Dr. Dick McCann (2001) Erfolgsfaktoren für Führungskräfte in einer Welt des Wandels Management-Trainings und Management-Entwicklung – seit jetzt zwanzig Jahre bin ich in diesem Bereich intensiv tätig. Obwohl viele Schlagworte sich in dieser Zeit abgewechselt haben, ein Wort hat immer Konjunktur gehabt: Leadership. Die Welt ändert sich in immer schnelleren Rhythmen, Veränderungsmanagement in Organisationen bleibt jedoch immer ein Thema. Veränderung durchzieht die Jahrhunderte, Veränderung gab es auch in den Zeiten vor der industriellen Revolution. Eines hat sich jedoch grundlegend geändert: das Tempo, in dem Führungskräfte ihr Denken ändern müssen, um die moderne Technologie und die damit einhergehenden Auswirkungen auf ihre Organisation zu bewältigen. Business-Modelle werden von den heute verfügbaren Instrumenten stark geprägt: E-Commerce, M-Commerce, E-Learning, um nur einige zu nennen. Die Führungskraft von heute braucht in all ihren Rollenaspekten eine große Anpassungsfähigkeit. Diese Instrumente haben die Welt schrumpfen lassen und die Ära der Globalisierung eingeläutet, in der die geografischen Grenzen an Bedeutung verlieren und in der globales Account Management die Norm wird. Die neuen Technologien haben unsere Führungskräfte in vielfacher Hinsicht entmachtet, indem sie sie von ihren Senior Managers und ihren Beratern sehr viel abhängiger macht. In diesem Zeitalter der Wissensexplosion haben viele verschieden Menschen die Schlüsseldaten in der Hand, die eine Organisation benötigt. Was erfolgreiche von nicht so erfolgreichen Führungskräften oft unterscheidet, ist ihre Fähigkeit, ihre Mitarbeiter zu verstehen, zu beeinflussen und zu motivieren. Es sind die Fähigkeiten im Bereich der Sozialkompetenz, die heute für den Erfolg von Organisationen wesentlich sind. Linking Skills Den meisten von Ihnen sind das Team Management System und das dahinter liegende Modell der Arbeitspräferenzen vertraut – diese Konzepte allein sind für viele wertvoll gewesen, indem sie ihnen geholfen haben, das Verhalten von Mitarbeitern und Kollegen bei der Arbeit besser zu verstehen. Wir verfügen jetzt über ein Instrumentarium, das Mitarbeitern in fünf Schlüsselbereichen, die ausschlaggebend dafür sind, wie sie wahrscheinlich ihre tägliche Arbeit angehen werden, Feedback gibt. Diese Instrumente basieren auf den vier Arbeitspräferenz-Skalen, die das Team Management Rad bestimmen (E-I, P-K, A-B und S-F) und auf den Skalen des QO2, die Aufschluss darüber geben, ob Menschen sich mehr auf die vor ihnen liegenden Möglichkeiten konzentrieren oder auf die Hindernisse, vor denen sie stehen. Was diese Konzepte jedoch zum Leben erweckt und Sozialkompetenz bei Führungskräften entstehen lässt, ist die Implementierung der dreizehn Fähigkeiten des Verbindens, der Linking Skills. Im Verlauf der letzten zwanzig Jahre sind die Linking Skills die Basis dafür geworden, die Arbeit von Teams zu koordinieren und zu integrieren. Die Kombination der sechs Fähigkeiten, um Menschen zu verbinden, und der fünf Fähigkeiten, Aufgaben miteinander zu verbinden sowie der zwei Fähigkeiten des Leadership-Linkings, ist heute anerkannt als der Weg, um die Fähigkeiten zu verbessern, ein Team zu führen. Das Rad der Arbeitsfunktionen Das Konzept des Linking wurde aus empirischen Studien entwickelt, die wir mit Teams in den 80er-Jahren durchgeführt haben. Im Verlauf dieser Studien fanden wir acht unterschiedliche Faktoren heraus, die zum Erfolg von Teams beitragen. Diese Faktoren finden im Rad der Arbeitsfunktionen ihre Darstellung. Das Rad der Arbeitsfunktionen von Margerison-McCann Sich gegenüberliegende Faktoren wiesen geringe Korrelations-Koeffizienten auf, während nebeneinander liegende Faktoren mittlere Interkorrelationen aufwiesen, was die im Rad enthaltene Entwicklungslogik von Arbeitsprozessen bestätigt. Diese Faktoren sind wesentliche Arbeitsfunktionen oder Schlüsselaufgaben, die Teammitglieder erledigen müssen. Wir fanden einen weiteren Faktor heraus, der psychometrisch gesehen allen acht Arbeitsfunktionen gemeinsam war, aber einer gesonderten Klassifizierung würdig schien, weil er eher einen Prozess als eine Aufgabe beschrieb. Wir nannten diesen Faktor „Linking“, weil er Tätigkeiten beschrieb, die dafür verantwortlich waren, die Arbeit des Teams zu koordinieren und zu integrieren. Das „Linking“ wurde in die Mitte des Rades verlegt, um deutlich zu machen, dass es in Beziehung steht mit allen acht Arbeitsfunktionen. Die Konzepte des Linking wurden aus den Interviews entwickelt, die wir mit den Teilnehmern der Forschungsstudie durchführten. Nachdem wir die für individuelle Teams spezifischen Aspekte der für sie wichtigen Schlüsselaufgaben herausgenommen hatten, blieben eine Reihe von Konzepten übrig, die sich in Tätigkeiten gruppieren ließen, die sich am besten als „für alle Team gültige Prozesse“ (shared team processes) beschreiben lassen. Diese sind verschieden von den acht Arbeitsfunktionen, die vor allem die Arbeitsanforderungen für die einzelnen Teammitglieder zu beschreiben scheinen. Das „Linking“-Zentrum des Rads der Arbeitsfunktionen umfasst sechs People Skills, fünf Task Skills sowie zwei Leadership Linking Skills. Die Aufgaben eines Teams zu verbinden ist genau so wichtig wie die Menschen zu verbinden. Ohne das erste leiden die Menschen, ohne das zweite leidet die Teamleistung. Das Modell der Linking Skills von Margerison-McCann Die People Linking Skills Die Skills auf dem äußeren Kreis gleichen der Zahl sechs im Tao – dem Symbol für den Himmel. Sie schaffen die Atmosphäre, in der das Team arbeitet. Sie schaffen Harmonie und Vertrauen (trust). Kommunikation steht für das Konzept des Eingehens auf den anderen (pacing), wo Teammitglieder ihren Kommunikationsstil verändern müssen, um auf die Präferenzen der Person einzugehen, mit der sie sprechen. Das verbessert die zwischenmenschliche Beziehung (Rapport) und führt zu besseren Arbeitsergebnissen. Aktives Zuhören bedeutet, den anderen wirklich zuzuhören und ihnen zu zeigen, dass man an ihren Beiträgen interessiert ist, indem man Fragen stellt, die von ihnen eingebrachten Gedanken weiterführt und Gesprächsbeiträge zusammenfasst. Gute Teambeziehungen sind wesentlich, wenn das Team hohe Leistungen erbringen soll. Wenn Respekt, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen in einem Team fehlen, dann ist es kein richtiges Team. Problemlösung und Beratung bedeuten hier, dass Teammitglieder verfügbar und ansprechbar sind, wenn andere Teammitglieder ein Problem haben. Gemeinsame Entscheidungsfindung ist wichtig, damit gehandelt werden kann. Die Teammitglieder müssen in den Prozess der Entscheidungsfindung bei zentral wichtigen Themen einbezogen werden, so dass sich alle für die Problemlösung mitverantwortlich fühlen und bereit sind, sich für ihre Umsetzung zu engagieren. Schnittstellen-Management ist ein Begriff, den wir benutzen, um den Prozess zu beschreiben, die Verbindung zwischen allen Teammitgliedern (internes Linking) und zu wichtigen externen Personen (externes Linking) gut zu gestalten und zu managen. Die Task Linking Skills Die Skills im zweiten Kreis gleichen der Zahl fünf im Tao – dem Symbol für die Erde. Sie schaffen einen soliden Kern oder eine solide Basis, auf der die Arbeit des Teams gründet. Sie schafft Zuversicht (confidence) und Stabilität. Arbeitsverteilung als Linking Skill heißt, den Teammitgliedern gemäß ihrer Kompetenz und ihren Präferenzen Aufgaben zuzuweisen. Unsere Forschung hat gezeigt, dass alle Teams in allen acht Arbeitsfunktionen gute Leistungen erbringen müssen. Wenn das Team im Hinblick auf die Präferenzen nicht ausgewogen ist, kann es sein, dass die Nicht-Präferenz-Bereiche eine niedrige Priorität für das Team bekommen. Wenn das der Fall ist, muss das Team Wege suchen, um Skills in den Bereichen zu entwickeln, die keine Präferenz haben. Wenn sie das tun, praktizieren sie die Fähigkeit zur Teamentwicklung. Delegation ist für Führungskräfte von Teams oder Teammitglieder wichtig, denen Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Delegation heißt, Menschen zu trainieren und zu coachen, so dass sie Kompetenz entwickeln können. Kompetenz führt zu Zuversicht, Zuversicht führt zu Vertrauen. Teams ohne klare Zielsetzung werden scheitern. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Teams mit klaren Zielen, die sie auch tatsächlich erreichen, auf ihre Arbeit stolz sind. Das führt zu verbessertem Teamgeist und besserer Motivation. Durch die Konzentration auf Ergebnisse und erbrachte Leistung kann die Energie des Teams sich auf Resultate konzentrieren. Teams, in denen die „Zielpfosten“ dauernd verändert werden, erbringen gewöhnlich geringe Leistungen. Die Teammitglieder können hart arbeiten, aber ihre Anstrengungen verpuffen in ganz verschiedene Richtungen. Alle Teams sollten nach Qualität streben in allem, was sie tun. Qualität ist der Schlüssel für den Erfolg einer Organisation oder eines Unternehmens und unterscheidet erfolgreiche und erfolglose Unternehmen. Qualitätsstandards bei der Teamarbeit heißt für uns, Standards und Verfahren zur Verfügung zu haben, die von allen befolgt werden. Es sind die Standards, die den Erwartungen des Kunden entsprechen. Mit oder ohne Linking? In Teams, für die Linking etwas bedeutet und die regelmäßig ihr Linking überprüfen, kann die folgende Tendenz beobachtet werden: Sie wissen, was jedes Teammitglied macht Sie wissen, was andere Teams in der Organisation machen Sie wissen, was die Führungskraft macht Sie erbringen gute Leistung, wenn Teammitglieder nicht da sind Sie erbringen gute Leistung, wenn die Führungskraft nicht da ist Teams, die dem Linking keine Beachtung schenken, tendieren dazu: • die Arbeit anderer Teams nicht zu kennen, bis sich das auf ihre eigene Arbeit auszuwirken beginnt • unfähig zu sein, auch dann gute Leistung zu erbringen, wenn Teammitglieder nicht da sind • unfähig zu sein, Entscheidungen zu treffen, wenn die Führungskraft nicht da ist Sich der Linking Skills bewusst zu sein genügt nicht. Diese Fähigkeiten wollen, wie andere Fähigkeiten auch, entwickelt werden. Es ist notwendig, jede Fähigkeit in diesem Bereich im Team zu diskutieren und, wenn notwendig, regelmäßig zu überprüfen. Gute Leistung im Bereich der fünf Task Skills bereitet den Boden für effektive Ergebnisse. Gute Leistung im Bereich der sechs People Skills schafft eine Atmosphäre der Harmonie. Zusammen erbringen sie exzellente Führungsleistung und hohe Teamleistung. Es ist wie im Tao – die Kombination der „sechs“ mit der „fünf“ addiert sich auf zur „elf“ und damit zur Vollkommenheit. Werte im Arbeitsbereich Seit 1998 ist dies mein zentrales Forschungsprojekt. Dieses Interesse erwachte, als ich den QO2 entwickelte, den ich vor zwei Jahren beim Heidelberger TMS-Netzwerktreffen vorgestellt habe. In dem Buch The Half Empty Chalice (1) von mir und Jan Stewart finden Sie ein Kapitel über Werte, in dem ich mich auf die Forschungsarbeiten von Shalom Schwartz (2) beziehe. Seine Arbeit ist ideal im Hinblick auf allumfassende Werte, aber ist nur begrenzt übertragbar auf den Arbeitsbereich. In meiner zwanzigjährigen Arbeit als Management Consultant in vielen Ländern der Welt bin ich zur Überzeugung gelangt, dass Menschen bereit sind, viel Energie zu investieren, um zentral wichtige Werte im Arbeitsbereich aufrechtzuerhalten und sie gegen jene zu verteidigen, die sie potentiell verletzen könnten. Führungskräfte von heute müssen die Werte verstehen, die grundsätzliche Verhaltensdeterminanten sind - eine Vorbedingung für die Sozialkompetenz von Führungskräften. Das Window on Work Values von Dick McCann Bei der Entwicklungsarbeit eines neuen Modells mit guter struktureller Validität bin ich von der folgenden Definition von Werten ausgegangen. Werte 1. 2. 3. 4. 5. den sind Konzepte und innere Überzeugungen (beliefs) betreffen wünschenswerte Endzustände oder Verhaltensweisen übersteigen spezifische Situationen steuern die Wahl oder Bewertung von Menschen, Verhaltensweisen und Ereignissen stehen in einer Rangordnung zu anderen Werte, um ein System von Werteprioriäten zu bil- Das Window on Work Values (Werte der Arbeit) Bei der Entwicklung eines Modells für Werte im Arbeitsbereich habe ich mich auf die Werte konzentriert, bei denen der zentrale inhaltliche Aspekt der Zielbereich oder das von einer Motivation geleitete Interesse ist, das dieser Wert ausdrückt. Das Ergebnis ist das Window on Work Values – ein hilfreiches Modell, um die unterschiedlichen Werte zu verstehen, von denen sich Menschen bei der Arbeit leiten lassen. Es wurde aus individuellen Antworten auf 64 Schlüsselfragen entwickelt, die Tätigkeiten oder Situationen bei der Arbeit beschreiben, die von diesen Menschen wertgeschätzt werden. Die Werte gruppieren sich in acht Werte-Bereichen, die sich als Fensterscheiben darstellen lassen - ähnlich denen in den Rosetten vieler europäischer Kathedralen. Das Modell besitzt eine gute strukturelle Validität, was bedeutet, dass Werte-Bereiche, die im Fenster nahe beieinander liegen, zueinander in Beziehung stehen, während Wertebereiche, die sich im Fenster gegenüberliegen, wenig Bezug zueinander haben. Das Window on Work Values hat zwei unabhängige Achsen. Die von West nach Ost durch das Fenster verlaufende Achse bezieht sich auf den Selbstfokus und den Gruppenfokus. Obwohl viele Menschen sich auf beides konzentrieren können, legen die Ergebnisse nahe, dass die meisten Menschen eine Neigung mehr in die eine oder mehr in die andere Richtung spüren. Die von Nord nach Süd verlaufende Achse beschreibt das Organisationsumfeld, das Menschen wertschätzen. Auf der nördlichen Seite liegen die dem Wertebereich Organisatorische Beschränkungen (Organisational Constraint) zugeordneten Werte, während die dem Wertebereich Organisatorische Freiheiten (Organisational Freedom) zugehörigen Werte sich im Süden befinden. Der Motivationsbereich Organisatorische Beschränkungen erklärt sich daraus, dass es für manche Gruppen notwendig ist, eine reibungslose Interaktion und das Überleben der Gruppe zu gewährleisten. Man entwickelt daher Normen mit Vorschriftscharakter für die Gruppenmitglieder, um Impulse zu zügeln und Aktivitäten einzuschränken, die andere schädigen würden. Organisatorische Freiheiten ist andererseits ein Motivationsbereich, bei dem als Ziel die Freiheit und Unabhängigkeit des Denkens und Handelns angestrebt wird. Die individuellen Verhaltensweisen werden nicht eingeschränkt, die Menschen können ihre Wege selbst wählen, ohne von Organisationszwängen behindert zu sein. Diese beiden Wertebereiche dürften wohl kaum mit der gleichen Wahrscheinlichkeit in der menschlichen Psyche gleich stark wertgeschätzt werden, da die mit ihnen verknüpften Verhaltensweisen miteinander im Konflikt liegen. Auf der Ost-West-Achse des Work Values Fensters befinden sich die Wertetypen Selbst-Fokus (Self Focus) und Gruppen-Fokus (Group Focus). Die Wertebereiche des Selbst-Fokus bestimmen den Vorrang der persönlichen vor den Gruppenzielen. Motivation im Bereich der Wertebereiche des Selbst-Fokus wird erkennbar durch Handlungen, die individuellen Gewinn fördern und eine differenzierte Hierarchie innerhalb einer Organisation pflegen. Die Wertebereiche des GruppenFokus lassen sich daran erkennen, dass sich das Individuum den Wünschen, Bedürfnissen und Zielen der Gruppe verpflichtet fühlt. Der zentrale Wertebereich im Bereich Selbst-Fokus ist der des Individualismus (Individualism). Eine Person mit starker Akzentuierung des Individualismus wird Energie investieren, um als fähig, intelligent und höchst kompetent anerkannt zu werden. Sie werden Autarkie sowie die Anerkennung und den Lohn, die mit dem Erfolg einhergehen, wertschätzen. Das Verhalten im Arbeitsbereich von Menschen, die Individualismus stark betonen, wird auch vom Organisationsumfeld abhängen, das sie wertschätzen. Wer glaubt, dass Organisationszwänge (wie Regeln, Vorschriften und festgelegte Verfahrensweisen) für das effektive Arbeiten notwendig sind, wird den Wert Autorität (Authority) ebenfalls hoch einschätzen. Wer jedoch Freiheitsräume in der Organisation wertschätzt, wird wahrscheinlicher den Wert Unabhängigkeit (Independence) hoch einschätzen. Der zentrale Wertebereich im Gruppen-Fokus ist der des Kollektivismus (Collectivism). Der Kollektivismus betont die Höherrangigkeit von Gruppenzielen gegenüber persönlichen Zielen. Wer diesen Bereich sehr wertschätzt, wird zuerst an die anderen denken, wird Benachteiligte unterstützen und gern mit loyalen Mitarbeitern zusammenarbeiten, die Harmonie wertschätzen. Themen wie Wahrheit, Integrität und Fairness stehen bei ihnen hoch oben auf der Werteliste. Dass die Gruppe sich eine Meinung bildet und sie vertritt, ist weit wichtiger als persönlicher Gewinn. Menschen, die den Kollektivismus in hohem Maße wertschätzen, werden die Macht der Gruppe nutzen, um nicht konforme Individuen wieder in Übereinstimmung mit den Denk- und Verhaltensweisen der Gruppe zu bringen. Wie Menschen, die den Kollektivismus wertschätzen, sich im Arbeitsbereich verhalten, wird in großem Ausmaß von dem erwünschten Arbeitsumfeld abhängig sein. Wer sich den Werten der Organisationszwänge verbunden fühlt, wird auch den Wert Konformität (Conformity) hoch einschätzen. Wer jedoch eher die Existenz von Freiräumen in der Organisation wertschätzt, wird den Wert Gleichheit (Equality) wahrscheinlicher hoch einschätzen. Das Work Values Fenster kann Erklärungen dafür liefern, warum es Probleme in einer Gruppen von Menschen gibt, die zusammenarbeiten. Die Wertebereiche lassen zentrale Muster oder Gerüste deutlich werden, an denen Menschen sich ausrichten und für die sie bereit sind, beträchtliche Energiemengen zu investieren, um für sie einzutreten oder sie zu verteidigen. Die meisten Menschen setzen sich für drei oder vier dieser Werte recht stark ein, und aufgrund der Struktur des Modells werden diese Werte sich wahrscheinlich in einem bestimmten Bereich konzentrieren. Dadurch werden zentrale Wertemuster erkennbar, die nützlich sind, um individuelles und Gruppenverhalten zu verstehen und vorausblickend zu erkennen. Selbstfokus contra Gruppenfokus Eine der zentralen und quer durch die Kulturen gehende Variable im Hinblick auf Leadership ist dieser Unterschied zwischen Selbstfokus und Gruppenfokus. Selbstfokus ist der Wertebereich der sich ganz auf das Selbst fokussiert. Ein Wertebereich, der in vielen westlichen Ländern wie den USA, Deutschland und England in hohem Ansehen steht. Eine Gesellschaft, die Individualismus wertschätzt, wird das Individuum aufs Podest stellen und über viele Rollenmodelle verfügen, die den Menschen als erstrebenswert gelten. Menschen mit stark ausgeprägtem Selbstfokus werden dazu tendieren, sich selbst und andere eher nach persönlichen Merkmalen einzuordnen als nach der Mitgliedschaft zu einer bestimmten Gruppe. Individualisten in der Arbeitswelt werden stark von dem Bedürfnis geleitet, erfolgreich und kompetent zu sein, und die persönlichen Ehrungen und Beförderungen zu erhalten, die mit erfolgreicher Leistung einhergehen. Individuelle Anreize wie leistungsorientierte Bezahlung und Bewertung auf der Basis von individuellen Zielen sind typische Kennzeichen des Individualismus. Menschen, die Höchstleistungen vollbringen, Helden und „Champions“ werden oft besonders herausgestellt und gefeiert. In einer vom Gruppenfokus geprägten Gruppe wird Konsens hoch geschätzt. Die Mitglieder der Gruppe sträuben sich, über zentral wichtige Fragen abzustimmen, es sein denn, es ist absolut notwendig. Sie ziehen es vor, sich immer wieder zu treffen und offene Fragen zu debattieren, bis sich eine Gruppenentscheidung abzeichnet. Die Entscheidungsfindung in primär vom Gruppenfokus geprägten Organisationen kann daher lange dauern. Wenn jedoch eine Einigung erzielt ist, kann die Umsetzung schnell erfolgen. Menschen mit stark ausgeprägtem Gruppenfokus werden sich ungern so verhalten, dass Individualismus gefördert wird. Sie werden sehr wahrscheinlich Prozesse missbilligen, bei denen einzelne Mitglieder der Gruppe vor anderen ihr Gesicht verlieren. Wenn Kritik gefragt ist, wird eher indirekt in einem Gespräch zu zweit Kritik geäußert werden. Die Mitglieder der Gruppe werden auch nicht danach streben, sich über die Gruppe zu erheben, da ansonsten die Gruppennormen dafür sorgen werden, dass abweichendes Verhalten wieder auf die Gruppenlinie zurückgeführt wird. In keinem Land ist das wichtiger als in Japan, wo ein Sprichwort lautet: „Ein aufragender Nagel wird schnell hineingeschlagen“. Fallstudien zu Interaktionen zwischen Organisationen mit primär Selbst- oder Gruppenfokus sind in der Literatur häufig zu finden. Ein Kollege von mir berichtete vor kurzem von einer Abschlussverhandlung zwischen einer im e-commerce tätigen amerikanischen Unternehmensberatung und einer großen japanischen Handelsfirma. Der Chief Operation Officer (COO) des in New York an- sässigen Unternehmens kam nach Japan, um den Vertrag schnell unter Dach und Fach zu bringen. Er sparte nicht mit offenen Kommentaren wie „Entschuldigen Sie, wenn ich kulturelle Tabus brechen sollte, aber in Japan brauchen Sie viel zu lange, um zu einer Entscheidung zu kommen“. Sätze dieser Art wurden während der Verhandlungen immer begleitet von vielen Seufzern und negativer Körpersprache. Den endgültigen Nagel für seinen Sarg schlug er ein, als er allein den Leiter des japanischen Gruppe zum Essen einlud, um die Details mit ihm abzusprechen, ohne die übrigen Mitglieder der Gruppe mit einzubeziehen. Am nächsten Morgen wurde er zum Flugzeug gebracht – der Vertrag kam nicht zustande. Das Window on Work Values ist ein wichtiges Modell, Führungskräfte auch dabei zu unterstützen, interkulturelle Sozialkompetenz zu entwickeln. Es ist eine Sache, Mitarbeiter mit stark individualistischer Prägung erfolgreich zu führen – es erfordert jedoch ein Bündel anderer Fähigkeiten, eine primär kollektivistische Gruppe zu führen. Schlussbetrachtung Führungskräfte, die in einer sich ändernden Welt erfolgreich sein wollen, brauchen ausgezeichnete Fähigkeiten im Bereich der Sozialkompetenz, um ihre Organisation zu Hochleistungen zu führen. Meine Forschungsarbeit in den letzten zwanzig Jahren mündet in einem Ansatz, den ich jetzt den Totally Teamwork Approach nenne. Führungskräfte von Teams müssen: • die Arbeitspräferenzen ihrer Teammitglieder verstehen und wissen, wo sich jedes Mitglied auf dem Team Management Rad befindet; • wissen, wer das Glas wahrscheinlich eher als halb voll oder eher als halb leer ansehen wird; • wissen, wie man die elf Linking Skills anwendet; • das Werteprofil eines jeden Teammitglieds kennen, und wissen, wie sich dieses wahrscheinlich auf das Team und die Organisation auswirken wird. Literatur (1) Dick McCann – Jan Stewart. The Half Empty Chalice. The Fifth Dimension of Workplace Behaviour. Greenfrog Ltd. Jersey 1999. Beziehbar über TMS Development International Ltd., 128 Holgate Rd., York (GB) YO24 4FL. Email [email protected] (2) S.H. Schwartz. Universals in the Content and Structure of Values. Theoretical Advances and Empirical Tests in 20 Countries. Advances in Experimental and Social Psychology. 1992, vol. 25, No. 1, S. 1-65. (3) S.H.Schwartz. Are there Universal Aspects in the Structure and Content of Human Values? Journal of Social Issues, 1994, vol. 50, No.4, S. 19 – 45. Dr. Dick McCann Co-Autor des Team Management Systems. Brisbane, Australien. Dr. Dick McCann ist mit Dr. Charles Margerison Autor, Leiter und Partner des Team Management Systems. Autor mehrerer Bücher, PhD in Ingenieurswissenschaft. 5 Jahre Manager bei BP Exploration in London. Berät weltweit große Unternehmen im Bereich Organisationsentwicklung. Dick McCann ist Managing Director von TMS Australia, Director von TMS Development International, York/UK, und President von TMS (USA) Inc. Mehr unter www.tms.com.au. Hartmut Wagner Von 1996 bis 2007 leitete Hartmut Wagner als Partner von Margerison-McCann und von TMS Development International Ltd. in York GB) das deutsche Team Management Zentrum. Er leitet Workshops für Führungskräfte und Teams, um Bewusstsein, Strategien und Handwerkszeug für effiziente Teamführung und Teamarbeit zu vermitteln. Mehr unter www.tms-zentrum.de.