Elektrokinetik konzentrierter kolloidaler Suspensionen Dissertation Zum Erlangen des Grades „Doktor der Naturwissenschaften“ am Fachbereich Physik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz vorgelegt von Martin Medebach Geboren in Bad Neuenahr-Ahrweiler Mainz 2004 1 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung...................................................................................................................... 3 2. Elektrokinetik................................................................................................................ 8 2.1. Elektrostatischer Potenzialverlauf ......................................................................... 8 2.1.1. Elektrostatischer Potenzialverlauf um ein punktförmiges Partikel................. 8 2.1.2. Potenzialverlauf um ein geladenes Kolloidpartikel ...................................... 10 2.2. Unterschiedliche Konzepte der Doppelschicht.................................................... 14 2.3. Bewegung kolloidaler Partikel im elektrischen Feld........................................... 15 2.3.1. Elektrophorese .............................................................................................. 15 2.3.2. Elektroosmose............................................................................................... 20 3. Lichtstreutheorie ......................................................................................................... 29 3.1. Statische Lichtstreuung........................................................................................ 30 3.2. Dynamische Lichtstreuung .................................................................................. 32 3.2.1. Homodyne Lichtstreuung ............................................................................. 33 3.2.2. Heterodyne Lichtstreuung............................................................................. 36 3.2.3. Herleitung des superheterodynen Leistungsspektrums................................ 40 4. Versuchsvorbereitungen ............................................................................................. 44 4.1. Versuchsaufbau.................................................................................................... 44 4.2. Justage des Laser-Doppler Velocimetrie Aufbaus............................................... 48 4.3. Probenpräparation................................................................................................ 51 4.3.1. Bestimmung des Ladungsvorzeichens der Partikel ...................................... 56 4.4. Polarisationseinflüsse und Messbereich der Zelle ............................................... 57 4.4.1. Elektrodenpolarisation .................................................................................. 57 4.4.2. Messbereich einer Leitfähigkeitszelle .......................................................... 59 4.4.3. Messbereich und effektiver Elektrodenabstand der verwendeten Zellen ..... 61 4.5. Überprüfung der superheterodynen Streutheorie in der fluiden Phase................ 64 4.5.1. Feldabhängige Verbreiterungsmechanismen in fluider und Gas-Phase ....... 67 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel ........................................ 75 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase........................................................ 75 5.1.1. Ortsabhängigkeit des kristallinen Spektrums in X-Richtung ....................... 75 5.1.2. Konzentrationsabhängigkeit des Spektrums................................................. 77 5.1.3. Ortsabhängigkeit des Spektrums in Y-Richtung .......................................... 80 5.1.4. Feldunabhängigkeit der Spektrenform.......................................................... 81 5.1.5. Die Zeitabhängigkeit des kristallinen Fließverhaltens.................................. 82 5.1.5.1. Das Aufblinken der Kristallite nach der Feldumkehr ............................ 82 5.1.5.2. Übergang vom Initialfluss in den Blockfluss ........................................ 85 5.1.5.3. Kanalverengung in Y-Richtung ............................................................. 91 5.1.5.4. Die zeitliche Veränderung des Geschwindigkeitsprofils in X-Richtung96 2 5.1.6. Aufschmelzen in elektrischen Feldern ........................................................100 5.2. Interpretation des kristallinen Spektrums als Geschwindigkeitsverteilung .......102 5.2.1. Der Einfluss der elektrostatischen Wechselwirkung auf die Partikelgeschwindigkeit ........................................................................................103 5.2.2. Der Einfluss des Strukturfaktors in heterodynen Spektren .........................105 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase.......116 5.3.1. Die gemittelte Geschwindigkeit in einem zeitabhängigen Strömungsprofil ...............................................................................................................................125 5.3.2. Der Einfluss der Elektroosmose in der kristallinen Phase ..........................128 5.3.3. Der Einfluss der Hydrodynamik und der Wand..........................................130 5.3.4. Konzentrationsabhängigkeit der Mobilität..................................................133 6. Fließeigenschaften und Mobilität anderer Partikelsorten..........................................138 6.1. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS 122-Partikel.............................138 6.2. Neuauswertung der PS301 Messung..................................................................143 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei?.................................................................153 7.1. Das Langzeit-Konzentrationspolarisationsexperiment ......................................153 7.2. Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit.........................................................163 8. Resumee und Ausblick..............................................................................................173 9. Kurzzusammenfassung..............................................................................................181 10. Literaturverzeichnis.................................................................................................182 11. Anhang ....................................................................................................................186 11.1. Fitprogramm für das integral gemessene Spektrum.........................................186 11.2. Liste physikalischer Symbole...........................................................................192 Danksagung...................................................................................................................193 1. Einleitung 3 1. Einleitung Der Begriff „Kolloid“ ist sehr allgemein gehalten und beschreibt Systeme, in denen eine Komponente, die diskontinuierliche Phase, in der anderen, der kontinuierlichen Phase, fein dispergiert ist. Ein Beispiel eines kolloidalen Systems ist eine kolloidale Suspension, in der mesoskopisch kleine Teilchen, zwischen 1nm und 1µm groß, fein verteilt in dem flüssigen Medium dispergiert sind In der Natur kommen kolloidale Systeme recht häufig vor, wie z.B. Milch und Blut. Wie in anderen Bereichen der Wissenschaft, versucht der Mensch auch hier von der Natur zu lernen und solche mesoskopischen Systeme für sich nutzbar zu machen. Die moderne Wissenschaft beschäftigt sich seit ca. 130 Jahren mit der Erforschung solcher Systeme. In den letzten 2 Jahrzehnten erlebte die Kolloidwissenschaft allerdings wegen des starken Zuwachses kolloidaler Produkte in der Industrie und der Verwendung von Kolloiden als Modellsystem für Festkörper eine Renaissance. Es gibt mittlerweile zahlreiche Applikationen kolloidaler Systeme in der Industrie, sei es in der Medizin und Pharmazie, der Petrochemie, der Farbenund Lackherstellung, der Lebensmittelherstellung oder in den Kosmetika. Hierbei stehen beispielsweise die gezielte Änderung der Viskosität von Schmierstoffen oder die Verfilmung kolloidaler Suspensionen beim Eintrocknen im Vordergrund. Mittels kolloidaler Suspensionen sphärischer Partikel ist die Grundlagenforschung in der Lage physikalische Vorgänge in Festkörpern, Oberflächen und Flüssigkeiten modellhaft nachzuvollziehen. Es ist der Vorteil einer größeren Längen- und Zeitskala, den man gegenüber einem Studium eines atomaren oder molekularen Systems gewinnt. Da die Partikelgrößen und –abstände im Bereich der Lichtwellenlänge liegen, können kolloidale Systeme mit optischen Methoden (Mikroskopie, Lichtstreuung) untersucht werden. Wegen ihrer größeren Masse, spielt sich die kinetische und dynamische Bewegung der Partikel wesentlich langsamer ab als bei Atomen. Es können somit die Kristallisationskinetik, Phasenumwandlungen und Transportmechanismen auf mikroskopischer Ebene untersucht werden. Durch Wahl der Partikelgröße und – anzahldichte können zudem die physikalischen Eigenschaften des Systems gezielt variiert werden. Je nach Partikelzahldichte können unterschiedliche Aggregatzustände eingestellt werden. Beginnend mit der ungeordneten, gasförmigen Phase, sind fluide, kristalline und glasartige, bzw. amorphe, Phasen möglich [1, 2, 3, 4]. Damit diese kolloidalen Systeme nicht koagulieren, müssen die Partikel geeignet stabilisiert sein. Hier kennt man die sterische und die elektrostatische Stabilisierung. In der ersteren schützt eine auf der Oberfläche des Partikels adsorbierte Polymerschicht vor der Koagulation. In dieser Arbeit wurden aber kolloidale Suspensionen verwendet, in denen elektrisch geladene Partikel in Wasser dispergiert sind. Aufgrund der, in 1. Einleitung 4 + + + + + ++ ++ + + + + + + ++ ++ + + + ++ + + + + + + + + + + + ++++ + + + + + + + + + + ++ + + + + + + + + ++ + + + ++ + + + + ++ + + + ++ ++ + + ++ + + + + + ++ + + + ++ + + ++ + + + + + + + + ++ + + + + + + ++ + + +++ ++ +++ + + + ++ + +++ + + ++ + + + + + + + + + + + + + + + + +++ + ++ + +++ +++ + + ++ + + ++++ + + + + + + + + + + + + + + + + ++ + ++ + + ++ + + + + ++ +++++++ +++++++++++ + + ++ +++ + ++ ++ + +++++ ++ + ++++++ + ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ ++ + ++ ++ + + ++++++++ + ++++ ++++ ++++ + ++ +++ + +++ + ++++++++ + ++++ ++ + ++ ++ ++ + +++ + + ++ +++++++++ +++++ + + + + ++ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + ++ +++++ ++ + ++++++ + +++ + +++++++++++ ++ + + + +++ ++ ++ ++ +++++++ + ++ + + ++ + + + ++ + +++ + +++ + ++ ++ ++++++ +++ + ++ ++ + + +++++++ + + + + + + + + + + + ++ + + + + + + + + ++++ + ++ + +++ +++++++++ ++++++++++ ++++ + + + + + + + + + + + ++ + + + ++++++ ++++++ + ++++++ + ++++++ ++ ++ + + + ++ + ++ + ++++ + + + +++++ ++ ++ + + ++++++++ ++ + +++ ++ + ++ + + + + + ++ + + + +++++ + ++ +++ ++ + + ++++++ + ++ ++ +++ ++ + + + ++ ++ ++ + ++ ++++ +++ + + ++ + + ++ + +++ +++ +++ ++++ ++ + ++ + + + + ++ ++++ ++++ + +++ + +++++ ++ +++ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + ++ + + + + ++ +++ ++++ ++ ++ + +++++ + + + + + + ++++++ + + ++ + ++++ ++++ + + ++ + + + + +++ +++ +++ ++ ++ ++ ++ + + ++ + + +++ + + ++++ ++++++ ++ ++++ ++ ++ +++++++ + +++++ +++ + +++ + + + + + + + + + + + + + + + + ++++++ ++ ++++ + + + + + ++++++ ++ +++++++++ ++++++ + + + +++ + + + +++ + +++ +++ +++ +++ ++ + + ++++++++ + ++ ++++ ++++++ + +++ + ++ + ++ +++ + + + ++++ ++++ ++ + ++ + ++ +++++ +++ +++++++++++++ + + +++ ++ + ++ + + ++ + +++ ++ ++ + ++++ + + ++ +++ + + ++ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +++ + + ++ ++++++++++ +++++++ ++ + ++ + + ++++++ + + ++ + ++ ++ ++++ + ++ +++ +++ + + ++ + ++ ++ +++++ + +++++ ++ ++ +++ ++++ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +++ ++ ++ + ++ ++ + +++++++ ++ ++ + + + ++ + ++ ++++ +++ + ++ + ++ +++ +++++ + ++ + + + ++ + + + + + + ++ + + ++ + ++ + ++ +++ + ++++ +++ + + ++ + ++ ++ + + + + + + + ++ + + + + + ++ + + + ++++ + ++++ ++++ + + + ++ + ++ + + + +++ + + + + + + + + + + + ++ + ++ + + + + + + ++ + + + ++ + + + + + + ++ ++ + + + + + + + + ++ + + + + + + + + + ++ ++ + + + + + + + + + + + κ-1 12 10 Lösung der nicht-linearen Poisson Boltzmann Equation Debye-Hückel-Approximation -1 + 2a Φ 8 κ kT/e 6 4 2 150 1000 r/nm 7000 Abb.1.1.a, b a) Negativ geladenes Partikel mit dem Radius a=150nm, umgeben von Gegenionen. Die Gegenionendichte nimmt nach Außen exponentiell ab. b) Bei einem Partikelabstand κ-1, der Abschirmlänge, ist das Potenzial auf seinen e-ten Teil abgefallen. diesem Fall, negativen Oberflächenladung sind die Partikel umgeben von einer „Wolke“ von Gegenionen. Diese Gegenionen stammen teilweise von den Oberflächengruppen des Partikels, z.B. Sulfat- oder Carboxylgruppen, und sind H+ Ionen, die in Wasser dissoziiert sind. Zum anderen Teil sind es Fremdsalzionen und H+ Ionen, die von der Eigendissoziation des Wassers stammen. Um das Partikel bildet sich eine Doppelschicht aus, wie in Abb.(1.1.a) dargestellt. Das elektrostatische Potenzial des Partikels wird durch die Gegenionenschicht abgeschirmt. Der Potenzialverlauf in Abhängigkeit vom Partikelabstand ist einem Yukawa-Potenzial ähnlich und kann durch Lösen der Poisson-Boltzmann Gleichung bestimmt werden. Allerdings gibt es für sphärische Partikel keine analytische Lösung. In hoch verdünnten, schwach wechselwirkenden Systemen mit kleinen Oberflächenpotenzialen Φ < kT kann man für die Potenzialbeschreibung die DebyeHückel-Gleichung, die Lösung der linearisierten Poisson-Boltzmann-Gleichung, verwenden. Im Fall eines stark wechselwirkenden Systems, z.B. für kolloidale Kristalle, erhält man über das Konzept der Ladungsrenormalisierung im Rahmen des PoissonBoltzmann-Cell-Modells die analytische Beschreibung. Durch Verwenden einer * effektiven Partikelladungzahl Z PBC anstatt der realen Oberflächenladungzahl Z, kann die Debye-Hückel-Gleichung wieder benutzt werden. In der Untersuchung der elektrophoretischen Bewegung eines Partikels wird ein elektrisches Feld E=U/d (1.1.) angelegt, d ist der Abstand der Elektroden und U die elektrische Spannung. In dieser Arbeit werden hauptsächlich Rechteckfelder der Feldstärke E≤ 120Vcm-1 mit 1. Einleitung 5 + + + ++ + + + + + + + + + + + + + + ++ + + + ++ + + + + ++ + + + + + + ++++ + + + ++ + + + ++ ++ + + + + + + + + + + + + ++ + + + + ++ + + + ++ + + ++ + + ++ + + + + + ++ + ++ + + + + + + +++ + + + + + + ++ + +++ ++ +++ + + +++ + + ++ + + + ++ + + + + + + + + +++ + ++ + + ++ + ++++ +++ + ++ + + + ++ + + + ++++ ++ ++ + + + + ++++++ ++ + + + ++ + ++ + + ++ + + + ++++++ +++ + + ++++++ + + ++++ + + +++ + ++ ++ ++++ + ++ ++ + +++++ + ++ ++++ ++ ++ + + +++ + + ++ + + +++++++ ++ ++ ++ + ++ ++++ ++++++++++ ++++++ ++ +++ + + + + + ++++++ ++ +++ ++ + + + ++ + +++++++++++++ +++++ +++++++++++++++++ + ++ + ++ + ++ +++ ++ +++ + + + + + + + ++ ++ +++++++++ + + + + + + + + + + + + ++ +++ ++ + + ++++++ + ++ ++ + ++++++ +++ + + + +++ + + + + ++ + ++ + + +++ + ++ + + + + + + ++ ++++++ ++ ++ +++++ +++++ + +++ +++++++++ ++++ + + ++ ++ + + + +++ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +++ + + + ++++ ++++++++ + + + + + ++ + ++++ + ++ + ++++ + ++ + +++ ++ + ++ + +++++++ +++ + + + + + + + ++++ ++ + ++ + + + ++ +++ ++ + ++ + ++ ++++++++ + + ++ + + + ++ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + ++ + + ++ + ++ + ++ +++ ++ + + + + ++ +++ ++++++++++ + +++ ++++ + + + + +++ + ++ + + ++ +++ +++ + ++ +++++++++ ++ + +++++++++ + + + + + + ++ + + ++ + ++++ + + + + + + + + + + + + + + + +++++ ++ +++ + + + + ++ +++++++ + + +++++++++++ + +++ + + + ++ + ++ + ++ ++++++ + ++ ++++ +++ +++ + ++++ + +++ + ++ + ++++ ++++ + + ++++++ + ++ ++++++ ++++++ ++++ +++ + + + ++++++ + + + +++ + + + +++ +++ + +++ +++ + ++ + + + ++ + ++ + + ++ + ++ + + ++++++ +++++ ++ + ++++ + ++ + +++ ++ + ++++++ + + ++++++ + ++ ++++ +++ +++ ++ ++++ + + ++ ++ ++ ++ ++ +++ + + + ++ + + + ++ ++++ + + + +++ ++++ + + +++ + + ++ + ++ +++ + ++ ++ ++ ++ +++++++ +++ +++++ + + +++++++++++ + + ++ + ++ ++ ++++ + + + ++ +++ + + ++ ++ +++ + + ++ ++++ + ++++ ++ +++ ++ + + ++ + + + ++ + + + ++ + + + + + ++++++++ + +++++++ ++ + + +++ +++ ++ + + ++ + + + + + ++ + ++ + ++ +++++ +++ ++ + + + + ++ + ++ ++ + +++ ++++++ +++ ++ + ++ ++ + ++ + ++ + + + ++ +++ + + +++ ++ ++ ++ ++ + ++ + ++ + + + + +++ + + + + + + ++++ + +++ + + + + ++ + + ++ ++ + + + + ++ + + + + + ++ + + + + + + + + +++ + + ++ + + ++ + ++ + + ++ + ++ + + + + + + + + ++ + + + + + + + + + ++ ++ + + ++ + + + + + + - + + + + + +- + FEl Fη= viskoser Reibung FRet = Retardation: Elektroviskoser Effekt FRelax = Relaxation: Doppelschicht wird hinter dem Partikel hergezogen. Abb.1.2. Im elektrischen Feld bilden Partikel und Doppelschicht einen Dipol. Im stationären Fließzustand wird die elektrische Kraft durch die Reibung, Retardation und Relaxationskraft ausgeglichen. Wechselfeldfrequenzen f≤ 0,1Hz verwendet. Das Partikel bewegt sich im elektrischen Feld mit der Geschwindigkeit r r v = μ⋅E (1.2.). µ ist die elektrophoretische Mobilität des Partikels. Die Bewegung von Einzelteilchen in E-Feldern ist theoretisch bereits sehr gut erschlossen. Befindet sich das Partikel im EFeld, so verschieben sich die Schwerpunkte der Doppelschicht und des Partikels und es bildet sich ein Dipol, wie es in Abb.(1.2.) gezeigt wird. Das negativ geladene Partikel bewegt sich samt seiner Doppelschicht Richtung Anode. Im stationären Fließzustand, dies ist nach ca. 10-4sec der Fall, ist die elektrische Kraft FE ausgeglichen durch die viskose Reibung, Retardation und Relaxationskraft. Während die Retardation ein elektroviskoser Effekt ist, ist die Relaxationskraft eine Folge der Dipolbildung: Die Doppelschicht muss vom Partikel hinter sich her gezogen werden. Die Bewegung einzelner Partikel in elektrischen Feldern, charakterisiert durch ihre Mobilität, wird theoretisch unter Berücksichtigung der oben erwähnten wirkenden Kräfte durch das Standardmodell der Elektrokinetik beschrieben [5]. Ob allerdings das Konzept der Ladungsrenormalisierung auch im Elektrophorese-Experiment gültig ist, d.h., ob die in einem elektrophoretischen Experiment gemessene Ladung Z μ* der realen Oberflächenladung oder der effektiven, renormalisierten Ladung entspricht, ist nicht geklärt und somit eines der Untersuchungsvorhaben dieser Arbeit. Die meisten Experimente, die man in der Literatur findet, wurden unter Bedingungen durchgeführt, in denen der Einzelpartikelphasenzustand gewährleistet war. D.h., die Suspensionen waren stark verdünnt und/oder der Salzgehalt ausreichend erhöht. Dieser Phasenzustand der Proben wurde gewählt, da der Einfluss der Wechselwirkung auf die Mobilität, der in konzentrierten und entsalzten Suspensionen auftritt und verantwortlich ist für Phasenübergänge in die fluide oder kristalline Phase, theoretisch nicht 1. Einleitung 6 50 40 σ−σΗ Ο/µScm -1 6 4 2 -8 2 µ/10 m V s -1 -1 8 2 30 Fluid Kristall 20 10 0 -7 10 10 -6 10 -5 Φ 10 -4 10 -3 -2 10 0 0 40 80 n/µm 120 160 -3 Abb.1.3.a, b a) Volumenbruchabhängigkeit der Mobilität bei einer vollentsalzten PS301-Probe. In der ungeordneten Phase steigt die Mobilität an und sättigt in der fluiden Phase. Mit Beginn der kristallinen Phase endet die Messung. b) Abhängigkeit der Leitfähigkeit von der Partikelzahldichte n, bei einer vollentsalzten PnBAPS68-Suspension. Die Leitfähigkeit des Reinstwassers σH2O wurde von σ abgezogen. Es ist kein phasenabhängiges Verhalten zu erkennen. beschrieben werden kann. Einige Experimente durchgeführt mit voll entsalzten Proben, wo das Potenzial sehr langreichweitig ist, und mit wechselwirkenden Partikeln findet man in [6, 7, 8, 9]. Evers et al. [10] studierte die Volumenbruchabhängigkeit der Mobilität voll entsalzter Proben und fand eine Zunahme von µ im ungeordneten, gasförmigen Bereich und ein Plateau in der fluiden Phase. Seine Messungen endeten an der Grenze zur kristallinen Phase wegen zu hoher Turbidität, siehe Abb.(1.3.a). Offen ist die Frage, wie die Mobilitätskurve in der kristallinen Phase sich fortsetzt. Dies ist der Ansatzpunkt für die Experimente dieser Arbeit, in denen die Mobilität in einer voll entsalzten Probe in Abhängigkeit der Partikelzahldichte untersucht werden soll. Für die Beantwortung der obigen Frage muss bekannt sein, wie man die Mobilität in der kristallinen Phase messen soll. So z.B. kann die Geschwindigkeitsmessung v durch elektroosmotische Einflüsse systematisch verfälscht werden. In dieser Arbeit wird eine Elektrophorese- Zelle von Rank Brothers, Abb.(1.4.), verwendet. Wie in der vorliegenden Arbeit gezeigt wird, ist ihr Vorteil ein geringerer Einfluss der Elektrodenpolarisation. Diese tritt bevorzugt bei höheren Konzentrationen auf und nimmt Einfluss auf die Geschwindigkeitsmessung. Ihre Geometrie ermöglicht andererseits Elektroosmose. In der fluiden Phase ist es bekannt, wie man den elektroosmotischen Einfluss herausmitteln kann, [11]. Die Auswirkung der Elektroosmose in der kristallinen Phase ist dagegen nicht im Detail erforscht. Es wurde bereits der Einfluss der elektroosmotischen Scherung von kristalliner Schmelze auf die Nukleationskinetik und Kristallgröße untersucht, [12]. Der Einfluss der Elektroosmose auf das kristalline Fliessprofil ist allerdings noch unklar. Weiterhin ist davon 1. Einleitung 7 Abb.1.4. Elektrophoresezelle vom Typ Rank-Brothers aus Quarzglas. Die Seitenarme haben einen Durchmesser von 10mm. Der mittlere Teil ist eine rechteckige Flachzelle mit den Maßen: (X;Y;Z)=(1;10;40)mm. auszugehen, dass in der Elektrophorese von kolloidalen Kristallen elastische und plastische Effekte auftreten. Diese nicht stationären Fliesszustände, welche nicht Gleichgewichtszustände darstellen, können die Mobilitätsbestimmung erschweren oder sogar unmöglich machen. Auch diese Effekte sind noch nicht im Detail untersucht. Wenn eine überzeugende und nachvollziehbare Mobilitätsmessung in Abhängigkeit von der Partikelzahldichte vorliegt, stellt sich darauf aufbauend die Frage, ob und wie diese in der Leitfähigkeit σ der Suspension berücksichtigt werden muss. Die Leitfähigkeit wird definiert durch: + σ = nZ * e( μcounter + μp) . (1.3.) n ist die Partikelzahldichte, Z* die effektive Ladungszahl, e die Elementarladung und + μ counter bzw. μ p die Mobilitäten von Gegenionen bzw. Partikel. Wie in Abb.(1.3.b) zu sehen ist, kann der konzentrationsabhängige Leitfähigkeitsverlauf sowohl mit als auch ohne Partikelbeitrag ausgewertet werden. Mittels DC-Langzeitmessungen der Leitfähigkeit und temperaturabhängigen Leitfähigkeitsmessungen ergeben sich Möglichkeiten, den Partikelbeitrag zu überprüfen und außerdem etwas über die Konzentrations- und Temperaturabhängigkeit der effektiven Ladung Zσ* zu erfahren. Im nun folgenden Kapitel 2 werden die elektrokinetischen Grundlagen vorgestellt, sowie Kenntnisse über Elektrodenpolarisation diskutiert. Kapitel 3 beschreibt die Streutheorie, insbesondere die heterodyne Referenzstrahlmethode, die in dieser Arbeit Anwendung findet. Kapitel 4 befasst sich mit der im Rahmen dieser Arbeit aufgebauten Laser Doppler Velocimetrie- Apparatur und gibt eine Justageanleitung. Im Anschluss werden die Probenpräparation und Messbereichsüberprüfung der Messzelle besprochen. Getestet wird der Aufbau durch Messen und Auswerten fluider Spektren. In den Kapiteln 5 bis 7 werden die Messergebnisse vorgestellt und diskutiert. Dies ist der Schwerpunkt der Arbeit. Resumee und Ausblick schließen sich Kapitel 7 an, bevor die Arbeit mit einer Kurzzusammenfassung endet. 8 2. Elektrokinetik 2. Elektrokinetik Die elektrophoretische Bewegung elektrostatisch geladener Partikel wird charakterisiert durch die Mobilität, die die Partikel in externen elektrischen Feldern zeigen. Die theoretische Beschreibung der Mobilität setzt die Kenntnis aller Kräfte voraus, die auf ein im E-Feld sich bewegendes Partikel wirken. Im Fall einzelner, mit anderen Partikeln nicht wechselwirkender Teilchen, hat die Elektrokinetik ein Modell, das Standard Modell der Elektrokinetik (SEM) [5], gefunden, das die Bewegung der Partikel beschreibt. Es stellt den Zusammenhang her zwischen der Mobilität und dem elektrostatischen Potenzial, das das Partikel umgibt. Der Potenzialverlauf wiederum ist abhängig von der Doppelschicht, gebildet von den Gegenionen, die das Partikel umgibt. Denn die hohe Anzahl der Gegenionen in der Doppelschicht führt dazu, dass das Potenzial des Partikels abgeschirmt wird. Dies stellt die Frage, welches Potenzial und damit Ladung man in einem Experiment messen kann. Das absolute Oberflächenpotenzial oder ein abgeschirmtes, effektives, wie es in der Theorie der Ladungsrenormalisierung angenommen wird. In diesem Kapitel sollen die theoretischen Grundlagen der Elektrokinetik vorgestellt werden, die für das Verständnis eines Elektrophorese-Experimentes notwendig sind. Schwerpunkte dieses Kapitels sind der Potenzialverlauf um ein Partikel, das Standardmodell der Elektrokinetik, sowie die Elektroosmose. Eine grundlegende Einführung in die Thematik befindet sich in physikalisch chemischen Standardwerken wie z.B. [13] und in Büchern über Kolloidwissenschaften wie [14, 15]. 2.1. Elektrostatischer Potenzialverlauf 2.1.1. Elektrostatischer Potenzialverlauf um ein punktförmiges Partikel Zu den Suspensionen zählen Systeme, in denen elektrisch geladene Partikel, zwischen 10nm bis 1µm groß, in Wasser dispergiert sind. In Wasser sind diese Partikel umgeben von Ionen, die von den Partikeln selber stammen, von der Eigendissoziation des Wassers oder als Fremdsalz zugegeben wurden. Während das Potenzial eines Partikels oder auch einer Elektrode, die in die Suspension getaucht wurde, im Allgemeinfall nur numerisch gelöst werden kann, ist das Potenzial um ein Ion recht einfach zu beschreiben, weil das Ion mathematisch als punktförmiges Teilchen betrachtet wird. Im Vakuum wird das Potenzial eines punktförmigen Partikels als Coulombpotential beschrieben: Φ (r ) = Ze (4πrε 0 ) . Z ist die Ladungszahl und ε 0 die Feldkonstante. In einem Lösungsmittel, wie z.B. Wasser, wird die Potentialstärke um die 2.1. Elektrostatischer Potenzialverlauf 9 Dielektrizitätskonstante ε herabgesetzt. Im Fall des Wassers verringert sich das Potential um den Faktor 80: ε r = ε ε 0 = 80 . Zusätzlich bildet sich um jedes geladene Partikel in Wasser eine Ionenatmosphäre, die das Potenzial des Partikels abschirmt. Das Potential eines Ions fällt daher stärker ab als r-1 und hat die Form eines YukawaPotentials: Φ(r ) = Ze 1 − r / rD e . 4πε r (2.1.) rD heißt Debyesche Abschirmlänge und ist ein Maß für die Stärke der Abschirmung. In der Theorie von Debye und Hückel wird das Potenzial (2.1.) unter der Annahme einer Ladungsdichteverteilung hergeleitet. Sie geht davon aus, dass die Ladungsdichte an jedem Ort im Raum das Ergebnis der Konkurrenz zweier Effekte ist: Die Coulombkräfte zwischen Zentralion und Gegenion und das Auseinandertreiben aufgrund der Wärmebewegung. Mit Hilfe der Bolzmannverteilung wird die Anzahldichte der Ionensorte i, ni , an dem betreffenden Ort gegenüber der in der gesamten Lösung, ni0 , angegeben: ni = e − ΔE / k B T 0 ni (2.2.) ΔE = zeΦ ist die Energie, bestimmt aus der Potenzialdifferenz Φ(r)-Φ(∞). r ist der Abstand vom Zentralion. Bei sehr hohem Abstand nähert sich Φ dem Nullniveau. Die Gleichung (2.2.) kann liniearisiert werden unter der Annahme, dass die elektrostatische Wechselwirkung klein gegen kBT ist. kB ist der Boltzmannfaktor und T die Temperatur gemessen in Kelvin. Wäre sie groß, so würde der Einfluss der Ionenanziehung gegenüber der Wärmebewegung überwiegen und die Ionen würden sich zu einem Kristall zusammenlagern. Die Gesamtladungsdichte ρ setzt sich nun aus den Anzahldichten der einzelnen Ionensorten zusammen: ρ = e∑i ni zi . (2.3.) zi ist die Ladungszahl. Setzt man ρ in die Poissongleichung der Elektrostatik ∇ 2Φ = − ρ (ε r ε 0 ) (2.4.) und verwendet die Beziehung (2.2.), so erhält man in Polarkoordinaten: 1 d 2 dΦ e z eΦ (r )=− n 0i zi exp(− i ) ∑ 2 dr ε rε 0 i k BT r dr (2.5.) Diese Poisson-Boltzmann Gleichung kann liniearisiert werden unter der Annahme, dass Φ klein gegenüber kBT ist. Diese Approximation heißt Debye-Hückel Näherung: 1 d 2 dΦ e 2Φ ( ) = r dr ε r ε 0 k BT r 2 dr ∑n i 0 z = κ 2Φ 2 i i (2.6.) 2. Elektrokinetik 10 Die Lösung der Differentialgleichung (2.6.) ist das Yukawa-Potenzial (2.1.) mit rD=κ-1. Für κ ergibt sich: κ 2 = 4πλ ∑ ni0 z i 2 (2.7.) i λ ist die Bjerrum-Länge: e2 λ= . 4πε rε 0 k BT (2.8.) Ein prinzipielles Problem der Debye-Hückel Theorie ist, dass die elektrostatischen Wechselwirkungen zwischen den Ionen in derselben Ionenatmosphäre nicht berücksichtigt werden können. In Wirklichkeit versucht jedes Ion in der Ionenatmosphäre seine eigene Ionenatmosphäre aufzubauen. Durch die Linearisierung wird diese Wechselwirkung vernachlässigt. In Kapitel 2.1.2. wird gezeigt, dass mittels der Debye-Hückel Theorie das Potential geladener Kolloidpartikel hergeleitet werden kann. Man kann dann allerdings nicht mehr annehmen, dass die Partikel punktförmig sind, sondern muss ihren Radius berücksichtigen. 2.1.2. Potenzialverlauf um ein geladenes Kolloidpartikel Im Unterschied zu Ionen ist der Radius a eines Kolloidpartikels nicht zu vernachlässigen. Die in Gl.(2.1.) angegebene Lösung der Debye-Hückel-Näherung (DH) muss daher modifiziert werden: Φ DH (r ) = exp(κa ) exp(−κr ) 4πε 0ε r 1 + κa r Ze (2.9.) Z ist die absolute Ladungszahl. Da diese bis zu Z≈ 104 betragen kann, gelangt das Potenzial in der Nähe der Partikeloberfläche sehr schnell in die Größenordnung der thermischen Energie kBT. Die Näherung nach Debye- Hückel ist daher in der direkten Umgebung des Partikels nicht erlaubt. Der einzige Ausweg, der bleibt, ist, die Lösung der exakten Poisson-Boltzmann-Gleichung Gl.(2.5.) numerisch zu berechnen. Dies wurde von Alexander et al. [16] für ein Partikel, das in einer Wigner- Seitz Zelle sitzt, durchgeführt. Dieses Modell heißt Poisson-Boltzmann Cell Model (PBC). Aufgrund der Periodizität des Gitters brauchten sie die Lösung nur für eine Wigner-Seitz (WS) Zelle bestimmen. Die globale Neutralität führt dazu, dass die Gesamtladung der Zelle Null sein muss, sowie das elektrische Feld an der Oberfläche der Zelle. Das Potenzial an der Zelloberfläche wurde Null gesetzt. Abb.(2.1.) zeigt den Potenzialverlauf ΦPBC(r), den man durch Lösen der exakten Poisson-Boltzmann-Gleichung erhält. An diesen wurde ein abgeschirmtes 2.1. Elektrostatischer Potenzialverlauf 12 10 11 exakte Lösung nach PBC-Modell Näherung nach DH-Modell -1 Φ 8 κ kT/e 6 4 2 150 aHydro 1000 r/nm 7000 Abb.2.1. Die exakte Lösung wurde nach dem Poisson Boltzmann Cell Model (PBC) berechnet. An diese wurde die analytische Lösung der Debye-Hückel Näherung (DH)) angepasst. Fitparameter sind die effektive Ladungszahl Z* und Abschirmparameter κ. Coulombpotenzial nach Debye-Hückel Φ*PBC(r) angepasst mit Z*PBC und κPBC als freie Parameter: Φ ∗PBC (r ) = * Z PBC e exp(κ PBC a) exp(−κ PBC r ) 4πε 0ε r 1 + κ PBC a r (2.10.) κPBC ist der Abschirmparameter, berechnet durch die Elektrolytekonzentration am Rand der Wigner-Seitz Zelle. Als wichtigste Randbedingung wurde festgelegt, dass die Ionendichte, in der DH- Näherung, an der Zellgrenze der wirklichen Ionendichte entsprechen muss, da von ihr die Reichweite des Potenzials abhängt. In Abb.(2.1.) ist erkennbar, dass die Übereinstimmung zwischen exakter Lösung und Näherung auf größeren Längenskalen sehr gut ist. Erst in der Nähe der Partikeloberfläche ist das exakte Potential wesentlich steiler und gelangt sehr schnell in die Größenordnung der thermischen Energie kBT. Mit dieser an das PBC-Modell angepassten Lösung der DHNäherung können Wechselwirkungen zwischen zwei Partikeln beschrieben werden, da auf Längenskalen des Partikel-Partikel-Abstandes das Potenzial der Debye-Hückel * um Näherung genügt. Es zeigt sich, dass die so berechnete effektive Ladungszahl Z PBC * liegt typischerweise Größenordnungen kleiner ist als die absolute Ladung Z. Z PBC zwischen 100-2000. Experimentell lässt sich zeigen, dass in Leitfähigkeitsexperimenten sowie in Schermodulmessungen eher effektive Ladungen, sie heißen auch renormalisierte Ladungen, gemessen werden als die absoluten. Berechnet wurde die numerische Lösung, die in Abb.(2.1.) dargestellt ist, mittels eines Programms, das von L. Belloni [17, 18] geschrieben worden ist. Die theoretische Grundlage des Programms ist das Poisson-Boltzmann Zellmodell (PBC) von Alexander. Es wird die volle nicht- linearisierte Poisson Boltzmann Gleichung in einer WignerSeitz Zelle mit dem Radius rWS numerisch unter der Bedingung der Ladungsregulierung gelöst, d.h. es berücksichtigt den reduzierten Oberflächen-pH-Wert, aufgrund der 12 2. Elektrokinetik Akkumulation von kleinen Ionen auf der Partikeloberfläche und der resultierenden Reduktion dissoziierter Oberflächengruppen. Input Parameter sind n, a, T, εr, die Ionenkonzentration cs, die titrierte Ladungszahl N und der Oberflächen pK- Wert. Output –Parameter ist das Mean-Field Potenzial ΦPBC(r), mit a< r< rWS, die Ionenkonzentration an der Zellwand cs(rWS) und die Oberflächenladung Z. In einem zweiten Schritt wird das abgeschirmte Coulombpotenzial nach Debye-Hückel Φ*PBC(r) an ΦPBC(r) am Rand der Wigner-Seitz Zelle angefittet. Man erhält als Fitergebnis Z*PBC und κPBC. Ladungsrenormalisierung Ladungsrenormalisierung wird interpretiert als nahezu komplette Kondensation der Gegenionen auf der Partikeloberfläche, wodurch eine neue Einheit mit stark reduzierter Ladung entsteht. Die Renormalisierung der Ladungszahl aber auch des Ionengehalts der Suspension, dieser geht in den Parameter κ ein, war zunächst Folge der Anpassung der DH-Näherung an die exakte PBC-Kurve. Eine weitere Begründung der Renormalisierung und eine Möglichkeit der Abschätzung der effektiven Ladungszahl Z* gewinnt man durch Betrachten der chemischen Potenziale der Gegenionen: Im chemischen Gleichgewicht ist das chemische Potenzial µ1 der Gegenionen weit entfernt von der Partikeloberfläche gleich dem effektiven chemischen Potenzial µ2 der Gegenionen auf der Patikeloberfläche. Während µ1 von der Konfigurationsentropie dominiert wird, μ1 ≈ k B T ⋅ ln( f ) , f ist der Volumenbruch, der von den Gegenionen eingenommen wird, hängt µ2 hauptsächlich von der Wechselwirkung zwischen Gegenionen und Partikel ab, μ 2 ≈ − Z * e 2 /(ε ⋅ a) . Da das Oberflächenpotenzial durch Abschirmung stark abgeschwächt wird, wird µ2 an µ1, durch Wahl eines geeigneten Z*, angepasst, [16]: Z * λ / a ≈ − ln( f ) . (2.11.) Durch diese Gleichung wird die renormalisierte Ladung Z* abgeschätzt. Aufgrund weiterer theoretischer Berechnungen kann angenommen werden, dass der Zusammenhang zwischen Z und Z* nur bei kleinen Oberflächenladungen linear ist. Zu höheren Z hin sättigt die effektive Ladung aufgrund der Abschirmung. Diese Sättigung des Z* konnte von Palberg et al. Experimentell bestätigt werden, [19, 20]. Modifizierte Debye-Hückel Näherung (MDA) Da der Parameter Ionendichte auf der Wigner-Seitz Zelle experimentell nicht zugänglich ist, wurde das Modell von Alexander modifiziert, [16, 21, 22, 23, 24]. Dieses MDA Modell benötigt statt der Ionenkonzentration an der WS-Zelle die von den 2.1. Elektrostatischer Potenzialverlauf 13 Partikeln stammenden Gegenionen und die Konzentration des zugegebenen Salzes. Potenzial und Abschirmkonstante bestimmen sich in dieser Näherung folgendermaßen: Φ MDA (r ) = κ 2 MDA = Z MDAe ⎛ exp(κ MDAa ⎞ exp(−κ MDAr ) ⎟ ⎜ r 4πε r ε 0 ⎜⎝ 1 + κ MDAa ⎟⎠ e2 mol (2 N A (c S + 1 ⋅ 10 −7 ) + Z MDA n) l εε 0 kT (2.12.) (2.13.) N A ist die Avogadro’sche Zahl. Das Oberflächenpotenzial berechnet sich zu: Φ MDA (a ) = ⎞1 Z MDAe ⎛ 1 ⎟ ⎜⎜ 4πε rε 0 ⎝ 1 + κ MDAa ⎟⎠ a (2.14.) ζ-Potenzial Das ζ-Potenzial ist das Potenzial, das die Bewegung des Partikels in äußeren elektrischen Feldern bestimmt. Laut Definition, [25], befindet sich das ζ-Potenzial an der Scherebene der Doppelschicht. Die Lage der Scherebene hängt davon ab, ob Ionen am Partikel gebunden sind, z.B. in der Sternschicht, siehe Kapitel 2.2. Manche identifizieren den Ort des ζ-Potenzials mit dem hydrodynamischen Radius, [26]. Ionen innerhalb der Scherebene sind fest an das Partikel gebunden, z.B. aufgrund von Gegenionenkondensation. Es können dann gemäß Ladungsrenormalisierung nur effektive Ladungen gemessen werden. Das effektive Oberflächenpotenzial ΦMDA(a, Z*), das mit der effektiven Ladung zusammenhängt, kann mittels Gl.(2.14.) berechnet und in einer ersten Näherung als ζ-Potenzial identifiziert werden. Liegt keine Gegenionenkondensation vor, wenn z.B. die absolute Ladungszahl Z zu klein ist, so kann das ζPotenzial eher mit dem unabgeschirmten Oberflächenpotenzial identifiziert werden. Potenzialverlauf um eine ausgedehnte Platte. Gouy und Chapman [27, 28] entwickelten ein Modell für den Potentialverlauf an einer ausgedehnten planen Fläche, z.B. einer Elektrode, das das analoge Gegenstück zum obigen Modell für die punktförmige Ladung ist. Auch sie gingen von einer diffusen Doppelschicht aus. Daher ist im Prinzip die Poisson Boltzmann Gleichung (2.5.) auch in diesem Modell gültig. Allerdings muss der Laplace-Operator nun in kartesischen Koordinaten dargestellt werden. Für diese Geometrie existiert eine analytische Lösung, auch ohne Linearisierung der Boltzmannverteilung. In der Debye-Hückel Näherung nimmt das Potential an der Grenzfläche zwischen Elektrode und Elektrolyte gemäß Gouy und Chapman exponentiell ab: Φ = Φ D exp(−κ ⋅ x) . (2.15.) 14 2. Elektrokinetik ΦD ist das Potenzial im Abstand d von der Oberfläche, wo die Bulk- Lösung beginnt. Dieses Modell von Gouy und Chapman, und somit ebenfalls die Poisson Boltzmann Gleichung, geben allerdings den Aufbau der Doppelschicht nicht ganz korrekt wieder. Sie unterschätzen die Stabilität der lokalen Struktur der Ionenatmosphäre. 2.2. Unterschiedliche Konzepte der Doppelschicht. Ein anderes Modell, das die Stabilität der lokalen Struktur überschätzt und daher ebenfalls keine gute Beschreibung der Doppelschicht ist, ist das Modell von Helmholtz. Er nahm an, dass sich die solvatisierten Gegenionen direkt an der Oberfläche der Elektrode oder des Partikels anlagern. Eine Wärmebewegung der Ionen wurde nicht berücksichtigt. Diese sogenannte äußere Helmholtzschicht ist also stabil. Die innere Helmholtzschicht, der zweite Teil der Doppelschicht, wird von der geladenen Oberfläche der Elektrode bzw. des Partikels beschrieben. Diese Annahme ist vernünftig, da angenommen werden kann, dass die Ladung auf der Oberfläche gleichmäßig verteilt sein wird, so dass sein Oberflächenpotential als konstant betrachtet werden kann. Das Stern Modell [29] versucht die beiden Modelle miteinander zu kombinieren. Die Ionen, die der Elektrode (Partikel) am nächsten sind, sind in einer Helmholtzschicht lokalisiert, während für die Entfernteren eine Verteilung nach Gouy und Chapman angenommen wird. Stern geht davon aus, dass sich am absoluten Nullpunkt der Temperatur alle Gegenionen auf der Partikeloberfläche befinden müssen, und somit das Potenzial sehr steil auf Null abfällt. Erst die temperaturabhängige Diffusion vermag die Gegenionen von der Oberfläche abzulösen. Zusammen heißen innere und äußere Helmholtzschicht Sternschicht. Die Ionen der Sternschicht sind fest an das Partikel gebunden. An die Sternschicht schließt sich eine mit dem Teilchen mitbewegte diffuse Schicht aus Ko- und Gegenionen an. Innerhalb dieser nimmt das Potenzial gemäß Gouy-Chapman ab. In dem Sternschicht-Modell werden die Ionen nicht mehr als punktförmig angenommen, sondern haben, insbesondere, weil sie solvatisiert sind, einen Radius bis zu 0,5nm. D.h. sie können der Partikeloberfläche nicht näher kommen als eine bestimmte Distanz. Entweder ist nun diese Region an der Oberfläche ladungsfrei oder aber es werden Ionen in dieser Schicht adsorbiert. Adsorbierte Ionen sind nicht mehr solvatisiert und haben einen Radius von ca. 0,1nm und werden daher im Modell in erster Näherung als Punktladungen behandelt. 2.3. Bewegung kolloidaler Partikel im elektrischen Feld 15 2.3. Bewegung kolloidaler Partikel im elektrischen Feld Der in diesem Kapitel beschriebene aktuelle theoretische Kenntnisstand bezieht sich nur auf ungeordnete, unstrukturierte Suspensionen. Theoretisch kann die Bewegung eines einzelnen Partikels in elektrischen Feldern weitgehend erklärt werden. Liegt zusätzlich Elektroosmose in der Zelle vor, so muss deren Einfluss auf die Partikelbewegung berücksichtigt werden. 2.3.1. Elektrophorese Wie schon in der Einleitung, Kapitel 1, erwähnt, bewegt sich das Partikel im r r elektrischen Feld E mit der Geschwindigkeit v = μ ⋅ E . μ ist die elektrophoretische Mobilität. Im stationären Fließzustand wird die auf das Partikel wirkende elektrische Kraft durch die 3 Kräfte, Reibungskraft, Retardation und Relaxation, ausgeglichen. Die allgemeinste theoretische Beschreibung der Bewegung von O’Brien und White [5] berücksichtigt all diese Krafteinwirkungen auf das Partikel, die in dem jeweiligen κaBereich und ζ-Potenzialbereich unterschiedlich stark wirken, da sie von der Ausdehnung der Doppelschicht abhängen. Ziel der Theorien ist es einen Zusammenhang zwischen der Mobilität und dem ζ-Potenzial zu finden. Die Helmholtz und Smoluchowski Näherung [30, 31] Im κa>>1 Bereich ist die Doppelschicht sehr dünn im Vergleich zum Durchmesser des Partikels. Während die hydrodynamische Reibungskraft nicht beeinflusst wird von der Dicke der Doppelschicht und somit unabhängig von κa ist, hängt die Retardation, die elektrophoretische Bremsung, sehr wohl von ihr ab. Retardation bedeutet, dass die Ionen in der Doppelschicht, die sich ebenfalls im elektrischen Feld bewegen, das Suspensionsmittel mit sich ziehen, während die Partikel in die andere Richtung wandern. Dies führt zu einer zusätzlichen Reibung. Die Abhängigkeit der Retardation von der Größe der Doppelschicht kann folgendermaßen erklärt werden. Vor und hinter dem isolierenden Teilchen ist die Stromliniendichte minimal, diesen κa>>1 Fall zeigt Abb.(2.2.b). Hier ist also das Feld auf Null abgefallen. Ionen, die sich vor und hinter dem Partikel befinden, liefern bei dieser Feldverteilung keinen Beitrag zur elektrophoretischen Bremsung, Retardation. Dass die Ionen an den Seiten von Abb.(2.2., b) dafür eine größere Kraft erfahren, kann den Effekt nur teilweise kompensieren, so dass sich hier im ganzen eine geringere Bremsung erfolgt als im Debye-Hückel Fall, in diesem ist κa<<1, siehe auch Abb.(2.2.a), wo die Feldlinien durch das Partikel nicht beeinflusst werden. 2. Elektrokinetik 16 Abb.2.2.a, b E-Feldlinien Verlauf um ein Partikel mit großer Doppelschicht im Vergleich zur Partikelgröße a) und kleiner Doppelschicht b). Dieser unterschiedliche Verlauf erklärt den verminderten Einfluss der Retardation auf die Partikelbewegung im Fall b). Näheres: Siehe Text. Smoluchowski [31] stellte fest, dass dieses Problem, den lokalen Ionenfluss in der Doppelschicht zu beschreiben, dasselbe ist wie im Fall der Elektroosmose an einer planaren Wand, vorausgesetzt, man setzt den Bezugspunkt auf das Partikel. Denn während man sich bei der Berechnung der Elektroosmose für die Bewegung der Ionen im E-Feld entlang einer geladenen Wand interessiert, möchte man bei der Berechnung der Retardation die bremsende Wirkung des Ionenflusses, der an der Oberfläche des Partikels vorbeizieht, bestimmen. Er schlussfolgerte, dass der Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit und Feld bis auf das Vorzeichen derselbe sein müsse: v= eς η E (2.16.) η ist die Viskosität des Mediums, in dieser Arbeit die des Wassers. Die Berechnung dieses Zusammenhangs befindet sich im Kapitel 2.3.2. Im Vergleich mit Gleichung (2.28.) fällt das Vorzeichen weg, weil man nicht an der Bewegung der Flüssigkeit, sondern an der des Partikels interessiert ist. Die Mobilität bestimmt sich daher zu: μ= ες η (2.17.) Debye-Hückel Näherung Debye-Hückel [32] untersuchten den anderen Grenzfall einer sehr großen Doppelschicht: κa<<1. Wie in Abb.(2.2.,a) zu sehen ist, sind die Feldlinien in diesem Fall so gut wie unbeeinflusst vom Partikel. Die elektrische Kraft wird daher durch die viskose Reibung und die Retardation gleichermaßen ausgeglichen. Die Retardation ist in ihrem Einfluss nicht eingeschränkt: μ= v Q 2ες = ≈ E 6πηa 3η Q ist die Ladung. (2.18.) 2.3. Bewegung kolloidaler Partikel im elektrischen Feld 17 Henry Näherung Henry, [33], suchte eine Verbindung zwischen den beiden Extremfällen durch eine genauere Untersuchung des Partikeleinflusses auf die Feldlinien in ihrer Nähe. Die Abhängigkeit der Mobilität von der Doppelschichtdicke, die den Feldlinienverlauf in Partikelnähe verändert, betrachtete er aber unter der Annahme, dass die Ladungsdichte unbeeinflusst vom angelegten Feld sei. Diese Annahme ist nur für genügend kleine ζPotenziale zutreffend. Durch Lösen der Stokesgleichung mit den Randbedingungen, dass die Geschwindigkeit weit weg vom Partikel gegen Null tendiert und dass die Nettokraft auf das Partikel Null ist, fand er für die Mobilität: μ= 2ες f1 (κa) 3η (2.19.) f1(κa) ist eine monoton steigende Funktion, die von 1,0 bei κa=0 auf 1,5 bei κa= ∞ ansteigt. Für kleine κa erhält man den Debye–Hückel Fall zurück, bei hohen κa die Smoluchowski-Näherung. Numerische Berechnung der Mobilität von O´Brien und White, das Standardmodell der Elektrokinetik In den bisherigen Näherungen wurde die Polarisation der Doppelschicht in elektrischen Feldern nicht berücksichtigt. Dieser als Relaxation bezeichnete Effekt kann folgendermaßen erklärt werden: Befindet sich ein geladenes Partikel mit seiner Ionenwolke im elektrischen Feld, so verschieben sich die Ladungsschwerpunkte von Partikel und Ionenwolke. Es entsteht ein Dipol. Das Partikel wird durch seine entgegengesetzt geladene Ionenwolke in seiner Bewegung abgebremst. Man nennt das den Relaxationseffekt, weil es sich beim Auf- und Abbau der Ionenatmosphäre um eine Relaxation in eine neue Gleichgewichtsverteilung handelt. O`Brien und White, [5], haben die exakte Lösung der linearisierten Differentialgleichungen, welche die Bewegung eines Partikels in elektrischen Feldern unter Berücksichtigung der bremsenden Kräfte, Reibung, Retardation und Relaxation, beschreibt, numerisch berechnet und somit Zugang zur Mobilität für jedes ζ-Potenzial und beliebiges κa erhalten. Die gekoppelten Differentialgleichungen, welche zu lösen sind, heißen: a) Poisson Gleichung: 4π ∇ 2Φ(r ) = − ρ (r ) (2.20.) ε b) Kräftegleichgewicht: η∇ 2v − ∇p = ρ∇Φ (2.21.) c) Ionen-Erhaltungsgleichung: ∇(k BT∇ni + zi eni∇Φ − N Ae 2 zi Λ0i ni v) = 0 (2.22.) 2. Elektrokinetik 18 Abb.2.3.a, b Standardmodell der Elekrokinetik nach O´Brien und White. Aufgetragen sind die reduzierten Mobilitäten μred gegen die Potenziale ζred für eine Schar verschiedener κa-Werte. Der hier interessante κa-Bereich ist in a) dargestellt und zeigt ein sättigendes Verhalten der Mobilität. Bei höheren κa-Bereichen, b), ist der Zusammenhang zwischen μred und ζred nicht mehr eindeutig. p(r ) ist der Druck im Elektrolyten und Λ0i die Leitfähigkeit der Ionensorte i. Die Vorraussetzung, damit obige Differentialgleichungen linearisiert werden dürfen, ist, dass das äußere Feld klein ist im Vergleich mit den Feldern, die in der Doppelschicht wirken. Die letzteren sind von der Größenordnung: ζκ. Obige Lösung ist also nur gültig, wenn die Bedingung E << ςκ gilt. In diesem Fall ist die, das Partikel umgebende, Ladungswolke nur ein bisschen gestört durch das äußere Feld und die Bewegung des Partikels. Das ist auch der Grund, warum der Zusammenhang zwischen E und v linear ist für schwache Felder. Weiterhin wird in dieser Theorie angenommen, dass sich die in der Sternschicht adsorbierten Ionen mit dem Partikel bewegen. Eine „anormale“ Oberflächenleitfähigkeit in der Sternschicht wird also nicht berücksichtigt. Abb.(2.3.) zeigt das Ergebnis der numerischen Kalkulation für kleine κa bis 3 und große κa>3. In dieser Auftragung wird die reduzierte Mobilität gegen das reduzierte ς red Potenzial dargestellt. Beide Größen sind einheitenlos und sollen unabhängig von den herrschenden Versuchsbedingungen, wie Temperatur, Viskosität und Dielektrizitätszahl der Suspension sein: 3ηe μ 2ε rε 0 k BT eς = k BT μ red = (2.23.) ς red (2.24.) µred 2.3. Bewegung kolloidaler Partikel im elektrischen Feld 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0,01 19 ζred=1 0,1 1 10 100 1000 κa Abb.2.4. SEM-Modell in der Auftragung μred gegen κa für ζred -Potenziale zwischen 1 und 12. Diese sind als Äquipotenziallinien eingetragen. Abb.(2.3., a) für kleine κa zeigt den für diese Arbeit relevanten Bereich. Man erkennt, dass bei der Kurvenschar κa>1 die Mobilität mit zunehmenden ς red -Potenzial sättigt. Das erklärt, warum man in der Auftragung Abb.(2.4.) ein verbotener Bereich existiert, in dem keine Messpunkte liegen dürfen. In Abb.(2.4.) wird μred gegen κa aufgetragen. Das ζred -Potenzial ist in Äquipotenziallinien eingetragen. Man erkennt, dass die Äquipotenziallinien im κa=1 Bereich, aufgrund der Sättigung der Mobilität, nahe zusammenliegen. Oberhalb der ζred =12-Linie können in diesem Bereich keine Potenziallinien mehr liegen. Das ist der verbotene Bereich. Der Einfluss der Relaxationskraft spiegelt sich in Abb.(2.4.) im mittleren κa-Bereich und bei hohen ς red Potenzialen wieder. Dynamisches Standardmodell Saville stellt in seinen Artikeln [34, 35] über das dynamische Standardmodell dar, dass ein Ionentransport innerhalb der Sternschicht, was von Dukhin anormale Oberflächenleitfähigkeit [36] genannt wurde, die elektrophoretische Mobilität verringern kann. Und zwar wird durch das angelegte elektrische Feld die Doppelschicht polarisiert. Da es ein lokales Gleichgewicht zwischen den in der Sternschicht adsorbierten Ionen und denen in der Doppelschicht gibt, bedeutet eine Polarisation der Doppelschicht eine Polarisation der Oberflächenladungsdichte. Diese Konzentrationspolarisation ruft ein tangentiales elektrisches Feld hervor, das die treibende Kraft des Oberflächenstroms ist, der die dielektrizitische Respons der Suspension, also das Dipolmoment des Partikels, verstärkt und damit die Mobilität verringert. Die Dielektrizitätskonstante und die Leitfähigkeit werden dagegen erhöht. 20 2. Elektrokinetik Abb.2.5. Einfluss der anormalen Oberflächenleitfähigkeit, OFL, auf die Mobilität der Partikel ausgedrückt durch das Verhältnis von μ(mit OFL)/μ(ohne) in Abhängigkeit von der Wechselfeldfrequenz. Die hier interessante Kurve ist A mit der geringsten Elektrolytekonzentration von 5x10-5M. Diese kommt dem vollentsalzten Zustand 2x10-7M am nächsten. Der Einfluss der OFL ist folglich minimal. Mangesldorf und White untersuchen in ihrer Veröffentlichung [37] den Einfluss eines mobilen Sternlayers (Oberflächenleitfähigkeit (OFL) vorhanden) in Abhängigkeit von den Parametern ζ, f, κa. Sie stellen hierzu das Verhältnis µ(OFL)/µ(keine OFL) für verschiedene κa gegen ζ oder die Wechselfeldfrequenz f dar. Der hier interessante Fall ist κa=1. Diese Kurve ist in Abb.(2.5.) mit A bezeichnet. Wie man erkennen kann, ist bei dieser geringen Elektrolytekonzentration von 5x10-5M der Einfluss der OFL nicht größer als 2%. Das liegt daran, dass wegen der geringen Ionenkonzentration auch nur wenige Ionen im Sternlayer absorbiert sein können und so der Effekt der OFL gering ist. Die Experimente in dieser Arbeit wurden bei κa<<1 durchgeführt. Ein Einfluss der anormalen Oberflächenleitfähigkeit ist daher nicht sehr wahrscheinlich. 2.3.2. Elektroosmose Elektroosmose ist eine Bewegung der Flüssigkeitsmoleküle induziert durch das elektrische Feld. Je nach Wahl der Geometrie der Elektrophoresezelle muss bei der Bestimmung der Partikelgeschwindigkeit der Einfluss der Elektroosmose auf die Bewegung der Partikel berücksichtigt werden. In dieser Arbeit werden rechteckige Flachzellen aus Quarzglas der Firma Rank benutzt, siehe Abb.(2.6.a): 2.3. Bewegung kolloidaler Partikel im elektrischen Feld 21 Abb.2.6.a,b a)Rechteckige Flachzelle vom Typ Rank. (X, Y, Z)= (1, 10, 40)mm. Die Elektroden sitzen in den runden Seitenarmen, Durchmesser der Seitenarme: 10mm. Der Elektrodenhalter ist eine Eigenkonstruktion und dient gleichzeitig als Verbindungsstück zum Pumpkreislauf. b) Ausrichtung der Messzelle im Raum. Der Ursprung liegt in der Zellmitte. Die Z-Richtung ist die Richtung des E-Feldes. X ist die Zelltiefe von 1mm. Y ist die Zellhöhe von 10mm. Die Maße der verwendeten Zellen sind in Tab.(2.1.) tabelliert. Überprüft wurden die Maße der Zellen Z1) und Z2) unter dem Mikroskop. deff ist der effektive Elektrodenabstand. In Kapitel (4.4.3.) wird beschrieben, wie er bestimmt wird. Die Ausrichtung der Zelle im Raum, siehe Abb.(2.6.b), ist für das Verständnis der Arbeit wichtig. Der Ursprung des Koordinatensystems liegt in der Zellmitte. Das E-Feld und somit die Fließrichtung der Partikel ist die Z-Richtung. Die Zellhöhe liegt in YRichtung und die Zelltiefe, oder auch Zelldicke genannt, liegt in X-Richtung. In diesen Zellen tritt Elektroosmose auf. Die Bestimmung der Partikelgeschwindigkeit in der fluiden Phase ist aber dennoch theoretisch und experimentell erschlossen, [38, 39, 11], siehe auch Kapitel 4.5. (X/ Y/ Z) mm deff/cm Z1) (1/ 9,6/ 40) 8,55 Z2) (0,5/ 10/ 40) 5,55 Z3) (0,5/ 10/ 40) 6,15 Z4) (1/ 10/ 40) 7,8 Z5) (1/ 10/ 40) 8,1 Z6) (0,5/ 10/ 40) 6,0 Tab.2.1. Auflistung der verwendeten Elektrophoresezellen der Elektrodenabstand. Mehr Details über deff in Kapitel 4.4.3. Firma Rank. deff ist der effektive 2. Elektrokinetik 22 Abb.2.7. Zelltyp Uzgiris. Vorteil: Die Glaswände befinden sich nicht zwischen den Elektroden. Eine andere Zellgeometrie, in der Elektroosmose ausgeschlossen werden kann, ist die von Uzgiris, [40], siehe Abb.(2.7.). Ihr Nachteil ist ein stärkerer Einfluss der Elektrodenpolarisation wegen des wesentlich kleineren Elektrodenabstandes. Zellen dieses Typs wurden daher hier nicht verwendet, insbesondere weil mit sehr kleinen Wechselfeldfrequenzen gearbeitet wurde. Die Ursache für Elektroosmose ist, dass eine in Wasser getauchte Glaswand negativ geladen ist. Der Grund hierfür ist die Dissoziation von SiOH-Gruppen in die Lösung oder die Adsorption von OH- Ionen an die Oberfläche. An dieser negativ geladenen Wand bildet sich eine Doppelschicht bestehend aus den positiven Gegenionen. In einem elektrischen Feld, das parallel zur Wand liegt, fließen die Ionen zur Kathode. Diese Bewegung der Ionen treibt die Flüssigkeit in der Doppelschicht an, was sich in Richtung Zellmitte fortsetzt. Die Ladungsdichte ändert sich dabei nicht, weil das Feld parallel zur Wandoberfläche ist. Die Kraft auf die Flüssigkeit wird berechnet durch: F = ρE = −ε r ε 0∇ 2ΦW E (2.25.) ΦW ist das Potenzial der Glaswand. In einem Kräftegleichgewicht gilt: ηd 2v1 dx2 2 = − ρE = ε r ε 0 d 2 ΦW E 2 dx2 (2.26.) x1 ist dabei parallel zur Fließrichtung entlang der Wand und x2 ist senkrecht zur Wandoberfläche. Gleichung (2.26.) gilt, wenn kein Druckgradient vorhanden, die Zelle also offen ist. Zweifache Integration unter Berücksichtigung der Scherebene, an der die Geschwindigkeit der Flüssigkeit Null ist, liefert: ηv1 = ε 0ε r (ΦW − ζ ) E (2.27.) ζ ist das Gleichgewichtspotenzial an der Scherebene. Die genaue Lage von ζ ist nicht bekannt. Man vermutet es am äußeren Rand der Adsorptionsschicht. Außerhalb der Doppelschicht fällt das zu ihr gehörige Potenzial ΦW auf Null ab. Der Grenzwert der Flüssigkeitsgeschwindigkeit wird also außerhalb der Doppelschicht erreicht und hat den Wert: vEO = −εε 0ζ ⋅ E /η (2.28.) 2.3. Bewegung kolloidaler Partikel im elektrischen Feld 23 Wie Overbeek [41] zeigen konnte, gilt dieser Zusammenhang auch für poröse Medien mit dünnen Doppelschichten, also zum Beispiel kolloidale Suspensionen höherer Konzentration. Allerdings wird in solchen Medien das Feld E durch die Partikel lokal gestört. Gleichung (2.28.) ist dann nur gültig, wenn das lokale Feld eingesetzt wird. Die makroskopische elektroosmotische Geschwindigkeit in solchen Suspensionen ist daher durch den Mittelwert <vEO> gegeben: < vEO >= − ε r ε 0ς 1 EdV η V V∫ (2.29.) wobei V das Probenvolumen ist. Dieses Integral kann ausgewertet werden, in dem man die makroskopische Stromdichte <i> misst: < i >= σ V ∫ EdV (2.30.) V Kombiniert man Gl.(2.29.) und Gl.(2.30.), so erhält man einen Zugang ζ-Potenziale von Glaswänden in porösen Medien zu messen. Zeitliche Entwicklung des elektroosmotischen Profils in einer geschlossenen Zelle Söderman und Jönsson [42] haben die zeitliche und räumliche Entwicklung des elektroosmotischen Profils in einer geschlossenen Zelle, bestehend aus zwei unendlich ausgedehnten parallelen Platten, unter Berücksichtigung des Gegenflusses berechnet. Ihr Modell wird in dieser Arbeit benutzt, um die elektroosmotische Ausbreitung in der Elektrophoresezelle abzuschätzen. In einer bereits etwas vereinfachten Version ihres Models bewegt sich die Flüssigkeit in der Doppelschicht der Glaswand von Anfang an mit vEO und übt Reibung auf benachbarte Schichten aus. Die Gleichung, die dieses beschreibt, lautet: ρH ∂v( y, t ) ∂ 2v( y, t ) = η 2O ∂t ∂y 2 (2.31.) mit der Randbedingung: v ( ± L) = − ε rε 0 ζE (t ) , y= L: Wandoberfläche. η ρ H O ist die Dichte des Wassers und L ist die Länge der Zelle. 2 Der Vorteil dieser Vereinfachung ist, dass gepulste Felder und Gegenflüsse berücksichtigt werden können. Der Nachteil liegt darin, dass man keine detaillierte Beschreibung für kurze Zeiten und kleine Abstände zur Oberfläche erhält. Berücksichtigt man Gegenflüsse, die in einer geschlossenen Zelle vorkommen müssen, damit der Nettofluss in der Zelle Null sein kann, so muss Gleichung Gl.(2.31.) zu einer vom Typ Navier-Stokes modifiziert werden. Diese kann gelöst werden, da der 2. Elektrokinetik 24 Druckgradient als zeitabhängige aber koordinatenunabhängige Funktion geschrieben werden kann. Die Lösung lautet: v( y, t ) = K 0c ( [ [ ] ∞ 3 y 2 − L2 ) + K nc ( F ( S n y ) − Fn ) + Lcn (G ( S n y ) − Gn ) cos(nω 0 t + ∑ 2 L2 n =1 ] + Lcn ( F ( S n y ) − Fn ) − K nc (G ( S n y ) − Gn ) sin(nω 0 t ) (2.32.) mit: K 0c = 0 K nc = − Lcn = [ Lcn G ( S n L) − Gn F ( S n L) − Fn [ ] ] [F (S L) − G ] [F (S L) − F ] + [G(S L) − G ] n 2 n n 2 n n n 4 nπ nπ sin( ) sin( α )vmax nπ 2 2 cosh( S n L) sin( S n L) + sinh( S n L) cos( S n L) 2S n L cosh( S n L) sin( S n L) − sinh( S n L) cos( S n L) Gn = 2S n L F ( x) = cosh( x) cos( x) Fn = G ( x) = sinh( x) sin( x) S n = ( ρ H 2Oω 0 /(2η )n α gibt den Bruchteil an, den das Feld in einer Sequenz angeschaltet ist, ω0 ist die Kreisfrequenz des rechteckförmigen Feldes und v max ist die maximale elektroosmotische Geschwindigkeit, also vEO. Die Bestimmung der zeitabhängigen Geschwindigkeit wurde in ein C-Programm umgesetzt. Abb.(2.8.) zeigt die zeitliche Entwicklung des Profils bei einem Wandabstand von 10mm. Dies entspricht dem Y-Abstand der Elektrophoresezelle. 1,0 dX=10mm 0,8 Feldeinschalten 0,4 vred=v/vmax vred=v/vmax 0,6 0,2 0,0 -50msec 50msec 0.5sec 1sec 1.5sec 2sec 3sec -0,2 -0,4 -1 0 1 2 3 X/mm 4 5 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 -0,2 -0,4 -0,6 -0,8 dX=10mm Feldumschalten 0sec 0.2sec 0.5sec 0.9sec 1.3sec 1.8sec 2.5sec 3.2sec -1 0 1 2 3 X/mm 4 5 Abb.2.8.a, b Zeitliche Entwicklung des Elektroosmose-Profils in einer Zelle mit 10mm Wandabstand. In der anderen Richtung, X, wird die Zelle als offen betrachtet. a) Profilaufbau nach Feldeinschalten. b) Profilaufbau nach Feldumschalten. Nulldurchgang liegt stets bei X=3mm. Endzustand wird nach 3,5sec erreicht. 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 -0,2 -0,4 -0,6 dX=1mm Feldeinschalten vred=v/vmax vred=v/vmax 2.3. Bewegung kolloidaler Partikel im elektrischen Feld -10msec 10msec 20msec 30msec 90msec 1sec -0,1 0,0 0,1 0,2 0,3 X/mm 0,4 0,5 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 -0,2 -0,4 -0,6 25 dX=1mm Feldumschalten 0sec 10msec 20msec 30msec 0.1sec 1sec -0,1 0,0 0,1 0,2 0,3 X/mm 0,4 0,5 Abb.2.9.a, b Zeitliche Entwicklung des Elektroosmose-Profils in einer Zelle mit 1mm Wandabstand. In der anderen Richtung, Y, wird die Zelle als offen betrachtet. a) Profilaufbau nach Feldeinschalten. b) Profilaufbau nach Feldumschalten. Nulldurchgang liegt stets bei X=0,3mm. Endzustand wird nach 90msec erreicht. Abb.(2.8.,a) stellt das Verhalten beim Anschalten des Feldes dar, während Abb.(2.8.,b) die Veränderung des Profils bei Umkehrung der Feldrichtung erklärt. Nach Anschalten des Feldes baut sich das Profil innerhalb von 3,2sec auf. Das endgültige Profil hat eine parabolische Form, mit dem Nulldurchgang bei Y=3mm (Y=0mm entspricht der Zellmitte). Da der Nettofluss Null sein muss, sind Flächen oberhalb und unterhalb der Nulllinie stets gleich. In Wandnähe ist das Profil von Anfang an sehr stark entwickelt. Zwischen 0sec und 100msec ist dort bereits eine starke Zunahme der Geschwindigkeit zu sehen. Nach der Richtungsumkehr des Feldes braucht das elektroosmotische Profil 900msec, um in der Mitte der Zelle die Richtung umzukehren. Nach 3sec hat sich das neue parabolische Profil ausgebildet. An der Wand dreht sich die Bewegungsrichtung wiederum sehr schnell in einigen 100msec. In der dünnen Zellrichtung X=1mm entwickelt sich das Profil wesentlich schneller, wie in Abb.(2.9.) zu sehen ist. Sowohl im Fall des Feldeinschaltens wie auch im Fall der Richtungsumkehr hat sich das Profil innerhalb von 60msec fast komplett ausgebildet. Nach 20msec-30msec weicht das Profil in der X-Mitte in beiden Fällen bereits deutlich von der Nulllinie ab. Die Messung der Partikelgeschwindigkeit wird in dieser Arbeit zu meist zu einem Zeitpunkt durchgeführt, wenn das elektroosmotische Profil bereits komplett ausgebildet ist. Es ist dann der Einfluss der elektroosmotischen Geschwindigkeit auf die der Partikel zu beachten. In einer ungeordneten oder fluid geordneten kolloidalen Probe wird die lokale Partikelgeschwindigkeit vEK(x,y) durch Addition der ortsabhängigen elektroosmotischen Geschwindigkeit vEO(x,y) und der eigentlichen Partikelgeschwindigkeit vE bestimmt. In einer Zelle, bestehend aus 2 parallelen Platten, ist das Fließprofil noch sehr leicht nachzuvollziehen, da die Y-Richtung nicht beachtet werden muss. Wie Söderman et al. [42] gezeigt haben, ist das elektroosmotische 2. Elektrokinetik 26 Geschwindigkeitsprofil parabolisch. Das Fließprofil der Partikel ist demnach ebenfalls parabolisch, siehe Abb.(2.10.). Der Einfluss der Y-Richtung wird weiter unten erläutert. Eine mögliche lokale Verzerrung des elektroosmotischen Profils aufgrund der Partikeleinwirkungen (Einfluss der Ionenströme in der Doppelschicht der Partikel, bzw. lokale E-Feldstörungen wegen der Partikel) wird in der Auswertung nicht berücksichtigt. Da das fluide Geschwindigkeitsprofil der Partikel in X-Richtung bekannt ist, lässt sich die Geschwindigkeitsverteilung Pv(vEK) für diese Richtung berechnen. Diese spielt in der Auswertung der Spektren eine große Rolle, weil die Spektren als Geschwindigkeitsverteilungen interpretiert werden können. Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung Electroosmotisches Profil: vEO(X) 100 Partikelgeschwindigkeitsprofil: vEK(X) P v(v) Geschwindigkeitsverteilung: Pv(vEK) 50 0 -4 -2 x/ 1 0 00 µ m vE 0 2 4 -50 50 vMittelwert v Abb.2.10. Addition des parabolischen elektroosmotischen Profils vEO(x), grüne Linie, und der ortsunabhängigen Partikelgeschwindigkeit vE ergibt das gemessene parabolische Partikelfließprofil vEK(x), rote Linie. Der Schwerpunkt der Geschwindigkeitsverteilung Pv(v), blaue Linie, gibt die eigentliche Partikelgeschwindigkeit wieder. Die Anzahl der Partikel, die sich mit der Geschwindigkeit vEK bewegen, ist proportional zu dx dvEK , daher muss dies auch für Pv(vEK) gelten. Das Partikelfließprofil setzt sich zusammen aus dem parabolischen Fließprofil ortsunabhängigen Partikelgeschwindigkeit: vEK ( x) = vE + ⎞ vEO ⎛ x 2 ⎜⎜ 3 2 − 1⎟⎟ 2 ⎝ d ⎠ der Elektroosmose und der (2.33.) vEO ist in Gl.(2.33.) die maximale elektroosmotische Geschwindigkeit vEO = vEO ( x = d ) = vmax . Gl.(2.33.) gilt exakt, wenn die Zelle aus 2 parallelen Platten besteht. Für h k= > 20 (h= Höhe der Zelle, d= Dicke). d (2.34.) 2.3. Bewegung kolloidaler Partikel im elektrischen Feld 27 liefert die Formel noch eine gute Näherung. Aus ihr lässt sich Pv(vEK) ableiten: − 1 1 Pv (vEK ) = (6vEO ) 2 (−vE + vEK + vEO − 2 ) . 2 (2.35.) Das Profil theoretisch exakt hat Komagata [38] berechnet, siehe auch Erklärung weiter unten: ⎛ x2 ⎞ ⎜ 1− 2 ⎟ d ⎟ ⎜ vEK ( x) = vE + vE 0 1 − 3 (2.36.) 384 ⎟ ⎜ 2− 5 ⎟ ⎜ π k⎠ ⎝ In vereinfachter Form: vEK ( x) = vE + ⎞ vEO ⎛ x 2 ⎜⎜ 3 2 − e ⎟⎟ 2 ⎝ d' ⎠ (2.37.) mit: d2 2 384 C =2− 5 π k 6 e= −2 C Aus Komagatas Formel ergibt sich folgende Geschwindigkeitsverteilung: d ′2 = C 1 (2.38.) 1 e − v − Pv (vEK ) = (4vEO (1 + )) 2 (−vE + vEK + EO ) 2 2 2 (2.39.) Erklärung zu Komagatas exakten Geschwindigkeitsprofilberechnung in X-Richtung, Y=0mm Komagata berechnet in seiner Formel Gl.(2.36.) das exakte Profil in X-Richtung in der Zellmitte Y=0mm. Da er von realen Zellen ausging, musste er bei den Berechnungen das elektroosmotische Profil der Y-Richtung mitberücksichtigen. Nur im Fall einer in Y-Richtung unendlich ausgedehnten Zelle, also zweier paralleler Platten, ist das Profil in Y-Richtung flach und spielt in der Mittelwertbildung keine Rolle. Entscheidend für das Fließprofil in der Zelle ist daher das Verhältnis von Zellhöhe zu Zelldicke. Der Einfluss, den das Verhältnis k= Höhe/Dicke auf die X-Profile in Y=0mm hat, zeigt Abb.(2.11.). Diese wurden mit Komagatas Formel berechnet. Im Fall zweier paralleler Platten, k→∞, ist die maximale Geschwindigkeit in X=0µm am kleinsten. Die Nulldurchgänge des Profils verschieben sich mit kleiner werdendem k zu höheren XWerten. Gleichzeitig nimmt die Maximalgeschwindigkeit zu. Während im Fall zweier paralleler Platten die Integration der Flächen unter den Kurven zeigt, dass in Y=0mm der Nettofluss Null ist, nimmt in den anderen Fällen der Betrag des Nettoflusses mit abnehmenden k zu. 2. Elektrokinetik 28 k=0,5 (k<1 nicht erlaubt) k=5 k=10 k=20 parallele Platten k=100 600 vEO/µms -1 400 200 0 -200 -400 -6 -4 -2 0 2 4 6 X/100µm Abb.2.11. Der Einfluss von Komagatas Parameter k=Höhe/Dicke auf das exakte elektroosmotische X-Profil, vEO=500µms-1, in Y=0mm in einer geschlossenen Zelle zeigt, dass das Geschwindigkeitsmaximum umso ausgeprägter wird, desto kleiner k ist. Gleichzeitig verschiebt sich der Nulldurchgang mehr zu größeren X-Werten. Werte k<1, d.h. Vertauschen Höhe ↔ Dicke, ist nicht erlaubt. Das bedeutet, dass man zwar an den neuen Nulldurchgängen des elektroosmotischen Profils die Partikelgeschwindigkeit messen kann, der Schwerpunkt des Profils aber nicht beim Nulldurchgang liegt. Die Vorstellung, dass man den Schwerpunkt eines Spektrums, das stets in X-Richtung gemessen wird, zur Partikelgeschwindigkeitsberechnung verwendet kann, ist also nicht korrekt. Es muss stets die Y-Richtung ebenfalls berücksichtigt werden, so wie in Komagatas Profilberechnung. Die hier betrachteten Überlegungen zum elektroosmotischen Fließprofil gelten für ungeordnete oder fluide Systeme. In der kristallinen Phase ist der Einfluss der Elektroosmose weniger offensichtlich, wie in Kapitel 5 gezeigt wird. Das liegt zum einen daran, dass der Polykristall sich als Block durch die Zelle bewegt und zum anderen, dass der Polykristall ein poröses Material darstellt, in dem sich die Doppelschichten etwas überlappen. Wie das elektroosmotische Fließprofil in einem porösen Medium aussieht, ist nicht endgültig geklärt. Man kann sich vorstellen, dass der elektroosmotische Fluss durch Bündel von Kapillaren fließt, Hunter [25]. Noch komplizierter wird der Sachverhalt, wenn die Kapillaren so dünn werden, dass sich die Doppelschichten der Kapillarwände überlappen. E-Feldverläufe sind in solchen Fällen nicht mehr zu berechnen. 3. Lichtstreutheorie 29 3. Lichtstreutheorie In einem Lichtstreuexperiment werden Ladungen, die sich im Probenvolumen befinden, im elektrischen Feld des Lichtes beschleunigt, wodurch diese ihrerseits Licht abstrahlen. Das detektierte Licht setzt sich aus einer Überlagerung und Superposition aller Streuer zusammen. Damit ist die gemessene Intensität von den Positionen der Streuer abhängig. Weiterhin translatieren und rotieren die im Probevolumen vorhandenen Partikel wegen thermaler Interaktionen, wodurch die detektierte Streuintensität fluktuiert. Die Lichtstreuung ist also eine Folge der Polarisation des Mediums durch das Feld. Das detektierbare Streulicht aber stammt ursprünglich von lokalen Fluktuationen der Dielektrizitätskonstanten. Sind diese nicht vorhanden, sind also alle Subregionen der Probe optisch identisch, so findet man zu jeder Subregion eine andere, deren Streulicht dieselbe Amplitude aber umgekehrte Phase hat. Das Streulicht löscht sich dann durch Interferenzen gegenseitig aus. Zur Messung der dynamischen Fluktuationen des Streulichts, aus denen man Informationen über die Bewegung der Partikel gewinnt, werden in der dynamischen Lichtstreuung (DLS) Lichtmischtechniken eingesetzt. Hier wird entweder das Streulicht, das von einem oder auch von verschiedenen Partikeln stammt mit sich selbst korreliert. Dies nennt man homodyne Lichtstreuung. Oder aber das Streulicht wird mit Licht eines Referenzstrahles überlagert. Diese Technik, genannt heterodyne Lichtstreuung, wird in dieser Arbeit zur Bestimmung der elektrophoretischen Partikelgeschwindigkeit verwendet. Wird zusätzlich die Frequenz des Streulichtes oder des Referenzstrahles um einen konstanten Betrag, z.B. ΔνBragg=2kHz, erhöht, so kann hierdurch das gemessene Spektrum um den entsprechenden Betrag in der Frequenz verschoben werden. Zur Frequenzverschiebung des Lichts werden Braggzellen eingesetzt. Die genaue technische Realisation wird in Kapitel 4.1. beschrieben. Diese erweiterte heterodyne Technik wird in der hier vorliegenden Arbeit superheterodyne Lichtstreuung genannt. Alle anderen in diesem Kapitel benutzten Begriffe und Definitionen halten sich an die Vorgaben aus der Literatur [43, 44]. 3. Lichtstreutheorie 30 3.1. Statische Lichtstreuung In der statischen Lichtstreuung (SLS) wird die zeitlich gemittelte Streulichtintensität als Funktion des Winkels gemessen. Eine prinzipielle Streuanordnung zeigt Abb.(3.1). Streuprobe r ki Θ r ki Θ r kf r kf Abb. 3.1.a, b r q r Prinzipielle Streuanordnung einer homodynen Messung für SLS und DLS. ki ist der Wellenvektor des r einfallenden Lichtes. k f ist der Wellenvektor des gestreuten Lichtes, θ der Streuwinkel. Daraus ergibt sich der Streuvektor r q , definiert als Impulsübertrag auf das gestreute Photon. Eine Ebene Welle rr r r r Ei (r , t ) = E0 exp i (ki r − ωit ) ( ) (3.1.) mit dem Wellenvektor r 2π ) ki = ki λi (3.2.) läuft in das Medium mit dem Brechungsindex n ein und wird gestreut. Alle Vektoren r mit einem Dach, k̂i , sind Einheitsvektoren. E 0 gibt durch seinen Betrag die Feldamplitude und durch seinen Vektor die Polarisationsrichtung der Welle an. ω i ist die Kreisfrequenz und λi die Wellenlänge der einlaufenden Welle. Bei der hier betrachteten elastischen Streuung erfährt das Licht keine Frequenzänderung. Der Betrag des Wellenvektors ändert sich daher während der Streuung nicht. Die Änderung des Wellenvektors im Streuvorgang, die Differenz der r Wellenvektoren des einfallenden und des gestreuten Lichtes, wird Streuvektor q genannt: r r r q = k f − ki . (3.3.) Sein Betrag ist: r 4π r r Θ q = q = k f − ki = n sin . λ 2 (3.4.) r Θ ist der Streuwinkel. Das gestreute Feld E f setzt sich aus den Beiträgen aller N Streuzentren im Messvolumen zusammen. Bei der Überlagerung werden die (reellen) 3.1. Statische Lichtstreuung 31 Streuvermögen B(q) der verschiedenen Teilchen und die Phasen des von ihnen gestreuten Lichtes berücksichtigt: r r k 2 exp(iki R ) ˆ ˆ ˆ E f (q , t ) = i I − kf kf 4πR ( )∑ B N n =1 M n r r rr (q ) exp(iqrn (t ))E0 . (3.5.) Iˆ ist die Einheitsmatrix und R der Abstand zum Detektor. Das BnM wird als Streuamplitude bezeichnet. Der Index M soll verdeutlichen, dass dies eine Matrix ist. Für sphärische und isotrope Partikel gilt: r BnM (q ) = IˆBn (q) und Bn (q) = ∫ Vn r r r ) − ε fl ε (~ ~ exp i (ki − k f )~ dr r ε fl ( ) (3.6.) r r ε fl ist die Dielektrizitätskonstante der Flüssigkeit und δε (r ) = (ε (r ) − ε fl ) ε fl die räumliche Fluktuation der Dielektrizitätskonstanten des n-ten Partikels. ~ r ist der Vektor vom Schwerpunkt des n-ten Partikels zu einem Punkt innerhalb des Partikels, während r die rn Vektoren vom Ursprung des Koordinatensystems zum Schwerpunkt der Partikel zeigen. Die Frequenz des Lichtes, die Ortsabhängigkeit der Beleuchtung und eine zeitliche Variation von N (Anzahlfluktuationen) werden hier ebenso vernachlässigt wie mehrfach gestreutes Licht. Für isotrope Streuer (B(q)=const) ist Ef in Gleichung (3.5.) im Übergang N→∞ proportional zur räumlichen Fouriertransformation der Teilchenanordnung. Die gestreute Intensität zum Zeitpunkt t am Detektor ist: r 1 ε fl r r r * r I f (q , t ) = E f (q , t ) E f (q , t ) = 2 μ0 1 ki4 Vs = 2 (4π ) 2 R 2 ε fl 2 r r r 1 N N E0 ρ ⋅ (nˆ f nˆi ) 2 ∑∑ Bn (q) B* (q) exp(iq (rn (t ) − rm (t ) )) μ0 N n =1 m =1 (3.7.) m μ0 ist die magnetische Permeabilität (Induktionskonstante) und n̂i bzw. n̂ f die Polarisationsrichtungen des einfallenden beziehungsweise gestreuten Lichts. Zu besseren Unterscheidung wird hier die Anzahldichte der Partikel ρ genannt, statt n. Haben alle Teilchen die gleiche Streueigenschaft und wenn außerdem die Partikel sphärisch sind, kann für die in der SLS gemessene zeitlich gemittelte Streuintensität r r 1 ε f r r r* r I f (q ) = I f (q , t ) = E f (q , t ) E f (q , t ) = 2 μ0 2 N N r r r ki4 E0 Vs ε fl / μ0 2 2 1 ˆ ˆ = ρ ⋅ ( n n ) B ( q ) exp(iq (rn (t ) − rm (t )) ) ∑∑ f i 2 2 (4π ) 2R N n =1 m =1 (3.8.) 3. Lichtstreutheorie 32 geschrieben werden. Durch Erweiterung mit B(q=0)2 kann If(q) umgeschrieben werden in: r r (3.9.) I f (q ) = I f 0 ⋅ P(q) ⋅ S (q ) , mit: 2 B(q) ki4 E0 Vs ε fl / μ0 und = ρ ⋅ (nˆ f nˆi ) 2 B(q = 0) 2 , P (q ) = 2 2 B(q = 0) (4π ) 2R 2 I f0 r 1 S (q ) = N N r r ∑ exp(iq (r n , m =1 n r − rm ) ) . (3.10.) (3.11.) Der statische Strukturfaktor S(q) beschreibt die Interferenz des von verschiedenen Teilchen gestreuten Lichts. Für ungeordnete Systeme ist S(q) bei allen q gleich 1. Der Formfaktor P(q) enthält die Streucharakteristika der Partikel. Er wird in der Rayleigh-Gans-Näherung oder, für sphärische Partikel, nach der Mie-Theorie berechnet [45]. Durch Analysieren des Formfaktors können Radius und Brechungsindex der Teilchen bestimmt werden. Die oben verwendeten Klammern ... symbolisieren eine zeitliche Mittelwertsbildung. Ein mit Rauschen behafteter Messwert, wie z.B. die Streuintensität, wird durch ihren Mittelwert beschrieben: I = I (t ) = 1 t 0 +T I (t )dt T ∫t 0 (3.12.) Der Mittelwert hat erst dann Aussagekraft, wenn die Zeit T, über die gemittelt wird, größer ist als die Periode der Fluktuationen. Ist der Mittelwert unabhängig vom Zeitpunkt t0 der Mittelung, so ist I eine stationäre Größe. 3.2. Dynamische Lichtstreuung In einem Dynamischen Lichtstreuexperiment untersucht man die zeitliche Veränderung des Streulichts. Diese wird hervorgerufen durch Brownsche und z.B. auch elektrophoretische Bewegung der Teilchen in der Suspension. Diese Fluktuationen des Streulichts, die durch die Veränderungen des Speckle-Musters direkt beobachtbar sind, werden mittels der Autokorrelationsfunktion ausgewertet. Eine Autokorrelation g(τ) der Messgröße A(t), die eine komplexe Größe wie z.B. die ebene Welle E(t) sein kann, ist definiert über: 1 T * A (t ) A(t + τ )dt . T →∞ T ∫0 g (τ ) = A(t ) A(t + τ ) = lim (3.13.) In der Folgezeit ist t stets die Startzeit und τ die Zeitdauer. Diese Korrelationsfunktionen sind experimentell entweder mittels Korrelatorkarte oder durch 3.2. Dynamische Lichtstreuung 33 ihre Fouriertransformierte die spektrale Leistungsdichte IL(ω) zugänglich. In einem Experiment wird die Mittelung an einem sich in der Zeit verändernden Ensemble durchgeführt (zeitliche Mittelung). In der Theorie mittelt man über verschiedene Ensemble (räumliche Mittelung). Übereinstimmung zwischen Experiment und Theorie kann daher nur dann bestehen, wenn beide Arten der Mittelung bei dem System zum selben Ergebnis führen. Ein solches System heißt ergodisch. Durch eine zeitliche Fouriertransformation der Korrelationsfunktion erhält man die spektrale Leistungsdichte: I L (ω ) = 1 2π ∫ ∞ −∞ dτ exp(− iωτ ) A* (t ) A(t + τ ) . (3.14.) Im stationären Fließzustand kann die Startzeit t Null gesetzt, t=0, und durch eine Parametertransformation τ in t umgeschrieben werden. Die Autokorrelationsfunktion schreibt sich dann: g (t ) = A(0) A(t ) . In den folgenden Kapiteln werden auf 2 Techniken der DLS, die homodyne und die heterodyne Streuung, näher eingegangen. 3.2.1. Homodyne Lichtstreuung Abb.(3.1.a) zeigt eine homodyne Lichtstreuanordnung. Um die Intensitätsfluktuationen zu messen, die durch die Phasenverschiebungen innerhalb des Streulichts entstehen, wird in der homodynen Mischtechnik das Streulicht mit sich selbst korreliert wird. Die zugehörige Intensitätsautokorrelationsfunktion (IAKF) lautet: r r 2 r r 2 r g I (q , t ) = E f (q ,0) E f (q , t ) . (3.15.) Ef sowie gI sind in der Regel Gaußsche Variablen. Für Gaußverteilungen gilt, dass alle höheren Momente durch die ersten beiden charakterisiert sind. gI ist von 4.Ordnung und kann durch r r r r r g E (q , t ) = E *f (q ,0) E f (q , t ) , (3.16.) die Feldautokorrelation FAKF, die von 2.Ordnung ist, ausgedrückt werden: r r 2 r 2 g I (q , t ) = g E (q ,0) + g E (q , t ) (Siegert Relation). (3.17.) Die obige Beziehung ist nur gültig unter der Annahme, dass das Probevolumen in statistisch unabhängige Subregionen aufgeteilt werden kann, Gaußverteilung, und dass die Anzahl der Korrelationsvolumen (Subregionen) groß genug ist, damit das Zentrale Grenzwert Theorem erfüllt ist. gE(q,0) ist ein DC-Term und bestimmt die Basislinie. gE(q,τ) ist in der Regel eine exponentiell abfallende Funktion 3. Lichtstreutheorie 34 t 1 1 g E (t ) = ∑ ai exp(− ) ⇒ g I (t ) = ∑ ai a j (1 + exp(−t ( + )) τi τi τj (3.18.) r Bei einem mehrexponentiellen Abfall (Polydispersität, Struktur) treten in gI( q ,t) r folglich mehr Exponentialfunktionen auf als in gE( q ,t). Setzt man in r r r r r g E (q , t ) = E *f (q ,0) E f (q , t ) die ebenen Wellen Efj ein, die von allen Streuern im Probenvolumen in den Detektor gelangen, so erhält man: N r r r r g E (q , t ) = E02 ∑ Bi B j exp(iq (ri (0) − rj (t )) ) (3.19.) i , j =1 Es wird hier erst einmal angenommen, dass keine Wechselwirkung vorliegt und somit alle Terme i≠j in der Summe wegfallen. Da die Bj und die Exponentialfunktion statistisch unabhängig sind, können sie separiert werden: r r r r g E (q , t ) = I 0 N B12 exp(iq (r1 (0) − r1 (t )) ) = I f 0 P(q) S S (q, t ) , mit r r r r S S (q , t ) = exp(iq (r1 (0) − r1 (t )) ) . (3.20.) (3.21.) Hier wurde angenommen, dass die N Partikel gleichartig streuen und dass der r r r r Mittelwert von exp(iq (rj (0) − rj (t )) ) unabhängig von j ist. SS( q ,t) hat den Namen SelfIntermediate Scattering Function oder auch Self Dynamic Structure Factor. Als nächstes r r muss SS( q ,t) berechnet werden. Hierzu nutzt man den Zusammenhang von SS( q ,t) und r r der van Hove Korrelationsfunktion GS ( R, t ) aus. R ist die Verschiebung, die das Partikel in der Zeit t erfährt. Die eine Funktion kann in die andere durch eine Ortsfouriertransformation umgerechnet werden: r r r r GS ( R, t ) = δ ( R − [r1 (0) − r1 (t )]) (3.22.) r r rr S S (q , t ) = ∫ exp iqR GS ( R, t )d 3 R ( ) r GS ( R, t ) d3r kann als Wahrscheinlichkeit angesehen werden, ein Partikel im Volumen- segment d3r am Ort r zur Zeit t zu finden, wenn es zur Zeit t=0 im Ursprung war. Daher r beschreibt GS ( R, t ) Diffusionsprozesse und man kann sie als Lösung der Diffusionsgleichung ansehen. Bewegen sich die Partikel zusätzlich in einem externen r Feld mit der Geschwindigkeit v , so hat die Diffusionsgleichung folgendes allgemeines Aussehen, die Herleitung befindet sich in [43]: ∂c r + v ∇c = D∇2 c ∂t r c ist die Konzentration und D die Diffusion. G S ( R, t ) Diffusionsgleichung eingesetzt werden: (3.23.) kann nun in die 3.2. Dynamische Lichtstreuung 35 r r r ∂GS ( R, t ) r + v ⋅ ∇GS ( R, t ) = D∇ 2GS ( R, t ) ∂t (3.24.) Eine räumliche Fouriertransformation liefert: r r r ∂S S (q , t ) r r − iq ⋅ v ⋅ S S (q , t ) = −q 2 DS S (q.t ) ∂t Diese Differentialgleichung kann gelöst werden durch: r rr S S (q , t ) = exp(iqv t )exp − q 2 Dt ( ) (3.25.) (3.26.) r r Im Fall, dass kein äußeres Feld anliegt und somit v =0 ist, reduziert sich S S (q , t ) auf die aus Diffusionsmessungen bekannten Form: r S S (q , t ) = exp − q 2 Dt ( ) r S S (q , t ) ist eine exponentiell abnehmende Funktion mit der Relaxaktionszeit 1 τq = 2 . qD (3.27.) (3.28.) Wenn es keine Wechselwirkungen zwischen den Partikeln gibt, wie es in der ungeordneten Phase der Fall ist, so reduziert sich die Diffusion D auf D0: D0 = k BT (6πηa) (Einstein-Stokes-Beziehung) (3.29.) In diesem Fall kann aus dem zeitlichen Abfall von SS(q,t) der Radius der Partikel bestimmt werden. Führt man eine homodyne Lichtstreuung an einem kolloidalem System durch, in dem sich die Partikel in einem externen Feld bewegen, so kann zur Berechnung der IAKF, r Gl.(3.15.), die Siegert Relation, Gl.(3.17.), verwendet werden. Das S S (q , t ) aus Gl.(3.26.) wird in die FAKF, Gl.(3.20.), eingesetzt, die wiederum in der Siegert Relation verwendet wird ( g I (q, t ) = I 2f 0 P (q ) 2 + I 2f 0 P(q ) 2 exp − 2q 2 Dt ) (3.30.) Aufgrund der Quadrierung der FAKF in der Siegert Relation wird die Geschwindigkeit r v eliminiert. Mit einer homodynen Lichtstreuanordnung kann also keine Geschwindigkeit gemessen werden. Die IAKF ist dieselbe wie ohne angelegtes äußeres Feld. Das Leistungsspektrum wird durch die zeitliche Fouriertransformation von Gl.(3.30.) bestimmt: ⎛ ⎞ 2q 2 D ⎟. I L (q, ω ) = I 2 f 0 P 2 (q )⎜⎜ δ (ω ) + 2 2 2 ⎟ + ω ( 2 q D ) ⎝ ⎠ (3.31.) 3. Lichtstreutheorie 36 Zur Bestimmung der Geschwindigkeit in externen Feldern wird daher die heteroydne Streuung verwendet. Heterodyne Spektren enthalten allerdings einen homodynen Anteil, wie im nächsten Kapitel gezeigt wird. 3.2.2. Heterodyne Lichtstreuung Zelle Zelle r v Partikel Referenzstrahl Gestreutes Licht Θ r q Δω Bragg r v Gestreutes Licht r q Partikel Θ r q r q Referenzstrahl Abb. 3.2.a, b Prinzipielle Streuanordnung für a) heterodyne, b) superheterodyne Lichtstreuung. Das Partikel bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit in der Zelle. In beiden Fällen werden das Streulicht, das unter dem Winkel r q in den Detektor fällt, und der Referenzstrahl überlagert. In b) wird die Frequenz des Streustrahl zusätzlich um ΔωBragg erhöht, um so das Spektrum zu höheren Frequenzen zu verschieben. In der heterodynen Methode wird ungestreutes Licht mit gestreutem gemischt, siehe Abb.(3.2.a). Das gestreute Licht ist in der Frequenz verschoben aufgrund des Dopplereffektes. Gemischt mit dem ungestreuten Referenzlicht Er entsteht eine Schwebung, die mit einem Photomultipler detektiert werden kann. Die Intensitätsautokorrelationsfunktion IAKF hat jetzt folgendes Aussehen: r r r r 2 r r r r 2 r r r g I (q , t ) = I (q , t ) I (q ,0) = Er (q , t ) + E f (q , t ) Er (q ,0) + E f (q ,0) (3.32.) Dies kann umgeformt werden zu: r r r g I (q , t ) = I r2 + 2 I r I f (q ) + 2 I r I f 0 P(q ) Re( S s (q , t )) + I *f (t ) I f (0) (3.33.) Hier können Gl. (3.26.) und Gl.(3.30.) eingesetzt werden: (3.34.) r r rr g I (q , t ) = I r2 + 2 I r I f (q ) + 2 I r I f 0 P (q ) exp(− q 2 Dt ) cos(qv t ) + I 2f 0 P(q ) 2 {1 + exp(− 2q 2 Dt )} Eine ausführliche Herleitung folgt für superheterodyne gI in Kapitel 3.2.3. Fouriertransformation liefert das heterodyne Leistungsspektrum: (3.35.) 3.2. Dynamische Lichtstreuung 37 r r I L (q , ω ) = {I r2 + 2 I r I f (q ) + I 2f 0 P (q ) 2 } ⋅ δ (ω ) + + I f o P (q ) 1 2π ⎡ ⎤ 2 q2D q2D q 2 2D 2 1 I P ( q ) + + r r r r f0 ⎢ (ω − q ⋅ v ) 2 + (q 2 D ) 2 (ω + q ⋅ v ) 2 + (q 2 D) 2 ⎥ 2π ω 2 + (q 2 2 D) 2 ⎣ ⎦ Es besteht aus einer frequenzverschobenen Lorentzkurve bei positiven Frequenzen, einer bei negativen Frequenzen, frequenzunabhängigen Intensitäten bei 0Hz und der bei Null zentrierten Lorentzkurve doppelter Halbswertbreite aus dem homodynen Anteil r von g I (q , t ) . Der Zusammenhang zwischen Partikelgeschwindigkeit und Frequenz, der durch den Doppler Effekt gegeben ist, bestimmt das Maximum der Lorentzkurve r r ω = q ⋅ v . Die Genauigkeit, mit der die Geschwindigkeit gemessen werden kann, wird durch die Peakbreite τ q −1 = q 2 D begrenzt. Das Auflösungsvermögen der Dopplerfrequenz nimmt somit bei höheren q und größerer Diffusion ab. Für D kann die Einstein -Stokes Beziehung und für q Gl.(3.4.) eingesetzt werden, τ q−1 = Θ 2 ) k BT 2 = Δω D 6πηa (4πn sin (3.36.) Die Diffusionsverbreiterung nimmt folglich rapide mit dem Streuwinkel zu. Und umso kleiner die Partikel sind, desto schwieriger ist eine hohe Frequenzauflösung. Die Qualität, mit der ein Spektrum gemessen werden kann, wird durch den Quotienten Q= Δω D ω = 2 Dki sin Θ / 2 μ E cos Θ / 2 (3.37.) bestimmt, [43]. Danach nimmt die Qualität der Spektren mit steigendem Feld zu. Bis jetzt wurde angenommen, dass sich alle Partikel mit konstantem v bewegen. In bestimmten Fällen lässt sich aber eine Geschwindigkeitsverteilung angeben. In Kapitel 2.3.2. wurde ein elektrophoretisch- elektroosmotisches Fließprofil nach Komagata [38] angenommen und daraus eine Geschwindigkeitsverteilung Pv(vEK) berechnet, die von der elektrophoretischen Geschwindigkeit vE und der elektroosmotischen Geschwindigkeit am Zellrand vEO abhängt. Im Dynamic Structure Factor SS wird ein Integral über die kontinuierliche Geschwindigkeitsverteilung gebildet: r rr S S (q , t ) = exp(− Dq 2t ) ∫ Pv (vEK ) exp(iqvEK t )dvEK (3.38.) r Einsetzen in Gl.(3.33.) und Fouriertransformation von gI( q ,t) liefert: (3.39.) ⎡ ⎤ r r 1 q2D q2D + ( ) I L (q , ω ) = I f o P(q) P v dvEK . r r r r v EK ⎢ 2 2 2 2 2 2⎥ ∫ 2π (ω + q ⋅´vEK ) + (q D) ⎦ ⎣ (ω − q ⋅ vEK ) + (q D) r 1 q2 2D + {I r2 + 2 I r I f ( q ) + I 2f 0 P( q) 2 } ⋅ δ (ω ) + I 2f 0 P(q) 2 2π ω 2 + (q 2 2 D) 2 3. Lichtstreutheorie 38 0,015 -1 vE=-70µm s 0,012 vE=-70µm s 0,012 -1 vEO=40µm s vEO=70µm s 2 -1 -1 2 -1 D=1µm s 0,009 IL/b.E. IL/b.E. D=1µm s 0,008 -1 0,006 0,004 0,003 0,000 0,000 -900 -600 -300 0 300 600 900 -900 -600 -300 0 ν/Hz 0,006 vE=-70µm s 0,015 -1 vEO=40µm s vE=-70µm s -1 0,012 2 -1 900 vE=-100µm s -1 vEO=60µm s -1 2 -1 D=1µm s 0,009 0,002 -1 -1 D=6µm s 2 -1 IL/b.E. IL/b.E. 600 vEO=40µm s D=6µm s 0,004 300 ν/Hz 0,006 0,003 0,000 0,000 -900 -600 -300 0 300 600 900 -900 -600 -300 ν/Hz 0 300 600 900 ν/Hz Abb.3.3.a-d Das heterodyne Spektrum wird in Abhängigkeit von den Parametern ve, veo und D gezeigt. Bei bestimmter Wahl der Parameter können die beiden Anteile des Gesamtspektrums überlagern, b und c. d) zeigt, wie sich das Spektrum bei einer E-Feld Erhöhung verändert. In Abb.(3.3.) sieht man die beiden gespiegelten verbreiterten Spektren. Im Fall k= Höhe/Dicke →∞ ist die Lage des Schwerpunktes einer Hälfte charakteristisch für die Partikelgeschwindigkeit vE und das Ausmaß der Spreizung für vEO. Die Verbreiterung wird von D beeinflusst. In Abb.(3.3.d) wird die Feldabhängigkeit dokumentiert. Die Spreizung der Spektren nimmt mit E zu. Der Schwerpunkt verschiebt sich zu höheren Frequenzen. Die Fläche aber bleibt gleich. Eine ausführliche Diskussion derartiger Spektren, die für nicht wechselwirkende Systeme erwartet werden, befindet sich in der Dissertation von T. Palberg. [39]. Die gezeigten Spektren beinhalten lediglich den heterodyn Anteil von IL. Im Experiment sind daneben auch der homodyne Anteil und der frequenzunabhängige Anteil bei 0Hz sichtbar. Ein Beispiel zeigt Abb.(3.4.) Die Überlagerung beider Anteile erschwert die Auswertung. Im Prinzip kann hier eine Variation des Verhältnisses Ir/If helfen. Hierbei wird zunächst das Signal/Untergrund Verhältnis variiert. 3.2. Dynamische Lichtstreuung 39 0,0010 IL/b.E. 0,0008 0,0006 0,0004 0,0002 0,0000 0 200 400 600 800 ν/Hz Abb. 3.4. Spektrum ohne Frequenzshift, ΔωBragg=0Hz. Verwendet wurde eine PnBAPS68-Probe, E=25Vcm-1 und n=5µm-3. Das Spektrum setzt sich zusammen aus dem heterodynen, dem homodynen Spektrum und der Intensität bei ω=0Hz. Das heterodyne Spektrum bei positiven Frequenzen wird höchst wahrscheinlich teilweise überlagert vom gespiegelten Spektrum bei negativen Frequenzen, siehe auch Abb.3.3.b. Dies sei kurz skizziert unter Rückgriff auf Gl.(3.33.). Anteil des heterodynen Messsignals an der vom Detektor gemessenen Gesamtintensität Die Konsequenzen unterschiedlicher Amplituden IF und IR kann am Beispiel einer Schwebung zwischen Referenzstrahl und Streulicht verdeutlicht werden, Definition einer Schwebung siehe Gl.(5.16.). Bei IF ≠ IR besteht das Signal aus dem zu messenden Schwebungssignal und einem nicht nutzbaren DC-Untergrund, das treibt die Ausgangsspannung des Photomultipliers in die Höhe, siehe Abb.(3.5.b). Bei diesem Experiment lagen stets bis zu 70Volt am Ausgang an. Das eigentliche heterodyne Messsignal war dagegen nur ca. 1.5Volt groß, über das gesamte Spektrum integriert. Wenn IF=IR ist, so verschwindet der Untergrund, Abb.(3.5.a). Das eigentliche Signal ist aber dennoch kleiner, als bei IF ≠ IR, wenn beide Amplituden maximal sind. Bei großem Ir erhält man also ein gutes Signal, gleichzeitig wird der homodyne Beitrag vernachlässigbar klein. Dennoch wird bei Pv(v) mit negativen und positiven Geschwindigkeiten die Auswertung immer noch extrem schwierig bleiben, vergleiche Abb.(3.3.b). In solchen Fällen muss zur eindeutigen Bestimmung von Geschwindigkeiten im superheterodynen Modus gemessen werden. 3. Lichtstreutheorie 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 -2 If=Ir If=Ir Ir>>If 1000 800 I/b.E. I/b.E. 40 600 400 200 0 0 100 200 300 400 500 600 t/sec 0 100 200 300 400 500 600 t/sec Abb. 3.5.a, b Vergleich der Schwebungssignale mit a) If=Ir und b) Ir>>If. Im Fall a) gibt es keinen konstanten Offset, Untergrund. Im Vergleich zu b), mit einem großen Offset, ist die Amplitude des Messsignals dennoch kleiner. 3.2.3. Herleitung des superheterodynen Leistungsspektrums In diesem Kapitel wird das Messsignal theoretisch hergeleitet. Die Rechnung stützt sich auf die Ergebnisse von [45b]. Zum besseren Verständnis der Rechnung wird die allgemeingültige Form der Autokorrelationsfunktion, Gl.(3.13.), verwendet. In der Herleitung des Spektrums wird berücksichtigt, dass durch die Braggzellen das Signal um ΔωBragg in der Frequenz verschoben wird. Daher nennen wir die Meßmethode superheterodyn, siehe auch Abb.(3.2.b). Berechnung der Intensitätsautokorrelationfunktion IAKF (Der Übersichtlichkeit halber wurde der Parameter q weggelassen, sowie die Vektorpfeile): gI (τ)= 〈I∗(t)⋅I(t+τ)〉 = = 〈[Er∗(t)+E f(t)]∗ [Er∗(t)+E f(t)] [Er∗(t+τ)+E f(t+τ)]∗[Er∗(t+τ)+E f(t+τ)]〉 (3.40.) Ausmultiplizieren und Anwenden der Beziehung 〈a+b+...〉= 〈a〉+〈b〉+... ergibt: (3.41) gI (τ) = 〈Er∗(t) Er∗(t+τ) Er(t) Er(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Er∗(t+τ) Ef(t) Ef(t+τ)〉+ 〈Er∗(t) Ef∗(t+τ) Er(t) Er(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Ef∗(t+τ) Er(t) Ef(t+τ)〉+ 〈Er∗(t) Er∗(t+τ) Ef(t) Er(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Er∗(t+τ) Ef(t) Ef(t+τ)〉+ 〈Er∗(t) Ef∗(t+τ) Ef(t) Er(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Ef∗(t+τ) Ef(t) Ef(t+τ)〉+ 〈Ef∗(t) Er∗(t+τ) Er(t) Er(t+τ)〉 + 〈 Ef∗(t) Er∗(t+τ) Er(t) Ef(t+τ)〉+ 〈Ef∗(t) Ef∗(t+τ) Er(t) Er(t+τ)〉 + 〈 Ef∗(t) Ef∗(t+τ) Ef(t) Ef(t+τ)〉+ 〈Ef∗(t) Er∗(t+τ) Ef(t) Er(t+τ)〉 + 〈 Ef∗(t) Er∗(t+τ) Ef(t) Ef(t+τ)〉+ 〈Ef∗(t) Ef∗(t+τ) Ef(t) Er(t+τ)〉 + 〈 Ef∗(t) Ef∗(t+τ) Ef(t) Ef(t+τ)〉 Für Produkte aus vier zirkularen Gausschen Zufallsvariablen gilt: 〈a∗ b∗c d〉= 〈 a∗ c〉 ⋅ 〈 b∗d〉+〈 a∗ d〉 ⋅ 〈 b∗c〉 〉+〈 a∗ b*〉 ⋅ 〈 c d〉 〈 a∗ b*〉 ⋅ 〈 c d〉=0 wegen Homogenität. (3.42.) 3.2. Dynamische Lichtstreuung 41 Dies angewendet auf gI (τ) ergibt: (3.43.) gI (τ)= 〈Er∗(t) Er∗(t+τ) Er(t) Er(t+τ)〉+ 〈 Er∗(t) Ef(t) 〉 〈 Er∗(t+τ) Ef(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Ef(t+τ) 〉 〈 Er∗(t+τ) Er(t)〉+ 〈 Er∗(t) Er(t) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Er(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Er(t+τ) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Er(t)〉+ 〈 Er∗(t) Er(t) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Ef(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Ef(t+τ) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Er(t)〉+ 〈 Er∗(t) Ef(t) 〉 〈 Er∗(t+τ) Er(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Er(t+τ) 〉 〈 Er∗(t+τ) Ef(t)〉+ 〈 Er∗(t) Ef(t) 〉 〈 Er∗(t+τ) Ef(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Ef(t+τ) 〉 〈 Er∗(t+τ) Ef(t)〉+ 〈 Er∗(t) Ef(t) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Er(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Er(t+τ) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Ef(t)〉+ 〈 Er∗(t) Ef(t) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Ef(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Ef(t+τ) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Ef(t)〉+ 〈 Ef∗(t) Er(t) 〉 〈 Er∗(t+τ) Er(t+τ)〉 + 〈 Ef∗(t) Er(t+τ) 〉 〈 Er∗(t+τ) Er(t)〉+ 〈 Ef∗(t) Ef(t) 〉 〈 Er∗(t+τ) Ef(t+τ)〉 + 〈 Ef∗(t) Ef(t+τ) 〉 〈 Er∗(t+τ) Er(t)〉+ 〈 Ef∗(t) Er(t) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Er(t+τ)〉 + 〈 Ef∗(t) Er(t+τ) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Er(t)〉+ 〈 Ef∗(t) Er(t) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Ef(t+τ)〉 + 〈 Ef∗(t) Ef(t+τ) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Er(t)〉+ 〈 Ef∗(t) Ef(t) 〉 〈 Er∗(t+τ) Er(t+τ)〉 + 〈 Ef∗(t) Er(t+τ) 〉 〈 Er∗(t+τ) Ef(t)〉+ 〈 Ef∗(t) Ef(t) 〉 〈 Er∗(t+τ) Ef(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Ef(t+τ) 〉 〈 Er∗(t+τ) Ef(t)〉+ 〈 Ef∗(t) Ef(t) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Er(t+τ)〉 + 〈 Ef∗(t) Er(t+τ) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Ef(t)〉+ 〈 Er∗(t) Ef(t) 〉 〈 Er∗(t+τ) Ef(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Ef(t+τ) 〉 〈 Er∗(t+τ) Er(t)〉+ 〈Ef∗(t) Ef∗(t+τ) Ef(t) Ef(t+τ)〉 Für statistisch unabhängige Variablen gilt: 〈ab〉=〈a〉 〈b〉, wobei der Mittelwert einer gaußschen Zufallsvariable Null ist. Dies trifft für alle Terme der Form 〈 Er∗(t) Ef(t+τ) 〉 zu. Daher verschwinden alle Terme bis auf die folgenden: (3.44.) gI (τ)= 〈Er∗(t) Er∗(t+τ) Er(t) Er(t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Er(t) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Ef(t+τ)〉 〈 Er∗(t) Er(t+τ) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Ef(t)〉 + 〈 Ef∗(t) Ef(t+τ) 〉 〈 Er∗(t+τ) Er(t)〉+ 〈 Ef∗(t) Ef(t) 〉 〈 Er∗(t+τ) Er(t+τ)〉 + 〈Ef∗(t) Ef∗(t+τ) Ef(t) Ef(t+τ)〉 Dieser Ausdruck lässt sich durch E∗(t) ⋅ E(t)= I(t) vereinfachen. gI (τ)= 〈Ir∗(t) Ir(t+τ)〉 + 〈 Ir(t)〉 〈 If (t+τ)〉 + 〈 Er∗(t) Er(t+τ) 〉 〈 Ef∗(t+τ) Ef(t)〉 + 〈 Ef∗(t) Ef(t+τ) 〉 〈 Er∗(t+τ) Er(t)〉+ (3.45.) 〈 If(t) 〉 〈 Ir(t+τ)〉 + 〈If∗(t) If(t+τ)〉 r r r rr In einem heterodyn Experiment würde der Faktor eiωt in E (q , t ) = Eo ei ( k ⋅r −ωt ) herausfallen, da Frequenzen von 1014Hz nicht aufgelöst werden können. In einem Superheterodynexperiment wird entweder im Streustrahl oder im Referenzstrahl ein Frequenzshift ΔωBragg durchgeführt. Ist die Frequenz des Streustrahls geshiftet, so erhält man in folgender Nebenrechnung: r r (3.46.) E *f (q , t + τ ) E f (q , t ) = = I f 0 P(q) ∑ exp(− i{q ⋅ r (t + τ ) − (Δω r r i i, j Bragg rr + ω ) ⋅ (t + τ )})exp(i{qrj (t ) − (ΔωBragg + ω )t}) 3. Lichtstreutheorie 42 = I f 0 P(q) ∑ exp(iq{r (t ) − r (t + τ )})exp(i{Δω r r r i j i, j Bragg r r + ω}τ ) = I f 0 P (q ) S (q ) exp(iΔω Braggτ )gˆ E (q ,τ ) r gˆ E (q ,τ ) ist die normierte FAKF: r r r r r r 1 1 gˆ E (q ,τ ) = g E (q ,τ ) I f (q ) = r exp{iq (ri (t ) − rj (t + τ )} ∑ S (q ) N i , j =1 (3.47.) Es wird hier die allgemeinste Form der FAKF gE verwendet, in der allerdings angenommen wird, das alle Partikel gleichartig streuen, vergleiche mit Gl.(3.21.). Mittels der Nebenrechnung erhält man den folgenden Ausdruck: r r g I (q ,τ ) = 〈 I r* (t ) I r (t + τ ) 〉 + 〈 I r (t ) 〉 〈 I f (q , t + τ ) 〉+ r r r r +〈 Er* (t ) Er (t + τ ) 〉 exp(iΔω Braggτ ) I f 0 P(q) S (q ) gˆ E (q ,τ ) + r r r r +〈 Er* (t + τ ) Er (t ) 〉 exp(−iΔω Braggτ ) I f 0 P(q) S (q ) gˆ E* (q ,τ ) + r r r +〈 I f (q , t ) 〉 〈 I r (t + τ ) 〉 + 〈 I *f (q , t ) I f (q , t + τ ) 〉 (3.48.) Mit 〈 I r (t ) 〉 〈 I r (t + τ ) 〉= I r2 (3.49.) r r 〈 Er* (t ) Er (t + τ ) 〉= I r 〈 I r* (t ) I r (t + τ ) 〉= I r2 (3.50.) (3.51.) und ergibt sich: r g I (q ,τ ) = (3.52.) r r r r 2 * r = I r + 2 I r I f (q ) + 2 I r I f 0 P(q) S (q ) Re(exp(−iΔω Braggτ ) gˆ E (q ,τ ) ) + 〈 I f (q , t ) I f (q , t + τ ) 〉 Falls der Frequenzshift im Referenzstrahl durchgeführt wird, kehrt sich das Vorzeichen von ΔωBragg um. Für das weitere Vorgehen wurden zusätzliche Randbedingungen r benötigt. Zunächst sei keine Struktur vorhanden, S( q )=1, und damit die r Partikelbewegungen unkorreliert, d.h. gˆ E (q ,τ ) = S S (q,τ ) , wobei Diffusion und eine r konstante Driftgeschwindigkeit v angenommen werden. In diesem Fall kann r rr S S (q , t ) = exp(iqv t )exp − q 2 Dt in Gl.(3.52) eingesetzt werden, was zu folgendem ( ) Spektrum führt: ⎤ r 1 ⎡ q2D q2D + I L (q , ω ) = I f o P(q) r r r r ⎢ ⎥ 2π ⎣⎢ (ω − q ⋅ v − ΔωBragg ) 2 + (q 2 D) 2 (ω + q ⋅ v + Δω Bragg ) 2 + (q 2 D) 2 ⎦⎥ r 1 q2 2D + {I r2 + 2 I r I f ( q ) + I 2f 0 P( q) 2 } ⋅ δ (ω ) + I 2f 0 P(q) 2 2π ω 2 + (q 2 2 D) 2 (3.53.) 3.2. Dynamische Lichtstreuung 43 Liegt eine Geschwindigkeitsverteilung Pv(v) vor, so wird der erste Term in Gl.(3.53.) mit Pv(v) gewichtet: r I L (q , ω ) = (3.54.) = I fo P ( q ) ⎡ ⎤ r 1 q2D q2D ( ) dvEK + P v r r r r ⎢ v EK 2 2 2 2 2 2⎥ 2π ∫ ⎣⎢ (ω − q ⋅ vEK − Δω Bragg ) + (q D) (ω + q ⋅´vEK + Δω Bragg ) + (q D) ⎦⎥ Ein Beispiel zeigt Abb.(3.6.). Die Spektren sind klar getrennt und zudem ist eine Vorzeichenbestimmung der Geschwindigkeiten möglich. Im gewählten Beispiel mit r ΔωBragg im Streustrahl zeigt v in Richtung Detektor. Im Experiment kann durchaus Struktur vorliegen und deren Änderung sollte sich auf das Spektrum auswirken. Dies wird in Scherschmelzexperimenten untersucht. Weiter werden stark wechselwirkende Proben untersucht und solche mit v≠konstant. D.h., die bei der Herleitung von Gl.(3.53.) gemachten Annahmen treffen nicht zu. Dennoch kann Gl.(3.53.) zur quantitativen Beschreibung verwendet werden. Dieser Befund wird im Kapitel 4.5., in dem das Spektrum in der fluiden Phase betrachtet wird und in Kapitel 5.2. ausführlich diskutiert werden. 1,0 0,9 Spektrum homodyner Anteil I(ν=0Ηz), z.B. Ir -ΔνBragg-qv/2π ΔνBragg+qv/2π 0,8 IL/b.E. 0,6 0,5 0,4 0,3 0,1 0,0 -4000 -2000 -ΔνBragg 0 ν/Hz 2000 ΔνBragg 4000 Abb. 3.6. Homodyner, heterodyner und frequenzunabhängiger Anteil im superheterodynem Spektrum. Die heterodynen Spektren sind in diesem Beispiel um ΔνBragg=±2kHz geshiftet. Sie sind nun getrennt voneinander und vom homodynen Anteil, der nicht geshifet wird. 4. Versuchsvorbereitungen 44 4. Versuchsvorbereitungen Das Ziel des Laser Doppler Velocimetrie (LDV) - Aufbaus war es Geschwindigkeitsmessungen integral, das bedeutet, dass das gesamte Geschwindigkeitsprofil der Zelltiefe gemessen wird, und ortsaufgelöst durchführen können, siehe Kapitel 4.1. In der Justage wurde darauf geachtet, dass Geschwindigkeiten frei von systematischen Fehlern des r Streuvektors q durchgeführt werden können, siehe Kapitel 4.2. Eine weitere Voraussetzung einer fehlerfreien Messung ist die exakte Präparation der Probe. Der Salzgehalt und auch die Partikelzahldichte wurden mittels eines Umpumpkreislaufes eingestellt. Die Elektrophorese-Experimente wurden stets an voll entsalzten Proben durchgeführt, siehe Kapitel 4.3. Geschwindigkeitsmessungen können auch durch Elektrodenpolarisationen verfälscht werden. Der Messbereich der Elektrophoresezelle, in dem elektrische Felder und damit Leitfähigkeiten, sowie Mobilitäten, fehlerfrei gemessen werden können, wurde ausgemessen, siehe Kapitel 4.4. Getestet wurde die Apparatur durch Messen und Auswerten von superheterodynen fluiden Spektren, siehe Kapitel 4.5. 4.1. Versuchsaufbau Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine Laser Doppler Velocimetrie (LDV) aufgebaut. Detektiert wurde das superheterodyne Signal nach der Referenzstrahlmethode. Dabei wurde sowohl die ortsaufgelöste Messung, d.h. in verschiedenen Zelltiefen (XRichtung), wie auch die Integralmessung, in der das gesamte Geschwindigkeitsprofil in X-Richtung gemessen wird, angewendet. Auch ist der Ort des Probenvolumens in YRichtung und Z-Richtung variierbar. Abb.4.1. Versuchsaufbau der Laser Doppler Velocimetrie (LDV). Es wird die superheterodyne Referenzstrahlmethode verwendet. In dieser wird das heterodyne Messsignal mittels der Braggzellen um 1kHz, bzw. 2kHz, in der Frequenz verschoben. Näheres zum Aufbau im Text. 4.1. Versuchsaufbau 45 Der Aufbau ist in Abb.(4.1.) schematisch skizziert. Das Laserlicht der Wellenlänge 532 nm gelangt vom ND: Yag Laser der Firma ADLAS zum Strahlteilerwürfel. Die von dem Strahlteilerwürfel ausgehenden beiden Strahlen werden mittels Spiegel so justiert, dass sie parallel sind und horizontal verlaufen. Alternativ wurde anfangs zur Strahlteilung auch ein Sinusgitter verwendet. Der Gitterhalter wurde in der Werkstatt gebaut. Nachteil ist der höhere Intensitätsverlust, Vorteil die einfachere Justage. Beide Laserstahlen gelangen jetzt in die Braggzellen von APE, wobei der Referenzstrahl vorher durch ein Polarisationfilter abgeschwächt werden kann, um die Signalstärke zu optimieren, bzw. zu verhindern dass der Photomultiplier in Sättigung läuft. In den Braggzellen wird das Licht wie bei einem Gitter in verschiedene Ordnungen aufgespaltet (max. 3 Ordnungen). Die höheren Ordnungen sind dabei gegenüber der 0.ten in der Frequenz verschoben. Dies hängt von der angelegten Braggzellentreiberfrequenz ab, die für die eine Braggzelle 80MHz beträgt und für die andere 80MHz + 1kHz. Daher besteht zwischen den Laserstrahlen der 1. Ordnung eine Differenzfrequenz von 1kHz (Wahlweise auch 0,5-10kHz). In den Lochblenden Bl1 werden alle Ordnungen bis auf die 1.Ordnungen ausgeblendet und die beiden 1.Ordnungen auf die Sammellinse L1 durchgelassen. Die Sammellinse hat einen Durchmesser von 65mm und eine Brennweite von f= 100mm und ist in einem von der Hauswerkstatt gebauten Linsenhalter montiert, der Translationen in Y- sowie ZRichtung ermöglicht, als auch mittels Justierschrauben ein Verkippen der Linse erlaubt. Sie fokussiert die beiden Strahlen 1.Ordnung in die Probe, die sich in einer Rechteckzelle der Firma Rank befindet. An die Rechteckzelle werden die Elektroden für das elektrische Feld angeschlossen. Bei angeschalteten Feld bewegen sich die r Partikel (anti-)parallel zum Streuvektor q . Dadurch wird die Frequenz des Streulichtes zusätzlich um die Dopplerfrequenz ν verschoben, r r ν= q ⋅ v 2π . (4.1.) Auf der Detektionsseite wird einer der beiden Strahlen als Referenzstrahl genutzt und der andere als Quelle des Streulichtes. Der Referenzstrahl wird dann zusammen mit dem Streulicht durch eine Lichtleitfaser in den Photomultiplier geleitet. In der Integralmessmethode, siehe Abb.(4.1.), befinden sich hinter der Messzelle zwei Blenden mit einer Apertur von ca. 1mm. Die eine ist direkt hinter der Zelle, die andere in einem größeren Abstand von ca. 150mm. Mit diesen Blenden wird nur paralleles Licht eines bestimmten q-Bereichs selektiert. Dieses Licht stammt aus der gesamten Zelltiefe der Messzelle, somit geht hier in X-Richtung die Ortsauflösung verloren. Dieses Licht wird mittels der Linse L2 der Brennweite 40mm auf die Gridlinse der Faser fokussiert, die sich in der Brennebene der Linse L2 befindet. Die Linse L2 verhindert zum einen höheren Intensitätsverlust beim Einkoppeln, zum anderen filtert sie zusätzlich nicht paralleles, folglich divergentes Licht, raus. 4. Versuchsvorbereitungen 46 Bl5 Bl4 Abb.4.2. Dargestellt ist die Detektionsseite der ortsaufgelösten Messmethode. Das von Linse L3 erzeugte Bild der Zelltiefe fällt auf Blende Bl5. Diese selektiert gestreutes Licht, das von einer bestimmten Zelltiefe stammt, das dann mit dem Referenzstrahl überlagert wird. Der Ort, aus dem das gestreute Licht stammt, kann verschoben werden durch Verschieben der Zellposition in X-Richtung . In der ortsaufgelösten Methode wird, wie in Abb.(4.2.) zu sehen ist, hinter der ersten Blende eine Linse L3 der Brennweite 40mm eingebaut, die von der Zelltiefe ein reelles vergrößertes Zwischenbild erzeugt. Das Abbild ist ein waagerechter Strich. Das Zwischenbild kann allerdings nicht überall gleichzeitig scharf abgebildet werden, da der abzubildende Gegenstand, die Licht streuenden Partikel, nicht alle aus derselben Zelltiefe stammen. An der Stelle, wo Referenzstrahl und Zwischenbild zusammenfallen, wird die zweite Blende Bl5 positioniert. Der Ort, aus dem das detektierte Streulicht stammt, kann verschoben werden, in dem man die Position der Messzelle in X-Richtung verschiebt. Folgendes zur theoretischen Abschätzung des Auflösungsvermögens: Gegenstandsweite g=49mm, Bildweite b=220mm, Brennweite f=40mm, Vergrößerung v= b/g= B/G =4,5. B ist die Bildgröße und G die Gegenstandsgröße. Die Bildgröße kann auf B=2mm bestimmt werden. Daraus errechnet sich eine Gegenstandsgröße von G=0,45mm. D.h. es wird nur die Projektion des diagonal durch die Zelle (Zelltiefe 1mm) laufenden Laserstrahls vergrößert. Die wirkliche Länge des Gegenstandes, d.h. der Weg des Lasers durch die Zelle, ist nach dem Satz von Pythagoras (a2+b2=c2) c=1,1mm. Die Vergrößerung ist zwar 4,5, gleichzeitig wird das Bild durch die Projektion um den Faktor 1,1/0,45=2,44 verkleinert. Die tatsächliche Vergrößerung reduziert sich auf 4,5/2,44=1,84. Bei einem Pinhole von 30µm, eingesetzt in der Bildebene, sollte daher das Auflösungsvermögen 16µm sein. Elektronik In die Messzellen werden die Elektroden aus Platin-Iridium eingesetzt. Hierzu wurde ein Stopfen, in dem die Elektrode eingebaut ist, entwickelt (gebaut von der 4.1. Versuchsaufbau 47 Hauswerkstatt, sowie die Elektrode von Goldschmied Furgau), der zugleich auch als Verbindungsstück zum Pumpkreislauf dient, siehe Abb.(2.6.a). Die Erzeugung der Hochspannung wird mit einem Breitband-Verstärker der Firma Kepco (Model BOP 1000M) realisiert, der Ausgangsspannungen von bis zu 1000 V liefert. Das Eingangssignal des Verstärkers, eine Rechteckspannung, erzeugt eine in einem PC eingebaute Funktionsgeneratorkarte PD2-AO der Firma PowerDaq. Für diese wurde ein Steuerungsprogramm in LabVIEW auf Grundlage der von der Firma PowerDaq mitgelieferten Software geschrieben. Die Ausgangsspannung beträgt maximal +/- 10V. Zwischen der Elektrode, die an Masse angeschlossen ist, und Verstärker wurde ein 100kΩ Widerstand in Reihe eingebaut, um Strommessungen zu ermöglichen. Parallel zu den Elektroden ist ein Spannungsabgriff möglich. Auf diese Weise sind Leitfähigkeitsmessungen im DC- Feld durchführbar, nachdem man den effektiven Elektrodenabstand bestimmt hat. Datenaufnahme und Fast-Fourier-Transformations (FFT) -Analyse Zur Datenaufnahme wurden im Laufe der Zeit zwei FFT- Analysatoren von Ono-Sokki verwendet, siehe auch [46, 47]. Beide Geräte verarbeiten Spannungssignale, die beim älteren Gerät, dem CF-350 50Volt und beim neuen Gerät, dem DS-2000, 10 Volt nicht überschreiten dürfen. Führt man das vom Photomultiplier kommende Stromsignal über ein Voltmeter, mit einem ebenso hochohmigen Eingang wie die der beiden FFTAnalysatoren, so liegt die gemessene Spannung bei ca. 60V. Ein parallel zum Eingang des FFT-Analysators geschalteter 1kΩ-Widerstand verringert die Spannung ausreichend. Der Großteil der Spannungsamplitude von 60V ist ein DC-Offset, der von der konstanten Intensität des Referenzstrahls stammt. Das eigentliche Messsignal, die Schwebung, liegt im 100mV Bereich. Für die Messungen sind insbesondere die Frequenzauflösung und die Auflösung von zeitabhängigen Signalen im Frequenzraum wichtig. Die Frequenzauflösung wird durch die Abtastrate 2,56 fw und der Anzahl der Abtastpunkte N, also der Länge des Datenwortes, bestimmt. Die Abtastrate hängt dabei von der Größe des gewählten Frequenzfensters fw ab. Die Frequenzauflösung ergibt sich daher zu: Δfw= 2,56fw/N. Das CF-350 hat nur 2 Einstellungen für N, entweder 1024 oder 2048 Punkte. Entsprechend gering ist die auch die Frequenzauflösung. Sie beträgt bei einem fw=1kHz Fenster und 1024 Punkten nur Δfw =2,5Hz oder 1,25Hz bei 2048 Punkten. Durch die Zoomfunktion kann das Frequenzfenster noch verkleinert und damit die Auflösung erhöht werden. Außerdem kann durch Mittelung das Signal-zu-Rausch-Verhältnis verbessert werden. Das DS-2000 besitzt 9 Einstellungsmöglichkeiten für N, von N=64 bis N=16384. Damit ist eine maximale Frequenzauflösung von Δfw=0,16Hz bei fw=1kHz möglich. 48 4. Versuchsvorbereitungen Der Nachteil einer hohen Frequenzauflösung ist die entsprechend längere Sammelzeit der Daten, bevor eine FFT durchgeführt werden kann. Sie wird bestimmt durch TM= N/(2,56 fw), wobei Δtm= 1/(2,56 fw) das Abtastintervall ist. So braucht im obigen Beispiel der DS-2000 TM=6,4s für ein FFT. Sich schnell variierende Frequenzsignale wie zum Beispiel der Aufbau des elektroosmotischen Flusses oder der Initialfluss im kristallinen Bereich können in diesem Modus nicht mehr zeitlich aufgelöst werden. Zur Bestimmung der zeitlichen Entwicklung dieser Phänomene können 2 Methoden angewendet werden. Für die erste Methode benötigt man den Trigger, der eine maximale Eingangsspannung von 10V verträgt. Daher bietet es sich an, die Spannung, die über den 100kΩ-Widerstand abfällt und zur Strommessung benötigt wird, als externes Triggersignal zu nehmen. Mit der Triggerfunktion ist man in der Lage, die Datenakquisition zu einem Zeitpunkt vor oder auch nach dem Triggerpuls zu starten. Auch die Triggerflanke kann ausgewählt werden. Mit dem CF-350 kann der Start der Akquisition um bis N*= 65536 Punkte vor bzw. nach dem Triggerpunkt verschoben werden. Der DS-2000 erlaubt nur ein N* von 8192. Über den Zusammenhang: TM= N*/(2,56 fw) erhält man die entsprechende zeitliche Distanz zwischen Umkehr der Bewegungsrichtung (Triggerpunkt) und Start der Messung. Die Frequenzauflösung und damit die Dauer der Sammelzeit muss entsprechend niedrig gewählt werden. Als Alternative bietet das DS-2000 im Trackingmodus die Möglichkeit an, Spektren mit einem Zeitabstand von minimal 100ms aufzunehmen. Diese werden dann in einem Wasserfalldiagramm dargestellt. Zudem kann der Overlapp benachbarter Datenfenster, die z.B. in einem Abstand von 100ms aufgenommen werden sollen, zwischen Max>75% und 0% eingestellt werden. 4.2. Justage des Laser-Doppler Velocimetrie Aufbaus Ziel der Justage ist es, die beiden Laserstrahlen so in der Probe zu kreuzen, dass der r r Streuvektor q (anti-)parallel zum Geschwindigkeitsvektor v der Partikel liegt. Die r r Vorraussetzungen dafür, dass q • v = qv gilt, sind, dass die beiden Laserstrahlen, bevor sie auf die Sendelinse L1 fallen, parallel verlaufen und symmetrisch zum Mittelpunkt r der Sammellinsenmitte L1 diese durchqueren. Außerdem muss der Flächenvektor A der Rechteckzelle parallel zur optischen Achse liegen, so dass sich die Partikel senkrecht zur optischen Achse bewegen. Im ersten Schritt der Justage muss Linse L1 zentriert und mit Hilfe der Kippvorrichtung ausgerichtet werden. Hierzu wird ein Laserstrahl, der durch das Zentrum von L1 gehen soll, justiert. Als Justagehilfe wurden zwischen den Braggzellen und der Linse L1 2 Stangenhalter aus dem Spindler & Hoyer Mikrobanksystem hintereinander auf den optischen Tisch montiert. Sie sollen sich auf einer Linie mit der Linsenmitte von L1 4.2. Justage des Laser-Doppler Velocimetrie Aufbaus 49 Abb.4.3. Justagehilfsgerät. Auf den Reiter sind eine horizontale und eine vertikale Nadel montiert. Der Reiter kann horizontal und vertikal verschoben werden. Das Justagegerät kann in das Mikrobanksystem von Spindler und Hoyer integriert werden. befinden. Nun werden abwechselnd auf die Stangenhalter 2 Blenden gesetzt und mittels eines Umlenkspiegels der Laserstrahl, der vom Strahlteiler kommt, durch die Blenden geführt. Zur Ausrichtung des Laserstrahls benötigt man zusätzlich den Spiegel Sp2, der sich vor dem Strahlteiler befindet. In die Fassung des Linsenhalters wird nun eine flache Scheibe geschraubt, in der sich in der Mitte ein Loch mit einem Durchmesser von 1mm befindet. Auf der anderen Seite der Scheibe ist ein Objektträgerglas aufgeklebt. Mit Hilfe der y- und z- Translationstische des Halters wird dieser so zentriert, dass der Laserstrahl durch das Loch gelangt. Weiterhin wird der Halter solange verkippt, bis der vom Glas reflektierte Strahl auf den ursprünglichen Strahl zurückfällt. Als nächstes baut man die Rechteckzelle in ihre Halterung ein und verkippt und verdreht sie so, das auch sie den Strahl auf den Spiegel zurückwirft. Die Linse L1 kann nun eingesetzt werden. Im zweiten Schritt müssen die beiden Strahlen vom Strahlteiler kommend parallelisiert werden, so dass sie im gleichen Abstand von der Linsenmitte die Linse L1 durchqueren. Hierzu wurde ein Justagehilfsgerät, Abb.(4.3.), entworfen und in der Werkstatt gebaut. Es enthält 2 Nadeln, eine horizontale und eine vertikale, die auf einem Reiter geschraubt sind, der horizontal und vertikal verschoben werden kann. Das Hilfsgerät kann auf die Stangen des Stangenhalters gesetzt werden wie ein Element des Mikrobanksystems von Spindler & Hoyer. Solange der Strahl, der mittig durch die Linse geht, noch justiert ist, kann man ihn zur Festlegung der Höhe der horizontalen Nadel des Justiergerätes nutzen. Die Höhe des Reiters ist damit für die weitere Justage festgelegt. Der Abstand der Strahlen wird durch die vertikale Nadel bestimmt. Die Mitte zwischen den beiden Strahlen ist die Linsenmitte oder auch die Mitte zwischen den beiden Stangen, auf dem das Justagegerät sitzt. Zweimal der Abstand Nadelposition Mitte zwischen den Stangen ist der Abstand der Strahlen. Nachdem man den Strahlabstand festgelegt hat, wird zuerst der Strahl justiert, der unabgelenkt durch den Strahlteiler 50 4. Versuchsvorbereitungen geht. Hierzu wird das Justagegerät abwechselnd auf die beiden Stangenhalter gesetzt, die im ersten Justageschritt zwischen den Braggzellen und der Linse L1 eingebaut wurden, und mit den Spiegeln, die sich vor und hinter dem Strahlteiler befinden, Sp2 und Sp3, der Strahl so justiert, das er die vertikale Nadel stets mittig trifft. Dann wird die Prozedur mit der horizontalen Nadel wiederholt. Dazu muss der Reiter in horizontaler Richtung verschoben werden, bis die horizontale Nadel die Position der vertikalen eingenommen hat. Nachdem der erste Strahl in seiner Höhe ausgerichtet ist, muss sein Abstand zur Mitte mit der vertikalen Nadel überprüft und gegebenenfalls nachjustiert werden. Dann wird das Justagegerät um 180° um die vertikale Achse gedreht, so dass die vertikale Nadel nun den korrekten Abstand für den anderen Strahl bestimmt. Das Justagegerät wird wieder abwechselnd auf die beiden Stangenhalter gesetzt und der andere Strahl mit den zwei Spiegeln, die sich beide hinter dem Strahlteiler befinden, Sp4 und Sp5, justiert. Danach wiederholt man die Prozedur mit der horizontalen Nadel. Sind beide Strahlen parallel und symmetrisch bzgl. der Linsenmitte ausgerichtet, so kann die Position der Linse beziehungsweise des Linsenhalters jeder Zeit mittels der flachen Scheibe überprüft werden. Markiert man auf der eingebauten Scheibe die Stelle, wo der eine Strahl die Scheibe trifft, so muss diese Stelle auch der andere Strahl treffen, wenn man die Scheibe dreht. Die Reflexe beider Strahlen müssen auf die Fenster der Braggzellen, die während der Justage ausgeschaltet sind, zurückgeworfen werden. Auch die richtige Orientierung der Rechteckzelle kann stets mit den Rückreflexen beider Strahlen überprüft werden. Werden nun die Braggzellen in Betrieb genommen, so spalten sich beide Strahlen auf. Vor die Linse L1 müssen daher 2 Blenden montiert werden, Bl1, die alle Ordnungen bis auf die beiden ersten ausblenden. Die Blenden sind horizontal und vertikal verschiebbar. Sie sollten allerdings beide die gleiche Höhe haben. Da die 1.Ordnungen unter einem Ablenkwinkel von 10mrad gebeugt werden und der Abstand Linse Braggzelle 50 cm beträgt, treffen sie die Linse nach oben versetzt. Ohne Braggzellen trifft das an der Rechteckzelle reflektierte Licht des einen Strahls auf den anderen Strahl, weil der Betrag der Einfallswinkel der beiden Strahlen gleich ist und damit gleich dem Betrag des Ausfallswinkels beider Reflexe ist. Mit eingeschalteten Braggzellen sind die beiden Strahlen 1.Ordnung und ihre Reflexe, die auf die Linse L1 zurückfallen, in der Höhe versetzt. Die Höhe der Linse L1 wird nun solange verändert, bis die Strahlen und ihre Reflexe wieder übereinander liegen. Der Strahlengang ist damit justiert. Die Justage der Detektionsseite ist unproblematisch. 4.3. Probenpräparation 51 4.3. Probenpräparation Verwendete Partikelsorten Hauptsächlich wurden zwei Partikelsorten, die PnBAPS68 und die PnBAPS122, von BASF verwendet. Beides sind Poly-n-Butylacrylamid-Polystyrol Co-Polymerpartikel. Sie wurden in einer Tensid freien Emulsionspolymerisation synthetisiert und werden stabilisiert durch Sulfatgruppen (-HSO4) auf der Partikeloberfläche, die vom Initiator stammen. In Wasser dispergiert, dissoziieren die H+ der Sulfatgruppen. Zurückbleibt eine Oberflächenladung, die bei den PnBAPS68 Zσ*=490 und bei den PnBAPS122 Zσ*=895 beträgt. Zσ* ist hier die effektive Oberflächenladungszahl, die aus einer Leitfähigkeitsmessung gewonnen wurde. Aus einer Schermodulmessung erhält man dagegen: Zscher*( PnBAPS 68 ) =330 und Zscher*( PnBAPS 122 ) =582, [48]. Die PnBAPS68-Partikel sind die kleineren mit einem Durchmesser von 68nm ±4%, gemessen von der BASF in einer Ultrazentrifuge. Sie haben den großen Vorteil, dass sie auch noch bei höchsten Konzentrationen sehr transparent und somit für eine Geschwindigkeitsmessung zugänglich sind. Die PnBAPS122-Partikel haben einen Radius von 122nm ±3%, ebenfalls in der Ultrazentrifuge gemessen, und können bei höheren Konzentrationen aufgrund von Mehrfachstreuungen nicht mehr ausgemessen werden. Mit den PS301 Partikeln wurde eine Messreihe, siehe Diplomarbeit von M. Evers [49], überprüft, siehe Kapitel 6.2. Diese Partikel sind bei der Firma Interfacial Dynamics Coorporation IDC Spheres, Portland, USA, kommerziell erhältlich. Der Volumenanteil beträgt 8,8% und ihr elektronenmikroskopisch bestimmter Radius 301nm ±2%. Für die Oberflächenladungen sind Sulfatgruppen verantwortlich. In einer Leitfähigkeitsmessung wurde eine effektive Ladungszahl Zσ* =1800 gemessen. Leitfähigkeit In der Probenpräparation werden Leitfähigkeitsmessungen eingesetzt, um z.B. den Zustand des Umpumpkreislaufes, siehe nächsten Abschnitt, zu charakterisieren oder den Salzgehalt sowie die Partikelkonzentration der Suspension zu bestimmen. Nach dem Gesetz der unabhängigen Ionenwanderung setzt sich die Leitfähigkeit aus den Beiträgen der einzelnen Ionen zusammen. Dieses Gesetz wurde für starke Elektrolyte, die in Lösung vollständig dissoziieren, aufgestellt. Zuerst Schäfer [50] später Deggelmann [7] und Hessinger [51] haben dieses Gesetz auf kolloidale Suspensionen übertragen. Schäfer berücksichtigte in seinem Leitfähigkeitsmodell die Bewegung der Partikel nicht: + σ Schäfer = nZ * eμcounter (4.2.) 4. Versuchsvorbereitungen 52 + die Mobilität der n ist die Partikelzahldichte, Z* die effektive Ladung und μ counter Gegenionen. Während Deggelmann und Hessinger sie in die Leitfähigkeitsformel einführten: + σ Hess = nZ * e( μcounter + μp) (4.3.) µp ist die Partikelmobilität. Dieses Thema wird in Kapitel 7 eingehend erörtert. Eine etwas allgemeinere Version von Gl.(4.3.) berücksichtigt den Wasserbeitrag σ H 2O und den Fremdsalzeintrag σB. Sie gilt für vollentsalzte Suspensionen, mit denen in dieser Arbeit nur gearbeitet wird: + σ Hess = nZσ * e( μcounter + μp) + σH O + σB . 2 (4.4.) Präparation im Umpumpkreislauf Die Stammsuspensionen vom Hersteller enthalten zwischen 8-25% Feststoffanteil. Sie werden vor der eigentlichen Präparation, bereits mit Wasser verdünnt, in Erstkontakt mit Mischbettionentauscher (IEX) [Amberlite UP 604, Rohm & Haas, France] gebracht. Details der Präparationsmethode findet man in [10]. Dadurch werden die Reste von ionischen Tensiden, wenn vorhanden, und Salzen aus der Herstellung entfernt. Abb.4.4. Präparationspumpkreislauf. Seine wichtigsten Bestandteile sind: Peristaltikpumpe, Konduktometer, Ionentauschergefäß und eine Zelle zur Durchführung von Lichtstreuexperimenten bzw. Elektrophorese. Seine Funktion ist, die Probe zu präparieren, durch Einstellen des Salzgehalts, um dann Experimente wie z.B. die Bestimmung von n oder μ durchführen zu können. Die eigentliche Präparation erfolgt in einem Umpumpkreislauf, Abb.(4.4.), der aus einem Vorratsgefäß, peristaltischer Pumpe, Leitfähigkeitsmesszelle von WTW und das über eine Bypasseinrichtung zuschaltbare Ionentauschergefäß, gefüllt mit (IEX), besteht. Die Einzelteile sind verbunden durch einen chemisch beständigen FEPSchlauch. Der Pumpschlauch ist ein flexibler Schlauch von Tygon, Norton USA. 4.3. Probenpräparation 53 0,30 σ / µS cm -1 gepumpt -1 0,25 3,7 nScm /min 0,20 0,15 stehend -1 0,32 nScm /min 0,10 0,05 0 20 40 60 80 100 120 t / min Abb.4.5. Dichtigkeitstest des Kreislaufes mit Reinstwasser, [52]. 1.) Fremdsalzeintrag während des Pumpens bei Umgehung des Ionentauschergefäßes durch den Bypass. 2.) Salzeintrag im stehenden Zustand. Dies entspricht der Messsituation. Je nach Aufgabenstellung kann in den Kreislauf eine Elektrophoresezelle von Rankbrothers eingebaut werden oder eine Zelle, um mittels Braggstreuung die Partikelanzahl zu bestimmen. Die Elektrophoresezelle wurde eingehend in Kapitel 2.3.2. beschrieben, siehe auch Abb.(2.6.). Sie ist mit dem Kreislauf durch Stopfen, die in den beiden runden Seitenarmen mit dem Durchmesser 1cm sitzen und in denen die Elektroden integriert sind, verbunden. Die Leitfähigkeitsmesszelle von WTW, LR 325/01, hat einen Messbereich von 0,001- 300 µS cm-1 und ist somit für die Messung im Reinstwasserbereich, die Leitfähigkeit von Reinstwasser beträgt: σ H 2O = 55nS cm-1, tauglich. Das WTW-Messgerät wechselt die Frequenz selbstständig je nach Messbereich: von einigen 100Hz für Reinstwasser bis in den 1kHz- Bereich bei σ= 100µS cm-1. Die Dichtigkeit des Kreislaufes wird mit Reinstwasser getestet. Ein Kreislauf gilt als dicht, wenn er den Reinstwasserwert erreicht und bei den Dichtigkeitstests Erfahrungswerten entspricht. Abb.(4.5.) zeigt eine Eintragsmessung mit Reinstwasser, [52]. Die Eintragsmessung erfolgt einerseits unter Umgehung des Ionentauschers durch den Bypass bei weiterlaufender Pumpe. Hier beläuft sich der Eintrag nach Abtrennen des Ionentauschers 3-4nScm-1/min. Andererseits ergibt das Abstellen der Pumpe eine Situation, die der Messsituation entspricht und somit eine Abschätzung des Leitfähigkeitsanstiegs in einer Messzelle ermöglicht. Diese ergibt sich zu 0,3nScm1 /min, was einen Anstieg von 10nScm-1 in 30 min entspricht. Die Kontamination mit Fremdsalz kann im Wesentlichen zwei Ursachen haben. Zum einen kann durch Undichtigkeiten im Kreislauf Kohlendioxid im Wasser als H2CO3 gelöst werden. Zum anderen können Verunreinigungen der verwendeten Kreislaufmaterialien in das Wasser eindiffundieren. 4. Versuchsvorbereitungen 54 In dieser Arbeit wird die Suspension stets im vollentsalzten Zustand präpariert. Dazu wird die Probe solange durch den Ionentauscher gepumpt, bis der Leitfähigkeitswert asymptotisch seinen Minimalwert erreicht hat. Bei hohen Konzentrationen ist dabei zu berücksichtigen, dass die Koagulatbildung insbesondere im Pumpschlauch zu einer langsamen Abnahme des Minimalwertes führt. Die Probe wurde daher stets nach einigen Tagen des Messens gefiltert. Bei weiterer Verdünnung in der fluiden Phase kann der Restsalzgehalt einen immer größeren Anteil an der Gesamtleitfähigkeit bekommen. Um sicher zu gehen, dass sein Einfluss stets minimal ist, wird bei verdünnten Suspensionen die Entsalzungsperiode (Pumpperiode) auf mindestens 3 std. bis zu mehr als 10std. ausgedehnt. Zwischendurch und am Ende der Messungen wird die Dichtheit des Kreislaufs mit Reinstwasser überprüft. Eichkurve Eine wichtige Rolle nimmt die σ-n-Kurve bei konzentrationsabhängigen Messungen ein. Sie wird als Eichkurve genommen, um aus Leitfähigkeitswerten Konzentrationen zu bestimmen. Gemessen wird die Eichkurve mittels Braggstreuung oder statischer Lichtstreuung (SLS). Auch durch das Verdünnungsverhältnis n neu = nalt V ges (4.5.) V ges + VZugabe kann σ(n) bestimmt werden, wenn die Anfangskonzentration bekannt ist. Abb.(4.6.) zeigt σ-n-Kurven der PnBAPS68- Partikel. Im einen Fall, die roten Punkte, befand sich die Probe in einem Pumpkreislauf, in dem eine Zelle zur Konzentrationsmessung, SLS-Kreislauf SLS-Standpräparation Verdünnung 1 Verdünnung 2 Fit 50 2 σ−σΗ Ο/µScm -1 40 30 20 10 0 0 50 100 150 -3 n/µm Abb.4.6. Die in vollentsalzten PnBAPS68-Suspensionen gemessene σ(n)- Kurve wurde als Eichkurve verwendet, um aus einer Leitfähigkeitsmessung die Partikelzahldichte zu bestimmen. Diese Kurve wurde mehrfach durch Standpräparationsmessungen und Verdünnungsreihen überprüft. 4.3. Probenpräparation 55 über SLS, integriert war. Die Probe wurde im Pumpkreislauf verdünnt und entsalzt. Diese Messung wurde von P. Wette [48] an einer SLS-Streuapparatur durchgeführt. Im anderen Fall wurde die Suspension aus dem Kreislauf, in dem die Elektrophoresezelle eingebaut war, entnommen und die SLS mit einer Standpräparation durchgeführt. Standpräparation bedeutet, dass die Suspension in ein Gefäß mit Schraubverschluss gefüllt wird. Es ist dabei darauf zu achten, dass das Gläschen absolut salzfrei ist, weil jeglicher Salzeintrag das Strukturmaximum, aus dem n durch 3 n = q max / 2π gemessen wird, verbreitert. qmax ist der Streuvektor, unter dem das Strukturfaktormaximum gefunden wird. Es darf sich auch kein Ionentauscher in der Standpräparation befinden, weil der eine gewisse Menge Partikel temporär bindet und somit die Konzentration verringert. Die oben beschriebene Überprüfung der Eichkurve, in diesem Fall mittels Standpräparation, ist notwendig, weil die Eichkurve von örtlichen Versuchsbedingungen abhängt. Eine fehlerfreie Anwendung kann nur gewährleistet werden, wenn die bei der Messung der Eichkurve geltenden Parameter Temperatur, Salzgehalt, sowie Zellenkonstante der Messsonde, mit den Messbedingungen des eigentlichen Experiments, hier die Mobilitätsmessung, übereinstimmen. Weiterhin ist es notwendig die Eichkurve in die fluide Phase fortzusetzen. Dies kann geschehen, in dem man die Konzentration über den fluiden Strukturfaktor bestimmt [53]. Eine andere Möglichkeit stellt die Verdünnungsreihe dar. Dies wurde für die PnBAPS68-Partikel getan, blaue Punkte in Abb.(4.6.). Die Größe des Fehlers Δn bei Anwendung der Eichkurve: Der Fehler setzt sich gemäß des Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetzes aus den Fehlern der Leitfähigkeitsbestimmung und dem Fehler der Steigung der Eichkurve zusammen. Zusätzlich muss der Fehler der Konzentrationsbestimmung aus der Braggstreuung, bzw. SLS-Streuung, berücksichtigt werden. 1.) Fehler der Leitfähigkeit: -2% systematischer Fehler wegen der Zellenkonstante. -0,5% Genauigkeit - ±0,1C° Temperaturgenauigkeit des Messgerätes entspricht einem temperaturabhängigen σ(T)-Fehler von 0,3%. - ±0,5C° bei nicht temperierten Experimenten. Dies entspricht Δσ=1,5%. 2.) Fehler der Steigung: - ca. 0,75%. Hängt von der Messung ab. 3.) Fehler der Braggmessung: Dieser ist konzentrationsabhängig. Bei der PnBAPS68Messung nimmt er mit abnehmenden n von 1% auf 3,2% zu. Bei einer Verdünnungsreihe wird der Fehler ebenfalls durch Fehlerfortpflanzung bestimmt. Das zugegebene Wasser wird durch Wiegen ermittelt. Fehler der Waage: ±0,5g. Da der Fehler eines Verdünnungsschrittes von den Fehlern der vorhergehenden 56 4. Versuchsvorbereitungen Schritte abhängig ist, nimmt der Konzentrationsfehler mit jeder Verdünnung zu. In diesem Fall steigt der Fehler innerhalb von 5 Verdünnungschritten von 6% auf 11%, bei einer jeweiligen Verdünnung von 40ml. Bestimmung des Restsalzgehaltes Die Bestimmung des Parameters Salzkonzentration cs ist ungleich schwieriger als die von n. Da die Probe in einen vollentsalzten Zustand präpariert wird, kann der Restsalzgehalt cB nur durch den Schnittpunkt der σ(n)- σ H 2O -Kurve mit der Y-Achse abgeschätzt werden. Da hierzu die Eichkurve extrapoliert werden muss, vergrößert sich der Fehler von σ(0µm-3)- σ H 2O =σB. Die Restsalzleitfähigkeit wird auf diese Weise bei den PnBAPS68-Partikeln auf σB=0,122±0,09µS cm-1 abgeschätzt. In dem die Eichkurve σ(n)- σ H 2O -σB um einen fiktiven Restsalzgehalt σB korrigiert wird, solange bis die Kurve durch den Ursprung geht, kann man σB ebenfalls abschätzen auf: σB= 0,030,12µS cm-1. 4.3.1. Bestimmung des Ladungsvorzeichens der Partikel Zur Probenpräparation gehört dazu, dass man den Zustand und die Charakteristika der Probe so gut wie möglich kennt. Wenn in diesem Zusammenhang das Ladungsvorzeichen der Partikel nicht bekannt sein sollte, so kann dieses in einem superheterodynen Lichtstreuaufbau experimentell ermittelt werden. r r Das Vorzeichen der Dopplerfrequenz ν = v ⋅ q wird dann zugänglich, wenn mittels Braggzellen die Spektren um ΔνBragg zu höheren Frequenzen verschoben werden. ΔνBragg selber stellt den verschobenen Nullpunkt dar, ΔνBragg ≡ 0Hz. Frequenzen ν, die kleiner als ΔνBragg sind, 0< ν < ΔνBragg, entsprechen den negativen Frequenzen, die anderen, ΔνBragg < ν, sind positiv. Zur Bestimmung des Ladungsvorzeichens der Partikel muss weiterhin die Feldrichtung bekannt sein, die über das Vorzeichen derr Spannung ermittelt werden kann und die r r Richtung des Streuvektors, die über q = k f − ki bestimmt wird. Bewegen sich die r Partikel in Richtung des q -Vektors, so ist die Dopplerfrequenz positiv. Liegt die r Feldrichtung in gleicher Richtung wie der q -Vektor, so sind die Partikel negativ geladen. Es ist zu beachten, dass der Frequenzshift ΔνBragg selber ein Vorzeichen besitzt. Ändert man dieses, so wird das Spektrum an der X-Achse gespiegelt, wodurch das Vorzeichen der Dopplerfrequenz ebenfalls umgedreht wird. Das Vorzeichen von ΔνBragg kann umgekehrt werden, in dem man die HF-Anschlüsse der Braggzellen vertauscht. Wird der Streustrahl um ΔνBragg verschoben, so hat die Dopplerfrequenz das richtige Vorzeichen. 4.4. Polarisationseinflüsse und Messbereich der Zelle 57 4.4. Polarisationseinflüsse und Messbereich der Zelle Unter Elektrodenpolarisationen werden alle zusätzlichen Spannungsabfälle in der Zelle verstanden, wodurch das elektrische Feld abgeschwächt wird. Es wird zunächst ein kurzer theoretischer Überblick über mögliche Arten der Elektrodenpolarisation gegeben. Darauf aufbauend wird der Messbereich der Elektrophoresezelle bestimmt. Unter dem Messbereich ist der Konzentrationsbereich der Partikel bzw. der Ionen gemeint, in dem Messungen frei von Elektrodenpolarisationen durchgeführt werden können. Der Messbereich hängt ebenfalls von der Wechselfrequenz des E-Feldes ab. Im Messbereich der Zelle wird es dann möglich sein den effektiven Elektrodenabstand zu bestimmen, der benötigt wird, um die Mobilität und die Leitfähigkeit zu berechnen. In Kapitel 7.1 werden Elektrodenpolarisationen in DC-E-Feldern, die für mehrere Stunden angelegt werden, untersucht. 4.4.1. Elektrodenpolarisation Bei der Bestimmung der Mobilität μ = v ⋅ d U oder auch der Leitfähigkeit σ = I ⋅ d (U ⋅ A) wird der Spannungsabfall zwischen den Elektroden und ihr Abstand d benötigt. Durch Polarisationseffekte kann die Messung der elektrischen Feldstärke systematisch verfälscht werden. Es sind zusätzliche Spannungsabfälle in der Zelle wie Überspannungen, Konzentrations- und Ladungsunterschiede in der Nähe der Elektroden oder Zersetzungsspannungen und Elektrolyse, die die Zelle polarisieren. Durch diese zusätzlichen Spannungsabfälle erscheinen die Leitfähigkeit und die Mobilität kleiner als sie sind. Kurze Zusammenstellung der verschiedenen Polarisationseffekte, siehe auch [13, 54]: a) An den Elektroden bilden sich innerhalb von 10-6s nach Feldeinschalten Doppelschichten, die das Feld abschirmen. Folglich fällt in der Zelle eine geringere Spannung ab als angelegt. Diese Polarisation kann nicht verhindert werden. b) Im Fall von Elektrolyse wird das in der Zelle abfallende Feld um die Zersetzungsspannung UZer gesenkt. Damit sich Ionen an der Elektrode abscheiden können, muss die angelegte Spannung größer als die Zersetzungsspannung sein, die von der Differenz der Standardpotenziale von Elektrodenmaterial und Ion abhängt. Die Elektrolyse kann durch Anlegen von Wechselfeldern unterdrückt werden. c) Bei einer Ladungsübertragung auf eine Elektrode tritt eine Überspannung Uη auf. Die rührt daher, dass eine bestimmte Aktivierungsenergie benötigt wird, 4. Versuchsvorbereitungen 58 damit das Ion seine Solvatmoleküle abstreifen, durch die Doppelschicht wandern, an der Ladungsübertragung teilnehmen kann und danach seine Hydrathülle wiederherstellen kann. Die Höhe der Überspannung hängt davon ab, wie weit der Übergangszustand von der inneren Helmholtzschicht weg liegt. Für kleine gibt die Butler-Volmer-Gleichung an: Uη Uη = ( RT / F )( j / j0 ) . (4.6.) R ist die Gaskonstante, F die Faradaykonstante und j die Stromdichte, die proportional mit Uη ansteigt. D.h. die Überspannung nimmt mit der Konzentration der Ladungsträger zu. Uη ist klein, wenn die Austauschstromdichte j0, das ist die Stromdichte im Gleichgewichtsfall, wenn der Gesamtstrom Null ist, groß ist. Eine Elektrode heißt nicht polarisierbar, wenn ihr Potenzial sich kaum ändert, wenn ein Strom fließt. Eine kleine Polarisierbarkeit ist nur bei hoher Austauschstromdichte möglich. Die H2/PtElektrode ist ein Beispiel für eine nicht polarisierbare Elektrode. Befinden sich verschiedene Ionensorten in der Lösung, so müssen nicht alle an der Ladungsübertragung teilnehmen. So werden Na+ oder auch SO2- Ionen in einer Wasserlösung nicht abgeschieden, weil sie eine höhere Überspannung benötigen als H+ bzw. OH-. d) Wenn die Diffusion der Ionen aus dem Innern der Lösung langsam ist und somit zum geschwindigkeitsbestimmenden Schritt wird, braucht man eine größere Überspannung um eine bestimmte Stromstärke erreichen zu können. Diese nennt man Konzentrationsüberspannung. Sie hängt damit zusammen, dass das Elektrodenpotenzial ΔΦ von der Aktivität der Ionen aM und somit von deren Konzentration abhängt, ΔΦ = ΔΦ 0 + ( RT / zF ) ln a M . (4.7.) e) Ist die Konzentrationsverteilung der Ionen in der Zelle nicht mehr konstant, so kann man nicht mehr davon ausgehen, dass die Feldverteilung zwischen den Elektroden homogen bleibt. Da die Stromstärke überall in der Zelle gleich sein muss, wird dort eine höhere Spannung abfallen und damit ein stärkeres Feld anliegen, wo die Anzahl beweglicher Ladungsträger gering und somit der ohmsche Widerstand hoch ist. Dies führt dazu, dass man das lokale Feld, in dem man die Mobilität der Partikel misst, nicht mehr kennt. Die meisten der zusätzlichen Spannungsabfälle, die Polarisation aufgrund der Doppelschicht kann nicht verhindert werden, hängen sowohl von der Wechselfrequenz des Feldes als auch von der Ionenkonzentration in der Lösung ab. Diese Abhängigkeiten definieren den Messbereich der Elektrophoresezelle. Der Grund für die Frequenzabhängigkeit der Polarisationseffekte liegt in einem anderen Ladungstransportverhalten bei Wechselfeldern. Im Gleichstromfall kann der 4.4. Polarisationseinflüsse und Messbereich der Zelle 59 Ladungstransport durch Austausch von Ladungen zwischen den Elektroden und der Lösung ablaufen, dies nennt man Elektrolyse. Wenn eine Wechselspannung anliegt können die Ionen die Elektroden nicht mehr erreichen und die Elektrolyse wird unterdrückt. Trotzdem kann ein Stromfluss gemessen werden, weil die Ionen im elektrischen Feld eine kurze Wegstrecke verrückt werden und dadurch auf den Elektroden eine Bildladung aufbauen. Die Lösung, die als Dielektrikum fungiert, wird durch einen solchen Verschiebevorgang polarisiert. 4.4.2. Messbereich einer Leitfähigkeitszelle Der Messbereich einer Zelle wird definiert durch den Leitfähigkeits- und damit Konzentrationsbereich, in dem eine Leitfähigkeitsmessung fehlerfrei durchgeführt werden kann. Der Messbereich hängt von der gewählten Messfrequenz, der Zellgeometrie (Elektrodenabstand d und Querschnittsfläche A), der Kapazität der Zelle C= ε 0ε ⋅ A d , (4.8.) dem Elektrodenmaterial und von der elektrotechnischen Realisation ab. Das Ersatzschaltbild einer Messzelle, siehe Abb.(4.7.), besteht in erster Linie aus einer Parallelschaltung eines kapazitiven Widerstandes R und eines ohmschen Widerstandes C. Der Gesamtwiderstand einer Zelle ergibt sich damit zu: R ges = R /(ωC ) R + 1 /(ωC ) 2 2 . (4.9.) C CP(ω) RP(ω) R CD Abb.4.7. Ersatzschaltbild einer Elektrophoresezelle. Hauptsächlich besteht die Zelle aus einer Parallelschaltung vom Widerstand R und Kapazität C. Aufgrund der Doppelschicht, CD, sowie Polarisationseffekte, CP(ω) und RP(ω), treten weitere kapazitive und ohmsche Effekte auf. 4. Versuchsvorbereitungen 60 Der für die Leitfähigkeitsmessung interessante Widerstand ist der ohmsche. Folglich sollte in einer Messung der Großteil des Stromes über diesen fließen. Idealerweise sollte daher der kapazitive Widerstand möglichst groß sein: 1 /(ωC ) >> R , d.h. heißt die Kapazität möglichst klein. Kapazitive Einflüsse können immer dann auftreten, wenn die Messfrequenz so hoch gewählt wurde, dass man den Strom über den kapazitiven Widerstand nicht mehr vernachlässigen kann. Andererseits hängen alle Polarisationserscheinung ebenfalls von der Frequenz ab: R P = a / ω . RP ist der Polarisationswiderstand und CP die Polarisationskapazität. Beide liegen in einem Ersatzschaltbild in Serie zum ohmschen Widerstand der Zelle, siehe Abb.(4.7.). Um diese Widerstände möglichst klein zu halten, sollte die Messfrequenz groß gewählt werden, genauso wie die Oberfläche A der Elektrode, weil R P ∝ A −1 ist. Die Polarisationseffekte können durch Wahl des richtigen Elektrodenmaterials minimiert werden. Bestes Beispiel ist platiniertes Platin. Es zeichnet sich zum einen durch einen hohen Austauschstrom j0 aus, zum anderen hat es eine sehr große wirksame Oberfläche, durch die dünne Schicht feinstverteilten Platins, das durch elektrolytische Abscheidung aufgetragen wird. Andere Materialien ergeben 20- bis 1000-fach erhöhte Polarisationseinflüsse. In einer Leitfähigkeitskennlinie werden die verschiedenen Polarisationseinflüsse, die den Messbereich begrenzen, deutlich. In Abb.(4.8.) ist in einer Kennlinie der Leitwert G der Zelle gegen die Leitfähigkeit σ einer Standardlösung aufgetragen, die sich in der Zelle befindet. f zu klein f zu groß Abb.4.8. Leitfähigkeitskennlinie einer Messzelle. Aufgetragen ist der Leitwert G, gemessen in der Zelle, gegen die Leitfähigkeit χ einer Standardlösung. Der Gültigkeitsbereich der σ-Messung erstreckt sich über den linearen Bereich der Kurve. Bei höheren Leitfähigkeiten führen Polarisationseffekte, wenn f klein ist, zu einer langsameren Zunahme des Leitwertes. Bei kleinen χ erhöhen dagegen kapazitive Einflüsse, wenn f zu groß ist, den Leitwert. Entnommen aus [54]. 4.4. Polarisationseinflüsse und Messbereich der Zelle 61 Der Zusammenhang zwischen G und σ ist die Zellenkonstante K=d/A: G =σ A . d (4.10.) In dieser Kennlinie ist G der Zelle durch G = I U definiert und gegen die bekannte Leitfähigkeit der Lösung aufgetragen. Aus dem linearen Zusammenhang, dies ist der Messbereich der Zelle, kann die Zellenkonstante bestimmt und somit die Zelle geeicht werden. Begrenzt wird der Messbereich durch einen bestimmten Konzentrationsbereich der Standardlösung. Die Größe und Lage des Bereichs hängt von der verwendeten Messfrequenz ab. In Abb.(4.8.) sind 2 Kennlinien eingetragen, eine für niedrige Frequenzen, die andere für hohe. Bei steigenden Salzkonzentrationen werden die Polarisationseffekte stärker. Zusätzliche Spannungsabfälle in der Zelle führen dazu, dass der gemessene Strom scheinbar zu gering ist, im Vergleich mit der an der Zelle angelegten Spannung. Bei diesen hohen Leitfähigkeiten wird ein zu niedriger Leitwert gefunden. Entsprechend fällt die Zellenkonstante K zu klein aus. Erhöht man die Messfrequenz, so können die Polarisationseffekte verringert werden und man kehrt zur Kennlinie zurück. Der ohmsche Widerstand der Zelle hängt ebenfalls von der Konzentration ab. Er nimmt mit abnehmendem Salzgehalt zu. Entsprechend nehmen kapazitive Einflüsse bei geringen Leitfähigkeiten zu. Hier ist die Leitfähigkeitsmessung bei kleinen Frequenzen die genauere. Bei hohen Frequenzen wird ein zu hoher Strom gemessen. Entsprechend ist der Leitwert zu hoch im Vergleich mit der Leitfähigkeit und folglich wird die Zellenkonstante ebenfalls zu hoch abgeschätzt. 4.4.3. Messbereich und effektiver Elektrodenabstand der verwendeten Zellen Die Leitfähigkeitskennlinien der Elektrophoresezellen, die in dieser Arbeit verwendet wurden, wurden bestimmt, in dem die Leitfähigkeit, gemessen mit dem WTWMessgerät, als Referenzwert genommen wurde und gegen den Leitwert, in der RankZelle bei einer Wechselfeldfrequenz von f=0,05Hz gemessen, aufgetragen wurde. Strom und Spannung können in der Elektrophorese-Zelle, die sich in einem mit Suspension gefüllten Pumpkreislauf mit integrierter WTW-Leitfähigkeitszelle befindet, gemessen werden. Es ist davon auszugehen, dass der Zustand der Suspension überall in der Zelle derselbe ist. Die Konzentration der Suspension liegt bei allen Messungen im Messbereich der WTW-Zelle, so dass dieser Leitfähigkeitswert als polarisationsfrei angesehen werden kann. 4. Versuchsvorbereitungen 62 0,5 12 PnBaPS68 KCl 0,4 10 8 deff/cm G/µS 0,3 0,2 0,1 6 4 2 0,0 -5 0 5 10 15 20 25 30 35 40 σ/µS cm -1 0 0 20 40 60 n/µm 80 100 120 140 -3 Abb.4.9. a, b a) Kennlinie zur Überprüfung des Messbereichs der Elektrophoresezelle Z1). Der Leitwert G einer vollentsalzten PnBAPS68-Probe bzw. einer KCl-Lösung wird in der Messzelle gemessen. σ ist der Referenzwert aus der WTW-Zelle. b) Die weitgehende Konstanz des effektiven Elektrodenabstandes deff der Zelle Z1) zeigt ebenfalls, dass Polarisationseffekte und kapazitive Einflüsse keine Rolle spielen. In Abb.(4.9.,a) ist die Kennlinie für die Zelle Z1), siehe Tab.(2.1.), dargestellt. Für die Erstellung der Kennlinie wurde sowohl eine PnBAPS68-Probe als auch eine KClLösung verwendet. Der Leitwert der Elektrophorese- Zelle wurde bei f=0,05Hz und UKlem=500V gemessen. Es ist eindeutig ein linearer Zusammenhang erkennbar, die Kurve geht zudem durch den Ursprung. Trägt man den effektiven Elektrodenabstand deff , den man entweder aus d eff = σ WTW ARank U Rank I Rank (4.11.) oder aus der Steigung der Kurve in Abb.(4.9.a) gewinnen kann, gegen σWTW auf, so ist eine leichte Abnahme von deff mit zunehmenden σWTW zu erkennen. Dies könnte ein Hinweis auf einen wachsenden Polarisationseinfluss bei höheren Leitfähigkeiten sein. Ein Vergleich mit der Kennlinie der Standardlösung KCl im selben Leitfähigkeitsbereich zeigt, dass beide Kennlinien deckungsgleich sind. Die Suspension zeigt also dasselbe Verhalten wie eine ganz normale einwertige Salzlösung. I-U-Kennlinie Trotz der geringen Wechselfeldfrequenz f=0,05Hz konnte in der Leitfähigkeitskennlinie kein gravierender Polarisationseinfluss ausgemacht werden. Ein zweiter Test ist die Messung der I-U-Kennlinie bei verschiedenen Frequenzen. Liegt Elektrolyse vor, so fließt erst ein positiver Strom, wenn die Spannung höher als die Zersetzungsspannung UZer ist. Je nachdem, ob das galvanische Element auch ohne angelegte Spannung vorliegt oder erst durch die Spannung erzeugt wird, ergeben sich zwei unterschiedliche Kurvenverläufe, siehe Abb.(4.10.,a,b). Bei höheren Frequenzen liegt keine Elektrolyse vor und die Gerade geht durch den Ursprung. 4.4. Polarisationseinflüsse und Messbereich der Zelle f=0Hz 63 I f=0Hz f>0Hz UZer U UZer Abb.4.10.a-c Kennlinienverlauf einer Galvanischen Zelle in Elektrolyseschaltung. a) Es liegt bei allen Spannungen eine Galvanische Zelle vor. Wenn U< UZer, so überwiegt der galvanische Strom. b) Das galvanische Element wird erst durch die Elektrolyse erzeugt. c)Bei höheren Frequenzen f>0Hz liegt keine Elektrolyse vor. In Abb.(4.11) werden die Strom-Spannungskurven, gemessen bei f=0,05Hz und f=400Hz und bei einer Partikelkonzentration von n=30,1µm-3, gezeigt. Als Partikelsorte wurden die PnBAPS68 verwendet, die sich in Zelle Z2) befanden. Es ist zu erkennen, dass die beiden Kennlinien weitgehend deckungsgleich sind. Das bedeutet, dass der zusätzliche Spannungsabfall aufgrund von Elektrolyse und Überspannung nur minimal ist und vernachlässigt werden kann. Die f=0,05Hz-Kurve geht innerhalb der Fehlergenauigkeit nicht durch den Ursprung. Legt man durch alle Punkte der Kurve eine Regressionsgerade, so ergibt sich eine Zersetzungsspannung von 1,19V±0,5V. Dieser Kennlinienverlauf ändert sich nicht, auch wenn man eine Gleichspannung für 24min anlegt, weil die I- und U-Werte für diesen Zeitraum konstant sind. Legt man eine Regressionsgerade an die f=400Hz-Kurve, so ergibt sich für UZer: UZer =U(I=0A)=0,02V±0,16V. Die Kurve geht wie erwartet durch Null. I-U(f=0,05Hz) I-U(f=400Hz) 0,08 I/mA 0,06 0,04 0,02 0,00 0 200 400 600 800 1000 U/V Abb.4.11. Strom-Spannungskennlinie gemessen in der Zelle Z2) bei Wechselfeldern der Frequenz f=0Hz und 400Hz, n=30,1µm-3. Die Geraden sind fast deckungsgleich. Allerdings schneidet die f=0Hz Kurve die xAchse bei 1,2V, während die f=400Hz Kurve durch den Ursprung geht. 4. Versuchsvorbereitungen 64 Das die Partikel sich an der Elektrolyse beteiligen ist damit sehr unwahrscheinlich. Das Partikel müsste, um am Ladungstransport teilzunehmen, seine Hydrathülle (Doppelschicht) abstreifen, damit es in Kontakt mit der Elektrode treten kann. Die Aktivierungsenergie und damit die nötige Überspannung für einen solchen Prozess wären aber so hoch, dass sich anstatt der Partikel die OH- Ionen abscheiden werden. Folglich können nur die H+ und OH- die Träger des elektrolytischen Stroms in einer voll entsalzten Suspension sein. Die Elektrodenreaktionen bei der Elektrolyse von Wasser sind: Kathodenprozess: H 2 O ⇔ H + + OH − 2x (4.12.) + − 2 H + 2e ⇒ H 2 (g) 2e − + 2 H 2 O ⇔ H 2 + 2OH − -0,828V Anodenprozess: H 2 O ⇔ H + + OH − 2OH − ⇒ 1 / 2O2 + H 2 O + 2e − 4e − + 4 H + + O2 ⇔ 2 H 2 O 2x 1,229V Die EMK der Zelle beträgt also –2,03V. Eine Überspannung ist für H+ und OH- bei Platin als Elektrodenmaterial auszuschließen. Der Kurvenverlauf der I-U-Kennlinie entspricht bei Wasser dem Typ b) in Abb.(4.10.). Dass eine kleinere Zersetzungsspannung gemessen wurde, könnte daran liegen, dass die OHKonzentration gegenüber dem Protonenüberschuss fast vernachlässigt werden kann. Dass keine für Elektrolyse typische Blasenentwicklung an den Elektroden beobachtet werden konnte, liegt höchst wahrscheinlich an den sehr geringen Strömen von nur: I=10-100µA. Die geringe Stromstärke ist durch einen hohen Zellwiderstand R bedingt. Dieser liegt typischerweise im 10MΩ-Bereich. Die bei n=29µm-3 gemessene UZer konnte auch bei einer anderen Konzentration, n=225µm-3, bestätigt werden: UZer=1,94V±0,53V. 4.5. Überprüfung der superheterodynen Streutheorie in der fluiden Phase Die in Kapitel 3.2. vorgestellten Berechnungen superheterodyner Spektren, Gl.(3.54.), haben aus theoretischer Sicht ihre Gültigkeit und Anwendbarkeit in strukturlosen und wechselwirkungsfreien Suspensionen ungeordneter Phase. In diesen Suspensionen kann das Partikel als Einzelteilchen betrachtet werden. Die Anwendbarkeit der in Kapitel 3 hergeleiteten Theorie in der fluiden Phase soll hier experimentell überprüft werden. Die 4.5. Überprüfung der superheterodynen Streutheorie in der fluiden Phase 65 komplizierteren Verhältnisse in der kristallinen Phase sind Thema des Kapitel 5. Alle Messungen, die in diesem Kapitel gezeigt werden, wurden mit der Zelle Z1) und dem Streuvektor q=4,63µm-3 durchgeführt. Im Rahmen dieser Arbeit wurde auf Grundlage der Gleichung Gl.(3.54.) von mir eine Fitroutine geschrieben, mit der integral gemessene superheterodyne Spektren ausgewertet werden können, wenn die Richtung des E-Feldes während der Messung nicht umgekehrt wurde. Über den Fit erhält man Angaben über die Partikelgeschwindigkeit vE, die elektroosmotische Geschwindigkeit vEO und die Diffusion. Diese Parameter gehen als Fitparameter in die Fitroutine ein. Im Anhang befindet sich eine detailliertere Beschreibung der Fitroutine. Abb.(4.12.a) zeigt ein integral gemessenes Spektrum, in der das E-Feld in nur eine Richtung orientiert war. Zu Verbesserung der Statistik wurden die Spektren von ca. 200 Durchläufen gemittelt. Die Messung dauert insgesamt zwischen 2-3sec. Verwendet wurde eine fluide PnBAPS68Suspension der Partikelzahldichte n=4,77µm-3, die Feldstärke betrug E=57,7Vcm-1. Im Vergleich mit der Fitkurve, rote Linie, ist eine sehr gute Übereinstimmung zu erkennen. Daraus kann geschlossen werden, dass das fluide Fließprofil in X-Richtung wegen der elektroosmotischen Einflüsse parabolisch ist, so wie es für Suspensionen, in denen Partikel als Einzelteilchen betrachtet werden können, von Komagata [38] berechnet wurde. Diese Messung wurde in der Zellmitte, Y=0mm, durchgeführt. Ebensolche Spektren misst man aber auch in anderen Zellhöhen. Abb.(4.12.b) zeigt eine Messserie, n=3,7µm-3 und E=57,6Vcm-1, zwischen 0mm<Y<5mm. Um nun die Partikelgeschwindigkeit zu bestimmen, muss die mittlere Geschwindigkeit im Zellquerschnitt ermittelt werden, die frei von elektroosmotischen Einflüssen ist. Es gibt hierzu 2 mögliche Methoden. -3 -1 0,0020 IL/b.E. 0,0015 veo=484,4±7,1µm s -1 D=5,1±0,45µm2s r(ve,veo)=91% r(ve,D)=-1% (bis zu -30% möglich) r(veo,D)=-1% (bis zu -30% möglich) χ2=32 (46 Freiheitsgrade) Daten Fit Y=4.8mm 0,004 -3 n=4,77µm -1 E=57,7Vcm Y=4.5mm Y=4mm 0,002 0,0000 800 Y=5mm 0,006 Y=4.9mm 0,0010 0,0005 n=3,7µm -1 E=57,6Vcm IL/b.E. 0,0025 ve=353,8±4,3µm s-1 Y=3mm Y=2mm Y=1mm 0,000 1200 1600 2000 ν/Hz 2400 2800 0 1000 2000 3000 4000 5000 ν/Hz Abb.4.12.a, b a)Das integral gemessenen fluiden Spektrum, schwarze Linie, wurde gemessen bei E=57,7Vcm-1, n=4,77µm-3 und Y=0mm. Es konnte eine sehr gute Übereinstimmung mit dem Fit, rote Linie gefunden werden. b) Ebensolche fluide Spektren, gemessen bei n=3,7µm-3 und E=57,6Vcm-1, werden auch in anderen Zellhöhen Y gefunden. Es ist zu erkennen, das die Partikel in der Nähe der Wand, Y>4,5mm, langsamer sind. 4. Versuchsvorbereitungen 66 In der einen wird die mittlere Geschwindigkeit durch Mitteln in X-und Y-Richtung bestimmt. Komagata andererseits entwickelte eine sehr elegante Methode, in der man nur das integrale Spektrum in Y=0mm zu messen brauch. Wendet man auf dieses eine Spektrum eine Fitformel an, in der seine Berechnung des exakten Geschwindigkeitsprofils in X-Richtung, Gl.(2.36.), enthalten ist, so erhält man die Partikelgeschwindigkeit, ohne das Geschwindigkeitsprofil in Y-Richtung ausmessen zu müssen. Ob beide Methoden dasselbe Resultat liefern, soll hier experimentell überprüft werden. Experimentelle Überprüfung von Komagatas Methode der Geschwindigkeitsbestimmung In der Auswertung der Spektren nach Komagata wird nicht der Schwerpunkt des Spektrums zur Geschwindigkeitsbestimmung der Partikel genommen. Da der Nulldurchgang des X-Geschwindigkeitsprofils durch den Einfluss des Y-Profils zu höheren X-Werten verschoben wird, stimmt er nicht mehr mit dem Schwerpunkt des XProfils überein, siehe Kapitel 2.3.2. Und somit ist auch der Schwerpunkt des Spektrums nicht mehr zur Partikelgeschwindigkeitsmessung geeignet. Mithilfe von Komagatas Geschwindigkeitsverteilung, Gl.(2.39.), berücksichtigt man den Beitrag des Y-Profils zum gemessenen Spektrum und kann so die Schwerpunktsgeschwindigkeit im Zellquerschnitt bestimmen. Eine etwas andere Vorgehensweise die Partikelgeschwindigkeit zu ermitteln und somit Komagatas Formel zu überprüfen, ist, die Mittelung in X-Richtung und Y-Richtung experimentell durchzuführen. Hierzu wurden integrale Spektren in X-Richtung zwischen Y=0 und 5mm gemessen, siehe Abb.(4.12.b). Nimmt man nun an, die Zelle bestehe aus 2 parallelen Platten, k→∞, so wird in der Geschwindigkeitsverteilung, die in Gl.(3.54.) eingeht, das Y-Profil nicht berücksichtigt. Dies gilt somit ebenfalls für die Fitformel, die auf Gl.(3.54.) basiert. Wertet man die Spektren mittels dieser Fitformel aus, so erhält man X- gemittelte Geschwindigkeiten, die den Schwerpunkten der Spektren entsprechen. Sie tragen noch den Beitrag der Elektroosmose aus der YRichtung in sich und sind daher abhängig von Y. In Abb.(4.13.) ist v(Y ) X gegen Y aufgetragen. Man erkennt, dass das Y-Profil im mittleren Bereich der Zelle sehr flach ist und eine Steigung im Rauschen der Datenpunkte untergeht. Erst ab Y>4mm macht sich der Gegenfluss in Wandnähe bemerkbar. Mittels des Mittelwertsatzes der Integralrechung lässt sich die in YRichtung gemittelte Geschwindigkeit v X ermitteln. Sie ist mit Y v X Y = 430,9 μms −1 genauso groß wie nach Komagata ermittelt: v = (435 ± 23) μms −1 . Der Fehler < Δv( E = 57Vcm −1 ) > x = ±23Vcm −1 ist auch schon in der Streuung der Daten erkennbar. 4.5. Überprüfung der superheterodynen Streutheorie in der fluiden Phase 67 500 Komagata <v>x /µms -1 400 300 -3 200 n=3,7µm -1 E=57,60Vcm 100 0 0 1 2 3 4 5 Y/mm Abb. 4.13. Fluides Geschwindigkeitsprofil in Y-Richtung, gemessen bei n=3,7µm-3 und E=57,6Vcm-1. Die Partikelgeschwindigkeit <v>x wurde durch Anfitten der integral gemessenen Spektren aus Abb.(4.12.b) ermittelt. In der Geschwindigkeitsverteilung Pv(v), die in dem Fit verwendet wird, wurde k→∞ gesetzt. D.h., das Y-Profil der Elektroosmose wurde bei dem Fit nicht berücksichtigt. Die Reproduzierbarkeit von <v>x beträgt < Δv ( E = 57Vcm − 1 ) > = ±23Vcm − 1 . x 4.5.1. Feldabhängige Verbreiterungsmechanismen in fluider und GasPhase Neben der Partikelgeschwindigkeit ermittelt man mit dem Fit die elektroosmotische Geschwindigkeit und die Diffusion. Der Fitparameter Diffusion, der für die Verbreiterung des Spektrums verantwortlich ist, wird in diesem Unterkapitel etwas genauer behandelt. Betrachtet man die Spektren feldabhängig, so stellt man fest, dass die Diffusionskonstante D mit dem Feld ansteigt und nicht unabhängig ist wie in der Theorie in Kapitel 3.2. behauptet. Und zwar nimmt die Diffusionskonstante, wie in Abb.(4.14.) dargestellt, linear mit dem Feld zu. 5 Silika-Partikel fluide Phase 2 D/µm s -1 4 3 2 1 0 0 10 20 30 40 -1 E/V cm 50 60 Abb. 4.14. Die Diffusion zeigt im Widerspruch zur in Kapitel 3.2. vorgestellten Theorie eine Feldabhängigkeit. Die Silika-Partikel wurden von H. Reiber hergestellt. Gemessen wurde die Probe in Z1) bei nicht bekannten n. 68 4. Versuchsvorbereitungen Dies wurde auch schon von Palberg [11] in nicht wechselwirkenden Systemen gefunden. D.h. in den Fitparameter D gehen feldabhängige Verbreiterungsmechanismen ein, die bisher nicht berücksichtigt wurden. Folgende feldabhängige Effekte, die direkt Einfluss auf die Diffusion ausüben, könnten eine Rolle spielen: a) Shear Thinning ist eine Erniedrigung der Viskosität und damit Erhöhung der Diffusion durch Scherung. Dieser Effekt tritt aber nur bei hohen Partikelkonzentrationen und Scherkräften auf. b) Durch das Anlegen eines elektrischen Feldes erhöht sich die Temperatur zwischen den Elektroden: U2 ΔT = 0,24 (ρ=elektrischer Widerstand, κ=therm. Leitfähigkeit). 8 ρκ (4.13.) Interessanterweise ist der Temperaturanstieg unabhängig vom Elektrodenabstand. Durch die Erwärmung der Suspension verringert sich die Viskosität. Ab einer kritischen Feldstärke tritt Konvektion auf. Bei den hier verwendeten Feldern beträgt die Temperatursteigerung maximal T=1,5°C. Laut T. Palberg [39] ist der Einfluss des Temperaturanstiegs auf das Spektrum minimal. c) Ein apparativer Effekt ist das Transient Time Broadening. Diese feldabhängige Verbreiterung ist begründet in der endlichen Verweilzeit der Partikel im Probevolumen. Aufgrund der Begrenztheit des Probevolumens ist das Signal ebenfalls endlich und damit verbreitert. Die Verbreiterung wird bestimmt durch: T = vEK Δx . (4.14.) Bei einer Probenvolumenausdehnung von 200μm ≤ Δx ≤ 500μm ist dieser Effekt aber minimal. Transient Time Broadening wurde von Edwards untersucht [55]. d) Suspensionsabhängige Verbreiterungen sind die Größenund Ladungspolydispersität. Die Größenpolydispersität führt zu einer Veränderung der Reibung der Partikel. Ihr Einfluss auf die feldabhängige Verbreiterung kann aber bei Δa ≤ 5% vernachlässigt werden. Die Ladungspolydispersität ist eine Folge der normalverteilten Ladungszahlen Z. Für große κa und moderate ζ ist der Zusammenhang zwischen Z und der Mobilität linear. Daher kann die Mobilität ebenfalls als normalverteilt gelten. In der Geschwindigkeitsgleichung der Partikel tritt daher ein weiterer Term, die Abweichung vom Mittelwert, auf: r r r r vEK ( y ) = vEO ( y ) + μ E E + Δμ E E . (4.15.) Im Allgemeinen ist die Beziehung zwischen z und μ nicht linear. In diesem Fall ist die Verteilung von μ asymmetrisch. 4.5. Überprüfung der superheterodynen Streutheorie in der fluiden Phase 69 e) Ein weiterer Verbreiterungseffekt ist während dieser Arbeit aufgefallen. Er beschreibt den Einfluss des elektroosmotischen Profils auf die Diffusionskonstante. Die elektroosmotische Geschwindigkeit ist abhängig vom Wandpotential und damit von der Reinigungsprozedur. Zellen, die mit Schwefelsäure gereinigt wurden, zeigen eine höhere elektroosmotische Geschwindigkeit als die, die mit Wasser gesäubert wurden. Abb.(4.15.) zeigt 2 Spektren bei der selben Konzentration aufgenommen. Es wurden hier Silika-Partikel von H. Reiber hergestellt, verwendet. vE=208,6µm s 0,0028 vEO=98,3µm s 0,0021 D=7,73µm s -1 E=57V cm -1 Daten Fit -1 2 -1 IL/b.E. IL/b.E. 0,0035 0,0014 0,0007 vE=206,54µm s 0,0012 vEO=238,54µm s 0,0009 D=9,5µm s -1 E=57V cm Daten Fit -1 2 -1 0,0006 0,0003 0,0000 -0,0007 800 -1 0,0015 0,0000 1200 1600 2000 ν/Hz 2400 2800 1000 1500 2000 2500 3000 ν/Hz Abb. 4.15. a, b Die Spektren a) und b) wurden bei derselben Konzentration und E-Feld, E=57Vcm-1 aufgenommen. In b) wurde die Zelle zuvor mit Schwefelsäure gereinigt. Während sich vE nicht verändert hat, sind vEO und D größer geworden. Möglicherweise wird D von vEO beeinflusst. Verwendet wurden Silika-Partikel von H.Reiber. n nicht bekannt. Für das linke Spektrum wurde eine in Aceton und Wasser gereinigte Zelle verwendet, rechts das Spektrum in derselben Zelle mit Schwefelsäure und Wasser gereinigten Zelle. Das angelegte Feld und die Partikelgeschwindigkeit sind in beiden Fällen dieselben. Die elektroosmotische Geschwindigkeit hat sich von vEO=98,3µm s-1 auf vEO= 238,54µm s-1 erhöht. Gleichzeitig erhöhte sich auch die Diffusion von D=7,73µm2 s-1 auf D=9,5µm2 s-1. Der Grund für eine Abhängigkeit der Diffusion von der elektroosmotischen Geschwindigkeit könnte sein, dass die Partikel aufgrund ihrer Brownschen Bewegung die Laminare, in der sie sich parallel zur Feldrichtung bewegen, wechseln können in eine benachbarte, wo die Geschwindigkeit des Mediums wegen des parabolischen Fließprofils eine andere ist, [56]. Erhöht man die elektroosmotische Geschwindigkeit, in dem man die Zelle mit Schwefelsäure reinigt oder in dem man das Feld erhöht, so ist das parabolische Fließprofil des Mediums stärker ausgeprägt und der Geschwindigkeitsgradient der Parabel größer. Entsprechend sollte in der Mitte der Zelle, X=0, eine kleinere Diffusion als am Rand der Zelle, X=0,5mm, gemessen werden. 4. Versuchsvorbereitungen 70 350 300 250 v/µms -1 200 150 100 50 0 -50 -600 -400 -200 0 200 400 600 X/µm Abb. 4.16. Fluides X-Profil, das durch eine ortsaufgelöste Messung in der Zelle Z1) bestimmt wurde. Die Fehlerbalken stellen die Breite der lorentzförmigen Peaks dar. Silika-Partikel von H.Reiber. n nicht bekannt. Abb.(4.16.) zeigt die Peakgeschwindigkeiten einer in X-Richtung ortsaufgelösten Messung, in der die Spektren das Aussehen lorentzförmiger Peaks haben. Die Breite der Spektren, in welche die Diffusion aber auch der Geschwindigkeitsgradient eingeht, ist in Form von Fehlerbalken dargestellt und nimmt von X=0 nach X=500µm zu. Da in der Auswertung die Geschwindigkeitsverteilung aufgrund des Gradienten nicht berücksichtigt wurde, kann im Fall der ortsaufgelösten Spektren keine eindeutige Aussage über die Abhängigkeit der Diffusion vom Fließprofil getroffen werden. Diese wurde, wie oben erwähnt, erstmals von Qiu und Chaikin untersucht, [56]. Die Abhängigkeit der Diffusion vom Fließprofil bedeutet nichts anderes, als dass die Diffusion von einem Geschwindigkeitsgradienten in der Zelle beeinflusst werden kann, wie ihn z.B. die Elektroosmose erzeugt. Geschwindigkeitsgradienten können auch durch Scherprozesse hervorgerufen werden. Diese Abhängigkeit der Diffusion vom Scherprozess hat Dhont [44] untersucht. Er betrachtete den Fall nicht wechselwirkender Partikel, die in einem Platte-Platte Rheometer in einem räumlich und zeitlich konstanten Schergradienten verschert werden. Ziel war es den Einfluss der Scherung auf die Diffusion zu zeigen oder genauer: Den veränderten Exponenten, in dem die Diffusion steht. Für den Self Dynamic Structure Factor fand er die Beziehung: r 1 ⎧ ⎫ 1 S S (q , t ) = exp⎨− D0 q 2t − γ&D0 q z q xt 2 − γ& 2 D0 q z2t 3 ⎬ ⋅ 3 ⎩ ⎭ V r r r ∫ dr exp{− iq ⋅ Γ ⋅ r t} V 0 0 (4.16.) Wobei Γ, ⎛ 1 0 0⎞ ⎟ ⎜ Γ = γ& ⋅ ⎜ 0 0 0 ⎟ , ⎜ 0 0 0⎟ ⎠ ⎝ der Geschwindigkeitsgradient und γ& die Scherrate sind. Die Geschwindigkeit des r r Mediums ist dann gegeben durch: u0 = Γ ⋅ r . Die Raumorientierung des 4.5. Überprüfung der superheterodynen Streutheorie in der fluiden Phase 71 Scherexperimentes ist der des Elektrophorese-Experimentes angepasst: Fließrichtung ist Z, Richtung des Gradienten ist X. Die Information über die Diffusion unter Scherung steht in der ersten r Exponentialfunktion in Gleichung (4.16.). Da q im Elektrophorese-Experiment in ZRichtung liegt, ergibt sich r jetzt S S 1 (q , t ) genannt wird: für die erste Exponentialfunktion, r 1 ⎧ ⎫ S S 1 (q , t ) = exp⎨− D0 q 2t − γ& 2 D0 qz2t 3 ⎬ 3 ⎩ ⎭ die ab (4.17.) Mit D0=6,3µm2/s, qz=4,63µm-1 und γ& =100Hz, ergibt sich für die Abfallkonstanten in den Termen des Exponenten: D0q2=135s-1 ⇒ τ1=( D0q2)-1 = 0,007sec γ& =100Hz: (1/3 γ& 2qz2 D0)1/3=76,64 s-1 ⇒ τ2=(1/3 γ& 2qz2 D0)-1/3 = 0,013sec γ& =1Hz: (1/3 γ& 2qz2 D0)1/3=3,6 s-1 ⇒ τ2=(1/3 γ& 2qz2 D0)-1/3 = 0,28sec (4.18.) (4.19.) Da der scherratenabhängige 2.Term in Gl.(4.17.) ein nichtlineares Zeitverhalten zeigt, ist τ2 keine wirkliche Abfallkonstante. Vielmehr hängt die Stärke des Abfalls von der Zeit ab. Wie Abb.(4.17.) zeigt, spielt der zweite Term im Fall γ& =100Hz sehr wohl eine Rolle, während er im Fall γ& =1Hz keine spielt. Daher kann in einem Eletrophoreseexperiment bei höheren Scherraten die gemessene Diffusion feldabhängig sein. (Die Höhe der Scherrate hängt von der Stärke des angelegten E-Feldes ab). Unter der gemessenen Diffusion ist der Fall zu verstehen, dass man von der ursprünglichen Exponentialfunktion, exp(-Dq2t), ausgeht. 1,0 τ=τ1+τ2; γ=100Hz τ=τ1 exp(-t/τ) 0,8 τ=τ2; γ=100Hz 0,6 0,4 0,2 0,0 0,00 0,01 0,02 0,03 t/sec Abb.4.17. Einfluss der Abfallkonstanten τ1 und τ2 auf die zeitliche Abnahme von SS1(q,t). τ2 ist keine wirkliche Konstante, da sie von der Zeit abhängt. Durch ihren Einfluss ist der Abfall nicht mehr nur durch eine Exponentialfunktion beschreibbar. 4. Versuchsvorbereitungen 72 Dann ergibt sich für die gemessene Diffusion: Dgemessen(t)= D0 +1/3 γ& 2qx2 q-2 D0 t2. (4.20.) Interessanterweise divergiert dieses Dgemessen mit t, weswegen Dhont diese Definition der Diffusion unter Scherung wohl auch nicht eingeführt hat. Wie aber aus Abb.(4.17.) r zu ersehen ist, ist S S 1 (q , t ) nach ca. 20µsec abgefallen. Die Diffusion Dgemessen zu diesem Zeitpunkt in Abhängigkeit von der Scherrate zeigt Abb.(4.18.). Bei kleinen Scherraten läuft der Wert von Dgemessen auf D0 zu. 16 D(γ) Fit+Extrapolation 14 D/µmcmV s -1 -1 12 10 8 6 4 2 0 0 20 40 -1 60 80 100 γ/s Abb. 4.18. Theoretischer Verlauf der Diffusion in Abhängigkeit von der Scherrate. Die Diffusion Dgemessen wurde hier nach Gl.(4.20.) bestimmt. Da Dgemessen von t abhängt, wurde t=20µsec gesetzt. Dies ist die Zeit, ab der r S S1 (q , t ) auf Null abgefallen ist. Allerdings kann man die Überlegungen von Dhont nicht ganz auf dieses Experiment übertragen. In Gl.(4.16.) geht er von einer örtlich konstanten Scherrate aus. Dies hat zur Folge, dass das zweite Integral die Nährung einer Delta-Funktion darstellt. Die SS Funktion tendiert daher innerhalb des Zeitintevals Δt = 1 (γ& ⋅ q zV 1 / 3 ) gegen Null. Diese Abfallzeit ist mit Δt=10-6sec, V1/3=1000µm, kürzer als die der Diffusion, τ1 und τ2, so dass man mit einem Standard DLS-Experiment keine tiefgehenden Informationen über die Scherabhängigkeit der Diffusion gewinnen kann. Im Elektrophorese-Experiment dieser Arbeit hängt die Scherrate aber sehr stark vom Ort ab, so dass das zweite Integral in Gl.(4.16.) keine Delta-Funktion darstellen kann. So konnten Ware und Flygare, siehe auch Pekora [43, 57], in einem Elektrophorese –Experiment nicht nur die Partikelgeschwindigkeit, sondern auch den diffusiven Abfall des Signals und somit die Diffusion messen. 73 800 24 22 20 18 16 14 12 10 8 6 4 Dgemessen E=57,6Vcm Partikel (fluid) vEO 700 -1 -1 E=57,6Vcm -1 600 v/µms D/µm s 2 -1 4.5. Überprüfung der superheterodynen Streutheorie in der fluiden Phase 500 400 300 0 1 2 3 4 n/µm -3 5 6 7 0 1 2 3 4 5 6 7 -3 n/µm Abb. 4.19. a, b a) und b) zeigen die Konzentrationsabhängigkeit der Diffusion und der elektroosmotischen Geschwindigkeit gemessen mit einer PnBAPS68 Probe in Z1) bei E=57,6Vcm-1. D wie auch vEO in nehmen mit abnehmender Partikeldichte n zu. Die Partikelgeschwindigkeit vE liegt in der Größenordnung wie vEO. D/µm s 2 -1 In Abb.(4.19.) werden die gemessene Diffusion bei E=57,6V cm-1 und die elektroosmotische Geschwindigkeit gegen n dargestellt. In beiden Fällen ist eine Zunahme der jeweiligen Messgröße mit abnehmenden n sichtbar. Dies könnte ein Anzeichen für die Abhängigkeit der Diffusion von der elektroosmotischen Geschwindigkeit sein, deren Größe die Scherrate bestimmt. Trägt man D gegen vE0 für die verschiedenen Partikelzahldichten n auf, E=57,6Vcm-1, Abb.(4.20.), so erkennt man einen proportionalen Zusammenhang. Interessant ist die anscheinende n- Abhängigkeit von vE0. Ob dies zurückzuführen ist auf Zellreinigungen, alle 3 Tage wurde die Zelle mit Wasser und Aceton gereinigt, oder auf Partikelbeschichtung der Glaswände, ist nicht klar. 24 22 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 -1 E=57,6Vcm 0 100 200 300 400 500 600 700 800 -1 vEO/µms Abb. 4.20. Aufgetragen ist D gegen vEO für die in Abb.(4.19.) gezeigten verschiedenen Partikelzahldichten. Möglicherweise existiert ein proportionaler Zusammenhang zwischen D und vEO. 4. Versuchsvorbereitungen 74 Es wäre auch denkbar, dass das Oberflächenpotenzial des Glases von der Partikelkonzentration abhängt, so wie dies für das Oberflächenpotenzial der Partikel gilt. Wie man weiter in Abb.(4.19. b) sieht, liegen elektroosmotische- und Partikelgeschwindigkeit in derselben Größenordnung und zeigen über große Konzentrationsbereiche eine ähnliche n-Abhängigkeit. Abschließend ist zu bemerken, dass eine Auswertung der Spektren bzgl. der Ladungspolydispersität nicht sinnvoll erscheint, solange eine eindeutige Trennung der Verbreiterungsmechanismen Ladungspolydispersität und Elektroosmose nicht möglich ist. Weiterhin ist unklar, warum die Extrapolation der D(E)-Kurve die Abszisse unterhalb von D0=6,3µm2s-1 schneidet, siehe Abb.(4.21.). 600 24 n=0,13µm -3 n=5,3µm 500 -3 20 -3 2 -1 16 300 D/µm s vEO/µms -1 400 n=0,13µm -3 n=5,3µm 200 100 12 8 4 0 0 0 10 20 30 40 -1 E/Vcm 50 60 0 10 20 30 E/Vcm 40 50 60 -1 Abb.4.21.a, b a) und b) zeigen je 2 Messungen durchgeführt mit einer PnBAPS68 Probe bei n=0,13µm-3 und n=5,3µm3 . a) vEO zeigt lineare Abhängigkeit mit E, die Geraden gehen durch den Ursprung. b) D(E)-Kurven schneiden die y-Achse oberhalb des Ursprungs. Der Schnittpunkt liegt allerdings niedriger als die erwarteten D0=6,3µm2s-1. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 75 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel Die Gleichgewichtseigenschaften kolloidaler Kristalle, sowohl die von Hartkugeln in organischem Solvent einschließend, als auch von geladenen Kugeln dispergiert in wässrigen Lösungen, haben in der vergangen Jahren viel Beachtung geschenkt bekommen [1, 58]. In letzterer Zeit verschob sich der Fokus mehr in Richtung NichtGleichgewichtseigenschaften wie Phasenübergangskinetik oder das Verhalten in externen Feldern [59, 60]. Insbesondere wurde der Einfluss elektrischer Felder auf die stationäre Struktur als auch auf die Kinetik struktureller Neuanordnungen mit optischen und vorzugsweise mit mikroskopischen Methoden [12, 61, 62] untersucht. Während die elektrophoretische Bewegung von Einzelpartikeln umfangreich studiert wurde [63] und theoretisch bereits gut verstanden ist [5, 33, 34], beginnt man erst damit den Reichtum an Phänomenen in kristallinen Systemen zu entdecken. 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase Die Phänomenologie der Kristallelektrophorese am Beispiel der PnBAPS68-Partikel ist Thema des Kapitels 5.1., siehe auch [64]. Es wird in den verschiedenen Unterkapiteln die Abhängigkeit des Fließprofils vom Ort, in X-und Y-Richtung, von der Konzentration, vom E-Feld und von der Zeit vorgestellt. Letztendlich wird das Aufschmelzen kristalliner Suspension in elektrischen Feldern besprochen. Wenn nicht anders gesagt, wurden die gezeigten Spektren unter einem Streuwinkel Θ=9,41°, das entspricht einem Streuvektor von q=4,63µm-1, in Zelle Z1) gemessen. 5.1.1. Ortsabhängigkeit des kristallinen Spektrums in X-Richtung -3 -3 0,0010 -1 n=2,4µm , E=56,7Vcm Fit 0,0012 -1 n=16µm , E=56,7Vcm Y=0mm 0,0008 IL/b.E. IL/b.E. Y=0mm 0,0008 0,0006 0,0004 0,0004 0,0002 0,0000 0,0000 1200 1600 2000 2400 2800 ν/Hz 1000 1500 2000 2500 3000 ν/Hz Abb. 5.1.a, b a) Beispiel eines fluiden, b) Beispiel eines kristallinen Spektrums, integrale Messmethode. Das fluide Spektrum, gemessen in Zelle Z1) bei n=2,4µm-3 und E=57,6Vcm-1, entspricht den theoretischen Vorstellungen, rote Kurve ist der Fit an die Daten. Das kristalline Spektrum, gemessen in Z1) bei n=16µm-3 und E=57,7Vcm-1, wird vom scharfen Peak vom Blockfluss stammend dominiert. Datenaufnahme ist beschränkt auf eine Feldrichtung, f=0,05Hz. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 76 In Abb.(5.1.a, b) sind zwei Beispiele, ein typisch fluides und ein kristallines Spektrum, dargestellt. Die Datenaufnahme war beschränkt auf nur eine Feldrichtung in der Periode zwischen 2 Feldumkehrungen, f=0,05Hz. Um die Statistik zu verbessern, wurden die Spektren von 100-200 Durchläufen gemittelt. Während im fluiden Zustand das erwartete und im Kapitel 4.5. beschriebene Spektrum gemessen wird, setzt sich das kristalline Spektrum aus einem scharfen, dominanten Peak und einen Bereich konstanter, geringer spektraler Leistungsdichte bei kleineren Frequenzen zusammen. In einer ortsaufgelösten Messung können die Anteile des kristallinen Spektrums lokalisiert werden. Die ortsaufgelöste Messmethode wird in Kapitel 4.1. beschrieben. -3 0,0006 IL / b.E. IL / b.E. 0,0015 n = 25,2 µm -1 E = 57,6 Vcm x = 500 µm 0,0009 0,0003 -3 n = 25,2 µm -1 E = 57,6 Vcm X = 480 µm 0,0010 0,0005 0,0000 0,0000 1000 1500 2000 2500 3000 1600 1800 2000 ν/ Hz 2200 2400 ν/ Hz 0,0030 0,0035 -3 0,0025 -3 0,0030 0,0025 IL / b.E. 0,0020 n = 25,2 µm -1 E = 57,6 Vcm X = 450 µm IL / b.E. 0,0015 0,0010 0,0020 0,0015 0,0005 0,0010 0,0000 0,0005 1600 1800 2000 2200 0,0000 2400 1600 ν / Hz IL / b.E. 0,003 1800 2000 2200 2400 ν/ Hz -3 0,012 n = 25,2 µm -1 E = 57,6 Vcm X = 330 µm 0,009 IL / b.E. 0,004 n = 25,2 µm -1 E = 57,6 Vcm X = 400 µm 0,002 0,001 -3 n = 25,2 µm -1 E = 57,6 Vcm Integral 0,006 0,003 0,000 0,000 1600 1800 2000 ν/ Hz 2200 2400 1600 1800 2000 2200 2400 ν/ Hz Abb. 5.2.a-f a-e) Ortsaufgelöste Messreihe in X-Richtung. Die Messorte liegen zwischen Wandbereich, X=500µm, und Zellmitte,X=0µm. Die Messungen wurden mit einer Bl5=100µm Blende bei n=25,3µm-3 und E=57,1Vcm-1 in Y=0mm durchgeführt. Es ist zu sehen, dass der spektrale Beitrag bei kleinen Frequenzen vom Wandbereich stammt. f) zeigt dieselbe Probe aber nun aufgenommen in einem integralen Spektrum. Abb.(5.2. a-e) zeigt eine Serie ortsaufgelöster Spektren in Abhängigkeit von der Position in X-Richtung. Die anderen Parameter der Messung waren: Y=0mm, n=25,2µm-3 und E=57,1µm-3. Man erkennt, dass der dominante Peak aus dem mittleren 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 77 Bereich der Zelle stammt, während der spektrale Beitrag bei kleinen Frequenzen nur in Wandnähe von X=500µm bis X=400µm gefunden wird. Das integrale Spektrum muss also im kristallinen Zustand eine Folge eines Fließprofils sein, das dominiert wird von einem Blockfluss konstanter Geschwindigkeit im Zellinneren, der zur Wand hin abbricht. Während der scharfe Peak des Spektrums vom Blockfluss stammt, muss der konstante Leistungsdichtebeitrag bei kleinen Frequenzen als linear ansteigendes Geschwindigkeitsprofil gedeutet werden. Ein integrales Spektrum vom Typ Abb.(5.1.b) oder Abb.(5.2.f) lässt daher auf folgendes Geschwindigkeitsprofil schließen, Abb.(5.3.): 300 250 v/µms -1 200 150 100 50 0 -600 -400 -200 0 200 400 600 X/µm Abb. 5.3. Skizze der Profilform in X-Richtung für Spektren der Form Abb.(5.1.) und (5.2.). Es gibt allerdings keine eindeutige Interpretation für das Fließverhalten in Wandnähe. Eine Möglichkeit ist, dass der Kristall aufschmilzt. Es könnte ebenfalls sein, dass hier Lagengleiten vorliegt, so wie es R. Biehl in Scherversuchen zeigen konnte [65]. 5.1.2. Konzentrationsabhängigkeit des Spektrums 0,0015 x=320µm 0,0010 x=380µm IL/b.E. x=450µm 0,0005 x=460µm x=470µm x=500µm 0,0000 1600 2000 2400 2800 ν/ Hz Abb. 5.4. Ortsaufgelöste Spektren an verschiedenen Positionen in X-Richtung gemessen. Die Messreihe wurde in der Nähe des Phasenübergangs (n=8,6µm-3), bei einem Feld von E=57,6Vcm-1, in der Zellmitte (Y=0mm), mit einer Bl5=30µm Blende, durchgeführt. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 78 6 n = 67,4 µm-3 -1 E = 57,6 Vcm 0,025 X = 0 µm -3 4 IL / b.E. 0,020 X = 300 µm n = 67,4 µm -1 E = 57,6 Vcm Integral 2 IL/b.E. 0,015 X = 400 µm 0,010 0,005 X = 500 µm 0 1600 2000 2400 0,000 1600 2800 1800 2000 2200 2400 ν/ Hz ν/ Hz Abb.5.5.a, b a) X-Ortsaufgelöste kristalline Spektren bei hohen Konzentrationen n=67,4µm-3 und E=56Vcm-1. In Wandnähe, X=500µm, findet man einen immobilen Kristall. b) Das integrale Spektrum derselben Probe. 0,20 1,0 0,16 0,8 0,12 0,6 0,08 0,4 0,04 0,2 0,00 low frequency peak spectral density intermediate spectral density Das in der kristallinen Phase gemessene Profil ist abhängig von der Konzentration. Bei kleinen n, in der Nähe des Phasenübergangs, ist der Wandbereich sehr ausgeprägt. Wie in der ortsaufgelösten Messung, Abb.(5.4.), bei n=8,6µm-3 und Y=0mm zu sehen ist, kann man hier davon ausgehen, dass der Kristall in Wandnähe aufgeschmolzen ist. Bei X=500mm ist bereits schwach ein fluides Maximum zu sehen. Dass der kristalline Peak verschwindet, zeigt, dass der Wandbereich im Vergleich zu n=25,2µm3, siehe Abb.(5.2.), größer geworden ist. Es deutet also alles daraufhin, dass beim Übergang von der kristallinen in die fluide Phase der Kristall von der Wand aus aufschmilzt. Bei höheren n ab n> 60µm-3 bildet sich dagegen an der Wand eine immobile Wandlage. In Abb.(5.5.) wird eine Messung bei n=56µm-3 gezeigt. 0,0 0 20 40 -3 n / µm 60 80 Abb.5.6. Spektrale Leistungsdichteverhältnisse, gemessen in Zelle Z1). Offene Rauten: Leistungsdichte bei kleinen Frequenzen im Verhältnis zur Blockpeakleistungsdichte. Geschlossene Dreiecke: Leistungsdichte vom immobilen Wandkristall kommend im Vergleich zur Peakleistungsdichte. 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 79 Eine Möglichkeit, um den Einfluss des Wandbereichs zu quantifizieren, ist, die spektrale Leistungsdichte, die vom Wandbereich stammt, ins Verhältnis zu setzen mit der, die vom Blockpeak in der Zellmitte kommt. Die offenen Symbole in Abb.(5.6.) zeigen das Verhältnis der spektralen Leistungsdichte bei geringen Frequenzen zu der des Zentralpeaks, die geschlossenen geben das Verhältnis der Leistungsdichten von Wandpeak und Zentralpeak wieder. Es ist zu erkennen, wie bei abnehmenden n das Niveau der Leistungsdichte bei den kleinen Frequenzen steigt. Genauso wird der Wandpeak größer, wenn n erhöht wird. Eine weitere Möglichkeit, den Wandbereich zu charakterisieren, ist, seine Ausdehnung zu messen. Verwendet man hierzu die ortsaufgelöste Methode, so muss ihr Auflösungsvermögen bekannt sein. Laut der Berechnungen in Kapitel 4.1. sollte die Auflösung, wenn man eine Bl5=100µm Blende verwendet, 50µm betragen. Betrachtet man aber nochmals die ortsaufgelösten Spektren in Abb.(5.2.a-e), so muss man feststellen, dass der Peak des Kristallblocks auch in den Spektren des Wandbereichs auftaucht, obwohl der Wandbereich maximal auf 120µm abgeschätzt werden könnte. Tatsächlich ist das Auflösungsvermögen wegen parasitären Streulichts wesentlich schlechter: Auflösungsvermögen der ortsaufgelösten Messmethode Ein Beispiel für die ortsaufgelöste Methode, in der eine Blende Bl5=30µm verwendet wurde, zeigt Abb.(5.4.). Bis zu X=350µm ist nur der Hauptpeak sichtbar, der auch im Integralspektrum dominiert. Bei X=380µm erscheinen zusätzliche spektrale Leistungsdichten bei kleineren Frequenzen. Während bei X=470µm der Hauptpeak verschwunden ist. Daraus kann man schlussfolgern, dass die X-Ausdehnung des beobachteten Streuvolumens in der Größenordnung von 70±20 µm liegt. Diese Abschätzung liefert eine um einiges schlechtere Auflösung als die in Kapitel 4.1. berechnete, 16µm. In der Berechnung wurde allerdings der Einfluss parasitären Streulichts nicht berücksichtigt. Der Grund für parasitäres Streulicht ist, dass das Bild des Zellquerschnitts nicht überall gleichzeitig scharf abgebildet werden kann. Dass aber die X-Auflösung bestenfalls 70µm beträgt, würde erklären, warum man bei höheren n den Wandbereich nicht mehr getrennt vom Mittenbereich sehen kann, siehe Abb.(5.2.ae). Wie noch gezeigt wird, siehe Abb.(5.41.b), beträgt hier laut Integralmessung die Ausdehnung des Wandbereichs im Mittel dx=60µm und ist damit kleiner als die Auflösung in einer ortsaufgelösten Messung. Die ortsaufgelöste Methode kann daher bei höheren Konzentrationen eine obere Abschätzung der Größe des Wandbereichs dx liefern, für eine quantitative Auswertung ist sie aber nicht mehr geeignet. Der Parameter dx ist ein Maß für die Ausdehnung des Wandbereichs, der hier durch einen Bereich linear ansteigender Geschwindigkeit, siehe Abb.(5.3.), beschrieben wird. Er wird in integralen Spektren über das Verhältnis von spektralen Leistungsdichten 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 80 bestimmt: Nachdem die integrierte spektrale Leistungsdichte IL,ges durch Integration über das ganze Spektrum berechnet wurde, wird die Frequenz gesucht, bei der sich die integrierte Leistungsdichte halbiert. Über diese berechnet sich die mittlere Geschwindigkeit. Gleichung Gl.(5.41.) stellt den Zusammenhang zwischen mittlerer und Peakgeschwindigkeit her und definiert dx. Eine genaue Erläuterung findet sich in Kapitel 5.3. 5.1.3. Ortsabhängigkeit des Spektrums in Y-Richtung Das in X gemessene Profil hängt auch von der Y-Richtung ab. -3 n=90,4µm 0,14 -3 n=55,5µm , E=56,7Vcm y = 4,9mm y = 4,8mm y = 4,7mm -1 0,12 IL/b.E. 0,04 0,03 Y=5mm Y=4,9mm 0,10 Y=4,8mm Y=4,7mm 0,08 Y=4,5mm 0,02 Y=4mm 0,01 Y=3mm y = 4,5mm IL / b.E. 0,05 y = 4,0mm 0,06 0,04 y = 3,0mm 0,02 Y=0mm 0,00 y = 0,0mm 0,00 1200 1600 2000 2400 2800 3200 ν/Hz 1600 2000 2400 2800 ν/ Hz Abb. 5.7.a, b Integrale Spektren bei verschiedenen Y-Positionen. In Wandnähe werden die Spektren fluidähnlicher. Während in a), n=55,5µm-3 und E=56,7Vcm-1, ein linear ansteigendes Geschwindigkeitsprofil vorliegt, findet man in b), n=90.4µm-3 und E=56,1Vcm-1, einen immobilen Wandkristall. In Abb.(5.7.a) werden die integral gemessenen Spektren bei n=55,5µm-3 zwischen Y=0 und Y=5mm gezeigt. Im Bereich 0< Y< 4,5mm ändert sich die Spektrenform nicht. Sie ähnelt den oben beschriebenen Spektren bei Y=0mm. Das Profil der Leistungsdichte bei kleinen Frequenzen ist flach, wenig ausgeprägt. Dies entspricht einem linear ansteigenden Geschwindigkeitsprofil. Ab Y> 4,5mm weicht das Profil merklich auf und zeigt mehr fluide Merkmale. Das Profil bei kleinen Frequenzen wird immer dominanter. In Abb.(5.7.b) wird ein Y-Profil bei höheren n gezeigt. In der Mitte ist hier ein immobiler Wandkristall zu sehen, der zu höheren Y-Werten hin verschwindet. Aufgrund dieser Beobachtungen lässt sich das Geschwindigkeitsprofil im Querschnitt der Zelle skizzieren, siehe Abb.(5.8.). In der Mitte der Zelle befindet sich der Block, der in X-Richtung begrenzt wird durch eine dünne Schicht sich bewegender oder immobiler 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 81 Abb. 5.8. Schematische Darstellung des Phasenverhaltens im Zellquerschnitt, hervorgerufen durch die Bewegung im E-Feld. Wandkristalle. Ab Y>4,5mm nimmt die Größe des Wandbereichs in X-Richtung zu. Der Kristallblock läuft sozusagen spitz zu. 5.1.4. Feldunabhängigkeit der Spektrenform Solange der Kristall im Feld nicht aufschmilzt, ist der Zusammenhang zwischen der Peakposition, d.h. der Position des Maximalwertes des Spektrums, und Feldstärke linear. Auch die Form des Spektrums ändert sich nicht, siehe Abb.(5.9.a, b). Die Größe des Wandbereichs dx unterliegt einigen Schwankungen, die auch in Abb.(5.41.b) dokumentiert werden. In Abb.(5.41.b) wurde dx ebenfalls bei verschiedenen E-Feldern gemessen. Trotzdem ergab sich der allgemeine Trend, dass dx mit zunehmenden n kleiner wird. Aufgrund der großen Schwankungen ist das mittlere dx mit einem großen Fehler von ±50µm belegt. Diese Schwankungen können unter anderem eine Folge der Justage sein. 0,04 -3 n=45,5µm 200 -1 n=45,5µm E=120Vcm , dx=50µm -3 160 0,02 -1 E=36Vcm , dx=45µm 0,01 120 dx/µm IL/b.E. 0,03 80 -1 E=12Vcm , dx=60µm 0,00 1200 1600 2000 ν/Hz 2400 2800 40 0 0 20 40 60 -180 E/Vcm 100 120 Abb.5.9.a, b a) Spektren bei verschiedenen E-Feldern, aufgenommen bei n=45,5µm-3 in Zelle Z5) mit einem Streuvektor q=4,3µm-1. b) Bestimmung der Größe des Wandbereichs dx bei derselben Probe. Innerhalb der Fehlergenauigkeit ändert sich dx und damit die Profilform nicht mit dem E-Feld. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 82 Da bei nicht optimaler Justage die Gesamtstreuintensität abnimmt, kann unter Umständen der Beitrag der Leistungsdichte bei kleinen Frequenzen, Wandbereich, im Untergrund verschwinden. In diesem Fall wird die Größe des Wandbereichs stets unterschätzt. Im Gegenzug liefert eine ortsaufgelöste Messung des Wandbereichs, Abb.(5.40.a, b), wegen der begrenzten Ortsauflösung von 70µm eine obere Abschätzung, siehe auch Diskussion in Kapitel 5.1.2. In einer Messreihe gilt generell der Trend, dass die integrierte Leistungsdichte mit abnehmendem E-Feld abnimmt, siehe auch Kapitel 5.2. Da sich aber die Profilform qualitativ und innerhalb der Genauigkeit von dx auch quantitativ nicht mit dem Feld ändert, kann die Ursache der Leistungsdichteabnahme nicht die Profilform sein. Ein weiteres Beispiel für die Feldunabhängigkeit der Profilform ist Abb.(5.31.a). 5.1.5. Die Zeitabhängigkeit des kristallinen Fließverhaltens Die Zeitabhängigkeit des Fließprofils auf kurzen Zeitskalen (t<1sec), Initialfluss genannt, ist eine Folge von elastischen Verspannungen der Kristallstruktur. Elastische Verspannungen werden auch sichtbar in einem optischen Phänomen, genannt Aufblinken der Kristallite. Wegen des engen Zusammenhangs zum Fließverhalten wird zunächst das optische Phänomen vorgestellt. Anschließend folgen die Beschreibungen des mit dem Aufblinken zeitgleich auftretenden Initialflusses, des sich zeitlich anschließenden Blockflusses, t> 2sec, sowie der Kanalverengung, die nach ca. einer Stunde ihren Endzustand erreicht hat. 5.1.5.1. Das Aufblinken der Kristallite nach der Feldumkehr t=-40ms Wand t=0 t=40ms t>40ms Fließrichtung Abb. 5.10. Polarisationsmikroskopiebilder aufgenommen per Video. Gezeigt wird eine Bilderserie während des Feldumschaltens. Das E-Feld hatte die Stärke E=57Vcm-1. n lag bei n=25µm-3. Zur besseren Veranschaulichung des Phänomens wurden größere Kristallite gezüchtet, in dem die Nukleation im EFeld durchgeführt wurde. Der mit dem schwarzen Pfeil markierte Kristall zeigt, hervorgerufen durch die Bewegungsumkehr, eine Veränderung der Intensitäts- und Farbverteilung. 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 83 Zur optischen Untersuchung der Kristallbewegung im elektrischen Feld wurde ein Polarisationsmikroskop mit einer Vergrößerung des Objektivs von 15x bzw. 50x verwendet. Abgebildet wurde die kristalline Suspension direkt unter der ersten Glaswand der Elektrophorese-Zelle, die mit ihrer flachen Seite unter das Mikroskop gelegt wurde. Aufgenommen wurden die Bilder mit einer EHDkamPro04-CCD-Kamera von EHD, die anstelle des Okulars installiert werden konnte. Die Bilder wurden in einem S-VHS Videoformat gespeichert. Die Zeitauflösung beträgt hier 25 Bilder pro Sekunde, also 40ms pro Bild. Die Elektrophoresezelle, die auch bei den LDVMessungen eingesetzt wurde, war in einen Pumpkreislauf integriert, um die Suspension im voll entsalzten Zustand untersuchen zu können. Es wurden Videoaufnahmen bei verschiedenen Volumenbrüchen, Feldern und Frequenzen durchgeführt, weiterhin wurde der Spannungsoffset variiert. Der Farbkontrast bei der Polarisationsmikroskopie beruht nicht auf der optischen Anisotropie, das Kristallgitter ist kubisch, sondern darauf, dass die an den Kristallen auftretende Braggstreuung polarisiert ist. Daher wird die Polarisationsrichtung des durchgehenden Lichts dieser Farbe gedreht. Unterschiedliche Kristallorientierungen führen zu unterschiedlichen Farben. Mit zunehmender Intensität der Braggreflexion nimmt auch die Drehung der Polarisationsebene des transmittierenden Lichts zu, d.h. unter gekreuzten Polarisatoren erscheint der Kristall heller, [66]. Die allgemeine Beobachtung ist, dass sich das polykristalline Material in einem Blockfluss durch die Zelle bewegt. Nur in der Nähe der Glaswand, Y-Richtung, ist eine Abnahme der Geschwindigkeit zu beobachten. Die relative Lage der Kristallite im Block verändert sich während des Flusses nicht. Während Polykristallite in verschiedenen Farben gemäß ihrer willkürlichen Orientierung im Raum erscheinen, zeigen Wandkristalle wegen ihrer Ausrichtung eine uniforme Farbgebung. Bei jeder Richtungsumkehr des Flusses zeigen einige der Kristallite ein Umschalten ihrer Intensitäts- und Farbverteilung. Außerdem ist in manchen Fällen eine kurze Zunahme der Intensität zu erkennen. Diese Änderung der Streueigenschaften, die Aufblinken genannt werden soll, spielen sich in den ersten 40ms nach der Richtungsumkehr ab. Der mit dem Pfeil markierte Kristall in Abb.(5.10.) zeigt in dieser Bilderserie ein Aufblinken. In einem zweiten Schritt wurde das Blinken in Abhängigkeit eines Spannungsoffsets UOff untersucht. Ist UOff=0V, so ist die anliegende Rechteckspannung symmetrisch U =±500V. Wählt man UOff =500V, so liegen Pulse der Höhe U=1000V und Länge t=1/2f an. Das Blinken ist auf beiden Flanken zu erkennen, nimmt aber von Puls zu Puls ab. Wählt man U=±200V und UOff =300V, so liegt die Rechteckspannung komplett im positiven Bereich zwischen Uup=500V und Udown=100V. Es ist nun kein Blinken mehr zu beobachten. Um den Einfluss der Morphologie zu studieren, wurde das Aufblinken in Abhängigkeit der Kristallgröße untersucht. Ändert man die Partikelzahldichte n, so verändert sich die 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 84 Abb.5.11. Polarisationsmikroskopieaufnahmen. Gezeigt wird von links nach rechts der Phasenübergang von der Phase wandorientierter Kristalle, n≤19µm-3, homogene Nukleation, in die polykristalline Phase n≥23µm-3. Größe der Kristallite. Bei geringen Konzentrationen, n<19µm-3, die Phasengrenze Fluid- Kristallin liegt bei 5,8µm-3, herrschen zum Teil großflächige, orientierte Wandkristalle vor. Meistens findet man aber abwechselnd farbige, polykristalline Strukturen wie bei einem Schachbrettmuster. Dies sind wandorientierte, verzwillingte Kristalle. Sie resultieren aus der heterogenen Nukleation an der Glaswand. Zu höheren Konzentrationen hin überwiegt die homogene Nukleation, die polykristallines Material hervorbringt. Der Übergang zwischen dem schachbrettartigen Muster und dem Polykristall liegt im Bereich n=19-23µm-3, siehe Abb.(5.11.). Erhöht man n weiter so nimmt die Anzahl der Nukleationskeime pro Zeit zu. Weil dadurch der Raum, den ein Kristallit zur Verfügung hat, kleiner wird, bleiben die Kristallite mit steigendem n kleiner, siehe Abb.(5.12.). 180 Kristallitgrössen bestimmt mit Debye- Scherrer Technik Polarisationsmikroskopie 160 140 L / μm 120 100 80 60 40 20 0 20 30 40 n / μm 50 60 70 -3 Abb. 5.12. Kristallgröße in Abhängigkeit von der Partikelzahldichte n. Bei n<29µm-3 kann die Größe durch Polarisationsmikroskopie ausgewertet werden. Bei höheren n muss die Debye-Scherrer Technik angewendet werden, weil die Kristallite für mikroskopische Untersuchungen zu klein werden. Hier ist L die Breite des Lorentzpeaks. Die Messung wurde von P.Wette [67] durchgeführt. 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 85 Als Versuchsergebnis kann festgehalten werden, dass sowohl in der Nähe der Phasengrenze, im Bereich wandorientierter Kristalle, als auch im polykristallinen Bereich das Blinken beobachtet werden konnte. Ab einer Konzentration von n= 30µm-3 werden die Kristallite so klein, Kristallitgröße L≤ 20µm, dass kein Blinken mehr beobachtet werden kann. Wieso im polykristallinen Bereich, ab n>30µm-3 das Blinken nicht mehr zu sehen ist, kann folgende Gründe haben: a) Die Vergrößerung des Mikroskops reicht irgendwann nicht mehr aus, um einen Kristallit aufzulösen. b) Es ist davon auszugehen, dass ein kleiner Kristall weniger stark verspannt wird, als ein größerer, der sich in derselben Position in der Zelle befindet. Denn aufgrund, des geringeren Abstandes zwischen den Kristallwänden, sind auch die Scherauslenkungen geringer. Außerdem nimmt der Schermodul mit der Konzentration n zu, so dass eine Kristallverspannung mehr Arbeit benötigt. Lässt man die Kristalle im elektrischen Feld keimen, in dem man zuerst das Feld einund dann die Pumpe ausschaltet, so werden die Kristalle größer als bei umgekehrten Vorgehen, weil durch das eingeschaltete Feld die Nukleation unterdrückt wird, wodurch die Keimrate abnimmt, [12]. Zu Beginn der Verfestigung des Polykristalls können sich die Kristallite noch unabhängig voneinander im Solvent bewegen, bis sie nach einer gewissen Zeit aufeinander treffen. Auch im Fall der isolierten Kristalle kann ein Aufblinken beobachtet werden. Die Verspannung kann daher nicht von der Glaswand hervorgerufen werden, sondern eher durch Scherbewegungen des Solvents, verursacht von der Elektroosmose in X-Richtung. Es ist davon auszugehen, dass auch im Polykristall die Elektroosmose Verursacherin des Aufblinkens ist. Abschließend lässt sich festhalten, dass das Aufblinken entscheidend davon abhängt, ob es eine Änderung in der Bewegungsrichtung gibt oder nicht. Aus den Mikroskopieaufnahmen weiß man, dass das Blinken ein Umschalten der Farb- und Intensitätsverteilung innerhalb eines Kristalls ist. Dies bedeutet, dass die Kristallstruktur gemäß der neuen Verspannungsrichtung nach der Richtungsumkehr in die jeweils andere Orientierung wechselt. Stoppt man die Bewegung, in dem man das Feld ausschaltet, so relaxiert der Kristall in seine Ruhelage und wird wieder verspannt, wenn man das Feld anschaltet. Als Ursache der Verspannung könnte die Elektroosmose gesehen werden. Das Aufblinken im Vergleich zum zeitgleichen Auftreten des Initialflusses wurde in [68] veröffentlicht. 5.1.5.2. Übergang vom Initialfluss in den Blockfluss Es gelten dieselben Rahmenbedingungen wie in Abschnitt 5.1.5.1., nur dass die Rankzelle jetzt in die LDV-Anlage eingebaut ist. Das Fließprofil wurde in einer Integralmessung in Abhängigkeit von der Zellhöhe Y und von der Zeit aufgenommen. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 86 Weiterhin wurden wie in Abschnitt 5.1.5.1. die Abhängigkeiten des Profils von den Parametern Frequenz, Spannung, Offset und Partikelkonzentration untersucht. Das in X-Richtung gemessene integrale Spektrum hatte stets die in Abb.(5.1.b) gezeigte Form und war somit blockflussähnlich. Die Zeitabhängigkeiten des Spektrums wurden mittels der in Kapitel 4.1. beschriebenen Methoden Trigger und Trackingmodus bestimmt. Da sich die zeitliche Änderung des Spektrums über 0,8-2sec hinzieht, wurde generell eine Sammelzeit des FFT- Analysators von T ≤ 0,4s gewählt. Dies gilt insbesondere für die Triggermethode. Die höchste Zeitauflösung im Trackingmodus sind 100ms, d.h. alle 100ms wird eine neue FFT-Messung gestartet. Um sich überlappende Sammelzeiten auszuschließen, wurde τs=100ms gesetzt und der Overlapp, der ein Überlappen der Sammelzeitfenster ermöglicht, ausgeschaltet. t y =0mm y =3mm 5sec y =4.5mm Abb. 5.13. In den Wasserfalldiagrammen ist die zeitliche Entwicklung der Spektren dargestellt. Die Y-Achse ist die Zeitachse, die X-Achse die Frequenzachse. Die spektrale Leistungsdichte ist farblich kodiert. Rot ist der Peak dargestellt, blau das Rauschen. Gemessen wurde an den Orten a) Y=0mm: Nach dem Umschaltvorgang nimmt v innerhalb 1sec auf das Blockflussniveau ab. b) Y=3mm: v ist unverändert und c) Y=4,5mm: umgekehrtes Szenario wie a). In dieser Messung betrugen ν Bragg = 1kHz und f=0,1Hz. In Abb.(5.13.) wird in 3 Wasserfalldiagrammen dargestellt, wie die Geschwindigkeitsentwicklungen direkt nach der Feldumkehr in den Punkten Y=0; =3; =4,5mm aussehen. Die y-Achse des Wasserfalldiagramms entspricht der Zeitachse, während die x-Achse die Frequenzachse ist. In Y=0mm nimmt die Geschwindigkeit innerhalb von 1sec auf das Blockflussniveau ab. In Y=3mm ist der Geschwindigkeitsverlauf unverändert, während in Y=4,5mm die Geschwindigkeit in derselben Zeit auf das Blockflussniveau ansteigt. 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 87 vPeak/μm s -1 500 400 300 Blockfluss Initialfluss 200 100 0 1 2 3 4 5 Y/mm Abb. 5.14. Fließprofil in Y-Richtung kurz nach der Feldumkehr, rote Quadrate, Initialfluss, und 2sec später, schwarze Quadrate, Blockfluss. Die Geschwindigkeit vPeak wurde über die Peakposition ermittelt. Die Messung, bei n=69,4µm-3 und E=61,6Vcm-1, kann auf ΔvPeak ( E = 61.6Vcm −1 ) = ±10Vcm −1 genau reproduziert werden. Zur Messung wurde Zelle Z4) verwendet und q auf q=4,52µm-1 justiert. Abb.(5.14.) stellt das Geschwindigkeitsprofil in Y-Richtung zu zwei Zeiten dar, wie man es durch Auswerten der Wasserfalldiagramme erhalten kann. Hierbei wurde die Partikelgeschwindigkeit vPeak über die Peakposition, d.h. über die Position des Maximalwerts des Spektrums, ermittelt, Messgenauigkeit: −1 −1 ΔvPeak ( E = 61Vcm ) = ±10Vcm . Damit setzt man in einer ersten Näherung die Partikelgeschwindigkeit gleich der Geschwindigkeit des Blocks im mittleren Bereich der Zelle. Alle Geschwindigkeitsangaben in diesem Kapitel wurden mittels dieser Peakpositionsmethode ermittelt. Die roten Symbole stellen das Profil direkt nach der Feldumkehr dar, Initialfluss, während die schwarzen Messpunkte 1Sekunde später aufgenommen wurden und den Blockfluss darstellen. Direkt nach der Feldumkehr ist der Initialfluss parabelförmig und geht innerhalb einer Sekunde in den Blockfluss über. Dieser ist bis zur nächsten Feldumkehr ein stationärer Fließzustand. Das Anfangsfließverhalten wurde bei verschiedenen Konzentrationen n untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass zum einen die Geschwindigkeit der Partikel sowohl im Initial- wie auch im Blockfluss abnehmen mit zunehmender Konzentration und dass sich zum anderen der Kreuzungspunkt von Initial- und Blockfluss nach Innen verschiebt. Abb.(5.15.) zeigt die Fliessprofile bei n=27,3 μm-3 und n=159 μm-3, der Kreuzungspunkt verschiebt sich von Y= 3,2mm auf Y=2,8mm. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 88 700 600 vPeak/µms -1 500 400 300 200 -3 100 0 n=27,3 μm n=159 μm t = 0,1s t = 2,0s 0 1 2 3 y/mm -3 4 5 Abb.5.15. Fließverhalten auf kurzen Zeitskalen bei 2 verschiedenen Konzentrationen, gemessen in Z3) mit q=5,37µm-1. Bei niedrigeren n, n=27,3µm-3 und E=79,1Vcm-1, liegen die Geschwindigkeiten höher, als bei höheren n, n=159µm-3. Zudem verschiebt sich der Kreuzungspunkt von Initial- und Blockfluss etwas nach außen. Die Geschwindigkeiten wurden ermittelt über die Peakposition. Die Zeitdauer des Übergangs τIB ändert sich mit der Konzentration innerhalb der Fehlergrenzen nicht, τIB≈0,9-2sec. τIB ist außerdem unabhängig von der Stärke des angelegten Feldes. Sowohl Block- als auch Initialfluss zeigen einen linearen Zusammenhang zwischen angelegtem Feld und Geschwindigkeit. Erhöht man die Frequenz auf 1Hz, so wird der Blockflussbereich nicht mehr erreicht. Die gemessene Geschwindigkeit entspricht daher bei f≥1Hz der des Initialflusses. Legt man wie in Abschnitt 5.1.5.1. beschrieben einen Offset von UOff=±500V an, d.h. es liegen Pulse der Stärke U=1000V an, so tritt der Initialfluss nur auf der Anstiegsflanke des Feldes auf. Im Gegensatz zum Blinken ist der Initialfluss nicht auf der Abstiegsflanke des Rechteckpulses zu sehen. Dieser Übergang in die Ruhelage müsste eine schwache Schwingung um νBragg ( ≡ Nullpunkt) sein, die in dem dort vorhandenen Untergrund untergeht. Wählt man UOff=300V und U=±200V, so liegt die Rechteckspannung komplett im positiven Bereich und kein Initialfluss ist zu beobachten. Interpretation der Phänomene Initialfluss und Kristallaufblinken Gemeinsam haben Aufblinken und Initialfluss, dass sie zum selben Zeitpunkt auftreten und hervorgerufen werden durch Verspannungen der Kristallite. Beide Phänomene verkörpern das elastische Verhalten des kristallinen Materials. Während das Blinken durch Einfluss der Elektroosmose in X-Richtung erklärt werden kann, ist der Initialfluss ein Phänomen, das nur in Y-Richtung auftritt. In X-Richtung ändert sich die Profilform nicht. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass Verspannungen in Y-Richtung, z.B. 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 89 durch den Geschwindigkeitsunterschied zwischen den Kristalliten zur Zeit des Initialflusses, ein Aufblinken verursachen könnten. Während im Fall des Aufblinkens die Elektroosmose als Ursache angegeben werden könnte, ist dies im Fall des Initialflusses nicht möglich. Denn der Initialfluss tritt auch im Kanal auf, obwohl dort der Einfluss des elektroosmotischen Gegenflusses von der Y-Zellwand gering sein müsste. Dies kann später, wenn die Kanalverengung besprochen wird, genauer erklärt werden. Vorraussetzung dafür, dass sich die Verspannung ausbreiten kann, ist, dass die Scherkraft von einem Kristallit auf den benachbarten übertragen wird. Dafür müssen die Kristallite untereinander gekoppelt, bzw. verzahnt, sein, was in einem polykristallinen Material der Fall ist. In einem vereinfachten Computermodell, das an dieser Stelle vorgestellt werden soll, ist die Verzahnung Vorraussetzung, um den Übergang vom Initialfluss in den Blockfluss numerisch berechnen zu können. In dem Modell befinden sich Kristalle in einer linearen Kette in Y-Richtung. Sie sind dargestellt durch ihren Schwerpunkt. Grundidee ist, dass die Geschwindigkeiten benachbarter Kristalle voneinander abhängen. Jeder Iterationsschritt bedeutet einen Zeitschritt. Eine quantitative Zeitaussage ist daher nicht möglich. In einem Iterationsschritt tn werden die Geschwindigkeiten aller Kristalle zurzeit tn+1 berechnet. Dazu wird der Mittelwert aus den benachbarten Kristallgeschwindigkeiten ermittelt: v m (t n +1 ) = a m −1v m −1 (t n ) + a m v m (t n ) + a m +1v m +1 (t n ) . a m −1 + a m + a m +1 (5.1.) vm ist die Geschwindigkeit des m-ten Kristalls. am hat als Gewichtungsfaktor die Rolle einer Kopplungsstärke. Der letzte Kristall in der Reihe, d.h. der in Wandnähe, hat nur einen Nachbarn und ist nur schwach an die Wand gekoppelt. Der Nachteil des obigen Algorithmus ist, dass die iterierte Kurve nicht stetig ist, sondern Versetzungen zeigt. Dieses Problem kann behoben werden, in dem alle Kristalle in der Mittelung berücksichtigt werden, sowie die Wand, allerdings mit abnehmender Gewichtung bei größer werdenden Abstand vom betrachteten Kristall. N /2 vm (tn +1 ) = vm (tn ) + ∑a exp(− ym − ym + l / d ⋅ k ) ⋅ vm + l (tm ) m −l l = − N / 2,l ≠ 0 N /2 ∑a m+l l = − N / 2,l ≠ 0 (5.2.) exp(− ym − ym + l / d ⋅ k ) Die Reichweite der Kopplung wird durch die Exponentialfunktion bestimmt. d ist der nächste Nachbarabstand und k ist ein Faktor, der die Reichweite festlegt. Vernünftigerweise wird k so gewählt, dass die Kopplung bei dem übernächsten Nachbarn so gut wie auf Null abgefallen ist. Ausgangszustand, t=0sec, ist ein parabolisches Geschwindigkeitsprofil. Dann wird das System sich selbst überlassen. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 90 600 500 200 -3 Initialfluss n=43µm -3 Blockfluss n=43µm 100 0 0 0 1 2 3 Y/mm 4 5 v/µm s -1 v/µm s 1000 700 500 400 300 200 100 300 -1 Iterationen 400 40 35 30 25 20 15 10 5 0 -5 am(Kristall)/am(Wand)=200 am(Kristall)/am(Wand)=2 Iterationen 100 80 50 10 0 0 1 2 3 Y/mm 4 5 Abb. 5.16. a, b a) Numerische Berechnung des Übergangs vom Initial- in den Blockfluss, schwarze Punkte. Wandreibung, wird als minimal angenommen. Die Berechnung stimmt recht gut mit den Daten, gemessen in Zelle Z4) bei n=43,2µm-3 und E=63Vcm-1, überein, rote und blaue Quadrate. q wurde auf q=4,52µm-1 justiert. b) Vergleich zwischen geringer und starker Wandkopplung am(Wand). Wie in Abb.(5.16.a) zu sehen ist, gleichen sich die Geschwindigkeiten von Iteration zu Iteration immer mehr aus, in dem die Geschwindigkeit in Wandnähe zunimmt und in der Zellmitte abnimmt. Der Kreuzungspunkt der Iterationskurven liegt bei Y=3mm und kann durch Vergrößerung der Wandkopplung Richtung Y=3,5mm variiert werden, siehe Abb.(5.16.b). Allerdings erreichen dann die Kristallgeschwindigkeiten an der Wand nicht mehr das Blockflussniveau und bei höheren Iterationen läuft das Profil keinem stabilen Endzustand mehr zu, sondern sinkt allgemein auf Null zurück. Hier stößt man an die Grenzen des einfachen Modells, in dem kein Kräftegleichgewicht zwischen elektrischer Kraft und Wandreibung eine stabile Bewegung ermöglicht. D.h., eine Grundannahme des Models ist es, dass sich alle äußeren Kräfte im Gleichgewicht befinden, so dass sich die mittlere Geschwindigkeit des polykristallinen Systems nicht ändert. In dem Sinne ist die Ursache des Übergangs Initialfluss- Blockfluss eine innere Kraft des Kristallsystems und keine Wechselwirkung mit der Umgebung des Systems, wodurch dieses Energie verlieren würde, wie im Fall der Wandreibung. Wie in Kapitel 5.3. gezeigt, wird, ist diese Vorstellung kompatibel mit den experimentellen Ergebnissen. Wählt man genügend Iterationsschritte, so läuft das Geschwindigkeitsprofil in seinen Endzustand, das ein Blockfluss ist. Je nach Größe des Reichweitefaktors k kann dieser Endzustand schneller oder langsamer erreicht werden, die Kopplungsstärke am spielt hierfür interessanterweise keine Rolle, siehe Abb.(5.17.). Wie sich im Experiment zeigte, ist die Zeitdauer des Initialflusses unabhängig von der Konzentration n, obwohl die Kopplung zwischen den Kristalliten sicherlich mit n zunehmen wird, sowie der Schermodul mit n zunimmt. 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 91 600 am ( 500 )/am( )=10 5 400 v/µm s -1 # Iterationen 300 1500 200 800 500 100 100 0 0 0 1 2 3 Y/mm 4 5 Abb. 5.17. Vergleich zwischen starker und schwacher Kopplungsstärke am(Kristallit). Festellung: Die Anzahl der Iterationen bis zum Endzustand ist unabhängig von der Kopplungsstärke. Experimentell kann bestätigt werden, dass die Dauer des Übergangs in den Blockfluss nicht von n abhängt. Dies bestätigt die Aussage des Modells und zeigt zudem, dass die Reichweite der Kopplung stets nur bis zum benachbarten Kristalliten reichen darf. Abb.(5.16.a) zeigt einen Vergleich zwischen dem Modell und der Messung bei vergleichbarer Partikelkonzentration. Man erkennt, dass sowohl die Lage des Initialflusses als auch die des Blockflusses vom Modell sehr gut wiedergegeben wird. 5.1.5.3. Kanalverengung in Y-Richtung Z Y Wand Trennlinie Abb.5.18.a, b a) Polarisationsmikroskopieaufnahme einer Probe, n=26,5µm-3, zu Beginn der Messung. b) Kanalverengung nach einstündiger Betätigung des E-Feldes E=57Vcm-1 mit f=0,05Hz. Beobachtung: Reifung der Kristallite, Ausbildung von ausgedehnten Trennlinien. Die Kristallite links von der Trennlinie, in Wandnähe, sind immobil, siehe auch [69]. 92 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel Abb. 5.19. Skizze zur zeitlichen Veränderung des Geschwindigkeitsprofils. Fließrichtung Z ist horizontal und die Zellhöhe Y vertikal. Die durchgezogene Linie ist stets der Initialfluss, die gepunktete der Blockfluss. Beide treten auch noch nach t= 1h auf, allerdings nur im Kanal selber. In Abb.(5.18.) werden 2 Polarisationsmikroskopaufnahmen gegenübergestellt. Die linke zeigt den Zustand der Probe vor Beginn der Messung. Das Feld ist noch ausgeschaltet und die Probe erscheint polykristallin. Rechts daneben der Zustand der Probe nach etwa einstündiger Betätigung eines Feldes E=57 V/cm und f=0,05Hz. Es hat sich ein Kanal schnell fließender Kristalle in der Mitte der Zelle gebildet, der durch eine lange Versetzungslinie von den nicht mitbewegten Kristallen an der Zellwand getrennt ist. Das Fließprofil in der Kanalverengung wurde nun mit der LDV untersucht. Abb.(5.19.) dokumentiert die verschiedenen Fließprofile qualitative in einer Skizze. Die Fließrichtung Z ist horizontal, die Y-Richtung vertikal. Auf der linken Seite sind die Profile kurz nach Beginn des Experiments gezeigt, rechts etwa eine Stunde später. Die gestrichelten Kurven symbolisieren den Blockfluss, die durchgezogenen den Initialfluss. Sowohl zu Beginn als auch nach einer Stunde Messung treten Initialfluss und Blockfluss stets auf. Im zweiten Fall sind beide Flüsse aber auf den Kanalbereich beschränkt. Abb.(5.20.) vergleicht die Fließprofile zu Beginn der Messung und nach einer Stunde quantitativ. Vor Entstehung des Kanals liegt der Kreuzungspunkt von Initial- und Finalfluss bei Y⏐=2,7mm. Hat sich der Kanal ausgebildet, so sind die Geschwindigkeiten im Kanal wesentlich höher als zu Beginn der Messung und der Kreuzungspunkt Y⏐ hat sich auf Y⏐=1,3mm verschoben. Die Kristalle außerhalb des Kanals sind immobil und agieren als neue Zellwand. Zur Bestimmung der Geschwindigkeiten wurde die Peakposition verwendet. 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 93 -3 n = 159 µm vKanal, Block 1200 vKanal, Initial vBlock 1000 vInitial vPeak/µms -1 800 600 400 200 0 0 1 2 3 4 5 Y / mm Abb.5.20. Fließprofile in Y-Richtung zu verschiedenen Zeiten gemessen bei n=159µm-3. Während der Messzeit war ein Feld der Stärke E=79,1Vcm-1 und f=0,05Hz angeschaltet. Verwendet wurde Zelle Z3) und q=5,37µm3 . Die offenen Symbole stellen die Initialflüsse, die geschlossenen die Blockflüsse dar. Für die Profile auf kurzen Zeitskalen wurden Quadrate verwendet. Die Profile in der Kanalverengung werden mittels Kreisen dargestellt. Im Folgenden wird die zeitliche Entwicklung des Kanals diskutiert. Die Entwicklung des Kanals beginnt stets an der Zellwand. Von da aus wird der Kanal kontinuierlich kleiner. Abb.(5.21.a-d) zeigt die zeitliche Entwicklung des Kanals in verschiedenen Zelltiefen (Y=0; Y=2,5mm; Y=3mm; Y=4,5mm). Nach etwa 1000sec treten bei Y=4,5mm die immobilen Kristalle auf, wenn die Geschwindigkeit abrupt auf Null zurückgeht. Zur selben Zeit nimmt die Geschwindigkeit in allen anderen Zellhöhen zu. Die neue Zellwand wächst weiter, so dass die Versetzungslinie nach etwa t=1750sec Y=3mm erreicht hat. Die ersten 2000sec war Y=2,5mm < Y⏐, d.h. der Initialfluss war höher als der Blockfluss. Der Kreuzungspunkt verschiebt sich aber kontinuierlich nach innen und erreicht nach 2000sec Y=2,5mm. Für t>2000sec ist dann Y=2,5mm> Y⏐. In der Mitte der Zelle erhöht sich die Geschwindigkeit kontinuierlich und erreicht nach t=3700sec einen Plateauwert. Das impliziert, dass der Kanal sich nicht weiter verengt. Auf längeren Zeitskalen allerdings kann dieser Fliesszustand wieder instabil werden. Weiterhin wurde der Einfluss der experimentellen Parameter Frequenz, Spannung und Partikelzahldichte auf die Kanalentwicklung untersucht. Mit höherer Konzentration wird der Kanal schmaler und benötigt weniger Zeit für seine Ausbildung. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 94 -3 -1 Y = 0mm, n=159µm , E=79,1Vcm 1200 Initialfluss Blockfluss vPeak/μm s vPeak/μm s -1 -1 1000 Y = 2,5mm 800 800 600 600 400 400 0 0 1000 2000 3000 4000 5000 1000 2000 3000 4000 5000 t/s t/s 600 -1 400 vPeak/μm s -1 vPeak/μm s Y = 4,5mm 400 Y = 3mm 200 200 0 0 0 1000 2000 3000 t/s 0 1000 2000 t/s Abb. 5.21. a-d Geschwindigkeitsentwicklungen in verschiedenen Zellhöhen Y. a) In Y=0mm steigt v kontinuierlich an. Die Sättigung bedeutet, dass die Kanalverengung abgeschlossen ist. b) Der Ort Y=2,5mm wechselt, nachdem Initialfluss (offene Dreiecke) und Blockfluss (geschlossene Dreiecke) sich kreuzen vom Zellmittenbereich in den Wandbereich. c) und d) Die immobilen Wandkristalle treten abrupt auf. Probe und Versuchbedingungen sind dieselben wie in Abb.(5.20.). Abb.(5.22.a) zeigt Blockflussmessungen bei Y=4,5mm. Der Geschwindigkeitsabfall signalisiert wieder den Beginn der Kanalverengung. Dieser Zeitpunkt verschiebt sich von t=1980sec auf t=960sec und t=430sec, wenn n von n=22,8μm-3 auf n=66,8μm-3 und n=134μm-3 erhöht wird. Bei der kleinsten Konzentration n=22µm-3 sinkt die Geschwindigkeit der wandnahen Kristalle nur auf einen endlichen Wert ungleich Null. Die Anstiegsflanke bei kleinen Zeiten in Abb.(5.22.a), Y=4,5mm, korrespondiert mit einem umgekehrten Verhalten, einer Abstiegsflanke, in der Zellmitte, Y=0mm, Abb.(5.22.b). Die Sprünge in der Kurve für n=134µm-3, Abb.(5.22.b), dokumentieren, dass der Kanal in Schüben kleiner wird, was bedeutet, dass die Trennlinie sprunghaft zelleinwärts wandert. 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 300 900 800 -1 vPeak/μm s -1 Blockfluss Y = 4,5mm -3 n=134μm -3 n=66,8μm -3 n=22,8μm νPeak/µms 600 95 700 Blockfluss Y = 0mm -3 n=134μm -3 n=66,8μm -3 n=22,8μm 600 500 400 0 0 1000 2000 3000 0 4000 1000 2000 3000 4000 5000 6000 t/s t/s Abb. 5.22.a, b Konzentrationsabhängigkeit der Kanalverengung gemessen in Zelle Z3) bei E=80Vcm-1 und q=4,44µm-1. a) Dargestellt ist der Blockfluss in Y=4,5mm. Umso höher n desto schneller tritt die Verengung auf. Bei kleinen n, blaue Quadrate, bewegen sich die Kristalle in Wandnähe zu allen Zeiten mit einer endlichen Geschwindigkeit. b) Zeigt die entsprechende zeitliche Entwicklung in Y=0mm. Die Anstiegsflanke bei t<500sec in a) korrespondiert mit der Abstiegsflanke in b) t<500sec. Frequenzen f≥1Hz verhindern eine Kanalentwicklung. Dies wird in Abb.(5.23.b) gezeigt. Wieder liegt die Messposition bei Y=4,5mm. Es scheint so, dass sich die Kristalle eine gewisse Wegstrecke relative zueinander bewegen müssen, damit ein Kanal sich bilden kann. Weiterhin zeigt Abb.(5.23.a), dass die Kanalentwicklung in stärkeren Feldern effektiver ist. Die Konzentration betrug n=134μm-3. Für die Felder E=45 Vcm-1 und E=75Vcm-1 erscheint der Geschwindigkeitsabfall bei Y=4,5mm nach t=1560sec und t=420sec. Bei Feldern der Stärke E=15Vcm-1 erscheint kein Abfall. Dies stimmt mit der vorhergehenden Beobachtung überein, da sich die Kristalle bei höheren Feldern eine längere Strecke relative zueinander bewegen können. 300 0 Y = 4,5mm 1Hz 0,05Hz -1 Y = 4,5mm -1 E = 15,8 Vcm -1 E = 47 Vcm -1 E = 79 Vcm vPeak/ μm s vPeak/ μm s -1 600 300 0 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 0 1000 t/s 2000 t/s 3000 4000 Abb. 5.23.a, b a) Die Kanalverengung, gemessen bei n=134µm-3, ist effizienter bei stärkeren Feldern. Die Daten wurden unter denselben Bedingungen wie in Abb.(5.22.) gemessen. Bei E=47Vcm-1und 79Vcm-1 geschieht der Geschwindigkeitsabfall nach t=1560sec und t=420sec. Bei E=15,8Vcm-1 geschieht er gar nicht. b) Es wurde eine Probe bei n=66,8µm-3und E=79,2Vcm-1 in Abhängigkeit von f gemessen. Die Bildung des immobilen Wandkristalls bei Y=4,5mm wird durch die f=1Hz verhindert. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 96 5.1.5.4. Die zeitliche Veränderung des Geschwindigkeitsprofils in X-Richtung Eine zeitliche Veränderung des Fließprofils in X-Richtung kann nur dokumentiert werden, wenn das Zeitfenster T, in dem das Signal detektiert und anschließend fouriertransformiert wird, so kurz gewählt wird, so dass während der Messung von einem annähernd stationären Fließzustand ausgegangen werden kann. In den Zeitskalen des Block- und Kanalflusses sind die zeitlichen Veränderungen langsam genug. Problematisch ist die Messung in der Zeitskala des Initialflusses, wo in der Zellmitte Y=0mm sich die Geschwindigkeit innerhalb von 1-3sec um bis zu 150µm s-1 verringern kann, während sie im selben Zeitraum am Rand der Zelle Y=4,5mm von 0µms-1 auf den Plateauwert von um die 350µm s-1 steigt. Während die Bewegung am Rand der Zelle in den meisten Fällen zeitlich nicht aufgelöst werden kann, ist dies in dem Bereich Y=3mm, wo keine Bewegungsänderungen auftreten, absolut unproblematisch und in der Zellmitte Y=0mm durch Wahl eines kurzen Zeitfensters möglich. Für die Single-Shot-Messung des Initialflusses in Y=0mm, Abb.(5.24.a), wurde das Zeitfenster auf T=0,4sec eingestellt. Dadurch ist das Auflösungsvermögen auf 3,4µms-1 begrenzt. Die Geschwindigkeitsänderung pro Zeitfenster beträgt ca. 4⋅3,4µms-1 und liegt somit in der Größenordnung der im stationären Zustand gemessenen Peakbreite. In Abb.(5.24.) werden die Single-Shot-Spektren, Y=0, aufgenommen zur Zeit des Initialflusses und des stationären Blockflusses verglichen. Bzgl. der Form der Spektren ist kein Unterschied zu sehen. Der die Ausdehnung des Wandbereichs charakterisierende Parameter dx bleibt ebenfalls unverändert, siehe hierzu auch Kapitel 5.3.1. Auch die durch Integration der Fläche unter den Spektren bestimmte Gesamtstreuintensität ändert sich nicht beim Übergang vom zeitabhängigen Initialfluss 5 14 Blockfluss -1 <v>x=428µms 12 vPeak=463,5µms 10 dx=40µm dx=40µm Fläche=0,31 Fläche=0,37 8 Initialfluss -1 <v>x=537,8µms -1 4 -1 vPeak=583,7µms 6 4 3 IL/b.E. IL/b.E. 16 Initialfluss -1 <v>x=966,9µms Blockfluss -1 <v>x=670.4µms vPeak=704µms -1 vPeak=1026,24µms dx=50µm dx=58µm Fläche=0,017 Fläche=0,016 -1 2 1 2 0 0 0 500 1000 ν/Hz 1500 2000 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 ν/Hz Abb.5.24. a, b a) Integrale Spektren des Initial- und des Blockflusses. Qualitativ und quantitativ, charakterisiert durch dx, gibt es keinen Unterschied in der Form der Spektren. Die Spektren stammen beide aus einem Wasserfalldiagramm, gemessen in Zelle Z3) bei n=52µm-3, E=80,1Vcm-1 und q=4,44µm-1. Bzgl. <v>x siehe Kapitel 5.3. b) Integrale Spektren des Initial- und des Blockflusses gemessen in Zelle Z5) bei n=64µm-3, E=123Vcm-1 und q=4,63µm-1. Die Spektren wurden als Single-Shots unter Verwendung des Triggers aufgenommen. 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 97 -3 -3 n=25,9µm , t=0sec n=25,9µm , t>20min 0,0035 0,005 0,0030 0,004 X=360µm X=360µm 0,0020 0,0015 X=430µm 0,0010 X=470µm X=500µm 0,0005 1000 1500 2000 2500 3000 3500 ν/Hz IL/b.E. IL/b.E. 0,0025 0,003 0,002 X=430µm 0,001 X=470µm X=500µm 0,000 1000 1500 2000 2500 3000 3500 ν/Hz Abb. 5.25. a, b Zeitliche Veränderung des Fließprofils in X-Richtung, gemessen bei n=25,9µm-3 und 57,1Vcm-1. a) Ortsaufgelöste Spektren zu Beginn der Messung. b) Innerhalb von 20min bildet sich in Wandnähe ein immobiler Kristallbereich aus. Ob sich die Ausdehnung des Wandbereichs geändert hat, kann mit diesen ortsaufgelösten Messungen nicht gesagt werden. in den Blockfluss. Es zeigt sich, dass im Rahmen der Messgenauigkeit das Geschwindigkeitsprofil in X-Richtung auf kurzen Zeitskalen nicht zeitabhängig ist. Auf längeren Zeitskalen treten in X-Richtung allerdings auch Veränderungen auf, siehe Abb.(5.25.), die aber nun einfacher zu messen sind, weil sie langsamer ablaufen. Die nun folgenden Messungen wurden stets 2sec nach der Feldumkehr gemessen. Bei n=25,9µm-3, E=56,7Vcm-1 und Y=0mm wurde die zeitliche Veränderung des Profils in einer ortsaufgelösten Messung untersucht. In Abb.(5.25.a) sind die Spektren zur Zeit t=0sec, gemessen an den Orten X=500µm-360µm, dargestellt. Es ist das flache Spektrum bei kleinen Frequenzen zu sehen und der Blockpeak aus der Zellmitte. -3 n=25,9µm , X=140µm IL/b.E. 0,012 0,010 t=19min 0,008 t=18min 0,006 t=14min t=12min 0,004 t=8min 0,002 t=4min t=0min 0,000 1000 1500 2000 2500 3000 3500 ν/Hz Abb.5.26. Zeitliche Entwicklung des ortsaufgelösten Spektrums in X= 360µm. Es ist zu sehen, wie der immobile Wandkristall herauswächst. Probe und Versuchbedingungen sind dieselben wie in Abb.(5.25.). 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 98 Lässt man das E-Feld, f=0,05Hz, für eine Weile eingeschaltet, so beginnt sich das Spektrum in Wandnähe zu ändern. In Abb.(5.25.b) ist die lokale Veränderung nach t>20min zu sehen. Die zeitliche Entwicklung ist in Abb.(5.26.) sehr gut zu verfolgen. Bis t= 8min ist bei X=360µm das Spektrum unverändert, dann wächst die Spektrenform eines immobilen Wandkristalls heraus. Die Auswirkung auf die Peakposition ist allerdings minimal. Hier muss die Entwicklung in Y-Richtung mitberücksichtigt werden, von der die Peaklage entscheidend abhängt. In wieweit sich die Größe des XWandbereichs geändert hat, lässt sich wegen des zu schlechten Auflösungsvermögens nicht genau sagen. Vergleicht man die Entwicklung der ortsaufgelösten Spektren in den Abb.(5.25.a und b), so fällt auf, dass in Abb.(5.25.b) die maximale Leistungsdichte, die vom Wandbereich stammt, bei X=430µm erreicht wird, während in Abb.(5.25.a) keine Abnahme bis X=360µm zu sehen ist. Auch unter der Berücksichtigung, dass der Anteil der parasitären Streuung durch einen immobilen Wandkristall eher zunimmt, vergleiche mit Abb.(5.5.), ist davon auszugehen, dass in diesem Fall die Ausdehnung des Wandbereichs abgenommen hat. In Abb.(5.27.a) wird das integrale Spektrum, Y=0mm, zur Zeit t=2h gezeigt, gemessen bei n= 55,5µm-3 und E= 56,Vcm-1. Im Vergleich mit den Spektren bei t=0sec, Abb.(5.7.a), hat sich in Wandnähe ein immobiler Wandkristall gebildet. Bei höheren Konzentrationen, n=90,4µm-3, bleibt der immobile Wandkristall auch nach t=1h bestehen, siehe Abb.(5.27.b) und Abb.(5.7.b). Es ist jetzt kein Übergang zwischen immobilen Wandkristall und linear ansteigenden Geschwindigkeitsbereich mehr zu sehen. 0,12 n=90,4µm Y:Kanal X:integral -3 Y=4,5 0,10 Y=4 0,08 -3 n=55,5µm , E=56,7Vcm Y=0mm -1 IL/b.E. 0,020 IL/b.E. 0,015 Y=3,5 0,06 Y=3 0,04 0,010 Y=2 0,02 0,005 Y=0mm 0,00 0,000 1200 1600 2000 ν/Hz 2400 2800 1000 1500 2000 2500 3000 ν/Hz Abb. 5.27. a, b a) Es hat sich ein immobiler Wandkristall gebildet, im Vergleich mit Abb.(5.7.a) b)Integral gemessene Spektren bei verschiedenen Zellhöhen Y nach t= 1h in der Kanalverengung aufgenommen. Probe ist dieselbe wie in Abb.(5.7.b) 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase 99 Interpretation der Kanalverengungen in X- und Y-Richtung Im Allgemeinen tritt die Kanalverengung sowohl in X- wie in Y-Richtung auf. Bei höheren Konzentrationen n>60µm-3 liegt von Beginn an in X-Richtung eine Kanalverengung vor, dokumentiert durch den immobilen Wandkristall. Die folgende Diskussion bezieht sich dennoch hauptsächlich auf die Kanalverengung in Y-Richtung, da diese genauer untersucht werden konnte. Der Grund der Kanalverengung ist eine Entkopplung der Kristalle an der Trennlinie. Die Kristalle auf beiden Seiten der Trennlinie sind nicht mehr länger ineinander verzahnt. Sie können sich daher unabhängig voneinander bewegen. Interessanterweise bleibt das Anfangsverhalten zurzeit t=0, Initialfluss der in ein Blockfluss übergeht, im Y-Kanal bestehen, während der immobile Wandblock die neue Zellwand darstellt. Dies wirft die Frage auf, die nicht endgültig beantwortet werden kann, wodurch der Kristallblock im Y-Kanal verspannt wird. Eine Verscherung aufgrund der Elektroosmose scheint fraglich, da die Versetzungslinie bis zu Y=3mm, dem Ort des Nulldurchgangs des ursprünglichen elektroosmotischen Profils reicht. Sicherlich ist das elektroosmotische Fließprofil in einem porösen Medium nicht so einfach vorherzusagen. Durch den starken Geschwindigkeitsanstieg im Kanal kann aber zumindest sein Einfluss in kristallinen Fließprofilen bewiesen werden, siehe hierzu Kapitel 5.3.2. Eine weitere Frage ist, durch welchen Prozess die Trennlinie entsteht. Sie tritt zuerst an der Zellwand auf und wandert von dort in Richtung Zellmitte. Der Kristallit an der Versetzungslinie kann entweder neu orientiert werden oder er wird teilweise oder ganz aufgeschmolzen und rekristallisiert unter dem Einfluss starker Scherraten. Ersteres würde dem Wandern von Korngrenzen entsprechen. Ein Hinweis für den zweiten Fall ist, dass Versetzungslinien in der Nähe der Wand entstehen, wo der Geschwindigkeitsgradient am größten und somit die Scherrate am stärksten ist. So beschreibt Chaikin in [70] eine Kanalverengung, die er auf Scherschmelzen mit anschließender Rekristallisation in einer Orientierung mit maximaler Scherresistenz erklärt. Er legte an Kapillaren mit einem Durchmesser von 1-4mm einen oszillatorischen Druck von 2-10Hz an. Bei geringen Scherraten fand er elastisches Verhalten, was durch ein oszillatorisches Wechseln der Farben des Bragg- Streulichtes indiziert wird. Bei höheren Scherraten fand er plastisches Verhalten. Die Kristalle änderten ihre Wandkonfigurationen und reorientierten sich. Er fand einen Übergang von einer bcc- Gleichgewichtsstruktur in eine orientierte fcc- Struktur. Bei noch höheren Scherraten wurde der Kristall zerstört. Der Grund der Kanalverengung ist laut Chaikin eine Fließinstabilität für den Fall, dass die Fließspannung des ursprünglichen polykristallinen Materials niedriger ist als die des später geformten orientierten Wandkristalls. Im Unterschied zu der in dieser Arbeit beschriebenen Kanalverengung 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 100 war in Chaikins Experiment allerdings das Material im Kanalinneren nicht kristallin, sondern fluid. 5.1.6. Aufschmelzen in elektrischen Feldern In der Nähe des Phasenübergangs Kristallin-Fluid kann die kristalline Suspension bei ausreichend hohen elektrischen Feldern aufgeschmolzen werden. Bis zu einer kritischen Feldstärke Ekrit bleibt die Suspension im kristallinen Zustand. Sowohl bei E=11,5Vcm-1 als auch E=34,6Vcm-1, n=6,8µm-3, siehe Abb.(5.28.a-b), ist dies der Fall. Oberhalb der kritischen Feldstärke, in diesem Beispiel liegt sie bei Ekrit=46,1Vcm-1, schmilzt der Kristall auf, siehe Abb.(5.28.c-d). Das Spektrum der Schmelze hat ein fluides Aussehen. In der kristallinen Phase wurde zur Bestimmung der Partikelgeschwindigkeit die Peakposition genommen, diese entspricht der Geschwindigkeit des Blocks in der Zellmitte. Die Geschwindigkeit in der fluiden Phase wurde unter der Annahme eines parabolischen elektroosmotischen Fließprofils berechnet, siehe Kapitel 2.3.2. 0,002 -3 0,002 IL/ b.E. IL/ b.E. -3 n=6,8μm -1 E=34,6 V cm n = 6,8 µm -1 E = 11,52 Vcm 0,003 0,001 0,001 0,000 0,000 1600 1800 2000 ν/ Hz 2200 1600 2400 1800 2000 ν/ Hz 2200 2400 0,0003 0,0010 -3 -3 0,0002 n = 6,8µm -1 E = 57,6 Vcm IL/ b.E. IL/ b.E. n = 6,8 µm -1 E = 46,1 Vcm 0,0005 0,0001 0,0000 0,0000 1600 1800 2000 ν/ Hz 2200 2400 1800 2000 2200 ν/ Hz 2400 2600 Abb. 5.28. a-d Aufschmelzen der Kristalle in elektrischen Feldern. In der Nähe des Phasenübergangs, n=6,8µm-3, können Kristalle ab einer kritischen Feldstärke aufgeschmolzen werden. Während a) und b) kristalline Spektren zeigen, ist im Fall c) ab Ekrit= 46,1Vcm-1 der Kristall aufgeschmolzen. d). Das Spektrum der Schmelze gleicht einem fluiden Spektrum. 5.1. Fließeigenschaften in der kristallinen Phase Schmelze Kristall 600 600 -1 300 v/μm s -1 v/μm s Schmelze Kristall -3 n=6,8µm 450 450 150 -3 n=5,8 μm 0 -10 101 300 150 0 0 10 20 30 40 -1 E/V cm 50 60 0 10 20 30 40 -1 E/V cm 50 60 Abb. 5.29.a, b Partikelgeschwindigkeit bei Y=0mm in Abhängigkeit vom E-Feld: a) n=5,8µm-3 und b) n=6,8µm-3. Verschiedene Auswertungsmethoden wurden benutzt. In der Schmelze kann die fluide Methode, d.h. das Fitprogramm, verwendet werden, offene Kreise. In der kristallinen Phase ist diese nicht anwendbar. Verwendet man die Peakposition, geschlossene Quadrate, so tritt ein Sprung in der Geraden, der größer als der statistische Fehler ist, beim Übergang in die Schmelze auf. Die Ergebnisse werden in Abb.(5.29.) gezeigt. Wie für rein fluide bzw. kristalline Phasenzustände ist der Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit und E-Feld auch hier in jeder Phase linear. Die Geraden, der beiden unterschiedlichen Auswertungsmethoden, treffen sich im Rahmen der Messgenauigkeit allerdings nicht. In der fluiden Phase/ Schmelze beträgt die Messgenauigkeit, der statistische Fehler, Δv fluid E = ±0,4μmcm / Vs . In der kristallinen Phase kann die Peakgeschwindigkeit etwas genauer bestimmt werden: Δvkristall E = ±0,2μmcm / Vs . Die Proportionalität zwischen Δv und E kann experimentell durch Überprüfen der Reproduzierbarkeit von v recht gut bestätigt werden. Weiterhin knickt die Kurve, die mit der Peakpositionsmethode bestimmt wurde, am Schmelzpunkt nach oben ab. Diese Methode kann daher keine einheitliche Mobilität angeben, die sowohl im kristallinen Zustand wie in der fluiden Phase gültig ist. So kann für den fluiden Zustand die wahre Mobilität mit der bekannten und gesicherten Methode, [38, 11], berechnet werden, während für den kristallinen Zustand zunächst nur eine apparente Mobilität angegeben werden kann, d.h. eine Mobilität, unter Verwendung der Formel Gl.(1.2.) berechnet, die noch systematische Fehler in sich trägt. In der Nähe des kritischen Feldes ist der Schmelzprozess langsam genug, um ihn in einem zeitaufgelösten Experiment zu studieren. Dies wird in Abb.(5.30.) in einem zeitaufgelösten Wasserfalldiagramm demonstriert. Das Diagramm wurde bei n=6,8µm-3 und E=46,1Vcm-1 aufgenommen. Eine hohe spektrale Leistungsdichte wird hier schwarz dargestellt. Während die Zeit von unten nach oben zunimmt, verändern sich die Spektren von einer kristallinen Form zu einer fluiden. Bei kurzen Zeiten ist die Signatur einer elastischen Verspannung, Initialfluss, zu sehen. Nach diesem shiftet der Peak zu höheren Geschwindigkeiten. 102 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel Abb. 5.30. Ein Frequenz-Zeit-Wasserfalldiagramm, dass das Aufschmelzen bei der kritischen Feldstärke Ekrit=46,1Vcm-1, n=6,8µm-3, zeigt. Die Spektren werden von oben gezeigt. Die schwarze Linie, die sich zu höheren Frequenzen verschiebt und immer diffuser wird, ist der Peak des kristallinen Spektrums, der in das fluide Maximum übergeht. Während dieser Zeit wird der Peak diffuser und zusätzliche spektrale Leistungsdichte erscheint bei kleineren Frequenzen. Letztendlich wird das Spektrum in eines mit fluidem Aussehen transformiert, wie es in Abb.(5.28.c) gezeigt wird. Die Höhe des kritischen Feldes hängt von der Partikeldichte n ab. Verringert man n auf n=5,8µm-3, siehe Abb.(5.29.a), so liegt Ekrit bei Ekrit=34,6Vcm-1. 5.2. Interpretation des kristallinen Spektrums als Geschwindigkeitsverteilung In Kapitel 5.1. wurden die Spektren phänomenologisch untersucht. Analog zur Interpretation fluider Spektren wurden auch die kristallinen Spektren als Geschwindigkeitsverteilungen interpretiert. Aus experimenteller Sicht ergaben sich hier keine Widersprüche. Die gemessenen, kristallinen Spektren konnten auf denkbare und realistische Fließprofile zurückgeführt werden. Insbesondere die ortsaufgelösten Spektren ermöglichten ein besseres Verständnis des kristallinen Fließprofils. In diesem Kapitel geht es darum, die Deutung der Spektren als Geschwindigkeitsverteilung aus theoretischer Sicht zu überprüfen. Dabei stellen sich zwei grundlegende Fragen. 1.) Kann die Wechselwirkung zwischen den Partikeln, z.B. eine Beeinflussung der Partikelgeschwindigkeit durch elastische Effekte, die Deutung als Geschwindigkeitsverteilung einschränken? 2.) Welchen Einfluss hat der Strukturfaktor S(q) auf die Spektren? Wenn die Suspension aus fluiden und kristallinen Bereichen besteht, können dann noch aus dem Spektrum Rückschlüsse auf die Geschwindigkeitsverteilung gezogen werden? 5.2. Interpretation des kristallinen Spektrums als Geschwindigkeitsverteilung 103 5.2.1. Der Einfluss der elektrostatischen Wechselwirkung auf die Partikelgeschwindigkeit r In der Berechnung des Self Dynamik Structure Factors SS( q ,t), Differentialgleichung DGL(3.25.), wurde vorausgesetzt, dass keine Wechselwirkungen zwischen den Partikeln vorliegt. Bei höheren Konzentrationen treten direkte Wechselwirkungen wie die Coulombwechselwirkung sowie indirekte, die Hydrodynamik, auf. Die DGL, die ein Kräftegleichgewicht darstellt, muss in diesem Fall durch die Coulombkraft, die zwischen den Partikeln wirkt, und wenn vorhanden durch die Hydrodynamik ergänzt werden. Für den Fluss einer konzentrierten kolloidalen Suspension unter Scherung hat Ackerson [71] die Smoluchowski-Gleichung angegeben. Wie in der bereits bekannten DGL(3.24.), wird die Bewegung des Partikels in Form der r Wahrscheinlichkeitsverteilung GS( r ,t) ausgedrückt: r r r r ∂GS (r , t ) = D∇ 2GS (r , t ) + βD∇ ⋅ (∇Φ (r ))GS (r , t ) + ∇VGS (r , t ) . (5.3.) ∂t Φ(r) ist das Wechselwirkungspotenzial. Neu hinzugekommen ist im Vergleich mit DGL(3.24.) der mittlere Term. Die beiden letzten Terme lassen sich noch zusammenfassen in: r r r βD∇ ⋅ (∇Φ(r ))GS (r , t ) + ∇VGS (r , t ) = ∇ ⋅ {βD(∇Φ(r )) + V }⋅ GS (r , t ) . (5.4.) Es tritt hier folglich eine neue Geschwindigkeit, β D(∇Φ(r )) + V (5.5.) auf, die beeinflusst wird vom Wechselwirkungspotenzial. Um diesen Einfluss des Wechselwirkungspotenzials auf die Geschwindigkeit des Partikels, geht es in diesem Abschnitt. Offenkundig wird dieser Einfluss, wenn kristallines kolloidales Material elastisch auf eine Störung reagiert. Aufgrund der Elastizität des Kristalls werden die einzelnen Partikel in ihren Gleichgewichtszustand zurück bewegt. So kann der Kristall z.B. durch periodische Anregung von Außen in eine resonante Schwingbewegung versetzt werden. Dies wird z.B. in Torsionsmessungen [72] ausgenutzt, um den Schermodul zu bestimmen, wodurch man wiederum Zugang zum Wechselwirkungspotenzial hat. Für ein zur Elektrophorese verwandtes Experiment, die Sedimentation, hat Dhont [44] die Geschwindigkeit im Fall wechselwirkender Partikel angegeben. Wie in der Elektrophorese wirkt in der Sedimentation eine externe Kraft auf die Partikel, wodurch diese sich durch das Solvent und nicht mit ihm wie im Fall einer Scherbewegung bewegen. Das Volumen des sedimentierenden kolloidalen Materials muss durch einen Rückfluss des Solvents kompensiert werden. Dieser ist ortsabhängig wie der 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 104 elektroosmotische Fluss. Die Geschwindigkeit eines sedimentierenden Partikels vS beschreibt Dhont durch: vS = vi = uS + [ [ ] ] ⎛ N ⎞ ⎜ ∑ Dij ⎟ β F ext . − ∇ Φ − ∇ + D β ln( G ) ∑ ij rj rj S ⎜ ⎟ j =1 ⎝ j =1 ⎠ N (5.6.) Wobei Dij die Diffusionmatrix ist, die die hydrodynamische Interaktion beschreibt. Der Term ∇ r j ln(GS ) ist die Brownsche Kraft des Partikels und uS ist der Rückfluss des Solvents. Durch Fext wird die externe Kraft und durch Φ das Paarwechselwirkungspotenzial beschrieben. Der mittlere Term auf der rechten Seite ist die gemittelte Geschwindigkeit, die jedes Partikel erlangt aufgrund der Kraft [ ] − ∇ r j Φ − k BT∇ r j ln(GS ) , (5.7.) welche Null ist, wenn die Wahrscheinlichkeitsverteilung GS ihren Gleichgewichtswert erreicht hat. Dieser Term spielt nur dann eine Rolle, wenn GS durch die externe Kraft gestört wird. Diese Störung verursacht eine Kraft, die versucht, das System wieder ins Gleichgewicht zu bringen. In der in dieser Arbeit behandelten elektrophoretischen Bewegung kolloidaler Kristalle kann das Wechselwirkungspotenzial temporär Einfluss nehmen auf die Bewegung der Partikel. Und zwar in dem Zeitraum, in dem der Fließzustand nicht stationär ist. So wird der Einfluss der Coulombwechselwirkung während des Feldeinschaltens bzw. – Umschaltens sichtbar, wo elastische Effekte wie Initialfluss und Aufblinken beobachtet werden können. Interessanterweise findet man den Initialfluss nicht in X-Richtung. Vergleichbar mit einem Lineal, dass man in Richtung seiner Längsachse sehr leicht verbiegen kann, in Richtung seiner Breite dagegen nicht. Allerdings wird das Aufblinken der Kristalle in erster Linie hervorgerufen durch eine Verspannung in XRichtung. Es spricht also einiges dafür, dass die Zeitskalen, in denen das System Polykristall seinen Gleichgewichtszustand unter Bewegung findet, in X-Richtung wesentlich kürzer ist als in Y-Richtung. Da die Aufnahme der Messungen in XRichtung erfolgt, sind Beiträge der elastischen Bewegung in den Spektren selten zu beobachten. Allerdings kann eine von Außen verursachte Störung, eine Vibration, im Kristall ein Wackeln induzieren. Dies bedeutet, dass die gleichförmige Bewegung des Kristalls im elektrischen Feld moduliert wird mit einer periodischen Schwingung des Kristalls selbst. Im Spektrum erscheinen solche Kristallwackler als Seitenbänder des Hauptpeaks, der von der gleichförmigen Bewegung herrührt, oder der Hauptpeak selber wird aufgespaltet. Die Frequenz der Schwingung bestimmt die Größe der Aufspaltung oder den Abstand der Seitenbänder vom Hauptpeak. Beispiele solcher Kristallwackler findet man in Abb.(5.31.). Die feinen Seitenpeaks in Abb.(5.31.a) sind von Außen verursachte Störungen. So treten, wie in Abb.(5.31.a) zu sehen ist, diese Peaks auch bei 5.2. Interpretation des kristallinen Spektrums als Geschwindigkeitsverteilung 0,036 n=43µm 105 -3 0,016 0,030 -3 n=71,4µm -1 E=56,8Vcm 0,012 0,018 IL/b.E. IL/b.E. 0,024 -1 E=34,1Vcm 0,008 0,012 E=11,36Vcm 0,006 0,000 1000 E=0Vcm 1500 2000 2500 -1 0,004 -1 3000 ν/Hz 0,000 1500 1800 ν/Hz 2100 2400 Abb.5.31.a, b Kristallwackler (Aufspaltungen des Spektrums durch Modulationen) wurden hier hervorgerufen durch äußere Vibrationen. a) Kristallwackler in Abhängigkeit vom E-Feld in Z1) gemessen bei n=43µm-3 und q=4,63µm-1. b) Ein solches Spektrum, gemessen bei n=71µm-3 und E=56Vcm-1, kann nicht mehr als eine Geschwindigkeitsverteilung angesehen werden. ausgeschaltetem Feld auf. Es gibt Fälle, in denen sich die Form des Spektrums durch einen Kristallwackler so stark verändert, dass man nicht mehr von einer Geschwindigkeitsverteilung sprechen kann, wie z.B. in Abb.(5.31.b). 5.2.2. Der Einfluss des Strukturfaktors in heterodynen Spektren Das zweite Problem, das zu beachten ist, wenn man mit konzentrierten Suspensionen arbeitet, ist das Streuverhalten unterschiedlicher Phasen. Die Herleitung des Leistungsspektrums in Kapitel 3.2.3. geht vom Fall hoher Verdünnung aus, wenn kein r statischer Strukturfaktor, S( q ), zu berücksichtigen ist. Deshalb wurden in Gl.(3.21.) keine i≠j Terme berücksichtigt. Liegt eine Struktur vor, so bestimmt sie die gemessene Intensität in einem DLS- Experiment: r r r gE( q ,τ)= ĝE( q ,τ)⋅If( q ). (5.8.) r r r Wobei für die statische Streuintensität gilt: If( q )= If0 P(q) S( q ). ĝE( q ,τ) ist die r normierte FAKF, d.h. sie ist unabhängig von If( q ). r r r r 1 1 gˆ E (q ,τ ) = r exp{iq (ri (t ) − rj (t + τ )} . ∑ S (q ) N i , j =1 (5.9.) r Sowohl die Summe im Zähler als auch das S( q ) im Nenner enthalten die Strukturinformation, so dass diese herausgekürzt wird. Die Summe nennt man Collective Dynamic Structure Factor SC : r r r r 1 SC (q ,τ ) = ∑ exp{iq (ri (t ) − rj (t + τ )} . N i , j =1 (5.10.) 106 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel Sie beinhaltet auch den Self Dynamic Structure Factor SS: r r r r r r r 1 S S (q , t ) = ∑ exp{iq (rj (t ) − rj (t + τ )} = exp{iq (r1 (t ) − r1 (t + τ )} . N j =1 (5.11.) Dieser wurde bei der Herleitung des Spektrums in Kapitel 3.2.3. verwendet. Und weiterhin wurde gesagt, dass: r r r r r g E (q ,τ ) = I 0 N b12 exp(iq (r1 (t + τ ) − r1 (t )) ) = I f 0 P(q ) S S (q ,τ ) . (5.12.) Liegt eine Struktur vor, so gilt für die normierte FAKF: r r r r 1 1 gˆ E (q ,τ ) = r exp{iq (ri (t ) − rj (t + τ )} ∑ S (q ) N i , j =1 r r r r r r exp{iq (rj (t ) − rj (t + τ )} + ∑ exp{iq (ri (t ) − rj (t + τ )} ∑ r i , j =1; i ≠ j gˆ E (q ,τ ) = j =1 r N ⋅ S (q ) r r r r S ( q ,τ ) S ( q ,τ ) − S S ( q ,τ ) gˆ E (q ,τ ) = S r + C r S (q ) S (q ) (5.13.) (5.14.) (5.15.) Der SS-Term wurde zur Herleitung des Spektrums benutzt, allerdings ohne S(q) explizit zu berücksichtigen. Durch den SC-SS-Term könnten Relativgeschwindigkeiten im Spektrum eine Rolle spielen. Dieser Gedanke soll am folgenden Beispiel erläutert werden. Berechnung des heterodynen Signals mittels Schwebungen Um die Bedeutung des Struktureinflusses auf das Spektrum besser zu verstehen, wird eine etwas andere Herangehensweise an das Problem gewählt, in dem das Streuexperiment in Form von Schwebungen beschrieben wird. Eine Schwebung ist folgendermaßen definiert: Wenn zwei Wellen, E1(t)= cos(ω1t) und E2(t)= cos(ω2t), etwas unterschiedlicher Frequenz, ω1 und ω2, überlagert werden, so entsteht eine Schwebung mit den Frequenzen: (ω1+ω2)/2 und (ω1-ω2)/2. cos(ω1t ) + cos(ω2t ) = 1 ⎛ ω + ω2 ⎞ ⎛ ω1 − ω2 ⎞ cos⎜ 1 t ⎟ cos⎜ t⎟ 2 ⎝ 2 ⎠ ⎠ ⎝ 2 (5.16.) Durch Quadrierung der Schwebung zwischen den Feldern erhält man eine Intensität, deren Frequenzen, (ω1+ω2) und (ω1-ω2), verdoppelt sind. Im Experiment ohne Struktur war es die Überlagerung zwischen Referenzlicht und Streulicht, die zur Schwebung führte, wobei nur der Differenzterm detektiert werden kann. In Fall eines superheterodynen Streuexperiments mit Struktur wird zuerst Streulicht von zwei unterschiedlich schnellen Partikeln kommend überlagert. Es entsteht eine Schwebung, die mit dem Referenzstrahl überlagert wird. So könnte eine Schwebung einer Schwebung entstehen, die Differenz und Summe der beiden Partikelgeschwindigkeiten enthielte. Diese Vorstellung soll erst einmal an einem 5.2. Interpretation des kristallinen Spektrums als Geschwindigkeitsverteilung 107 einfachen Beispiel überprüft werden. Mittels Origin wurde das Spektrum einer Schwebung einer Schwebung berechnet. Origin bietet die Möglichkeit einer FFTAnalyse. Das Beispiel hat folgendes Aussehen: Sw(t ) = {cos(2π 0,012t ) + cos(2π 0,01t ) + cos(2π 0,05t )} 2 (5.17.) = {cos(2π 0,002 / 2t ) cos(2π 0,022 / 2t ) + cos(2π 0,05t )} 2 Origin stellt das Ergebnis auf der Frequenzachse dar. 2π 0,012 z.B. stellt eine Kreisfrequenz dar. Die 0,05 entsprechen der Braggshift von 1kHz. Es ist deutlich zu sehen, Abb.(5.32.), dass es immer nur eine Schwebung zwischen 2 Frequenzen geben kann. Multipliziert man das Quadrat in Sw(t) aus, so erhält man 6 Terme, von denen 3 Schwebungen und die anderen 3 Quadrate sind. Diese finden sich in der FFT-Analyse wieder. Die Schlussfolgerung ist, dass alle Relativgeschwindigkeiten und alle Summen der Geschwindigkeiten in einem superheterodynen Experiment nicht in der Frequenz verschoben werden. Sie finden sich im homodynen Spektrum wieder. Das superheterodyne Spektrum enthält folglich nur die Absolutgeschwindigkeiten. 10 8 Winkel(Grad) Frequenz (Hz) "Schwebung einer Schwebung" 0,1 FFT der Schwebung 0,012-0,01 1,0 0,05+0,01 0,8 Amplitude 6 I/b.E. 0,0 4000 3000 2000 1000 0 4 2 0,6 0,05+0,012 0,05-0,012 0,05-0,01 0,012+0,01 2*0.012 0,4 2*0,05 2*0,01 0,2 0 0 200 400 600 800 1000 0,0 0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 Frequenz (Hz) t/sec Abb. 5.32. Rechenbeispiel: 2 Streustrahlen, f=0,01 und 0,012Hz, werden überlagert und mit dem Referenzstrahl, f=0,05Hz, moduliert. a) zeigt die Schwebung auf der Zeitachse. b) zeigt die FFT-Analyse von a). Es treten stets nur Schwebungen zwischen 2 der 3 Frequenzen auf. Rechnung wurde mit Origin durchgeführt. In einer verallgemeinerten Rechnung sieht dies wie folgt aus: Die Überlagerung des r r rr Referenzlichts E r exp(−iω r t ) und des Streulichts ∑ E f exp{i (qri (t ) − ω f t )} ergibt: i 2 r ⎫ rr rr rr ⎧ r ⎫ ⎧ 2 ⎨∑ E f exp{i (qri (t ) − ω f t )} + Er exp(−iωr t )⎬ = ⎨∑ E f exp{i (qri (t ) − qrj (t ))}⎬ + ⎩ i ⎭ ⎩ i, j ⎭ rr ⎧ r r ⎫ 2 + 2⎨∑ Er E f exp{i (qri (t ) + ΔωBragg t )}⎬ + ERe f (5.18.) ⎩ i ⎭ 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 108 Der erste Term auf der rechten Seite stellt den Homodynterm dar, in dem auch die Relativgeschwindigkeiten enthalten sind. Der zweite Term ist der Heterodynterm, in dem nur die frequenzverschobenen Absolutgeschwindigkeiten vorkommen. Die Bedeutung des (SC-SS)-Terms in der FAKF Die Frage ist nun, was stellt der (SC-SS)-Term in der FAKF dar: r r r r S S (q , t ) SC (q ,τ ) − S S (q ,τ ) . gˆ E (q ,τ ) = r + r S (q ) S (q ) r Setzt man in gE( q ,τ) das Bragg verschobene Streulicht r r r rr E f (q , t ) = E f 0 ∑ exp{i (qri (t ) − (ω + Δω Bragg )t )} ein, so erhält man: (5.19.) i r r r * r r gˆ E (q ,τ ) = E f (q , t ) ⋅ E f (q , t + τ ) = = Ef 0 2 rr ∑ exp{i(qr (t ) − (ω + Δω i Bragg rr )t )} ⋅ exp{−i (qrj (t + τ ) − (ω + ΔωBragg )(t + τ ))} i, j = Ef 0 2 ∑ exp{i[qr (t ) − qr (t + τ ) + (ω + Δω rr i rr j Bragg ] )τ } (5.20.) i, j r r r r r mit r (t ) = r0 + rD (t ) + v t , rD (t ) ist der diffusive Anteil der Bewegung, ergibt sich (ω=1014Hz wird vernachlässigt): r r r * r E f (q , t ) ⋅ E f (q , t + τ ) = = Ef 0 2 [ ] rr r r r r r r ∑ exp{iq ri 0 − rj 0 + riD (t ) − rjD (t + τ ) + vit − v jt − v jτ + iΔωBraggτ } (5.21.) i, j Die Klammer, <…>, symbolisiert eine zeitliche Mittelung in t. Alle Faktoren, die den Parameter t nicht enthalten, können aus der Klammer herausgezogen werden, ebenso die Summe. Wenn man die elektrophoretische Bewegung, aeph, und die diffusive, bdiff, als statistisch unabhängig betrachtet, so können beide unabhängig voneinander gemittelt werden: aephbdiff = aeph bdiff . (5.22.) r r r * r (5.23.) Somit schreibt sich E f (q , t ) ⋅ E f (q , t + τ ) : r r r rr r r r rr rr E 2f 0 ∑ exp{iq ( ri 0 − rj 0 )}⋅ exp{− i (qv j − Δω Bragg )τ }⋅ exp{iq (riD (t ) − rjD (t + τ ))} ⋅ exp{i (qvi − qv j )t} i, j rr rr rr rr 1 TM exp{i (qvi − qv j )t} = dt exp{i (q vi − qv j )t } stellt ∫ 0 TM näherungsweise eine Delta-Distribution dar: rr rr rr rr rr rr 1 sin (TM (qvi − qv j ) ) π exp{i (qvi − qv j )t } = ≈ δ (qvi − qv j ) . (5.24.) rr rr TM qvi − qv j TM Die letzte Klammer 5.2. Interpretation des kristallinen Spektrums als Geschwindigkeitsverteilung 1,0 1,0 TM=1,6sec 0,6 0,6 TM δ(Δv) 0,4 0,4 0,2 -1 -1 TM δ(Δv) TM=0,4sec 0,8 0,8 0,2 0,0 0,0 -0,2 -0,2 -0,4 109 -0,4 0 5 10 15 20 -1 Δvi,j/µms 25 30 0 5 10 15 Δvi,j/µms 20 25 30 -1 Abb.5.33. a, b Die Nährung der δ-Distribution Gl.(5.24.) in Abhängigkeit von der Geschwindigkeitsdifferenz Δvij = vi − v j . a) Die Messdauer beträgt TM=1,6sec. b) TM=0,4sec. Wie gut die Nährung ist hängt von der Dauer der Messzeit ab. Die Messzeit wird bestimmt durch die Größe des Zeitfensters TM des FFT-Analysators, siehe auch Kapitel 4.1. Eine typische Messdauer beträgt TM=1,6sec. Die maximale -1 Geschwindigkeitsdifferenz kann bis zu Δvi,j=500µm s betragen. In Abb.(5.33.a) ist die Nährung der Distribution für diesen Fall gezeigt. Bei 0,9µm s-1 wird das Auflösungsvermögen des FFT-Analysators erreicht. Ein Beitrag des SC-SS Terms kann wegen der Nährung der Delta-Distribution nicht ausgeschlossen werden. In diesem Fall führt der Beitrag aufgrund der Phasenverschiebung stets zu einer Verringerung der Intensität, siehe Erklärung weiter unten. Wenn man in einer ersten Näherung annimmt, dass man wegen der δ-Distribution, Gl.(5.24.), den Einfluss des SC-SS-Terms vernachlässigen kann, so vereinfacht sich die FAKF zu: r r r r r S (q ,τ ) S (q ,τ ) − S S (q ,τ ) S S (q ,τ ) ˆg E (q ,τ ) = S r + C = r r . S (q ) S (q ) S (q ) (5.25.) Für die IAKF ergibt sich dann mit I f (q) = I f 0 P (q) S (q ) : r r r r r ) r g I (q ,τ ) = I r2 + 2 I r I f (q ) + 2 I r Re{g E (q ,τ )} ⋅ I f (q ) + I *f (q , t ) I f (q , t + τ ) r r r r r S S (q ,τ ) 2 * r ⇒ g I (q ,τ ) = I r + 2 I r I f (q ) + 2 I r Re r ⋅ I f (q ) + I f (q , t ) I f (q , t + τ ) S (q ) r r r r r 2 ⇒ g I (q ,τ ) = I r + 2 I r I f (q ) + 2 I r Re S S (q ,τ ) ⋅ I f 0 P (q ) + I *f (q , t ) I f (q , t + τ ) (5.26.) (5.27.) (5.28.) Für die Messung bedeutet dies, dass das superheterodyne Messsignal durch keinerlei Struktur beeinflusst wird. D.h., dass die Spektren beider Phasen, fluid und kristallin, sich nicht in ihrer spektralen Leistungsstärke trotz des unterschiedlichen S(q) unterscheiden. 110 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel Abnahme der Intensität bei Gleichheit der Geschwindigkeiten Im Allgemeinen kann der SC-SS Term nur einen Beitrag leisten, wenn vi =vj (bzw. μi =μj) ist. Da der FFT-Analysator nur Wellenzüge endlicher Länge transformieren kann, bezieht sich die Gleichheit der Frequenzen zweier Wellenzüge auf diesen Ausschnitt. In diesem Fall sieht der SC –SS Term für dieses Paar i, j folgendermaßen aus (v kann hier auch als v = μE verstanden werden): (5.29.) rr r r r rr r r r E 2f exp(iq (ri (0) − rj (0)) )exp(− i (qv j − ΔωBragg )t ) + E 2f exp(iq (rj (0) − ri (0)) )exp(− i (qvi − ΔωBragg )t ) Der Diffusionsanteil wurde weggelassen. Bildet man hier von den Realteil, so erhält man: (5.30.) r r r rr r r r rr E 2f cos(q (ri (0) − rj (0)) − (qv j − ΔωBragg )t ) + E 2f cos(q (rj (0) − ri (0)) − (qvi − ΔωBragg )t ) Jeder Kosinus enthält also eine Phasenverschiebung, deren Größe von der Struktur und q abhängt. Die beiden Phasenverschiebungen lauten: r r r r r r r r r r r r ϕ+ (q , ri (0), rj (0)) = q (ri (0) − rj (0)) und ϕ− (q , ri (0), rj (0)) = −q (ri (0) − rj (0)) (5.31.) Obige Gleichung (5.29.) gehört zum SC –SS -Term. Im SS -Term gibt es zwei Beiträge, der eine von vi der andere von vj, die beide dieselbe Frequenz und Phase tragen. Der Realteil dieser Beiträge lautet: r r r r (5.32.) E 2f cos(q (−v j + ΔωBragg t ) ) + E 2f cos(q (−vi + ΔωBragg t ) ) Der obige Beitrag aus dem SC –SS Term Gl.(5.29.) enthält dieselbe Frequenz wie die beiden SS -Beiträge (weil vi =vj ist), aber eine andere Phase. Da alle (vi ,vj) - Beiträge dieselbe Frequenz beinhalten, können sie interferieren. Wegen des Phasenunterschieds im SC –SS Term ist die Überlagerung destruktiv, da in Vorwärtsrichtung alle Interferenzen destruktiv sind, denn S(q)=0. Also nimmt die Intensität durch den SC –SS Term ab. Der Einfluss des SC-SS-Terms hat etwas mit Geschwindigkeitsunterschieden zu tun. Umso kleiner diese sind, desto größer der Einfluss. Die Partikelgeschwindigkeit setzt sich aus verschiedenen Anteilen zusammen. Welche in welcher Form Einfluss haben auf den SC-SS-Term, soll im folgenden Abschnitt untersucht werden. Die 3 Anteile der Partikelgeschwindigkeit. Diese führen zur Mobilitätsdistribution Etwas die Ergebnisse des Kapitels 5.3. vorwegnehmend, lässt sich die Herleitung der Gleichung Gl.(5.23.) im kristallinen Zustand wie folgt fortsetzen. Aufgrund der r zeitabhängigen elastischen und plastischen Einflüsse vkr , j , diese Geschwindigkeit entspricht dem mittleren Term in Gl.(5.6.), kann v(t) geschrieben werden: r r r r v j (t , x, y ) = vEO , j ( x, y ) + vkr , j (t , y ) + μ j E . (5.33.) 5.2. Interpretation des kristallinen Spektrums als Geschwindigkeitsverteilung 111 r Die Abhängigkeit y in vkr , j (t , y ) soll verdeutlichen, dass dieser Einfluss, dokumentiert durch den Initialfluss, nur in Y-Richtung wirkt. Mit Gleichung (5.33.) lässt sich die Herleitung fortsetzen, wenn eine Vorraussetzung, benutzt wird, die später in Kapitel 5.3. verifiziert werden kann. Diese ist, dass die Partikelmobilität μ j auch in der kristallinen Phase als zeitunabhängig gilt. Wenn man hydrodynamische Effekte vernachlässigen kann, so hängt die Größe von μ j nicht von den elektroosmotischen oder elastisch/ plastischen Einflüssen ab. In Kapitel 5.3. wird in einer zeitabhängigen räumlichen Mittelung der Geschwindigkeiten, in X- und Y-Richtung der Zelle, gezeigt: r r r r vEO , j ( x, y ) + vkr , j (t , y ) + μ j E (5.34.) = μj ⋅ E. Für 0sec <t0 <2h. X ,Y ; t = t 0 X ,Y ; t = t 0 Daraus kann man schließen: r r r r r vEO , j ( x, y ) + vkr , j (t , y ) + μ j E = vEO , j ( x, y ) + vkr , j (t , y ) X ,Y ; t = t 0 r r vEO , j ( x, y ) + vkr , j (t , y ) = 0 . Für alle t0. X ,Y ; t = t 0 r + μ jE X ,Y ; t = t 0 (5.35.) X ,Y ; t =t 0 Es sollte also möglich sein die zeitlichen Mittelungen zu separieren: r r r r r r r r r exp iq (vEO , j + vkr , j (t , y ) + μ j E t = exp{iq (vEO , j + vkr , j (t , y )}t ⋅ exp iqμ j Et . { und } { } (5.36.) Da vermutet werden kann, dass die Elektroosmose das elastisch/plastische Verhalten beeinflusst, wurden diese hier nicht separiert. Die in Gleichung (5.24.) angegebene Delta-Distribution ist dann zu ersetzen durch: (5.37.) r r r r r r r r r r 1 TMs 1 sin iq ( μi − μ j ) ETM r dt exp i (qμi E − qμ j E )t = . exp i (qμi E − qμ j E )t = r TM ∫0 TM q ( μi − μ j ) E { } { } ( ) Gemäß dieser Überlegungen wären es also letztendlich die Polydispersität der Partikel, die Messzeit und die Feldstärke, die darüber entscheiden, wie stark das Streulicht interferiert und ob die Struktur S(q) eine Rolle spielt. Experimentelle Überprüfung: Die E-Feldabhängigkeit der integrierten, spektralen Leistungsdichte Eine letzte Gewissheit, ob und wie stark der SC-SS Term berücksichtigt werden muss, kann nur das Experiment liefern. Seine Bedeutung ist aufgrund der Delta-Distribution jedenfalls stark eingeschränkt. Der SC-SS Term kann nur dann eine Rolle spielen, wenn die Geschwindigkeitsunterschiede gering sind. Dies ist im Allgemeinen bei geringen EFeldern der Fall und räumlich gesehen in z-Richtung, der Fließrichtung, wo die Partikel sich im selben elektroosmotischen Geschwindigkeitsfeld bewegen, sowie in der Zellmitte in den beiden anderen Raumrichtungen, wo der Geschwindigkeitsgradient minimal ist. Allerdings würde ein ortsabhängig stärkerer Beitrag des SC-SS Terms in der Zellmitte im fluiden Zustand zu einer Abnahme des Maximums des Spektrums führen, wodurch dieses nicht mehr den theoretischen Berechnungen entsprechen kann. Dadurch 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 112 0,0015 -1 E=0Vcm 0,3 0,0010 IL/b.E. Integrated Spectral Power / a.u. 0,4 0,2 Crystal Coexistence Shear melt -1 E=0Vcm 0,1 0,0 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 t/s 0,0005 0,0000 1500 1800 2100 2400 ν/Hz Abb.5.34.a, b a) Verlauf der superheterodynen, integrierten Leistungsdichte während des Aufschmelzvorgangs, siehe Abb.5.30. Trotz Veränderung der Struktur in der Probe und damit des Strukturfaktors ist keine Änderung der superheterodynen, integrierten Leistungsdichte festzustellen. Bei ausgeschaltetem Feld sinkt die Leistungsdichte ab. b): Spektrum bei ausgeschaltetem Feld. Die gemessene Leistungsdichte des Spektrums b) ist in a) als grünes Quadrat eingetragen. sollte es zu systematischen Abweichungen zwischen Fit und Daten kommen, die aber nicht beobachtet wurden. Ein Beispiel, um den Einfluss des SC-SS Terms in der kristallinen Phase zu überprüfen, stellt das Aufschmelzen in elektrischen Feldern dar. Hier verändern sich kristalline Strukturen kontinuierlich in fluide. In Abb.(5.30.) ist ein Wasserfalldiagramm zu sehen. das dokumentiert, wie die kristalline Suspension innerhalb von 20sec durch den elektroosmotischen Fluss schergeschmolzen wird. Es wurde beobachtet wie der Kristall, erkennbar durch sein charakteristisches Spektrum, beginnend an der Wand zelleinwärts aufschmolz. Der Endzustand war eine homogene Schmelze, die sich nicht von einem fluiden Spektrum unterschied. Die Integration über den heterodynen Part des Spektrums, immer dieselbe Intervallgröße, ergab, dass es keine Abhängigkeit vom Phasenzustand der Suspension gibt, siehe Abb.(5.34.). Fluide und kristalline Strukturen unterscheiden sich folglich nicht in ihrer heterodynen Streuintensität. Allerdings nimmt interessanterweise die durch die Integration über das gesamte Spektrum bestimmte integrierte spektrale Leistungsdichte deutlich ab, sie fällt im Prinzip auf das Niveau des Untergrundes, sobald man das E-Feld ausschaltet und die Partikel nur noch der Brownschen Bewegung unterliegen. In Abb.(5.34. b) sieht man das Spektrum bei ausgeschaltetem Feld. Es ist ein schwacher Lorentzpeak zentriert um die 2kHz. Der erste Punkt in Abb.(5.34.a) gibt die integrierte, spektrale Leistungsdichte des Spektrums aus Abb.(5.34.b) wieder. Er liegt weit unterhalb den anderen und wurde gemessen, bevor das Feld angeschaltet wurde. Nach den obigen Überlegungen kann dies ein struktureller Effekt sein. Denn wenn alle Geschwindigkeiten vi=vj=0 sind, reduziert sich 5.2. Interpretation des kristallinen Spektrums als Geschwindigkeitsverteilung 113 Gl.(5.26.) zu: (5.38.) r r r r r g I (q , t ) = I r2 + 2 I r I f (q ) + 2 I r exp − q 2 DC (q, t ) ⋅ t ⋅ I fo P(q ) S (q ) + I *f (q , t ) I f (q ,0) ( ) (wegen des stationären Zustands wurde t=0 gesetzt und τ in t transformiert). DC ist die kollektive Diffusion, die definiert ist über: r r r gˆ E (q , t ) = SC (q , t ) / S (q ) = exp − q 2 DC (q, t ) ⋅ t (5.39.) ( ) r Im Vergleich zu Gl.(5.28.) bedeutet dies, dass der Strukturfaktor S (q ) im heterodynen r Part der IAKF erhalten bleibt. Da in Vorwärtsrichtung S (q ) gegen Null geht, r S (q ≈ 0) → 0 , nimmt die heterodyne Streuintensität stark ab. Aufgrund dieser Beobachtung wurde die Abhängigkeit der Gesamtstreuintensität vom E-Feld untersucht, sowohl in der kristallinen wie in der fluiden Phase. Da sich die Gesamtzahl der Streuer durch Ändern des E-Feldes nicht ändert, sollte die integrierte, spektrale Leistungsdichte konstant bleiben, auch wenn man die Frequenzfenstergröße fw der spektralen Verteilung anpasst. Dies wird in einer optimalen Durchführung der Messung getan. Bei kleineren Feldern, d.h. kleineren Geschwindigkeiten, wird ein größeres Zeitfenster und damit eine bessere Auflösung TM−1 gewählt. Abb.(5.35.) veranschaulicht dies. Während bei E=119Vcm-1 ein Frequenzfenster von fw= 1,6kHz mit einer Auflösung von 1Hz optimal ist, verwendet man bei E=30Vcm-1 besser ein 1kHz Fenster mit einer Auflösung von 0,625Hz. Wie die Abb.(5.36.a, b) zeigen, nimmt allerdings die integrierte, spektrale Leistungsdichte mit zunehmenden fw, dies entspricht einem abnehmenden TM, zu, bei konstantem E-Feld. 0,012 0,016 TM=1sec 0,009 fw=1.6kHz 0,012 -1 0,006 IL/b.E. IL/b.E. E=119Vcm 0,003 TM=1,6sec fw=1kHz E=30Vcm -1 0,008 0,004 0,000 0,000 1200 1600 2000 2400 2800 ν/Hz 1400 1600 1800 2000 2200 2400 2600 ν/Hz Abb.5.35. Die Größe der Frequenzfenster fw wird den Spektren angepasst. Davon hängen wiederum die Messzeit TM und die Frequenzauflösung TM−1 ab. a) fw=1,6kHz, TM−1 =1Hz. b) fw=1kHz, TM−1 =0,625Hz. Beide Spektren wurden in Zelle Z5) bei n=45,7µm-3 gemessen. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 114 1,2 TM=0,4sec 1,0 TM=1,6sec -1 0,024 E=60Vcm IL/b.E. -1 IL,ges(60Vcm )/b.E. 0,032 0,8 0,016 0,008 0,6 0,000 0,4 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1900 2000 TM/sec 2100 2200 2300 2400 ν/Hz Abb. 5.36.a, b Integrierte spektrale Leistungsdichte IL,ges in Abhängigkeit von der Messdauer TM. a) Leistungsdichte nimmt mit steigendem TM ab. b) Der Grund für die Leistungsdichteabnahme ist die Abhnahme des Rauschniveaus mit zunehmenden TM. Messungen a) und b) wurden in Zelle Z5) bei E=60Vcm-1 und n=45,7µm-3 durchgeführt. Um den Beitrag des Untergrundes auf die Integrationsfläche zu minimieren, wurden die Spektren zuvor basiskorrigiert. In Abb.(5.36.b) ist zu sehen, dass mit zunehmender Auflösung TM−1 , kleineres Frequenzfenster, die Stärke des Rauschens abnimmt. Daher wurde in feldabhängigen Leistungsdichtemessungen, Abb.(5.37.), eine konstante Auflösung für alle E-Felder gewählt. In Abb.(5.37.a) werden 2 unbehandelte Messreihen gezeigt, die eine gemessen in der fluiden, die andere in der kristallinen Phase. Da einige Parameter dieser Messreihen sich unterscheiden, wie Partikelzahldichte, Justage, Stärke des Untergrundes, Signal zu Rausch Verhältnis, können diese Rohdaten nur schlecht miteinander verglichen werden. Die Daten wurden daher wie folgt behandelt: Bei allen Spektren wurde der Untergrund abgezogen. Die Leistungsdichte der so korrigierten Spektren wird Ikor genannt. Auch das Spektrum ohne -3 n=92,7µm -3 n=4,9µm 4,0 IL,ges/b.E. 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 1,0 TM=Konstant 0,8 -1 3,5 {Ikor-Ikor(0)}/{Ikor(120Vcm )-Ikor(0)} angeschaltetes E-Feld, Ikor(0Vcm-1), wird basiskorrigiert. 0 20 40 60 -1 80 100 120 E/Vcm -3 n=146µm -3 n=92,7µm -3 n=45,7µm -3 n=26,5µm -3 n=4,9µm 0,6 0,4 0,2 0,0 0 20 40 60 80 100 120 -1 E/Vcm Abb. 5.37.a, b a) Die ursprünglichen, integrierten Leistungsdichten, gemessen in einer kristallinen Probe n=92,7µm-3 und in einer fluiden n=4,9µm-3, sind gegen E aufgetragen. b) Verlauf der normierten Leistungsdichte in Abhängigkeit vom E-Feld bei einer festen Messdauer TM gemessen. Verwendet wurden die Zellen Z1) und Z5). 5.2. Interpretation des kristallinen Spektrums als Geschwindigkeitsverteilung 115 -1 IL,ges/IL,ges(57.6Vcm ) Der Beitrag von Ikor(0Vcm-1) stammt zu fast 100% vom 2kHz Peak, der nicht zum heterodynen Streusignal gehört und daher von Ikor abgezogen wird. Um den Einfluss unterschiedlicher Partikelzahldichte und Justage auf die integrierte, spektrale Leistungsdichte zu eliminieren, wurden alle Messreihen normiert mit der jeweiligen IL,ges(120Vcm-1). Es ergibt sich eine Masterkurve, Abb.(5.37.b), die eine Abnahme der normierten Leistungsdichte mit abnehmender Feldstärke zeigt. Dies gilt sowohl für fluide wie kristalline Spektren. -3 n=90.4µm ; Kristall -3 n=2.4µm ; Fluid 1.0 0.8 T: variabel IL,ges 0.6 0.4 1,5 1,2 0,9 0,6 -3 0.2 0,3 0.0 0,0 0 20 40 60 E/Vcm 80 -1 100 120 n=90,4µm ; Kristall -3 n=2,4µm ; Fluid 0 20 40 60 80 100 120 -1 E/Vcm Abb.5.38.a, b a) Verlauf der ursprünglichen, integrierten, spektralen Leistungsdichten einer fluiden n=2,4µm-3 und einer kristallinen Probe n=90,4µm-3. TM wurde den Spektren angepasst. Beide Messungen wurden in Z1) bei q=4,63µm-1 durchgeführt. b) Die Kurven der normierten Leistungsdichten fallen zusammen. In Abb.(5.38.a) sind 2 Messreihen, die eine in der fluiden, die andere in der kristallinen Phase gemessen, dargestellt. Hier wurde die Fenstergröße und damit die Auflösung den Spektren angepasst. Man erkennt, dass die fluide Kurve etwas tiefer liegt und flacher verläuft. Dies liegt daran, dass die Anzahl der Streuer n im fluiden Zustand geringer ist. Normiert man beide Kurven mit der jeweiligen integrierten Leistungsdichte, gemessen bei 57,6 Vcm-1, so fallen beide Kurven zusammen, siehe Abb.(5.38.b). Die Leistungsdichteabnahme kann gemäß obigen Berechnungen damit erklärt werden, dass die Differenz zwischen den Geschwindigkeiten mit abnehmendem Feld kleiner geworden ist. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die superheterodyne, integrierte Leistungsdichte während des Aufschmelzens konstant bleibt, obwohl die Geschwindigkeitsverteilung mit zunehmender Zeit immer breiter wird. Auch stellt sich die Frage, warum ein immobiler Wandkristall, in X-Richtung oder in Y-Richtung in der Kanalverengung, noch streuen kann, wenn er sich doch nicht mehr bewegt. Da die Immobilität aber nur ein dynamischer Ausgleich der Geschwindigkeiten und keine tatsächliche Bewegungslosigkeit ist, existiert immer noch die Mobilitäts-DeltaDistribution. Entscheidend für die superheterodyne Streuintensität scheinen die Polydispersität der Mobilitäten und die verwendete Feldstärke zu sein. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 116 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase Während die Auswertung fluider Spektren theoretisch, [38] und experimentell [11] abgesichert ist und somit die Partikelgeschwindigkeit in fluiden Spektren zugänglich ist, existiert zurzeit keine entsprechende Auswertungsmethode für kristalline Spektren. In Kapitel 5.1. wurde die Partikelgeschwindigkeit über die Peakposition, dies entspricht der Blockgeschwindigkeit, ermittelt. Bereits in Kapitel 5.1.6 traten Inkonsistenzen zwischen der Peakpositionsmethode und der Methode der fluiden Phase auf. Eine weitere Überprüfungsmöglichkeit beider Auswertungsmethoden ist die Betrachtung der Konzentrationsabhängigkeit der Mobilität. Die Mobilitäten wurden stets aus der Steigung der Geschwindigkeitskurve v(E) berechnet. Hierzu wurde die Geschwindigkeit, egal nach welcher Methode, bei bis zu 5 verschiedenen E-Feldern bestimmt und gegen E aufgetragen. Wenn nicht anders gesagt, wurden die in diesem Kapitel gezeigten Messungen alle unter derselben Justage q=4,63µm-1 und unter Verwendung der Zelle Z1) durchgeführt. Auf die Art kann ausgeschlossen werden, dass systematische Fehler von Datenpunkt zu Datenpunkt variieren. Konzentrationsabhängigkeit der apparenten Mobilität Abb.(5.39.) zeigt die apparente Mobilität des kristallinen Zustands bestimmt über die Peakpositionsmethode und die Mobilität in der fluiden Phase, bestimmt mit Hilfe des Fitprogramms, in Abhängigkeit von n. Die Mobilität der kristallinen Phase heißt apparent, da sie noch systematische Fehler in sich trägt. Zelle Z1) 8,5 µ -Fluid µapp-Kristall Peakposition Peakposition 1mm-Zelle q=4,53 µapp(Z4) -1 -1 2 6,5 -8 µ/10 m V s 7,0 6,0 µapp(Z6) 5,5 5,0 4,5 0,1 1 10 -3 n/µm 100 µapp/µmcmV s 0,5mm-Zellen q=4,63 µapp(Z2) 7,5 -1 -1 8,0 13 12 11 10 9 8 7 Fluid 6 5 0 Kristallin 20 40 60 -3 n/µm 80 100 Abb. 5.39. a, b a) Mobilität µ in der fluiden Phase und in der Schmelze, rote Symbole, und die apparente Mobilität µapp des kristallinen Blocks, alle anderen Symbole. Wie in der v-E-Kurve, Abb.5.25., ist auch hier ein Sprung, größer als der statistische Fehler, beim Phasenübergang zu sehen. In der kristallinen Phase wurde die Messung reproduziert mit anderen Zellen und Streuvektoren, Details stehen im Text. b) Hier wurde die µBestimmung auch in der fluiden Phase konsequent über die Maximumsposition durchgeführt. Es werden nur die Daten in Z1) gemessen gezeigt. 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase 117 Es ist deutlich der Sprung zwischen der kristallinen apparenten Mobilitätskurve und der fluiden zu sehen, wobei die apparente Mobilität wesentlich höher liegt als die fluide. Allerdings finden sich die Mobilitäten der Schmelze auf der fluiden Kurve wieder. Als Grund für diese Diskrepanz muss die unterschiedliche Auswertungsmethode in der fluiden und kristallinen Phase vermutet werden. Der entscheidende Unterschied ist, dass die Partikelgeschwindigkeit in der fluiden Phase durch den Schwerpunktpunkt des Spektrums, falls k= Höhe/Dicke →∞, bestimmt wird, während man in der Peakpositionsmethode die Position maximaler spektraler Leistungsdichte nimmt, die die Geschwindigkeit des kristallinen Blocks wiedergibt. Alternativ können alle Spektren durch die Methode der Peakposition ausgewertet werden, Abb.(5.39.b). In fluiden Spektren nimmt man als Peakposition das absolute Maximum. Die apparente Mobilität zeigt dann ein divergierendes Verhalten, wobei die Steigung beim Übergang von der kristallinen in die fluide Phase noch zunimmt. Am Phasenübergang ist ein Sprung feststellbar. Zur Erklärung des Kurvenverlaufs der apparenten Mobilität in der fluiden Phase betrachte man auch Abb.(4.19.b). Es konnte dort gezeigt werden, dass mit abnehmenden n die elektroosmotische Geschwindigkeit zunimmt. Dies erklärt die größer werdende Abweichung der Peakgeschwindigkeit vom Mittelwert in verdünnten Suspensionen. Ein solches divergierendes Verhalten der Mobilität wurde von Deggelmann beobachtet [7]. Auch wenn seine Messungen hier nicht nachvollzogen werden können, ist dies ein Anhaltspunkt seine Messungen zu überprüfen. Der Kurvenverlauf der mittels der Peakpositionsmethode bestimmten apparenten Mobilität µapp konnte durch Wahl anderer Zellen und Streuvektoren reproduziert werden, siehe Abb.(5.39.a). Dies zeigt, dass die Fehler, die aus der Messung des effektiven Elektrodenabstands und des Streuvektors resultieren, gering sind. Die Messung wurde wiederholt in der 1mm-Zelle Z4), grüne Quadrate, bei q=4,53µm-1 und in den 0,5mm Zellen Z2), orange Quadrate, und Z6), lila Quadrate, bei q=4,63µm-1. Es zeigt sich, dass die Geschwindigkeit in der Zellmitte unabhängig von der Geometrie der Zelle ist, vorausgesetzt, die Zellen wurden auf dieselbe Art gereinigt und präpariert. X-Y-Mittelungsmethode in der kristallinen Phase Es soll nun eine Auswertungsmethode zur Bestimmung der Mobilität in der kristallinen Phase vorgestellt werden, die konsistent ist mit der in der fluiden Phase, siehe auch [11, 38]. Im fluiden Zustand wird die Partikelgeschwindigkeit durch die Schwerpunktsgeschwindigkeit des X-Y-Profils definiert. Dadurch kann der Einfluss der Elektroosmose eliminiert werden. Das fluide Spektrum lässt sich theoretisch berechnen, wodurch die Partikelgeschwindigkeit durch anpassen der theoretischen Kurve an das Spektrum bestimmt werden kann. 118 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel In der kristallinen Phase ist das elektroosmotische Profil und damit auch das Profil des Partikelflusses nicht bekannt. Das einzige, was man weiß, ist: Hinfluss = Rückfluss , also Nettofluss = Null. Insbesondere ist davon auszugehen, dass der elektroosmotische Fluss in Wandnähe stets vorhanden ist. Daher muss auch der Rückfluss vorhanden sein. Eine Mittelungsprozedur sollte daher auch im kristallinen Zustand den Einfluss der Elektroosmose eliminieren. Wie der Einfluss der Elektroosmose in der kristallinen Phase nachgewiesen werden kann, wird in Kapitel 5.3.2. anhand der Kanalverengung gezeigt. Die Bestimmung der mittleren Geschwindigkeit muss in der kristallinen Phase allerdings experimentell durch örtliche Mittelung in X- und Y- Richtung erfolgen, da im Gegensatz zur fluiden Phase keine theoretische Beschreibung des Geschwindigkeitsprofils in einer geschlossenen Zelle vorliegt. Hierzu müssen die kristallinen Spektren in Abhängigkeit von beiden Raumrichtungen bekannt sein, siehe Kapitel 5.1. Die kristalline Auswertungsmethode über die experimentelle X-Y-Mittelung und die fluide Methode über die theoretische Berechnung des Profils sollten konsistent sein, da beide Methoden die Mobilität über die mittlere Geschwindigkeit im Zellquerschnitt definieren. Die Vernünftigkeit dieser Definition wird deutlich, wenn man die Mobilität über die Leitfähigkeit herleitet, allgemein σ = μeZn . Die Leitfähigkeit ist eine von der Geometrie der Zelle unabhängige Größe. Sie wird, zu mindestens in unserem Fall, nicht lokal an einem Ort in der Zelle gemessen, sondern integral. Folglich kann die für die Leitfähigkeit relevante Mobilität nur eine über den Zellquerschnitt gemittelte Größe sein. Im Fall von Wandreibung wären Mobilität und Leitfähigkeit nicht mehr unabhängig von der Zellgeometrie und damit nicht mehr allgemeingültig. Denn eine Mittelungsprozedur kann den Einfluss der Wandreibung nicht herausmitteln. Die Folge wäre eine systematisch zu klein abgeschätzte Mobilität. In einem solchen Fall müsste man auf eine Zelle vom Typ Uzgiris umsteigen. Das Phänomen Initialfluss wird aber zeigen, Unterkapitel 5.3.3., dass der Einfluss der viskosen Reibung in Wandnähe zu vernachlässigen ist. Die beobachteten Phänomene, z.B. die Kanalverengung oder der Initialfluss, liefern die Beweise für die Anwendbarkeit der Mittelungsprozedur. Eine weitere Beobachtung, die Zeitabhängigkeit des Strömungsprofils, wirft eine ebenfalls grundlegende Frage auf, die in Kapitel 5.3.1. beantwortet werden soll: Ist die mittlere Geschwindigkeit selbst zeitabhängig? Wenn ja, hätte dies zur Folge, dass die Mobilität keine zeitliche Konstante wäre. Wie in Kapitel 5.3.3. erklärt wird, sind bei den verwendeten Volumenbrüchen keine hydrodynamischen Effekte zu erwarten. Die Viskosität sollte daher eine zeitunabhängige Größe in der Größenordnung der des Mediums sein und somit keinen Einfluss auf die Zeitabhängigkeit der Mobilität haben. Andererseits könnte eine zeitabhängige Mobilität ein Indiz für Elektrodenpolarisationen oder 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase 119 Probenversalzungen sein. Dass dies nicht der Fall ist, wird in den Kapiteln 4.4. und 7.1. erklärt, siehe auch Abb.(7.6.). Vorher wird aber noch die Vorgehensweise zur Bestimmung der mittleren Geschwindigkeit erläutert. Voraussetzung für die X-Y-Mittelungsmethode ist, dass die spektrale Dichte des heterodynen Spektrums identifiziert werden kann mit der Anzahl der sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit bewegenden Partikel unabhängig von ihrem Phasenzustand. Dieses ist möglich, weil nur der Self dynamic structure factor, Ss, der keine Strukturinformationen enthält, in das heterodyne Spektrum eingeht, das vom homodynen Anteil durch die Braggshift separiert ist. In das homodyne Spektrum gehen Struktur- bzw. Phasenzustände dagegen sehr wohl ein. Aufgrund des höheren Strukturfaktors S(q=5µm-1) in der fluiden Phase erwartet man im homodynen Term einen Unterschied in der spektralen Leistungsdichte zwischen fluider und kristalliner Phase, im heterodynen Anteil dagegen nicht, siehe Kapitel 5.2. Zur Bestimmung der mittleren Geschwindigkeit im Zellquerschnitt muss die Mittlung in den beiden Raumrichtungen X & Y nacheinander durchgeführt werden: a) Mittelung in X-Richtung (ortsaufgelöst): Es gibt zwei Verfahren, um die mittlere Geschwindigkeit in X-Richtung zu bestimmen. In der einen verwendet man die ortsaufgelöste Messmethode, um das X-Profil zu bestimmen, in der anderen wird die integrale Methode benutzt. Der Vorteil der ortsaufgelösten Methode ist, dass man die Charakteristika des Spektrums dem Ort in der Zelle zuordnen kann. Ihr Nachteil ist das begrenzte örtliche Auflösungsvermögen. Um die mittlere Geschwindigkeit in X-Richtung zu bestimmen, wird bei der ortsaufgelösten Methode der Mittelwert eines jeden Xi – Spektrums, gemessen am Ort Xi, ermittelt und aus diesem die Geschwindigkeit vp(xi) berechnet. 600 0,0015 500 vAVR x=320µm 400 0,0010 IL/b.E. x=450µm 0,0005 x=460µm v / µms -1 x=380µm 300 200 x=470µm x=500µm 100 0,0000 1600 2000 2400 ν/ Hz 2800 0 0 100 200 300 400 500 x / µm Abb.5.40.a,b a) Ortsaufgelöste Spektren, gemessen bei Y=0mm, n=8,6µm-3 und E=57,6Vcm-1, an verschiedenen Positionen in X-Richtung. b) Die mittlere Geschwindigkeit, bestimmt aus den Spektren von a), aufgetragen gegen X. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 120 Trägt man vp(x) gegen x auf, wie in Abb.(5.40.b) geschehen, so kann man über den Mittelwert Satz der Integralrechnung (MwSI), b v = 1 v( x)dx , b − a ∫a (5.40.) die mittlere Geschwindigkeit <vp(x)>x in X-Richtung berechnen. Der Mittelwert eines jeden Xi - Spektrums wird ermittelt, in dem man zuerst die Basis, den Untergrund, auf Null setzt und dann das Integral des Spektrums bestimmt und durch Verschieben einer der beiden Integrationsgrenzen die Frequenz zu finden versucht, bei der der Wert des Integrals halbiert wird, Abkürzung für die Methode: FhI (Frequenz bei halber Integrationsfläche). Die Berechnungen wurden alle mit Origin durchgeführt. Für das obige Beispiel findet man eine mittlere Geschwindigkeit von <vp(x)>x=(438±45)µms-1. Um die Größe des Wandbereichs zu charakterisieren, wird die Länge dx eingeführt, die durch die Interpolation: vp x = vPeak X − 2d x vPeak 2d x + 2 X X (5.41.) definiert wird. X ist hier die Tiefe der Zelle, also X=1mm. Auf die Art wird die Zelle eingeteilt in eine zentrale Region konstanter Geschwindigkeit vPeak und einer Wandregion der Dicke dx, wo vp(x) linear variiert zwischen vPeak und Null. Diese Interpolation beschreibt das Fließprofil bei nicht all zu hohen Konzentrationen, Nähe des Phasenübergangs, sehr gut. Für das obige Beispiel ergibt sich ein dx=160µm. Dabei wurde der einzig freie Parameter dx so gewählt, dass, bei gemessenen vPeak, sich das über MwSI und FhI berechnete <vp(x)>x ergibt. Bei höheren Konzentrationen kann die Profilform wegen des begrenzten Auflösungsvermögens nicht mehr experimentell überprüft werden. Allerdings tritt ab n=66µm-3 in den Spektren ein weiterer Peak bei sehr kleinen Frequenzen auf, der von einer fast immobilen Kristalllage in Wandnähe verursacht wird, siehe Kapitel 5.1. In diesem Fall reduziert sich die Interpolation zu: vp x = vPeak X − 2d x . X (5.42.) Das Geschwindigkeitsprofil wird nun durch zwei Regionen konstanter Geschwindigkeit angenähert, wobei die Geschwindigkeit in der Wandregion Null ist. dx gibt hier die Dicke des immobilen Wandkristalls an. 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase 0,6 121 200 -3 n=7,74µm 0,5 dXSC 0,3 dx / µm IL/b.E. dXL 150 0,4 100 0,2 0,1 50 0,0 -0,1 1000 1500 2000 ν/Hz 2500 3000 0 0 20 40 60 -3 n / µm 80 100 Abb.5.41. a, b a) Beispielspektrum gemessen bei n=7,74µm-3 und E=57,5Vcm-1, an dem die Mittelungsmethode erklärt wird, siehe Text. b) Die Größe des Wandbereichs dx, der bestimmt wird mit Hilfe der Mittelungsmethode, in Abhängigkeit von n. Die offenen Kreise dokumentieren, wo der Wandbereich als Lubrikationszone auftritt. Die geschlossenen Quadrate symbolisieren die immobilen Wandkristalle. b) Mittelung in X-Richtung (integral): Abb.(5.41.a) zeigt ein integral aufgenommenes Spektrum bei n=7,74µm-3 und E=57,6 Vcm-1. Es dokumentiert den Fall eines linearen Geschwindigkeitsanstiegs in Wandnähe. Die Bestimmung der mittleren Geschwindigkeit erfolgt über FhI: <vp(x)>x=411µms-1. dx =120µm erhält man durch Anpassung der Interpolation (5.41.). Im Gegensatz zur ortsaufgelösten Methode kann die integrale Methode bei allen Konzentrationen angewendet werden. Abb.(5.41.b) zeigt dx aufgetragen gegen n. Alle dx wurden über integral gemessene Spektren bestimmt. Es ist deutlich die n-Abhängigkeit von dx zu erkennen. Bei kleinen n bis n=16µm-3 wird dx mit 160µm abgeschätzt, bei höheren n mit dx=60µm. Der Übergang zwischen den beiden Bereichen fällt zusammen mit dem Übergang von der wandorientierten heterogen gewachsenen kristallinen Phase bei kleinen n<17µm-3 zur polykristallinen homogenen Phase n>21µm-3. Es ist somit deutlich zu erkennen, dass bei kleinen n die beiden Methoden a) ortsaufgelöst und b) integral übereinstimmende Werte für dx liefern. Ab n=66µm-3 treten die immobilen Wandkristalle auf, eine Ausnahme ist der Messpunkt bei n=50µm3, siehe Abb.(5.41.b). Diese immobile Wandregion scheint mit zunehmenden n größer zu werden. Da aber die Daten in Abb.(5.41.b) allgemein sehr stark streuen wird dx=50µm für n>60µm-3 abgeschätzt. dx wird wiederum bestimmt die integrale Methode mit Gl.(5.42.). c) Mittelung in Y-Richtung: Die Mittelung in Y-Richtung wird nach der Mittelung in X Richtung durchgeführt. Während im Mittenbereich der Zelle Y<4,5mm die X-Fließprofile stets dieselbe Form haben, nimmt im Wandbereich, Y>4,5mm, die Bedeutung der Wandregion in XRichtung, dokumentiert durch dx in Abhängigkeit von Y, zu. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 122 -3 n=90,4µm 0,14 y = 4,9mm y = 4,8mm 0,12 y = 4,7mm 0,5 0,10 -3 n=55,6µm 0,4 IL/ b.E. 0,3 2dx/mm y = 4,5mm 0,08 y = 4,0mm 0,06 0,2 0,04 0,1 0,02 0,0 0,00 0 1 2 3 Y/mm 4 5 1600 y = 3,0mm y = 0,0mm 2000 2400 2800 ν/ Hz Abb.5.42.a, b a) dx gemessen an verschiedenen Positionen in Y bei n=55,6µm-3 und E=56,7Vcm-1. Dass der XWandbereich sich in Y-Wandnähe vergrößert, erkennt man auch in der Messung b) bei n=90,4µm und E=56Vcm-1. In Abb.(5.42.a) ist dx gegen Y für n=55,6µm-3 und E=57,6Vcm-1 dargestellt. Es ist zu sehen, wie ab Y=4,7mm dx deutlich zunimmt. In dieser Messung zeigen alle Spektren von Y=0mm bis Y=5mm die Eigenschaft linear ansteigender Geschwindigkeit in Wandnähe. Für dx konnte daher die Definition (5.41.) verwendet werden. Die Messung bei n=90,4µm-3 und E=57,6Vcm-1, Abb.(5.42.b), dagegen zeigt bis Y<4mm einen immobilen Wandkristall und ab Y=4,5mm eine asymmetrische Verbreiterung, die eher typisch für einen linearen Geschwindigkeitsanstieg ist. Es kann hier also keine einheitliche Definition für dx verwendet werden. Die Zunahme der Bedeutung von dx in Y-Wandnähe ist aber auch hier offensichtlich. Aus diesen beiden Beispielen wurde deutlich, dass es Sinn macht die Zelle in Y-Richtung in einen mittleren Bereich bis Y≤4,5mm und einer Wandregion 4,5<Y<5mm zu unterteilen. Im mittleren Bereich variiert die Geschwindigkeit <vp(x)>x nur wenig und dx wird daher als konstant angenommen, während <vp(x)>x im Wandbereich linear abfällt und dx folglich stark zunimmt. Die Vorgehensweise zur Bestimmung der mittleren Geschwindigkeit in der Zelle <<vp(x)>x>y ist nun folgende: 1.) Anwendung der Methode „Frequenz bei halber Integralfläche (FhI)“ bei den einzelnen integralen X-Spektren von Y=0 bis Y=5mm. 2.) Die Mittelwerte <vp(x)>x aus 1.) in einem Diagramm gegen Y auftragen, siehe Abb(5.3.4.a), und auswerten durch den Mittelwertsatz der Integralrechnung (MwSI). Der Mittelwert <<vp(x)>x>y ist nun bestimmt. Um das Wandverhalten in Y-Richtung in Abhängigkeit von n besser untersuchen zu können und um eine gute Abschätzung von <<vp(x)>x>y für die Messungen, in denen das Geschwindigkeitsprofil in X- und Y- 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase 123 Richtung nicht komplett ausgemessen wurde, zu haben, wird eine Interpolation eingeführt. 3.) Interpolation. Dieses Mal wird nicht dY angepasst (dY=0,5mm), sondern der Parameter k, der die mittlere Geschwindigkeit im Wandbereich justiert. vp x Y = vP X v(4,5mm) x 2dY Y − 2 dY + , (Y=10mm). k 0 ≤ Y ≤ 4 , 5 mm 2 Y Y Die X-Mittelung in vP 0 ≤Y ≤ 4 , 5 mm X (5.43.) kann entweder durch Interpolation, siehe a) und b), oder durch FhI bestimmt werden. Die Y-Mittelung erfolgt durch den MwSI. Da dx innerhalb seines Fehlerbereichs in der Zellmitte konstant ist, kann man die Mittelungen über X und Y in vP X auch vertauschen, wenn man die Interpolation 0≤Y ≤ 4 , 5 mm verwendet. Wenn die Fließart in Wandnähe von immobil nach linear ansteigend im Bereich von Y=4,5mm wechseln sollte, müssten beide Definitionen für dx verwendet werden. Da aber sowohl vPeak als auch <vp>x in der Zellmitte, Y≤4,5mm, annähernd konstant sind, kann man ein dx wählen, das den Zusammenhang zwischen den beiden Messgrößen vPeak und <vp>x richtig wiedergibt, siehe Abb.(5.43.a), dass das Y-Profil von vPeak und <vp>x bei n=90,4µm-3 wiedergibt. Dieses dx berücksichtigt den Wechsel im Fließverhalten natürlich nicht, stellt aber eine Vereinfachung der mathematischen Rechnung dar, welche die Ergebnisse im Rahmen der Fehlergenauigkeit nicht verändert. Um die Interpolation in der Auswertung der Messdaten verwenden zu können, z.B., wenn in der Messung nur die Peakpositionen vPeak zwischen Y=0mm und Y=4,5mm bekannt sind, müssen die beiden Parameter dx und k bei den verwendeten Konzentrationen bekannt sein. 350 3,0 300 2,5 250 kkristall kFluid 2,0 150 <vp>x 100 vPeak k v/µms -1 200 1,5 1,0 50 0,5 0 0,0 0 1 2 3 Y/mm 4 5 0 20 40 n/µm 60 80 100 -3 Abb.5.43. a, b a) Die Y-Profile wurden gemessen bei n=90,4µm-3 und E=56Vcm-1. Die roten Quadrate sind die Geschwindigkeiten des Kristallblocks und die schwarzen sind die X-gemittelten. Trotz unterschiedlicher Phasen in X-Wandnähe, Lubrikation und immobile Kristalle, ist das Verhältnis der Geschwindigkeiten innerhalb des Fehlers konstant. b) n-Unabhängigkeit des Parameters k . Erst im fluiden Profil fällt er ab. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 124 Die n- Abhängigkeit von dx wurde bereits in a) und b) diskutiert, siehe auch Abb.(5.41.a). Der Faktor k trägt der Tatsache Rechnung, dass der Geschwindigkeitsabfall zwischen Y=4,5mm und Y=5mm nicht linear ist. Es lässt sich zeigen, dass k unabhängig von n ist. k wird genauso wie dx durch Anpassen der Interpolation bestimmt. Bei gegebenen vP X und v(4,5mm) x wird k in 0≤Y ≤ 4 , 5 mm Gl.(5.43.) so gewählt, dass man das gemessene vp x Y erhält. Die n-Unabhängigkeit von k wird in Abb.(5.43.b) gezeigt. Die Unabhängigkeit bedeutet, dass sich die Profilform in Y-Richtung nicht mit der Konzentration ändert, wogegen in X-Richtung dieses sehr wohl passiert. Erst im fluiden Zustand flacht das Y-Profil zur Wand hin etwas stärker ab (man kann auch sagen, dass der Übergang in den Wandbereich schon bei Y=4mm beginnt), was durch ein kleineres k deutlich wird. Um die Aussagekraft der Mittelung, insbesondere der Abschätzung durch die Interpolation, bewerten zu können, muss die Fehlerrechnung diskutiert werden. Zuerst wird der Fehler bei der Mittelung in X-Richtung betrachtet: Betrachtung der statistischen Messfehler Die Fehlerangabe hängt sehr stark vom Ansatzpunkt ab. Wenn man nur die Mittelungsprozedur betrachtet, so kann man die mittlere Geschwindigkeit sehr gut durch die Methode der Frequenz bei halber Integralfläche (FhI) bestimmen. Der Fehler liegt in der Größenordnung von ±1µms-1. Vergleicht man aber die Abhängigkeit von dx und n, Abb.(5.41.b), so erkennt man, dass dx(n) stärker streut, als es der Fehler Δ<vp>x =±1µms-1 vermuten lässt. D.h. der Fehler, den man bei der Bestimmung von dx macht, liegt nicht in der Mittelungsmethode FhI, sondern in der Reproduzierbarkeit der Spektren. Der Fehler für dx wird aufgrund von Abb.(5.41.b) auf ±50µm abgeschätzt. Die Reproduzierbarkeit von vPeak liegt bei ΔvPeak=±10µms-1, ebenso die von Δ<vp>x=±10µms-1, wenn <vp>x über FhI bestimmt wird. Wenn <vp>x über eine Interpolation berechnet wird, kann Δ<vp>x durch Fehlerfortpflanzung auf Δ<vp>x=±1623µms-1 abgeschätzt werden. Dieser Fehler ist abhängig von n. Bei großen n ist er klein. Da die Mittelung über den MwSI sehr exakt ist, pflanzt sich der Fehler, der aufgrund der Reproduzierbarkeit, von Δ<vp>x bei Mittelungen in Y-Richtung fort: Δ vp x Y = 10 μms −1 . Wegen der zusätzlichen Mittelung könnte der Fehler sogar noch kleiner sein. Dies ist der Fall, wenn vp x Y über die Interpolation bestimmt wird. Hier sind die Fehler von k ( Δk = ±0,2 ) und dy ( Δd y = 100μm ) zu berücksichtigen. Durch die Mittelung in Y-Richtung verkleinert sich der Fehler auf: Δ v p x Y = ±14 − 21μms −1 . Diese Fehlerangaben gelten für E=57,6Vcm-1. Die Auswirkung des Fehlers der Partikelgeschwindigkeit auf die Mobilität, sowie der Einfluss systematischer Fehler, die 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase 125 bei der Bestimmung des effektiven Elektrodenabstands und des Streuvektors q auftreten, befinden sich in Unterkapitel 5.3.4. 5.3.1. Die gemittelte Geschwindigkeit in einem zeitabhängigen Strömungsprofil In Kapitel 5.1. wurden die integralen Spektren in Abhängigkeit von Ort und Zeit vorgestellt. Hier sollen nun die Spektren ausgewertet werden, um die mittlere Geschwindigkeit v p (t ) x Y zur Zeit t zu bestimmen. Es werden die Zeitskalen, in denen a) Initialfluss, b) Blockfluss und c) Kanalfluss auftreten, betrachtet. a) Der Initialfluss tritt in den ersten 100msec nach Feldumkehr auf und zeigt in YRichtung ein parabolisches Profil. Trotz des zeitabhängigen Verhaltens des Profils, in dem es innerhalb von ca. 2sec in den Blockfluss übergeht, kann die mittlere Geschwindigkeit genauso wie in der Zeitskala b), des Blockflusses, durch die Mittelungsprozedur der Spektren bestimmt werden. Ein Vergleich der Spektren aus dem Initialfluss und dem Blockfluss zeigt nun, dass sich die Form der Spektren beim Übergang vom Initialfluss in den Blockfluss nicht ändert, siehe Abb.(5.24.). Dies bedeutet, dass sich das Geschwindigkeitsprofil in X-Richtung nicht ändert und man sowohl im Blockfluss wie auch im Initialfluss dasselbe dx verwenden kann. Für dass in Abb.(5.24.b) gezeigte Beispiel ergibt sich im Initialfluss, gemessen in Y=0mm und t=100msec, ein dx=58µm im anschließenden Blockfluss dx=50µm. -3 n=90,4µm 400 <v>x/µms -1 300 200 <vBlock>x 100 <vInit>x 0 0 1 2 3 4 5 Y/mm Abb.5.44. Kurzzeitverhalten des Fließprofils. Im Vergleich zu Kapitel 5.1. werden hier die gemittelten Geschwindigkeiten, gemessen bei n=90,4µm-3 und E=56Vcm-1 gezeigt. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 126 In Abb.(5.44.) werden die X-gemittelten Geschwindigkeitsprofile des Initialflusses und des Blockflusses gezeigt, n=90µm-3 und E=57,6Vcm-1. Die mittlere Geschwindigkeit im Initialfluss wird ermittelt durch Verwendung der Interpolationsmethode, Gl.(5.41.) bzw. Gl.(5.42.), die Peakposition sowie dx sind bekannt. Durch den MwSI erhält man: vInit (t = 0 s ) x Y vBlock (t = 0 s ) = 260,3μms −1 ± 20μms −1 x Y = 264,7 μms −1 ± 10 μms −1 . (5.44.) Innerhalb der Fehlergenauigkeit bewegen sich die Partikel im Initialfluss genauso schnell wie im Blockfluss. Der höhere Fehler im Initialfluss resultiert daher, dass zum einen der Mittelwert in X-Richtung über Interpolation bestimmt wurde und zum anderen, dass die Geschwindigkeitsbestimmung wegen des zeitabhängigen Profils ungenauer ist. Das Ergebnis zeigt zum einen, dass der Einfluss der Elektroosmose auch im Initialfluss herausgemittelt werden kann. Dies muss deswegen hier etwas genauer erläutert werden, da das elektroosmotische Profil, speziell in Y-Richtung, in den ersten 100msec noch nicht komplett ausgebildet ist, in X-Richtung dagegen schon, siehe Kapitel 2.3.2., Abb.(2.8.). Es ist allerdings zu beachten, dass Flüssigkeiten nicht komprimierbar sind und daher der Nettofluss in einer geschlossenen Zelle zu allen Zeiten Null sein muss. Ein bereits vorhandener Gegenfluss in Wandnähe muss also durch einen Rückfluss kompensiert werden. Das kann man sehr leicht überprüfen, in dem man die Fläche unter den berechneten elektroosmotischen Profilen, siehe Kapitel 2.3.2., zu verschiedenen Zeiten integriert. Diese Überlegungen haben aber zur Folge, dass die Messmethode für v p (t ) x Y über den Schwerpunkt des Profils zu allen Zeiten seine Gültigkeit hat, auch zur Zeit des Initialflusses. Zum anderen zeigt dieses Ergebnis, dass man das elastische Verhalten, was sich in einer zusätzlichen, von der Partikelwechselwirkung bestimmten Geschwindigkeit vkr äußert, Gl.(5.5.) und (5.7.), herausmitteln kann, genauso wie es das Modell, Gl.(5.2.), vorhergesagt hat. Im Modell wird das elastische Verhalten durch einen endlichen Geschwindigkeitsunterschied zwischen benachbarten Partikeln beschrieben, der während des Übergangs in den Gleichgewichtszustand abgebaut wird und im Blockfluss verschwindet. Wie in Kapitel 5.1. betont wurde, ist die Ursache des Übergangs Initialfluss- Blockfluss eine innere Kraft des Kristallsystems und keine Wechselwirkung mit der Umgebung des Systems, wodurch diese Energie verlieren würde, wie im Fall der Wandreibung. Daher wird die mittlere Geschwindigkeit nicht durch das elastische Verhalten beeinflusst. b) Da der Blockfluss ein stationärer Fließzustand, sowohl in X- wie in Y-Richtung, ist, befindet sich das System in einem Gleichgewichtszustand. D.h., Geschwindigkeitsanteile aufgrund elektrostatischer Wechselwirkung zwischen den 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase 127 Partikeln, vkr, kommen nicht vor. In dieser Zeitskala, 2sec≤ t <10sec, kann die Geschwindigkeit am einfachsten und schnellsten gemessen werden. Daher wurden die meisten Messungen in der Zeitskala des Blockflusses durchgeführt. Auch die weiter unten diskutierte Mobilität wurde einheitlich in dieser Zeitskala, zum Zeitpunkt t=2sec, gemessen. Die Konzentrationsabhängigkeit der Mobilität kann so unabhängig von der zeitlichen Geschwindigkeitsentwicklung betrachtet werden. c) Auf längeren Zeitskalen, 10min<t<2h, tritt in Y-Richtung eine Kanalverengung ein. Auch in X-Richtung verändert sich das Fließprofil. Generell geht in X-Richtung das linear ansteigende Geschwindigkeitsprofil in Wandnähe in ein immobiles Wandverhalten über. Dies entspricht einer Kanalverengung in X-Richtung. Die mittlere Geschwindigkeit im Zellquerschnitt wurde zu einem Zeitpunkt bestimmt, wo der Prozess der Kanalverengung weitgehend abgeschlossen war, nach ca. 1h. Zu diesem Zeitpunkt wurden integrale Spektren in Abhängigkeit von Y gemessen, siehe Abb.(5.27.) und vergleiche mit den Spektren gemessen auf kurzen Zeitskalen Abb.(5.7.), und nach dem X-Y-Mittelungsverfahren ausgewertet. Abb.(5.45.) zeigt für diese Beispiele das X- gemittelte Profil in Y- Richtung auf kurzen Zeitskalen, t<3sec, und zum Zeitpunkt der Kanalverengung, t=1h. Wendet man den MwSI auf das Y-Profil in Abb.(5.45.b) an, n=90µm-3, so erhält man folgende Initial- und Blockgeschwindigkeiten im Kanal: -3 n=55,7µm 600 <vInit>x <vBlock>x <vInit>x 500 <vKanal,Block>x <vKanal,Block>x -1 <v>x/µms 300 200 300 200 100 100 0 0 0 1 2 3 Y/mm 4 5 <vKanal,Init>x 400 <vKanal, Init>x 400 -1 n=90,4µm -1 E=56Vcm <vBlock>x 500 <v>x/µms -3 -1 E=56,7Vcm 0 1 2 3 4 5 Y/mm Abb.5.45.a, b a) und b) Initialfluss-, offene Symbole, und Blockfluss-, geschlossene Symbole, Profile in Y-Richtung gemessen direkt nach Start des Experiments, rötliche Symbole, und nach einer Stunde bei angeschaltetem E-Feld, bläuliche Symbole. Die Profile sind bereits in X-Richtung gemittelt. a) n=55,7µm-3: Der Kristallblock in Wandnähe bewegt sich mit einer endlichen Geschwindigkeit. b) n=90,4µm-3: Der Block in Wandnähe ist immobil. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 128 vKanal , Init (t = 1h) x Y vKanal , Block (t = 1h) = 267,7 μms −1 ± 20 μms −1 x Y = 266,12μms −1 ± 10 μms −1 . (5.45.) Sie entsprechen den unter Kapitel 5.3.1.a erwähnten Geschwindigkeiten zur Zeit t=0sec, Gl.(5.44.). Die gemittelte Geschwindigkeit ist somit unabhängig von der Zeit. Dies kann unter anderen bestätigt werden durch die Messung bei n=55,7µm-3, Abb.(5.44.a). Die gemittelten Geschwindigkeiten berechnen sich zu: vBlock (t = 0s ) vInit (t = 0 sec) = 311,5μms −1 ± 10μms −1 . x Y x Y vKanal , Block (t = 1h) vKanal , Init (t = 1h) = 329 μms −1 ± 20 μms −1 x Y x Y = 315μms −1 ± 10μms −1 = 318,2 μms −1 ± 20μms −1 . (5.46.) Im Fall Abb.(5.45.a), n=55,7 und E=56,7Vcm-1, veränderte sich das X-Profil während der Messung wie folgt: Das linear ansteigende Fließverhalten in Wandnähe mit dx=25µm wandelt sich innerhalb einer Stunde in eines mit einem immobilen Wandkristall und dx=40µm, siehe auch Abb.(5.7.a) und Abb.(5.27.a). Im Fall Abb.(5.45.b), n=90,4µm-3, dagegen hat sich das Profil in X-Richtung folgendermaßen verändert: Hier verschwindet, während der einstündigen Messdauer, der Übergang zwischen immobilen und linear ansteigenden Bereich. Die Ausdehnung des nun komplett immobilen Wandbereichs verringert sich ein weinig von dx=32µm auf dx=10µm, siehe die Abb.(5.7.b) und Abb.(5.27.b). 5.3.2. Der Einfluss der Elektroosmose in der kristallinen Phase Die Art, wie die Elektroosmose Einfluss auf das Fließverhalten in der kristallinen Phase nimmt, wird in verschiedenen Phänomenen deutlich. Am besten offenbart sie sich während der Kanalverengung. Der Kristallblock im Kanal ist durch die Trennlinie vom Wandbereich entkoppelt. Seine Geschwindigkeit nimmt um so mehr zu, desto kleiner der Kanal wird. Die Bestimmung der mittleren Geschwindigkeit im gesamten Zellquerschnitt mittels der Mittelungsprozedur zeigt aber, dass sich die mittlere Geschwindigkeit durch den Vorgang der Kanalverengung nicht verändert hat. Die kontinuierliche Zunahme der Geschwindigkeit im Kanal kann nicht durch Reibungseffekte erklärt werden. Sie ist ein Beleg für den Einfluss der Elektroosmose im kristallinen Zustand. Eine Modellvorstellung, die die beobachteten Phänomene, insbesondere die Merkmale der Kanalverengung, gut beschreibt, ist die folgende: 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase 129 Im Fall eines von Zellwand zu Zellwand ausgedehnten Kristallblocks wirken die Kräfte des Gegen- und des Rückflusses der Elektroosmose gleichermaßen auf den Kristallblock und kompensieren sich dadurch. Der Kristallblock wird zwar durch die Kräfte der beiden Flüsse verspannt, da sie an unterschiedlichen Stellen am Block angreifen. Denn es ist davon auszugehen, dass der Gegenfluss in der Nähe der Zellwand wirkt, während der Rückfluss in der Zellmitte erfolgt. Genauere Angaben, z.B. über das elektroosmotische Fließprofil, können in der kristallinen Phase nicht gemacht werden. Außer dieser Verspannung erfolgt aber keine Änderung der absoluten Geschwindigkeit. Aus den Profilmessungen in X- und Y- Richtung weiß man, dass der Blockfluss in Wandnähe abreist. Vermutlich liegt dieses am starken elektroosmotischen Gegenfluss in der Nähe der Zellwand. Die auf den Kristallblock wirkenden elektroosmotischen Kräfte können sich nun nicht mehr kompensieren. Der Block wird durch den Rückfluss im Bereich der Zellmitte nun zusätzlich beschleunigt. Dies ist der Grund, warum die Peaklagen- Methode zur Bestimmung der Mobilität im kristallinen Zustand fehlschlägt. Sie bestimmt nur die Geschwindigkeit des Kristallblocks, der die Lage des Peaks definiert und berechnet aus dieser die Mobilität. Diese so genannte apparente Mobilität enthält folglich noch elektroosmotische Einflüsse und führt zu der Diskontinuität zwischen fluider und kristalliner Mobilität, da die kristalline Mobilität systematisch zu hoch gemessen wird. Wendet man dieses Modell auf die Kanalverengung an, so erklärt dies das Phänomen: Der Kanal verengt sich durch längere Einwirkung der elektroosmotischen Scherkräfte von der Wand her. Die dadurch sich bildende Trennlinie wandert zelleinwärts. Diese Trennlinie entkoppelt die Kristalle des Wandbereichs von denen des Zellmittenbereichs. Zwischen den beiden Bereichen kann in der Folgezeit keine Verspannung mehr aufgebaut werden, sie können daher beliebig gegeneinander verschert werden. Da der Block im Kanalinneren im Laufe der Kanalverengung immer weniger durch den Gegenfluss an der Zellwand beeinflusst werden kann, muss die Geschwindigkeit im Kanal gemäß dem oben erklärten Modell zunehmen. Das konnte experimentell bestätigt werden, siehe Abb.(5.21.). Der Geschwindigkeitsanstieg im Kanal ist also der offensichtliche Beweis für den Einfluss der Elektroosmose auf die Bewegung des kristallinen Materials. Einen Reibungseffekt kann man deswegen ausschließen, weil dieser höchstens einen einmaligen Sprung in der Kanalgeschwindigkeit erklären könnte, wenn die Trennlinie von der Zellwand losmacht. Parallel mit der Zunahme der Geschwindigkeit im Kanal, vergrößert sich der Bereich verschwindend kleiner Geschwindigkeit in Wandnähe. Ob diese geringe Geschwindigkeit durch den Gegenfluss verursacht wird, dessen Geschwindigkeit ungefähr genauso groß ist wie die der Partikel oder ob die Partikel an der Zellwand haften bleiben bzw. an ihr reiben, kann zunächst nicht unterschieden werden. Dass sich aber die mittlere Geschwindigkeit in der Zelle während des Kanalverengungsprozesses nicht ändert, lässt darauf schließen, 130 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel dass keine Wandreibung im Spiel ist. Denn die Elektroosmose lässt sich herausmitteln, eine immer dominanter werdende Wandreibung dagegen nicht. Der Einfluss der Elektroosmose wird aber auch noch in weiteren Beobachtungen deutlich. In der Nähe des Phasenübergangs nimmt der Bereich, in dem der Blockfluss abgerissen ist, zu, siehe Kapitel 5.1.2. Dies liegt daran, dass die Kristalle leichter verschert werden können, wegen des geringeren Schermoduls und wahrscheinlich in Wandnähe auch leichter aufgeschmolzen werden können. Durch den größeren Wandbereich verkleinert sich der Bereich des Blockflusses, was zusehends zu einer immer größeren Abweichung der Peakgeschwindigkeit von der mittleren Geschwindigkeit führt. Mit abnehmender Konzentration zeigt die Peakgeschwindigkeit ein divergierendes Verhalten und geht dabei in die Peakposition des Maximums des fluiden Spektrums über, siehe Abb.(5.39.b). Diese Diskontinuität der fluiden und kristallin apparenten Mobilität offenbart sich sehr anschaulich auch in der Mobilitätsbestimmung der kristallinen Schmelze, siehe Kapitel 5.1.6. 5.3.3. Der Einfluss der Hydrodynamik und der Wand Hydrodynamik und auch Reibung in Wandnähe sind Effekte, die die Geschwindigkeit der Partikel beeinflussen können. Mögliche Konsequenzen dieser Effekte sollen im Rahmen der Möglichkeiten dieser Arbeit hier diskutiert werden. Zuerst wird kurz erläutert, was man unter Hydrodynamik versteht und wie die Wand die Bewegung der Partikel verändern kann. Ziel dieses Kapitels ist es den Einfluss von Hydrodynamik und Wand experimentell zu überprüfen. Die hydrodynamische Wechselwirkung zwischen Partikeln tritt dadurch auf, dass durch die Bewegung der Partikel durch die Flüssigkeit Druckwellen durch das Medium, die Flüssigkeit, gesandt werden, die die Bewegung anderer Partikel beeinflusst. Diese Art der Wechselwirkung ist daher geschwindigkeitsabhängig. Hydrodynamik tritt im Allgemeinen erst bei höheren Volumenbrüchen, >5%, und größeren Partikeldurchmessern auf, wenn die Brownsche Bewegung gegenüber der Hydrodynamik unterlegen ist. Die hydrodynamischen Kräfte können jedoch, da sie von der Scherrate abhängen, siehe auch Definition der Pecletzahl Gl(5.47.), durch den Schergradienten in Wandnähe induziert werden. Pecletzahl Einstein war der erste, der die Viskosität einer Suspension untersucht hat, in dem er die Energiedissipation betrachtete [73]. Das Prinzip ist, dass die Wege des Impulstransports in der Suspension durch den Partikelanteil verkürzt werden. Während in der Flüssigkeit der Impulstransport diffusiv ist, erfolgt er innerhalb eines Partikels instantan. Ein etwas 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase 131 allgemeinerer Ansatz stammt von Landau und Lifschitz [74], welche die Volumenmittelungsmethode verwendeten. Erst bei höheren Konzentrationen spielt die hydrodynamische Wechselwirkung zwischen den Partikeln eine Rolle. Die Viskosität der Suspension wird dann von 2 gegenspielenden Effekten bestimmt: a) Brown´sche Bewegung, b) Hydrodynamik. Welche von beiden Effekten dominiert, wird von der Peclet-Zahl DP angegeben: DP = ea 2 ∝ a3 . D (5.47.) e ist die makroskopische Verspannungsrate (Scherrate), a der Partikelradius und D die Diffusion. Diese Zahl hängt mit a3 sehr stark vom Radius ab. Entsprechend ist das Verhalten der Suspension von der Größe der Partikel abhängig. Während kleine Partikel sich wie Brown´sche Teilchen verhalten, dominiert bei größeren die Hydrodynamik. Der Einfluss der Hydrodynamik wird erst bei DP>1 erwartet. Für kleine DP-Zahlen, d.h. verdünnte Suspension bzw. kleine Partikel, verhält sich die Suspension wie eine Newton´sche Flüssigkeit. Die Peclet Zahl ist in diesem Experiment wesentlich kleiner als 1. Bei Volumenbrüchen bis zu 5% kann nach Einstein bzw. Landau und Lifschitz η in Abhängigkeit vom Volumenbruch angegeben werden: η * = η (1 + 2,5Φ + 6,2Φ 2 ) . (5.48.) η ist die Viskosität der Flüssigkeit ohne Partikel, wogegen η* für das System Flüssigkeit + Teilchen gilt. Diese Gleichung gilt exakt für Hartkugel-Partikel. Die Änderungen von η sind bei den hier verwendeten Volumenbrüchen von bis zu Φ=2,4% minimal. Dhont hat in [44] die hydrodynamische Wechselwirkung im Scherfluß behandelt. Im Fall eines Scherflusses ist es die relative Partikelgeschwindigkeit, vPartikel-vSolvent, die in die Hydrodynamik eingeht, wobei vSolvent die lokale Fließgeschwindigkeit des Solvents um das Partikel ist. Dies allein beschreibt den Effekt des Scherflusses noch nicht ausreichend. Zusätzlich ist der lokale Solventfluss um jedes Partikel beeinflusst durch die Präsenz aller anderen Partikel. Insbesondere verursacht der lokale Solventflussgradient, dass die Partikel rotieren. Jedes rotierende Partikel induziert wiederum einen Solventfluss, dass die anderen Partikel in ihrer Bewegung beeinflusst. Tritt die Hydrodynamik nicht auf, so sind die Trajektorien der Partikel unabhängig von der Scherrate. Der Wandeinfluss Den Wandeinfluss auf die Strömungsverhältnisse hat z.B. R.B. Jones [75] dargelegt. Der hydrodynamische Effekt der Wand wird qualitativ als Störung des Flusses verstanden, hervorgerufen durch Kraftmultipolelemente verschiedener Ordnung, die in 132 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel der Flüssigkeit in der Nähe der Wand wirken. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass die Flüssigkeit verwirbelt wird, wenn ein Partikel sich entlang einer Wand bewegt. Diese Verwirbelung kann dazu führen, das Cluster von Partikeln oder auch Kristalle aufgebrochen werden. Dies ist allerdings ein kurzreichweitiger Effekt genauso wie der Einfluss des Wandpotenzials. Das Wandpotenzial besteht aus einem attraktiven und einen abstoßenden Anteil, Lennard-Jones-Potenzial. Der attraktive wird durch die kurzreichweitigen Van der Vaals Kräfte bestimmt, während der abstoßende Anteil durch die negative Aufladung der Wandoberfläche hervorgerufen wird. Das Wandpotenzial betrifft aber nur die Partikel, die sich in der Nähe des Potenzialminimums der so genannten Gleichgewichtsposition befinden. Je nach Größe und Ausrichtung des Clusters kann es im Bereich der Potenzialmulde den Cluster stabilisieren oder destabilisieren. Der Einfluss des Wandpotenzials auf den Fluss in der Zelle ist aber wegen der geringen Ausdehnung der Potenzialmulde zu vernachlässigen. Wenn die Partikel auf der Wandoberfläche adsorbiert werden, kann man auch von Haftreibung sprechen. Diese betrifft aber nur die Partikel und Cluster, die an der Wand adsorbiert sind. Zwischen diesen und den sich frei bewegenden Partikeln wirken wiederum nur hydrodynamische Kräfte. Wegen des geringen Anteils der adsorbierten Partikel an der Gesamtzahl der Partikel ist auch die Haftreibung zu vernachlässigen. Experimentelle Überprüfung des Hydrodynamik- und Wandeinflusses Da die Hydrodynamik sowie auch die Verwirbelungen in Wandnähe geschwindigkeits- abhängig sind, lässt sich ihr Einfluss am besten beim Übergang vom parabelförmigen Initialfluss in den Blockfluss überprüfen. Die Geschwindigkeit nimmt während des Übergangs in Wandnähe, Wandabstand kleiner als 500µm in Y-Richtung, von Null zurzeit t=0sec auf das Blockniveau, ca. 400µms-1, zur Zeit t=1sec zu. Kommt man der Wand etwas näher, Wandabstand kleiner als 200µm, so wird das Blockniveau nicht mehr ganz erreicht. Trotzdem ist auch hier eine deutliche Geschwindigkeitszunahme zu erkennen. Gleichzeitig nimmt in der Zellmitte die Geschwindigkeit im selben Zeitintervall um ca. 100µms-1 auf das Blockniveau ab. Es ist zu beachten, dass aufgrund des nur schwachen Geschwindigkeitsgradienten in der Zellmitte und da außerdem Solvent und Partikel dieselbe Fliessrichtung haben die Hydrodynamik in der Zellmitte eine wesentlich kleinere Rolle spielt als in Wandnähe. Denn während in der Zellmitte die relative Partikelgeschwindigkeit sich durch Subtraktion von Partikel- und Solventgeschwindigkeit ergibt, wird sie in Wandnähe durch Addition der beiden Geschwindigkeiten bestimmt, da hier die Geschwindigkeitsrichtungen entgegengesetzt sind. Außerdem führt der in Wandnähe wegen der Elektroosmose vorhandene Geschwindigkeitsgradient des Solvents dazu, 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase 133 dass die Partikel rotieren können und wodurch der Einfluss der Hydrodynamik erhöht wird. Der Einfluss der Elektroosmose ist ein weiterer Grund, warum die viskose Reibung in Wandnähe stärker ist als in der Zellmitte. Generell bedeutet eine Geschwindigkeitszunahme eine Zunahme der viskosen Reibung, da diese proportional zur Geschwindigkeit ist. Da die Geschwindigkeitszunahme bei Y>4,5mm im Einflussbereich der Wand stattfindet, während die Geschwindigkeitsabnahme in der Zellmitte unabhängig von Reibungseffekten in Wandnähe abläuft, müsste die mittlere Geschwindigkeit in der Zelle beim Übergang vom Initialfluss in den Blockfluss aufgrund der gewachsenen viskosen Reibung abnehmen. Wie die Auswertung der Profile des Initialflusses und des Blockflusses zeigen, bleibt die mittlere Geschwindigkeit die ganze Zeit über konstant. Ein Einfluss der Hydrodynamik ist damit auszuschließen. Dieser war wegen des geringen Volumenbruchs und des kleinen Partikeldurchmessers auch nicht zu erwarten. 5.3.4. Konzentrationsabhängigkeit der Mobilität Am Anfang von Kapitel 5.3. wurde die Konzentrationsabhängigkeit der apparenten Mobilität, ermittelt über die Peakposition, gezeigt. Es wurde dort ein Gap zwischen dem fluiden und kristallinen Bereich deutlich. Insbesondere trat eine unphysikalische Diskrepanz zwischen der im kristallinen Zustand gemessenen Mobilität und ihrer Schmelze auf. Wertet man die Mobilität in der kristallinen Phase nach der X-YMittelungsmethode aus, so ergeben sich für die Mobilität des kristallinen Materials und ihrer Schmelze einheitliche Werte, siehe Abb.(5.46.a). Ebenso verschwindet der Gap zwischen fluider und kristalliner Phase, siehe Abb.(5.46.b). -3 n=6.77µm vFluid 400 <<vKristall>x>y Fit 200 µred µred 300 100 0 0 10 20 30 40 -1 E/Vcm 50 60 70 7,0 6,5 6,0 5,5 5,0 4,5 4,0 3,5 3,0 µred(Fluid) µred(Kristall) 0 20 40 60 80 100 120 140 160 -3 n/µm Abb.5.46.a, b a) Dies ist eine Neuauswertung der Geschwindigkeiten beim feldabhängigen Auschmelzen, vergleiche mit Abb.5.29. Wenn in der kristallinen Phase, rote Kreise, die Mittelungsmethode verwendet wird, so verschwindet der Sprung beim Phasenübergang. b) Auch in der µred-n Auftragung ist die Konsistenz der fluiden und kristallinen Auswertungsmethoden zu sehen. Veröffentlicht in [76]. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 134 Δ<µ>x Δµ/µmcmV s -1 -1 0,40 Δ<<µ>x>y 0,36 0,32 0,28 0,24 0 30 60 90 120 150 3 n/µm Abb.5.47. Verlauf des statistischen Fehlers der Mobilität. Durch die Mittelung in Y-Richtung, schwarze Kurve, verkleinert sich der Fehler im Vergleich mit dem einer nur in X-Richtung gemittelten Mobilität, rote Kurve. Der Fehler der Mobilität, berechnet nach der X-Y-Mittelungsmethode, pflanzt sich nach dem Gauß’schen Fehlerfortpflanzungsgesetz direkt vom statistischen Fehler der Geschwindigkeitsmessung, berechnet aus Gl.(5.43.), fort. Durch die zusätzliche Interpolation in Y-Richtung wird der statistische Fehler verkleinert. In den Abb.(5.49.) werden die statistischen Fehler verwendet. Die bedeutendsten systematischen Fehler sind Δq=±0,3µm-1 (Fehler des Streuvektors) und Δdeff =±0,3cm (Fehler des effektiven Elektrodenabstandes), der in den systematischen Fehler der Feldstärke eingeht: ΔE=±2Vcm-1. Diese Fehler können die µ-n-Kurve als ganze in senkrechter Richtung verschieben und wirken somit auf alle Messpunkte gleichermaßen. Für systematische Fehler gilt folgendes Fehlerfortpflanzungsgesetz: Δysys = ∑ Δxi ∂ysys ( xi ) ∂xi . (5.49.) Gaußsche Fehler und systematische Fehler werden einfach addiert: Δy = Δysys + ΔyGauß . (5.50.) Der systematische Fehler der Mobilität liegt maximal in der Größenordnung: Δµred,sys=±0,5 und hängt von n ab. (Der systematische Fehler von v liegt in der gleichen Größenordnung wie der statistische: Δvsys=17µms-1.) Experimentelle Überprüfungen der systematischen Fehler durch Wahl verschiedener Zellen und Ändern des Streuvektors zeigten aber wegen der sehr guten Reproduzierbarkeit der Messungen, dass sie keine größere Bedeutung haben. Wegen ihrer unterschiedlichen Natur werden hier systematische und statistische Fehler getrennt behandelt. Der statistische Fehler, x und y gemittelt, beträgt um die 6%. Der Gesamtfehler, einschließlich des systematischen Fehlers, würde 15% betragen. 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase 135 Vergleich der Messergebnisse mit theoretischen Vorhersagen Da dies die erste systematische Mobilitätsmessung für kristallin geordnete Suspensionen ist, ist es von Interesse die Ergebnisse mit theoretischen Vorhersagen zu vergleichen, siehe auch [77]. Zwei Punkte verdienen besonderes Interesse: Erstens wird in einigen Veröffentlichungen theoretischer Gruppen die Möglichkeit erwähnt, dass die Elektrophorese eine effektive, renormalisierte Ladung misst, [78, 79, 80]. Daher wurden im Fall der PnBAPS68-Partikel numerische Berechnungen der effektiven Ladung Z* durchgeführt und diese Resultate mit denen aus der Elektrophoresemessung verglichen. Zweitens wurden die Messungen in einem κa-Bereich durchgeführt, wo der Einfluss der anormalen Oberflächenleitfähigkeit zu vernachlässigen ist, siehe Kapitel 2.3.1. Es spricht daher nichts dagegen in der Auswertung das Standardmodel der Elektrokinetik (SEM) zu verwenden, siehe aber auch den Kommentar weiter unten. Zur Berechnung der effektiven Ladung Z*PBC und der Abschirmkonstanten κPBCa wurde ein Programm, von Luc Belloni [17] geschrieben, verwendet, Details über das Programm können in Kapitel 2.1.2. nachgelesen werden. Um das Programm verwenden zu können, benötigt man die titrierte Ladungszahl N und den Oberflächen-pK-Wert. Die PnBAPS68-Partikel haben eine titrierte Ladungszahl von N=1435, gemessen von H. Reiber, und einen nominalen Oberflächen-pK-Wert von pK=0,5. Dieser lässt sich nicht sehr genau bestimmen. Eine Variation des pK zwischen pK=0,5 und 2 hat allerdings keinen Einfluss auf Z, so dass unter allen untersuchten Bedingungen Z ≈ N ist. Z*PBC wurde berechnet für eine Partikelzahldichte von 2µm-3 < n < 200µm-3 und einer Ionenkonzentration von c = 2 10-7 mol l-1. Das Ergebnis wird in Abb.(5.48.) gezeigt. Z*PBC zeigt ein Minimum bei n=21,3µm-3 und einen Mittelwert bei 420. 600 Z*PBC 400 200 PnBAPS 68, N = 1435, pk = 0,5 -7 -1 cS = 2 10 mol l -1 n = 2 - 200 µm 0 -4 10 -3 10 -2 Φ 10 -1 10 Abb.5.48. Berechnung von Z* in Abhängigkeit vom Volumenbruch nach dem PBC- Modell, benutzt wurde ein von Belloni geschriebenes Programm [17]. 5. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS68-Partikel 136 8 8 Extrapolation µred(PBC) Extrapolation µred(crystalline) µred µred(Kristall) µred(MDA) 6 μred 6 5 5 4 4 3 µred(Fluid) 7 µred(Fluid) 7 -7 cSalz=2*10 mol/l 3 ζred=3 2 2 0,1 κPBCa 1 ζred=3 0,1 κMDAa 1 Abb.5.49.a, b a) Vergleich der Daten, ausgewertet nach den Mittelungsmethoden, mit den Vorhersagen der PBC- und SEM- Modelle. Dem ξPBC wird hierfür gemäß SEM ein µ zugeordnet, rote Kurve. In b) wird die MDANäherung verwendet. Um die ξMDA –Kurve an die Daten anzupassen wird Z MDA = 420 gesetzt. ξred=8 * und 9 Linie mussten bei κa<0,1 extrapoliert werden, cyane Kurve. Abb.(5.49.a) zeigt die Resultate von SEM für die reduzierten Mobilitäten versus κa. Im Prinzip ordnet SEM der reduzierten Mobilität ein reduziertes ζred-Potenzial zu und umgekehrt. Die Symbole repräsentieren die Daten aus der Mobilitätsmessung. Alle Datenpunkte liegen im Bereich erlaubter Mobilitäten. ζred nimmt von 8±1 auf 5 ab. Die durchgezogene, rote Linie stellt die vom PBC-Modell vorhergesagten ζred-Potenziale für die PnBAPS68-Partikel dar. Die ζred -Potenziale wurden berechnet, in dem κPBC und Z*PBC in die Gleichung für das Oberflächenpotenzial Φ PBC (a ) = ⎞1 1 Z PBC e ⎛ ⎜⎜ ⎟ 4πεε 0 ⎝ 1 + κ PBC a ⎟⎠ a (5.51.) eingesetzt wurden. Das Oberflächenpotenzial wird mit dem ζ-Potenzial identifiziert. Die Übereinstimmung zwischen den gemessenen und vorhergesagten Mobilitäten, bzw. ζ-Potenzialen, ist in der kristallinen Phase und in der höher konzentrierten fluiden Phase exzellent. Auf der nieder konzentrierten fluiden Seite enden die ζred=8 und 9-Linien bei κa=0,1. Die cyanen Kurven sind Extrapolationen dieser Linien. Gemäß dieser Extrapolation würde die Vorhersage die experimentellen Werte etwas überschätzen. Eine zweite Möglichkeit der Auftragung besteht darin das MDA-Modell zu benutzen. Zur Berechnung des ζ-Potenzials wird dann Gleichung Gl.(2.14.) verwendet, in die κMDA, Gl.(2.13.), eingeht. Das κMDA wird auch benötigt, um die Werte auf der x-Achse des SEM-Diagramms zu berechnen. Die theoretische ζred -Potenzialkurve wird an die Daten angepasst, in dem Z*MDA auf den konstanten Wert Z*MDA = 420 gesetzt wird. In Abb.(5.49.b) wird das SEM inklusive der Ergebnisse und Vorhersagen unter Verwendung des MDA-Modells gezeigt. Die Verwendung einer konstanten effektiven 5.3. Die neue Auswertungsmethode für die Mobilität in der kristallinen Phase 137 Ladung war in der Beschreibung von Elastizitäts- und Leitfähigkeitsdaten sehr erfolgreich [81, 82, 83]. Mittels einer konstanten effektiven Ladung lässt sich der Beginn des Plateaus in der hoch verdünnten fluiden Phase im Rahmen der Genauigkeit der Extrapolation gut wiedergeben. Andererseits gibt es theoretische Argumente, Trizac et al. [84], für die oben erwähnte erste Prozedur. Wenn man annimmt, dass die erste Prozedur richtig ist und dass die Extrapolation gut genug ist, kann der Grund der Abweichung in der fluiden Phase der sein, dass man die Grenze der Gültigkeit der Renormalisierungsprozedur erreicht, wenn die Konzentration der Ionen am Rand der Wigner-Seitz Zelle nicht mehr länger signifikant höher ist als die Background Elekrolytekonzentration. Weiterhin stellt sich die Frage, wie vernünftig die Definition einer Wigner-Seitz-Zelle in der fluiden oder gar in der strukturlosen Gasphase ist. Abschließend lässt sich festhalten, dass die Daten den Vorschlag von De las Nieves et al.[78] bestätigen, dass Elektrophoresemessungen die renormalisierte Ladung messen. Dies muss allerdings von der Theorie noch bestätigt werden. Zweitens ist die gute Übereinstimmung mit den Vorhersagen des PBC Modells interessant, weil effektive Ladungen, die von anderen Experimenten stammen, signifikant von der effektiven Ladung des PBC-Modells abweichen. So wird aus Messungen der Elastizitätskonstanten ein Z*scher von 327 hergeleitet, während man aus Leitfähigkeitsmessungen Z*σ=460 für die PnBAPS68-Partikel erhält. Die elektrophoretische Ladung der PnBAPS68-Partikel wurde mit einer Theorie, dem SEM, berechnet, die ihre Gültigkeit im Einzelpartikelfall hat. Die so gemessene elektrokinetische Ladung stimmt sehr gut mit der nach dem PBC-Modell berechneten effektiven Ladung überein. Das PBC-Modell berechnet die effektive Ladung für den Fall stark wechselwirkender Partikel. Es sind daher sicherlich noch theoretische Grundlagen zu erarbeiten, wie z.B. ein SEM-Modell für höhere Konzentrationen, welche die Konsequenzen dieser Messungen bestätigen könnte. Solange dieses noch nicht vorhanden ist, bleibt nichts anderes übrig, als das SEM für Einzelpartikel als eine gute Nährung zu verwenden. Eine Lösung des Problems, das durch den nicht bekannten Einfluss des Vielteilcheneffektes auf die elektrophoretische Mobilität entstanden ist, scheint die zu sein, dass sich das Partikel, das sich in einer fluiden oder kristallinen Probe befindet, gemäß seines Potenzials, das aufgrund der umgebenden Wigner-Seitz-Zelle modifiziert wird, bewegt. 138 6. Fließeigenschaften und Mobilität anderer Partikelsorten 6. Fließeigenschaften und Mobilität anderer Partikelsorten Es wird in diesem Kapitel gezeigt, dass die Fließeigenschaften auch von der Partikelsorte abhängen. Im zweiten Teil von Kapitel 6 wird die erneute Messung an den PS301-Partikeln beschrieben. Da die damalige Messung mit einer anderen Methode durchgeführt wurde, musste die Methode mit der in dieser Arbeit verwendeten verglichen werden. Abschließend soll diskutiert werden, ob es einen allgemeinen Verlauf der konzentrationsabhängigen Mobilitätskurve gibt unabhängig von der Partikelsorte. 6.1. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS 122-Partikel Die PnBAPS122-Partikel verhalten sich komplett anders als die PnBAPS68, siehe hierzu auch [85]. Allerdings sind sie genauso wie die PnBAPS68-Partikel Poly-nButylacrylamid-Polystyrol Co-Polymerpartikel. Vom Werk aus wurde ihre Polydispersität σP in einer Ultrazentrifuge gemessen. Mit σP=3% sind sie monodisperser als die PnBAPS68-Partikel. Die Messbedingungen entsprachen denen der PnBAPS68Messung. Trotzdem zeigt die PnBAPS122- Suspension im Vergleich zu der PnBAPS68-Suspension folgende andere Fließeigenschaften: a) Sie zeigt kein elastisches Verhalten, d.h. kein Initialfluss. b) Sie zeigt keinen ausgeprägten Blockfluss, weder in X- noch in Y-Richtung. c) Sie zeigt keine Kanalverengung. d) Während der Phasenübergangsbereich der PnBAPS68-Suspension sehr schmal ist, von nF =6,1µm-3 bis nM =6,2µm-3, ist der der PnBAPS122-Partikel sehr ausgeprägt: nF=0,42µm-3 bis nM=1,6µm-3. (nF≡ Freezing Point, nM ≡ Melting Point). e) Sie schmilzt von der Mitte her auf, nicht von der Wand her wie bei der PnBAPS68-Suspension. Fließverhalten in der kristallinen Phase Insgesamt wurden 3 Messreihen durchgeführt, zwei mit der 0,5mm-Zelle Z2), eine mit der 1mm-Zelle Z1). Der Streuvektor wurde während der 3 Messreihen nicht verändert, er betrug q=4,63µm-1. Sowohl die Form der Fließprofile, als auch die gemessenen Mobilitäten, hängen nicht von der verwendeten Zelle ab. Allerdings traten bei einer Messreihe mit der X=0,5mm Zelle Probleme auf. Bei verdünnten Konzentrationen, im Phasenübergangsbereich, beeinflussten Polarisationseffekte die Messung. Das Signal blieb nicht stabil, sondern wanderte langsam gegen Null, als würde das E-Feld immer schwächer werden, vielleicht aufgrund einer Überspannung. Die gemessenen 6.1. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS 122-Partikel 139 -3 1.2 2,0 0.9 -3 1,5 n=3,3µm -1 E=88,6Vcm 0.6 IL/b.E. IL/b.E. 2,5 Daten Fit n=13,3µm -1 E=87,8Vcm Daten Fit 1,0 0,5 0.3 0,0 0.0 1000 1500 2000 2500 3000 ν/Hz -0,5 1200 1600 2000 2400 2800 ν/Hz Abb. 6.1. Integrale Spektren in der kristallinen Phase. Wegen des fluiden Aussehens der Spektren, wurde die fluide Fitformel an die Daten angepasst, rote Kurve. Beide Spektren wurden in Z2) bei einem Streuvektor q=4,63µm-1 aufgenommen. a) wurde gemessen bei n=3,3µm-3 und E=88,6Vcm-1. b) wurde gemessen bei n=13,3µm-3 und E=87,8Vcm-1. Mobilitäten in der fluiden Phase waren deutlich kleiner als in den beiden anderen Messreihen. Alle diese Effekte können einen Grund haben, Salzeintrag, der in diesem Konzentrationsbereich auftrat. Die Messergebnisse dieser Messreihe im Phasenübergangsbereich und in der fluiden Phase wurden verworfen. Abb.(6.1.) zeigt kristalline Spektren bei n=3,3µm-3 und n=13,3µm-3. Aufgrund ihres fluidartigen Aussehens, konnten die kristallinen Spektren mit der Fitformel für fluide Profile ausgewertet werden. Hierbei treten folgende systematische Fehler auf: Das Maximum der Fitkurve liegt stets unterhalb der gemessenen Peakhöhe. Der Verlauf der spektralen Leistungsdichte bei kleineren Frequenzen ist im Fit steiler als bei den Daten. Diese Abweichungen vom Fit sind eine Folge eines nur näherungsweise parabolischen Profils. Die gemessenen Geschwindigkeiten werden hierdurch systematisch etwas unterschätzt. Auch in Y-Richtung ähnelt das Profil mehr einem fluiden als einem kristallinen, vergleiche Abb.(6.2.) mit Abb.(4.13.) und Abb.(5.43.a). 700 600 vPeak/µms -1 500 400 -3 300 n=7,65µm -1 E=81Vcm 200 100 0 0 1 2 3 4 5 Y/mm Abb.6.2. Geschwindigkeitsprofil in Y-Richtung gemessen in Z2) bei n=7,65µm-3 und E=81Vcm—1 ausgewertet nach der Peakpositionsmethode. Der Blockfluss ist nicht so stark ausgeprägt wie bei den PnBAPS68Partikeln. 6. Fließeigenschaften und Mobilität anderer Partikelsorten 140 500 vPeak/µms -1 400 300 200 100 0 Kanalverengung Y=4,5mm -3 n=13,3µm -1 E=87,8Vcm 0 500 vPeak 1000 1500 2000 2500 t/sec Abb.6.3. Die Kanalverengung, gemessen mittels der Peakpositionsmethode bei Y=4,5mm, ist nur ansatzweise zu erkennen. Dies ist dieselbe Probe wie in Abb.(6.1.b) Die starke Kopplung, die Verzahnung, zwischen den Kristalliten, die bei den PnBAPS68-Partikeln zu den elastischen Effekten und zum Blockfluss geführt hatten, fehlt bei den PnBAPS122-Partikeln. Der wesentlich stärkere Beitrag der spektralen Leistungsdichte bei kleinen Frequenzen, deutet daraufhin, dass der Wandbereich um einiges größer ist. Anstatt verspannt zu werden, bevorzugen die Kristalle wohl es eher aufzuschmelzen. Nur im Zellzentrum, wo die Scherkräfte des elektroosmotischen Profils schwach sind, ist ein kristalliner Peak zu erkennen, der aber in Y-Richtung nicht verspannt wird. Abb.(6.3.) zeigt die Peakposition in Abhängigkeit von der Zeit. Es wurde die höchste verwendete Konzentration n=13,3µm-3 und Y=4,5mm gewählt, bei noch höheren Konzentrationen wird die Mehrfachstreuung zu stark, siehe hierzu auch Kapitel 6.2. Im Vergleich zu den Kanalverengungen gemessen mit den PnBAPS68-Partikeln ist diese hier äußerst schwach. Aufschmelzverhalten Bei n=0,43µm-3, Abb.(6.4.), kann der Kristall im elektrischen Feld aufgeschmolzen werden. Bevor das E-Feld angeschaltet wurde, konnte das hexagonale Braggmuster eines orientierten Wandkristalls auf einem Schirm hinter der Zelle aufgefangen werden. Bei kleinen Feldern kann dieser Wandkristall im Spektrum wieder gefunden werden. Das lokale Maximum bei 2kHz stammt vom immobilen Wandkristall. Bei einem Feld von 88,5Vcm-1 schmilzt dieser auf. Während beim Aufschmelzverhalten der PnBAPS68-Suspension fluide Strukturen zuerst in Wandnähe auftraten und der Blockpeak aus der Zellmitte am Schluss verschwand, hat bei der PnBAPS122Suspension der Blockpeak von Anfang ein sehr fluides Aussehen, während die Beiträge in Wandnähe eindeutig, die eines Kristalls sind. 6.1. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS 122-Partikel n=0,43µm 2,0 -3 1,5 IL/b.E. 141 E=88,5Vcm -1 1,0 -1 E=53,4Vcm 0,5 -1 E=35,6Vcm 0,0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 ν/Hz Abb. 6.4. Das E-Feld abhängige Aufschmelzverhalten, gemessen in Z2) bei n=0,43µm-3, ist anders als bei den PnBAPS68-Partikeln. Kristalline Strukturen sind hier bei geringen Feldern in Wandnähe zu sehen, während der Hauptpeak bei allen E-Feldern fluides Aussehen hat. Der Kristall schmilzt von der Mitte her auf. Fluides Verhalten Die fluiden Spektren entsprechen den theoretischen Vorstellungen, Abb.(6.5.a). Allerdings besteht eine erhöhte Unsicherheit in der Bestimmung der Partikelkonzentration. Diese wird über den Zusammenhang zwischen Leitfähigkeit und Konzentration aus σ ermittelt. Die Eichmessung, Abb.(6.5.b), wurde unabhängig von den Mobilitätsmessungen von P.Wette durchgeführt [48]. Sie endet am Phasenübergang, den er zwischen nF=1,6µm-3 und nM=1,87µm-3 bestimmt hat. Da diese Eichkurve nicht überprüft wurde, bestehen Unsicherheiten bzgl. der Temperatur, der Zellenkonstanten der WTW- Leitfähigkeitsmessgeräte, des Salzgehaltes. Eine 7 fluid 6 -3 n=0,4µm , E=57,7Vcm Fit 3,0 -1 (σ-σ0) / (μS/cm) 3,5 IL/b.E. 2,5 2,0 1,5 1,0 4 3 2 1 0,5 0,0 bcc 5 1000 1500 2000 ν/Hz 2500 3000 0 0 Leitfähigkeitsladung: Z*=895+-30 2 4 6 8 10 12 14 -3 n / μm Abb.6.5.a, b a) In der fluiden Phase ist die Anpassung der theoretischen Kurve an die Daten, gemessen in Z1) bei n=0,4µm-3 und E=57,7Vcm-1, perfekt. b) Aus dem Zusammenhang Leitfähigkeit Partikelzahldichte hat man Zugang zu n. Es besteht eine gewisse Unsicherheit bei dieser Eichkurve, weil sie anscheinend bei höherem Salzgehalt gemessen wurde [48] und weiterhin nicht überprüft wurde. 6. Fließeigenschaften und Mobilität anderer Partikelsorten 142 9 µred(1mmZelle) 8 µred(0,5mmZelle) µMDA µred 7 6 5 4 3 2 ζred=3 0,1 κMDAa 1 Abb. 6.6. Vergleich der Daten mit den Vorhersagen der MDA-Näherung und dem SEM- Model. Wegen der Unsicherheit in der Eichkurve wird der κMDA Fehler entsprechend hoch abgeschätzt. Wählt man Z*MDA=900, so stimmt die theoretische Vorhersage, rote Punkte, recht gut mit den Messdaten überein. Laut PBC-Modell liegt Z*PBC in der Größenordnung Z*PBC= 850-950. fehlerfreie Verwendung der Eichkurve ist nur möglich, wenn diese Faktoren bei der Eichmessung und der Mobilitätsmessung übereinstimmen. Eine weitere Unsicherheit erwächst aus der stärkeren Streuung der Datenpunkte in der Eichkurve, wodurch die Kurve bei kleineren Konzentrationen, die für die Mobilitätsmessungen von höherem Interesse ist, eine andere Steigung hat, als bei hohen Konzentrationen. Der Fehler der Konzentrationsbestimmung wurde, wie in Kapitel 4.3. beschrieben, durch das Gaußsche Fehlerfortpflanzungsgesetz ermittelt. Hier gehen der Fehler der Leitfähigkeitsbestimmung und der Messfehler von n aus der Braggstreuung ein. In der fluiden Phase nimmt der Fehler nochmals zu, da die Eichkurve extrapoliert werden muss. Man könnte andererseits die Eichkurve in der fluiden Phase fortsetzen, in dem man das fluide Strukturfaktormaximum auswertet. Auch diese Konzentrationsbestimmung ist ungenauer als in der kristallinen Phase, Δn∼20%. Dieser Fehler wurde für das n der Eichkurve, in der fluiden Phase, genommen. Anders ist die Situation bei der PnBAPS68-Suspension. Die Eichkurve, Abb.(4.6.), ebenfalls von P. Wette gemessen, wurde mehrmals erfolgreich überprüft. Durch eine Verdünnungsreihe war man auch in der Lage, die Eichkurve in der fluiden Phase fortzusetzen. Die in Abb.(5.49.) angegebenen κa-Fehlerbalken in der fluiden Phase beziehen sich auf diese Verdünnungsreihe. Abb.(6.6.) zeigt die Konzentrationsabhängigkeit der Mobilität. Man beachte, dass die Mobilitäten, in der 1mm Zelle Z1) gemessen und in der 0.5mm Zelle Z2) gemessen, identisch sind. Qualitativ ergibt sich ein ähnliches Verhalten wie bei den PnBAPS68Partikeln. In der kristallinen Phase wurden die Spektren allerdings gemäß Abb.(6.1.) ausgewertet. Bevor man den Vergleich mit den Vorhersagen des PBC- Modells 6.1. Fließeigenschaften und Mobilität der PnBAPS 122-Partikel 143 analysieren kann, muss sicher gestellt sein, dass die Bestimmung der Partikelzahldichte korrekt ist. Verwendet man die MDA Theorie zur Bestimmung von κ und passt die theoretische Mobilitätskurve, berechnet mit Hilfe des Oberflächenpotenzials Gleichung (2.14.), mit der konstanten effektiven Ladungszahl als Fitparameter an die Daten an, so stimmen Theorie, Z*PBC= 850-950, und Experiment, Z*MDA=900, einigermaßen gut überein. Aus der Leitfähigkeitsmessung erhält man Z*σ=895, wenn man die nAbhängigkeit von μ berücksichtigt. Der Schermodulwert ist mit Z*scher= 582 um einiges kleiner. Verhalten der spektralen Leistungsdichte 1,0 -1 IL,ges/IL,ges(92.4Vcm ) -3 0,8 n=0,4µm 0,6 0,4 0,2 0,0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 -1 E/Vcm Abb. 6.7. Normierte, integrierte spektrale Leistungsdichte in Abhängigkeit von E, gemessen in Z2) bei n=0,4µm-3. Auch bei den PnBAPS122-Partikeln nimmt die integrierte spektrale Leistungsdichte mit abnehmender Feldstärke ab. 6.2. Neuauswertung der PS301 Messung Zu früheren Zeiten wurden in der Arbeitsgruppe Geschwindigkeitsmessungen bei Wechselfeldern von f=20Hz durchgeführt. Spektren bei höheren Frequenzen haben im Vergleich mit DC-Spektren ein ganz anderes Aussehen, da in Folge der Frequenzmodulation zwischen Wechselfeld- und die Dopplerfrequenz die Beiträge in den Spektren in Vielfache der Wechselfeldfrequenz aufspalten, siehe Abb.(6.8.b). Bei der Berechnung und damit auch der Auswertung dieser AC-Spektren bedarf es daher eines anderen streutheoretischen Ansatzes. Das Leistungsspektrums bei hohen Wechselfeldern f In einem heterodyn Experiment mit Wechselfeldfrequenzen f >>0Hz, ω 0 sei die Kreisfrequenz ω0 = 2πf , wird das Spektrum folgendermaßen theoretisch hergeleitet: Die Intensität des detektierten Lichts wird bestimmt durch: 6. Fließeigenschaften und Mobilität anderer Partikelsorten 144 r r 2 r r I I Es + ER = I 0 + I + 2 0 ∑ cos(q ⋅ rn ) N n (6.1.) rn ist die Gesamtverschiebung eines Partikels und setzt sich aus einem diffusiven rDn und einen elektrophoretischen δrEn Anteil zusammen: r r r rn = rDn + δrEn . (6.2.) Legt man ein sinusförmiges Wechselfeld an, so gilt für δrEn: r r δrEn = μE0 sin(ω0t + δ ) / ω0 . (6.3.) Das Ziel der Berechnungen ist die Bestimmung der dynamischen Mobilität µ. Die frequenzabhängige dynamische Mobilität ist eine komplexe Größe: μ * = μ ⋅ exp iδ , (6.4.) Bis 104Hz ist µ allerdings frequenzunabhängig. δ ist die Phasenverzögerung bzgl. des angelegten E-Feldes. Setzt man dieses δrEn in Gl.(6.1.) ein, so erhält man eine Frequenzmodulation von Dopplerfrequenz und Wechselfeldfrequenz, ausgedrückt durch v r den Term cos(q ⋅ μE 0 sin(ω 0 t + δ ) / ω 0 ) . Unter zu Hilfenahme der Besselfunktionen Jn kann nun Gl.(6.1.) geschrieben werden, [86]: ∞ r r 2 r r ⎛ ⎞ I I Es + ER = I 0 + I + 2 0 ∑{cos(q ⋅ rDn )⎜ J 0 ( z ) + 2∑ J 2 k ( z ) cos(2k (ω0t + δ )) ⎟ + N n k =1 ⎝ ⎠ ∞ r + 2 sin(qrDn )∑ J 2 k −1 ( z ) ⋅ sin((2k − 1)(ω0t + δ ))} (6.5.) k =1 rr vv Mit z = μqE 0 / ω 0 . Das Signal besteht aus zwei Komponenten: a) Die cos(qrDn ) und rr sin(qrDn ) -Terme stammen von der Brownschen Bewegung und beinhalten die Diffusion ∞ b) ∑J k =1 2 k −1 ( z ) ⋅ sin((2k − 1)(ω 0 t + δ )) ∞ und ∑J k =1 2k ( z ) ⋅ cos(2k (ω 0 t + δ )) sind die Response auf das sinusförmige elektrische Feld, aus der man die Mobilität gewinnt. Beide Komponenten a) und b) zusammen verhindern gegenseitig, dass man Informationen über a) oder b) gewinnen kann. So z.B. geht die Phaseninformation δ innerhalb der Zeitskala 1/Dq2 verloren. Das Leistungsspektrum kann aus Gl.(6.5.) berechnet werden, [86]: (6.6.) ∞ ⎡ ⎤ Dq 2 2 Dq 2 2 + I L (ω ) = ( I 02 + 2 I 0 I δ (ω ) + 2 I 0 I ⎢ J 02 ( z ) 2 J ( z ) ∑ k 2 4 2 2 4⎥ ω + D q k =1 (ω − kω0 ) + D q ⎦ ⎣ Das Spektrum besteht aus Lorentzkurven, die eine um den Ursprung zentriert, die anderen bei den harmonischen Frequenzen des E-Feldes. Gewichtet sind die Kurven mit den Besselfunktionen der entsprechenden Ordnung. Alle Lorentzkurven sind verbreitert durch die Diffusion. D.h. die Peaks sind nur dann sichtbar, wenn die Wechselfrequenz größer als Dq2 gewählt wird: Dq 2 < ω 0 . Über das Verhältnis der Peakhöhen kann die 6.2. Neuauswertung der PS301 Messung 145 dynamische Mobilität, gewonnen werden, nicht aber die Phase δ. Wegen der Kompliziertheit dieses theoretischen Ansatzes wurde in der Arbeitsgruppe eine vereinfachte Auswertungsmethode verwendet. Real-fringe-Messmethode bei f=20Hz. Verwendete Auswertungsmethode In der Arbeitsgruppe wurde bereits die Real-fringe Methode unter Verwendung eines LDV Aufbaus benutzt, [49]. In der Real-fringe Methode werden die beiden Laserstrahlen ebenfalls in der Probe gekreuzt. Der Detektor wird aber nun zwischen den beiden Strahlen justiert und nicht auf einen Referenzstrahl. Detektiert wird das Licht, was vom Kreuzungsvolumen stammt. In diesem entsteht durch die Kreuzung der Laserstrahlen ein Interferenzmuster, das die Form eines Zebrastreifenmusters hat. Jedes Mal, wenn ein Partikel über einen hellen Streifen sich bewegt, kann das Streulicht detektiert werden. Diese Methode ist ebenfalls eine heterodyne Streumethode, weil hier das Streulicht, von dem einen Laserstrahl stammend mit dem vom anderen korreliert wird. Allerdings müssen beide zu überlagernden Streustrahlen von demselben Partikel herkommen, andernfalls misst man zusätzlich eine über die beiden Partikel gemittelte Geschwindigkeit. Daher funktioniert diese Methode nur bei verdünnten Systemen ohne Struktur. Um das Frequenzspektrum theoretisch herzuleiten, wurde die Feldamplitude E eines Streuers, der sich durch einen elektrischen Rechteckpuls bewegt, berechnet. Diese wird mittels Heavisidescher Sprungfunktionen Θ(t) ausgedrückt: E (t ) = E 0 {cos(qvt + ϕ ) ⋅ Θ(−t ) ⋅ Θ(t + T ) + cos(− qvt + ϕ ) ⋅ Θ(t ) ⋅ Θ(−t + T )} (6.7.) D.h. E(t) springt von seinem Nullwert auf den Maximalwert, wenn das Partikel in einen hellen Streifen wandert. Fouriertransformation von E(t) liefert das Leistungsspektrum, das noch über die Phase gemittelt werden muss, da man nicht den Startpunkt des Partikels kennt. Das mit Maple berechnete gemittelte Leistungsspektrum lautet: I L (ω , T .qv) = 1 {( q 2v 2 − ω 2 ) cos(2ωT ) + 3q 2v 2 + ω 2 − 4q 2v 2 cos(ωT ) cos(qvT ) − (ω − q 2v 2 ) − 4qvω sin(ωT ) sin(qvT )} (6.8.) 2 Da in den Berechnungen von nur einem Rechteckpuls ausgegangen wird, müsste man noch IL(ω,T,qv) mit einem Deltakamm falten, um die periodische Fortsetzung des Rechteckpulses zu berücksichtigen. So aber erhält man anstatt des oben beschriebenen Spektrums der Lorentzpeaks, dessen Einhüllende, auf der die Maxima der Lorentzpeaks liegen. Das reicht aber aus, um qv und damit μ zu bestimmen. Die Berechnung der Einhüllenden des gemessenen Spektrums erfolgt mit Lab Talk von Origin. Das Programm befindet sich in der Diplomarbeit von Evers, [49]. Es enthält aber einen nicht leicht zu findenden Tippfehler. In der 11. Zeile des Programms muss es heißen: %O=%K%M und nicht %O=%K.%M. Der Punkt zwischen K und M ist zu viel. 6. Fließeigenschaften und Mobilität anderer Partikelsorten 146 Mobilitätsmessung bei f=0Hz im Vergleich mit f=20Hz In der Diplomarbeit von M. Evers wurde die Mobilität der PS301-Partikel konzentrationsabhängig ausgemessen [49]. In dieser ersten systematischen Messung an den PS301-Partikeln wurde die Suspension mittels eines Kreislaufes voll entsalzt und die Konzentration über eine Verdünnungsreihe bestimmt. Das Messvolumen wurde damals in die Mitte einer 1mm dicken Zelle vom Typ Rank Brothers gelegt. Die Wechselfrequenz des E-Feldes f wurde, um die Elektroosmose zu unterdrücken, auf f=20Hz gesetzt. Bei höheren Frequenzen nimmt der Fehler der Geschwindigkeitsbestimmung stark zu, weil die Auflösung, die durch die Anzahl der harmonischen Lorentzkurven im Frequenzfenster beschrieben wird, abnimmt. Die Messungen sind beschränkt auf verdünnte Suspensionen, da bei höher konzentrierten die Mehrfachstreuung eine Auswertung der Spektren unmöglich macht. Abb.(6.8.a) zeigt ein bei f=0Hz und n=0,4µm-3, mittels der integralen Referenzstahlmethode, gemessenes Spektrum einer kristallinen Probe. Es ist ein Beispiel für Mehrfachstreuung, denn die im Spektrum zusehende Verbreiterung ist untypisch für eine Geschwindigkeitsverteilung. Insbesondere die langsam abfallende Flanke bei hohen Frequenzen ist sowohl für Spektren von fluiden wie kristallinen Suspensionen nicht verständlich. Abb.(6.8.b) zeigt das bei f=20Hz und n=0,016µm-3 aufgenommene Spektrum der PS301-Partikel (Durchmesser 320nm), das dieses mal mit der superheterodynen Messanordnung gemessen wurde. Zusätzlich ist die weiter oben beschriebene Ausgleichskurve eingezeichnet. 0,0045 n=0,35µm Daten Fit -3 n=0,016µm 0,005 -3 0,004 IL/b.E. IL/b.E. 0,0036 0,0027 0,003 0,002 0,001 0,0018 0,000 0,0009 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 ν/Hz -400 -200 0 200 400 ν/Hz Abb.6.8.a, b a) Integrales Spektrum gemessen bei n=0,35µm-3 und E=25Vcm-1. Durch Mehrfachstreuung, dies wird wegen der trüben Suspension vermutet, wird das Spektrum zusätzlich verbreitert und ist nicht mehr auswertbar. b) Das f=20Hz -Spektrum gemessen bei n=0,016µm-3 und E=57,7Vcm-1 zusammen mit der Ausgleichskurve, rote Linie. 6.2. Neuauswertung der PS301 Messung 147 f=50Hz f=20Hz f=10Hz f=1Hz f=0,1Hz f=0Hz 25 20 600 f>0Hz, Gl.(3.7.85) f=0Hz, Schwerpunkt 550 500 -1 v/µm s IL/b.E. 15 10 5 450 400 350 300 0 1000 1500 2000 ν/Hz 2500 3000 0 10 20 30 f/Hz 40 50 Abb.6.9.a, b a) Integrale Spektren gemessen bei n=0,0081µm-3 und E=57,7Vcm-1, in Abhängigkeit von der Wechselfeldfrequenz f. b) Geschwindigkeiten ermittelt aus den Spektren in a). Verwendet wurde die Ausgleichskurve von Evers [49]. Im Fall f=0Hz wurde das im Anhang beschriebene Fitprogramm verwendet, rotes Quadrat. Die in diesem Kapitel gezeigten Spektren wurden alle vom Autor dieser Arbeit mit dem in Kapitel 4 beschriebenen Messaufbau gemessen. Der Streuvektor war hierzu auf q=4,63µm-1 justiert und die Messungen wurden in der Zelle Z1) durchgeführt. Während die beiden Maxima in Abb.(6.8.b) von der Theorie (6.8.) gut wiedergegeben werden, wird der Beitrag zur Leistungsdichte in der Nähe des Ursprungs unterschätzt. Die Ursache dieses Beitrages könnte nur eine breitere Geschwindigkeitsverteilung sein als angenommen. In der Herleitung von Gl.(6.8.) wird allerdings von keiner Verteilung ausgegangen, alle Partikel bewegen sich gleich schnell. Daher wird auch kein elektroosmotischer Einfluss berücksichtigt. Die Geschwindigkeit der Partikel wird im Prinzip aus der Position des Maximums bestimmt. Abb.(6.9.a) zeigt das Verhalten des Spektrums bei verschiedenen Frequenzen. Man kann erkennen, dass mit zunehmender Frequenz f sich die Positionen der Maxima zu kleineren Dopplerfrequenzen hin verschieben. Entsprechend nimmt der Einfluss der Elektroosmose ab. In Abb.(6.9.b) sind die Geschwindigkeiten, nach Evers[49] ermittelt, gegen die Frequenz f aufgetragen. Sie nehmen mit zunehmenden f zwar ab, erreichen aber nicht den Geschwindigkeitswert bei f=0Hz, der gemäß der in Kapitel 3.2.3. beschriebenen Auswertungsmethode über den Schwerpunkt des DC-Spektrums ermittelt wurde. Abb.(6.10.) verdeutlicht noch einmal die unterschiedlichen Messmethoden. Der Schwerpunkt des DC-Spektrums, gekennzeichnet durch den blauen Strich, liegt systematisch unterhalb des Maximums des f=20Hz Spektrums. Entsprechend liegen die bei höheren Frequenzen gemessenen und nach Formel (6.8.) berechneten Mobilitäten zu hoch. Betrachtet man nochmals die Abb.(2.9.a, b), in denen die elektroosmotische Profilentwicklung in der dünnen Zellrichtung X=1mm dargestellt ist, so erkennt man, 6. Fließeigenschaften und Mobilität anderer Partikelsorten 148 0,006 0,005 f=0Hz f=20Hz IL/b.E. 0,004 0,003 0,002 0,001 0,000 1000 1500 2000 2500 3000 ν/Hz Abb.6.10. Vergleich der Messmethoden. In dem f=20Hz Spektrum, schwarze Kurve, wird die Geschwindigkeit nach Evers [49] durch die Lage des Maximums bestimmt. Diese liegt systematisch höher als der Schwerpunkt der f=0Hz Kurve, rote Linie. Dieser ist gekennzeichnet durch eine blaue senkrechte Linie. Spektren wurden gemessen bei n=0,0081µm-3 und E=57,7Vcm-1. µred dass nach 20ms, das entspricht einem Wechselfeld von f=25Hz, das elektroosmotische Profil nicht nur an der Wand, sondern in der kompletten Zelle bereits klar ausgeprägt ist. D.h., die Annahme, dass der mittlere Bereich der Zelle frei von elektroosmotischen Einflüssen wäre, ist falsch. Entsprechend liegt das Maximum der f=20Hz Kurve in Abb.(6.10.) deswegen bei zu hohen Frequenzen, weil die Elektroosmose einen additiven Beitrag liefert. Um die Datensätze aus der Erstmessung und der Neumessung vergleichen zu können, muss die Partikelkonzentration bekannt sein. Dazu wurde die Konzentration der Stammsuspension mit Hilfe der σ-n-Formel für die PS301, von Hessinger gemessen [87], bestimmt. Sie betrug n=3,910-17m-3. Im nächsten Schritt wurde 0,6ml (1ml; 2ml) dieser Suspension in 48ml Reinstwasser gefüllt. Auch wenn der Fehler bei der Bestimmung der Konzentration so hoher Verdünnungen nicht klein ist, liegen die Werte im Vergleich mit den Daten der Erstmessung in der richtigen Größenordnung. 8 7 6 5 4 3 2 1 0 alte Messung neue Messung 8 6 µred 4 alte Messung neue Messung 2 0,1 1 κa 10 100 0 -7 10 -6 10 10 -5 Φ 10 -4 10 -3 -2 10 Abb. 6.11.a, b a) Die Wiederholung der Messung von [10, 49], schwarze Quadrate, unter gleichen Bedingungen, f=20Hz, und mit derselben Auswertungsmethode zeigt, dass die Daten, rote Quadrate, reproduzierbar sind. b) Dieselben Daten aufgetragen gegen den Volumenbruch. 6.2. Neuauswertung der PS301 Messung 6 Neumessung -7 Φ = 1·10 (ETV) -4 Φ = 1,8·10 (ELS) c < 0,5 µmol ΦMDA( ) 8 6 μred 149 5 4 µred 3 4 2 alte Messung neue Messung Korrigiert mit dem Faktor 0,74 2 1 0 0,1 1 κ a 10 MDA 100 0 1E-7 1E-6 1E-5 Φ 1E-4 1E-3 0.01 Abb.6.12.a, b a) Die alten Daten, rote, blaue und hell blaue Quadrate, wurden um den Faktor 0,74 korrigiert. Zusätzlich sind die Daten gemessen bei f=0Hz und ausgewertet mit dem Fitprogramm, schwarze Punkte, eingetragen. Bei höherer Konzentration gibt es gute Übereinstimmung mit der Theorie, grüne Quadrate. b) µred, der korrigierten Daten und der neu gemessenen Daten, aufgetragen gegen den Volumenbruch. Die schwarzen Punkte in Abb.(6.11.) sind die Daten der Wiederholungsmessung bei 20Hz gemessen und mit Gl.(6.8.) ausgewertet. Es ist offensichtlich aus Abb.(6.11.), dass die µred der beiden Datensätze übereinstimmen. Wird die Messung bei f=0Hz wiederholt und mittels der im Anhang 11.1. beschriebenen Fitroutine ausgewertet, so ist µred um den Faktor 0,74 kleiner: µred(neu)= 0,74 µred(alt). In Abb.(6.12.) wurden die µred(alt) sowohl aus der konzentrationsabhängigen Messung (rote Punkte) wie auch aus salzabhängigen Messung (hellblaue Punkte) um diesen Faktor korrigiert. Es können nun allen Messpunkten nach O´Brien und White Potenziale zugeordnet werden. Die rote Kurve schließt im Einzelpartikelfall an die von Garbow [88] mit der Einzelteilchenverfolgung (ETV) in Abhängigkeit vom Salzgehalt gemessenen Mobilitäten an. Bestimmt man das MDA-Oberflächenpotenzial ΦMDA, Gleichung (2.14.), mit der aus der Leitfähigkeitsmessung stammenden effektiven Ladung Zσ*=2000, so findet man Übereinstimmung zwischen dem reduzierten MDA-Potenzial ΦMDA,red=ΦMDA e/kBT und dem aus der Mobilitätsmessung bestimmten ζred-Potenzial nach O´Brien und White, allerdings nur bei hohen Konzentrationen. Eine Berechnung von Z* nach dem PBCModell ergibt mit N=20000, Z=14500, pK=2 und dem Volumenbruch Φ=1⋅10-4: * Z PBC = 1940 . Dieser Wert für Z*PBC ändert sich im betrachteten Konzentrationsbereich kaum. Eine mögliche Erklärung für die Abnahme der Mobilität in der ungeordneten Phase Der Verlauf der Mobilität und damit des Potenzials bei Verdünnung der Probe kann nicht mehr durch das MDA-Modell bestätigt werden. Restlos aufgeklärt ist dieser Umstand nicht, was auch daran liegen könnte, dass die MDA –Theorie in dem Einzelpartikelfall auf die Grenze ihrer Gültigkeit stößt. Evers konnte zeigen, dass die 6. Fließeigenschaften und Mobilität anderer Partikelsorten 150 Mobilitätskurve bei dem Volumenbruch abknickt, wo die Anzahl der Protonen, die vom Partikel stammen gleich der Anzahl der Protonen ist, die von der Eigendissoziation des Wassers herrühren: Z σ* n Partikel = n Pr otonen ( H 2O ) . (6.9.) Unterstützt wird diese Aussage durch die Abb.(6.13.). Hier wird die Gesamtzahl der Protonen, die im Wasser dissoziiert sind, ins Verhältnis gesetzt zu der Anzahl der Partikel: nPr otonen ( Partikel ) + n Pr otonen ( H 2 O) . n Partikel (6.10.) 6 1x10 6 4x10 nProt./npart.(PnBAPS68) 10 µred nProt./npart. 5 5 nProtonen/nPartikel 5 6x10 5 4x10 10 µred 5 2x10 nProtonen,ges/nPartikel 5 8x10 6 nProt./npart.(PnBAPS122) 3x10 6 2x10 6 1x10 Plateau: nProt./nPart.=3200 0 0 0,0 0,2 0,4 -3 10 Φ 0,6 0,8 0 5 10 -3 15 10 Φ 20 25 Abb.6.13.a, b a) Die Gesamtzahl der Protonen pro Partikel divergiert an der Stelle, wo die Anzahl der Protonen aus der Eigendissoziation der Protonenanzahl, die vom Partikel stammen, entspricht. An dieser Stelle knickt die Mobilitätskurve ab. b) Bei den PnBAPS68- und den PnBAPS122-Partikeln wird dieser Abknickpunkt in der Messung nicht erreicht. Dieses Verhältnis ist im ganzen Konzentrationsbereich konstant, egal ob fluide oder kristalline Phase, bis zu dem Punkt, wo die Anzahl der Protonen, die vom Wasser stammen, beginnt über die Protonen, die von den Partikeln stammen, zu dominieren. An dieser Stelle divergiert das Verhältnis. Und genau in demselben Konzentrationsbereich fängt die Mobilität an drastisch zu sinken. D.h., während man bei höheren Konzentrationen den immer konstanten Protonenanteil, der vom Wasser kommt, vernachlässigen kann, kehren sich die Verhältnisse bei sehr hoher Verdünnung um. Eine mögliche Erklärung der Abnahme der Mobilität wäre, dass die starke Zunahme der „Wasserprotonen“ pro Partikel zu einer zusätzlichen Abschirmung des Partikels führt, wodurch die Mobilität sinkt. Auch wäre es denkbar, dass ein Teil der Protonen auf der Partikeloberfläche adsorbiert wird, da es laut Saville [34, 35] ein Gleichgewicht zwischen der Ionenkonzentration in der Sternschicht und der in der Doppelschicht gibt. Wenn dies geschieht, könnte die Mobilität wegen der anormalen Oberflächenleitfähigkeit abnehmen. 6.2. Neuauswertung der PS301 Messung 151 8 f=20Hz f=0,05Hz µred 7 6 5 4 0 10 20 30 40 -3 n/µm 50 60 70 Rel µred(f=0Hz-Methode)/µred(f>0Hz-Methode) PnBAPS68 1,0 0,8 0,6 Rel(PnBAPS68)) Rel(PS301)) 0,4 0,2 0,0 0 10 20 30 40 -3 n/µm 50 60 Abb. 6.14.a, b a) Auch bei den PnBAPS68-Partikeln liegen die Daten der f=20Hz Messung systematisch höher als die der f=0Hz Messung. b) Die Bestimmung des Korrekturfaktors zeigt, dass er in derselben Größenordnung liegt wie bei den PS301-Partikeln und auch in derselben Weise streut. Hieraus kann der statistische Fehler des Korrekturfaktors ermittelt werden. Denn dieser ist zudem unabhängig von n. Es ist ebenfalls zu überprüfen, inwieweit die verwendeten Modelle im Fall einer hoch verdünnten Suspension noch gültig sind. Dies gilt sowohl für das PBC-Modell und die MDA-Näherung, aber auch für das Standardmodell von O´Brien und White. Dies gilt zwar für den Einzelpartikelfall, berücksichtigt aber z.B. keine Hydratration und keine anormale Oberflächenleitfähigkeit. Ordnet man nun tatsächlich den Mobilitäten nach O`Brien und White Potenziale zu, so bedeutet die Abnahme des Potenzials bei hohen Verdünnungen eine starke Abnahme der Wechselwirkung zwischen den Partikeln, deren Abstand sich bereits im 20µm Bereich bewegt. Das Abknicken der Kurve kann daher als Übergang vom fluiden in den strukturlosen, gasförmigen Zustand gedeutet werden. Unterhalb des Knicks existieren folglich keine Wechselwirkungen zwischen den Partikeln mehr. Sie bewegen sich als unabhängige Einzelteilchen, wie es auch in Garbows ETV-Messungen der Fall ist. Die Abb.(6.14.) zeigen den Vergleich der Messmethoden bei einer anderen Partikelsorte, den PnBAPS68. Auch hier liegen die Mobilitäten bei f=20Hz gemessen und mit Gl.(6.8.) ausgewertet bei allen Konzentrationen systematisch höher. Das Verhältnis der Mobilitäten µred(neu)/µred(alt) kann bei allen Konzentrationen recht gut mit 0,8 angegeben werden. Das ist ein etwas höherer Wert als bei den PS301. Der Grund dafür liegt wahrscheinlich darin, dass der Einfluss der Elektroosmose bei den PS301 mit ca. veo=550µm s-1 wesentlich größer ist als bei den PnBAPS68, wo veo in dem hier untersuchten Messbereich maximal bei veo=450µm s-1 liegt. Das DC-Spektrum ist daher im Fall PS301 stärker verbreitert, wodurch die Abweichungen vom Schwerpunkt des Spektrums größer werden. 6. Fließeigenschaften und Mobilität anderer Partikelsorten 152 Allgemeiner Kurvenverlauf der Mobilität? Die Ergebnisse aus den PnPAPS68- und den PS301-Messungen gegenüberstellend, Abb.(6.15.), stellt sich die Frage, inwieweit diese unterschiedlichen Ergebnisse zusammenhängen. 7 6 5 PnBAPS68 PS301 µred 4 3 2 Gas 1 0 1E-7 1E-6 1E-5 Fluid Φ 1E-4 Kristall 1E-3 0.01 Abb. 6.15. Es kann vermutet werden, dass es einen universellen Mobilitätsverlauf in Abhängigkeit von n gibt. Mit einer ansteigenden Mobilität in der ungeordneten Phase, einem Plateau in der fluiden und einer abnehmenden Mobilität in der fluiden und kristallinen Phase. Die PS301-Messung beginnt bei sehr niedrigen Volumenbrüchen, wo noch keine Struktur vorliegt. In diesem Bereich steigt die Mobilität an. Sobald die fluide Phase erreicht wird, läuft die Mobilitätskurve in ein Plateau. In diesem Volumenbruchbereich beginnt die PnBAPS68-Messung, ebenfalls in der fluiden Phase. Ihre Mobilitätskurve fällt von einem Plateau ausgehend kontinuierlich ab, unbeeinflusst vom Phasenübergang Fluid-Kristallin. Während das Verhalten der PS301-Partikel theoretisch bisher nicht erklärt werden kann, ist dies für die PnBAPS68-Partikel möglich. Es stellt sich hier die Frage, ob es einen allgemeinen Kurvenverlauf der Mobilität gibt. In der Art, dass die Mobilität bei kleinen Volumenbrüchen ansteigt, beim Übergang Gas- Fluid in ein Plateau läuft und bei höheren Volumenbrüchen wieder abfällt. 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? 153 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? Da der Partikelbeitrag zur Leitfähigkeit maximal nur 20% betragen kann, ist es schwierig diesen experimentell nachzuweisen. Die Auswertung der linearen σ(n)Leitfähigkeitskurve liefert hier ebenfalls kein eindeutiges Ergebnis. Sie kann sowohl mit Partikelbeitrag, unter Berücksichtung der konzentrationsabhängigen Partikelmobilität μ Partikel (n) , als auch ohne ausgewertet werden. Es werden in diesem Kapitel zwei unterschiedliche Experimente vorgestellt, die beide unter anderem diese Frage beantworten können. Die in den Kapiteln 5 und 6 erarbeiteten Partikelmobilitäten μ Partikel (n) werden hierzu benötigt. 7.1. Das Langzeit-Konzentrationspolarisationsexperiment Leitfähigkeiten und auch Mobilitäten sind Transporteigenschaften des betrachteten Ions bzw. Partikels. Misst man diese Größen in einer polarisierten Zelle, so werden sie systematisch unterschätzt. Eine Zusammenstellung der verschiedenen Möglichkeiten der Elektrodenpolarisation befindet sich in Kapitel 4.4. In Kapitel 7.1. wird die Entwicklung beider Größen etwas genauer während einer Konzentrationspolarisation untersucht. Es wird an die mit vollentsalzter Suspension gefüllte Zelle der Firma Rank, die in die LDV-Apparatur zur Geschwindigkeitsmessung integriert und in einem Pumpkreislauf eingebaut ist, ein elektrisches Feld mit der Wechselfeldfrequenz f=0Hz für mehrere Stunden angelegt. Der dabei sich aufbauende Konzentrationsgradient der Partikel schwächt das Feld und polarisiert die Zelle. Die Größen µ und σ können formal über ihre Definitionen μ = v ⋅ d U und σ = I ⋅ d (U ⋅ A) bestimmt werden. Da es aber nicht die tatsächlichen Mobilitäten bzw. Leitfähigkeiten sein können, werden sie µpol bzw. σpol genannt. Anstatt den zeitlichen Verlauf von µpol zu zeigen, reicht es in den meisten Fällen aus, den Verlauf der Geschwindigkeit zu betrachten. Entscheidend für die Auswertung wird nicht der Absolutwert der Leitfähigkeit σpol sein, sondern die Differenz zwischen der Leitfähigkeit bevor die Partikel aus der rechteckigen Messzelle herausgelaufen sind und danach. Es kann gezeigt werden, dass die Änderung der Leitfähigkeit gerade dem Beitrag entspricht, den die Partikel zur wirklichen Leitfähigkeit der Suspension geliefert hatten, als sie sich noch in der Messzelle befanden. Denn nachdem sie die Messzelle verlassen haben ist dieser Beitrag auf Null gesunken. Während der Durchführung des Experiments ist folgendes zu beobachten: Nach einigen Minuten beginnt sich ein Konzentrationsgradient in der Zelle aufzubauen. Die Partikel, verwendet wurden PnBAPS68- Proben, wandern von der negativen Elektrode weg. In diesem Seitenarm der Zelle befinden sich bald nur noch wenige Partikel. Der Meniskus, der die konzentrationsreiche Phase von der armen Phase trennt, wandert stets weiter 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? 154 Abb.7.1. Durchflusszellen, runder und rechteckiger Querschnitt, zur Untersuchung des Partikel- konzentrationsgradienten in einem DC- Experiment. Die Zellen sind aus PVC gebaut. In einem konstanten Abstand sind Platinstifte zur Spannungsmessung in die Zelle installiert. Richtung Pluspol. Dabei gelangt er, je nach angelegtem Feld, nach 7-10min an den dünnen rechteckigen Teil der Zelle, der Messzelle, und durchquert ihn. Anna Barraiera hat in ihrer Diplomarbeit [89] die lokale Konzentrationsentwicklung, mittels Braggstreuung, in einem vergleichbaren DC-Experiment untersucht. Allerdings hat ihre Zelle, sie war ebenfalls in einen Pumpkreislauf intergriert, eine andere Zellgeometrie, siehe Abb.(7.1.). Sie unterscheidet drei Zellregionen, die sich mit der Zeit entwickeln und verändern, siehe Abb.(7.2.): Region I zwischen Minuspol und Meniskus: Die leere Region. Region II: Ploykristallite konstanter Partikelkonzentration. Region III: Kompressionszone mit ansteigender Konzentration in Richtung Pluspol. Im Laufe der Zeit dehnt sich Region I immer weiter aus, während Region II kleiner wird. In Region III verschwinden nach einiger Zeit jegliche Kristalle. Es entsteht ein amorpher Zustand. Qualitative ist in der Elektrophoresezelle eine ähnliche Partikelverteilung zu sehen. Auch hier bildet sich an der Anode nach ca. 30 min ein amorpher Zustand aus. 3,0 2,4 E = 10 V/cm 2,5 approaching the final state Region II Region I 2,0 -3 1,6 Region III 1,2 0,8 n / µm n/µm -3 2,0 1,5 1,0 0,5 0 20 40 60 80 100 0,0 60 height/mm 80 100 height/mm Abb.7.2.a, b a) Im DC-Experiment treten 3 Konzentrationsregionen auf. b) Im Laufe der Zeit verschieben sich die Regionen, wobei Region II, der Plateaubereich immer mehr verschwindet. 7.1. Das Langzeit-Konzentrationspolarisationsexperiment 155 Kapazitive und elektrolytische Ströme Wie in Abb.(4.7.) gezeigt wird, kann eine Elektrophoresezelle als Parallelschaltung von ohmschen Widerstand und kapazitiven Widerstand verstanden werden. Es wurde ebenfalls in Kapitel 4.4. festgestellt, dass die Partikel an keinem elektrolytischen Strom teilnehmen können. Dieser wird ausschließlich von H+ und OH- getragen. Nach dem Einschalten des DC-E-Feldes lädt sich der Kondensator (der Zelle) auf. In dieser Zeit kann ein kapazitiver Strom fließen. In Reihe zu der Zelle ist der RS= 100kΩ Widerstand geschaltet. Über diesen fließt der Strom beim Auf- und Entladen der Zelle. Die Zeitkonstante dieses Ladevorganges hat die Größeordnung: τ = RC ≈ 10 −5 sec . I/I0 U/Uo v/v0 D.h., die Zelle ist mit Beginn der Mobilitäts- und Leitfähigkeitsmessungen komplett aufgeladen. 1,3 1,2 1,1 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 Inorm Unorm vnorm 0 5 10 15 t/min 20 25 Abb.7.3.a, b a) Strom- und Spannungs- Aufladekurven eines Kondensators. b) Zeitlicher Verlauf von U, I und v, alle Größen sind normiert, in einem DC-E-Feld der Stärke E=88Vcm-1. Es wurde Zelle Z2) gefüllt mit einer Probe der Partikelzahldichte n=24,4µm-3 verwendet. In Abb.(7.3.a) sind die Aufladekurven von U und I eines Kondensators gezeigt. Exemplarisch zeigen die Abb.(7.3.b) die Zeitabhängigkeit von U und I gemessen in der Zelle Z2) bei n=23,9µm-3. Es wurde eine konstante Spannung von 500V an Zelle und RS- Widerstand angelegt. Die Klemmspannung UKlem hat einen Startwert von UKlem=490V und steigt innerhalb von 20min asymptotisch auf UKlem=492,25V an. Gleichzeitig nimmt der Strom von I= 32,28µA auf I= 12,2µA ab. Da die Zelle schon aufgeladen ist, müsste der kapazitive Strom bereits auf Null abgefallen und die Spannung auf ihren Maximalwert angekommen sein. Dass dem nicht so ist, bedeutet: a) Es gibt einen elektrolytischen Strom, der über den ohmschen Widerstand fließt. b) Es gibt zwei Zeitskalen für die kapazitive Aufladung der Zelle, weswegen Strom und Spannung sich zeitlich ändern. 156 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? Zu a): Ein Vorhandensein des elektrolytischen Stroms kann erklären, warum der Gesamtstrom nicht auf Null abgefallen ist. Bei der Elektrolyse von Wasser werden keine Ladungsträger verbraucht. Bei jedem H+, das an der Kathode umgesetzt wird, wird ein OH- in Lösung gegeben. Umgekehrt ist es an der Anode, siehe auch die Elektrodenreaktionsgleichungen (4.12.). Nur das Verhältnis zwischen H+ und OH-, das zu Beginn der Elektrolyse sehr stark auf der Seite der Protonen liegt, wird sich mit der Zeit ausgleichen. Daher kann der Strom etwas sinken, weil die Mobilität der OH- nur etwa halb so hoch ist (µH=3510-8m2 V-1s-1, µOH=1810-8m2V-1s-1). Der Abfall des Stroms im Experiment ist stärker als durch die Elektrolyse erwartet. Auch der Zeitraum des Abfalls ist kürzer und steiler als man im Fall von Elektrolyse wegen der geringen Ströme vermuten würde. Zu b): Es ist eher zu vermuten, dass die zeitlichen Veränderungen von I und U mit dem Aufbau des Konzentrationsgradienten in der Zelle zusammenhängen, mit dessen Veränderung der Abfall des Stroms und der Anstieg der Spannung synchron laufen, wie noch gezeigt wird. Die erste Zeitskala der kapazitiven Aufladung bezieht sich auf die oben beschriebene Aufladung zurzeit t=0sec. Hier ist die Suspension, die ein Dielektrikum darstellt, gleichverteilt. Verantwortlich für die Aufladung der Zelle ist die Polarisation des Dielektrikums. Dies geschieht dadurch, dass das Ion bzw. das Partikel und ihre jeweiligen Doppelschichten Dipole bilden und so das Feld abschirmen. Die Ausbildung der Dipole dauert gemäß des Relaxationseffekts maximal 10-4 sec. Aufgrund der Influenz entstehen auf den Elektroden Bildladungen. Dies geschieht solange, bis die Zelle gemäß ihrer Kapazität Q=CU komplett aufgeladen ist, also 10-5 sec. In der Folgezeit, solange das E-Feld nicht umgepolt wird, tritt eine Polarisation auf großen Längenskalen ein, dadurch dass die Gleichverteilung der Ladungsträger in der Suspension zerstört wird. Diese neue Polarisation PKon vergrößert die Dielektrizitätskonstante ε der Probe, wegen: Pges = Palt+ PKon= n(ε-1) ε0E, (7.1.) und somit die Kapazität der Zelle. Folglich kann der Kondensator (der Zelle) weiter durch Influenz aufgeladen werden. In dem man die Kapazität der Zelle in Abhängigkeit von der Konzentrationspolarisation misst, kann die Veränderung in ε überprüft werden. Die Kapazität kann in einer frequenzabhängigen Leitfähigkeitsmessung ermittelt werden. 7.1. Das Langzeit-Konzentrationspolarisationsexperiment 157 Bestimmung der Kapazität aus der Frequenzabhängigkeit der Leitfähigkeit Abb.(7.4.a) zeigt eine frequenzabhängige Leitwertmessung. G lineare Regression bis f=3kHz 0,6 1,20 0,5 1,00 0,4 G/μS G/µS 1,40 0,80 0,60 0,40 0,3 0,2 0,1 0,20 0,00 G(n=0) .3 G(n=36,9µm ) -3 G(n=67,4µm ) -3 G(n=132,9µm ) 0,7 1,60 0,0 0 5 10 15 20 f/kHz 25 30 0 1 2 3 f/kHz 4 5 6 Abb.7.4. a, b a) Frequenzabhängige Leitwertmessung in Zelle Z1) bei n=37,9µm-3 und E=57,5Vcm-1. Da der Verstärker Wechselspannungen der Frequenzen größer als 3kHz nicht mehr optimal verstärken kann, läuft der Leitwert in die Sättigung. Zur Auswertung wird der Bereich f=0-3kHz herangezogen. Man erhält eine Aussage über die Kapazität und den Widerstand der Zelle. b) Weitere Leitwertmessungen bei anderen n. Mit zunehmenden n werden die Kurven flacher. An die Kurve ist die Theoriekurve Gl.(4.9.) angepasst. Bis zu f=3kHz ist die Anpassung gut, dann läuft der Leitwert in Sättigung. Das liegt an der begrenzten Bandbreite des Verstärkers von 1,8kHz. Zur Auswertung wird daher nur der Frequenzbereiche f=03kHz betrachtet. Der Debye-Falkenhagen-Effekt [90], der im 10kHz-Bereich einen Anstieg des Leitwertes zeigen sollte, kann nicht gemessen werden. In der Abb.(7.4.b) werden G-f-Messungen bei unterschiedlichen Konzentrationen gezeigt. Bei den höheren Konzentrationen verändert sich der Leitwert G nur wenig in Abhängigkeit von f bis zu einer Frequenz im kHz-Bereich. Anders ist dies bei den kleinen Konzentration in der Nähe von n=0µm-3. G ist hier höchstens bis f= 100Hz konstant. Dies ist der kapazitive Effekt, der den Leitfähigkeitsmessbereich begrenzt. Zelle Z2) R/MΩ C/10-12 F Zelle Z1) R/MΩ C/10-12 F n=0µm-3 2400 9,27±0,01 1523 6,13±0,05 n=25µm-3 15,2 8,59±0,02 n=38,45µm-3 9,8 8,12±0,1 7,76 7,46±0,2 n=132µm-3 2,5 8,9±0,08 2,03 9,27±0,2 Tab(7.1.) Ergebnistabelle der frequenzabhängigen Leitwertmessung G(f). An die Kurven aus Abb.7.4.b wurde die Theorie Gl.(4.9.) angepasst. Parameter sind der Widerstand R und die Kapazität C. 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? 158 Die Theorie Gl.(4.9.) beschreibt den Kurvenverlauf des Leitwertes G recht gut. Die Anpassung an die Daten erfolgt im 0Hz- bis 3000Hz Bereich. Die Kapazität und den Widerstand der Zellen Z1), Zelldicke 1mm, und Z2), Zelldicke 0.5mm, findet man in Abhängigkeit von n in Tab.(7.1.). Im Fall Z2) ist die Kapazität weitestgehend konstant. R ist um eine Größenordnung kleiner geworden. Im Fall Z1) scheint die Kapazität etwas zuzunehmen. Der Fehler von R liegt meistens in der Größenordnung von einigen kΩ. Da die Anlage nicht auf Kapazitätsmessungen ausgelegt ist, sind die Fehler sicherlich nicht so klein, wie der Fehler der Kurvenanpassung dies verdeutlichen mag. Induktive Effekte und Interferenzen von Streukapazitäten beeinflussen die Messung und fließen in den Messwert ein. Wenn hier von einer Kapazität gesprochen wird, so die von der Zelle unter Berücksichtigung der gesamten Halterung, die teilweise aus Metall ist und des Lufttisches, auf dem alles montiert ist. Wird die Zelle neu in der Halterung befestigt, so kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Kapazität etwas geändert hat. Diese Kapazitätsmessungen können nur qualitative Aussagen und Tendenzen liefern. Die Wiederholung der Kapazitätsmessung unter den gleichen Bedingungen zeigt, dass der Fehler in der Größenordnung 0,610-12F liegt. Kapazitätsmessungen in Abhängigkeit von der Konzentrationspolarisation 8 σ v*7.4/v0 -1 σpol/µS cm 6 5 4 3 2 0 5 10 15 t/min 20 25 G/µS vnorm 7 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 -0,1 GBeginn GEnde 0 2000 4000 6000 8000 10000 f/Hz Abb.7.5.a, b a) Der Zeitlicher Verlauf, die ersten 25min, der Leitfähigkeit σpol und der normierten Geschwindigkeit vnorm, bestimmt aus der in Abb.(7.3.b) gezeigten U und I Messung. b) Zu Beginn, t=0sec, und am Ende der Messung aus a), t>1h, wurde der Leitwert in Abhängigkeit von der Frequenz gemessen. Abb.(7.5.b) zeigt eine Kapazitätsmessung zu Beginn des DC-Experimentes und am Ende, wenn der Gradient maximal ist, d.h. ungefähr nach 200min. Als Zelle wurde Z2) verwendet, n betrug 25µm-3, und die äußeren Bedingungen wurden in der ganzen Zeit nicht verändert, d.h. die Zelle wurde nicht bewegt und in der Zeit zwischen den Kapazitätsmessungen am Anfang und am Ende des DC-Experimentes wurde nicht gepumpt. Zu Beginn misst man eine Kapazität von Cbeg=8,5910-12F und einen 7.1. Das Langzeit-Konzentrationspolarisationsexperiment 159 Widerstand von R=15MΩ. Am Ende: CEnd=9,47x10-12F und 147 MΩ. Die Kapazität steigt also um 10% an, der Widerstand sogar um den Faktor 10. Mit der Annahme εBeginn=80, ergibt sich für εEnd: ε End = CEnd ε Beginn = 89,2 . CBeg (7.2.) Das Experiment wurde mit Zelle Z1) bei einer Konzentration n=37,1µm-3 wiederholt. Die Startkapazität betrug C=7,65 10-12 F und R=8,3MΩ. Am Ende des DCExperimentes, wenn alle Partikel in den Anodenarm der Zelle gewandert sind, betragen C=9,1610-12 F und R=76MΩ. In diesem Fall steigt C um 16% und R um etwas weniger als einen Faktor 10. Auch wenn die Anlage für Kapazitätsmessungen nicht ausgelegt ist, zeigen die Experimente eindeutig, dass die Kapazität im Laufe eines DC-Experimentes stärker ansteigt als 0,6 10-12F, die Messgenauigkeit der Kapazität. Um den Einfluss temporärer Effekte auf die Kapazitätsmessung zu untersuchen, wie z.B. das Aufwärmen der Zelle durch die angelegte Spannung, wurde eine Langzeitmessung von 90min in Zelle Z2) bei einer Wechselfrequenz von f=0,05Hz und n=132,9µm-3 durchgeführt. Am Anfang und am Ende der 90min wurde wieder C gemessen. Die Versuchsbedingung entspricht der einer Kanalmessung, die in Kapitel 5.1. beschrieben wird. Ein Konzentrationsgradient kann sich bei dieser Frequenz f nicht aufbauen. 43,0 42,5 σ/µS cm -1 42,0 41,5 41,0 40,5 40,0 39,5 39,0 0 20 40 60 t/min 80 100 Abb.7.6. Nullexperiment zur Überprüfung der sonstigen Einflüsse während einer Langzeitmessung. Die Messbedingung entspricht der einer Kanalmessung: f=0,05Hz. Die Messung wurde durchgeführt in Zelle Z2) bei n=132,9µm-3 und E=88Vcm-1. σ zeigt keine Veränderungen. Entsprechend sieht man in Abb.(7.6.), dass sich die Leitfähigkeit innerhalb des Zeitraumes nicht nennenswert ändert. Auch C und R ändern sich in diesem Nullexperiment nicht. Vorher: C=8,7210-12 F und R=2,5MΩ. Nach 90min: C=8,331012 F und R=2,55MΩ. D.h. der Kapazitätsanstieg im DC-Experiment kann auf die Entstehung des Konzentrationsgradienten zurückgeführt werden. 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? 160 Die Zeitkonstante dieser zweiten kapazitiven Aufladung ist nun nicht mehr die RCRelaxaktionszeit, sondern wird bestimmt durch die Geschwindigkeit, mit welcher der Konzentrationsgradient in seinen Endzustand wächst. Dieser kapazitive Strom, der sich aus dem Wachsen des Konzentrationsgradienten ergibt, ist der einzig mögliche Beitrag der Partikel zum Gesamtstrom. Bei Gleichverteilung ist dieser Strom maximal und läuft dann exponentiell gegen Null. Allerdings liegt das asymptotische I-Plateau mehr als doppelt so hoch wie für den Reinstwasserfall erwartet. Entsprechend nimmt die Gesamtleitfähigkeit σpol im Beispiel Abb.(7.7.) von ihrem Anfangswert σ=11,2µS cm-1 auf den Endwert σpol =1,26µS cm-1 ab, ist im Plot nicht dargestellt. U*80/U0-79 I/I0 Interpretation des Langzeit-Konzentrations-Polarisationsexperiments 1,8 1,6 1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 Unorm Inorm 1.Abfall Kathodenarm 2.Abfall Flachzelle 3.Abfall Kompression im Anodenarm 3.Plateau: Elektrolyse+Fremdsalz 0 50 100 t/min 150 200 Abb.7.7. Langzeitentwicklung von Strom und Spannung in einem DC-Experiment. Die verschiedenen Stufen des Stromabfalls, bzw. des Spannungsanstiegs, können verbunden werden mit der Bewegung des Partikelmeniskus durch verschiedene Zellbereiche, bzw. der Kompression im letzten Zellbereich im Anodenarm. Die Messung wurde durchgeführt in Zelle Z1) bei n=37,9µm-3 und E=57Vcm-1. Die Elektrophoresezelle kann in drei Bereiche unterteilt werden. Die beiden Seitenarme, A≈0.5cm2, und die eigentliche rechteckige Messzelle, A=0,1 bzw. =0,05cm2. Wie bei einem ohmschen Leiter fällt der größte Teil der Spannung an der engsten Stelle, also der rechteckigen Messzelle ab. In einem Ersatzschaltbild kann die Zelle daher als eine Reihenschaltung von drei Widerständen dargestellt werden. Parallel zu den Widerständen sind jeweils Kondensatoren geschaltet, siehe Abb.(7.8.). Abb.7.8. Ersatzschaltbild der Elektrophoresezelle von Rank Brothers. Aus geometrischen Gründen haben die beiden äußeren Zellbereiche einen kleineren elektrischen Widerstand im Vergleich zum mittleren Flachzellenbereich. 7.1. Das Langzeit-Konzentrationspolarisationsexperiment 161 In einem Langzeit-Konzentrations-Polarisationsexperiment wird zuerst der Kondensator an der Kathode aufgeladen, da die Partikel diesen Seitenarm zuerst verlassen. Dies führt zum ersten kleinen Spannungsanstieg und Stromabnahme in der Zelle. Nur eine kleine Änderung deshalb, weil der Spannungsabfall in Folge eines ebenfalls kleinen Widerstands in diesem Zellbereich gering ist. In Abb.(7.5.a) ist die zeitabhängige Leitfähigkeitskurve σpol(t) gezeigt. Der erste leichte Abfall von σ passt zeitlich eindeutig zusammen mit dem Rauslaufen der Partikel aus dem ersten Seitenarm. Da nun der Widerstand im rechten Arm der Zelle größer geworden ist, während die Widerstände in den anderen Zellbereich unverändert blieben, denn dort liegt noch keine Konzentrationspolarisation vor, fällt nun unter anderem in der rechteckigen Messzelle weniger Spannung ab. Dies hat zur Folge, dass parallel zu σ auch die Partikelgeschwindigkeit, gemessen im mittleren Teil der Zelle, etwas abnimmt. Als nächstes wird die rechteckige Messzelle entleert. Dies entspricht in Abb.(7.5.a) der steile Abfall von σ. Synchron dazu sinkt die Partikelgeschwindigkeit, die über die Peakposition gemessen wurde. Die Geschwindigkeitskurve bricht in dem Augenblick ab, wo der Meniskus durch das Probenvolumen läuft. Man kann sehr gut erkennen, dass die Zeit, die der mittlere Kondensator zum Aufladen benötigt, durch die Partikelgeschwindigkeit bestimmt wird. Diese nimmt in derselben Form wie der Strom ab, was verursacht wird durch die zunehmende Gegenspannung auf dem Kondensator. In Abb.(7.7.) wird das Aufladeverhalten der Zelle in allen 3 Zeitabschnitten deutlich. Während die oben beschriebene Polarisation des ersten Seitenarms an der Kathode und des flachen Teils der Zelle auf der steilen Flanke der Strom bzw. Spannungskurve liegen, ist die Polarisation des zweiten Armes an der Anode in der Zeit verschoben, was sich durch ein lokales Maximum der Stromkurve und ein lokales Minimum der Spannungskurve ausdrückt. In Abb.(7.7.) ist dieses mit 3.Abfall gekennzeichnet. Im Gegensatz zu den anderen Bereichen der Zelle können im zweiten Seitenarm die Partikel nicht herauslaufen, sondern nur komprimiert werden. Dazu wird mehr Zeit benötigt, hat aber ebenfalls zur Folge, dass dieser Seitenarm polarisiert wird. Sollte es zusätzlich zum Partikelgradienten einen H+ und einen OH- Gradienten geben, so würde dies die Ionenzusammensetzung um das Partikel herum verändern. Das könnte zu einer Zunahme der Wechselwirkung zwischen den Partikeln führen. Die gleichzeitige Komprimierung endet in der Zerstörung der Kristalle und der Bildung einer amorphen Phase. Partikelbeitrag Zurück zum mittleren Teil der Zelle, der rechteckigen Messzelle. Solange dieser Teil der Rank-Zelle noch nicht polarisiert ist, entspricht die Geschwindigkeit der Partikel in guter Nährung, der Geschwindigkeit bei völlig unpolarisierter Zelle. Bei kompletter Polarisation ist sie dagegen Null. Dies erkennt man an Suspensionsresten, die an der 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? 162 σpol/µS cm -1 20 15 Δσ 10 -1 σ(E=175,44V cm ) -1 σ(E=87,7V cm ) -3 n = 53,5 µm 5 0 0 5 10 t/min 15 20 Abb.7.9. Der Abfall Δσ, der auftritt, wenn die Partikel den flachen Teil der Zelle verlassen, ist unabhängig von der Feldstärke. Gemessen wurde Δσ hier in Zelle Z2) bei Feldern von E=175,44Vcm-1 und E=87,7Vcm-1. Die Partikelzahldichte betrug n=53,5µm-3. Zellwand zurückgeblieben sind und sich kaum noch vorwärts bewegen. Teilweise fließen sie sogar wieder zurück. Wenn die Partikel zur Leitfähigkeit beitragen, so sollte diese Information also im Abfall der Leitfähigkeit im mittleren Teil der Zelle enthalten sein. Abb.(7.9) zeigt zwei Leitfähigkeitsabfälle σpol(t) bei einer Konzentration aber verschiedenen Klemmspannungen. In beiden Fällen ist die Sprunghöhe Δσ, dies ist die Differenz zwischen der Leitfähigkeit vor und nach dem Sprung, gleich. Nur der Zeitpunkt, wann der Abfall passiert verschiebt sich. Abb.(7.10.a) zeigt die Abhängigkeit der Höhe des Abfalls Δσ von der Konzentration n. Δσ nimmt ab, um so kleiner n ist. In Abb.(7.10.b) wird der Partikelbeitrag σ particle = neZ * μ particle mit Δσ bei verschiedenen Konzentrationen verglichen. Man erkennt, dass σparticle und Δσ identisch sind. Es kann also gezeigt werden, dass und auch wie die Partikel zu der Leitfähigkeit der Suspension beitragen. σpol/µScm-1 σpol/µScm-1 Abb.7.10.a, b a) Der Abfall Δσ ist abhängig von der Konzentration. Die oberen beiden Kurven zeigen das Beispiel aus Abb.(7.9.), während die unteren Kurven bei n=1,13µm-3 und E=62,4Vcm-1 in Zelle Z4) gemessen wurden. b) Der Abfall Δσ, rote Quadrate, wird mit dem theoretisch erwarteten Wert der Partikelleitfähigkeit σparticle verglichen. Die grüne Linie stellt die Gesamtleitfähigkeit dar. 7.2. Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit 163 7.2. Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit Eine andere Herangehensweise an die Frage, ob die Partikel zur Leitfähigkeit beitragen ist die über die Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit 1. Weitere Fragestellungen, die sich an die des Partikelbeitrags anschließen und in diesem Kapitel diskutiert werden, sind die, wie Z*(T, n) von Partikelzahldichte und Temperatur abhängt. Es wurden 2 Partikelsorten die PnBAPS68 und die PnBAPS122 verwendet. Die Messungen wurden mit einem temperierbaren Präparationskreislauf unter Argon-Athmosphäre durchgeführt. Es wurde im Temperaturbereich 5°C<T<35°C gemessen und Partikelzahldichten zwischen 2,75µm3 und 210µm-3 für die erstere und 0,2µm-3 und 25µm-3 für die zweite Partikelsorte verwendet. Um die Temperatur zu regulieren, wurden Bad-Thermostate von MGW Lauda, Austria, Modell B und M3 verwendet. Der mit vollentsalzter Suspension gefüllte Präparationskreislauf wurde komplett, einschließlich der Pumpe, in einem Plastiksack unter Argon-Atmosphäre gehalten. Die Argon-Atmosphäre schützt gegen CO2 Kontamination aus der Luft. Der Plastiksack zusammen mit folgenden Bestandteilen des Kreislaufes befand sich im Bad des Thermostaten: Das Vorratsgefäß, das IEX-Gefäß und die Leitfähigkeitszelle, in der ein Thermo-Element zur Temperaturmessung eingebaut ist. Dieser Teil des Kreislaufes konnte in T=0,1C°-Schritten temperiert werden. Die Pumpe und ihre Verbindungsschläuche waren außerhalb des Bades postiert. Details des Aufbaus sind in [83] beschrieben. Unabhängig von diesen Messungen wurde zur Bestimmung von n die σ(n)-Eichkurve für beide Sorten bei der fixen Temperatur T=21°C gemessen, siehe Kapitel 4.3. Die Temperaturabhängigkeit von σ wurde dann mit obigen Aufbau bei verschiedenen n durchgeführt. An diese experimentellen Kurven wurde eine berechnete Leitfähigkeitskurve angepasst. Alle Temperaturabhängigkeiten, die nicht gemessen wurden, wurden aus der Literatur genommen, außer der von Z*(T), die man durch Anpassen der Fitkurve an die Daten erhält. Voraussetzung: Frequenzunabhängigkeit der Mobilität und der Leitfähigkeit In der Berechnung der Leitfähigkeiten werden die gemessenen Mobilitäten aus den Kapiteln 5.3. und 6.1. verwendet. Diese Mobilitäten wurden bei f=0Hz gemessen im Gegensatz zur Leitfähigkeit, die in diesem Experiment mit dem WTW-Messgerät bei ca. f=400Hz gemessen wird. Ein Vergleich zwischen gemessener und berechneter Leitfähigkeit ist nur dann sinnvoll, wenn die Mobilität und somit auch die Leitfähigkeit frequenzunabhängig sind. Theoretisch sollte dies bis zu Frequenzen von f=104Hz der Fall sein. Legt man Frequenzen in dieser Größenordnung an, so ist die Ionenwolke, die 1 Die temperaturabhängige Leitfähigkeitsmessung, siehe auch [83], war ein Gemeinschaftsprojekt, das von meiner Praktikantin Julianna Olah und mir ins Leben gerufen wurde. Das Projekt steht in engem Zusammenhang zu früheren Arbeiten [49, 50, 51, 52] und wurde von Prof. T. Palberg betreut. Aktiv an dem Projekt beteiligt waren Raquel Chulia Jordan, Holger Reiber und Hans Joachim Schöpe. 164 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? Abb.7.11. Dies sind Messdaten von Mizuno et al.[93, 94]. Die Mobilität ist bis in den 1014Hz Bereich unabhängig von der Frequenz. das Partikel umgibt, nicht mehr in der Lage in den neuen Gleichgewichtszustand zu relaxieren. Folglich heben sich die Relaxationseffekte heraus und die Beweglichkeit der Partikel steigt. Die Frequenzabhängigkeit der Leitfähigkeit wurde von Saville et al [91, 92] untersucht. Er fand eine sehr gute Übereinstimmung zwischen Theorie und Daten. Die Mobilität in Abhängigkeit von der Frequenz wurde experimentell erstmals bis in den f=104Hz Bereich von Mizuno [93, 94] gemessen, siehe Abb.(7.11.). Die Frequenzunabhängigkeit der Leitfähigkeit konnte in Kapitel 7.1. gezeigt werden. Allerdings nur bis zu Frequenzen von f<1khz, dann stieg der Leitwert, gemessen in der Elektrophoresezelle, wegen der kapazitiven Einflüsse an. Stand der Forschung Leitfähigkeitsmessungen sind ein wichtiges Mittel, um die Ladung dispergierter Partikel zu bestimmen. In Kapitel 4.3. wurde bereits kurz eine simple Modellbeschreibung von σ, das Hessingermodell, in Abhängigkeit von n, dem zugegebenen Salz, der Mobilität von Ionen und Partikeln sowie der effektiven Ladung Z* gegeben. Die Leitfähigkeit wird durch dieses Modell, dass eine unabhängige Bewegung aller Ionen und Partikel annimmt, gut beschrieben, wobei gezeigt werden kann, dass die Struktur der Suspension keinen Einfluss hat auf σ. Da gefunden wurde, dass Z* mit der Partikelgröße und der dielektrischen Permittivität skaliert, wurde sie in das Ladungsrenormilisierungskonzept von Alexander [16] eingebunden und weiter entwickelt [95]. Ladungsrenormalisierung wird interpretiert als nahezu komplette Kondensation der Gegenionen auf der Partikeloberfläche, wodurch eine neue Einheit mit stark reduzierter Ladung entsteht. Dieses Konzept wurde erfolgreich in verschiedenen Bereichen angewendet, [96]. In diesem Kontext ist die Leitfähigkeitsmessung ein wertvolles Mittel, um Zugang zur effektiven Ladung Z* zu erhalten. Oft aber werden die Daten von verschiedenen kolloidalen Partikeln bei leicht verschiedenen Bedingungen aufgenommen, wie z.B. der Partikelzahldichte oder dem Salzgehalt und bei verschiedenen Temperaturen. Um diese 7.2. Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit 165 Daten vergleichbar zu machen, ist ein Verständnis der Abhängigkeiten der Leitfähigkeit von diesen Parametern von Nöten. Die Salz und Partikelkonzentrationsabhängigkeit konnte durch das Hessingermodell bereits sehr gut erklärt werden. In diesem sowie in dem früheren Modell von Schäfer [50], welches den Partikelbeitrag vernachlässigt, entspricht Z* der Anzahl freibeweglicher Gegenionen, welche nur durch die Doppelschichtstruktur, hervorgerufen durch die Präsenz benachbarter Doppelschichten, beeinflusst werden kann. Beide Modelle zeigen exzellente Übereinstimmung mit den Experimenten. Gleichung (7.3.) stellt das von Schäfer entwickelte Konzept dar: σ = Z * enμ H + σ Salz (7.3.) + Hier ist σ Salz = cλ∞ + σ B . λ∞ ist die molare Leitfähigkeit des zugefügten Elektrolyts bei unendlicher Verdünnung und c die molare Konzentration. Die Backgroundleitfähigkeit σB beschreibt den Beitrag nicht identifizierte Ionen zu σ. σB und Z* sind die freien Parameter für die Anpassung des Fits an die Daten. In dieser Nährung wird angenommen, dass nur die Gegenionen und die Salzionen mobil genug sind, um beitragen zu können. Deggelmann et al. [7] und später Hessinger et al. [51] berücksichtigten den Beitrag der Partikel durch ihre im Vergleich mit denen von Ionen kleinere Mobilität: σ = ne(Z * (μ p + μ + ) + M (μ + + μ − )) + σ B μ μM =∑ ∑M + i i + i und μ − ∑μ M = ∑M i (7.4.) − i i sind die gemittelten Kationen- bzw. Anionenmobilitäten, mit M i = ci1000 N A n , das die Konzentration der kleinen Ionenspezies i pro Partikel angibt. Hessingers Modell nimmt an, dass die Doppelschicht eines Partikels mit der Oberflächenladung Z in einen äußeren Bereich mit Z* Gegenionen der Bulk-Mobilität μ+ und einem inneren Bereich mit Z-Z* bewegungslosen Gegenionen aufgeteilt ist, die folglich keinen Beitrag zur Leitfähigkeit liefern können. Die Immobilität kann auch hydrodynamische Gründe haben, wogegen in der Ladungsrenormalisierung nur elektrostatische Gründe gelten. Es soll aber daraufhin gewiesen werden, dass dieses Konzept keine diffusive oder elektrophoretische Immobilität impliziert, sondern nur verlangt, dass die Anzahl der Gegenionen, gebunden an ein Partikel, erhalten ist. Daher ist ein Austausch von Ionen verschiedener Art zwischen inneren und äußeren Part möglich und erklärt den Gebrauch von gemittelten Ionenmobilitäten. Bei Experimenten ohne Fremdsalzbeitrag reduziert sich Gl.(7.4.) zu: σ = σ 0 + σ H O + σ B = neZ * (μ p + μ H ) + nH μ H + nOH μOH + σ B 2 + + + − − (7.5.) σ H O wird über das Dissoziationsprodukt des Wassers bestimmt. Diese Beiträge spielen 2 bei geringen Volumenbrüchen eine wichtige Rolle. 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? 166 Beschreibung der verwendeten Fitroutinen Z* und σB sind die einzigen freien Parameter, wenn eine der beiden Modelle zum Fitten verwendet wird. Da das Modell von Schäfer den Partikelbeitrag nicht berücksichtigt, sind die gefitteten Z* höher als beim Hessingermodell. In den T-abhängigen Messungen wurden alle Temperaturabhängigkeiten, die nicht gemessen wurden, aus der Literatur genommen [97, 98], außer der von Z*(T), die man durch Anpassen der Fitkurve an die Daten erhält. Es wurden 2 Fitformeln aus Gl.(7.5.) konstruiert, die sich in der Genauigkeit der Approximation der tabellierten Literaturwerte unterscheiden, im Prinzip aber übereinstimmende Resultate lieferten. In jeder Fitsession wurde die Partikelmobilität entweder Null gesetzt oder die experimentellen Werte benutzt. Zusätzlich wird Z* entweder als Polynom zweiter Ordnung: 2 Z * = Z A + Z BT + Z CT verwendet oder unabhängig von T gesetzt. In allen Fits wurde σB erst einmal Null gesetzt. In einem letzten Schritt wurde dann σB als freier Parameter gewählt. Die Anzahldichten der H+-Ionen und der OH—Ionen aus der Autoprotolyse des Wassers (in m-3) werden durch das Ionenprodukt des Wassers [99] nH + = KW (T ) und nOH − = KW (T ) (7.6.) ( KW (T ) + Z * n) berechnet. ⎛ − 1,3847 ⋅10 4 ⎞ + 1,4896 ⋅10 2 − 23.652 ln(T + 273,16) ⎟⎟ ρ H2 2O (T ) N A2 , KW (T ) = exp⎜⎜ ⎝ (T + 273,16) ⎠ (7.7.) mit der Dichte von Wasser [98]: (7.8.) ρ H O = 1000 ⋅ (0,99985 + 6,00559 ⋅105 T − 8,05432 ⋅10 −6 T 2 + 5,2119 ⋅10 −8 T 3 − 1,9445 ⋅10 −10 T 4 ) 2 Die Mobilitäten von H+ und OH- werden aus den molaren Leitfähigkeiten bei unendlicher Verdünnung λi∞ (in m2V-1s-1) [97] berechnet: + μ H = λ∞H (T ) /( N Ae) = + ( ) (7.9.) = 10 −4 349,85 + 4,81595 ⋅ (T − 25) − 1,03125 ⋅10 −2 (T − 25) 2 − 0,767 ⋅10−4 (T − 25)3 /( N Ae) μOH − (T ) = 1,08823 ⋅10 −7 + 4,1448 ⋅10 −9 T − 8,68242 ⋅10 −12 T 2 (7.10.) Die Partikelmobilität liegt aus den Messungen bei T=21°C in reduzierten Einheiten vor. Ihre Temperaturabhängigkeit ist durch die der dielektrischen Permittivität und der Viskosität von Wasser gegeben [15]. Die experimentellen Daten, dieser beiden Größen wurden aus [98] genommen und durch ein Polynom dritter Ordnung angenähert bzw. durch einen theoretischen Ausdruck aus [100] beschrieben: μ p = μ red (2εε 0 (T )k B (T + 273,16)) / (3eη (T ) ) (7.11.) ε (T ) = 87,74 − 0,4T + 9,38 ⋅10−4 T 2 − 1,41⋅10 −6 T 3 (7.12.) ⎛ ( η (T ) = ⎜⎜ − 120 + 2,148⎛⎜ T − 8,435 + 8078,4 + (T − 8,435)2 ⎝ ⎝ ) 1 2 ⎞ ⎟ ⎠ −1 ⎞ ⎟ ⋅ 0,1 ⎟ ⎠ (7.13.) 7.2. Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit 0,30 -7 3.5x10 -7 µred(21°C) = 7 0,25 -7 2.5x10 -7 2.0x10 -7 1.5x10 -7 Fit I Fit II 1.0x10 -8 5.0x10 -20 0 exp H2O fit I fit II -1 0,20 20 40 60 80 100 120 140 160 T/ °C σ / μS·cm 2 µP / (m /V.s) 3.0x10 167 0,15 0,10 0,05 0,00 0 10 20 30 40 T / °C 50 60 Abb.7.12.a, b a) Vergleich der beiden Fitroutinen anhand der Partikelmobilität. Fit I, blaue Linie, ist die genauere Version. In Bereich 0-35C° liefern beide vergleichbare Ergebnisse. b) Beide Fitversionen stimmen mit der gemessenen Reinstwasserkurve, schwarze Quadrate, im Messbereich 0-35C° überein. Für die zweite Fitformel wurden einfachere Approximationen, die durch Fits an die tabellierten Werte [98, 101] erhalten wurden, verwendet. Dies führt zu einer kürzeren und schnelleren Fitprozedur. Im Einzelnen wurde der negative dekadische Logarithmus von KW (in mol l-1 ) und die relative dielektrische Permittivität durch einen linearen Fit angenähert und die Viskosität durch eine Exponentialfunktion beschrieben: [ ][ ] − log10 H + OH − mol 2l −2 = 14,80189 − 0,03195 ⋅ T (7.14.) ε (T ) = 87,6233 − 0,3602 ⋅ T η (T ) = 0,00026 + 0,00152 exp(− T 29,152) (7.15.) (7.16.) Die Unterschiede zwischen den beiden Fitformeln werden in Abb.(7.12.a) an Hand der Partikelmobilitäten illustriert. Beide Fitprozeduren produzieren identische Resultate in dem interessanten Temperaturbereich. Leichte Abweichungen sind über T=40°C sichtbar und signifikante über T>75°C. Die Anwendbarkeit beider Fitformeln wurde auch mittels der Temperaturabhängigkeit von σH2O(T), Reinstwasser, Abb. (7.12.b), überprüft. Über 35°C liegen die experimentellen Daten über denen der Literaturwerte aus dem Fit. Dies könnte an der weniger guten Leistungsfähigkeit des Ionentauschers bei höheren Temperaturen liegen. Bis 35°C allerdings beschreiben beide Fitroutinen die Daten sehr gut. Die Auswertung und Messergebnisse Die gemessenen Leitfähigkeiten werden in den Abb.(7.13.a, b) gezeigt. Bei jedem n steigt die Leitfähigkeit mit der Temperatur. Mit steigendem n werden die Kurven steiler und shiften zu höheren σ. In Abb.(7.14.a, b) wurde jede σ(T)-Kurve durch ihren Wert bei T=21°C normiert, um den Einfluss von n zu eliminieren. Solange Partikel- und 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? 168 PnBAPS68 -3 n /µm 80 70 σ / (µS/cm) 60 30 20 10 0 20 σ / (µS/cm) 210,39 109,35 55,22 28,97 23,28 20,24 16,91 8,86 4,78 2,75 10 20 30 T / °C 40 24,32 21,03 18,41 13,30 9,03 6,50 3,55 2,41 0,63 0,26 0,19 15 10 5 0 0 PnBAPS122 -3 n/µm 50 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 T/ °C Abb.7.13.a, b a), PnBAPS68, und b), PnBAPS122, zeigen die σ(T)-Messreihen der beiden Partikelsorten. Die Konzentration wurde variiert von der kristallinen bis in die fluide Phase. Umso höher n desto steiler die Kurve und höher σ. Gegenionenbeitrag die Leitfähigkeit dominieren, funktioniert dieses sehr gut. So stimmen in Abb.(7.14.a) alle Kurven mit der Masterkurve σ master = σ (T ) σ (21°C ) (7.17.) der PnBAPS68 überein. Bei den PnBAPS122, Abb.(7.14.b), weichen die Kurven mit kleinem n ab. Sie nähern sich der noch steileren Wasserkurve, gepunktete Linie, immer mehr an. Das reine Solvent hat eine andere Temperaturabhängigkeit von σ als die partikeldominierte Suspension. Unter den Bedingungen kleiner n ist die Bestimmung von n und c ungenau, daher wird im Folgenden der Bereich n>2µm-3 betrachtet. Für die Anpassung der Fits an die σ(T)-Kurven muss der Parameter n bekannt sein. Er kann durch eine Verdünnungsreihe bestimmt werden oder durch eine so genannte Eichkurve. 1.5 σ (Θ) / σ(Θ=21°C) σ (Θ) / σ(Θ=21°C) 1,5 PnBAPS 68 1.0 1,0 0.5 0,5 0,0 PnBAPS 122 0.0 5 10 15 20 25 T / °C 30 35 0 5 10 15 20 25 30 35 40 T/ °C Abb.7.14.a, b a) und b) sind Masterkurven der beiden Partikelsorten. In a), PnBAPS68, stimmen alle normierten Leitfähigkeiten mit der Masterkurve überein. In b), PnBAPS122, gibt es Abweichungen bei sehr stark verdünnter Suspension. Die Kurven nähern sich dann der normierten Reinstwasserkurve an, gepunktete Linie. 7.2. Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit 7,5 PnBAPS68 7,5 PnBAPS68 fit I 7,0 fit I -1 6,5 σ/µS cm σ/µS cm -1 7,0 169 6,0 5,5 6,5 6,0 5,5 5,0 5,0 4,5 5 10 15 20 25 T/°C 30 35 5 10 15 20 25 T/°C 30 35 Abb.7.15.a, b Gezeigt wird eine σ(T)-Kurve, gemessen mit einer n=20,24µm-3 konzentrierten PnBAPS68-Probe. a) Fit I an die Daten mit konstantem Z*. Sowohl mit Partikelbeitrag als auch ohne ist der Fit nicht optimal. b) Dies kann erreicht werden, wenn man Z* ebenfalls als temperaturabhängig annimmt, Polynom 2. Ordnung. In diesen Messungen wurde n über eine weniger fehleranfällige Eichkurve bestimmt. Hierfür wurde in einer unabhängigen Messung bei T=21°C σ gegen n gemessen. Bei den temperaturabhängigen Messungen konnte somit aus der Leitfähigkeit bei T=21°C und dem Zusammenhang zwischen σ und n, der Eichkurve, die Konzentration bestimmt werden. Die σ(T) –Messungen wurden nun durch die verschiedenen Prozeduren angefittet. Wie zu erwarten, gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Fits I und II. Insgesamt konnte die Qualität der Fits drastisch verbessert werden, in dem Z* als Polynom von T ausgedrückt wird. Dies wird in Abb.(7.15.) für die PnBAPS68 bei n=20,24µm-3 demonstriert, wo die Daten mit den Resultaten von Fit I mit und ohne Partikelbeitrag verglichen wird. In Abb.(7.15.a) wird Z* konstant gehalten. Sowohl mit Partikelbeitrag Z*=479,4 (χ2 =0,00452) als auch ohne Z*=558,5 (χ2 =0,00012) ist die Übereinstimmung schlechter, als wenn man Z* als Polynom wählt, Abb.(7.15.b): - Mit Partikelbeitrag: Z*=490,97-0,376T-0,0056T2 (χ2 =0,00002), - Ohne Partikelbeitrag: Z*=557,23+0,26T-0,0081T2 (χ2 =0,00002). (7.18.) (7.19.) Es ist also eine schwache Temperaturabhängigkeit von Z* zu erkennen, insbesondere, wenn die Partikel beitragen. Da beide Modelle, mit und ohne Partikel, die Daten quantitativ beschreiben, ist es nicht möglich aufgrund der Güte der Fits zwischen den beiden Modellen zu unterscheiden. In Abb.(7.16.) wird das Verhalten der effektiven Ladungen untersucht. Die Polynome für das Temperaturverhalten der Z* wird für beide Partikelsorten dargestellt. Es resultieren 2 Gruppen, wobei die obere bei beiden Partikelsorten, die ohne Partikelbeitrag entspricht und die untere mit μp. 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? 170 1100 600 500 450 PnBAPS68 0 10 20 30 n/µm 24,32 21,03 18,41 13,30 9,03 6,50 3,55 2,41 1050 1000 Z* Z* 550 400 -3 -3 n/µm 210,39 109,35 55,22 28,97 23,28 20,24 16,91 8,86 4,78 2,75 40 50 950 900 850 800 PnBAPS122 0 10 Τ/ °C 20 Τ/ °C 30 40 Abb.7.16.a, b a), b): Das Ergebnis der Fits an die Daten beider Partikelsorten, der Fitparameter Z*(T), wird dargestellt. Z*(T) ist ein Polynom 2.Ordnung. Dabei wurde jeweils einmal die Partikelmobilität berücksichtigt und einmal nicht. Die Schar von Kurven mit Partikelbeitrag (schwarze Kurven) zeigt ein abnehmendes Z*(T) und liegt unterhalb der Schar ohne Beitrag (blaue Kurven), die flach ist. Ohne Partikelbeitrag ist kein klarer Trend der T-Abhängigkeit sichtbar. Das leichte Maximum in manchen Fällen ist wahrscheinlich ein Artefakt der Festlegung von Z* als Polynom nur zweiter Ordnung. Mit Partikelbeitrag ist dagegen eine klare Abnahme des Z* von 5% mit zunehmenden T zu erkennen. Beide Partikelsorten zeigen eine Temperaturabhängigkeit fast gleicher Amplitude. Die Tatsache, das die Temperaturabhängigkeiten von Z* und μp unterschiedliches Vorzeichen aber ungefähr die gleiche Amplitude haben, bedeutet das sie ihren Einfluss auf σ(T) gegenseitig canceln. Dies erklärt, warum σ(T) auch ohne Partikelbeitrag sehr gut beschrieben werden kann. Auf der anderen Seite kann die qualitative Differenz zwischen den Z*(T) es ermöglichen zwischen den Modellen von Hessinger und Schäfer zu unterscheiden, durch einen Vergleich mit einer unabhängigen Berechnung von Z*(T). Vergleich der gemessenen Z*-Kurven mit den theoretischen Vorhersagen des PBCModells Es wurden daher numerische Kalkulationen des Partikelpotenzials auf dem Meanfield- level mittels des von Luc Belloni [17] zur Verfügung gestellten Programms durchgeführt, eine kurze Beschreibung des Programms befindet sich auch in Kapitel 2.1.2. Für die PnBAPS68 wurden numerische Kalkulationen bei 3 verschiedenen Volumenbrüchen, bis zu 6 verschiedenen Temperaturen und 2 verschiedenen pKWerten durchgeführt, siehe Abb.(7.17.). Es wurde N=1435, c=2⋅10-7mol l-1, pK=0,5 (offene Symbole) und 7.2. Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit 171 1,01 1,00 500 Z* 0,99 Z*nor 0,98 400 pK = 0,5 pK = 2 0,96 Φ=0,036 Φ=0,0035 Φ=0,00038 300 5 10 15 20 Τ / °C 25 Φ=0,036 Φ=0,0035 Φ=0,00038 0,97 0,95 30 0,94 0 5 10 15 20 25 30 35 T/°C Abb.7.17.a, b a) Der theoretische Verlauf von Z*(T) wird für 3 Konzentrationen mittels PBC-Modell berechnet. Erst bei niedrigeren n spielt eine Variation des pK-Wertes eine Rolle. b) Die normierten Z*(T) mit Partikeleinfluss, blaue Kurvenschar, stimmen besser mit der theoretischen Vorhersage, rote Symbole, überein. pK=2 (geschlossene Symbole) verwendet. Die resultierenden effektiven Ladungen werden in Abb.(7.17.) und Abb.(7.18.) dargestellt. Wie zu erwarten war geht Z* durch ein Minimum, wenn der Volumenbruch Φ erhöht wird, siehe Abb.(7.18.). Bei geringen Φ werden die Berechnungen sensibel gegenüber leichten Änderungen der Eingabeparameter. So führt ein größerer pK zu einer kleineren Ladung Z und folglich zu einem kleineren 1500 PnBAPS122 Z* 1000 PnBAPS68 500 0 0,00 0,01 Φ 0,02 Abb.7.18. Hier wird die Volumenbruchabhängigkeit des gemessenen Z*(n,T) für 21C° gezeigt. Bei beiden Partikelsorten, sowohl mit (geschlossene Symbole) als auch ohne Partikelbeitrag (offene Symbole) ist Z* innerhalb des Fehlerbereichs unabhängig von n. Die PnBAPS122- Daten liegen oberhalb der PnBAPS68Daten. Der theoretische Verlauf Z*PBC, Punktlinie, liegt im Vergleich etwas zu niedrig. 172 7. Tragen die Partikel zur Leitfähigkeit bei? Z* als der gesättigte Wert Z*max. Bei höheren Volumenbrüchen ist die effektive Ladung gesättigt und daher unabhängig vom pK-Wert. Wichtig ist, dass in allen Fällen eine Abnahme von Z* mit T in Abb. (7.17.a) zu sehen ist. Um diesen Effekt explizit zu studieren, wurden die numerischen Daten für pK=0,5 durch ihren Wert bei 5°C normalisiert. Die Temperaturabhängigkeit ist fast linear und wird etwas schwächer mit zunehmendem Volumenbruch. In Abb.(7.17.b) werden diese mit den experimentellen Daten verglichen. Die experimentellen Temperaturabhängigkeiten sind etwas stärker (signifikant schwächer) als die numerischen für den Fall, dass die Auswertung mit (ohne) Partikelbeitrag durchgeführt wurde. Mit Partikelbeitrag ist eine qualitative Übereinstimmung im Bereich kleiner Volumenbrüche zu beobachten. Mit steigendem Volumenbruch ist die T-Abhängigkeit weniger stark ausgebildet. Bei hohen Volumenbrüchen wird eine fast quantitative Übereinstimmung zwischen numerischen und experimentellen Daten erreicht. Dies unterstützt die Gültigkeit des Hessingermodells und der Notwendigkeit, den Beitrag der Partikel zur Leitfähigkeit zu berücksichtigen. In Abb.(7.18.) werden die verschiedenen Resultate ermittelt mit Fit I für Z* bei T=21°C in Abhängigkeit vom Volumenbruch dargestellt. Gezeigt werden die Daten ohne Partikelbeitrag (offen Symbole), mit Partikelbeitrag (geschlossene Symbole) und mit Partikelbeitrag und Salzkonzentration als zusätzlicher freier Parameter (offene Dreiecke). Für den letzteren Fall findet man um die cB=2⋅10-7mol l-1, welcher die Datenpunkte der PnBAPS122 bei höheren Volumenbrüchen unverändert lässt, während er die Datenpunkte bei kleinen Volumenbrüchen nach unten korrigiert. Daher kann die Zunahme von Z* mit abnehmenden Φ aufgrund der vorhergesagten Divergenz von Z* sein. Andererseits kann sie genauso gut durch die Background-Salzkonzentration erklärt werden. Die Daten, gemessen bei geringen Volumenbrüchen, unterliegen vergleichbar großen systematischen Unsicherheiten, die von unbekannten Elektolytkonzentrationen und ansteigender Ungenauigkeit in n stammen. Eine kleine Veränderung von n kann, innerhalb der Fehler, den Kurvenverlauf in dieser Region von einer positiven Krümmung zu einer negativen verändern. Es kann daher, innerhalb der Fehlergenauigkeit, Z* als konstant betrachtet werden. Eine bessere Auflösung bei kleinen n ist von Nöten, wenn der Partikelbeitrag zur Leitfähigkeit in derselben Größenordnung wie die des Background-Elektrolyten ist und folglich präparationelle Schwierigkeiten zu vergleichbar großen Unsicherheiten führen, um in Zukunft dieses Problem zu lösen. Die in Abb.(7.18.) angegebenen Fehlerbalken für Z* wurden nach dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz bestimmt. Fehlerangaben der Parameter, von denen Z* abhängt, findet man in Kapitel 4.3 und 5.3. 8. Resumee und Ausblick 173 8. Resumee und Ausblick In dieser Arbeit wurde das Fliessverhalten kolloidaler Suspensionen in elektrischen Feldern untersucht. Die verwendeten Suspensionen waren in Wasser dispergierte, elektrostatisch stabilisierte Poly-n-Butylacrylamid-Polystyrol Co-Polymerpartikel, PnBAPS68 und PnBAPS122, bzw. Polystyrolpartikel, PS301. Insbesondere die erste Partikelsorte, PnBAPS68, hat den großen Vorteil einer sehr geringen Turbidität, wodurch Messungen weit in der kristallinen Phase möglich waren. Zur Bestimmung der Partikelgeschwindigkeit wurde eine Laser Doppler Velocimetrie (LDV) aufgebaut, einschließlich Experimentsteuerung und Auswertung. Es wurde die superheterodyne Referenzstrahlmethode verwendet. In dieser wird das gestreute Licht mit dem Referenzstrahl überlagert und die so entstehende Schwebung detektiert. Durch den Einsatz der Braggzellen wird das heterodyne Spektrum um 1 bzw. 2kHz verschoben. Hierdurch war es zum ersten Mal möglich das DC-Spektrum, gemessen bei nur einer Bewegungsrichtung, ohne größere störende Effekte aufzunehmen. Die Ausnahme bildet der Braggpeak bei 1 bzw. 2kHz. Ohne Frequenzverschiebung ist eine Auswertung der Spektren wegen der Überlagerung des Spektrums mit seinem Spiegelbild, dies ist das an der 0Hz–Achse gespiegelte Spektrum, und dem Einfluss der homodynen Streuung nicht möglich. Die superheterodynen Spektren der fluiden Phase entsprachen exakt den theoretischen Berechnungen und konnten mittels eines Fitprogramms, das in Visual C++ geschrieben wurde, ausgewertet werden. Da Mobilität, Leitfähigkeit, aber auch der Phasenzustand empfindlich von den Zustandsgrößen Partikelzahldichte und Salzgehalt abhängen, war es für die Auswertung und Interpretation der gemessenen Spektren wichtig diese Größen möglichst exakt zu bestimmen. Um die Suspension in einem wohl definierten Phasenzustand einzustellen, wurde die Probenpräparation in einem Umpumpkreislauf durchgeführt. Mit diesem ist es möglich einen sehr niedrigen Fremdionengehalt von cs ≤ 2⋅10-7M zu erreichen. Alle Messungen wurden im voll entsalzten Zustand der Probe durchgeführt. Die Bestimmung des Restsalzgehaltes ist allerdings schwierig. Er kann abgeschätzt werden durch den Schnittpunkt der σ(n)- σ H 2 O Kurve mit der Y-Achse. Da hierzu die Eichkurve extrapoliert werden muss, vergrößert sich der Fehler von σ(0µm-3) - σ H 2 O = σB. Die Restsalzleitfähigkeit wird auf diese Weise auf σB= (0,122±0,09)µS cm-1 abgeschätzt. Die Partikelzahldichte n kann nicht gleichzeitig mit der Geschwindigkeitsmessung in der LDV- Apparatur bestimmt werden. Sie wurde separat in einer SLS- Apparatur gemessen. Der Kurvenverlauf von σ(n) für die PnBAPS68-Partikel wurde von P. Wette ermittelt. Dieser wurde als Eichkurve verwendet, um aus der Leitfähigkeit auf die Partikelzahldichte schließen zu können. Die Eichkurve wurde mehrmals durch Messungen an Standpräparationen und Verdünnungsreihen, ausgeführt an Proben aus dem Umpumpkreislauf der LDV- Apparatur, überprüft. Die Genauigkeit der n- 174 8. Resumee und Ausblick Bestimmung mittels Eichkurve kann je nach Konzentration auf 6-9% abgeschätzt werden. Das Fließverhalten wurde nur in einer Bewegungsrichtung, unter der f= 0HzBedingung, aufgenommen. Tatsächlich betrug die Wechselfeldfrequenz f=0,05Hz. Durch Ausmessen des Leitfähigkeitsmessbereichs der Elektrophoresezelle konnte der Einfluss der Elektrodenpolaristion unter diesen Messbedingungen überprüft werden. Die Polarisation hängt von der Ionenkonzentration und der Wechselfeldfrequenz ab. Der Leitfähigkeitsmessbereich wurde ausgemessen, in dem die Referenzleitfähigkeit der WTW-Zelle, σWTW, gegen den Leitwert aus der Elektrophoresezelle, GEZ, für verschiedene n, aufgetragen wird. Die Polarisation äußert sich in einem Abknicken des linearen Zusammenhangs von σWTW und GEZ. Entsprechend kann der effektive Elektrodenabstand, deff, den man aus dem Verhältnis von σWTW und GEZ erhält, im linearen Bereich gemessen werden. Die Messungen zeigten, dass bei den verwendeten Konzentrationen keine Polarisationseffekte zu erwarten sind. Auch Langzeit-DCMessungen zeigten, dass sich Polarisationseffekte erst nach 1-2min bemerkbar machten. Zur Messung des Fließprofils wurde eine rechteckige Flachzelle der Firma Rank Brothers verwendet, (X; Y; Z)= (1; 10; 40)mm. In dieser Zellgeometrie kann man elektroosmotische Einflüsse nicht verhindern. Aufgrund der elektrostatisch negativ geladenen Quarzglaswände der Zelle bildet sich an der Glaswand eine Doppelschicht aus. In elektrischen Feldern entsteht daraufhin in einer geschlossenen Zelle ein parabelförmiges Geschwindigkeitsprofil des Mediums, das mit der konstanten Geschwindigkeit der Partikel überlagert werden muss. Das Geschwindigkeitsprofil nicht wechselwirkender Partikel ist daher ebenfalls parabelförmig. Theoretisch lässt sich die Geschwindigkeitsverteilung nicht wechselwirkender Partikel in der Zelltiefe, das ist die X-Richtung, am Ort Y=0mm berechnen. Komagata [38] hat dies für eine rechteckige Zelle, in der die Wände in beiden Raumrichtungen X und Y berücksichtigt werden müssen, getan. Diese Geschwindigkeitsverteilung kann durch ein in X-Richtung integral gemessenes Frequenzspektrum, das in der ungeordenten aber auch in der fluiden Phase gemessen wurde, bestätigt werden. In der kristallinen Phase dagegen ist der Einfluss der Elektroosmose nicht offensichtlich. Es kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob das elektroosmotische Profil immer noch parabolisch ist, weil das Medium durch Kanäle des porösen, kristallinen Materials fließt. Da die integral gemessenen Spektren ein anderes Aussehen haben als die fluiden, kann die fluide Auswertungsmethode hier nicht verwendet werden. Kristalline Spektren werden dominiert von einem scharfen Peak, der von einem Blockfluss im Mittenbereich der Zelle stammt, und einen Beitrag bei kleineren Frequenzen, der vom Wandbereich herrührt. Der Beitrag aus dem Wandbereich hat je nach Partikelzahldichte ein anderes Aussehen. Während er bei n<60µm-3 vorwiegend plateauartig ist, was einem linear ansteigenden Geschwindigkeitsprofil entspricht, treten 8. Resumee und Ausblick 175 bei höheren n Peaks in der Nähe des Frequenznullpunktes auf, was als immobilen Wandkristall interpretiert werden muss. Über die ortsaufgelöste Messmethode ist man in der Lage die Beiträge des integralen Spektrums zu lokalisieren. Man gewinnt eine obere Abschätzung für die Größe des Wandbereichs. Die Messung des Wandbereichs wird beschränkt durch das örtliche Auflösungsvermögen von 70µm. In der Nähe des Phasenübergangs, wo die Größe des Wandbereichs zunimmt, ist die ortsaufgelöste Messmethode auch quantitativ anwendbar. Integrale und ortsaufgelöste Methoden liefern hier übereinstimmende Werte für die mittlere Geschwindigkeit und die Größe des Wandbereichs dx., dx=160µm. Bei höheren Partikeldichten nimmt dx auf dx=60µm ab, bestimmt anhand von integralen Spektren, und kann in der ortsaufgelösten Methode nicht mehr aufgelöst werden. In der Zeitabhängigkeit des Fließprofils in der kristallinen Phase offenbart sich seine komplexe und vielfältige Natur. Die Zeitabhängigkeit ist eine Folge der elastischen und plastischen Eigenschaften des kristallinen Materials. Insgesamt kann das Zeitverhalten in 3 Zeitskalen unterteilt werden. 1.) Das Kurzzeitverhalten, in dem der parabolische Initialfluss und das Aufblinken der Kristallite unter dem Polarisationsmikroskop nach jeder Bewegungsumkehr auftritt, t≤100msec. Der Übergang vom Initialfluss in das Zeitregime des Blockflusses dauert t=1-2sec. 2.) Der Blockfluss ist für die Dauer einer Bewegungsrichtung stabil. Nach ca. 10min Betätigung eines E-Feldes von z.B. E=57Vcm-1 und f=0,05Hz beginnt aber die Kanalverengung. 3.) Zeitregime der Kanalverengung tritt sowohl in X- wie in Y-Richtung auf. Innerhalb t= 1h bildet sich in Y-Richtung eine immobile Kristalllage in Wandnähe aus, die durch eine lange Trennlinie von dem mit zunehmender Verengung schneller fließenden Blockfluss in der Zellmitte getrennt ist. Während sich im Laufe der Zeit die Trennlinie immer weiter zelleinwärts verschiebt, bis zu Y=3mm (Y=0mm entspricht der Zellmitte), bleibt das Anfangszeitverhalten 1.) und 2.), d.h. Initialfluss und Blockfluss, im Kanalinneren erhalten. Das Kurzzeitverhalten ist auf elastische Effekte zurückzuführen. Während des Richtungswechsels blinken einige Kristallite auf, weil sie ihre Farbverteilung und Intensität ändern. Das geschieht, weil sich die Orientierung der Kristallstruktur umkehrt. Die Verspannung, die dieses verursacht, wird wahrscheinlich durch den elektroosmotischen Fluss in X-Richtung hervorgerufen, der innerhalb von 100µsec ausgebildet ist. Der Initialfluss ist ein Phänomen, das nur in Y-Richtung beobachtet wurde. Er tritt während jeder Bewegungsumkehr auf. Durch die Bewegungsumkehr wird der Gleichgewichtszustand des Kristallgitters gestört, d.h. der Kristall wird verspannt. Dies hat zur Folge, dass die Partikel in der Zeitskala des Initialflusses aufgrund der Elastizität des kristallinen Materials eine zusätzliche Kraft erfahren, die die Partikel zurück in einen Gleichgewichtszustand treibt. Im stationären Blockfluss hat sich dann der neue Gleichgewichtszustand eingestellt, womit die Kraft, die aus der 176 8. Resumee und Ausblick Verspannung resultierte und vom elektrostatischen Wechselwirkungspotenzial bestimmt wird, nicht mehr auftritt. Auch wenn das Spektrum in der Zeitskala des Initialflusses zeitabhängig ist, ist es möglich, die kristallinen Spektren als Geschwindigkeitsverteilungen zu deuten, wenn gewährleistet werden kann, dass das Fließprofil im Zeitraum der Messung stationär ist. Dies ist bei Wahl von kurzen Zeitfenstern auch im Initialfluss gegeben. Die Deutung der Spektren als Geschwindigkeitsverteilung muss aber auch noch aus einem anderen Grund überprüft werden. Das Vorhandensein von Struktur in fluiden oder kristallinen Proben kann sich auf zwei Arten auf das heterodyne Spektrum auswirken. a) Durch elastische Effekte ist es möglich, dass der Kristall auch in XRichtung periodisch verspannt wird. In den Spektren äußert sich dieser Kristallwackler als eine Modulation zwischen der periodischen Kristallschwingung und der elektrophoretischen Bewegung des Kristalls. In Spektren, in denen Kristallwackler auftreten, spaltet sich der Hauptpeak in Seitenpeaks auf, wodurch das Spektrum nicht mehr als Geschwindigkeitsverteilung gedeutet werden kann. Die Kristallwackler, die in dieser Arbeit beobachtet werden konnten, traten nicht sehr häufig auf und wurden verursacht durch äußere Vibrationen. b) Es ist nicht gesichert, dass in allen Zellbereichen stets kristalline Strukturen vorliegen. In Wandnähe besteht die Möglichkeit, dass die Kristalle durch die starke elektroosmotische Verscherung aufschmelzen. Es ist daher denkbar, dass durch die unterschiedlichen Strukturfaktoren fluider und kristalliner Materialien, die Streuintensität aus den verschiedenen Bereichen der Zelle beeinflusst wird. Es konnte allerdings experimentell gezeigt werden, dass fluide und kristalline Spektren bei gleicher Partikelzahldichte keinen Unterschied in der spektralen Leistungsdichte aufweisen. In der Nähe des Phasenübergangs ist es möglich, die Kristalle ab einer kritischen Feldstärke aufzuschmelzen. Die Auswertung der über das Spektrum integrierten spektralen Leistungsdichte ergab, dass sich die heterodyne Gesamtstreuintensität beim Übergang von der kristallinen Phase in die fluide Schmelze nicht ändert. Es wurde ebenfalls die integrierte, spektrale Leistungsdichte in Abhängigkeit von der Feldstärke bei verschiedenen Partikelzahldichten gemessen. Diese nimmt mit dem Feld zu. Die normierten Leistungsdichten kristalliner und fluider Spektren liegen dabei auf einer Masterkurve. Erste theoretische Berechnungen zeigten, dass die Struktur keinen Einfluss auf die Spektren nehmen sollte, außer wenn der Frequenzunterschied der sich überlagernden Streustrahlen kleiner als das Frequenzauflösungsvermögen des FFT-Analysators ist. Dies würde die experimentellen Beobachtungen erklären. Wenn die Spektren als Geschwindigkeitsverteilung gedeutet werden können, so ist die Partikelgeschwindigkeit auswertbar. In der fluiden Phase wird die Partikelgeschwindigkeit durch den Schwerpunkt des Fließprofils, in beiden Raumrichtungen, bestimmt. Aus diesem ermittelt man die Mobilität. Eine konsistente 8. Resumee und Ausblick 177 Vorgehensweise in der kristallinen Phase ist die experimentelle Mittelung. In der X-YMittelungsmethode kristalliner Spektren wird folgendermaßen vorgegangen: 1.) Die integralen Spektren, gemessen zwischen Y=0 und 5mm, werden basiskorrigiert. 2.) Die mittlere Geschwindigkeit eines Spektrums wird bestimmt über die Frequenz, die die Fläche des Spektrums halbiert. 3.) Die X-gemittelten Geschwindigkeiten werden gegen Y aufgetragen. Mit Hilfe des Mittelwertsatzes der Integralrechnung wird die mittlere Geschwindigkeit des Zellquerschnittes bestimmt. In den Aufschmelzexperimenten in elektrischen Feldern kann die Konsistenz der fluiden Auswertungsmethode nach Komagata und der kristallinen X-YMittelungsmethode überprüft werden. Bis zur kritischen Feldstärke bleibt die Probe noch kristallin, ab dieser Feldstärke schmelzen die Kristalle und das Spektrum hat fluides Aussehen. Die erwartete lineare Abhängigkeit zwischen Geschwindigkeit und EFeld ist auch während des Aufschmelzens gegeben, wenn die beiden Mittelungsmethoden in der jeweiligen Phase angewendet werden. Ebenfalls geht die µ(n) – Kurve der fluiden Phase nahtlos in die kristalline µ(n)- Kurve über, wenn die Mobilität über die mittlere Geschwindigkeit bestimmt wurde. Mit Hilfe der X-Y-Mittelungsmethode konnte nun die zeitliche Entwicklung der Partikelgeschwindigkeit aus den gemessenen Fließprofilen bestimmt werden. Die Auswertung aus den 3 Zeitskalen lieferte, dass die mittlere Geschwindigkeit trotz starker Veränderung der Fließprofile konstant bleibt. Dies zieht verschiedene Schlussfolgerungen nach sich: 1.) Die viskose Reibung in Wandnähe, hervorgerufen z.B. durch den starken elektroosmotischen Gegenfluss, hat keinen messbaren Einfluss auf die mittlere Geschwindigkeit. Denn die starke Zunahme der Geschwindigkeit in Wandnähe beim Übergang vom Initial- in den Blockfluss zeigt keine Auswirkung auf die mittlere Geschwindigkeit. Da mit Volumenbrüchen von maximal 2,4% gearbeitet wurde, erwartet man auch nach theoretischen Überlegungen keine hydrodynamischen Einflüsse. 2.) Die Kanalbildung ist ein Beleg für den Einfluss der Elektroosmose auf das kristalline Fließprofil. Die starke Geschwindigkeitszunahme im sich verengenden Kanal kann nur durch Elektroosmose erklärt werden. Dass sich die mittlere Geschwindigkeit nicht ändert, zeigt, dass der immobile Wandkristall nicht an der Wand haftet, sondern von der elektroosmotischen Gegenströmung, die genauso schnell ist wie die Partikel, gebremst wird. Da dies die erste systematische Mobilitätsmessung für kristallin geordnete Suspensionen ist, interessiert ein Vergleich mit der vorhandenen Theorie. Um die Mobilität theoretisch zu berechnen, wurde im ersten Schritt unter Verwendung des PBC-Modells [16, 17] und der von H. Reiber gemessenen titrierten Ladungen die * der PnBAPS68-Partikel in Abhängigkeit von n berechnet. Mit effektive Ladung Z PBC * lässt sich das Oberflächenpotenzial nach der Debye-Hückel-Näherung Hilfe Z PBC bestimmen, was dem ξ-Potenzial gleichgesetzt wird. Im Standard Modell der 178 8. Resumee und Ausblick Elektrokinetik (SEM) [5] wird dem ξ(κa)-Potenzial eine Mobilität µ(κa) zugeordnet. Der Vergleich zwischen der theoretisch berechneten Mobilität µtheo(κa) und den gemessenen Daten µexp(κa) zeigte quantitative Übereinstimmung. Dies ist ein Hinweis, dass in elektrophoretischen Experimenten die effektive Ladung gemessen wird. Problematisch bleibt, dass die SEM-Theorie gültig nur für den Einzelpartikelfall ist. Ihre Verwendung ist daher als eine Näherung unter Vernachlässigung aller Vielteilcheneffekte zu verstehen. Eine mögliche Interpretation der Messergebnisse ist, dass Vielteilcheneffekte und elektrostatische Wechselwirkungen keinen Einfluss nehmen auf die Partikelmobilität und sich die Partikel daher auch in strukturierten Suspensionen wie Einzelpartikel, umgeben von einer Wigner-Seitz-Zelle, bewegen. Den fehlenden Einfluss der Wechselwirkungen erkennt man ebenfalls in den fluiden Spektren, die denen von Komagata für den Einzelpartikelfall berechneten Spektren 1 zu 1 gleichen. Auch zeigt die Konstanz der mittleren Geschwindigkeit in allen Zeitabschnitten, dass die elastischen Effekte, die insbesondere in Y-Richtung im Initialfluss auftreten, aber auch die plastischen Effekte, die die Kanalverengung hervorrufen, keinen Einfluss auf die Partikelmobilität haben. Es wurden in dieser Arbeit 2 weitere Systeme untersucht. Die PnBAPS122-Partikel zeigen ein ganz anderes Fließverhalten als die PnBAPS68. Ihr kristallines Fließprofil ähnelt mehr dem eines fluiden. Initialfluss und Kanalverengung sind nicht oder kaum vorhanden. Somit fehlen die elastischen und plastischen Phänomene. Der µ(n)Kurvenverlauf folgt annähernd den theoretischen Vorhersagen von PBC und SEM. Problematisch sind die Ungewissheiten in der σ(n)-Eichkurve. Der Fremdsalzgehalt lag zu hoch, und die Steigung der Kurve variiert stärker als üblich. Wichtig wäre es die Eichkurve nochmals zu überprüfen mit Proben aus dem Umpumpkreislauf der LDVApparatur. Die PS301 wurden systematisch von M. Evers in Abhängigkeit von n untersucht. Er verwendete die Real-fringe-Methode und arbeitete bei Wechselfeldern von f=20Hz. Ein Vergleich der Messmethoden, f=20Hz- versus f=0Hz- Methode, zeigte, dass die Annahme, die Elektroosmose durch Wahl einer Wechselfeldfrequenz von 20Hz unterdrücken zu können, nicht korrekt ist. Die ursprünglichen Daten der PS301 Messung wurden daher mit dem Faktor 0,74 korrigiert. Evers fand in seinen Messungen einen Anstieg der Mobilität in der ungeordneten Phase und ein Plateau in der fluiden. Der Anstieg der Mobilität ist noch nicht geklärt. Da der Übergang in das Plateau erfolgt, wenn die Protonenanzahl, die vom Wasser stammt, mit der H+- Anzahl übereinstimmt, die von den Partikeln stammen, kann vermutet werden, dass die stark zunehmende Protonenzahl pro Partikel in der ungeordneten Phase dieses Phänomen erklären könnte. Sowohl bei den PnBASP68- als auch bei den PnBAPS122-Partikeln ist das Plateau in der hoch verdünnten fluiden Phase erkennbar, bevor die µ(n)- Kurve bei höheren n abfällt. Die ungeordnete Phase kann bei diesen Partikelsorten nicht mehr erreicht 8. Resumee und Ausblick 179 werden. Es kann vermutet werden, dass es einen universalen µ(n)- Kurvenverlauf gibt, in dem die Mobilität in der ungeordeneten Phase ansteigt, beim Übergang in die fluide Phase sättigt und während der fluiden und dann kristallinen Phase wieder abfällt. Leitfähigkeit und Mobilität haben einen engen auch in Formeln ausdrückbaren Zusammenhang. So kann die Mobilität über die Leitfähigkeit definiert werden. Der konzentrationsabhängige Verlauf der Leitfähigkeit ist gut bekannt und wurde als Eichkurve verwendet. Da die Partikelmobilität nur einen 20% Anteil an der Leitfähigkeit der Suspension haben kann, ist ihr Beitrag in einer σ(n)-Messung nicht nachzuweisen. So hat Schäfer [50] den Partikelbeitrag nicht berücksichtigt, während Hessinger [51] es tat. In einer DC-Langzeitmessung der Leitfähigkeit σ pol und der Partikelgeschwindigkeit ist es gelungen den Partikelbetrag nachzuweisen. Aufgrund der Konzentrationspolarisation der Zelle nimmt die Leitfähigkeit σ pol mit der Zeit stetig ab. Die Dielektrizitätskonstante ε wird durch die Bildung des Konzentrationsgradienten erhöht, wodurch die Kapazität der Zelle zunimmt. Die Elektrophoresezelle wird wie ein Kondensator aufgeladen, wodurch die Spannung steigt und der Strom sinkt. Dies führt zur Abnahme von σ pol . Parallel dazu sinkt die Partikelgeschwindigkeit. Wenn der Meniskus, der die partikelreiche Phase von der leeren Phase trennt, durch den flachen Teil der Zelle fließt, nimmt die σ pol sprunghaft ab, ebenso die Geschwindigkeit. Die Höhe des Sprungs kann eindeutig mit dem Beitrag der Partikel zur Leitfähigkeit identifiziert werden. Die Messung der Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit hat ebenfalls einen Nachweis des Partikelbeitrages und zusätzlich die Konzentrations- und Temperaturabhängigkeit von Zσ* erbracht. Die Temperaturabhängigkeiten aller Größen wurden aus der Literatur entnommen [97, 98] bis auf Z*(T). Die effektive Ladung Z*(T) wurde näherungsweise als Polynom 2.Ordnung geschrieben und im σ(T) –Fit als Fitparameter verwendet. In der Anpassung an die Daten wurden beide Fälle, mit Partikelbeitrag und ohne Partikelbeitrag, berücksichtigt. Es ergeben sich für die beiden Fälle unterschiedliche Verläufe des Fitparameters Z*(T), wobei Fall 1, mit Partikelbeitrag, den theoretischen Vorhersagen des PBC-Modells fast quantitativ entspricht. Z*(T) nimmt mit steigender Temperatur leicht ab. Die temperaturabhängigen Messungen wurden bei verschiedenen Partikelzahldichten, kristalline und fluide Phase, durchgeführt. Eine Auftragung von Z*(21°C, n) gegen n bestätigt die Konzentrationsunabhängigkeit von Zσ* , genauso wie es in Schermodulmessungen, * , gezeigt werden konnte. Allerdings steht die Konstanz von Z scher Konzentrationsunabhängigkeit von Z*(n) im Widerspruch zu den Voraussagen des PBC-Modells, nach dessen Angaben Z* durch ein Minimum laufen soll. Ausserdem * systematisch um 20% zu hoch. liegt Zσ* im Vergleich mit Z PBC 180 8. Resumee und Ausblick Ausblick Die weitergehende Untersuchung, die auf dem Stand dieser Arbeit aufbaut, könnte zwei Hauptrichtungen verfolgen. Das Ziel der einen Richtung a) wäre es, das Fließverhalten besser zu verstehen. Das Ziel der anderen b) wäre, das Verständnis der Elektrokinetik wechselwirkender und strukturierter, aber auch hoch verdünnter und voll entsalzter Systeme, voranzutreiben. a) Durch den Einsatz anderer Methoden wie Mikroskopie oder statische Lichtstreuung ließe sich das Phasenverhalten im Fließzustand besser untersuchen. Insbesondere die Fließmechanismen in Wandnähe sind hier von Interesse. Der Grund für die elastische Verspannung der Kristallite in der Zeiskala des Initialflusses könnte z.B. ein Abreißen des Kristalls von der Wand oder auch die Elektroosmose sein, die in Wandnähe sehr stark ist. Die Elektroosmose ist in der kristallinen Phase noch nicht sehr gut verstanden. Mit Hilfe von Tracerexperimenten, in denen markierte, ungeladene Partikel geringer Größe in die Suspension dazugegeben werden, könnte man das elektroosmotische Profil in porösen kristallinen Strukturen untersuchen. Weiterhin ist noch nicht verstanden unter welchen Bedingungen Kristallwackler, in denen der Kristall über einen längeren Zeitraum periodisch verspannt wird, auftreten können. b) Diese Arbeit erbrachte erste Hinweise, dass man mit Elektrophorese effektive Ladungen misst unabhängig von der Partikelzahldichte. Es ist zu zeigen, dass ein modifiziertes Standardmodell der Elektrokinetik, das Vielteilcheneffekte und Wechselwirkungen zwischen den Partikeln berücksichtigt, das experimentelle Ergebnis beschreiben kann. Es ist weiterhin unklar, ob die effektive Ladung konzentrationsunabhängig ist, wie es Schermodul- und Leitfähigkeitsmessungen im Rahmen der Messgenauigkeit zeigen, oder ob das PBC-Modell mit der Annahme recht hat, dass Z* von n abhängt. Die Mobilitätsmessung ergab hier keine eindeutige * * als auch ein konstantes Z MDA Aussage, da sowohl ein konzentrationsabhängiges Z PBC die Daten beschrieb. Auch ist zu klären, warum das Z* von der Art seiner Messung, über Schermodul, Elektrophorese oder Leitfähigkeit, abhängt. Der Mobilitätsverlauf bei niedrigen Volumenbrüchen ist noch nicht verstanden. Es ist zu klären, ob die Zunahme von µ mit der Partikelzahldichte z.B. durch anormale Oberflächenleitfähigkeit gedeutet werden kann. In weiteren Untersuchungen sollte außerdem überprüft werden, ob es einen generellen Mobilitätsverlauf µ(n) gibt. 9. Kurzzusammenfassung 181 9. Kurzzusammenfassung Das grundlegende Verständnis der Eigenschaften kolloidaler Partikel (typischer Durchmesser (10nm-1000nm) sind eine wichtige Voraussetzung zum gezielten Einsatz derartiger Materialien in vielfältigen medizinischen, biologischen und technischen Anwendungen. In dieser Arbeit wurden wässrige Suspensionen ladungsstabilisierter kolloidaler Partikel bezüglich ihres Verhaltens unter dem Einfluss elektrischer Felder untersucht. Insbesondere wurden die Transportgrößen elektrophoretische Mobilität und Leitfähigkeit über einen weiten Bereich von Partikelkonzentrationen studiert, um das individuelle Verhalten einzelner Partikel mit dem bisher nur wenig untersuchten kollektiven Verhalten von Partikelensemblen (und speziell auch von fluid oder kristallin geordneten Ensemblen) zu vergleichen. Dazu wurde ein super-heterodynes Dopplervelocimetrisches Lichtstreuexperiment mit integraler und lokaler Datenerfassung konzipiert und realsiert, das es erlaubt die Geschwindigkeit kolloidaler Partikel in elektrischen Feldern mit hoher Präzision und frei von niederfrequenten Störeffekten zu studieren. Das Experiment wurde zunächst erfolgreich im Bereich nicht- und fluid geordneter Suspensionen im Vergleich zum konventionellen heterodynen Verfahren getestet. Danach konnte mit diesem Gerät erstmals das elektrophoretische Verhalten von kristallin geordneten Suspensionen untersucht werden. Es wurde ein komplexes Fließverhalten beobachtet und ausführlich qualititativ dokumentiert. Dabei wurden bisher in diesem Zusammenhang noch nicht beobachtete Effekte wie Blockfluss, Scherbandbildung, Scherschmelzen oder elastische Resonanzen gefunden. Andererseits machte dieses Verhalten die Entwicklung einer neuen Auswertungsroutine für die elektrophoretische Mobilität im kristallinen Zustand notwendig, wozu die bekannte heterodyne Lichtstreutheorie auf den super-heterodynen Fall mit Verscherung erweitert werden musste. Dies wurde zunächst für nicht geordnete Systeme durchgeführt. Interessanterweise genügte diese genäherte Beschreibung jedoch um unter den gegebenen Versuchbedingungen auch das Lichtstreuverhalten gescherter kristalliner Systeme zu interpretieren. Damit konnte als weiteres wichtiges Resultat eine generelle Mobilitäts-Konzentrations-Kurve erhalten werden. Diese zeigt bei geringen Partikelkonzentrationen den bereits aus früheren Arbeiten bekannten Anstieg und bei mittleren Konzentrationen ein Plateau. Bei hohen Konzentrationen sinkt die Mobilität wieder ab. Zur Interpretation dieses Verhaltens in Richtung Partikelladung stehen derzeit nur Theorien für nicht wechselwirkende Partikel zur Verfügung. Wendet man diese an, so findet man eine überraschend gute Übereinstimmung der elektrophoretisch bestimmten Partikelladung Z*µ mit numerisch bestimmten effektiven Partikelladungen Z*PBC. Um dies näher zu verstehen, wurden weiter auch Messungen der Leitfähigkeit durchgeführt, aus der auf experimentellen Wege Effektivladungen Z*σ erhalten werden kann. Auch hier waren umfängliche Charakterisierungen der Methode mittels Messungen der Temperaturabhängigkeit notwendig, die erbrachten, dass Z*σ leicht mit der Temperatur abnimmt und im Gegensatz zu Z*PBC konzentrationsunabhängig ist. Im Rahmen gängiger Theorien sind diese Befunde im Detail nicht miteinander verträglich. Die vorliegende Arbeit hat jedoch mit einer Fülle von Einzelbeobachtungen und umfassenden, systematischen Messungen eine breite Datenbasis für die Entwicklung von weitergehenden, theoretischen Ansätzen zur Behandlung elektrokinetischer Eigenschaften geordneter Kolloidsuspensionen geschaffen. 182 10. Literaturverzeichnis 10. 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Fitprogramm für das integral gemessene Spektrum In diesem Abschnitt wird das in dieser Arbeit erstellte Fitprogramm vorgestellt. Im Mittelpunkt dieses Kapitels stehen die Beschreibung des Programmaufbaus und seine Benutzung. Zur Erstellung der Fitroutine wurde auf eine Programmiersprache zurückgegriffen, weil die Fitfunktion in integraler Form vorliegt. Zum einen konnte die Stammfunktion auch unter Hilfenahme von Mathcad nicht gefunden werden, zum anderen soll die Fitroutine später einmal um die Verbreiterungsmechanismen erweitert werden, um einen Zugang zur Ladungspolydispersität zu ermöglichen. Somit ist die numerische Integration der Fitfunktion der sinnvollere Weg, weil eine Erweiterung der Fitroutine innerhalb kurzer Zeit durchgeführt werden kann. Die Richtigkeit der verwendeten Fitfunktion und ihrer Ableitungen wurde mittels numerischer Kalkulationen in Mathcad überprüft, was in diesem Kapitel kurz dargestellt wird. Als zentrales Nachschlagewerk wurde Numerical Recipes in C von W.H. Press [35] verwendet. Geschrieben wurde das Programm mit dem Visual C++ Compiler von Microsoft. Der Sinn einer Ausgleichsgeraden, eines sogenannten Fits, ist, die gewünschten Parameter samt Fehler der Parameter zu gewinnen inklusive einer Angabe über die Güte des Fits. Dabei sind die Fehler keine Angaben über die Richtigkeit der Parameter, sondern geben Auskunft über die Wahrscheinlichkeit, dass die Daten den Parameterwerten entsprechen. Das Ziel der Least square Methode, der dieses Fitprogramm zugrunde liegt, ist die N Minimierung der Summe der Varianzen ∑[ y i= i − y ( xi ; a1...aM )]2 , wobei yi Datenpunkte sind und ai die Parameter. y(xi,ai) ist die Modellfunktion. Bei der Herleitung dieser least square Formel geht man davon aus, dass die Fehler der Datenpunkten yi normalverteilt, d.h. gaußverteilt, sind. Denn nach dem Zentralen Grenzwert Theorem konvergiert jede Verteilung in eine Gaußverteilung, wenn die Anzahl der Messpunkte pro Datenpunkt groß ist. Die Erfahrung zeigt aber, dass es in Messungen stets sogenannte Ausreißer gibt, die stärker abweichen als nach der Normalverteilung erlaubt. Diese können jede Kurvenanpassung zerstören. Denn da es nach der Gaußverteilung so unwahrscheinlich ist, dass so ein Ausrutscher auftritt, ist das Fitprogramm bereit die ganze Kurve zu verzerren, um sie in die Anpassung zu integrieren. Kann aber angenommen werden, dass die den Datenpunkten zugrunde liegende Statistik einer Gaußverteilung folgt, so wird die Wahrscheinlichkeit des Datensatzes folgendermaßen durch das Produkt der Wahrscheinlichkeiten eines jeden Punktes bestimmt: 11.1. Fitprogramm für das integral gemessene Spektrum N 1 y − y ( xi ) 2 P ∝ ∏ {exp[ − ( i ) ]Δy} σ 2 i =1 187 (A.1.) Maximierung von Gl.(A.1.) ist gleichbedeutend mit Minimierung des negativen Logarithmus von Gl.(A.1.): N ∑ i= [ yi − y ( xi ; a1...a M )]2 − N log Δy 2σ 2 (A.2.) Da die Anzahl der Datenpunkte N, die Standardabweichung σ und Δy, das die erlaubte Abweichung vom Mittelwert y angibt, Konstanten sind, erhält man die Least square Formel. Aus der Least square Formel gewinnt man die chi-square Formel, in dem man für jeden Datenpunkt eine eigene Standartabweichung σi annimmt: N χ 2 = ∑[ i =1 yi − y ( xi ; a1...a M ) σi ]2 (A.3.) χ2 ist eine Summe aus N normalverteiten Größen, jede normalisiert zu einer Einheitsvarianz. Da die Parameter a1-aM nicht unabhängig voneinander sind, sind dies auch nicht die Terme in der Summe. Die chi-square Verteilung hat daher N-M Freiheitsgrade. Der Mittelwert der χ2 -Statistik ist ν=N-M und ihre Standardabweichung ist √2ν. Ein guter Fit sollte daher ein χ2 von χ2 =ν haben. Ist χ2 zu groß, so ist entweder das Model falsch oder die σi wurden zu klein gewählt oder die Fehler sind nicht gaußverteilt. Da die Modelkurve in Gl.(A.3.) nichtlinear von den Parametern ai abhängt, kann das χ2 nur iterativ berechnet werden. Die gegebenen Startwerte werden dabei solange angepasst, bis sich das χ2 nur noch um einen nicht nennenswerten Betrag, z.B. 0,01, verringert. Eine Iteration bis zur Konvergenz ist unnötig, da das Minimum von χ2 nur eine statistische Abschätzung der Parameter sein kann. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn die Parameter in der Nähe des Minimums in einem flachen Tal komplizierter Topographie herumwandern. Speziell bei der hier verwendeten Iterationsmethode, Levenberg-Marquardt, kann dies auftreten. Dafür tendiert diese Methode dazu von möglichen Singularitäten Abstand zu halten. Sollte sie dennoch auf eine kleine Singularität treffen, wird dieser Iterationsschritt automatisch verworfen, wie weiter unten klar wird. Allgemein beruht die Iterationsmethode auf folgenden Überlegungen: In der Nähe des Minimums kann die χ2 -Funktion in eine Taylorreihe zweiter Ordnung entwickelt werden. r r r r r 1 r r r r χ 2 (a ) = χ 2 (ai ) − (a − ai ) ⋅ ∇χ 2 (ai ) + ( a − ai ) D ( a − ai ) (A.4.) 2 Daraus folgt: r r r r (A.5.) ∇χ 2 ( a ) = ∇χ 2 ( ai ) + D ( a − ai ) 11. Anhang 188 Da die χ2 -Funktion um den Parametervektor amin entwickelt werden soll, ist ihre erste r Ableitung Null, ∇χ 2 ( ai ) = 0 . D ist die Hess´sche Matrix der Ordnung MxM. Löst man Gl.(A.4.) nach ai auf, so erhält man den Iterationsalgorithmus: r r r amin = aalt + D −1[ −∇χ 2 ( aalt )] (A.6.) Leitet man Gl.(A.3.) nach den Parametern ak ab, die Ableitungen erster und zweiter Ordnung werden in Gl.(A.5.) gebraucht werden, so erhält man: r r N ∂χ 2 [ yi − y ( xi ; a )] ∂y ( xi ; a ) (A.7.) = −2 ∑ = −2 β k σ 2i ∂ak ∂ak i =1 r r r N ∂2χ 2 1 ∂y ( xi ; a ) ∂y ( xi ; a ) r ∂ 2 y ( xi ; a ) (A.8.) = 2∑ 2 [ − [ yi − y ( xi ; a )] ] = 2α kl ∂ak ∂al ∂ak ∂al ∂ak ∂al i =1 σ i Der zweite Term in Gl.(A.8.), der die Ableitung zweiter Ordnung enthält, kann vernachlässigt werden gegenüber dem Term mit Ableitung erster Ordnung. Zudem kann die normalverteilte Größe [yi-y(xi;a)] beide Vorzeichen annehmen, so dass sich der zweite Term teilweise herausmittelt. Der Algorithmus schreibt sich nun: M ∑α i =1 δ al = β k ;δ al = (aneu − al ) kl (A.9.) In einer starken Vereinfachung kann die Hess´sche Matrix αkl konstant gesetzt werden: ∂al = cons tan t ⋅ β l (A.10.) Die Iteration geht dann in großen Schritten voran. In der Nähe des Minimums aber ist dieser Algorithmus zu grob. Der Levenberg-Marquardt Algorithmus verbindet die beiden Versionen Gl.(A.9.) und Gl.(A.10.) miteinander. Weit vom Minimum entfernt arbeitet er mit Gl.(A.10.), da hier Gl.(A.9.) zu langsam ist und außerdem eine Taylorentwicklung bis zur zweiten Ordnung nur eine schlechte Nährung ist, variiert aber kontinuierlich zu Gl.(A.9.), wenn die Iteration dem Minimum näher kommt. Um die richtige Größenordnung der Konstanten in Gl.(A.10.) festzulegen, werden die Diagonaleinträge der Hess´schen Matrix αkk-1 genommen. Sie haben zudem auch die richtige Dimension. Ein weiterer Faktor λ ist frei wählbar und kann in der Nähe des Minimums Null gesetzt werden. Gl.(A.9.) lautet nun: λα ll ⋅ ∂al = β l (A.11.) Gl.(A.9.) und Gl.(A.10.) können kombiniert werden, in dem man α´ll = α ll (1 + λ ) und α´lk = α lk ;(l ≠ k ) setzt. Der Levenberg-Marquardt Algorithmus heißt dann also: M ∑α´ δ a i =1 kl l = βk (A.12.) Bei großem λ ist α´ diagonal dominiert und entspricht Gl.(A.10.). In dieser Form ist α´ positive definite und kann keine Singularitäten haben. Auf dem Weg zum Minimum 11.1. Fitprogramm für das integral gemessene Spektrum 189 von χ2 wird λ stets verkleinert. Sollte sich bei einem Iterationsschritt der Wert von χ2 wieder vergrößern, zum Beispiel durch eine lokale Singularität, so wird λ erhöht und statt der aktuellen Parameter die des vorhergehenden Iterationsschrittes genommen. Wie bereits oben erwähnt wurden die Modellfunktion und ihre Ableitungen nach den Parametern vE, vEO, D und A mit Mathcad überprüft. Alle Funktionen liegen in integraler Form vor. Hier zwei Beispiele : (A.13.) I S (ω, q) = −1 −1 vE +vEO ⎡ ⎤ v e⎤ ⎡ e ⎤ ⎡ Q2 D Q2 D ∫ e A⎢⎣ 4vEO(1+ 2) ⎥⎦ ⎢ − vE + vEK + EO2 ⎥⎦ ⎢⎣(ω − QvEK )2 + (Q2D)2 + (ω + QvEK )2 + (Q2D)2 ⎥⎦dvEK ⎣ vE −vEO 2 dIs (ω, q) = dvE d = dv E (A.14.) −1 −1 ⎡ ⎤ v EO e ⎤ ⎡ e ⎤ ⎡ Q2D Q2D + − + + 4 ( 1 ) A v v v + ⎢ ⎥ ∫ e ⎢⎣ EO 2 ⎥⎦ ⎢ E EK 2 ⎥ ⎢⎣ (ω − Qv EK ) 2 + (Q 2 D) 2 (ω + Qv EK ) 2 + (Q 2 D) 2 ⎥⎦ dv EK ⎣ ⎦ v E − v EO v E + v EO 2 Wie in Abb.(A.1.) zu sehen ist, stimmen die mit Mathcad numerisch berechneten 5 Integrale bei gleicher Festlegung der Parameterwerte sehr gut mit den numerischen Lösungen überein, die vom C++ Programm stammen. 0,004 0,016 Is(ω.θ) Fit Mathcad Fit Mathcad 0,000 dIs/dD I/b.E. 0,012 0,008 -0,004 0,004 -0,008 0,000 0 400 800 0 1200 1600 2000 400 800 ν/Hz 0,0008 ν/Hz 0,0006 Fit Mathcad Fit Mathcad 0,0000 dIs/dvE 0,0004 dIs/dvEO 1200 1600 2000 0,0000 -0,0006 -0,0012 -0,0004 -0,0018 0 400 800 1200 1600 2000 f/Hz 0 400 800 1200 1600 2000 ν/Hz Abb.A.1. a- d Überprüfung der im Fit benötigten Funktionen, rote Kurven, mittels Mathcad, schwarze Kurven. a) zeigt den Vergleich zwischen den Leistungsdichten. b) vergleicht zwischen den Ableitungen von IL nach D. c) vergleicht zwischen den Ableitungen von IL nach vEO. Und d) vergleicht zwischen den Ableitungen von IL nach vE. 11. Anhang 190 Die Bedienung des Fitprogramms läuft folgendermaßen ab: Nachdem in Origin eine Basiskorrektur durchgeführt wurde, diese besteht normalerweise im Abziehen eines konstanten Untergrundes, wird das Datenfile in das Programm geladen. Mit Run/Fit öffnet man das Parameterfenster, in dem man die Startwerte von A, D, vE, vEO und den Streuvektor q eingibt. Der Rechner ermittelt aus diesen Werten die Modellkurve und fragt in einem Wahlfenster, ob die Anpassung per Auge wiederholt werden soll oder ob das Fitfenster geöffnet werden kann. Im Fitfenster kann der Fitbereich und die Anzahl der Stützstellen eingegeben werden. Auch kann festgelegt werden, welche Parameter festgehalten werden sollen. Mit dem Fit-Button wird das Programm gestartet. In der Ergebnisanzeige wird der χ2-Wert angegeben und ob die Fitroutine beendet ist. In weiteren Anzeigen werden die Ergebnisse für die Parameter, die Parameterfehler und die Parameterabhängigkeiten angezeigt, die folgendermaßen berechnet werden: Die Standardabweichungen der Parameter sind die Wurzeln der Diagonaleinträge der Kovarianzmatrix Cov. Sie wird aus der Hess´schen Matrix α berechnet durch eine Inversion: Cov=α-1. Die Kovarianzen stehen in den Nicht-Diagonalplätzen von Cov. Normiert man die Kovarianz von den Parametern a und b mit den Standardabweichungen von a und b, so erhält man den Korrelationskoeffizienten r: r ( a , b) = Cov ( a, b) σ aσ b . (A.15.) Er nimmt Werte zwischen –1 und 1 an und gibt an wie hoch die Abhängigkeit zwischen den Parametern ist. Positive Werte von r bedeuten, dass die Fehler von a und b dasselbe Vorzeichen haben, negative Werte bedeuten, dass die Fehler antikorreliert sind. r= 0 heißt, dass a und b unkorreliert sind. Es ist zu beachten, dass die Fehlerangabe sehr stark vom gewählten Fehler des y-Wertes σi abhängt. Große (kleine) σi bedeuten kleines (großes) χ2 und das wiederum hat kleine (große) Parameterfehler zur Folge. Es ist daher stets zu überprüfen, ob das χ2 in einer vernünftigen Größenordnung liegt. Bei der Benutzung des Programms hat sich gezeigt, dass die Parameterfehler in einer akzeptablen Größenordnung liegen, z.B in Abb.(A.2.): vE=353,8±4,3µms-1; vEO=484,4±7,1µm s-1, D=5,1±0,45µm2s-1, bei einem χ2=32 (50 Stützstellen, 46 Freiheitsgrade). Auch die Abhängigkeiten zwischen den Parametern sind reproduzierbar bei jeder Messkurve. Bedenklich ist der hohe Wert r(vE,vEO)=91%. Alle anderen Korrelationen sind um einiges niedriger. Da die Anpassung an die Messkurve bereits jetzt sehr gut ist, wird die Einführung weiterer Parameter in die Modellfunktion, zur Bestimmung der feldabhängigen Verbreiterungen, 100%-tige Abhängigkeiten nach sich ziehen. Damit gäbe es nicht mehr eine exakte Lösung, sondern unendlich viele Parametervariationen, die alle zum selben Ergebnis führen. 11.1. Fitprogramm für das integral gemessene Spektrum 0,0025 IL/b.E. vE=353,8±4,3µm s -1 Daten Fit -1 0,0020 vEO=484,4±7,1µm s 0,0015 D=5,1±0,45µm2s r(vE,vEO)=91% 191 -1 r(vE,D)=-1% (bis zu -30% möglich) 0,0010 r(vEO,D)=-1% (bis zu -30% möglich) χ2=32 (46 Freiheitsgrade) 0,0005 0,0000 800 1200 1600 2000 2400 2800 ν/Hz Abb.A.2. Das integral gemessenen fluiden Spektrum einer PnBAPS68 Probe, schwarze Linie, wurde gemessen bei E=57,7Vcm-1, n=4,77µm-3 und Y=0mm. Es konnte eine sehr gute Übereinstimmung mit dem Fit, rote Linie gefunden werden. Um dieses Problem zu umgehen, müssen dann mehrere Spektren, bei unterschiedlichen Feldern aufgenommen, gleichzeitig angefittet werden, wobei der Diffusionswert bei allen Anpassungen derselbe sein muss. 11. Anhang 192 11.2. Liste physikalischer Symbole UKlem, Uzer: deff, dx: C: A: k: vE: vEO: vEK: Pv: D: γ& : + , μ p , μH μ counter + Klemmspannung, Zersetzungsspannung effektiver Elektrodenabstand, Ausdehnung des Wandbereichs in XRichtung Kapazität Querschnittsfläche Zellhöhe/Zellbreite Partikelgeschwindigkeit elektroosmotische Geschwindigkeit lokale Partikelgeschwindigkeit im elektroosmotischen Fließprofil Geschwindigkeitsverteilung Diffusion Scherrate : Mobilität der Gegenionen, der Partikel, der Protonen σ H O σB: Leitfähigkeit des Reinstwassers, Restsalzleitfähigkeit G: n, ni: cs : * Zσ* , Z scher , Z μ* : Leitwert Partikelzahldichte, Anzahldichte der Ionensorte i Salzkonzentration in mol/l effektive Ladungszahl aus der Leitfähigkeit, dem Schermodul, der 2 Z * PBC , Z * MDA Φ(r): ζ: rD, κ : kB: f: fw: TM: ΔωBragg : r r ki , k f : r q: Θ: r S( q ): P(q): IL: r g I (q , t ) : r g E (q , t ) : r SS( q ,t): SC: r GS ( R, t ) : : Mobilität theoretische effektive Ladungszahlen nach dem PBC- und dem MDAModell elektrostatisches Potenzial im Abstand r von der Partikeloberfläche Potenzial an der Scherschicht ε, ε0: Dielektrizitätskonstante, Feldkonstante Debyesche Abschirmlänge, Abschirmkonstante Boltzmannfaktor λ: Bjerrum-Länge Wechselfeldfrequenz Frequenzfenster des FFT Messdauer des FFT Frequenzverschiebung durch Braggzellen Wellenvektor des einfallenden Lichts, des gestreuten Lichts Streuvektor Streuwinkel Streufaktor Formfaktor spektrale Leistungsdichte Intensitätsautokorrelationsfunktion (IAKF) Feldautokorrelation FAKF Self-Intermediate Scattering Function oder Self Dynamic Structure Factor Collective Dynamic Structure Factor van-Hove Korrelationsfunktion 193 Danksagung Ich danke Professor Thomas Palberg für die Vergabe des interessanten Themas und für den Freiraum, den er mir in meiner Forschungstätigkeit gelassen hat. Unsere Diskussionen, die zu jeder Zeit möglich waren, haben zum Erfolg dieser Arbeit beigetragen. Der Arbeitsgruppe danke ich für die erfolgreiche Zusammenarbeit und Hilfsbereitschaft. Insbesondere danke ich hier Holger Reiber, der für mich die Titration der PnBAPS68-Partikel durchgeführt hat und Patrick Wette, von dem ich die Leitfähigkeitskurve σ(n) der PnBAPS68- und PnBAPS122-Partikel übernehmen konnte. Die Diskussionen mit Hajo Schöpe, Ralph Biehl und Ralf Niehüser haben mich in meiner Arbeit weitergebracht. Ein besonderer Dank gilt den Arbeitsgruppenmitgliedern, die an der temperaturabhängigen Leitfähigkeitsmessung beteiligt waren. Im besonderen Maße waren dies: Raquel Chulia Jordan, Holger Reiber, Hajo Schöpe und Thomas Palberg. Der Hauswerkstatt, insbesondere den Herrn Felzer, Wagner, Wolf und Becker, danke ich für die Konstruktion zahlreicher Linsen-, Sinusgitter- und Zellenhalter, Justagegeräte und einiges mehr. Dem Elektroniklabor und Herrn Bockius danke ich für den Bau einiger kleiner Geräte. Die unterhaltsamen Kaffee bzw. Teerunden in der Arbeitsgruppe Elmers werde ich in guter Erinnerung behalten. Abschließend möchte ich mich bei Natascha und meinen Eltern für den Rückhalt und die Unterstützung in all den Jahren bedanken. 194 Lebenslauf Martin Medebach Amendestrasse 108 13409 Berlin Persönlich Daten geb. am 11.08.1971 in Bad Neuenahr-Ahrweiler verheiratet Schule, Wehrdienst 08/1982- 06/1991 Gymnasium in Bad Neuenahr 10/1991- 10/1992 Wehrdienst Studium 10/1992- 06/1998 Studium der Physik an der Universität Bonn 06/1997- 06/1998 Diplomarbeit in Experimentalphysik: NMR mit polarisierten Protonen 10/1998-09/2000 Promotion am Institut für Physik der Johannes-Gutenberg Universität Mainz in der Arbeitsgruppe von Prof. Palberg: Thema: Mehrfachstreufreie Dynamische Lichtstreuung Weiterführung der Promotion in derselben Arbeitsgruppe mit dem Thema: Elektrokinetik konzentrierter kolloidaler Suspensionen 09/2000-heute 195 Veröffentlichungen M. Medebach, T. Palberg, J. Chem. Phys. 119, 3360-3370, ( 2003). Phenomenology of Colloidal Crystal Electrophoresis M. Medebach, T. Palberg, Colloid Surf. A 222, 175 – 183, (2003). Colloidal crystal Motion in Electric Fields M. Medebach, T. Palberg: Prog. Colloid Polym. Sci. 123, 260 – 263, (2004). Flashing of colloidal crystals in square wave electric fields M. Medebach, T. Palberg: J. Phys. Cond. Matter (submitted 2004) Electrophoretic mobility of electrostatically interacting colloidal spheres T. Palberg, M. Medebach, N. Garbow, M. Evers, A. Barreira Fontecha, H. Reiber, J. Phys. Cond. Matter (submitted 2004) Electrophoresis of model colloidal spheres in low salt aqueous suspension Martin Medebach, Raquel Chuliá Jordán, Holger Reiber, Hans-Joachim Schöpe, Ralf Biehl, Martin Evers, Dirk Hessinger, Julianna Olah, Thomas Palberg, Ernest Schönberger, Patrick Wette, J. Chem. Phys. ( submitted 2004) Temperature dependence of the low frequency conductivity of deionized aqueous suspensions of charged colloidal spheres M. Medebach, T. Palberg (in preparation) Mobilities of crystalline suspensions of charged spherical colloids M. Medebach, T. Palberg (in preparation) Comparison of electrophoretic flow behaviour of two colloidal systems 196 Tagungsbeiträge P — M. Medebach, T. Palberg: „Elektrophoretic Mobility in the colloidal crystal phase”, CODEF 2004, 28.3.-1.4.2004, Bonn P — M. Medebach, Th. Palberg, „Colloidal crystal motion in electric fields”, MWFZ-Tagung 6.6.2003 P — R. Ch. Jordan, M. Medebach, H. Reiber, H. J. Schöpe, M. Evers, D. Messinger, J. Olah, Th. Palberg, “Temperature dependence of the conductivity of colloidal dispersions at different particles densities”, MWFZ-Tagung 6.6.2003 P — Raquel chulia Jordan, M. Medebach, H. Reiber, T. Palberg: “Temperature dependence of the conductivity of colloidal suspensions at different particle densities” DPGFrühjahrstagung, Dresden, 24-28. 3. 2003; CPP 20.45. V — T. Palberg, M. Medebach, R. Biehl: “Weiche Materie hart behandelt: Kolloidale Kristalle unter mechanischer und elektrophoretischer Scherung“; DPGFrühjahrstagung, Dresden, 24-28. 3. 2003; DY 20.4. V — A. Barreira Fontecha, M. Medebach, H. J. Schöpe, T. Palberg: “Colloidal crystal motion and compression in electric fields”; SFB-TR6 Workshop on the Physics of colloidal Dispersions in External Fields; Naurod 3-5.3.2003.. P — M. Medebach, T. Palberg: “Colloidal crystal motion in electric fields (How to measure the mobility of a colloidal crystal)”;SFB-TR6 Workshop on the Physics of colloidal Dispersions in External Fields; Naurod 3-5.3.2003. P — Thomas Palberg, Martin Medebach, Ana Barreira-Fontecha: ”Experiments with Charged Collids in External Fields“, V LIQUIDS, Konstanz, 14. – 18.9.2002 P — Thomas Palberg, Hans Joachim Schöpe, Patrick Wette, Norbert Garbow, Martin Medebach: „Experimental Determination of Colloidal Effective Charges“,ELKIN 2002, Krakau (PL) 18.-22.8.2002. P — M. Medebach, T. Palberg: „Deformation and Plastic Flow of Colloidal Crystals in Electric Square Wave Fields“ ELKIN 2002, Krakau (PL) 18.-22.8.2002. V — M. Medebach, T. Palberg: „Fliessprofile kolloidaler Kristalle in elektrischen Rechteckfeldern“ DPG Frühjahrstagung, 11.-15.3.02 Regensburg¸ DY 28.3 P — T. Palberg, H. J. Schjöpe, P. Wette, M. Medebach: „Experimental determination of colloidal effective charges“DPG Frühjahrstagung, 11.-15.3.02 Regensburg¸ DY 46.19 P — M. Medebach, T. Palberg: “Behaviour of colloidal crystals in electric square wave fields”, Soft Matter Days, 13.-16.11.2001 Jülich P — M. Medebach, T. Palberg: „Behavior of colloidal crystals in a square wave electric field”, ECIS XV, 11.-17.9.2001, Coimbra, (P) P — Martin Medebach, Norbert Garbow, Martin Evers, Thomas Palberg: "Packing fraction effects in particle electrophoresis" Kolloidgesellschaftstagung Düsseldorf 2001. P — Martin Evers, Martin Medebach, Norbert Garbow, Jianing Liu, Thomas Palberg, Dirk Hessinger: “Conductivity of charged model colloids” ELKIN Dresden 2000. P: Poster V: Vortrag