Mikrobiologische Versuche 1 Grundlagen Versuch 1: Kolonien von Luft- und Wasserkeimen Material: Agar-Nährböden in Petrischalen, Wasserproben (am besten je eine pro Schülergruppe), Klebeband Durchführung: Agar-Nährböden (z. B. zwei pro Schülergruppe) werden folgendermaßen beimpft: Einige Tropfen einer Wasserprobe werden auf die Oberfläche einer der beiden Agarplatten gegeben und die Platte ein paarmal leicht geschwenkt, damit sich die Flüssigkeit verteilt. Der andere Nährboden wird 10 Minuten offen im Raum stehen gelassen. Dann werden die Platten verschlossen und für drei bis fünf Tage bei Zimmertemperatur (oder für ein bis zwei Tage bei 30 °C) bebrütet, bis gut sichtbare Kolonien entstanden sind. Die Petrischalen sollten zur Sicherheit mit Klebeband abgedichtet werden. Beschreiben Sie das Aussehen der Agarplatten und der entstandenen Kolonien. Ergebnisse und Erläuterungen zu Versuch 1: Kolonien von Luft- und Wasserkeimen Auf allen Nährböden sollten Kolonien aus einzelnen oder einigen zusammenhängenden Zellen herangewachsen sein. Diese Kolonien können sehr klein oder zu einem sog. Rasen zusammengewachsen sein, wenn sich sehr viele Mikroorganismen im Ausgangsmaterial Wasser (z. B. Flusswasser, abgestandenes oder verschmutztes Wasser) befanden. In der Luft sind meist weniger Keime vorhanden. Je nach Art der Mikroorganismen können sich die Kolonien in Größe, Farbe (besonders oft bei Luftkeimen!), Form (erhaben, flach), Randstruktur (glatt, gezackt) und Oberfläche (glänzend, flaumig) unterscheiden. Versuch 2: Anreicherung von Algen und Protozoen in einem Heuaufguss Material: klein geschnittenes Heu, Wasserproben, 1-Liter-Becherglas, Mikroskop und Zubehör Durchführung: Das klein geschnittene Heu wird in das Becherglas gefüllt und danach mit Wasser übergossen. Jede Schülergruppe kann verschiedene Wassersorten einsetzen: Leitungswasser, Flusswasser, Wasser aus einem Teich, aus einer Pfütze oder einem Aquarium, abgestandenes Pflanzengießwasser usw. Die Öffnung des Gefäßes wird – nicht vollkommen luftdicht – abgedeckt, damit keine weiteren Keime hineingelangen. Die Ansätze können teilweise bei 30 °C, der Rest bei Zimmertemperatur, einige im Dunkeln, andere bei Tageslicht für einige Tage bis Wochen stehen gelassen werden. Untersuchen Sie die Heuaufgüsse regelmäßig auf Veränderungen im Aussehen (mit Hilfe des Mikroskops) und im Geruch. Ergebnisse und Erläuterungen zu Versuch 2: Anreicherung von Algen und Protozoen in einem Heuaufguss Je nachdem, welches Wasser für den Aufguss verwendet wurde, entwickeln sich unterschiedlich schnell diverse Mikroorganismen, die entweder aus dem Wasser stammen oder als Sporen, Zysten oder andere Überdauerungsformen im Heu vorhanden waren. Schon nach wenigen Tagen bildet sich auf dem Heuaufguss eine Kahmhaut, in der die aeroben Mikroben im Kontakt zur Luft und damit zum Sauerstoff stehen. Beim Mikroskopieren findet man zuerst vor allem Bakterien, einige Tage später treten in den belichteten Ansätzen Algen auf. Oft haben sich erst nach einigen Wochen die Protozoen wie Amöben, Flagellaten und Cilliaten soweit vermehrt, dass sie mit dem Mikroskop leicht zu finden sind. 25 2 Mikroorganismen und Lebensmittel Verderb und Konservierung Informationsblatt 2.1 Verderb ist nicht gleich Verderb Die meisten unserer Lebensmittel sind hervorragende Nährsubstrate für Mikroorganismen. Werden sie unbehandelt zu lange aufbewahrt, werden sie hauptsächlich von Bakterien und Pilzen (Schimmelpilzen und Hefen) besiedelt. Diese beginnen sich zu vermehren, wenn sie innerhalb oder auf der Oberfläche der Lebensmittel geeignete Lebensbedingungen antreffen. Wichtige Kriterien sind dabei vor allem die Verfügbarkeit von Nährstoffen, Wasser und Sauerstoff sowie der pH-Wert. Die Ansprüche bezüglich dieser Faktoren sind von Art zu Art unterschiedlich. Mikroben verändern die chemische Natur der Nahrungsmittel, die ihnen als Substrat dienen, und scheiden Stoffwechselprodukte aus. Wenn ihre Stoffwech- Schimmelbildung an Obst Ansäuerung von Milch Fäulnis von Wurst Ranzigwerden von Butter Gärung von Fruchtsäften Abb.: Lebensmittelverderb: Beispiele selaktivität unerwünschte Veränderungen in den Lebensmitteln hervorrufen, spricht man von Verderb. Sind diese übelriechender Natur, ist der mikrobielle Befall leicht festzustellen. Es gibt aber auch unauffälligere Erscheinungen von Verderb. 28 Ohne menschliches Zutun sind besonders Tierprodukte aufgrund mikrobieller Aktivität schnell verdorben. Pflanzliche Produkte sind für Mikroorganismen generell schlechter angreifbar, denn die Pflanzen haben oft antimikrobielle Substanzen in ihren Geweben eingelagert. Verdorbene Lebensmittel können Lebensmittelvergiftungen auslösen. Diese werden besonders von Bakterien, aber auch von einigen Schimmelpilzen hervorgerufen. Man unterscheidet zwei Formen der Lebensmittelvergiftung: die Intoxikation und die Lebensmittelinfektion. Werden schon im Lebensmittel für den Menschen giftige Substanzen – so genannte Toxine – gebildet, die mit der Nahrung aufgenommen zu einer Erkrankung führen, spricht man von einer Intoxikation. Die Wirkung der Toxine besteht darin, dass sie entSchimmelpilze weder Proteine und Membranen der Wirtszellen enzymatisch angreifen oder aber Immunreaktionen im Wirt auslösen. Toxine sind oft auch durch Kochen nicht zu zerstören. Im Fall einer Intoxikation ist die Aufnahme der Mikroorganismen selbst in den menschlichen Körper ohne größere Bedeutung. Intoxikationen werden Bakterien von Bakterien wie z. B. Staphylococcus aureus und von vielen Pilzen verursacht. Die bekanntesten Pilzgifte sind die Aflatoxine. Dies sind extrem toxische Substanzen, die von dem Schimmelpilz Aspergillus flavus (Name!) gebildet werden. Aflatoxine Hefen treten u. a. an Getreide, Nüssen und Ölsamen auf. Bei den Lebensmittelinfektionen kommt es immer auch zu einer Vermehrung der krankheitsauslösenden Keime im menschlichen Körper. Erst die hier gebildeten Toxine rufen leichte Magen-Darm-Verstimmungen, aber auch ernstere Erkrankungen wie Cholera (Erreger: Bakterium Vibrio cholerae) und Typhus (Erreger: Bakterium Salmonella typhi) hervor. Verderb und Konservierung 2 Mikroorganismen und Lebensmittel Arbeitsblatt Aufgaben 1. Überlegen Sie, durch welche biochemischen Vorgänge die verschiedenen Formen des Lebensmittelverderbs gekennzeichnet sind. Woran kann man die unterschiedlichen Verderbnisformen erkennen und an welchen Lebensmitteln treten sie typischerweise auf? Verderb biochemische Vorgänge Verursacher Fäulnis Abbau von Bakterien Säuerung Abbau von Anzeichen des Verderbs Beispiele für betroffene Lebensmittel zu NH3, H2S u. a. Bakterien zu Säuren wie Milchsäure Ranzidität Abbau von Hefen, Bakterien zu Glyzerin und Fettsäuren Gärung Abbau von Hefen zu Alkohol und CO2 * 2. Suchen Sie in Lexika oder im Internet Informationen zu den aufgelisteten, Lebensmittelvergiftungen auslösenden Mikroorganismen. Nennen Sie jeweils die Krankheit und einige Lebensmittel mit Übertragungsrisiko. Liegt der jeweiligen Erkrankung eine Intoxikation oder Infektion zugrunde? verursachende Mikroorganismen Krankheit Beispiele für gefährdete Lebensmittel Infektion oder Intoxikation? verschiedene Salmonella-Stämme Staphylococcus aureus Salmonella typhi Aspergillus flavus Vibrio cholerae 29 Ökologie der Mikroorganismen 3 Ökologie Informations- und Arbeitsblatt 3.5 Das Tote Meer – nicht tot für Mikroorganismen Das Tote Meer ist das salzigste Gewässer der Erde. Die starke Verdunstung und die geringe Süßwasserzufuhr durch den Jordan bedingen den hohen Salzgehalt von ca. 33 % (zum Vergleich: anderes Meerwasser hat ca. 3,5 % Salz). Aus diesem Grund können weder Fische noch andere höhere Lebensformen dort siedeln. Einige Mikroorganismen allerdings haben sich an die extremen Bedingungen angepasst. So findet man dort eine spezielle Algengattung, im Wesentlichen handelt es sich aber um Bakterien und Archaeen. Ihre an den hohen Salzgehalt angepasste Lebensweise wird als halophil (Salz liebend) bezeichnet. Halobacterium halobium gehört zu diesen Überlebenskünstlern, deren Anpassung schon so weit geht, dass sie ohne hohe Salzkonzentrationen nicht mehr lebensfähig sind. Solche Arten ertragen zum Teil auch einen hohen pH-Wert. Halobacterium halobium ist eine schon lange bekannte Archaeenart, die häufig in Salzgärten (Salzgewinnungsanlagen an den Meeresküsten) vorkommt. Zum Schutz gegen die starke Sonneneinstrahlung besitzen diese extremen Halophile Carotinoide in ihrer Membran. Bei einer Massenvermehrung ist das Wasser dadurch auffallend rot gefärbt. In der Membran der Halobakterien findet man auch das dem Rhodopsin der menschlichen Sehzellen ähnliche Pigment Bacteriorhodopsin. Damit betreiben die Bakterien eine besondere Form der Photosynthese. Die Zellmembranen aller Mikroorganismen sind semipermeabel, d. h. sie sind für Wasser, nicht aber für Ionen durchlässig. Eine hohe Salzkonzentration in der Umgebung bewirkt daher aufgrund des osmotischen Druckes einen Wasseraustritt aus der Zelle. Dies führt dazu, dass zum einen die Zelle schrumpft, zum anderen die in der Zelle vorhandenen Proteine ihre Wasserhülle verlieren und ihre Tätigkeit als Enzyme einstellen. Halophile Mikroorganismen haben besondere Fähigkeiten entwickelt, um dieses Problem zu lösen. Man unterscheidet dabei zwei Strategien: Die erste Strategie findet man bei Bakterien, die auch in salzarmen Flüssigkeiten leben können. Geraten solche Bakterien in salzreiches Wasser, reichern sie zuerst Kaliumchlorid im Zytoplasma an, um einen zu großen Wasserverlust zu vermeiden. Einige Zeit später findet man in den Zellen organische Verbindungen wie Glyzerin, Aminosäuren oder bestimmte Zucker (Saccharose, Trehalose). Da alle diese Stoffe Wassermoleküle binden, wird durch ihre Einlagerung Wasser wieder in die Zellen gezogen. Im Unterschied zu Salzen stören diese organischen Substanzen den Organisationszustand der Enzyme nicht. Sie sind kompatibel zum Stoffwechsel, der weiter aufrechterhalten bleiben kann, und werden daher als kompatible Substanzen bezeichnet. Die zweite Strategie betrifft die halophilen Bakterien wie Halobacterium halobium. Deren Enzyme haben – verglichen mit denen nicht halophiler Organismen – eine veränderte Aminosäurenzusammensetzung. Daher sind sie in Gegenwart ionischer Verbindungen stabil, in Abwesenheit hoher Salzkonzentrationen allerdings nicht mehr funktionstüchtig. semipermeable Zellmembran H2O H2O kompatible Substanzen K+CI– wird aufgenommen H2O Na+ CI–-Konzentration steigt an Abb.: Halophile Mikroben Aufgaben 1. Erläutern Sie, warum Zellen in Flüssigkeiten mit hohen Salzkonzentrationen von Wasserverlust bedroht sind. 2. Mikroorganismen sind nicht nur bei hohen Salzkonzentrationen unter osmotischem Stress. Überlegen Sie, in welchen Situationen es ebenfalls zu einer Abnahme des für die Zelle verfügbaren Wassers kommt! 3. Woher stammen Substanzen wie KCI oder Glyzerin, die Mikroorganismen bei hohem osmotischen Druck benötigen, um Wasser innerhalb der Zelle zu binden? 59