Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014

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Bundesverband
Öffentlicher Banken
Deutschlands
Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts
2014
Inhalt
1. Arbeitsvertragsrecht .............................................................. 2
2. AGB-Kontrolle ....................................................................... 9
3. Betriebliche Altersversorgung ................................................ 12
4. Betriebsverfassungsrecht ...................................................... 15
5. Gleichbehandlung ................................................................ 19
6. Kündigungsrecht ................................................................. 24
6. Schwerbehindertenrecht / SGB IX .......................................... 25
7. Tarifrecht ........................................................................... 26
Stichwortverzeichnis ................................................................................ 27
Hinweis:
Es handelt sich um eine Zusammenstellung der vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014
veröffentlichten Entscheidungen aus dem Jahr 2014. Die Entscheidungen liegen teilweise nur als
Pressemitteilungen des BAG vor.
Quellen:
Soweit Textpassagen aus den Pressemitteilungen des BAG vom Tag der Entscheidung übernommen werden, ist dies angegeben. Leitsätze des BAG sind mit dem Klammerzusatz „Ls.“ gekennzeichnet, Orientierungssätze des BAG mit dem Zusatz „Os.“.
1. Arbeitsvertragsrecht
Anschlussverbot bei sachgrundloser Befristung
BAG, Urteil vom 19. März 2014
7 AZR 527/12
1. Die Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes gem.
§ 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit
demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis
bestanden hat. Arbeitgeber i. S. von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist der Vertragsarbeitgeber. Das ist die natürliche oder juristische Person, die mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag geschlossen hat.
2. Diesem Verständnis des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG stehen unionsrechtliche Vorgaben
nicht entgegen. Der unionsrechtlichen vorgegebenen Missbrauchskontrolle ist mit der –
auch bereits nach nationalem Recht gebotenen – Rechtsmissbrauchs-, Vertragsgestaltungs- oder Umgehungskontrolle (§ 242 BGB) Rechnung getragen.
3. Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer missbräuchlichen Vertragsgestaltung ist derjenige, der eine solche geltend macht, bei einer Befristungsabrede also
regelmäßig der Arbeitnehmer.
4. Es gelten die Grundsätze einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast… (aus Os.)
(Hinweis: Vorliegend ging es um die Frage, ob ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorlag und daher die bei
verschiedenen Arbeitgebern in einem sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnis verbrachten Zeiten zusammengerechnet werden können. Der Rechtsstreit wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an
das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das BAG hat sich von denselben Erwägungen leiten lassen,
die dem Urteil vom 4. Dezember 2013 - 7 AZR 290/12 - zugrunde lagen.)
Urlaubsanspruch nach Sonderurlaub
BAG, Urteil vom 6. Mai 2014
9 AZR 678/12
Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien unbezahlten Sonderurlaub, hindert die Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis grundsätzlich
nicht das Entstehen gesetzlicher Urlaubsansprüche. (Ls.)
Die Entstehung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs erfordert nur den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses und die einmalige Erfüllung der Wartezeit. Das BUrlG
bindet den Urlaubsanspruch damit weder an die Erfüllung der Hauptpflichten aus dem
Arbeitsverhältnis noch ordnet es die Kürzung des Urlaubsanspruchs für den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses an. Allerdings sehen spezialgesetzliche Regelungen für
den Arbeitgeber die Möglichkeit der Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit (§ 17 Abs. 1
Satz 1 BEEG) oder Wehrdienst (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG) vor. Eine Kürzungsregelung beim Ruhen des Arbeitsverhältnisses während einer Pflegezeit (§§ 3, 4 PflegeZG)
findet sich dagegen nicht. Kommt es zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, hindert dies grundsätzlich weder das Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs noch ist der Arbeitgeber zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs berechtigt. (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 6. Mai 2014)
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
2/27
(Hinweis: Das BAG hat auch klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob das Arbeitsverhältnis nach
dem Ende des Sonderurlaubs wieder aktiv aufgenommen wird oder mit dem Ablauf des Sonderurlaubs
endet. Im letztgenannten Fall wandelt sich der Anspruch auf Naturalgewährung nach den allgemeinen
Grundsätzen des Urlaubsrechts in den Urlaubsabgeltungsanspruch wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Das BAG hatte bereits mit Urteil vom 7. August 2012 – 9 AZR 353/10 – entschieden, dass eine Kürzung
des Urlaubs wegen Ruhens, wie etwa in § 26 II Buchst. c TVöD, hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs nicht zulässig ist.
Siehe hierzu auch VÖB-Mitteilung M 378/14 vom 16. Dezember 2014.
Literaturhinweis: Bernhardt, Dr. Marion/Kilian, Frederike, Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub? – Die Unabdingbarkeit des gesetzlichen Urlaubsanspruchs auch für Zeiten des Sonderurlaubs, DB 2014, Heft Nr.
29, S. 1619ff.)
Nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung
BAG, Urteil vom 3. Juni 2014
9 AZR 111/13
Das BAG hat – wie schon im Urteil vom 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/ 13 – entschieden, dass bei einem Verstoß gegen das Verbot nicht nur vorübergehender Arbeitnehmerüberlassung kein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher zustande kommt, wenn der Verleiher die erforderliche Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis
hat. Hinsichtlich der Begründung verweist das BAG ausdrücklich auf das damalige Urteil.
Urlaub und Krankheit
BAG, Urteil vom 5. August 2014
9 AZR 27/13
Eine Tarifnorm, nach der „der nicht gewährte Urlaub auf das nächste Jahr nur übertragen werden kann, wenn die Gewährung aus außergewöhnlichen betrieblichen Gründen
bis zum Ablauf des alten Urlaubsjahres nicht möglich war“, ist gem. § 13 Abs. 1 Satz 1
i.V.m. §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG insoweit unwirksam, als sie den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch trotz der Unmöglichkeit der Inanspruchnahme wegen Krankheit am Jahresende zum Erlöschen bringen soll. (Auszug aus Os.)
Kopftuch und Annahmeverzug
BAG, Urteil vom 24. September 2014
5 AZR 611/12
Das Tragen eines Kopftuchs als Symbol der Zugehörigkeit zum islamischen Glauben und
damit als Kundgabe einer anderen Religionszugehörigkeit ist regelmäßig mit der arbeitsvertraglichen Verpflichtung einer in einer Einrichtung der Evangelischen Kirche tätigen
Arbeitnehmerin zu einem zumindest neutralen Verhalten gegenüber der Evangelischen
Kirche nicht in Einklang zu bringen. (Ls.)
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
3/27
Leistungsbeurteilung im Zeugnis
BAG, Urteil vom 18. November 2014
9 AZR 584/13
Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu
haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt
grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets
zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten
vergeben werden. (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 18. November 2014)
(Hinweis: Das BAG bleibt bei seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach Ansatzpunkt für die Verteilung
der Darlegungs- und Beweislast die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala ist.
Nach seiner Auffassung kommt es nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an.)
Urlaub – Ausschluss von Doppelansprüchen
BAG, Urteil vom 16. Dezember 2014
5 AZR 295/13
Gemäß § 6 Abs. 1 BUrlG besteht der Anspruch auf Urlaub nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub
gewährt worden ist. Wechselt ein Arbeitnehmer im Kalenderjahr in ein neues Arbeitsverhältnis und beantragt er Urlaub, muss er deshalb mitteilen, dass sein früherer Arbeitgeber seinen Urlaubsanspruch für das laufende Kalenderjahr noch nicht (vollständig
oder teilweise) erfüllt hat. Der Arbeitnehmer kann diese Voraussetzung für seinen Urlaubsanspruch im neuen Arbeitsverhältnis grundsätzlich durch die Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung seines früheren Arbeitgebers nachweisen. Dieser ist nach
§ 6 Abs. 2 BUrlG verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen. (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 16. Dezember
2014)
Exkurs: Wichtige EuGH-Entscheidungen:
Regelmäßige Provisionen und Urlaubsentgelt
EuGH, Urteil vom 22. Mai 2014
C-539/12 „Lock“
Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ist dahin
auszulegen, dass er nationalen Bestimmungen und Praktiken entgegensteht, nach denen
ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsentgelt sich aus einem Grundgehalt und einer Provision
zusammensetzt, deren Höhe sich nach den Verträgen bemisst, die vom Arbeitgeber
aufgrund der vom Arbeitnehmer getätigten Verkäufe geschlossen wurden, hinsichtlich
seines bezahlten Jahresurlaubs nur Anspruch auf ein Arbeitsentgelt hat, das ausschließlich aus seinem Grundgehalt besteht.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
4/27
(Hinweis: Zu der Frage, mit welchem Wert die variable Vergütungskomponente im Urlaubsentgelt zu berücksichtigen ist, hat sich das BAG im Urteil vom 11. April 2000 – 9 AZR 266/99 geäußert. Danach sind
die in den letzten drei vollen Kalendermonaten erzielten variablen Vergütungskomponenten heranzuziehen, siehe § 11 Abs. 1 BUrlG.)
EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014
C-118/13 „Bollacke“
Vererblichkeit des Urlaubsanspruchs
Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG … ist dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten … entgegensteht, wonach der Anspruch auf
bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers
endet. Eine solche Abgeltung kann nicht davon abhängen, dass der Betroffene im Vorfeld einen Antrag gestellt hat.
(Hinweis: Gemäß der EuGH-Entscheidung geht der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub mit seinem Tod nicht unter. Das BAG hat dies bisher anders gesehen. Nach dem BAG erlischt beim
Tod des Arbeitnehmers der Urlaubsanspruch und wandelt sich nicht in einen Abgeltungsanspruch. Dies
hat das BAG mit Urteil vom 20. September 2011 – 9 AZR 416/10 entschieden. Der Leitsatz dieses Urteils lautet: „Endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des Arbeitnehmers, erlischt zugleich der Urlaubsanspruch. Er wandelt sich nicht in einen Abgeltungsanspruch iSv. § 7 Abs. 4 BUrlG um.“ Nach bisheriger
Auffassung des BAG ist damit der Urlaubsanspruch an die betroffene Person gebunden und kann nicht
übertragen oder vererbt werden.
Literaturhinweis: Schmidt, Dr. Claudia, Vererbbarkeit des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub, NZA
2014, Heft Nr. 13, S. 701ff.)
Exkurs: Wichtige Entscheidungen anderer Gerichte
Zugriff Personalrat auf Daten Arbeitszeiterfassung
BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014
6 P 1.13
Der Personalrat kann nicht verlangen, dass ihm die in der elektronischen Arbeitszeiterfassung gespeicherten Daten unter Namensnennung der Beschäftigten zur Verfügung
gestellt werden; seine Überwachungsaufgabe kann er bereits effektiv wahrnehmen,
wenn er zunächst nur die anonymisierten Arbeitszeitlisten der Dienststelle erhält. (Ls.)
(Hinweis: Nach Auffassung des BVerwG ist es nicht erforderlich, dass der Personalrat einen ständigen
unmittelbaren lesenden Zugriff auf die Daten der Beschäftigten, die in der elektronischen Arbeitszeiterfassung gespeichert sind, hat. Für die Erfüllung der Aufgaben des Personalrats reicht es aus, wenn er die
entsprechenden Angaben in anonymisierter Form erhält.)
Syndikusanwälte
BSG vom 3. April 2014
B 5 RE 3/14 u.a.
Abhängig beschäftigte Rechtsanwälte (sogenannte „Syndikusanwälte“) haben keinen
Befreiungsanspruch von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Syndikusanwälte, die Inhaber eines begünstigenden Befreiungsbescheides sind,
haben ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Fortbestand dieser Entscheidungen.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
5/27
(Hinweis: Mit dem Urteil verwirft das BSG die bisher bestehende Praxis der Befreiungsmöglichkeit von
Syndikusanwälten. Auf die von der Deutschen Rentenversicherung angewandte „Vier-Kriterien-Theorie“
kommt es nach Auffassung des BSG nicht an. Die Frage, wie weit der in der Pressemitteilung des BSG
erwähnte Vertrauensschutz geht, konnte auch nach Vorliegen der Entscheidungsgründe nicht abschließend beurteilt werden.
Am 12. Dezember 2014 hat die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) eine Verlautbarung veröffentlicht, mit der sie Informationen zu ihrer Verwaltungspraxis und insbesondere zum Vertrauensschutz
gibt. Danach bleiben Personen, die einen Befreiungsbescheid für die derzeit ausgeübte Tätigkeit haben,
so lange befreit, wie sie diese befreite Beschäftigung noch ausüben. Personen ohne aktuellen Befreiungsbescheid müssen zum Stichtag 1. Januar 2015 zur gesetzlichen Rentenversicherung angemeldet werden.
Ihnen wird für die Vergangenheit Vertrauensschutz gewährt, sofern sie durchgehend als Rechtsanwalt
zugelassen waren und für ihre Arbeitgeber eine rechtsberatende Tätigkeit ausgeübt haben. Ein besonderer Vertrauensschutz gilt für Syndikusanwälte, die am 31. Dezember 2014 bereits das 58. Lebensjahr
vollendet haben.
Siehe hierzu VÖB-Mitteilung 376/14 vom 15. Dezember 2014.
Literaturhinweise: Die mit dem BSG-Urteil zusammenhängenden rechtlichen Aspekte und Fragestellungen
werden in zahlreichen Aufsätzen diskutiert, z. B. :
Proll-Gerwe, Tim/Huff, Martin W., Uneinheitliche Historie mit schlechtem Ergebnis, unternehmensjurist,
Ausgabe 3/2014, S. 12ff.
Rolfs, Prof. Dr. Christian/Marcelli, Riccarda, Rentenversicherungspflicht für Syndikusanwälte, NZA 2014,
Heft Nr. 11, S. 574ff.
Huff, Martin W., Dramatische Urteile aus Kassel, Arbeit und Arbeitsrecht 2014, Heft Nr. 5, S. 300ff.
Leßmann, Dr. Jochen/Herrmann, Dr. Christoph, Vertrauensschutz für Syndikusanwälte in der Rentenversicherung, DB 2014, Heft Nr. 39, S. 2227ff.
Giesen, Prof. Dr. Richard, Rentenversicherungspflicht angestellter Freiberufler, NZA 2014, Heft Nr. 23, S.
1297ff.)
Schadensersatzpflicht für verfallenen Urlaub
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Juni 2014
21 Sa 221/14
1. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz
von sich aus zu erfüllen. Dies ergibt sich daraus, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch
dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten dient und arbeitsschutzrechtlichen Charakter
hat.
2. Folgt man der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch nach § 7 Abs. 3 BUrlG befristet ist und mit Fristablauf verfällt, haben
Beschäftigte nach § 280 Abs. 1 und 3, § 283 BGB i.V.m. § 249 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz in Form eines Ersatzurlaubsanspruchs, wenn der Arbeitgeber
den Urlaubsanspruch nicht rechtzeitig erfüllt, es sei denn, der Arbeitgeber hat die
Nichterfüllung nicht zu vertreten. Darauf, ob sich der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des
Verfalls des Urlaubsanspruchs im Verzug befindet, kommt es nicht an.
3. Kann der Urlaubsersatzanspruch wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
nicht mehr realisiert werden, ist er nach § 251 Abs. 1 BGB abzugelten. (Ls.)
(Hinweis: Das Urteil weicht von der bisherigen Rechtsprechung des BAG ab, wonach dem Arbeitnehmer
ein Schadensersatzanspruch nur zustehen kann, wenn er einen entsprechenden Urlaubsantrag gestellt
hat. Das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
6/27
Literaturhinweis: Ecklebe, Marc, Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers für verfallenen Urlaub – auch
ohne Urlaubsantrag, DB 2014, Herft Nr. 35, S. 1991f.)
Literaturhinweise:
Neumann, Christian/Hampe, Ingrid-Beate, Die Abmahnung – eine unendliche Erfindung
der Arbeitsgerichtsbarkeit,
DB 2014, Heft Nr. 22, S. 1258ff.
Die einzelnen Aspekte einer Abmahnung werden detailliert dargestellt: Sinn und Zweck
der Abmahnung, Funktionen der Abmahnung (Rüge-, Hinweis- und Warnfunktion), Einzelheiten zu Inhalt einer wirksamen Abmahnung (Sachverhaltsdarstellung, Rüge der Vertragswidrigkeit, Aufforderung zu vertragsgemäßem Verhalten, Kündigungsandrohung),
Beteiligungsrechte, weitere Besonderheiten (Zeitnähe, Gleichartigkeit, Verlust der Warnfunktion), Verdachtsabmahnung.
Behrens, Michael, Eignungsuntersuchungen und Datenschutz,
NZA 2014, Heft Nr. 8, S. 401ff.
Der Aufsatz beschäftigt sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen Arbeitgeber
von ihren Beschäftigten verlangen können, dass sie sich einer medizinischen Eignungsuntersuchung unterziehen. Der Autor weist darauf hin, dass zwischen arbeitsmedizinischen Eignungs- und Vorsorgeuntersuchungen zu unterscheiden ist. Die entsprechende
Differenzierung ist in der Neufassung der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge
(ArbMedVV) enthalten. Vor diesem Hintergrund soll der Aufsatz eine Hilfestellung hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Voraussetzungen für Eignungsuntersuchungen geben.
Rey, Raphaela, Unfallverhütung: DGUV-2 – hilfreiche Idee oder Problem für Unternehmen?, DB 2014, Heft Nr. 29, S. 1617
Der Aufsatz stellt kurz die Kernpunkte der neuen Unfallverhütungsvorschrift und die
Abgrenzung zwischen Grundbetreuung und betriebsspezifischer Betreuung dar. Darüber
hinaus wird auf Umsetzungsfragen eingegangen, insbesondere das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sowie die Probleme mit der Gebührenordnung für Ärzte.
Bongers, Dr. Frank/Hoppe, Dr. Christian, Was müssen Arbeitgeber beachten? Konfliktfeld Homeoffice,
Arbeit und Arbeitsrecht, Heft Nr. 3/14, S. 148ff.
Der Aufsatz beschäftigt sich mit den Interessen des Arbeitgebers einerseits und des Arbeitnehmers andererseits beim Thema Homeoffice. Er geht unter anderem auf die Aspekte Arbeitszeit, Datenschutz, Arbeitsschutz und betriebliche Mitbestimmung ein.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
7/27
Düwell, Prof. Franz Jusef, Neue Regeln für Praktikanten: Qualitätsrahmen der EU, Mindestlohngesetz und Änderung des Nachweisgesetzes
DB 2014, Heft Nr. 36, S. 2047ff,
Der Aufsatz stellt dar, welche Regelungen Arbeitgeber auf der Grundlage des am 16.
August 2014 in Kraft getretenen Tarifautonomiestärkungsgesetzes bei der Beschäftigung von Praktikanten beachten müssen.
Buschbaum, Dr. Jörg/Rosak, Philip, Der Zugriff des Arbeitgebers auf den E-MailAccount des Arbeitnehmers
DB 2014, Heft Nr. 44, S. 2530ff,
Die Autoren erläutern die unterschiedlichen Aspekte, die bei einem Zugriff des Arbeitgebers auf den betrieblichen E-Mail-Account des Arbeitnehmers eine Rolle spielen. Es
wird zum einen die Frage erläutert, ob der Arbeitgeber Telekommunikationsanbieter ist.
Zum anderen wird die Zulässigkeit des Zugriffs für die unterschiedlichen Konstellationen
dargelegt, ob der E-Mail-Account ausschließlich dienstlich genutzt wird oder ob auch
eine private Nutzung erlaubt ist.
Minn, Norbert, Entgeltabrechnung 2015: Schwerpunkt Sozialversicherung
DB 2014, Heft Nr. 50, Beilage,
Die Beilage informiert über beitrags- und versicherungsrechtliche Änderungen zum Jahreswechsel 2014/2015.
Schiefer, Prof. Dr. Bernd/Köster, Hans-Wilhelm/Pöttering, Johannes, Umsetzung der
arbeits- und sozialrechtlichen Vorhaben der Großen Koalition
DB 2014, Heft Nr. 50 und Nr. 51/52,
Der zweiteilige Aufsatz beschäftigt sich mit den zahlreichen arbeits- und sozialrechtlichen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag. Im ersten Teil des Aufsatzes geht es unter
anderem um die Vorgaben des Mindestlohngesetzes. Der zweite Teil beschäftigt sich
insbesondere mit den Themen Pflege- und Familienzeit, Frauenquote, Tarifeinheitsgesetz.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
8/27
2. AGB-Kontrolle
Wettbewerbsverbot – Entschädigung nach Ermessen
BAG, Urteil vom 15. Januar 2014
10 AZR 243/13
Wird bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot die Höhe der Entschädigung in
das Ermessen des Arbeitgebers gestellt, ohne dass eine Mindesthöhe iSv. § 74 Abs. 2
HGB vereinbart wird, ist das Wettbewerbsverbot für den Arbeitnehmer unverbindlich.
(Ls.)
(Hinweis: Das BAG stellt in dem Urteil zunächst fest, dass die Konkurrenzklausel nicht nichtig ist, weil sie
eine Entschädigung vorsieht und das gesetzliche Schriftformerfordernis des § 74 Abs. 1 HGB eingehalten
ist. Da jedoch aus der fraglichen Klausel nicht klar erkennbar ist, ob die gesetzliche Mindesthöhe der Entschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB erreicht wird, ist das Wettbewerbsverbot für den klagenden Arbeitnehmer unverbindlich. Bei einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot kann sich der Arbeitnehmer zu Beginn der Karenzzeit entscheiden, ob er das Wettbewerbsverbot einhält und die Karenzentschädigung geltend macht oder ob er zum Wettbewerber geht. Akzeptiert der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot, so
hat er Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Entschädigung. Vorliegend musste die Entschädigung
mangels abweichender Anhaltspunkte gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen erfolgen und
sich an den Vorgaben von § 74 Abs. 2 HGB orientieren.)
Vertragsstrafenversprechen
BAG, Urteil vom 23. Januar 2014
8 AZR 130/13
1. Für Vertragsstrafenabreden, die aufgrund der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten entgegen § 309 Nr. 6 BGB nicht generell unzulässig sind, gilt bei Auslegung und
Angemessenheitskontrolle ein strenger Maßstab.
2. Wird eine Strafe für den Fall der vorzeitigen „Beendigung des Vertrags“ versprochen,
so ist darunter regelmäßig die rechtliche Beendigung zu verstehen. Die bloße Nichtleistung der vertraglich geschuldeten Leistung stellt grundsätzlich keine Kündigung und
damit auch keine Vertragsbeendigung dar.
3. Eine Vertragsstrafe, die für den Fall der rechtlichen Beendigung des Vertrags durch
den Arbeitnehmer versprochen wird, greift nicht im Fall einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Dies auch dann nicht, wenn eine solche durch ein grob vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers veranlasst ist. (Os.)
Rückzahlungsklausel für Ausbildungskosten
BAG, Urteil vom 18. März 2014
9 AZR 545/12
1. Eine Klausel in AGB, die die Rückzahlung von Fortbildungskosten in jedem Fall einer
vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung vorsieht, ohne solche Kündigungen des
Arbeitnehmers auszunehmen, die aus Gründen erfolgen, die der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen sind, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist nach
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
9/27
2. Die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung des Arbeitnehmers an das
Unternehmen durch die Rückzahlungsklausel müssen in einem angemessenen Verhältnis
zueinander stehen. Will oder kann der Arbeitgeber die durch die Fortbildung erlangte
weitere Qualifikation des Arbeitnehmers nicht nutzen, kann der Bleibedruck, den die
Dauer der Rückzahlungsverpflichtung auf den Arbeitnehmer ausübt, nicht gegen ein Interesse des Arbeitgebers an einer möglichst weitgehenden Nutzung der erworbenen
Qualifikation des Arbeitnehmers abgewogen werden. Eine Bindungsdauer von drei Jahren ist dann regelmäßig unangemessen lang. (Os.)
(Hinweis: Das BAG weist darauf hin, dass es sich bezüglich Orientierungssatz 1 um die ständige Rechtsprechung des BAG handelt, vgl. BAG, Urteil vom 28. Mai 2013 – 3 AZR 103/12 und BAG, Urteil vom
13. Dezember 2011 – 3 AZR 791/09. Beim zweiten Orientierungssatz handelt es sich um eine Fortentwicklung der Entscheidung vom 14. Januar 2009 – 3 AZR 900/07.
Literaturhinweis: Elking, Dr. Lennart, Wirksame Rückzahlungsklauseln – Akuter Anpassungsbedarf, Arbeit
und Arbeitsrecht 2014, Heft Nr. 11, S. 645ff.)
Leistungsbonus - Bezugnahme auf Dienstvereinbarung
BAG, Urteil vom 19. März 2014
10 AZR 622/13
Hat ein Arbeitgeber nach § 315 BGB über einen Bonusanspruch zu entscheiden, der
gleichermaßen auf der Ertragslage des Unternehmens wie auf der Leistung des Arbeitnehmers beruht, muss ein festzusetzendes Bonusbudget - in Abhängigkeit von der Ertragslage - regelmäßig eine Größenordnung erreichen, die den Leistungsbezug des Bonussystems beachtet und ausreicht, die durch Abschluss von Zielvereinbarungen angestrebten und tatsächlich erbrachten Leistungen angemessen zu honorieren. (Ls.)
(Hinweis: Vorliegend ging es um einen Bankbonus, der als „freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch“
gestaltet war und dessen Höhe sich nach der einschlägigen Dienstvereinbarung richtete. Den Freiwilligkeitsvorbehalt hat das BAG als unwirksam angesehen. Nach Auffassung des BAG liegt eine unangemessene Benachteiligung vor, weil der Freiwilligkeitsvorbehalt dem Arbeitgeber das Recht zubilligt, trotz Abschlusses einer vergütungsorientierten Zielvereinbarung nach Ablauf der Beurteilungsperiode frei darüber
zu entscheiden, ob eine Bonuszahlung erfolgt oder nicht. Die mit der Zielvereinbarung in Aussicht gestellte erfolgsabhängige Vergütung steht nach den Ausführungen des BAG im Gegenseitigkeitsverhältnis. Mit
diesem Gegenseitigkeitscharakter ist es nicht zu vereinbaren, wenn sich der Arbeitgeber das Recht vorbehält, trotz erbrachter Arbeitsleistung und auch dann, wenn der Arbeitnehmer die vereinbarten Ziele
erreicht, den Vergütungsanspruch entfallen zu lassen und nicht, wie vorliegend, nach billigem Ermessen
darüber entscheiden zu müssen.
Die Festsetzung des Bonus auf „Null“ trotz Erreichung vereinbarter Ziele war im konkreten Fall aufgrund
der Bankenkrise in den streitgegenständlichen Jahren 2008/2009 ausnahmsweise zulässig. Regelmäßig
muss aber ein festzusetzendes Bonusbudget – in Abhängigkeit von der Ertragslage – eine Größenordnung
erreichen, die den Leistungsbezug des Bonussystems beachtet und ausreicht, die durch Abschluss von
Zielvereinbarungen angestrebten und tatsächlich erbrachten Leistungen angemessen zu honorieren. Wegen einer Auszahlung für die Jahre 2010 und 2011 hat das BAG den Fall an das LAG zurückverwiesen.
Zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage bei Bonuszahlungen im Bankgewerbe in der Bankenkrise
siehe auch BAG, Urteil vom 29. August 2012 – 10 AZR 385/11.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
10/27
Literaturhinweise:
- Kurzbesprechung des Urteils in NJW Spezial, Heft 11, 2014, S. 338
- Zur Entscheidung der Vorinstanz, LAG München, Urteil vom 7. Mai 2013 – 6 Sa 731/12: von Dorp, Dr.
Tomas/Köse, Nalan, Leistungsboni auch in der Krise, Arbeit und Arbeitsrecht, Heft Nr. 2/14, S. 104ff.
- Zu Bonuszusagen: Heins, Claudia/Leder, Dr. Tobias, Stichtagsklauseln und Bonuszusagen – unvereinbar?, NZA 10/2014, S. 520ff.)
Urlaubsgeld für Betriebstreue
BAG, Urteil vom 22. Juli 2014
9 AZR 981/12
Dient eine Sonderzuwendung nicht der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen, sondern
verfolgt der Arbeitgeber damit sonstige Zwecke (Honorierung der Betriebstreue), kann
eine Klausel, wonach der Anspruch den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag voraussetzt, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB standhalten. Eine Sonderzuwendung (im vorliegenden Fall Urlaubsgeld pro genommenem Urlaubstag), die nicht im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung steht, kann
deshalb grundsätzlich an den Eintritt weiterer Bedingungen geknüpft werden.
Literaturhinweise:
Ceruti, Nadine, Endlich Klarheit: Zur Wirksamkeit der Stichtagsklauseln in Bonusvereinbarungen
DB 2014, Heft Nr. 38, S. 2167ff.
Der Aufsatz beschäftigt sich mit den verschiedenen Urteilen, die das BAG in den vergangenen Jahren zum Thema Bonuszahlungen veröffentlicht hat, insbesondere mit der
Entscheidung vom 13. November 2013 – 10 AZR 848/12. Die Autorin stellt zusammenfassend fest, dass es Arbeitgebern zukünftig nicht mehr möglich ist, die Zahlung
eines leistungsabhängigen Bonus vom Bestehen des Arbeitsverhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt abhängig zu machen.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
11/27
3. Betriebliche Altersversorgung
Aufklärungspflicht des Arbeitgebers
BAG, Urteil vom 21. Januar 2014
3 AZR 807/11
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer von sich aus auf den Anspruch
auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG hinzuweisen. (Ls.)
(Hinweis: Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass
von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze
in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung
verwendet werden. Der Arbeitgeber ist nach Auffassung des BAG nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer
von sich aus auf diesen Anspruch hinzuweisen.)
Höchstaltersgrenze
BAG, Urteil vom 18. März 2014
3 AZR 69/12
Eine Bestimmung in einer Versorgungsordnung, nach der ein Anspruch auf eine betriebliche Altersrente nicht besteht, wenn der Arbeitnehmer bei Erfüllung der nach der Versorgungsordnung vorgesehenen zehnjährigen Wartezeit das 55. Lebensjahr vollendet
hat, verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters und ist deshalb
nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. (Ls.)
(Hinweis: Das Urteil betrifft die Auslegung von § 10 AGG und die Frage, ob die Altersgrenze in der Versorgungsordnung nach den Vorgaben dieser Vorschriften angemessen ist. Nach Auffassung des BAG
werden durch die zu beurteilende Regelung Arbeitnehmer, die bei Beginn ihres Arbeitsverhältnisses das
45. Lebensjahr vollendet haben, von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ausgeschlossen, obwohl sie noch mindestens 20 Jahre betriebstreu sein können. Das hält das BAG nicht für angemessen.
Das BAG hat auch über Versorgungsordnungen entschieden, die vorsahen, dass bei Aufnahme der Tätigkeit nach dem vollendeten 50. Lebensjahr eine Anwartschaft auf Versorgungsleistungen nicht mehr erworben werden kann (BAG, Urteil vom 12.11.2013 – 3 AZR 356/12) bzw. dass ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur besteht, wenn der Arbeitnehmer eine mindestens 15jährige Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zurücklegt
(BAG, Urteil vom 12.02.2013 – 3 AZR 100/11). Diese Regelungen hat das BAG für wirksam gehalten.
Siehe hierzu auch VÖB-Mitteilung M 158/14 vom 4. Juni 2014.
Literaturhinweise:
Einen zusammenfassenden Überblick über Gleichbehandlungsfragen im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung geben die Aufsätze:
- Wilhelm, Bernd/Sprick Anja, Gestaltungsmöglichkeiten bei Betriebsrenten im Lichte des AGG, DB 2014,
Heft Nr. 34, S. 1927ff.
- Jura, Melanie/Pfefferer, Stefanie, Rechtsprechungsreport zum AGG, Diskriminierungsverbote in der betrieblichen Altersversorgung, Arbeit und Arbeitsrecht 2014, Heft Nr. 11, S. 666ff.)
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
12/27
Betriebsrentenanpassung
BAG, Urteil vom 15. April 2014
3 AZR 51/12
Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen. Er ist zu einer Anpassung nicht verpflichtet, wenn er annehmen darf, dass es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen.
Die beklagte Bank hatte in den Jahren 2008 und 2009 - auch aufgrund der Finanzkrise
- Verluste erwirtschaftet und war gezwungen, Mittel aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds in Anspruch zu nehmen. Vor diesem Hintergrund war ihre Prognose gerechtfertigt, dass sich die Folgen der Finanzkrise auch in der Zeit nach dem Anpassungsstichtag 1. Januar 2010 in einem einer Betriebsrentenanpassung entgegenstehendem Umfang auf ihre wirtschaftliche Lage auswirken würden.
(Hinweis: Das Urteil betrifft die Frage, ob eine Bank in der Finanzkrise die Betriebsrente anpassen musste.
Möglicherweise ergeben sich nach Vorliegen der Urteilsgründe weitere Erkenntnisse zu der Frage, in welchen sonstigen Fällen eine Anpassungsverweigerung möglich ist.)
Betriebsrentenanpassung – Wahrung der Rügefrist
BAG, Urteil vom 21. Oktober 2014
3 AZR 690/12
Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Hält der
Versorgungsberechtigte die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers für unrichtig,
muss er dies vor dem nächsten Anpassungsstichtag dem Arbeitgeber gegenüber wenigstens außergerichtlich geltend machen. Eine Klage, die zwar innerhalb dieser Frist bei
Gericht eingeht, dem Arbeitgeber aber erst danach zugestellt wird, wahrt die Frist nicht.
§ 16 BetrAVG fordert einen tatsächlichen Zugang der Rüge beim Arbeitgeber innerhalb
der Rügefrist. (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 21. Oktober 2014)
Literaturhinweis:
Walthierer, Sebastian, Betriebliche Altersversorgung: Grundlagen der Hinterbliebenenabsicherung,
DB 2014, Heft Nr. 25, S. 1432ff.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
13/27
Exkurs: Wichtige Entscheidungen anderer Gerichte
Verfassungsmäßigkeit Beitragspflicht PSV
BVerwG, Urteil vom 12. März 2014
8 C 27.12
1. Die in § 10 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG geregelte beitragsrechtliche Gleichbehandlung von
ungesicherten Direktzusagen mit Direktzusagen, die durch ein Contractual Trust Arrangement gesichert sind, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
2. Die gesetzliche Insolvenzsicherungsbeitragspflicht gem. § 10 Abs. 1 bis 3 BetrAVG
ist mit Art. 102, 106 AEUV vereinbar.
3. Die Entscheidung des Trägers der gesetzlichen Insolvenzsicherung (§ 14 BetrAVG),
die durch die Wirtschaftskrise bedingte sprunghafte Erhöhung des Insolvenzsicherungsbeitragssatzes im Jahr 2009 durch die Anwendung des (sog.) Glättungsverfahrens nach
§ 10 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG und nicht stattdessen oder zusätzlich durch einen Rückgriff auf den Ausgleichsfonds gemäß § 10 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG abzufangen, war
ermessensfehlerfrei. (Ls.)
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14/27
4. Betriebsverfassungsrecht
Änderung der Tagesordnung durch BR-Beschluss
BAG, Beschluss vom 22. Januar 2014
7 AS 6/13
Der Siebte Senat hält an seiner Rechtsauffassung, ein Beschluss des Betriebsrats zu
einem nicht in der Tagesordnung aufgeführten Punkt könne auch bei einstimmiger Beschlussfassung wirksam nur gefasst werden, wenn alle Betriebsratsmitglieder anwesend sind, nicht fest. (Tenor)
(Hinweis: Der 1. Senat des BAG wollte die Auffassung vertreten, dass die Ladung zu einer Betriebsratssitzung ohne Mitteilung der Tagesordnung nicht zur Unwirksamkeit eines in dieser Betriebsratssitzung
gefassten Beschlusses führt, wenn sämtliche Mitglieder des Betriebsrats rechtzeitig geladen sind, der
Betriebsrat beschlussfähig ist und die anwesenden Betriebsratsmitglieder einstimmig beschlossen haben,
über den Regelungsgegenstand des später gefassten Beschlusses zu beraten und abzustimmen. Es sollte
nicht erforderlich sein, dass in dieser Sitzung alle Betriebsratsmitglieder anwesend sind. Da der 1. Senat
mit dieser Auffassung von der Rechtsprechung des 7. Senats abweichen würde, hat er beim 7. Senat
angefragt, ob dieser an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhält. Mit seiner Entscheidung ermöglicht
der 7. Senat eine Rechtsprechungsänderung. Künftig kann der Betriebsrat ein Thema nachträglich, d. h.
erst in der Sitzung, zum Gegenstand der Tagesordnung machen und darüber beschließen. Voraussetzungen hierfür sind die ordnungsgemäße Ladung aller Mitglieder und die Beschlussfähigkeit des Betriebsrats.)
Einigungsstelle
BAG, Beschluss vom 11. Februar 2014
1 ABR 72/12
Das Verfahren vor der Einigungsstelle dient dazu, die regelungsbedürftige Angelegenheit
im Rahmen der gestellten Anträge vollständig zu lösen. Ein Einigungsstellenspruch ist
daher unwirksam, wenn die Einigungsstelle ihrem Regelungsauftrag nicht ausreichend
nachkommt und keine abschließende Regelung trifft. (Os.)
(Hinweis: In diesem Fall ging es um die Mitbestimmung im Zusammenhang mit Regelungen zum Gesundheitsschutz, § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, insbesondere um die Mitbestimmung hinsichtlich der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen. Das BAG weist darauf hin, dass das Mitbestimmungsrecht einsetzt,
wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und wegen Fehlens einer zwingenden Vorgabe
betriebliche Regelungen verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen. Daher hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV.)
Mitbestimmung beim Arbeitsschutz
BAG, Beschluss vom 18. März 2014
1 ABR 73/12
Die aus § 3 Abs. 2 ArbSchG folgende Pflicht des Arbeitsgebers, für eine geeignete Organisation zu sorgen und Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden, setzt einen Rahmen für die Entwicklung einer an den betrieblichen Gegebenheiten ausgerichteten Organisation. Hierbei hat der Betriebsrat nach § 87
Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen. (Ls.)
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15/27
Beabsichtigt der Arbeitgeber zur Planung und Durchführung erforderlicher Maßnahmen
des Arbeitsschutzes nach § 3 Abs. 2 ArbSchG eine geeignete Organisation aufzubauen
und ausgewählten Arbeitnehmern hierbei näher bezeichnete Aufgaben zu übertragen,
hat der Betriebsrat mitzubestimmen. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat
bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen, wenn der
Arbeitgeber diese aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen hat
und ihm bei der Gestaltung Handlungsspielräume verbleiben. (Quelle: Pressemitteilung
des BAG vom 18. März 2014)
(Hinweis: Auch in einer nur wenige Arbeitnehmer betreffenden Angelegenheit – vorliegend sechs Mitarbeiter – kann eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit liegen.
Literaturhinweis: Diepold, Dr. Markus, Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz, Arbeit und Arbeitsrecht, Heft
3/14, S. 154ff.)
Bildung eines Arbeitsschutzausschusses
BAG, Beschluss vom 15. April 2014
1 ABR 82/12
§ 11 ASiG begründet keinen Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber auf Einrichtung eines Arbeitsschutzausschusses. (Ls.)
(Hinweis: § 11 Satz 1 ASiG verpflichtet den Arbeitgeber, in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten einen Arbeitsschutzausschuss zu bilden. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann sich der Betriebsrat nach § 89 Abs. 1 Satz 2 BetrVG an die zuständige Arbeitsschutzbehörde wenden. Diese hat die Errichtung eines Arbeitsschutzausschusses nach § 12 ASiG anzuordnen und kann im Weigerungsfall eine
Geldbuße verhängen (§ 20 ASiG). Dem Betriebsrat steht kein Initiativrecht zur Bildung eines Arbeitsschutzausschusses zu. Bei der Pflicht zur Bildung eines Arbeitsschutzausschusses handelt es sich um
eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers. Da ihm hierbei kein Handlungsspielraum zusteht, besteht nach dem Eingangshalbsatz des § 87 Abs. 1 BetrVG auch kein Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrates.)
BR-Mitglied und sachgrundlose Befristung
BAG, Beschluss vom 25. Juni 2014
7 AZR 847/12
Benachteiligt ein Arbeitgeber ein befristet beschäftigtes Betriebsratsmitglied, indem er
wegen dessen Betriebsratstätigkeit den Abschluss eines Folgevertrags ablehnt, hat das
Betriebsratsmitglied gemäß § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2,
§ 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf Schadensersatz. Dieser ist im Wege der Naturalrestitution auf den Abschluss des verweigerten Folgevertrags gerichtet. (Ls.)
(Hinweis: Das BAG hat die Befristungskontrollklage sowie die hilfsweise auf Abschluss eines Folgevertrags gerichtete Klage abgewiesen. Die vom klagenden Betriebsratsmitglied vorgebrachte unzulässige
Benachteiligung wegen der Betriebsratstätigkeit hat das LAG als Vorinstanz verneint. Das BAG hat die
vom LAG diesbezüglich vorgenommene Gesamtwürdigung nicht beanstandet. Die Bedeutung des Urteils
liegt auch in den Aussagen zur Beweislast. Nach den Ausführungen des BAG liegt im Prozess die Beweislast für eine unzulässige Benachteiligung bei dem Betriebsratsmitglied, das sich darauf beruft. Dabei
reicht es aus, dass das Betriebsratsmitglied Indizien darlegt, die für eine Benachteiligung wegen der Betriebsratstätigkeit sprechen. Der Arbeitgeber muss sich hierauf konkret einlassen und die Indizien ggf.
entkräften.)
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
16/27
Bewerber für Wahlvorstand - Sonderkündigungsschutz
BAG, Beschluss vom 31. Juli 2014
2 AZR 505/13
Nimmt der Arbeitgeber die Äußerungen eines „Wahlbewerbers“ zum Anlass für eine
Kündigung, ist diese gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG nur wirksam, wenn Tatsachen
vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen, und
entweder die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 Abs. 1 BetrVG oder - wenn ein
Betriebsrat nicht gebildet ist - eine entsprechende gerichtliche Entscheidung vorliegt.
Arbeitnehmer, die für das Amt des Wahlvorstands zur Durchführung einer Betriebsratswahl kandidieren oder vorgeschlagen werden, sind keine Wahlbewerber im gesetzlichen
Sinne. Das ergibt die Auslegung der einschlägigen Vorschriften. (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 31. Juli 2014)
(Hinweis: In der Sache hat das BAG das Vorliegen eines wichtigen Grundes verneint. Es ging um die Frage, ob der betroffene Arbeitnehmer wissentlich falsche, geschäftsschädigende Behauptungen über die
betrieblichen Verhältnisse aufgestellt und über digitale Medien verbreitet hat oder ob es sich um sachliche
Kritik an den betrieblichen Gegebenheiten handelte. Das BAG bejahte Letzteres. Für die Grenzziehung
kommt es nach Auffassung des BAG auf den Inhalt und den Kontext der Äußerungen an.
Literaturhinweis: Bissels, Dr. Alexander/Falter, Kira, Außerordentliche Kündigung nach Verbreitung geschäftsschädigender Äußerungen über das Weg 2.0 – die „YouTube“-Entscheidung des BAG, DB 2014,
Heft Nr. 36, S. 2050f.)
Literaturhinweis:
Lunk, Dr. Stefan/ Rodenbusch,Vincent, Die Haftung des Betriebsrats und seiner Mitglieder,
NJW 2014, Heft 28, S. 1989ff.
Der Aufsatz beschäftigt sich mit dem BGH-Urteil vom 25. Oktober 2012 (BGHZ 195,
174). Darin hat der BGH Aussagen zur Rechtsfähigkeit des Betriebsrats sowie darauf
aufbauend auch zur Haftung des Organs Betriebsrat und seiner Mitglieder gemacht.
Kempter, Michael/ Merkel, Philipp, Grundzüge und Fallstricke im Einigungsstellenverfahren,
DB 2014, Heft 32, S. 1807ff.
Der Aufsatz macht deutlich, dass mangels umfassender gesetzlicher Regelungen zur
Einigungsstelle die Beachtung allgemeiner Verfahrensgrundsätze und der einschlägigen
Rechtsprechung eine besondere Rolle spielt. Die Grundlagen und die aktuelle Rechtsprechung werden dargestellt.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
17/27
Zimmermann, Dr. André, Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei Schwellenwerten
der Betriebsverfassung – der Status quo,
DB 2014, Heft 45, S. 2591ff.
Der Aufsatz beschäftigt sich mit der Entwicklung der Rechtsprechung zur Frage der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei den betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten. Dabei gibt der Autor auch einen Ausblick für die Schwellenwerte, zu denen
keine aktuelle Rechtsprechung vorliegt.
Krause, Rüdiger, Die Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei Schwellenwerten der
Unternehmensmitbestimmung
ZIP 2014, Heft 46, S. 22209ff.
Der Aufsatz erläutert, warum Leiharbeitnehmer trotz Fehlens einer arbeitsvertraglichen
Beziehung nicht nur beim Verleiher, sondern auch beim Entleiher als Arbeitnehmer im
Sinne der unternehmensmitbestimmungsrechtlichen Schwellenwerte zu berücksichtigen
sind. Basis für dieses Ergebnis sind Überlegungen anhand von Wortlaut, Systematik und
Entstehungsgeschichte der relevanten Regelungen.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
18/27
5. Gleichbehandlung
Haftung des Arbeitgebers bei Diskriminierung
BAG, Urteil vom 23. Januar 2014
8 AZR 118/13
Richtiger Anspruchsgegner für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs
nach § 15 Abs. 2 AGG ist der potentielle Arbeitgeber i. S. des § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG.
Bei Bewerbungen also derjenige, der die Stelle ausgeschrieben und um Bewerbungen
für seinen Betrieb/sein Unternehmen gebeten hat. (Os.)
(Hinweis: Das Urteil betrifft die Frage, gegen wen der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2
AGG geltend zu machen ist. Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber einen konzerneigenen Personalvermittler mit der Ausschreibung der Stelle beauftragt. Nach Auffassung des BAG ist für die Entschädigungsklage nach AGG der potentielle Arbeitgeber und nicht der Personalvermittler als richtiger Anspruchsgegner anzusehen. In den Urteilsgründen wird darauf hingewiesen, dass über mögliche andere
zivilrechtliche Ansprüche gegen den Personalvermittler auf Ersatz eines Vermögensschadens nicht entschieden wurde, weil es nur um den immateriellen Schaden nach § 15 Abs. 2 AGG ging.)
Geltendmachung von AGG-Schadensersatz
BAG, Urteil vom 22. Mai 2014
8 AZR 662/13
Die nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG erforderliche Schriftform zur Geltendmachung von
Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen (§ 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) kann
auch durch eine Klage gewahrt werden. Dabei findet § 167 ZPO Anwendung. Es genügt der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage "demnächst" zugestellt wird. (Ls.)
(Hinweis: Mit der Entscheidung schließt sich das BAG einer geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an. Danach ist § 167 ZPO grundsätzlich anwendbar, wenn durch die Zustellung eine Frist
gewahrt werden soll, die auch durch außergerichtliche Geltendmachung gewahrt werden könnte. Nur in
Sonderfällen kommt die Rückwirkungsregelung nicht zur Anwendung. Das BAG hält damit an seiner früher als obiter dictum geäußerten gegenteiligen Auffassung (BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 - 8 AZR
188/11 - Rn. 27, BAGE 142, 143) nicht mehr fest.)
Staffelung der Kündigungsfristen nach Betriebszugehörigkeit ist keine Altersdiskriminierung
BAG, Urteil vom 18. September 2014
6 AZR 636/13
Die von der Beschäftigungsdauer abhängige Staffelung der Kündigungsfristen in § 622
Abs. 2 Satz 1 BGB verletzt das Verbot der Altersdiskriminierung nicht. (Ls.)
(Hinweis: Nach Auffassung des BAG führt die Differenzierung der Kündigungsfrist nach der Dauer der
Betriebszugehörigkeit zwar zu einer mittelbaren Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer, ist aber durch ein
legitimes Ziel gerechtfertigt. Sie soll länger beschäftigten und damit betriebstreuen, typischerweise älteren Arbeitnehmern durch längere Kündigungsfristen einen verbesserten Kündigungsschutz gewähren.
Anders ist das bei § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB. Diese Vorschrift hatte der EuGH mit Urteil vom 19. Januar
2010 im Fall „Kücükdeveci“ für unwirksam erklärt, weil sie nur an das Lebensalter anknüpft und damit
gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstößt.)
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
19/27
Benachteiligung wegen Geschlechts
BAG, Urteil vom 18. September 2014
8 AZR 753/13
Bei einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts kann die besondere Benachteiligung des einen Geschlechts durch ein dem Anschein nach neutrales Kriterium
mit einem Verweis auf statistische Erhebungen dargelegt werden. Die herangezogene
Statistik muss aussagekräftig, d. h. für die umstrittene Fallkonstellation gültig sein.
(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 18. September 2014)
(Hinweis: Der Entscheidung liegt die Diskriminierungsklage einer Bewerberin zugrunde, die im Lebenslauf
„Familienstand: verheiratet, ein Kind“ angegeben hatte. Das Berufungsgericht hatte eine Statistik für den
Anteil von Ehefrauen mit Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten herangezogen. Nach Auffassung
des BAG lässt diese Statistik keine Aussage für den konkreten Fall der Klägerin zu.)
Dienstbekleidungsvorschriften Cockpitpersonal
BAG, Urteil vom 30. September 2014
1 AZR 1083/13
Arbeitgeber und Betriebsrat können in einer Betriebsvereinbarung das Tragen einer einheitlichen Dienstkleidung regeln. Wird die Dienstkleidung für Arbeitnehmergruppen unterschiedlich ausgestaltet, verlangt der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, dass eine solche Differenzierung entsprechend dem Regelungszweck
sachlich gerechtfertigt ist. (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 30. September
2014)
(Hinweis: In dem Fall ging es um die Klage eines Piloten, der sich dagegen wehrte, dass gemäß der einschlägigen Betriebsvereinbarung männliche Piloten zum Tragen einer „Cockpit-Mütze“ verpflichtet sind,
während Pilotinnen hierüber frei entscheiden können. Das BAG hat einen Verstoß gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz bejaht, die Frage der Benachteiligung wegen des Geschlechts aber offen gelassen.)
Zusätzliche Urlaubstage für ältere Arbeitnehmer
BAG, Urteil vom 21. Oktober 2014
9 AZR 956/12
Gewährt ein Arbeitgeber älteren Arbeitnehmern jährlich mehr Urlaubstage als den jüngeren, kann diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG zulässig sein. Bei
der Prüfung, ob eine solche vom Arbeitgeber freiwillig begründete Urlaubsregelung dem
Schutz älterer Beschäftigter dient und geeignet, erforderlich und angemessen im Sinne
von § 10 Satz 2 AGG ist, steht dem Arbeitgeber eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzungsprärogative zu. (Quelle: Pressemitteilung des
BAG vom 21. Oktober 2014)
(Hinweis: In seiner Entscheidung vom 20. März 2012 – 9 AZR 529/10 hat das BAG die Differenzierung
nach dem Lebensalter im damaligen § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD wegen Verstoßes gegen das Verbot der
Benachteiligung wegen Alters für unzulässig erklärt. Die entsprechende Klausel im TVöD wurde zwischenzeitlich angepasst.
Zur aktuellen Entscheidung siehe Urban-Crell, Dr. Sandra, Zusätzliche Urlaubstage für ältere Arbeitnehmer, DB 2014, Heft Nr. 50, S. 2896f.)
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
20/27
Literaturhinweis:
Schicht, Katrin/Goletz, Bettina, Ausgewählte Rechtsprechung zum AGG aus dem Jahr
2014,
DB 2014, Heft Nr. 49, S. 2831ff.
Der Aufsatz befasst sich mit zahlreichen Entscheidungen, die das BAG oder Landesarbeitsgerichte zum Thema Diskriminierung getroffen haben. Der Schwerpunkt der AGGUrteile liegt nach wie vor bei einer Diskriminierung wegen des Geschlechts oder des Alters. Die Autorinnen gehen aber auch auf das beim EuGH anhängige Vorabentscheidungsverfahren ein, bei dem es um die Frage geht, ob Übergewicht eine Behinderung
darstellt.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
21/27
Exkurs: Wichtige Entscheidungen anderer Gerichte
Überleitungsregelung für Beamtenbesoldung
EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014
C 501/12 u. a.
Das EU-Recht steht nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegen, die die Modalitäten
der Überleitung von Beamten, die vor dem Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften verbeamtet worden sind, in ein neues Besoldungssystem festlegen und vorsehen, dass
zum einen die Besoldungsstufe, der sie nunmehr zugeordnet werden, allein auf der
Grundlage des unter dem alten Besoldungssystem erworbenen Grundgehalts ermittelt
wird, obgleich dieses alte System auf einer Diskriminierung wegen des Alters des Beamten beruhte, und dass sich zum anderen der weitere Aufstieg in eine höhere Besoldungsstufe nunmehr allein nach der seit dem Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften
erworbenen Berufserfahrung bemisst.
Das Unionsrecht schreibt nicht vor, den diskriminierten Beamten rückwirkend einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen ihrer tatsächlichen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe ihrer Besoldungsgruppe zu zahlen.
(Hinweis: Hintergrund ist die Übergangsregelung zur Beamtenbesoldung, mit der die Besoldung nicht
mehr an das Alter, sondern an die Berufserfahrung gebunden wird. Der EuGH hat entschieden, dass es
keine Verpflichtung gibt, den wegen ihres Alters diskriminierten Beamten rückwirkend einen Ausgleich
zwischen dem tatsächlichen und dem höchstmöglichen Gehalt ihrer Besoldungsgruppe zu zahlen. Mit
dieser Auffassung ist der EuGH von der Auffassung seines Generalanwaltes abgewichen. Bei einem Erfolg der Klage hätten dem Bund und den Bundesländern erhebliche Schadensersatzansprüche gedroht.
Literaturhinweis: Mit den Einzelheiten des EuGH-Urteils befasst sich der Aufsatz von Lingemann, Dr. Stefan, Diskriminierung in Entgeltsystemen – Ende der Anpassung nach oben?, NZA 2014, Heft Nr. 15,
S. 827ff.)
Überleitungsregelung für Beamtenbesoldung
BVerwG, Urteil vom 31. Oktober 2014
2 C 3.13 u.a.
Beamte haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Entschädigung,
weil die Höhe ihrer Bezüge allein von ihrem Lebensalter abhing. (Quelle: Pressemitteilung des BVerwG vom 31. Oktober 2014)
(Hinweis: Das Urteil knüpft an die oben stehende Entscheidung des EuGH an und nimmt auf die dortigen
Ausführungen zur AGG-Widrigkeit der früheren Regelungen zur Beamtenbesoldung sowie auf das Thema
Perpetuierung der bisherigen diskriminierenden Wirkung durch die Überleitung in ein neues System Bezug.
Das BVerwG gewährt wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf angemessene Entschädigung. Eine Höherstufung ist nach Auffassung des Gerichtes
ausgeschlossen, weil die unzulässige Benachteiligung wegen Alters alle Gruppen von Beamten erfasst, so
dass kein gültiges Bezugssysteme mehr besteht, an das der Anspruch auf Gleichbehandlung anknüpfen
könnte.)
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
22/27
Adipositas und Behinderung
EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2014
C-354/13
Zwar gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, der als solcher Diskriminierungen wegen Adipositas verböte, doch fällt Adipositas unter den Begriff „Behinderung“, wenn sie unter bestimmten Bedingungen den Betreffenden an der vollen und
wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit anderen Arbeitnehmern, hindert. (Quelle: Pressemitteilung des EuGH vom 18. Dezember 2014)
(Hinweis: Der EuGH weist in seiner Pressemitteilung darauf hin, dass es im Bereich Beschäftigung und
Beruf kein allgemeines Verbot der Diskriminierung wegen Adipositas als solcher gibt. Allerdings kann die
Adipositas unter bestimmten Voraussetzungen unter den Begriff der „Behinderung“ fallen. Dies ist dann
der Fall, wenn sie eine Einschränkung mit sich bringt, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist, die den Beschäftigten in Wechselwirkung mit verschieden
Barrieren an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können, und wenn diese Einschränkung von langer Dauer ist. Die Feststellung, ob diese
Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt sind, muss das vorlegende Gericht nun prüfen.)
Literaturhinweis:
Hiebert, Dr. Tanja, Weiterbeschäftigung plus Entschädigungszahlung – Neue „Haftungsfalle“ für Arbeitgeber bei Kündigungen,
DB 2014, Heft Nr. 27-28, S. 1555
Der Aufsatz knüpft an das BAG-Urteil vom 19. Dezember 2013 – 6 AZR 190/12 an,
dessen erster Leitsatz folgendermaßen lautet:
„Eine ordentliche Kündigung, die einen Arbeitnehmer, auf den das Kündigungsschutzgesetz (noch) keine Anwendung findet, aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe diskriminiert, ist nach § 134 BGB iVm. § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 AGG unwirksam. § 2 Abs. 4
AGG steht dem nicht entgegen.“
Das BAG geht in der Entscheidung – so die Ausführungen der Autorin – davon aus,
dass die Regelungen zum Schadensersatz und zur Entschädigung in § 15 BAG bei Kündigungen generell zur Anwendung kommen können. Darauf aufbauend erläutert die Autorin die Auswirkungen der Entscheidung auf die Fälle der krankheitsbedingten Kündigungen, die als Benachteiligung im Sinne der §§ 1, 3 AGG qualifiziert werden könnten.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
23/27
6. Kündigungsrecht
Krankheitsbedingte außerordentliche Kündigung
BAG, Urteil vom 23. Januar 2014
2 AZR 582/13
Häufige Kurzerkrankungen können ein Dauertatbestand sein, der den Lauf der Frist des
§ 626 Abs. 2 BGB ständig neu in Gang setzt, sobald und solange wie sie den Schluss
auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit zulassen und damit eine negative Gesundheitsprognose begründen. (Ls.)
(Hinweis: Streitgegenstand des Verfahrens war eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist wegen
häufiger Kurzerkrankungen. Eine ordentliche Kündigung war aufgrund tarifvertraglicher Regelung ausgeschlossen. Der Arbeitgeber hatte die Kündigung erst 3,5 Monate nach der letzten Kurzerkrankung ausgesprochen. Das BAG führt in seiner Entscheidung aus, dass Kündigungsgrund bei der krankheitsbedingten
Kündigung nicht die Krankheit selbst ist, sondern die negative Gesundheitsprognose und die daraus resultierende erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen. Diese kündigungsrelevante Negativprognose endet nicht gleichzeitig mit der letzten Kurzerkrankung. Entscheidet ist, ob die negative Gesundheitsprognose zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung noch begründet ist. Dies hat das BAG
vorliegend verneint, weil die Arbeitnehmerin seit Ende der letzten Kurzerkrankung 3,5 Monate arbeitsfähig gewesen ist und die Ausfallzeiten in den vorangegangenen Jahren insgesamt deutlich zurückgegangen sind.)
Wartezeit - Leiharbeitnehmer
BAG, Urteil vom 20. Februar 2014
2 AZR 859/11
Zeiten, während derer ein Leiharbeitnehmer in den Betrieb des Entleihers eingegliedert
war, sind in einem späteren Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem Entleiher regelmäßig nicht auf die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG anzurechnen. (Ls.)
(Hinweis: In verschiedenen Entscheidungen hat das BAG im Jahr 2013 klargestellt, dass Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der Betriebsgröße nach dem Kündigungsschutzgesetz mitzuzählen sind. Für die
Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG sieht das BAG dies jedoch anders.
Literaturhinweis: Besgen, Dr. Nicolai, Wartezeit nach KSchG: Vorbeschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer anzurechnen?, DB 2014, Heft Nr. 37, S. 2112f.)
Literaturhinweis:
Zwarg, Dr. Christian/Alles, Dr. Boris, Fallstricke bei der Massenentlassungsanzeige –
ausgewählte aktuelle Probleme,
DB 2014, Heft Nr. 40, S. 2287ff.
Der Aufsatz beschäftigt sich mit den hohen Anforderungen an eine Massenentlassungsanzeige, die mit der neueren Rechtsprechung nationaler Gerichte und des EuGH weiter
verschärft wurden. Darüber hinaus zeigt der Aufsatz auf, dass in der Praxis noch zahlreiche Unklarheiten bestehen, die letztlich nur durch die höchstrichterliche Rechtsprechung beseitigt werden können.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2014 / Stand: 31. Dezember 2014
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6. Schwerbehindertenrecht / SGB IX
Mitteilung der Schwerbehinderung durch Bewerber
BAG, Urteil vom 18. September 2014
8 AZR 759/13
Ein schwerbehinderter Mensch, der bei seiner Bewerbung um eine Stelle den besonderen Schutz und die Förderung nach dem SGB IX in Anspruch nehmen will, muss die Eigenschaft, schwerbehindert zu sein, grundsätzlich im Bewerbungsschreiben mitteilen.
Eine solche Mitteilung muss bei jeder Bewerbung erfolgen. Auf Erklärungen bei früheren
Bewerbungen kommt es nicht an. (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 18. September 2014)
(Hinweis: Das BAG führt aus, dass ein Bewerber auch bei mehrmaligen Bewerbungen beim gleichen Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft bei jeder einzelnen Bewerbung erneut mitteilen muss, und
weist diesbezüglich auch auf das Datenschutzrecht hin. Zur Art der Mitteilung erläutert das BAG, dass
diese gegebenenfalls im Bewerbungsanschreiben oder unter deutlicher Hervorhebung im Lebenslauf erfolgen muss. Unauffällige Informationen oder eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen – hier Blatt 24 in
einem Konvolut von Anlagen mit 29 Blatt Umfang – befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises
stellen keine ausreichende Information dar.)
Literaturhinweis:
Düwell, Prof. Franz Josef/Sachadae, Dr. Till, Häufige Fehler bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung
NZA 2014, Heft Nr. 22, S. 1241ff.
Die Autoren weisen darauf hin, dass sich die Anzahl der Anfechtungen von Wahlen der
Schwerbehindertenvertretung in den letzten Jahren sprunghaft erhöht hat. Sie zeigen
daher auf, welche Wahlfehler häufig auftreten, wie diese vermieden werden und wann
Fehler eine Anfechtung begründen können.
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7. Tarifrecht
BAG, Urteil vom 21. Mai 2014
4 AZR 50/13
Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz
Die Nichtanwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes auf Vereinbarungen zwischen Tarifvertragsparteien hat ihren Grund darin, dass bei solchen Vereinbarungen keine strukturelle Ungleichgewichtigkeit der Verhandlungspartner besteht,
sondern von Verfassungs wegen eine Verhandlungsparität vorausgesetzt wird. (Quelle:
Pressemitteilung des BAG vom 21. Mai 2014)
Frage nach Gewerkschaftszugehörigkeit
BAG, Urteil vom 18. November 2014
1 AZR 257/13
Die Aufforderung eines Arbeitgebers an die in seinem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer zu erklären, ob sie einer bestimmten Gewerkschaft angehören, kann die Koalitionsbetätigungsfreiheit der betroffenen Gewerkschaft unzulässig einschränken.
(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 18. November 2014)
(Hinweis: Der Entscheidung liegt ein Fall der Tarifpluralität – GDL und Kommunaler Arbeitgeberverband –
zugrunde, in dem der Arbeitgeber die in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer aufgefordert hat mitzuteilen, ob man Mitglied in der GDL ist oder nicht. Das BAG hat zwar die Beeinträchtigung der kollektiven Koalitionsfreiheit der GDL bestätigt, die Unterlassungsklage der GDL jedoch abgewiesen, weil der
Unterlassungsantrag zu weitgehend war. Das BAG weist in der Pressemitteilung darauf hin, dass es nicht
darüber zu entscheiden hatte, ob in einem sogenannten tarifpluralen Betrieb grundsätzlich ein Fragerecht
des Arbeitgebers nach der Gewerkschaftszugehörigkeit besteht oder nicht.)
Exkurs: Wichtige Entscheidung von anderen Gerichten
Flashmob
BVerfG, Beschluss vom 26. März 2014
1 BvR 3185/09
Gewerkschaftlich getragene und auf Tarifverhandlungen bezogene Flashmob-Aktionen,
die erkennbar darauf ausgerichtet sind, rechtmäßige Arbeitskampfziele zu stützen, sind
nicht von vornherein mit der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) unvereinbar. Dies gilt
auch dann, wenn sich Dritte an der Flashmob-Aktion beteiligen.
(Hinweis: Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde eines Arbeitgeberverbandes
gegen gewerkschaftlich organisierte, streikbegleitende Flashmob-Aktionen im Einzelhandel nicht zur Entscheidung angenommen. Gegenstand des Verfahrens waren arbeitsgerichtliche Entscheidungen, die einen
solchen Aufruf im konkreten Fall für zulässig hielten. Nach Auffassung des BVerfG ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet.
Siehe hierzu auch VÖB-Mitteilung M 159/14 vom 4. Juni 2014.)
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Stichwortverzeichnis
Abmahnung 7
Arbeitnehmerüberlassung 3
Arbeitsschutz 15
Arbeitsschutzausschuss 16
Aufklärungspflicht 12
Befristung 2, 16
Bewerbung 25
Bonusanspruch 10
Datenschutz 7, 25
Diskriminierung 12, 19
Eignungsuntersuchung 7
Einigungsstelle 15, 17
Gesundheitsschutz 7, 15
Gewerkschaft 26
Krankheit 24
Kündigung 9, 17, 23
Kündigungsfrist 19
Leiharbeitnehmer 18, 24
Mindestlohn 8
Mitbestimmung 7
Mitbestimmungsrecht 7
Rentenversicherung 5
Rückzahlungsklausel 9
Schadensersatz 19
Schwerbehinderung 25
Sonderzahlung 10, 11
Sozialversicherung 8
Syndikusanwalt 5
Urlaub 3, 4, 20
Urlaubsanspruch 2, 5, 6
Urlaubsentgelt 5
Urlaubsgeld 11
Versorgungsordnung 12
Vertragsstrafe 9
Wettbewerbsverbot 9
Zeugnis 4
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