Kohärenzbildung – Identifizieren und aktives Herstellen von

Werbung
Kohärenzbildung – Identifizieren und aktives Herstellen von Beziehungen
in digitalen Medienverbünden
Projektleitung und Fach: Prof. Dr. Rolf Plötzner, Mediendidaktik.
Weitere Mitarbeiter/-innen: Dipl. Psych. Mareike Florax.
Fragestellung und Ziele: Unterrichts- und Lernprozesse zeichnen sich in vielen Fächern
dadurch aus, dass verschiedenste Informationsquellen einbezogen werden: geschriebener Text
ebenso wie gesprochener Text, statische und dynamische Bilder, Musik und Film. Mit der
gleichzeitigen Verwendung verschiedener Informationsquellen in Lernmaterialien verbindet
sich die Annahme, dass Lernleistungen verbessert werden können. Häufig bleiben die
Leistungen beim Lernen mit verschiedenen Informationsquellen jedoch weit hinter den
erwarteten Leistungen zurück. Die Ursachen für den eher moderaten Lernerfolg werden heute
darin gesehen, dass das Lernen mit multiplen Informationsquellen hohe kognitive
Anforderungen an die Lernenden stellt. Eine wesentliche Anforderung besteht darin, aus den
unterschiedlich dargestellten Informationen ein kohärentes mentales Modell zu erstellen. Wie
dieser Kohärenzbildungsprozess im Einzelnen vonstatten geht, ist noch wenig verstanden.
Das Ziel dieses Teilprojektes besteht darin, aufbauend auf einer Analyse des
Kohärenzbildungsprozesses Maßnahmen zu entwickeln, die das Lernen im Unterricht mit
Texten und dynamisch-interaktiven Bildern fördern. Es sollen zunächst die kognitiven
Prozesse, die beim Lernen mit Texten und dynamisch-interaktiven Bildern beteiligt sind,
systematisch untersucht werden. Auf der Basis der so gewonnenen Erkenntnisse sollen die für
die Kohärenzbildung erfolgsrelevanten kognitiven Prozesse identifiziert werden, um
anschließend Gestaltungs- und Lernstrategien zu entwickeln und in Kooperation mit anderen
Teilprojekten innerhalb des Kollegs zu erproben, die diese kognitiven Prozesse und damit den
Lernerfolg im Unterricht unterstützen.
Stand der Forschung: Aufgrund empirischer Untersuchungen wird heute davon
ausgegangen, dass die Kombination verschiedener Informationsquellen nicht nur neue
Potenziale für das Lernen mit sich bringt, sondern auch zahlreiche kognitive Anforderungen
an die Lernenden stellt (z.B. Ainsworth, 1999; Sweller, 1994; Sweller & Chandler, 1994).
Eine zentrale Anforderung an die Lernenden ist die Konstruktion eines mentalen Modells, in
dem die verschiedenen Informationen kohärent aufeinander bezogen und integriert werden
(Clark & Mayer, 2003; Mayer, 2001). Die Kohärenzbildung kann jedoch nur gelingen, wenn
eine Reihe kognitiver Verarbeitungsprozesse erfolgreich bewältigt werden (vgl. Seufert,
2000). Zunächst müssen die verwendeten Zeichensysteme der verwendeten Medien
entschlüsselt werden. Anschließend müssen lokale Kohärenzen hergestellt werden, in dem die
zentralen Informationen innerhalb jedes einzelnen Mediums identifiziert und zueinander in
Beziehung gesetzt werden. Die dadurch entstehenden mentalen Repräsentationen des
Lerngegenstandes müssen zuletzt wechselseitig aufeinander bezogen werden, um globale
Kohärenz zu erreichen. Der Forschungsstand bezüglich der Kohärenzbildung beim Lernen mit
multiplen Informationsquellen lässt bisher kaum Aussagen darüber zu, wie die erforderlichen
kognitiven Prozesse vonstatten gehen (vgl. Mayer, 2001).
Eigene Vorarbeiten: Im Rahmen eigener Vorarbeiten wurden erste Untersuchungen zum
Lernen mit Texten und statischen Bildern durchgeführt. Diese Arbeiten knüpfen an
Forschungsergebnisse an, die belegen, dass das Lernen mit Materialien, bei denen der Text
bereits in das Bild integriert ist zu besseren Lernergebnissen führt als das Lernen mit
Materialien, in denen der Text neben dem Bild steht. Im Rahmen eigener experimenteller
Studien wurde untersucht, ob die Aufforderung zur selbstständigen Integration von Text und
Bild sich dazu eignet, die Kohärenzbildung weitergehend zu fördern (vgl. Bodemer, Plötzner,
Feuerlein & Spada, 2004). Dieser Effekt wurde erwartet, da das selbstständigen Integrieren
von Text und Bild nur dann gelingen kann, wenn der Lernende die unterschiedlichen
Informationsquellen gedanklich aufeinander bezieht, was ebenfalls ein notwendiger Schritt
für die Entstehung eines kohärenten mentalen Modells ist. Um diese Fragestellung zu
überprüfen, wurde die Lernergebnisse von Lernenden, die integriertes Material vorgegeben
bekamen, verglichen mit den Ergebnissen von Lernenden, die den Text selbstständig in das
Bild zu integrieren hatten. Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass das aktive Integrieren von
Bild und Text eine Tätigkeit ist, die die Kohärenzbildung beim Lernen mit multiplen
Informationsquellen fördert.
Arbeitsprogramm: Da der Forschungsstand bezüglich der Kohärenzbildung beim Lernen mit
multiplen Informationsquellen bisher kaum Aussagen darüber zulässt, wie die erforderlichen
kognitiven Prozesse vonstatten gehen, soll zunächst empirisch untersucht werden, welche
kognitiven Prozesse an einer erfolgreichen Kohärenzbildung beim Lernen mit Texten und
dynamisch-interaktiven Bildern beteiligt sind. Hier ist eine qualitative Analyse des
Lernprozesses vorgesehen. Die in diesem Zusammenhang durchzuführenden Analysen sollen
eng auf schulische Unterrichts- und Lernanordnungen bezogen werden, die in einzelnen
fachwissenschaftlichen bzw. fachdidaktischen Teilprojekten des Kollegs untersucht werden.
Aufbauend
auf
den
Ergebnissen
der
Analysen
erfolgreicher
kognitiver
Kohärenzbildungsprozesse sollen Maßnahmen entwickelt und experimentell geprüft werden,
die geeignet sind, diese erfolgsrelevanten Kohärenzbildungsprozesse beim Lernen anzuregen
und zu unterstützen. Dabei sollen zwei Ebenen Berücksichtigung finden. (1) Die Ebene der
Mediengestaltung, die sich mit der Frage beschäftigt, wie Kombinationen von
Informationsquellen gestaltet werden können, so dass den Lernenden Informationsentnahme,
Informationsverarbeitung und Informationsintegration möglichst leicht fallen. (2) Die Ebene
der Lernstrategien, auf der es um die Frage geht, welche Lernaktivitäten dazu führen, dass die
Lernenden die mentalen Prozesse ausführen, die zu den gewünschten Kohärenzbildungen
führen. Auch die Entwicklungen und Evaluationen von Unterstützungsmaßnahmen sollen eng
auf Lernanordnungen bezogen werden, die in einzelnen fachwissenschaftlichen bzw.
fachdidaktischen Teilprojekten untersucht werden.
Herunterladen