5 Oxazaphosphorine
Die Oxazaphosphorine gehören zur Gruppe der Alkylantien, die als chemisch labile
Substanzen Alkylreste auf DNA-Stränge insbesondere während der Replikation übertragen
können. Durch die Alkylierung von DNA werden im Rahmen der Chemotherapie Replikation
und
Transkription
gehemmt.
Die
Hauptvertreter
der
Oxazaphosphoringruppe
sind
Cyclophosphamid, Ifosfamid und Trofosfamid. Alle drei Substanzen liegen zunächst als
inaktive Vorläufer, sogenannte „Prodrugs“ vor und bedürfen der hepatischen Aktivierung
mittels Cytochrom P-450 Isoenzymen [Boddy et al., 2000]. Hierbei entstehen 4Hydroxymetaboliten und Aldophosphamid, welches in den Zielzellen nichtenzymatisch in das
alkylierende Phosphoramid-Lost und Acrolein gespalten wird.
Seit der erstmaligen Synthetisierung im Jahre 1958 sind das Cyclophosphamid sowie in
geringerem Maße seine Derivate Ifosfamid und Trofosfamid Bestandteil der zytostatischen
6
Therapie in der Behandlung von Erkrankungen des blutbildenden Systems (u.a. akute und
chronische lymphatische und myeloische Leukämien, Hodgkin- und Non-HodgkinLymphome) und solider Tumoren (u.a. Ovarialkarzinom, Mammakarzinom, kleinzelliges
Bronchialkarzinom). Als häufige und zum Teil therapielimitierende Nebenwirkungen sind die
durch die Acroleinbildung entstehende hämorrhagische Zystitis zu nennen sowie eine
generelle Myelosuppression, weiterhin Nausea und Vomitus sowie Alopezien.
Von BROWDER und Mitarbeitern wurde die antiangiogene Wirkung von Cyclophosphamid
in der Behandlung therapieresistenter muriner Tumoren gezeigt [Browder et al., 2000]. Im
klinischen
Bereich
ist
der
Einsatz
von
Cyclophosphamid
aufgrund
des
Nebenwirkungsspektrums jedoch häufig zeitlich begrenzt. Einzelne kleinere klinische Studien
konnten die bessere Verträglichkeit des Cyclophosphamid-Analogons Trofosfamid in der
Langzeitbehandlung von therapieresistenten Tumoren dokumentieren [Al-Batran et al., 2004;
Andersson et al., 2002; Falkson et al., 1978]. Desweiteren konnte aufgrund der verabreichten
niedrigen Dosen ebenfalls angenommen werden, daß nicht allein zytotoxische Wirkungen
gegenüber der Tumorzelle für die antineoplastische Wirkung des Medikaments verantwortlich
waren.
7
1.6 Zielsetzung
Aufbauend auf den Erkenntnissen über das angiostatische Potential von Cyclophosphamid
sollten in dieser Arbeit verschiedene Eigenschaften von Trofosfamid im Rahmen der
Chemotherapie untersucht werden. Hierzu gehörte zunächst die Quantifizierung der
Wirksamkeit von Trofosfamid als metronomisch angewandtes Chemotherapeutikum.
Weiterhin sollte überprüft werden, inwiefern sich diese Wirksamkeit auf einen antiangiogenen
Effekt begründet. Außerdem war zu untersuchen, wie sich eine langfristige, niedrigdosierte
(„metronomische“) Therapieform im Vergleich zur konventionellen, zyklisch verabreichten
Chemotherapie in bezug auf das Nebenwirkungsspektrum und die Toxizität verhält. Die
Untersuchungen wurden im Tierversuchsmodell an thymusaplastischen Nacktmäusen
durchgeführt und erstmals wurde hierbei ein menschlicher Tumor therapiert (Humanes
nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom, NSCLC).
8
2. Material und Methoden
2.1 Versuchstiere und Tumorzellinie
Als Versuchstiere wurden weibliche, ca. 6 Wochen alte, thymusaplastische Nacktmäuse (nude
mice, nu/nu) verwendet (Taconic, Dänemark und Charles River, Deutschland). Bei
Versuchsbeginn hatten die Tiere ein Durchschnittsgewicht von 16 g.
Die Tiere wurden unter sterilen Bedingungen zu 5 Tieren pro Käfig (Polycarbonkäfige
Macrolon, Größe 38 x 22 x 15 cm (Typ III)) gehalten mit freiem Zugang zu pelletierter
Standarddiät (Fa. Altromin, Lage/Lippe, Deutschland) und Leitungswasser aus Trinkflaschen.
Gemäß dem Tierschutzgesetz wurden alle tierexperimentellen Untersuchungen dieser
Dissertationsarbeit unter der Tierversuchsantragsnummer V 252/ 722411224 (54-6/01) vom
24.07.2001 vom Ministerium für Umweltschutz, Natur und Forsten des Landes SchleswigHolstein als zuständige Behörde genehmigt. Bei der verwendeten Tumorzellinie handelte es
sich um das humane nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom LX1 (Cell Lines Services,
Heidelberg, Deutschland).
2.2 Tumorxenograften
Die zuvor in flüssigem Stickstoff bei -196°C kryokonservierten Tumorzellen wurden nach
steriler Aufarbeitung subkutan in die Nackenregion mehrerer Trägermäuse injiziert. Für jedes
Tier wurde ein Volumen von 0,1 ml mit einer absoluten Zellzahl von 2-4 x 106 benötigt. Bei
Erreichen einer Tumorgröße von ca. 800 mm³ wurde nach Narkotisierung der Maus der
Tumor unter sterilen Bedingungen entnommen. Nach der Tumorentnahme wurden die Tiere
9
durch Genicküberstreckung getötet. Der entfernte Tumor wurde zunächst von Bindegewebe
und anhaftenden Hautresten getrennt, makroskopisch sichtbare nekrotische Anteile wurden
entfernt. Die Aufarbeitung der Tumore erfolgte in RPMI-Medium (RPMI 1640, Bio
Whittaker/Cambrex). Aus dem Tumorgewebe wurden 1-2 mm³ großen Tumorstücke
zugeschnitten, welche subkutan in die Flanke der Versuchstiere transplantiert wurden. Die
Transplantation wurde an narkotisierten Tieren vorgenommen. Als Narkotikum wurde eine
Mischung aus Nembutal (Pentobarbital-Na, 1,8 ml-Lsg.,) und Rompun (Rompun 2%, 25 mlLsg.) im Verhältnis 1:1 verwendet. Beide Medikamente wurden vor dem Mischen jeweils im
Verhältnis 1:10 mit 0,9%iger Natriumchloridlösung verdünnt. Die Narkose wurde den Tieren
gewichtsadaptiert (0,016 ml pro 1g KG) intraperitoneal injiziert [s. Abb.1]. Während der
Transplantation wurde die Maus auf einer sterilen Unterlage gelagert (Foliodrape 45 cm x 75
cm, Fa. Hartmann). Anschließend wurde die Flankenregion gründlich desinfiziert und ein ca. 3
mm langer Hautschnitt mit dem Skalpell vorgenommen. Nach Formen einer Hauttasche
mithilfe der Pinzette wurde das Tumormaterial eingelagert und der Hautschnitt mit Steristrips
verschlossen. Nach der Tumortransplantation wurden die Tiere für ca. 1 Stunde unter der
Rotlichtlampe gelagert, um einer Auskühlung entgegenzuwirken. Alle Tiere erhielten
Ampicillin (Ampicillin-ratiopharm 0,5 ml Injektionslsg.) in einer Konzentration von 10
mg/kg/KG über das Trinkwasser zur Infektionsprophylaxe. Die Tumorvolumenbestimmung
erfolgte 3-4 mal pro Woche mittels der Schieblehre nach der auch in vorangehenden Arbeiten
häufig angewandten Formel (x² * y)/2 [Geran et al., 1977; Schröder, 2000; Man et al., 2002;
Müller 2006]. Hierbei stellt x den horizontalen, y den vertikalen Durchmesser des Tumors dar.
Bei einem Tumorvolumen von 200 mm³ wurde mit der zytostatischen Therapie begonnen.
10
Abb. 1:
Technik der intraperitonealen Injektion
Abb. 2:
Bestimmung des Tumorvolumens
11
2.3 Zytostatikum
Als Chemotherapeutikum wurde Trofosfamid (Baxter Oncology GmbH, Frankfurt a.M.,
Deutschland)
eingesetzt,
ein
Cyclophosphamid-Analogon
aus
der
Gruppe
der
Oxazaphosphorine. Zum Ansetzen der erforderlichen Konzentrationen wurde das Trofosfamid
im entsprechenden Verhältnis mit 0,9%iger Natriumchloridlösung verdünnt. Trofosfamid
besitzt eine lipophile Molekülstruktur und ist daher schlecht wasserlöslich. Um das
Trofosfamid in Lösung zu bringen, wurde der Ansatz im Ultraschallbad solange behandelt bis
das Medikament vollständig gelöst war. Je nach Versuchsgruppe wurde das Trofosfamid
intraperitoneal injiziert oder dem Trinkwasser hinzugegeben. Trofosfamid ist in wäßriger
Lösung bei Raumtemperatur über Tage stabil. Zur Injektion verwendeten wir handelsübliche
Tuberkulinspritzen (BD Plastipak, 1 ml; Kanüle: Terumo Neolus, 26G 0,45mm).
2.4 Versuchsgruppen
Die Tiere wurden randomisiert und den verschiedenen Versuchsgruppen zugeordnet, wobei
eine Versuchsgruppe in der Regel 8 Tiere enthielt. Die Versuchsgruppen setzten sich wie folgt
zusammen [Tabelle Nr. 1]:
12
Tab. 1:
Zusammensetzung
Therapieschemata.
der
Tierversuchsgruppen
mit
Angabe
der
Trofosfamiddosierungen
und
• Kontrollgruppe
Versuchsgruppe I (Kontrolle):
• unbehandelt
Versuchsgruppe II (Konv-266):
• 266,4 mg/kg Trofosfamid
• i.p.-Injektion an Tag 1 und Tag 15
• 532,8 mg/kg KG kumulative Dosis (über 4
Versuchsgruppe III (Konv-176):
Wochen)
• 176,4 mg/kg Trofosfamid
• i.p.-Injektion an Tag 1 und Tag 15
• 322,8 mg/kg KG kumulative Dosis (über 4
Versuchsgruppe IV/V (Metro-i.p. 29/59):
Wochen)
• 44,4 mg/kg Trofosfamid (kumulativ in 7 Tagen)
• i.p.-Injektion dreimal wöchentlich
• 532,8 mg/kg KG kumulative Dosis (über 4
Wochen)
• Therapie über 29 bzw. 59 Tage
Versuchsgruppe VI/VII (Metro-o 29/59):
• 19 mg/kg KG Trofosfamid pro Tag
• Kontinuierliche Zugabe zum Trinkwasser.
• Therapie über 29 bzw. 59 Tage
• 532,8 mg/kg KG kumulative Dosis (über 4 Wochen)
(Die Dosierung des Trofosfamids wurde hier unter der Annahme gewählt, daß ein Tier 1,5 ml pro 10 g KG pro
Tag trinkt. Diese Werte wurden in vorangehenden Versuchen ermittelt.)
13
Gruppen, die eine metronomische Therapieform erhielten (Versuchsgruppen IV und V),
wurden jeweils in zwei Untergruppen geteilt. Eine Gruppe wurde dabei bis Tag 29 therapiert,
während die andere weiter bis Tag 59 behandelt wurde. Alle Tiere wurden dreimal
wöchentlich gewogen und auf Krankheits- oder Infektionszeichen untersucht. Dabei wurde
ebenfalls das Tumorvolumen ausgemessen und berechnet. Im Anschluß an die Therapie
wurden alle Tiere weiterhin für einen Zeitraum von 30 Tagen beobachtet.
Bei Überschreiten einer maximalen Tumorgröße von ca. 1000mm³ wurden die Tumoren aus
ethischen Gründen entfernt und die Versuchstiere getötet. Entnommene Tumoren wurden in
1% Formalin fixiert und für 2 Tage bei Raumtemperatur gelagert, danach erfolgte die
Einbettung in Paraffin.
2.5 Immunhistochemische Aufarbeitung
Um tumorbiologische Parameter zu untersuchen und Hinweise auf den Wirkmechanismus von
Trofosfamid zu gewinnen, wurden in den einzelnen Versuchsgruppen die Tumoren zu
definierten Zeitpunkten entnommen. Die in Paraffin eingebetteten Tumore wurden mittels
eines Mikrotoms zu 5 µm dicken Schnitten verarbeitet und histologisch aufgearbeitet. An den
Tumorschnitten
wurden
Färbungen
zur
Ermittlung
der
Proliferationsrate,
der
Mikrogefäßdichte („microvessel density“) und der Apoptose durchgeführt. Die gefärbten
Schnitte wurden mithilfe der Computerprogramme Scion Image 4.0.2 (Scion Corporation,
MD, USA) und Adobe Photoshop 7.0 (Adobe Systems Inc, CA, USA.) ausgewertet.
14
2.5.1 Bestimmung der Proliferationsrate mit Ki-67
2.5.1.1 Prinzip:
Um die Proliferationsrate der Tumorzellen zu ermitteln, wurde das Ki67-Antigen mittels eines
Ki67-Antikörpers nachgewiesen. Ki-67 ist ein Kernprotein, welches während aller aktiven
Phasen des Zellzyklus (G1-, S-, G2- und Mitosephase) exprimiert wird und in der Ruhephase
(G0-Phase) nicht nachzuweisen ist.
Die Färbung erfolgte mittels der sogenannten LSAB-Methode (Labelled StreptAvidin-Biotin,
Fa. DAKO) am Autostainer (Fa. DAKO). Diese Methode nutzt die Affinität von Avidin zu
Biotin. Avidin ist ein aus Hühnereiweiß gewonnenes Tetramer mit vier Bindungsstellen für
Biotin. Das auf gentechnischem Weg erzeugte und für die Versuche verwendete Produkt ist
das Streptavidin. Im Rahmen der LSAB-Methode erfolgt zunächst die Inkubation mit dem
Primärantikörper. Danach wird ein biotinylierter Brückenantikörper verwendet, um den
Biotin-Avidin-Komplex herzustellen. Im dritten Schritt erfolgt das Auftragen eines direkt mit
einem Enzym (alkalische Phosphatase oder Peroxidase) gebundenen Avidins. Im letzten
Schritt wird durch Zugabe eines chromogenen Substrats die Reaktion des verwendeten
Streptavidinkonjugats sichtbar gemacht.
2.5.1.2 Durchführung:
1. Entparaffinieren und Rehydrieren des Gewebeschnitts.
Die Schnitte wurden jeweils 3 mal 10 Minuten in Xylol gelagert, anschließend wurden die
Schnitte in Alkohol mit den unterschiedlichen Konzentrationen 100%, 100%, 96%, 96% und
15
70% für jeweils 2-3 Minuten behandelt. Zur nachfolgenden Spülung wurde Aqua dest.
benutzt.
2. Antigendemaskierung.
Die Objektträger wurden in einer Plastikküvette plaziert und die Küvette mit
Citronensäuepuffer (pH 6,0) befüllt. Danach wurde die Plastikküvette für 15 Minuten in die
Mikrowelle bei 700 W gestellt, anschließend erfolgte eine Abkühlung für 20 Minuten bei
Raumtemperatur. Die Objektträger wurden dann im Autostainer plaziert.
3. Inkubation mit dem Primär-Antikörper Ki-67 (Maus-Anti-Human, 1 ml, Fa. DAKO).
Der Antikörper wurde im Verhältnis 1:100 mit Antibody Diluent (Fa. DAKOCytomation)
verdünnt, es wurden 100-150 µl des verdünnten Antikörpers pro Schnitt verwendet. Die
Inkubation erfolgte bei Raumtemperatur für 25 Minuten. Nach der Inkubation wurden die
Schnitte mit Waschpuffer (Wash Buffer, Fa. DAKO) gespült.
4. Inkubation mit dem biotinylierten Brückenantikörper.
Der
gebrauchsfertige
biotinylierte
Brückenantikörper
aus
dem
Kit
K5001
(Fa.
DAKOCytomation) wurde auf die Objektträger gegeben und mithilfe eines Plastikspatels
verteilt. Die Inkubation erfolgte ebenfalls bei Raumtemperatur für 10 Minuten. Nach der
Inkubation wurden die Objektträger mit Waschpuffer gespült.
16
5. Blockierung der endogenen Peroxidase und Inkubation mit Streptavidin.
Die Objektträger wurden für 5 Minuten bei Raumtemperatur mit dem gebrauchsfertigen
Peroxidase-Blockierungsreagenz (Fa. DAKO) inkubiert und anschließend mit Wash Buffer
gespült. Die Schnitte wurden mit dem gebrauchsfertigen Streptavidin-Enzymkonjugat aus dem
Kit 5001 für 10 Minuten bei Raumtemperatur inkubiert und anschließend mit Wash Buffer
gespült.
6. Färbung mit dem Substrat.
Die Schnitte wurden mit dem Chromogen-Substrat (DAB-Substrat-Chromogen) aus dem Kit
für 2 mal 5 Minuten bei Raumtemperatur inkubiert. Die Gegenfärbung erfolgte für eine
Minute unter Verwendung von Mayers Hämatoxylin für eine Minute; nach dem Einwirken
wurden die Objektträger unter fließendem Wasser für 10 Minuten gespült. Zum Eindecken mit
Deckglas wurden Aquatex (Aquatex Eindeckmedium, Fa. Merck) und Deckgläser (24mm x
40mm, Fa. Omnilab) benutzt.
2.5.2 Bestimmung der Mikrogefäßdichte (microvessel density) mit CD31
2.5.2.1 Prinzip:
Mithilfe des CD31-Antikörpers ist es möglich, im Gewebsschnitt Endothelzellen anzufärben.
Die Färbung wurde mittels der CSA-Methode durchgeführt, als Antikörper wurde ein CD31
Ratte-Anti-Maus-Antikörper (Primär-Antikörper, 1ml, Fa. DPC Biermann) genutzt. Das CSASystem beruht auf der sogenannten ABC-Peroxidasetechnik (Avidin-Biotin-Complex), welche
sich die Affinität von Avidin zu Biotin zunutze macht. Für unsere Versuchsreihen wurde das
17
gentechnisch erzeugte, reinere Streptavidin eingesetzt. Der monoklonale Primärantikörper
bindet an das korrespondierende Antigen im Gewebsschnitt. Er wird von einem
biotinmarkierten Sekundär- oder Brückenantikörper erkannt. Anschließend wird ein Komplex
aus Streptavidin und biotinylierter Meerrettichperoxidase (HRP) auf den Schnitt gegeben.
Dieser Komplex bindet an das Biotin des Brückenantikörpers. Die Meerrettichperoxidase wird
in der CSA-Methode für
eine Verstärkungsreaktion verwendet. Zu einem Tyramid
(biotinyliertes Tyramin) enthaltenden Verstärkungsreagenz wird die Peroxidase hinzugefügt,
welche die Radikalreaktion katalysiert. In mehreren Schritten werden
hierbei verstärkt
Peroxidase- und Biotinmoleküle am Ort des Antigens gebunden, woraus eine deutlichere
Farbintensität und damit eine erhöhte Nachweisempfindlichkeit resultiert.
2.5.2.2 Durchführung:
1. Entparaffinierung und Rehydrierung der Gewebeschnitte.
Die Schnitte wurden für 3 mal 10 Minuten mit Xylol behandelt und anschließend mit Alkohol
in absteigender Konzentration (100%, 100%, 96%, 96%, 70%) für jeweils zwei bis drei
Minuten behandelt. Danach wurde mit Waschpuffer (Wash Buffer, Fa. DAKOCytomation)
gespült.
2. Antigendemaskierung und Blockierung der endogenen Peroxidase.
Die Schnitte wurden hierbei für zehn Minuten bei 37°C auf der Heizplatte mit ProteinkinaseK-Gebrauchslösung (1,6 ml Peroxidase-Puffer + 1 Tropfen Proteinkinase K
(Fa.
DAKOCytomation)) inkubiert. Die Objektträger wurden für 10 Minuten bei Raumtemperatur
18
mit Peroxidase-Blockierungsreagenz inkubiert (Fa. DAKOCytomation) und anschließend mit
Waschpuffer gespült.
3. Inkubation mit dem Primär-Antikörper CD31.
Dieser wurde im Verhältnis 1:100 mit Antibody Diluent (Fa. DAKOCytomation) verdünnt.
Jeder Objektträger erhielt 100-150 µl und wurde für eine Stunde bei Raumtemperatur
inkubiert, anschließend wurden die Objektträger mit Wash Buffer gespült.
4. Inkubation mit Brückenantikörpern.
Im
weiteren
wurden
die
Objektträger
für
25
Minuten
mit
den
biotinylierten
Brückenantikörpern (Rattenimmunglobulin, Fa. DAKOCytomation), welche zuvor mit
Antibody Diluent im Verhältnis 1:200 verdünnt wurden, inkubiert. Danach wurde mit
Waschpuffer gespült.
5. Inkubation mit dem Streptavidin-Biotin-Peroxidase-Komplex.
Die
Schnitte
wurden
mit
dem
Streptavidin-Biotin-Peroxidase-Komplex
(Fa.
DAKOCytomation) versetzt, für 15 Minuten bei Raumtemperatur inkubiert und mit
Waschpuffer gespült. Für die Verstärkungsreaktion mit biotinmarkiertem Tyramin wurde
ebenfalls für 15 Minuten bei Raumtemperatur inkubiert und mit Waschpuffer gespült.
Anschließend erfolgte die Behandlung mit Streptavidin-Peroxidase-Konjugat für 15 Minuten
bei Raumtemperatur. Die Schnitte wurden wiederum mit Waschpuffer gespült. Die Färbung
mit dem Substrat (DAB-Substrat-Chromogen (Fa. DAKOCytomation)) erfolgte für 10
Minuten bei Raumtemperatur. Bei der Gegenfärbung mit HE (Mayers Hämatoxylin) wurde
19
für 30-60 Sekunden inkubiert und die Objektträger anschließend für 10 Minuten mit
fließendem Wasser gespült. Die Eindeckelung erfolgte mit Aquatex Eindeckmedium (Fa.
Merck) und Deckgläschen (24 mm x 40mm, Fa. Omnilab).
2.5.3 Darstellung apoptotischer Zellen mit der TUNEL-Methode
2.5.3.1 Prinzip:
Um apoptotische DNA-Fragmente im Tumorgewebe darstellen zu können, wurde die
sogenannte TUNEL-Methode (Terminale-Deoxynucleotidyl-Transferase-mediiertes dUTP Nick End Labeling) eingesetzt. Ein wesentliches Merkmal der Apoptose ist der Abbau der
DNA in kleine Fragmente. Hierbei kommt es zu internukleosomalen Strangbrüchen und
gehäuftem Auftreten von freien 3´-OH-Gruppen. Diese freien 3´-OH-Gruppen bzw.
apoptotischen Fragmente können mithilfe der TUNEL-Färbung sichtbar gemacht werden.
2.5.3.2 Durchführung:
1. Entparaffinieren und Rehydrieren der Gewebeschnitte und pH-Wert-Einstellung.
Die Schnitte wurden in Xylol für dreimal 10 Minuten gebadet. Im Anschluß erfolgte eine
Inkubation mit Alkohol in absteigenden Konzentrationen (100%, 100%, 96%, 96%, 70%) für
jeweils 2 Minuten. Die Objektträger wurden zweimal mit PBS (Fa. BioChrom) gespült. Es
wurden zwei Tropfen Gleichgewichtspuffer (Equilabaration Buffer, Fa. DAKOCytomation)
auf die Schnitte gegeben, mit einem Deckgläschen eingedeckt und 5 Minuten bei 37°C im
Brutschrank inkubiert.
20
2. Ansetzen des TUNEL- Reaction- Mix und Inkubation.
Für das weitere Vorgehen wurde der TUNEL-Reaction- Mix (Fa. DAKO) angesetzt. Für jeden
Schnitt wurden 45 µl Biotin-16-dUTP und 5 µl Terminale Transferase (Tdt) in einem
Eppendorfgefäß angesetzt und gemischt. Es war darauf zu achten, daß dieses Gemisch, auf Eis
gelagert, nicht länger als 5 Stunden verwendbar war. Nach der Inkubation mit
Gleichgewichtspuffer wurden die Deckgläschen abgehoben, und überschüssige Flüssigkeit
wurde vorsichtig abgetupft. Die Schnitte durften dabei nicht austrocknen. Jeweils 50µl des
TUNEL-Reaction-Mix wurden auf die Schnitte gegeben und mit einem neuen Deckgläschen
eingedeckt. Danach wurden die Objektträger bei 37°C für 60 Minuten in der feuchten Kammer
inkubiert. Im Anschluß wurden die Deckgläschen wieder entfernt und die Schnitte für jeweils
1 Minute mit PBS und für 2 Minuten mit Waschpuffer (Wash Buffer, Fa. DAKOCytomation)
in der Küvette gewaschen.
3. Inkubation mit AP-Detection-Reagenz.
Als nächstes wurden die Schnitte aus dem Aqua dest. entnommen und am Rand mit einem
Tuch getrocknet. Die Objektträger wurden auf einer Heizplatte bei 37ºC mit 6-8 Tropfen AP
Detection Reagenz (Fa. DAKOCytomation) für 20-30 Minuten inkubiert. Auch hier war
darauf zu achten, daß die Schnitte nicht austrockneten, ggf. wurden Deckgläschen benutzt.
Nach der Inkubation wurden die Objektträger von der Heizplatte genommen, in eine mit
Waschpuffer gefüllte Küvette gestellt und wiederum für eine Minute inkubiert.
21
4. Färbung mit NBT/BCIP- Mixtur.
Nach Entnahme und Trockenwischen der Objektträger wurden sie nun auf der Heizplatte bei
37°C mit 6-8 Tropfen NBT (Nitroblau-Tetrazolium)/BCIP (Bromochloridolyl-Phosphat)Mixture (Fa. DAKOCytomation) für 15-20 Minuten inkubiert. Anschließend wurde
überschüssiger Farbstoff abgekippt, und die Objektträger in eine mit Waschpuffer gefüllte
Küvette gestellt.
5. Gegenfärbung mit Red Counter Stain.
Es erfolgte die Überführung der Schnitte in eine neue, mit Wasser gefüllte Küvette. Es wurden
bei Raumtemperatur 6-8 Tropfen Red Counter Stain (Fa. DAKOCytomation) auf die Schnitte
gegeben und in der feuchten Kammer für 1-2 Minuten inkubiert. Nach der dreimaligen
Spülung mit destilliertem Wasser wurden die Schnitte mit Aquatex (Fa. Merck) und
Deckgläsern (Omnilab, 24 mm x 40 mm) eingedeckt.
2.6 Auswertung mittels computergestützter Bildanalyse
Nach erfolgter immunhistochemischer Aufarbeitung wurden die gefärbten Schnitte mithilfe
eines Fotomikroskops fotografiert. Hierbei wurden jeweils Abschnitte gewählt, in denen eine
hohe Zelldichte vorherrschte, sogenannte „Hot spots“. Zur Bestimmung der Proliferationsrate
mittels Ki-67 wurden die bräunlich-violett angefärbten Zellkerne von fünf ausgewählten Hot
spots pro Tumor von drei unabhängigen Beobachtern ausgezählt. Für die Auswertung fand das
Computerprogramm Scion Image 4.0.2 (Scion Corporation, MD, USA) Verwendung.
22
Um die Mikrogefäßdichte zu bestimmen wurden die mit CD31 markierten Gefäße in jeweils
fünf verschiedenen „Hot spots“ je Tumor wiederum von drei unabhängigen Untersuchern
ermittelt. Auch hier erfolgte die Auszählung mithilfe des Programms Scion Image. Auch bei
der Bestimmung der Apoptoserate wurden die in der TUNEL-Färbung tiefschwarz
erscheinenden Zellkerne in fünf Hot spots pro Tumor von drei unabhängigen Beobachtern
ausgezählt. Die computergestützte Auswertung erfolgte hierbei mit dem Programm Adobe
Photoshop 7.0 (Adobe systems Inc., CA, USA).
2.7 Biometrische Auswertung
Die Gruppenunterschiede, die sich nach dem Auszählen der immunhistochemisch gefärbten
Zellen ergaben, wurden mithilfe des Mann-Whitney-Wilcoxon-Tests auf ihre Signifikanz
geprüft. Als signifikant galt hierbei p < 0,05. Für die Errechnung wurde das SoftwareProgramm Prism 4.0 (GraphPad Software, CA, USA) verwendet.
23
3. Ergebnisse
3.1 Vergleich des Tumorwachstums unter Stoßtherapie und metronomischer Therapie
3.1.1 Tumorwachstum unter Stoßtherapie („konventioneller Therapie“)
Unter den „konventionellen“ Therapieformen, d.h. den Stoßtherapieverfahren, zeigten sich
nach der ersten Behandlung (Tag 1, ↓) jeweils kurzfristige Wachstumsverzögerungen der
Tumoren, die nach der zweiten Behandlung (Tag 15, ↓) in deutlich geringerem Maße
beobachtet werden konnten. Ab Tag 17 der konventionellen Therapieschemata entsprach der
Tumorwachstumsverlauf annähernd dem der unbehandelten Kontrollgruppe Die Tumoren der
Kontrollgruppe zeigten ein sehr rasches Größenwachstum und erreichten mehrheitlich vor
dem 10. Behandlungstag eine Größe von > 1000 mm3 . Es ist jedoch zu bemerken, daß zwei
der Versuchstiere Tumoren aufwiesen, die mit zunehmender Größe ausgedehnte Nekrosen
entwickelten, die die Volumenbestimmung erschwerten. Die Tiere wurden trotz der nicht
erreichten Tumorgröße von 1000 mm3 aufgrund ihres desolaten Allgemeinzustands zwischen
10. und 15. Behandlungstag getötet. Aufgrund der vergleichsweise kleinen Volumina dieser
ulzerierten, nekotischen Tumore wurde die graphische Darstellung der Kontrollgruppe nur bis
zu einer Tumorgröße von 800 mm3 weitergeführt. [Abbildung 3].
24
1000
900
Tumorvolumen (mm³)
800
700
600
500
400
300
200
100
0
0
10
20
30
40
50
60
70
Therapiedauer (Tage)
Abb. 3:
LX1-Tumorwachstum unter den konventionellen Therapieformen mit Trofosfamid im Vergleich zur
unbehandelten Kontrollgruppe.
(MW +/- SEM)
■:
○:
●:
↓:
Kontrollgruppe
Konv-176 (176,4 mg/kg KG)
Konv-266 (266,4 mg/kg KG)
Therapiezeitpunkte (Tag 1/ Tag 15)
n=8
n=8
n=8
25
3.1.2 Tumorwachstum unter metronomischer Therapie
Unter
der
metronomischen
Therapie
mit
Trofosfamid
zeigte
sich
eine
Tumorwachstumsretardierung ab dem 10. Tag nach Behandlungsbeginn, die bis zum
jeweiligen Therapieende an Tag 29 bzw. 59 aufrechterhalten werden konnte. Nach
Therapieende konnte eine rasche Zunahme des Tumorvolumens beobachtet werden. Die
Tumorwachstumsverläufe für die intraperitoneale und die orale Applikationsform des
Chemotherapeutikums waren annähernd gleich [Abbildung 4 und 5].
1000
900
Tumorvolumen (mm³)
800
700
600
500
400
300
200
100
0
0
10
20
30
40
50
60
70
Therapiedauer (Tage)
Abb. 4:
LX1-Tumorwachstum unter metronomischer, dreimal wöchentlich intraperitoneal applizierter Therapie
mit Trofosfamid über 29 und 59 Tage.
(MW +/- SEM)
■:
●:
○:
↔:
Kontrollgruppe
Metro-ip 29 (44,4 mg/kg KG i.p./3x pro Woche für 29 Tage)
Metro-ip 59 (44,4 mg/kg KG i.p./ 3x pro Woche für 59 Tage)
Zeitspanne der jeweiligen Therapie (29/59 Tage)
26
n=8
n=8
n=8
1000
900
Tumorvolumen (mm³)
800
700
600
500
400
300
200
100
0
0
10
20
30
40
50
60
70
Therapiedauer (Tage)
Abb. 5:
LX1-Tumorwachstum unter metronomischer, oraler Therapie mit Trofosfamid über 29 und 59 Tage.
(MW +/- SEM)
■
●
○
↔
Kontrollgruppe
Metro-o 29 (19 mg/kg KG p.o. täglich für 29 Tage)
Metro-o 59 (19 mg/kg KG p.o. täglich für 59 Tage)
Zeitspanne der jeweiligen Therapie (29/59 Tage)
27
n=8
n=8
n=8
3.2 Nebenwirkungen der verschiedenen Therapieformen
3.2.1 Nebenwirkungen unter den konventionellen Therapieverfahren
Unter der Therapie mit 176,4 mg/kg KG zeigte sich bei den Versuchstieren ein geringer
Gewichtsverlust [Abbildung 6]. In der subjektiven Beurteilung des Verhaltens der Tiere zeigte
sich eine allenfalls geringe Antriebsarmut.
Die Behandlung mit 266,4 mg/kg KG führte nach der ersten Injektion zum Tod von 2 von 8
Tieren, nach der zweiten Injektion starben weitere drei Tiere. Das Gewicht der übrigen Tiere
zeigte im Verlauf nur einen mäßigen Anstieg im Vergleich zum Ausgangsgewicht [Abb. 6],
weiterhin konnte eine deutliche Apathie in der Verhaltensbeurteilung festgestellt werden.
115
relatives Gewicht (%)
110
105
100
95
90
85
80
75
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Therapiedauer (Tage)
Abb. 6:
Relativer Gewichtsverlauf während der konventionellen Therapien im Vergleich zur unbehandelten
Kontrollgruppe.
(MW)
■
○
●
↑
Kontrollgruppe
Konv-176 (176,4 mg/kg KG an Tag 1 und Tag 15)
Konv-266 (266,4 mg/kg KG an Tag 1 ind Tag 15)
Therapiezeitpunkte
28
n=8
n=8
n=8
3.2.2 Nebenwirkungen unter den metronomischen Therapieformen
Unter den metronomischen Therapieformen fand sich bei den Versuchstieren über die gesamte
Therapiedauer (29 bzw. 59 Tage) und in der nachfolgenden Beobachtungszeit ein relativ
konstantes Gewicht. Höhergradige toxische Nebenwirkungen traten nicht auf [Abb. 7 und 8].
125
relatives Gewicht (%)
120
115
110
105
100
95
90
85
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Therapiedauer (Tage)
Abb. 7:
Relativer Gewichtsverlauf während metronomischer Therapie über 29 Tage i.p. und oral.
(MW)
■
○
●
↔
Kontrollgruppe
Metro-o 29 (19 mg/kg KG p.o. täglich für 29 Tage)
Metro-ip 29 (44,4 mg/kg KG i.p./3x pro Woche für 29 Tage)
Therapiedauer
29
n=8
n=8
n=8
110
relatives Gewicht (%)
105
100
95
90
85
80
0
10
20
30
40
50
60
70
Therapiedauer (Tage)
Abb. 8:
Relativer Gewichtsverlauf während metronomischer Therapie über 59 Tage i.p. und oral.
(MW)
■
○
●
↔
Kontrollgruppe
Metro-o 59 (19 mg/kg KG p.o. täglich für 59 Tage)
Metro-ip 59 (44,4 mg/kg KG i.p./3x pro Woche für 59 Tage)
Therapiedauer
30
n=8
n=8
n=8
3.3. Immunhistochemische Auswertung
3.3.1 Beurteilung der Proliferationsrate
Im Vergleich zu prätherapeutischen Tumoren (Tumorvolumen 200 mm³) zeigten sich keine
signifikanten Unterschiede der Proliferationsrate unter den unterschiedlichen Therapieformen
[s. Abb. 9].
90
Proliferationsrate
(% der Ki67-positiven Zellen +/- SD)
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Prätherapeut.
LX-1
Kontrolle
Konv-176
15d 29d
15d 29d
Metro-ip
Metro-o
Abb. 9:
Bestimmung der Proliferationsrate zu definierten Zeitpunkten mittels der Ki-67-positiven Zellen unter den
verschiedenen Therapieformen (Angaben in Prozent +/- SD; für jede Gruppe gilt n= 8).
Prätherapeutische LX-1-Tumore:
Bestimmung der Proliferationsrate in unbehandelten
Tumoren bei einem Tumorvolumen von 200 mm³
Kontrolle:
Bestimmung der Proliferationsrate in unbehandelten
Tumoren beim maximal zulässigen Tumorvolumen.
Konv- 176:
Bestimmung der Proliferationsrate an Tag 15 unter
konventioneller Therapie mit 176,4 mg/kg KG.
Metro-ip/Metro-o:
Bestimmung der Proliferationsrate unter den
metronomischen Therapieformen jeweils an Tag 15 und
Tag 29.
31
3.3.2 Beurteilung der Apoptoserate
Unter den verschiedenen Therapien konnte keine signifikante Verminderung der Apoptoserate
im Vergleich zu prätherapeutischen Tumoren festgestellt werden [Abbildung 10].
Apoptoserate
(% der TUNEL-positiven Zellen +/- SD)
8
7
6
5
4
3
2
1
0
Prätherapeut.
LX-1
Kontrolle
Konv-176
15d 29d
15d 29d
Metro-ip
Metro-o
Abb. 10:
Bestimmung der Apoptoserate mittels der TUNEL-positiven Zellen zu definierten Zeitpunkten unter den
verschiedenen Therapieformen (Angaben in Prozent +/- SD; für jede Gruppe gilt n=8).
Prätherapeutische LX-1-Tumore:
Bestimmung der Apoptoserate in unbehandelten
Tumoren bei einem Tumorvolumen von 200 mm³.
Kontrolle:
Bestimmung der Apoptoserate in unbehandelten
Tumoren beim maximal zulässigen Tumorvolumen.
Konv- 176:
Bestimmung der Apoptoserate an Tag 15 unter
konventioneller Therapie mit 176,4 mg/kg KG.
Metro-ip/Metro-o:
Bestimmung der Apoptoserate unter den
metronomischen Therapieformen jeweils an Tag 15 und
Tag 29.
32
3.3.3 Beurteilung der Mikrogefäßdichte (microvessel density)
Unter der metronomischen Therapie konnte eine signifikante Abnahme der Mikrogefäßdichte
nach 29 Tagen Behandlung beobachtet werden. Die Verminderung betrug hier bis zu 50% im
Vergleich zur Mikrogefäßdichte an Tag 15. In den übrigen Versuchsgruppen zeigten sich nur
geringe Verminderungen (Kontrollgruppe) oder eine Zunnahme der microvessel density
(176,4 mg/kg KG) [Abbildung 11 und 12].
Mikrogefäßdichte
(CD31-positive Zellen +/- SD)
20
15
10
5
0
Prätherapeut.
LX-1
Kontrolle
Konv-176
15d 29d
15d 29d
Metro-ip
Metro-o
Abb. 11:
Bestimmung der Mikrogefäßdichte mithilfe der Anzahl CD31-positiver Zellen (+/- SD) in den
verschiedenen Therapiegruppen zu definierten Zeitpunkten.
Prätherapeutische LX-1-Tumore:
Bestimmung der Mikrogefäßdichte in unbehandelten
Tumoren bei einem Tumorvolumen von 200 mm³.
Kontrolle:
Bestimmung der Mikrogefäßdichte in unbehandelten
Tumoren beim maximal zulässigen Tumorvolumen.
Konv- 176:
Bestimmung der Mikrogefäßdichte an Tag 15 unter
konventioneller Therapie mit 176,4 mg/kg KG.
Metro-ip/Metro-o:
Bestimmung der Mikrogefäßdichte unter den
metronomischen Therapieformen jeweils an Tag 15 und
Tag 29.
33
Prätherapeutische LX-1-Tumore
Kontrolle
Konv-176
Metro-ip (Tag 15)
Metro-ip (Tag 29)
Metro-o (Tag 15)
Metro-o (Tag 29)
Abb. 12:
Quantifizierung der Mikrogefäßdichte unter verschiedenen Therapieformen mit Trofosfamid.
Immunhistochemische Färbung der Tumorgefäße mit CD31 bei behandelten und unbehandelten Tieren
(400fache Vergrößerung).
(Legende umseitig)
34
Prätherapeutische LX-1-Tumore:
Explantierte Tumore an Tag 0 bei ca. 200 mm³
Kontrolle:
Unbehandelte Tumoren bei ca. 800 mm³
Konv- 176:
Tumorschnitte der mit konventioneller Therapie (176,4 mg/kg KG)
behandelten Versuchsgruppe an Tag 15
Metro-ip:
Tumorschnitte der mit metronomischer .i-p.-Therapie (44,4
mg/kg KG 3x wöchentlich) behandelten Tiere an Tag 15 und 29
Metro-o:
Tumorschnitte der mit oraler metronomischer Therapie (19 mg/kg KG täglich)
behandelten Tiere an Tag 15 und 29
35
4. Diskussion
Die Chemotherapie von Krebserkrankungen hat in den letzten 60 Jahren eine kontinuierliche
Weiterentwicklung erfahren, in deren Zuge verschiedenste Strategien der Tumorbehandlung
entstanden sind. In den 1970er Jahren wurde von Folkman der Mechanismus der
Antiangiogenese als Konzept zur Tumorbehandlung vorgeschlagen. Die antiangiogene
Therapie besitzt gegenüber herkömmlichen Chemotherapien den Vorteil, daß nicht die zu
Mutationen neigenden, heterogenen Tumorzellen das Ziel der Behandlung sind, sondern die
genetisch stabilen Endothelzellen [Benouchan et al., 2005]. Entscheidend ist, daß unabhängig von der Heterogenität der Tumorzellen und –arten -
allen neoplastischen
Erkrankungen gemeinsam ist, daß sie für Tumorwachstum und Metastasierung auf eine
suffiziente Vaskularisierung angewiesen sind [Burke et al., 2001; Folkman, 1971].
Forschungsergebnisse zur antiangiogenen Therapie haben gezeigt, daß die für die
Gefäßwachstumsinhibition benötigten Zytostatikadosen deutlich unterhalb derer liegen, die für
die Behandlung der Tumorzellen notwendig sind [Gately et al., 2001]. Weiterhin wurde
beobachtet,
daß
für
eine
suffiziente
Antiangiogenese
konventionelle,
zyklische
Zytostatikagaben nicht geeignet sind [Hahnfeldt et al., 2003]. Dieses Phänomen findet seine
Begründung in der Tatsache, daß die Proliferationsrate der Endothelzelle während der
Tumorangiogenese deutlich geringer ist als die der Tumorzellen, so daß intermittierende
Medikamentengaben den Replikationszyklus der Endothelzelle wenig oder gar nicht
beeinflussen
[Hanahan
et
al.,
2000].
Dauerhafte,
niedrigdosierte
(metronomische)
Zytostatikabehandlungen haben sich im Gegensatz dazu als antiangiogen wirksam erwiesen.
Für einige „klassische“ Chemotherapeutika konnte bisher eine antiangiogene Aktivität in vivo
36
und in vitro nachgewiesen werden, so z.B. für Bleomycin, Fluorouracil, Etoposid und auch für
Cyclophosphamid [Albertsson et al., 2003; Klement et al., 2000; Miller et al., 2001].
BROWDER und Mitarbeiter konnten zeigen, daß eine metronomische Therapie mit
Cyclophosphamid an verschiedenen Tumorarten im Tierversuchsmodell durch den
Mechanismus der Antiangiogenese zu einer wirksamen Inhibition des Tumorwachstums bei
vergleichsweise geringen chemotherapeutischen Nebenwirkungen führte [Browder et al.,
2000].
Aufbauend auf diesen Ergebnissen war das Ziel dieser Arbeit, das Oxazaphosphorin
Trofosfamid auf gleichartige Eigenschaften unter einer dauerhaften, niedrigdosierten
Behandlung eines menschlichen Tumors zu untersuchen, da dieses im Wirkungsspektrum und
–mechanismus dem Cyclophosphamid ähnelt, sich jedoch in klinischen Beobachtungen
teilweise als nebenwirkungsärmer erwiesen hat [Andersson et al., 2002; Jahnke et al., 2004;
Latz et al., 2004]. Die Inzidenz der Bronchialtumoren ist weiterhin ansteigend und die
Therapieoptionen auch heute noch meist unbefriedigend [Janssen-Heijnen et al., 2003].
Zudem bestehen Unsicherheiten, inwieweit sich Therapiestrategien und Dosierungen, die für
die kleinzelligen Bronchialkarzinome geeignet sind, auf die nichtkleinzelligen Karzinome
übertragen lassen [Crawford, 2004]. Aufgrund der dringenden Notwendigkeit, neue Strategien
für die Behandlung dieser Krankheitsentität zu entwickeln, verwendeten wir in unseren
Versuchen
das
humane,
nicht-kleinzellige
Bronchialkarzinom
LX1.
Um
im
Tierversuchsmodell auch die klinische Ausgangssituation zu berücksichtigen, begannen wir
mit der Therapie ab einer definierten Tumorgröße, bei welcher bereits eine ausreichende
Gefäßversorgung des Tumors vorherrschte.
37
4.1 Metronomische Therapieverfahren und Antiangiogenese mit Trofosfamid
Wir konnten mit unseren Untersuchungen zeigen, daß eine metronomische Therapie mit
Trofosfamid eine anhaltende inhibitorische Wirkung auf das Tumorwachstum hatte,
unabhängig davon, in welcher Form das Medikament appliziert wurde (intraperitoneal oder
oral). Wir bezogen die orale Verabreichung des Trofosfamids in unsere Untersuchungen mit
ein, um eine Annäherung an die klinischen Verhältnisse zu erreichen. MAN und Mitarbeiter
konnten zeigen, daß eine kontinuierliche, niedrigdosierte Zugabe von Cyclophosphamid zum
Trinkwasser bei Mäusen eine signifikante Wachstumsinhibition verschiedener humaner
Tumoren (Mamma-, Colon-, Prostata-Krazinom) bewirkt, ohne daß toxische Nebenwirkungen
auftreten [Man et al., 2002]. Diese Beobachtungen ließen sich in unserer Arbeit für
Trofosfamid bestätigen. Unsicherheiten ergaben sich bei der Bestimmung der täglich durch die
Tiere aufgenommenen Trinkwassermenge und damit auch der Medikamentendosis. Die
Dosierung erfolgte basierend auf eigenen Untersuchungen zum Trinkwasserverbrauch der
Tiere, welcher auch gut mit den Ergebnissen der Arbeitsgruppe um MAN korrelierte [Man et
al., 2002]. Desweiteren zeigten sich beim Vergleich der Tumorwachstumsverläufe der
intraperitonealen, exakt dosierbaren metronomischen Therapie und der oralen Behandlung
kaum Unterschiede (s. Abb. 4 und 5).
Nach Beendigung der metronomischen Therapie zeigte sich in unserer Untersuchung bei allen
Tieren, die bis Tag 29 behandelt wurden, ein erneuter Anstieg des Tumorvolumens. BOCCI
und Mitarbeiter demonstrierten am Beispiel verschiedener Chemotherapeutika, u.a. auch
Cyclophosphamid, daß der zytotoxische Effekt des Medikaments auf die Endothelzellen mit
38
Verzögerung bzw. nach längeren Behandlungszeiten auftritt [Bocci et al., 2002]. Dieses
Ergebnis konnten wir dadurch unterstreichen, daß die Mikrogefäßdichte der metronomisch
behandelten Tumoren nach 29 Tagen der Therapie signifikant reduziert werden konnte,
während dieser Effekt nach 15 Tagen noch nicht nachweisbar war. Der direkte Vergleich
zwischen der Mikrogefäßdichte jeweils an Tag 29 der metronomischen Therapie und der
konventionellen Therapie konnte von uns nicht durchgeführt werden, da die Mehrzahl der
konventionell behandelten Tiere bereits vor Tag 29 Tumorvolumina aufwies, die nach den
geltenden Tierschutzbestimmungen eine Tötung erforderlich machten. Die wenigen Tumoren
(zwei Tumore der Gruppe II), die an Tag 29 noch den immunhistochemischen
Untersuchungen zur Verfügung standen, wiesen überwiegend nekrotisch verändertes,
zerfallenes und für die Immunhistochemie unbrauchbares Gewebe auf, so daß hier keine
weiterführenden Erkenntnisse gewonnen werden konnten. Es ist zu diskutieren, ob die
Durchführung der Versuche an deutlich größeren Versuchsgruppen hier sinnvoll sein könnte,
um an den späteren Versuchstagen möglicherweise mehr funktionstüchtiges Gewebe zur
weiteren Untersuchung zu erhalten. Es wäre für zukünftige Studien zu empfehlen, auch andere
Parameter zu bestimmen, die zu einem früheren Zeitpunkt Hinweise auf die antiangiogene
Wirkung einer Therapie geben können. BERTOLINI und Mitarbeiter konnten beispielsweise
zeigen, daß metronomische Therapieverfahren die Mobilisation und Lebensfähigkeit von
zirkulierenden endothelialen Progenitorzellen (CEP) vermindern, während konventionell
dosierte und applizierte Behandlungen diese Eigenschaften erhöhen [Bertolini et al., 2003]. Zu
diesem Thema werden in unserer Abteilung zur Zeit weitergehende Studien durchgeführt.
BEAUDRY et al. demonstrierten, daß eine angiogene Therapie mit einem VEGF-Inhibitor
unterschiedliche Effekte auf zirkulierende endotheliale Progenitorzellen (CEP) und
39
zirkulierende reife Endothelzellen (CEC) hat und eine Bestimmung beider Parameter
frühzeitige Ergebnisse hinsichtlich des antiangiogenen Effekts der Therapie liefern kann
[Beaudry et al., 2005]. Weiterhin ist zu beachten, daß die Mikrogefäßdichte bei der
Einschätzung der Tumorvaskularisierung lediglich das Vorhandensein von Gefäßen
beschreibt, nicht aber den funktionellen Status der Tumorgefäße. EBERHARD und
Mitarbeiter demonstrierten, daß für diese Fragestellungen die Erfassung der Entwicklung von
Pericyten im Bereich des Tumorendothels (Microvessel Pericyte coverage Index, MPI)
hilfreich sein kann [Eberhard et al., 2000]. Es ist ebenfalls argumentiert worden, daß die zu
einem bestimmten Zeitpunkt registrierte Mikrogefäßdichte innerhalb eines therapeutisch
beeinflußten Tumors auch abhängig ist vom sich verändernden Verhältnis zwischen
Tumorzellmasse und Vaskularisation [Hlatky et al., 2002]. Bis heute ist die Bestimmung der
Mikrogefäßdichte der am gründlichsten untersuchte und am häufigsten verwendete Marker zur
Evaluation antiangiogener Wirksamkeit einer Therapie. Trotzdem ist es für die Zukunft
unabdingbar, auch andere Faktoren und Mechanismen zu identifizieren, die die Effektivität
antiangiogener Verfahren möglicherweise noch genauer beschreiben können.
In den beiden Versuchsgruppen, die metronomisch bis Tag 59 therapiert wurden (i.p. und oral)
zeigte sich bei jeweils 2 Tieren kein erneutes Tumorwachstum bis Tag 90, an dem die Tiere
getötet wurden. Auch dieses Ergebnis führt zu der Annahme, daß die Effektivität einer
metronomischen Therapie mit zunehmender Behandlungsdauer verstärkt wird. Als
Begründung für diese Hypothese kann die Tatsache herangezogen werden, daß endotheliale
Zellen einen im Vergleich zu den Tumorzellen längeren Zellzyklus aufweisen, was bedeutet,
daß erst mit zunehmender Therapiedauer zytotoxische Effekte auf die Endothelzellen
40
akkumulieren und so schließlich zu möglicherweise irreversiblen Endothelzellschädigungen
und zur Minderversorgung des Tumors mit Sauerstoff führen [Kerbel et al., 2004].
Verständlicher wird hiermit auch, daß wir regelmäßig ein erneutes Tumorwachstum nach
Beendigung der metronomischen Therapieformen beobachten konnten. Es ist davon
auszugehen, daß der Endothelzellschaden unter einer metronomischen Therapie für einen
zytostatischen Effekt ausreicht. Abhängig von der Behandlungsdauer kann jedoch nach
Therapieende noch insgesamt genügend intaktes bzw. nur reversibel geschädigtes Endothel
vorhanden sein, um ein weiteres Tumorwachstum zu gewährleisten [O´Byrne et al., 2001]. Als
eine mögliche Ursache für die antiangiogene Wirkung metronomischer Therapieformen
insbesondere mit Cyclophosphamid konnte von BOCCI und Mitarbeitern die Gen- und
Proteinexpression
von
Thrombospondin-1
(TSP-1),
einem
endothelspezifischen
Angiogeneseinhibitor, im Tierversuchsmodell demonstriert werden [Bocci et al., 2003].
Dieser Effekt konnte von der Arbeitsgruppe um HAMANO für Cyclophosphamid bestätigt
werden [Hamano et al., 2004]. Es wäre in zukünftigen Studien zu untersuchen, ob die
Induktion von TSP-1 auch während metronomischer Behandlungsformen mit Trofosfamid
stattfindet, nicht nur, um weitere Einblicke in den Wirkmechanismus des Medikaments zu
erlangen, sondern auch, um gegebenenfalls TSP-1 als klinischen Marker für das Ansprechen
auf metronomische Therapien zu verwenden.
Abweichend von allen uns bekannten Veröffentlichungen zeigten sich unsere Ergebnisse
hinsichtlich der Proliferations- und Apoptoserate unter der metronomischen Therapie. In
vorangehenden Arbeiten zu antiangiogenen Behandlungsstrategien konnte regelmäßig eine
Verminderung der microvessel density einhergehend mit einer Verminderung der
41
Proliferationsrate und, soweit untersucht, eine Erhöhung der Apoptoserate beobachtet werden
[Prox et al., 2003; Bello et al., 2001; Takahashi et al., 2001; Browder et al., 2000].
4.2 Resistenzentwicklung
Im
Vergleich
zu
den
metronomischen
Therapieformen
untersuchten
wir
das
Tumorwachstumsverhalten unter zyklisch applizierten, also den klinisch hauptsächlich
angewandten Therapieformen. Wir trugen damit der weitreichend verbreiteten Annahme
Rechnung, daß dosisintensivierte Therapieschemata für eine suffiziente Tumorbehandlung
notwendig sind und die zyklische Applikation zur Erholung des Normalgewebes und damit
zur Reduktion der medikamentös bedingten Nebenwirkungen führt [Foote, 1998]. In der
klinischen Praxis ist die meßbare Tumormasse, respektive deren therapeutisch induzierte
Veränderung, der entscheidende Parameter anhand dessen beurteilt werden kann, ob ein
solider Tumor chemoresistent ist. Hierbei ist zunächst nicht entscheidend, ob sich der Tumor
aus a priori resistenten Zellen zusammensetzt oder ob eliminierte sensible Tumorzellen durch
resistente ersetzt werden. Das schlechte Ansprechen der Tumoren in unserer Arbeit auf die
höher dosierten Behandlungen legt unter anderem eine zunehmende Resistenzbildung der
Tumorzellen gegenüber dem Chemotherapeutikum zumindest nahe. HOLDEN und
Mitarbeiter
konnten
zeigen,
daß
zyklisch
applizierte,
dosisintensivierte
Gaben
unterschiedlicher gebräuchlicher Zytostatika (Melphalan, Cyclophoshamid, Carboplatin u.a.)
bei der in-vitro Behandlung des FSall Fibrosarkoms zu vermehrter Resistenzinduktion führten
[Holden et al., 1995]. Dieser Effekt wurde durch die Verlängerung der Therapiepausen von 3
auf 7 Tage noch verstärkt. Beteiligt an der Bildung von Resistenzen gegen Oxazaphosphorin-
42
Chemotherapeutika sind unter anderem Mechanismen wie vermehrte DNA-Reparatur und
Erhöhung der zellulären Spiegel von u.a. Thiol und Glutathion-S-Transferase sowie
Veränderungen der Apoptosefähigkeit der Tumorzellen nach dem Eintritt von DNA- Schäden
[Zhang et al., 2005]. Von TEICHER et al. wurde im Tierversuchsmodell demonstriert, daß
EMT-6 murine Mammakarzinome nach sechsmonatiger Behandlung mit verschiedenen
Alkylantien, hierunter auch Cyclophosphamid, klinisch nicht mehr auf die jeweilige Therapie
ansprachen. Interessanterweise zeigte sich jedoch auch, daß diese scheinbar resistenten
Tumore in vitro keine signifikante Resistenz gegnüber den verwendeten Medikamenten
aufwiesen, was impliziert, daß sich die Mechanismen der Resistenzbildung in vivo und in
vitro unterscheiden [Teicher et al., 1990]. Unter diesem Gesichtspunkt sind sicherlich weitere
präklinische und klinische Studien zur Untersuchung der Beteiligung anderer Faktoren und
Mechanismen bei der Resistenzentwicklung erforderlich, um zukünftige Chemotherapien zu
optimieren.
Weiterhin stellt sich zwingend die Frage, ob nicht auch metronomische Therapieverfahren
Resistenzen der Tumorzellen hervorrufen können. In diesem Zusammenhang ist insbesondere
dem
Glucose-related-Protein
GRP78
eine
führende
Rolle
zugeschrieben
worden.
Antiangiogene Wirkstoffe bewirken nicht nur eine Sauerstoffreduktion im Tumorgewebe,
sondern
auch
deutlich
erniedrigte
Glukosespiegel.
GRP78,
ein
Chaperone
des
endoplasmatischen Retikulums, wird bei starken Glukosemangelzuständen und Azidose
verstärkt exprimiert. DONG und Mitarbeiter konnten zeigen, daß die antiangiogene
Behandlung zur Hochregulierung von GRP78 in den überlebenden Tumorzellen führte [Dong
et al., 2005]. Der Zusammenhang zwischen GRP78, resistenzinduzierenden Proteinen und
43
Angiogenese ist von der Arbeitsgruppe um KOOMAGI bei der Behandlung von 62 Patienten
mit Bronchialkarzinom untersucht worden [Koomagi et al., 1999]. Zu erwähnen sind auch
andere mögliche Vorgänge, die zur erworbenen oder induzierten Resistenzbildung unter
antiangiogenen Therapieverfahren und auch zum Versagen dieser Behandlungen führen
können. Hierzu gehören z.B. hohe lokale Konzentrationen an VEGF und verwandten
Wachstumsfaktoren, die die proapoptotische Wirkung verschiedener Angiogeneseinhibitoren
antagonisieren können, die Induktion von antiapoptotischen Effektormolekülen in den
Endothelzellen
und
die
unterschiedliche
Sauerstoffabhängigkeit
verschiedener
Tumorzellpoulationen [Kerbel et al., 2001]. Die Bedeutung dieser Vorgänge muß
möglicherweise relativiert werden, da Resistenzentwicklungen unter antiangiogenen
Therapieformen in der vorliegenden Literatur bisher nur in sehr geringem Maße beobachtet
werden konnten [Boehm et al., 1997]. Trotzdem müssen auch weiterhin Untersuchungen auf
diesem Gebiet durchgeführt werden, um mögliche Resistenzentwicklungen umgehen zu
können und antiangiogene Strategien zu optimieren.
Um auch unter diesem Gesichtspunkt die Effektivität angiostatischer Therapieverfahren zu
erhöhen, sind von einigen Arbeitsgruppen Kombinationsbehandlungen von gebräuchlichen
Zytostatika bzw. Behandlungsstrategien und/oder speziellen Angiogenese-Inhibitoren
untersucht
worden.
HUBER
und
Mitarbeiter
konnten
demonstrieren,
daß
eine
Dreierkombination aus SU11657 als Angiogeneseinhibitor, Pemetrexed als Antifolat und
ionisierender Strahlung in vitro und in vivo der Tumorbehandlung mit einem oder zwei der
Verfahren überlegen war [Huber et al., 2005]. Kato et. al. konnten klinisch in einer Phase-IIIStudie bei Patienten mit T2- nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom zeigen, daß eine
44
antiangiogene Behandlung mit oralem Uracil und Tegafur (250 mg/m² täglich über 2 Jahre)
eine signifikante Verlängerung der Überlebenszeit zur Folge hatte und schwerwiegendere
toxische Nebenwirkungen nur in 2% der Fälle auftraten [Kato et al., 2004]. Im Februar 2004
wurde der humane monoklonale VEGF-Antikörper Bevacizumab (Avastatin®) von der U.S.
Food and Drug Administration als initiale Behandlung des metastasierten Kolonkarzinoms in
Kombination mit herkömmlicher Chemotherapie (u.a. 5-Fluorouracil) zugelassen [Ferrara et
al., 2005]. Es wäre in zukünftigen Studien zu überprüfen, inwieweit auch eine metronomische
Therapie mit Trofosfamid mit Angiogenese-Inhibitoren ergänzt und optimiert werden kann.
4.3 Nebenwirkungen metronomischer Therapieverfahren
Die kumulative Dosis über vier Wochen, die mit der metronomischen Therapie intraperitoneal
oder per os verabreicht wurde, betrug 532,8 mg/kg KG. Wir konnten demonstrieren, daß
dieselbe kumulative Dosis in konventioneller Applikation einerseits keine befriedigende
Tumorbehandlung ermöglichte und andererseits erhebliche Nebenwirkungen verursachte, die
zum Tod von insgesamt 5 der 8 Versuchstiere führten. Die Todesfälle standen jeweils in
zeitlichem Zusammenhang mit der Verabreichung der Therapie, so daß hier eine direkte
toxische Wirkung des Chemotherapeutikums aufgrund der Überschreitung der maximal
tolerablen Dosis (MTD) angenommen werden kann. Im Gegensatz dazu traten unter der
metronomischen Therapie kaum objektivierbare Nebenwirkungen auf. Diese Beobachtungen
korrelieren ähnlich mit weiteren Arbeiten und klinischen Studien, in denen metronomische
Therapieverfahren angewandt wurden. NICOLINI und Mitarbeiter untersuchten die Wirkung
einer
niedrigdosierten
kontinuierlichen
Therapie
45
mit
Cyclophosphamid
beim
hormonrefraktären, metastasierten Prostatakarzinom (MHRPC) an 8 Patienten. Es zeigte sich,
daß insgesamt 62,5% der Patienten von der Behandlung profitierten; die mittlere
Überlebenszeit, die für das MHRPC mit ca. 1 Jahr angegeben wird, betrug bei 5 der
behandelten Patienten 17-33 Monate. Es traten Neutropenien der Grade II und III bei allen
Patienten auf, die Therapie wurde jedoch insgesamt gut vertragen [Nicolini et al., 2004]. Es
konnte von Emmenegger und Mitarbeitern in einer experimentellen Studie weiterhin gezeigt
werden,
daß
die
metronomische
Anwendung
von
Cyclophosphamid
auch
sehr
chemotherapiesensible Gewebe (Knochenmark, gastrointestinale Mucosa) kaum beeinträchtigt
und
desweiteren
trotz
angiostatischer
Wirkung
keine
Organtoxizität
oder
Wundheilungstörungen verursacht hat [Emmenegger et al., 2004].
Als problematisch erwiesen sich in unseren Untersuchungen eingehendere Evaluationen der
chemotherapeutischen Nebenwirkungen, da regelmäßige Blutbildkontrollen aufgrund ihrer
Invasivität und der Immunsuppression der Versuchstiere eine nicht tolerable Infektionsgefahr
darstellten. Derartige Untersuchungen wurden von jedoch von anderen Autoren durchgeführt.
So wurden von ROZADOS und Mitarbeitern im Tierversuchsmodell hämatologische und
serologische Verlaufskontrollen zur Bewertung herangezogen [Rozados et al., 2004]. Hier
konnten unter der metronomischen Therapie mit Cyclophosphamid keine signifikanten
Veränderungen von u.a. Hämoglobin, Hämatokrit und Harnsäure festgestellt werden.
Behandelte Ratten zeigten einen Anstieg der Neutrophilen sowie einen Abfall der
Lymphozyten nach 20 respektive 40 Tagen der Therapie, welche sich jedoch im Verlauf
zunehmend normalisierten. Desweiteren wurde beobachtet, daß auch nicht-tumortragende, mit
Cyclophosphamid metronomisch behandelte Ratten keine Veränderungen der weißen
Blutkörperchen aufwiesen. Anhand der Gewichtsverläufe unserer Versuchstiere unter den
46
verschiedenen Therapieformen konnte in unserer Studie gezeigt werden, daß die
metronomische Therapie deutlich besser toleriert wurde als die konventionell applizierte. Dies
korreliert positiv mit vergleichbaren Arbeiten [Brem et al., 1993; Browder et al., 2000;
Hermans et al., 2003, Man et al., 2002; Takahashi et al., 2001].
Für Trofosfamid existieren bisher nur einzelne klinische Protokolle, in denen es vorwiegend
für die Dauertherapie bei Palliativpatienten verwendet wurde [Schmidt-Sandte et al., 1999].
Die orale Darreichungsform, gute Bioverfügbarkeit und das auch in unserer Arbeit
nachgewiesene geringe Nebenwirkungsspektrum sind von großer Bedeutung für die
Behandlung des krebskranken Patienten. Die in dieser Studie beobachtete antiangiogene
Aktivität des Medikaments spricht umso mehr für die Notwendigkeit, zukünftig randomisierte
klinische Studien für Trofosfamid in der Tumortherapie durchzuführen, möglicherweise auch
in Kombination mit Angiogenese-Inhibitoren.
47
5. Zusammenfassung
Konventionelle, zyklisch applizierte Chemotherapieverfahren mit Medikamentendosen im
Bereich der maximal tolerablen Dosis besitzen häufig den Nachteil, daß sie einerseits teilweise
gravierende Nebenwirkungen für den Patienten bewirken und andererseits Resistenzen der zu
Mutationen neigenden Tumorzellen verursachen. Mit der Einführung niedrigdosierter,
kontinuierlich verabreichter („metronomischer“) Therapieformen hat sich gezeigt, daß diese
Behandlungen in vielen Fällen mit einer Inhibition der Tumorangiogenese einhergehen. Die
metronomische Therapie mit dem Oxazaphosphorin Cyclophosphamid hat sich in
vorangehenden
Studien als gut verträglich erwiesen und führte zu einer langfristigen
Hemmung des Tumorwachstums durch den Wirkmechanismus der Antiangiogenese. Ziel der
vorliegenden Arbeit war es, das Cyclophosphamid-Analogon Trofosfamid, welches in
klinischen Studien als vergleichsweise nebenwirkungsärmer beschrieben worden ist, auf
Therapieeffektivität und antiangiogene Wirksamkeit bei der Behandlung des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms LX1 an humanen Tumorxenograften zu untersuchen.
Die Eigenschaften von metronomischen und konventionellen Therapieverfahren hinsichtlich
des Tumorwachstums und des Nebenwirkungsspektrums wurde an thymusaplastischen
Nacktmäusen evaluiert. Tumorgewebsschnitte wurden zu definierten Zeitpunkten entnommen
und immunhistochemisch auf Proliferationsrate, Mikrogefäßdichte und Apoptoserate
untersucht. Das Tumorwachstum konnte durch die metronomische Behandlung suffizient über
einen Behandlungszeitraum von bis zu 59 Tagen gehemmt werden. Anhand der
Gewichtsverläufe der Versuchstiere konnten keine chemotherapiebedingten Nebenwirkungen
festgestellt werden. Unter den konventionellen Therapien wurde das Tumorwachstum
zunächst jeweils kurzfristig gehemmt. Mit fortgeführter Therapie wurde eine deutlich
48
reduzierte antineoplastische Wirksamkeit beobachtet. Diese Therapieformen führten zu
deutlichen Gewichtsverlusten bei den Versuchstieren bzw. zum Tod von u.a. 5 von 8 Tieren
einer Versuchsgruppe. In der immunhistochemischen Auswertung konnte unter den
metronomischen Therapien eine Reduktion der Mikrogefäßdichte um bis zu 50% nach 29
Tagen der Behandlung beobachtet werden, während Proliferations- und Apoptoserate fast
unverändert
blieben.
Die
konventionell
behandelten
Versuchstiere
zeigten
keine
Veränderungen aller drei ausgewerteten Parameter.
Die Ergebnisse dieser Studie lassen den Schluß zu, daß metronomisch appliziertes
Trofosfamid
im
Vergleich
zur
konventionellen
Therapie
eine
dauerhafte
Tumorwachstumsinhibition bewirken kann und die Wirksamkeit des Medikaments unter
metronomischen Therapieverfahren überwiegend auf antiangiogenen Mechanismen beruht. Es
konnte gezeigt werden, daß niedrigdosierte, kontinuierlich verabreichte Medikamentendosen
auch über längere Zeiträume von den Versuchstieren sehr gut toleriert wurden und somit auch
in dieser Hinsicht der zyklischen, dosisintensiveren Behandlung überlegen waren. Inwieweit
diese Ergebnisse beispielsweise durch die Anwendung spezifischer Angiogenese-Inhibitoren
optimiert werden können und sich auf den klinischen Alltag übertragen lassen, sollte in
zukünftigen Studien überprüft werden.
49
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60
8. Danksagung
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. med. Thomas Wagner für die Überlassung des
Themas sowie für die kritische Förderung und methodische Anleitung bei der Durchführung
der Arbeit.
Für seine stets freundliche und erfrischende Hilfestellung und Unterstützung bedanke ich mich
bei Thorsten Klink.
Danken möchte ich Frau Dr. rer. nat. Stephanie Stölting für ihre fachgerechte Beratung und
motivierende Betreuung sowie für die Hilfe beim Auswerten der immunhistologischen
Tumorschnitte.
Ich danke Herrn Dr. med. Clemens Engels für die Anleitung und Unterstützung im Rahmen
der immunhistochemischen Auswertung.
Desweiteren danke ich Frau Monica Vollmert für ihre Unterstützung und Geduld bei der
Versuchsdurchführung.
Außerdem gilt mein Dank Frau Gisela Grosser-Pape für Ihre Hilfe bei der Verarbeitung der
Tumorgewebsschnitte.
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9. Lebenslauf
Name
Christine Bela
Geburtstdatum
05.10.1978
Geburtsort
Hamburg
Eltern
Dr. med. Ulrich Bela und Renate Bela, geb. Oltmann
1985-1989
Grundschule "An den Teichwiesen", Hamburg
1989-1998
Gymnasium "Walddörfer", Hamburg
Abschluß mit dem Abitur
1998-2000
Vorklinischer Abschnitt des Studiums der Humanmedizin
Universität zu Lübeck
Abschluß mit dem Physikum
2000-2005
Klinischer Abschnitt des Studiums der Humanmedizin
Universität zu Lübeck
2001: Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
2004: Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
2005: Dritter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
Oktober 2005
Assistenzärztin in der Abteilung für Unfallchirurgie, Sana
Kliniken Ostholstein, Klinik Eutin, Eutin
Februar 2006
Assistenzärztin in der Abteilung für HNO-Heilkunde, Asklepios
Klinik St. Georg, Hamburg
Hamburg, 19.12.2006
62
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