Das Hochsicherheitslabor in Marburg

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Hessischer Rundfunk
hr-iNFO
Redaktion: Dr. Karl-Heinz Wellmann
Wissenswert
Keine Angst vor Viren —
Das Hochsicherheitslabor in Marburg
von
Sandra Winzer
Sprecherin: Dagmar Nuhn
Sendung: 25.07.15, hr-iNFO
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Blatt 2
Mod.
Bei uns ist Marburg vor allem bekannt als Universitätsstadt,
als Sitz der ältesten protestantischen Universität der Welt.
International ist Marburg aber vor allem bekannt, weil es
dort 1967 zum Ausbruch einer bis dahin unbekannten
Viruserkrankung kam. Die heißt seitdem Marburg-Fieber,
verursacht wird sie vom Marburg-Virus, und das ist ähnlich
gefährlich wie das Ebolavirus. Zwei Dutzend Infizierte und
mehrere Tote waren damals in Marburg zu beklagen.
Eingeschleppt worden war das Virus in Affen, die eine Firma
als Versuchstiere importiert hatte. Ironie der Geschichte:
Heute gibt es in Marburg – an der Universität – ein
Hochsicherheitslabor, in dem man besonders gefährliche
Viren erforscht. Mehr darüber jetzt in Wissenswert.
Trenner
Mod.
Dr. Gordian Schudt kann sich in allen Räumen des
Marburger Instituts für Virologie sicher fühlen, auch wenn er
Umgang mit infektiösen Viren hat. Denn er arbeitet dann in
einem Hochsicherheitslabor. Ein heißer, ein lauter, ein
anstrengender, aber auch ein sehr spannender Arbeitsplatz.
Sandra Winzer hat mit ihm gesprochen, wie die Arbeit in
einem solchen Hochsicherheitslabor aussieht.
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BEITRAG – Hochsicherheitslabor
(ATMO)
Sprecherin:
In das Hochsicherheitslabor in Marburg gelangt man nur
über EINEN Gang. 3 Schleusen und Türen muss man
passieren, um hineinzukommen. Denn HIER – im so
genannten S4-Bereich, in der Sicherheitsstufe 4, arbeiten die
Forscher mit Viren, die für den Menschen sehr gefährlich
sein können.
O-TON ANDERS (9)
Sprecherin:
Hoch ist die Ansteckungsgefahr. Deswegen ist das
Hochsicherheitslabor ein abgekapselter Bereich. Der Raum
ist in einem so genannten Haus-im-Haus-im-Haus-System in
der Marburger Klinik untergebracht, erklärt Gordian Schudt.
O-TON HAUS IM HAUS (27)
Sprecherin:
Mehrere „Schichten“, mehrere Trennwände umgeben das
Labor. Es ist gut abgedichtet – und isoliert. Zwischen drinnen
Blatt 4
und draußen herrscht ein großer Druckunterschied. Damit
giftige Stoffe, die austreten, nicht so leicht in die Luft
gelangen und eingeatmet werden können. Alle Oberflächen
und Wände sind aus Edelstahl. Damit man sie gut
desinfizieren kann. Immer in Reichweite:
Desinfektionsmittel. Trotz der Ausstattung müssen
zusätzliche Schutzmaßnahmen getroffen werden.
Mitarbeiter Gordian Schudt trägt einen speziellen
Schutzanzug. 2 Meter hoch ist er und knallgelb.
O-TON SCHUTZANZUG (21)
Sprecherin:
Von oben bis unten ist der Anzug abgedichtet. Immer ist
Gordian Schudt an einen Luftschlauch angeschlossen.
Kontinuierlich pumpt dieser Luft in den Anzug. Für ständigen
Luftaustausch und für den Überdruck, den es im Vergleich
zur Umgebungsluft geben muss. Durch die drei HandschuhSchichten sind feine Handgriffe erschwert. Gordian Schudt
muss noch vorsichtiger arbeiten, um nichts zu beschädigen.
Wie eine Art Taucherglocke hängt der luftdichte Helm über
ihm. 4 Stunden höchstens darf er darin arbeiten.
O-TON TAUCHEN (23)
Blatt 5
Sprecherin:
Das Hochsicherheitslabor in Marburg ist immer in Betrieb –
mindestens auf Stand-By. 365 Tage im Jahr – 24 Stunden am
Tag. An der Wand hängt eine kleine Ampel. Sie leuchtet blau,
gelb oder rot. Zeigt an, ob alles funktioniert. Ob der
Netzstrom fließt oder ob es eine Störung gibt. Allein arbeiten
darf im Labor aber niemand. Es gibt eine feste Regel, den so
genannten „maximalen Personenschutz“. Für Unfälle oder
Herzinfarkte zum Beispiel. Arbeiten darf jeder Mitarbeiter
nur mit zwei so genannten „Back-Ups“. Gordian Schudt
O-TON BACK-UPs (36)
Sprecherin:
Regelmäßig trainieren die Mitarbeiter des
Hochsicherheitslabors – ob sie die Rettung schnell schaffen.
Einmal im Jahr üben sie das. 6 Minuten sind es im Moment.
Um hochpathogene, also hochansteckende
Viruserkrankungen wie EBOLA weiterhin untersuchen zu
können, arbeitet das Hochsicherheitslabor eng mit der
Isolierstation am Klinikum Frankfurt zusammen. Sie haben
sich das Ziel gesetzt, neue Impfstoffe, Diagnosemethoden
und mögliche neue Therapien zu entwickeln. Post-Doc
Gordian Schudt weiß: noch ist die Arbeit am Ebola-Virus
nicht abgeschlossen.
Blatt 6
Mod.
Sandra Winzer hatte unlängst Gelegenheit, einen Blick ins
Marburger BSL-4-Labor zu werfen – das BiosicherheitsLevel 4 ist die höchste Schutzstufe die es weltweit gibt.
Anlass für den Besuch war die Aktion „hr-iNFO öffnet
Türen“, mit der Hörer von hr-iNFO hin und wieder die
Möglichkeit erhalten, normalerweise unzugängliche Orte zu
besichtigen. Für eine solchen Gruppe von Hörern hat Sandra
Winzer unlängst die Türen des Instituts für Virologie an der
Universität Marburg geöffnet. Einen ganzen Tag lang konnten
die Besucher die Welt der Viren aus nächster Nähe kennen
lernen.
FEATURE – Arbeit mit den Viren
Sprecherin:
Auf den Spuren des „Marphili-Virus“ waren wir vor wenigen
Wochen. Für den Menschen ungefährlich – der Name:
erfunden. Ein fiktives Szenario also. Und trotzdem eignete
sich das Virus-Fallbeispiel dazu, den hr-iNFO-Hörern Maria,
Fabian, Gunnar und Nico die Arbeit der Virologen in Marburg
zu simulieren. Denn die wollten sie GENAU kennenlernen.
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COLLAGE
Überhaupt die ganze Arbeit, die unterschiedlichen Schritte zur
Identifikation eines Virus. Die Geschichten aus Afrika, wie da vor Ort im
Labor gearbeitet wird. // Ich hab mich riesig gefreut auf den heutigen
Tag – im Vergleich zu meinem Umfeld, was eher skeptisch war. Die
gesagt haben: Dass du dich auf sowas freust, finden wir eher
merkwürdig. (lacht)
Sprecherin:
Merkwürdig ist die Arbeit im Institut für Virologie aber nicht,
sondern: vor allem abgesichert und kontrolliert. BEVOR es
ins Labor geht, ist Vorsicht geboten: denn hier wird mit
infektiösem und mit toxischem, also mit giftigem Material
gearbeitet. Mit Laugen und Säuren. Essen und Trinken ist
deswegen streng verboten. Eine Schutzbrille und ein Kittel
sind Pflicht für alle Beteiligten. Auch Handschuhe muss
jeder tragen, (ATMO) sagt Marc Ringel. Sie schützen…
O-TON
Sowohl vor den Chemikalien. 100 Prozent Ethanol ist nicht ganz so
förderlich für die Haut. Und vorm Virus. Damit wir das nicht direkt auf
die Haut schmieren, sondern damit wir geschützt sind.
Sprecherin:
Schwangere und immunschwache Menschen müssen dem
Labor fern bleiben. Zu groß ist die Infektionsgefahr.
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Mitarbeiter Doktor Boris Lamp zeigt, wie schnell und leicht
Viren im Alltag übertragen werden können. Dazu verteilt er
einen Klecks Creme in seinen Händen – eine davon reicht er
Maria. Die schüttelt Fabian die Hand, der begrüßt Gunnar
und so weiter. Mit einer Schwarzlichtlampe zeigt Boris
Lamp:
ATMO Man sieht jetzt im Schwarzlicht, die Hände sind kontaminiert.
Sprecherin:
Also da ist reingeniest worden. Bei der ersten Person sieht
man sehr deutlich, dass da was ist. Da ist sehr effizient
übertragen worden. Wenn man sich das jetzt in die Augen
reibt, ist da eine Übertragung möglich. Beim nächsten sieht
man auch noch was….
Sprecherin:
Ein Virus, der lateinische Begriff für: Gift, Saft oder Schleim,
kann zum Beispiel durch Tröpfcheninfektion übertragen
werden. Also durch Niesen oder Husten. (ATMO) Die
Krankheitserreger verbreiten sich dann nebelartig. Atmet
nur eine zweite Person die verunreinigte Luft ein, ist sie
infiziert. Gefährlich sind auch Händeschütteln oder das
Anfassen von Türklinken, die so genannte Schmierinfektion
oder Kontaktinfektion. Fasst man sich in die Augen, an die
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Nase, den Mund, den After oder in Wunden treten die Viren in
den Körper des Menschen ein und verbreiten sich.
Um das zu tun, sind sie auf eine so genannte Wirtszelle
angewiesen; denn: einen eigenen Stoffwechsel haben sie
nicht. Sie müssen in die Zelle hineinkommen, um mit ihr zu
verschmelzen. Nur dann können die Viren ihr Erbgut
abgeben – und den Menschen infizieren. Boris Lamp sagt:
Am gefährlichsten für uns Menschen sei nach wie vor das HIVirus. Es verbreite sich kontinuierlich. 3 Mio. HIV-Tote gibt es
pro Jahr. Für die Forscher eine große Bedrohung:
O-TON
Dadurch dass es auch bei uns von vielen Leuten heruntergespielt wird,
weil es gut zu behandeln ist zur Zeit. Man muss dazu sagen: HIV ist eine
Krankheit, die immer tödlich endet. Die man aber so weit behandeln
kann, dass die Patienten noch sehr lange damit leben können. Dadurch
gilt sie im Volksmund weitgehend als heilbar, was allerdings nicht
stimmt.
Sprecherin:
Auch gefährlich seien die Hepatitis-Viren B und C. Auch sie
breiten sich weiter aus, weitgehend unbeobachtet. Direkt
danach folgt das Influenza-Virus. Die Grippe. Diese Art von
Viren vermehren sich gut, sagt Lamp. Jedes Jahr aufs Neue.
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O-TON
Die dann auch wieder im deutlichen Bewusstsein vertreten sind durch
die mediale Berichterstattung und die jährlichen saisonalen Ausbrüche
bei der Influenza.
Sprecherin:
Im Labor wird derweil Pipettiert. Eine Standardbewegung im
Labor. Hier werden Flüssigkeiten in kleinsten Mengen
dosiert. (ATMO) Im Institut für Virologie wird vorwiegend mit
so genannten Mikropipetten gearbeitet. Marc Ringel weist
an, wie mit ihnen umzugehen ist.
O-TON
Wenn ihr die Pipette habt, gibt es zwei Druckpunkte. Den ersten drückt
man durch – dann in die Flüssigkeit rein. Vorsichtig raus und dann
nimmt man das leere Eppi, setzt die Spitze rein. Dann kann man bis
zum ersten Druckpunkt drücken. Wenn man dann noch sieht, dass noch
was in der Spitze ist, drückt man bis zum zweiten. Das ist nochmal so
ein – zusätzlicher Schub.
Sprecherin:
Mit „Eppi“ meinen die Forscher Plastikbehälter, kleiner als
ein Fingerhut, die mit verschiedenen Flüssigkeiten befüllt
und wieder verschlossen werden können. Hier werden
Mikroliter abgemessen, Blut z.B. von Patienten. 50 Mikroliter
sind etwa so viel wie eine menschliche Träne. (KLICK) Die
Pipetten-Spitze ist aus Plastik. Nachdem sie benutzt wurde,
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wird sie weggeschmissen. Es darf nichts verunreinigt werden
im Labor. Dadurch entsteht viel Plastikmüll, der aber
weniger gefährlich ist.
Sprecherin:
An diesem Tag werden 4 Patientenproben untersucht.
Gearbeitet wird probeweise mit einem echten Virus, das
ausschließlich Insekten infiziert, für den Menschen also
ungefährlich ist. Im Labor ist den Marburger Virologen dabei
nicht nur wichtig zu wissen, ob ein Virus im Blut des
Menschen existiert. Stets müssen sie auch nachverfolgen,
wie es übertragen wurde, sagt Doktorandin in Marburg
Jennifer Würth:
O-TON
Einerseits geht’s natürlich um die Nachverfolgung der Epidemie. Die
Frage ist, wo hat die Infektion angefangen? Und wie hat sie sich
verbreitet. Man will ja auch möglichst alle potenziellen Fälle greifen
können, sodass man den Patient Null gern haben will, um das Umfeld
abzuscannen, weitere Verbreitungen einzudämmen.
Sprecherin:
Um das Virus zu stoppen, prüfen die Forscher, wie es sich
während einer Epidemie entwickelt. Ob es sich verändert in
seiner Form oder ob es gleich bleibt - Vom Patienten 0 bis
zum aktuellen Stand. Jennifer Würth:
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O-TON
Um auch nachzuvollziehen: Wo ist eigentlich das natürliche Reservoir
für eine Viruserkrankung, die wir so noch nicht kennen.
Sprecherin:
Aber nicht alle Viren sind gefährlich. Im Grunde machen sie
sogar eine der größten Biomassen der Erde aus. Sind überall
vertreten. Im Wasser, in der Natur. Während sich der
Mensch meistens für diejenigen Viren interessiert, die krank
machen – gibt es auch harmlose Varianten, die uns nicht
angreifen. Und: Es gibt Feinde. Zum Beispiel natürliche
Barrieren des Körpers. Tränen transportieren Viren ab. Die
Magensäure des Menschen zerstört sie im Darm. Und die
Haut ist eine physikalische Barriere, die Viren erst einmal
überwinden müssen. Danach helfen andere Einflüsse sagt
Boris Lamp:
O-TON
Wenn das Virus schon in den Körper gelangt ist, und dort eine
Krankheit auslösen will, dann ist das Immunsystem ein sehr großer
Gegner natürlich. Soll ja auch vor dieser Erkrankung schützen.
Ansonsten spielen auch Umwelteinflüsse eine Rolle. Wenn das Virus
lange Wege hat, bis es den nächsten infizieren kann und ganz trocken
ist, dann ist das ein Problem für das Virus. Sonneneinstrahlung ist für
viele Viren auch ein Problem. Hohe Temperaturen sind generell ein
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Problem, deswegen kann man sehr gut zum Beispiel durch Abkochen
Viren inaktivieren, also sprich abtöten.
Sprecherin:
Um Viren abtöten zu können, müssen sie im Labor aber erst
einmal sichtbar gemacht werden. Dazu arbeiten die Forscher
meist nicht mit einem Lichtmikroskop. Hiermit können sie
nur Partikel wahrnehmen, die bis zu 200 Nanometer groß
sind. So groß sind menschliche Eizellen. Viren aber sind oft
kleiner; nur ein Bruchteil so breit wie das Haar eines
Menschen. Für sie braucht man ein so genanntes
Fluoreszenz-Mikroskop. Dabei werden Viruspartikel
eingefärbt und sichtbar gemacht, erklärt Wissenschaftler
Boris Lamp.
O-TON
Wir sehen allerdings nicht ein direktes Abbild, wie durch eine Lupe.
Sondern nur Licht, das ausgesendet wird durch unsere
Markierungsmethode. Wir markieren es, wir sehen, dass es da ist, aber
nicht als Abbild wie in einem Spiegel oder einer Lupe.
Sprecherin:
Je nachdem, welchen Teil der Zelle man untersucht, muss
klar sein, welches Mikroskop man wählt – und welche
Vergrößerung, sagt Marc Ringel. Dann sucht er sich eine
Zelle aus – und fokussiert sie. Zoomt heran. Mit Glück, kann
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man schöne Aufnahmen machen, weiß der Forscher. Und
auch kleine Filme. Marc Ringel:
O-TON
Das ist das Lifestyle-Imaging. Wenn man ´ne Zelle fokussiert hat, kann
man angeben, in welchem Intervall immer wieder Bilder gemacht
werden sollen. Und dann nimmt die Kamera und das Mikroskop alle 30
Sekunden oder 40 Sekunden z.B. ein Bild auf. Und wenn man das dann
über 8 Stunden laufen lässt, hat man dann ´nen Film.
Sprecherin:
Gut kann Marc Ringel so beobachten, wie sich die Zelle
verhält. Ob sie sich verändert. Um die Gefährlichkeit eines
Virus zu beurteilen, teilen Ringel und seine Kollegen jeden
Erreger einer Risikogruppe zu. Vier Stück gibt es. In der
ersten Gruppe sammeln sich Viren, die beim Menschen keine
Krankheit hervorrufen. Es folgen solche, die Krankheiten
zwar auslösen – aber durch eine Therapie – wie etwa eine
Impfung – behandelt und gehemmt werden können. Das ist
bei Masern Fall. Zur höchsten Risikogruppe, der Gruppe vier,
gehören schließlich jene Viren, die sehr schwere Krankheiten
verursachen. Wie Ebola oder das Krim-Kongo-Fieber-Virus.
Hier kann man sich nicht schützen. Bricht eine
Virusepidemie aus, müssen die Erreger deswegen umgehend
nachgewiesen werden. Blutproben von Patienten kommen
ins Labor und werden sofort untersucht. (ATMO)
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Sprecherin:
Der Nachweis erfolgt Direkt oder indirekt . Während beim
direkten Nachweis nach dem Virus selbst geschaut wird,
prüfen die Forscher beim indirekten Nachweis, ob das
Immunsystem des Patienten schon reagiert hat, erklärt die
Virologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin Jennifer
Würth: Den indirekten Nachweis erklärt sie nochmal.
O-TON
Wir gucken nicht nach dem Virus. Sondern nach der Antwort des
Immunsystems auf das Virus. Das erlaubt uns einerseits verschiedene
Phasen der Infektion zu unterscheiden. Und wir können feststellen,
dass eine Infektion schon abgelaufen ist, die wir gar nicht erkannt
haben, weil keine Symptome vorgelegen haben.
Sprecherin:
Ob die körpereigene Immunabwehr schon eingesetzt hat,
können die Forscher mit dem so genannten ELISA-Test
prüfen. Ein Immun-Absorptionstest – mit dem Proteine
nachgewiesen werden, zum Beispiel Antikörper. Sie werden
vom Immunsystem gebildet - gehören zur körpereigenen
Abwehr – sind die „Antworten“ auf ein Virus.
Patientenproben – meist Blut der Patienten – werden hierfür
mit verschiedenen Flüssigkeiten gemischt. Durch
unterschiedliche Einfärbungen können die Mitarbeiter sehen,
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welches Serum reagiert. Welcher Patient Antikörper gebildet
hat und welcher nicht. Wären sie vorhanden, zeigten sie:
dieser Patient hat sich angesteckt. Mitarbeiter Marc Ringel
wertet gerade einen ELISA-Streifen aus.
O-TON
Dort sehen wir deutlich, dass die beiden Negativkontrollen negativ sind,
so wie es sein soll. Und die beiden Positivkontrollen zeigen ein klares
Signal. Dann sehen wir die vier Patientenproben. Der Vater ist leicht
gefärbt, bedeutet, er hat eine leichte Anzahl an Antikörpern. Und alle
drei weiteren Seren. Also von der Mutter und den beiden Kindern ist
alles klar gefärbt. So gefärbt, wie die Positivkontrolle. Zeigt uns also
auch, dass diese drei Familienmitglieder Antikörper GEGEN das
Marphilivirus besitzen.
Sprecherin:
Bei der Test-Familie wurde das Marphili-Virus – unser
Probevirus- nachgewiesen. Die Virologen konnten sehen,
wer infiziert ist und wer infiziert war. Deutlich blau sind die
Proben der Mutter und der beiden Kinder gefärbt. Sie trugen
das Virus in sich – wurden aber nicht krank. Die Probe des
Vaters dagegen ist heller. Sie hat erst wenige Antikörper
gebildet. Er ist wahrscheinlich noch in einem frühen Stadium
der Krankheit. Doch bei ihm sind im Fallbeispiel Symptome
aufgetreten. Er fühlte sich krank – so, als habe er eine
Grippe. In solchen Fällen müssen die Virologen in Marburg
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umgehend das Gesundheitsamt anrufen. Dann kann ein
Alarmplan gestartet werden.
Mod.
Über den Besuch im Marburger Hochsicherheitslabor
berichtete Sandra Winzer. – Geschulte Mitarbeiter sind aber
nicht nur wichtig, um in Marburg über gefährliche Viren
forschen zu können. Manchmal hat die Schulung in Sachen
Umsicht und Sicherheit auch einen ganz konkreten und
gegenwärtigen Nutzen. Der Marburger Wissenschaftliche
Mitarbeiter Dr. Gordian Schudt konnte sich und sein
Handwerk beispielsweise Ende vorigen Jahres in Afrika
nützlich machen. Stichwort: Ebola.
Interview (Abschrift liegt nicht vor)
Mod.
Dr. Gordian Schudt vom Marburger Institut für Virologie, und
diesem Wunsch kann ich mich getrost anschließen, aber
leider können die Viren recht lange unerkannt zum Beispiel
in den Augen der ehemaligen Patienten überdauern. – Das
war hr-iNFO Wissenswert, und wenn wir Sie neugierig
gemacht haben auf weitere Beiträge der Reihe Wissenswert,
dann schauen Sie einfach mal in unser Podcast-Angebot auf
hr-inforadio.de, unter der Rubrik Wissenswert.
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