6 Netze der nächsten Generation – NGN

Werbung
6
Netze der nächsten Generation – NGN
Der Nachfolger des ISDN auf der Basis des Internetprotokolls wird in der Standardisierung als
„Next Generation Network“ NGN bezeichnet. Diese Netze bieten den Teilnehmern gesicherte Übertragungsqualitäten und eine hohe Verfügbarkeit.
6.1
Grundlagen
Die Datenkommunikation auf der Basis des Internet-Protokolls IP ist heute innerhalb der Kommunikationsnetze mit 95 % die größte Menge der
transportierten Informationen. Der Anteil der
Sprachkommunikation beträgt nur noch 5 % der
übertragenen Informationen. In einem solchen
Umfeld müssen sich auch die Netzarchitekturen
diesen Gegebenheiten anpassen. Dies bedeutet,
dass nicht mehr die Sprachübertragung die Netzstrukturen vorgibt, sondern die auf dem Internet
basierende Datenübertragung. Solche Netze sind
dann Datennetze, die „auch“ Sprache übertragen
können. In den traditionellen Sprachnetzen vollzieht sich der Wandel kontinuierlich. Es sind enorme Investitionen notwendig. Auch in ferner Zukunft ist es nicht erforderlich, alles völlig umzukrempeln. So wird es beispielsweise auch weiterhin den analogen Fernsprechanschluss geben.
Auf der anderen Seite entwickeln sich im Internet
Multimedia-Anwendungen, die diverse Medien
unterstützen und unter einer einheitlichen Oberfläche zu einem einheitlichen Dienst verschmelzen. In diesem Fall ist die Sprachübertragung nur
noch ein kleiner Teil der Gesamtkommunikation in
einer sehr komplexen Umgebung. Die Zukunft ist
hier aber auch keine neue Einheitstechnologie auf
der Netzebene. Es wird für eine geraume Zeit noch
eine Mischung von konventionellen Vermittlungsprinzipien geben, mit vielen herkömmlichen analogen und digitalen Schnittstellen (Bild 1). Diese
bilden zusammen mit den IP-basierten Netzen ein
gemeinsames Netz.
Der Transport von Echtzeitinformationen, wie
Sprache, hat nur einen geringen Anteil an der
Summe der transportierten Informationen.
Über 95 % des Verkehrs in Kommunikationsnetzen sind Daten basierend auf dem Internetprotokoll IP.
Pakete im Internet
Das Internet ist für die Datenübertragung, wie sie
für Anwendungen wie E-Mail und World Wide
260
Web (WWW) benötigt werden, durch seinen verbindungslosen Transport, ohne einen vorherigen
Verbindungsaufbau wie im ISDN, ideal an diese
Übertragung angepasst. Das Ziel bei der Übertragung der Nutzinformationen war es immer, einen
möglichst einfachen und schnellen Mechanismus
zu verwenden (Bild 3).
analog
ISDN
ISDN-VSt
ISDN
analog
Server
Gateway
(Anpassung)
Server
analog
IP-basiertes Netz
NGN
ISDN
NGN-Anschluss (IP-basiert)
Bild 1: Das heterogene Netz der Zukunft
ISDN (Zeitmultiplex mit
Verbindungssteuerung)
Zeitmultiplex
Koppelanordnung
VSt
+
+
VSt
+
+
Signalisierung
VSt
+
+
Verbindungssteuerung
Bild 2: Verbindungen über Koppelanordnungen
verbindungsloses Internet
Server
IP-Pakete
Internet
Router
Router
Router
Bild 3: Verbindungen über das Internet
Diese Methode der verbindungslosen Kommunikation wird auch mit „Best Effort“ bezeichnet. Im
Zeitmultiplex der ISDN-Netze werden die Informationen zu festgelegten Zeiten in Kanälen transportiert. In verbindungsloser Kommunikation werden
die Pakete nur bei Bedarf und dabei in Konkurrenz
zu anderen Paketen übertragen. Die Datenpakete
erhalten einen Paketkopf, in dem die Ursprungsund Zieladresse (IP-Adressen) enthalten ist.
Die Komplexität der Dienste liegt nur im Endgerät,
nicht im Transportnetz. Diese Rahmenbedingungen ermöglichten die revolutionäre Entwicklung des Internets, speziell nach der Einführung
des World Wide Web (WWW).
hier startet das Pakekt mit der IP-Zieladresse
Weltweit werden die IP-Adressen nur einmal vergeben. Man spricht von eindeutiger IP-Adresse.
Mithilfe dieser „einmaligen“ IP-Adresse ist die
Hinleitung (Routing genannt) der Nutzinformationen zum gewünschten Ziel möglich (Bild 1).
In dieser Kommunikation werden keinerlei Garantien für den Transport vom Netz übernommen. Es
bleibt den Endsystemen überlassen, mit den Einflüssen durch die Übertragung, den Störungen im
Netz und den Fehlern bei der Übertragung fertig
zu werden.
Die Kommunikation erfolgt innerhalb der Schicht
L3 grundsätzlich verbindungslos. Innerhalb der
Schicht L4 werden zwischen den Endsystemen
das verbindungsorientierte Protokoll (TCP) und
der verbindungslose Dienst (UDP) eingesetzt.
Die Anwendungen (Dienste) oberhalb der Schicht
L4 werden durch sogenannte Ports adressiert.
Neue Dienste müssen nur in ihrer Port-Nummer
bekannt gegeben werden und sind sofort weltweit
erreichbar. Die für die Nutzung eines neuen Dienstes notwendige Software kann mittels HTTP (Hypertext-Transfer-Protokoll = WWW) oder FileTransfer-Protokoll FTP verteilt werden. Diese Offenheit ermöglicht die sehr schnelle Einführung
neuer Dienste in das Netz (Bild 2).
Verbindungsnetz (Backbone)
Ziel des IP-Pakets
Adressbereich C
Adressbereich D
Bild 1: Adressvergabe und Routing im Verbindungsnetz
Telnet
FTP
WWW
E-mail
Domain
Name
Server
Telnet
FTP
HTTP
SMTP
DNS
Port 23
Port 20/21
Port 80
Port 161/162
TCP (Transport Control Protokoll)
UDP
Protokoll L2
Protokoll L2
Protokoll L1
Protokoll L1
Protokoll L1
Netz 2
Netz 3
IP: Internetprotokoll
SMTP: Simple Mail Transfer Protokoll
TCP: Transport Control Protokoll
Anwendungen
Schicht L4:
Transport
Schicht L3:
Internet-Protokoll
Protokoll L2
Netz 1
Bezeichnung der Dienste
Port 53
IP (Internet Protokoll)
DNS: Domain Name Server
FTP: File Transfer Protokoll
HTTP: Hypertext Transfer Protokoll
Adressbereich B
Adressbereich A
Schicht L2:
Sicherung und Netz-Zugriff
Schicht L1:
Übertragung
UDP: User Datagram Protokoll
WWW: World Wide Web
Bild 2: Protokolle im OSI-7-Schichten-Modell
261
6.2
Übertragung von Echtzeitinformationen über NGN
digitalisierte
Sprache
Steuerung
des Nutzkanals
6.2.1 Sprachübertragung mit dem Real-Time
Transport Protocol RTP
Die Sprachübertragung ist bei ISDN mit einer Bitrate von 64 kbit/s in beiden Richtungen sehr großzügig festgelegt. Seit einiger Zeit werden in den
Mobilnetzen bereits Codecs nach dem adaptiven
Verfahren ADPCM eingesetzt, die mit kleineren
Datenraten auskommen. Das Internet arbeitet verbindungslos und paketorientiert und ist damit ideal für die Übertragung von Daten geeignet. Durch
Sprach-Pausen-Detektoren könnte die erforderliche Datenrate für die Sprachübertragung noch
einmal deutlich gesenkt werden, ohne die Qualität
nennenswert einzuschränken, denn eine Duplexkommunikation ist in den seltensten Fällen nötig.
Die Basis für die Sprach- und Videoübertragung
im Internet ist das Transportprotokoll RTP (RealTime Transport Protocol), das den Transport von
Sprach- und Videodaten in Paket-Form ermöglicht
(Bild 1).
RTP beinhaltet auch die Bereitstellung einer Dienstesynchronität. Zwischen Sender und Empfänger
werden hierfür ständig Zeit- und Synchronisationsinformationen ausgetauscht. Paketüberholungen, wie sie in verbindungslosen Netzen immer vorkommen können, müssen vom Empfänger ausgeglichen werden. Für diese Aufgaben
erhält jedes übertragene RTP-Paket eine fortlaufende Nummer, die Sequence Number, und einen
Zeitstempel, den Timestamp.
Weiterhin ist in dem RTP-Kopf eine Identifikation
des Senders und Empfängers enthalten. Zum
Transportprotokoll RTP gehört auch das Steuerungsprotokoll RTCP (Real-Time Control Protocol).
RTCP benutzt einen eigenen Port, dessen Adresse
stets die um 1 höhere Portadresse von RTP ist.
RTP und RTCP verwenden UDP als Transportprotokoll (Bild 1). Prinzipiell kann auch TCP verwendet
werden, hierbei ergeben sich allerdings Laufzeitprobleme durch vorhandene Wartezeiten auf Bestätigungen.
codierte
Sprache
oder Video
RTP
Real-Time
Transport Protokoll
UDP
L4
User Datagram Protocol
IP
L3
Internet Protokoll
Bild 1: Real-Time Transport Protocol RTP und
Real-Time Control Protocol RTCP
Der Transport der Sprachinformationen erfolgt in
der Schicht L4 mit dem Transportprotokoll UDP,
seltener mit TCP. Empfangsbestätigungen sind
nicht erforderlich. Eine Neuanforderung von TCPPaketen kommt aufgrund der engen Zeitanforderungen nicht infrage.
Über eine RTP-Verbindung können auch mehrere
Kommunikationen gleichzeitig unterhalten werden, wenn sie die gleichen Kommunikationsendpunkte innerhalb des IP-Netzes haben (Aggregation of Calls). Dies kann beispielsweise der Fall sein
bei Privatnetzkopplungen zwischen zwei Punkten
des öffentlichen Netzes.
V P X
CC
M PT (7 bit)
Sequence Number (SQ, 16 bit)
Timestamp (TStamp, 32 bit)
Synchronisation Source (SSRC) Identifier (32 bit)
Contributing Source (CSRC) Identifier (32 bit)
ggf. Header Extensions
Payload
Aufbau der RTP-Nachrichten
Das Real-Time Transport Protocol RTP unterstützt zwar die Übertragung von Echtzeitinformationen über das Internet (Bild 1), es verändert
aber weder das Internetprotokoll IP noch dessen
Verhalten innerhalb der Netze. Mit diesem Protokoll wird auch keine Quality of Service in IP-Netze
eingeführt.
RTCP
Real-Time
Transport Control
Protokoll
V: Version (2 bit)
P: Padding (1 bit)
X: Extension (1 bit)
CC: CSRC Count (4 bit)
M: Marker (1 bit)
PT: Payload Type (7 bit)
Bild 2: RTP-Header
273
Elemente im RTP-Header
Die Elemente im RTP-Header haben die folgende
Bedeutung:
앫 V, Version, 2 bit: Im Versionsfeld V wird die
RTP-Version (z.B. 2,) übermittelt.
앫 P, Padding, 1 bit: Das Padding-Bit ist gesetzt,
wenn am Ende des Paketes Füll-Oktette angehängt sind. Wie groß der aufgefüllte Bereich
ist, wird im letzten Byte des Padding-Bereichs
am Ende des Nutzfeldes übertragen.
Beispiel: Liefert der Codec alle 125 µs eine 8 bitSprachprobe, so befinden sich in einem RTPPaket, das alle 20 ms übertragen wird, insgesamt 160 Sprachproben. Die Timestamp wird
daher mit jedem RTP-Paket um 160 erhöht.
SSRC 1
앫 M, Marker, 1 bit: Die Bedeutung des MarkerBit ist vom jeweils verwendeten RTP-Profil abhängig. Das Marker-Bit wird beispielsweise für
die Erkennung von Sprachpausen (Silence
Suppression) verwendet. Das Bit wird in jedem ersten Paket mit Sprachproben nach einer vorangegangenen Sprachpause auf „1“
gesetzt.
앫 PT, Payload-Type, 7 bit: Das Feld PT kennzeichnet die im Daten-(Payload-)Teil transportierten Nutzinformationen. Mit diesem Feld
können die verschiedenen Quellcodierungen
unterschieden werden. Für die Sprach- und
Bild-Kommunikation (Audio/Video-Profile) sind
dies beispielsweise die Sprach-Codecs oder
Video-Codecs, die auf der Empfängerseite für
die Decodierung der Nutzinformationen notwendig sind.
앫 SQ, Sequence Number, 16 bit: Mit der Sequenznummer werden die RTP-Pakete vom
Sender durchnummeriert. Damit werden Reihenfolgenfehler und der Verlust von Paketen
vom Empfänger erkannt.
앫 TStamp, Timestamp, 32 bit: Der Zeitstempel
TStamp beginnt mit einer zufällig ermittelten
Zahl, die mit jeder Entnahme einer Sprachoder Video-Probe erhöht wird. Da jedes RTPPaket eine Anzahl von entnommenen Proben
transportiert, springt dieser Wert mit jedem
gesendeten RTP-Paket um die Anzahl der
transportierten Proben.
274
SSRC 1
SIP-Client A
(Anna)
앫 X, Extension, 1 bit: Das Extension-Bit X wird
gesetzt, wenn der Header um einen Erweiterungs-Header verlängert wird.
앫 CC, CSRC-Count, 4 bit: Ob und wie viele Contributing Source Identifier im RTP-Header enthalten sind, wird im CSRC-Zähler übermittelt.
SIP-Client B
(Bernd)
SIP-Client A
(Anna)
SIP-Client B
(Bernd)
SSRC 1
SIP-Client C
(Chris)
SSRC 2
Mixer (3)
SSRC 3
SSRC 1
SSRC 2
Bild 1: Mixer für Konferenzschaltungen
앫 SSRC, Synchronisation Source Identifier, 32
bit: Eine eindeutige Zuordnung der Kommunikationspartner ist durch den Synchronisation
Source Identifier SSRC für die Quelle gegeben. Der SSRC-Identifier definiert die Quelle
der RTP-Pakete. Für einfache Verbindungen ist
dies der direkte Verbindungspartner.
앫 CSRC, Contributing Source Identifier, 0 bis 15
Felder mit je 32 bit: Für eine Konferenzschaltung wird in den Feldern von CSRC eine Liste
angelegt, in der alle an einer Konferenzschaltung beteiligten Teilnehmer der Kommunikationsströme vom Mixer zusammengefasst werden. In dem Konferenzbeispiel (Bild 1 vorherige Seite) sind dies die beteiligten Kommunikationsquellen, die vom Mixer zusammengefasst wurden.
6.2.2 Informationsaustausch von
RTP-Paketen mit UDP
Eine Verbindung (session) besteht aus einem
oder mehreren Medienströmen, die durch den
Port unterschieden werden und einzeln auch beendet oder neu aufgebaut werden können. Für
den Informationsaustausch mit dem Real-Time
Transport Protokoll RTP wird beim Verbindungsaufbau für jeden Medienstrom (Sprache oder
Video) ein eigener UDP-Port festgelegt. Ein Be-
nutzer kann unterschiedliche Verbindungen zu
verschiedenen Zielen und mit verschiedenen Medien durch verschiedene Ports unterscheiden.
Eine Kommunikation zwischen einem Sender
und einem Empfänger hat dabei einen Port. Wie
bei jeder Kommunikation in TCP oder UDP wird
für den Austausch der Informationen in den
transportierten Paketen jeweils der Quell- und
Ziel-Port festgelegt – beide können unterschiedlich sein (Port x und Port y in Bild 1). Für das RealTime Control Protocol RTCP werden automatisch
die Ports Port(x+1) und Port(y+1) festgelegt.
UDP transportiert die RTP-Pakete. Der verwendete Port ist für die Echtzeitkommunikation ein virtueller Kanal. Die Rückmeldungen (Verzögerungszeit, Jitter, Paketverlust usw.) vom Empfänger zum Sender erfolgt mithilfe des RealTime Control Protocol RTCP.
Mit RTCP werden während der Verbindung Rückmeldungen zur Übertragungsqualität an den
Sender gegeben. Zum Abschluss der Kommunikation wird der verwendete logische Nutzkanal
mit einem RTCP-BYE wieder geschlossen.
SIP-Client-A
(Anna)
Virtuelle Verbindung
Im Prinzip wird bei UDP durch die Festlegung
und Verwendung der Ports eine virtuelle Verbindung für den Austausch von Nutzinformationen
im Internet aufgebaut. Der gravierende Unterschied zu virtuellen Verbindungen in anderen
Netzen ist die Verwendung der Ports an Stelle
von logischen Kanalnummern.
Die logischen Kanalnummern wurden den Übertragungsstrecken zugeordnet und sind damit für
eine logische Verbindung an beiden Endpunkten
gleich. Die Ports werden den Endpunkten (Client,
Server, Proxy) zugeordnet. Diese können aber
unterschiedlich sein. In Bild 1 der folgenden Seite
verwendet der Teilnehmer A/Client A den QuellPort 5002 und der erste Proxy A den Port 12046
für die betrachtete Kommunikation. In den UDPPaketen müssen daher immer beide zugeordnete
Ports angegeben werden. Im Kopf von UDP steht
daher in den Paketen vom Teilnehmer/Client A
zum Proxy A der Quell-Port 5002 und der ZielPort 12046. In den Paketen vom Proxy A zum
Client A entsprechend Quell-Port 12046 und ZielPort 5002.
SIP-Client-B
(Bernd)
Internet
Verbindungsaufbau mit SIP
(hier nicht dargestellt)
Aufbau der Verbindung
Port y
RTP (PCMA)
Port x
Port x+1
g
RTCP (Rückmeldun
RTP (PCMA)
1)
Port y+1
Port y
Port x
Port x
Port x
Port x+1
RTP (PCMA)
RTP (PCMA)
RTCP (Rückmeldun
Port y
g 2)
Nutzverbindung/Session
RTP (PCMA)
Port x
Port x
Port y+1
Port y
RTP (PCMA)
RTCP (BYE)
Port x+1
Port x+1
Port y
Port y
Port y+1
RTCP (BYE)
Port y
Abbau der Verbindung
Austausch von digitalisierten
Sprachinformationen mit
RTP-Pakete
Rückmeldungen 1 und 2 zur
Qualität der Übertragung mit
RTCP-Paketen
Ende der Verbindung:
der logische Kanal wird der
RTCP-Nachricht „BYE”
geschlossen
Abbau der Verbindung mit SIP
(hier nicht dargestellt)
PCMA: PCM-Codec (G.711)
Bild 1: Informationsaustausch mit RTP
275
SIP-Client-A
SIP-Client-B
(Bernd)
Internet
RTP-Sender
RTP-Empfänger
Zeit
Port x
RTP (PCMA)
Port y
20 ms
Timestamp TS = 40
Sequence Number SN = 1
Port x
RTP (PCMA)
20 ms
Timestamp TS = 200
Sequence Number SN = 2
Port x+1
RTCP
Port y
Port y+1
Timestamp TS = 240
Port x
RTP (PCM
A
)
20 ms
Timestamp TS = 360
Sequence Number SN = 3
Port x
RTP (PCMA)
Timestamp TS = 520
Sequence Number SN = 4
Port y
Port y
t
Bild 1: Übertragung mit dem Real-Time Protokoll RTP (nur eine Richtung dargestellt)
Bei jedem gesendeten Paket wird der Timestamp TS somit um 160 erhöht. Zusätzlich werden die Pakete
mit einer Sequence Number SN durchnummeriert (Bild 1).
Echtzeitinformationen, wie Sprache, werden mit dem Real-Time Transport Protocol RTP über einen
UDP-Port übertragen. Mit dem Real-Time Control Protocol RTCP werden regelmäßig Rückmeldungen
an den Sender gegeben. Diese RTCP-Pakete verwenden den Port der Nutzinformation plus 1 und enthalten auch einen Zeitstempel, der diese Rückmeldungen zeitlich einordnet.
278
6.3.9 Aufbau der Verbindungen
3. Der SIP-Proxy B kennt die aktuelle IP-Adresse
des gewünschten Teilnehmers/Endgerätes B
und sendet den „INVITE“-Request zu diesem
SIP-Endsystem B.
Elemente für den Aufbau der Verbindung
Das Steuerungsprotokoll SIP ist ein Client-ServerProtokoll, das dem HTTP des World Wide Web
sehr ähnlich ist. Der Nachrichtenaustausch erfolgt
immer zwischen einem Client, der Anfragen (Requests, im SIP als Methods bezeichnet) generiert
und einem Server, der die Anfragen beantwortet
(Responses). Ein Request und die dazugehörige
Response wird als Transaction bezeichnet. Die
Rollen des Client-Servers sind nicht von vornherein festgelegt, sondern können im Verlauf einer
Verbindung wechseln (Bild 1).
4. Der gerufene Teilnehmer/Nutzer B nimmt die
kommende Verbindung an und sendet eine positive Antwort (OK Response Message) an den
Ziel-Proxy B zurück.
5., 6. Diese positive Antwort wird bis zum rufenden
Teilnehmer A, SIP-Clint A, zurückgesendet.
Server
Client
Client
UAS
User
Agent B
Request
SIP-ProxyServer
Server
Response
UAC
Client
Request
Client
Response
Response
Server
UAS
Request
Server
Client
Response
Client
UAC
Server
Request
UAS
User
Agent B
Bild 2: Client-Server-Kopplung über Proxy
SIP ist ein Client-Server-Protokoll, ähnlich dem
HTTP. Zwischen einem Client und einem Server
werden Anfragen und Antworten ausgetauscht
(Request/Response).
2. Der Proxy-Server A kennt in diesem ersten Fall
die Adresse und sendet die Anfrage (den Request) direkt zum SIP-Proxy-Server B.
290
Request
User
Agent A
1. Bei einer gehenden Verbindung wird vom SIPClient A zum zugehörigen SIP-Proxy-Server A
die Anfrage „INVITE“-Request gesendet. Diese
enthält die IP-Zieladresse.
SIP-Proxy-Server A
Bild 3: Beispiel für eine einfache Verbindung
Response
Proxy
Es wird eine einfache Verbindung über zwei SIPProxy-Server betrachtet (Bild 3).
6
UAS
UAC
Bild 1: Client-Server-Protokoll
Beispiel für eine einfache Verbindung
1
Response
User
Agent A
Erfolgt keine direkte Kopplung, werden die Verbindungen zwischen den Benutzern über den Proxy
geführt (Bild 2). Diese „vertreten“ praktisch den
Client innerhalb des Netzes (andere Seite des Servers in Richtung des Benutzers B). Zum Teilnehmer B ergibt sich wieder eine Client/Server-Kopplung.
SIP-Client (/Server)
User Agent A (Anna)
Request
UAC
Server
Ein SIP-Endsystem besteht immer aus beiden Instanzen, die Client- als auch die Server-Seite
(User-Agent-Client und User-Agent-Server). Zwischen den Endsystemen sorgen die Proxy-Server
für die Weiterleitung der SIP-Nachrichten innerhalb des Netzes. Der Proxy kann außerdem Funktionen zur Zugangskontrolle, Authentication und
Authorization, übernehmen.
SIP-Client (/Server)
User Agent B (Bernd)
SIP-Proxy-Server B
2
5
3
4
Signalisierung und Nutzdaten
Die Signalisierung für den Verbindungsaufbau
kann einen anderen Weg durch das Internet nehmen als die spätere Nutzverbindung. Der Verbindungsaufbau mit SIP verwendet das Transportprotokoll TCP und üblicherweise den Port 5060.
Für die anschließende Übertragung der Nutzinformation wird ein virtueller Kanal geöffnet. Über diesen werden auf einem festgelegten Port mit dem
Protokoll UDP die Nutzinformationen ausgetauscht.
Beim Verbindungsaufbau wird der Befehl „INVITE“Request durch das Netz über eine Anzahl von Proxy
bis zum Ziel geleitet (Bild 1). In der „INVITE“-Nachricht kann über spezielle Parameter die direkte
Adresse des Clienten angegeben werden (in SDP,
der Parameter Connect c), Bild 1. Dadurch kann der
direkte Weg für die Nutzinformationen zwischen
den beiden Clients hergestellt werden (Bild 2).
SIP-Proxy
INVITE
INVITE
Internet
SIP
SIP
SIP-Telefon
SIP-Client A
SIP-Client B
Router
Bild 1: Verbindungsaufbau mit SIP
SIP-Proxy
SIP-Proxy
SIP
Internet
SIP
SIP
Der direkte Weg wird nach der Bestätigung durch
den Rufenden Teilnehmer A/Initiator auch für den
weiteren Austausch von Signalisierungsinformationen genutzt (Bild 3).
Alternativ kann auch die Führung der Nutzdaten
über den Proxy vorgeschrieben werden (ProxyZwangsführung). Sinnvoll ist dies beispielsweise
für Betreiber großer öffentlicher Netze, um die
Übertragungsqualität QoS sicherzustellen, die
Verbindungen zu tarifieren oder das legale Abhören nach richterlichem Beschluss zu ermöglichen
(Bild 4).
SIP-Proxy
SIP
RTP
SIP-Telefon
SIP-Client A
SIP-Client B
Router
Bild 2: Nutzung des direkten Weges für
Nutzinformation
SIP-Proxy
SIP ist ein Client-Server-Protokoll. Zwischen
einem Client und einem Server werden Anfragen und Antworten ausgetauscht (Request/Response).
SIP-Proxy
Internet
SIP
RTP
SIP-Telefon
SIP wurde für Anwendungen im Internet definiert (Bild 1 bis 3). Mit NGN wird auf der Basis
des Internetprotokolls IP ein vom klassischen
Internet getrenntes Netz mit QoS-Eigenschaften und einer hohen Verfügbarkeit definiert.
Das Netz mit diesen Eigenschaften wird als
„Next Generation Network“ NGN bezeichnet. In
einem NGN werden auch die Nutzdaten (RTPPakete) über die Netzelemente geführt (Zwangsführung).
SIP-Client A
SIP-Client B
Router
Bild 3: Nutzung des direkten Weges für Nutz- und
Steuerinformation
SIP-Proxy
SIP-Proxy
RTP SIP
SIP
NGN
(IP-Basis)
SIP
Aufgaben
1. Beschreiben Sie die wichtigsten Elemente im
SIP-Header.
2. Welche Informationen werden im SIP-Body
übertragen?
3. Erläutern Sie die Proxy-Zwangsführung.
SIP-Telefon
SIP-Client A
Router
SIP-Client B
Bild 4: Zwangsführung der Nutzinformationen über
den SIP-Proxy
291
Herunterladen