Alexander Lasch (Kiel) Konstruktionsgrammatik und Diskurslinguistik »Konstruktionen - Wissen - Diskurs« Internationales Kolloquium der Graduiertenplattform des Forschungsnetzwerks »Sprache und Wissen«, des Internationalen Wissenschaftsforums und des Germanistischen Seminars der Universität Heidelberg September 2012 Bildquelle: David Macaulay. 1974 / 1985. Sie bauten eine Kathedrale. Aus dem Englischen (Cathedral: The Story of Its Construction) von Monika Schoeller. Zürich, München: Artemis & Berlin: Evangelische Verlagsanstalt. „Die fundamentalen Codes einer Kultur, die ihre Sprache, ihre Wahrnehmungsschemata, ihren Austausch, ihre Techniken, ihre Werte, die Hierarchie ihrer Praktiken beherrschen, fixieren gleich zu Anfang für jeden Menschen die empirischen Ordnungen, mit denen er zu tun haben und in denen er sich wiederfinden wird.“ (Foucault 1974: 22) Der Diskurs ist eine „Menge von Aussagen, die einem gleichen Formationssystem angehören“. (Foucault 1981: 156) Wissen sedimentiert in Sprache. Michel Foucault. 1974. Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. Übers. des franz. Originals von 1966. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Michel Foucault. 1981. Archäologie des Wissens. Übers. des franz. Originals von 1969. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Busse erweitert diesen Diskursbegriff um eine pragmatische Handlungsdimension und vor allem dadurch, dass er den wissenskonstituierenden Charakter von Sprache hervorhob. Erst so entwirft die „Historische Semantik [...] das Szenario des kollektiven Wissens einer gegebenen Diskursgemeinschaft in einer gegebenen Epoche hinsichtlich des zum Untersuchungsgegenstand erwählten thematischen Bereichs bzw. des Bedeutungsfeldes bzw. der Diskursformation.“ (Busse 1987: 267) Sprache konstituiert Wissen. Dietrich Busse. 1987. Historische Semantik. Analyse eines Programms. Stuttgart: Klett-Cotta. Bei der Erstellung des konkreten aus dem virtuellen Korpus sollen nach Busse / Teubert (1994: 14) „beispielsweise Redundanzen [vermieden werden] und vornehmlich solche Texte [aufgenommen werden], die die Struktur und den Verlauf des Diskurses maßgeblich beeinflußt haben […].“ Diskursveränderungsrelevanz Dietrich Busse & Fritz Teubert. 1994. Ist Diskurs ein sprachwissenschaftliches Objekt? In: Dies. & Fritz Hermanns (Hgg.). Begriffsgeschichte und Diskursgeschichte. Methodenfragen und Forschungsaufgaben der historischen Semantik. Opladen: Westdeutscher Verlag. „Man kann nur feststellen, was sich ändert, wenn man weiß, was gleich geblieben ist. Ohne diese Kenntnis des Kontinuierlichen [sc. „Langer Reihen“] wäre eine Feststellung des Wandels nicht aussagekräftig und zufällig.“ (Schlieben-Lange 1983: 465) In einer Sprachgeschichte als Mentalitätsgeschichte soll sich laut Hermanns der Wissenschaftler darauf konzentrieren, „was usuell und in der Gruppe generell und daher in den Quellen seriell ist.“ (Hermanns 1995: 89) Diskursbestätigungsrelevanz Schlieben-Lange, Brigitte. 1983. Geschichte der Sprachwissenschaft und Geschichte der Sprachen. In: Bernard Cerquiglini & Hans Ulrich Gumbrecht (Hgg.). Der Diskurs der Literatur- und Sprachhistorie. Wissenschaftsgeschichte als Innovationsvorgabe. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 464-491. Hermanns, Fritz. 1995. Sprachgeschichte als Mentalitätsgeschichte. Überlegungen zu Sinn und Form und Gegenstand historischer Semantik. In: Andreas Gardt & Klaus J. Mattheier & Oskar Reichmann (Hgg.). Sprachgeschichte des Neuhochdeutschen. Gegenstände, Methoden, Theorien. Tübingen: Niemeyer. 69-99. Transtextuelle Ebene Diskursorientierte Analyse Intertextualität, Schemata, diskurssemantische Grundfiguren, Topoi, Sozialsymbolik, Indexikalische Ordnungen, Historizität, Ideologien / Mentalitäten, allgemeine gesellschaftliche und politische Debatten Akteure Diskursprägung Interaktionsrollen Autor, antizipierte Adressaten Diskurspositionen Soziale Stratifizierung / Macht, Diskursgemeinschaften, Ideology Brokers, Voice, Vertikalitötsstatus Medialität Medium, Kommunikationsformen, Kommunikationsbereiche, Textmuster Visuelle Textstruktur Layout / Design, Typographie, Text-Bild-Beziehungen, Materialität / Textträger Makrostruktur: Textthema Lexikalische Felder, Metaphernfelder, lexikalische Oppositionslinien, Themenentfaltung, Textstrategien / Textfunktionen, Textsorte Diskursregeln Intratextuelle Ebene Textorientierte Analyse Mesostruktur: Themen in Teiltexten Propositionsorientierte Analyse Mikrostruktur: Propositionen Syntax, rhetorische Figuren, Metaphernlexeme, soziale, expressive, deontische Bedeutung, Päsuppositionen, Implikaturen, Sprechakte Wortorientierte Analyse Mehr-Wort-Einheiten Schlüsselwörter, Stigmawörter, Namen, Ad-hocBildungen Ein-Wort-Einheiten Ingo Warnke & Jürgen Spitzmüller. 2008. Methoden und Methodologie der Diskurslinguistik. In: Dies. (Hg.). Methoden der Diskurslinguistik. Sprachwissenschaftliche Zugänge zur transtextuellen Ebene. Berlin, New York: de Gruyter. 44. Aktueller Stand in der Diskurslinguistik Die Diskurslinguistik fragt nach dem Wissen einer Kultur, welches – in Sprache sedimentiert und – durch Sprache erst konstituiert wird. Aktueller Stand in der Diskurslinguistik Die Diskurslinguistik erarbeitet die sprachlichen Charakteristika der Verhandlungen von gesellschaftlich relevanten Themen auf der Basis von Diskursen, die je nach Interesse des Forschenden aufgebaut werden aus – diskursverändernden Aussagen- und Aussagekomplexen oder – diskursbestätigenden Aussagen- und Aussagekomplexen. Aktueller Stand in der Diskurslinguistik Die diskurslinguistische Forschung nimmt derzeit in der Analyse grammatische Phänomene sowohl in Bezug auf mediale wie konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit tendenziell nicht in den Blick. Konstruktionsgrammatik & Diskurslinguistik Konstruktionsgrammatik [+] Beschreibung von Sprachwissen unter der Prämisse der Einheit von Form und Bedeutung einer Konstruktion [+] Untersuchung gebrauchsbasierter Sprache [+] Annahme der Motiviertheit von Wissen [-] Relevanz von Textsorten für die Etablierung und Stabilisierung von Konstruktionen [-] soziale Dimension und kontextuelle Gebundenheit des Wissens und sprachlichen Handelns [-] bevorzugt synchrone Ausrichtung in der Beschreibung vorwiegend serieller sprachlicher Muster Konstruktionsgrammatik & Diskurslinguistik Diskurslinguistik [+] Beschreibung von Sprachwissen unter der besonderen Berücksichtigung der Bedeutung von Aussagen und Aussagenkomplexen [+] Untersuchung gebrauchsbasierter Sprache [+] Textsortenrelevanz [+] Strukturen des Diskurses [+] Soziale Dimension und kontextuelle Gebundenheit des Wissens und sprachlichen Handelns [+] synchrone wie diachrone Ausrichtung [-] tendenziell werden formale Aspekte, die traditionell nicht der Bedeutungskonstitution zugerechnet werden, eher vernachlässigt Konstruktionsgrammatik & Diskurslinguistik Maschinelle Sprachanalyse [+] Erarbeitung sprachlicher Muster in großen Korpora serieller Texte [+] synchrone wie diachrone Ausrichtung [-] Textsortenrelevanz [-] soziale Dimension und kontextuelle Gebundenheit des Wissens und sprachlichen Handelns Konstruktionsgrammatik & Diskurslinguistik Analyse von „Sprachwissen“ Konstruktionsgrammatik Diskurslinguistik Maschinelle Sprachanalyse , The Story of Its Construction & The Construction of Its Story