Einführung in das Arbeitsfeld „Kleine und mittlere Projekte“ Neben den laufenden Linienaufgaben treffen Sie heute immer mehr auf Aufgaben, die als Projekt bezeichnet werden. Dies können Vorhaben verschiedenster Größe sein. Der Inhalt dieser Projekte ist sehr unterschiedlich. Innerhalb der Firma soll etwas geklärt werden. Dies reicht von Standortzusammenlegung bis zum neuen Release für die CAD-Entwicklung. Neben diesen Organisationsund IT-Projekten gibt es Kunden- und Auftragsprojekte. Eine Fertigungsstraße soll geliefert werden oder die Fassade eines Gebäudes ist komplett zu sanieren. Diese Projekte sind so genannte „OneKey“-Projekte. Dagegen haben Produktprojekte hohe Stückzahlen und ein gewaltiges Investitionsaufkommen, bis sich der wirtschaftliche Erfolg durch den Verkauf der Produkte einstellt. Ö Was zeichnet Projekte aus? Der Inhalt für ein Vorhaben kann deutlich verschieden sein. Einmal ist es die geniale Idee eines Entwicklers, das Gehäuse einer Kaffeemaschine ökologisch vertretbar zu gestalten. Das andere Mal will ein Kunde eine Zementförderanlage in Kuwait. Dann gilt es, ein neues Arbeitszeitmodell in einem Automobilwerk einzuführen. Und doch haben alle diese Projekte vieles gemeinsam [01]: Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Bereichsübergreifende Problem-/Aufgabenstellung Interdisziplinäres Arbeiten Start- und Endtermine Personifizierte Verantwortung mit klarer Projektorganisation Definierte Aufgabenstellung und klare Ziele Verabschiedetes Budget Zeitkritischer Durchlauf Gewisser Schwierigkeitsgrad Neuartigkeit in der Technik und im Verfahren Angepasstes Projektmanagement-System Transparente Einbettung in das Unternehmen/den Bereich Meistens stabile Teamzusammensetzung Ein Projekt nach DIN 69901 ist ein Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist. Das Ziel ist vorgegeben. Zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen liegen vor. Ein Projekt ist gegenüber anderen Vorhaben abgegrenzt. Es gibt eine projektspezifische Organisation. Ö Was zeichnet kleine Vorhaben aus? Kleine Projekte haben Besonderheiten, wie z.B. [02]: Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Geringer Aufwand und geringe Kosten Auftragsvolumen (im Vergleich zum Firmenumsatz) Oft ungenaue Definition der Aufgabenstellung Meist eine „1-Mann-Show“ Geringere Puffer zum Abfedern von Risiken Wenig Zeit und Motivation für systematische Planung Inflation (kleiner Projekte) Häufiges „Nebenher-Laufen“ des Projektes Geringe Kompetenz des Projektleiters Unterschätzung der Bedeutung (strategisch) 1 Was ist ein kleines Projekt? Größen wie Aufwand, Zeit, Anzahl der Projektbeteiligten, Durchlaufzeit, technische Komplexität sind die eine Seite der Medaille, die Größe der Firma, der Umsatz, die Anzahl der Firmenmitarbeiter, die strategische Bedeutung des Vorhabens die andere, um eine Aussage zu treffen, ob es ein kleines, mittleres oder großes Projekt ist. Für eine Firma mit einem Jahresumsatz von einer Million ist ein Projekt mit EUR 300.000,-- ein großes Projekt. Für Konzerne mit Milliarden von Umsätzen handelt es sich um ein kleines Projekt. Deshalb ist jedes Projekt für sich zu bewerten und auch das Umfeld zu betrachten, bevor eine klare Zuordnung zum kleinen Projekt getroffen werden kann. Kleine Vorhaben haben ebenso einen Start- und Endtermin. Die Durchlaufzeit beträgt dagegen zwischen 1 Monat bis 6 Monaten. Die Problemstellung bezieht sich meistens nicht auf viele Bereiche, sondern bezieht sich in der Regel auf einen Bereich. Damit ist interdisziplinäres Arbeiten nur begrenzt vorhanden. Sicherlich gibt es kleine Projekte, die für einen oder für mehrere Kunden aufgesetzt werden. Hier ist dann Teamarbeit mit funktionaler Projektorganisation angesagt. Sehr häufig ist der Projektleiter für sein kleines Vorhaben sein bester Mitarbeiter. Er arbeitet fachlich sehr stark mit. Oft kann es so sein, dass die Spezifikation selbst erstellt wird und das weitere Geschehen über Zulieferfirmen abgedeckt wird. Die personifizierte Verantwortung ist mit einer schmalen Projektorganisation gegeben. Die Aufgabenstellung ist bei Beginn dieser kleinen Vorhaben meistens sehr ungenau. Kleine Vorhaben haben die Einschätzung von „Nebenbei“-Arbeiten und werden deshalb verniedlicht und deutlich an Zeitaufwand unterschätzt. Deshalb kann es schon vorkommen, dass kein Budget da ist und die Rolle des Projektleiters letztlich auch unklar bzw. unscharf bleibt. Kleinen Projekten haftet der Mythos an, diese kommen ohne Organisation und damit ohne Projektmanagement aus. Natürlich haben kleine Projekte einen gewissen Neuigkeitsgrad, einen gewissen Schwierigkeitsgrad und können durchaus komplex in der Aufgabenstellung und -lösung sein. Die Übernahme eines oder mehrerer kleiner Projekte hat Konsequenzen: Ö Das Zeitbudget der Mitarbeiter wird durch die Tagesarbeit, die Organisation und durch die Abarbeitung von Arbeitspaketen erheblich beansprucht. Ö Kleine Projekte haben eine kurze Durchlaufzeit; wenn hier etwas schief läuft, sind diese schnell aus dem Zeitrahmen geworfen. Dadurch ist eine genaue Betrachtung der anfallenden Arbeiten und deren Verzahnung zwingend, um vor Überraschungen gewappnet zu sein. Ö Die Aufgabenstellung ist beim Start genau zu spezifizieren, bevor losgelegt wird. Ö Während des Vorhabens ist ein regelmäßiger Check geboten. Was war in dieser Woche vorgesehen? Was ist aus dem Ruder gelaufen? Wie können die arbeitsmäßigen Rückstände aufgeholt werden? Projektarbeit ist bei vielen kleinen Projekten ebenso wie bei großen anwendbar. Es ist eine Frage des Aufwandes, der Intensität und der Detaillierung, wie sich die Anwendung der Projektarbeit darstellt. Ö Die Projektmanagement-Uhr als „Roter Faden“ durch die Projektarbeit Projektmanagement ist ein Werkzeugkasten, eine Führungsart, um sowohl im Verhaltensbereich als auch im Methodenbereich ein Vorhaben zu einer erfolgreichen Lösung und Anwendung zu bringen. 2 Bild 1: Inhalte des Projektmanagements [01] Um Ihre Projekte erfolgreich im Sinne der jeweiligen Zielsetzung zu leiten, hat sich die Projektmanagement-Uhr als „Roter Faden“ in der Praxis bewährt. Punkt 1 bis 4 beinhalten den Projektstart, Punkt 5 bis 7 stellen die Projektplanung dar, Punkt 8 bis 11 beschreiben die Projektsteuerung und Punkt 12 ist der Projektabschluss. Dieses Buch folgt diesem Leitfaden. Arbeiten Sie in Ihren kleinen Projekten mit verschiedenen Mitarbeitern aus Ihrer Firma in einem Team zusammen, so treffen alle 12 Punkte zu. Dies gilt ebenso für das Arbeiten mit Zulieferfirmen. Sind Sie als Solist unterwegs, so entfallen Punkt 3 und 10, soweit es die Teamarbeit betrifft. Fragt ein Kunde in einer Firma wegen eines Auftrages an, so werden für die Angebotserstellung zunächst die Punkte 1 bis 7 erforderlich; bei der Auftragserteilung sind die Punkte 1 bis 7 nochmals zu beleuchten, ggf. zu modifizieren und zu detaillieren. In der Realisierungsphase kommen dann die Punkte 8 bis 12 zum Tragen. 3 Bild 2: Übersicht der Instrumente für die Projektarbeit [11] Ö Projekte rechtzeitig starten Projektmanagement kann durch intensive Planung den Berg der potenziellen Probleme frühzeitig sichtbar machen. Daraus werden Maßnahmen definiert, die Probleme vermeiden helfen, bzw. die Problemlösung rechtzeitig herbeiführen. Nach wie vor ist das so genannte „Studentensyndrom“ in den Projekten verbreitet: „Bis zum nächsten Meilenstein ist noch viel Zeit.“ Deshalb werden die Arbeiten kurz vor Abgabetermin erledigt. Auch bei kleinen Projekten verursacht dieser Weg Druck. Und dieser Druck produziert Fehler, deren Beseitigung wiederum Kosten verursachen und weitere Terminverzüge generieren. Das Bild 3 zeigt zwei Situationen im Projekt auf: den tatsächlichen und den erwünschten Projektverlauf. Wodurch unterscheiden sich diese Projektverläufe? Ohne Anwendung von Projektmanagement-Methoden lassen die Beteiligten möglicherweise das Vorhaben treiben mit dem Effekt, dass die Probleme des Projektes nicht rechtzeitig erkannt werden. Die zu späte Inangriffnahme der Probleme bewirkt massive Terminverzögerungen und Kostenüberschreitungen. Diese „Last-minute“-Mentalität ist wegen des hohen Zeitbedarfs für Projekte mit komplexer Aufgabenstellung ungeeignet. 4 Bild 3: Projektarbeit ohne oder mit Projektmanagement [03] Was bedeutet nun effektives Projektmanagement? Zu Beginn des Projektes nehmen sich die Beteiligten Zeit und schauen sich mit Methoden wie „Zieldefinition“, „Projektergebnisstruktur“ und „Meilensteinklärung“ die Situation im Detail an. Dadurch erkennen sie frühzeitig die kommenden Probleme und können sich überlegen, wie diese organisatorisch und technisch einer Lösung zugeführt werden können. Dadurch schärfen die Beteiligten ihr Bewusstsein und können so die Probleme Schritt für Schritt überwinden. Sie werden trotz Schwierigkeiten das Ende des Projekts erreichen. Projektmanagement schafft den Blick fürs Ganze, zwingt zur Parallelisierung der Arbeiten und führt zu Klarheit und Transparenz während des Arbeitens. Die gesunde Mischung aus Kreativität und Struktur bringt alle Beteiligten wie Linie, Team und Projektleiter auf die optimale Laufbahn, um den Auftrag zu erfüllen. Ö Kosten des Projektmanagements Der Management-Anteil bei kleinen Projekten kann zum Teil sehr hoch sein. Das folgende Bild 4 verdeutlicht dies. Wie können Kosten des Leitens und Managens eingespart werden? Das Standardisieren ist eine Möglichkeit. Bei ähnlich gelagerten Vorhaben können Formulare, Checklisten, Meilenstein-Ketten und gut beschriebene Abläufe und Regularien Kosten sparen. Kleine Projekte verfügen nicht über die notwendige Zeit, das Rad neu zu erfinden. Deshalb bringt das Anwenden eines Standards Kostenreduktion und Erfahrungssicherung. Bei mehreren Projekten können durch Bündelung Synergie-Effekte erzielt werden. So wird nicht für jedes Projekt eine Projekt(status)besprechung durchgeführt, sondern in einer Projektbesprechung werden alle Projekte, je nach ihrem Status, besprochen. 5