Viewegs Fachbücher der Technik Elektrische Maschinen und Antriebe Lehr- und Arbeitsbuch Bearbeitet von Klaus Fuest, Peter Döring 1. Auflage 2004. Taschenbuch. X, 223 S. Paperback ISBN 978 3 528 54076 0 Format (B x L): 17 x 24 cm Weitere Fachgebiete > Technik > Energietechnik, Elektrotechnik > Elektrotechnik Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. 7.3 Betrachtungen zur Leistungselektronik 147 7.3.3.3 Gesteuerter Brückengleichrichter bei induktiv-ohmscher Last Die Schaltung nach Bild 7-37 zeigt eine vollgesteuerte Zweipuls-Brücken-Gleichrichterschaltung B2C mit ohmsch-induktiver Last. Für ohmsche Last ergibt sich das Liniendiagramm nach Bild 7-38. U ωt Uo UAV ωt U60 UAV α Θ α Θ ωt α=60° Bild 7-38 Liniendiagramm zu Bild 7-37 bei ohmscher Last (α = 0°; α = 60°) Bild 7-37 Vollgesteuerte B2C-Gleichrichterschaltung mit RL-Last Bei einem Phasenanschnittwinkel α = 0° ergibt sich die Spannung Uo mit dem arithmetischen Mittelwert UAV, wie er für eine ungesteuerte B2-Schaltung typisch ist. Bei einem Phasenanschnittwinkel α = 60° ergibt sich die Spannung U6o mit dem arithmetischen Mittelwert UAV, der deutlich unter dem Wert für eine ungesteuerte B2Schaltung zurückbleibt. Man kann also über den Anschnittwinkel den Wert der Gleichspannung steuern. Für eine ohmsch-induktive Last und einem Phasenanschnittwinkel α = 120° ergibt sich das Liniendiagramm nach Bild 7-39. Der Gleichstrom Id erreicht nicht die Stromkurve des eingeschwungenen Stromes I und somit ist der Strom im 1. Stromweg bereits erloschen, wenn der 2. Stromweg zündet. Als Folge treten Stromlücken auf, deren Breite von den Werten der Last und dem Phasenanschnittwinkel abhängen. U,I U2 U,I I Id 360° α = 120° U2 ωt I = Id α=ϕ Bild 7-39 Liniendiagramm B2C-Schaltung mit α = 120° ωt Bild 7-40 Liniendiagramm B2C-Schaltung α = ϕ Wird der Phasenanschnittwinkel α gleich dem Phasenverschiebungswinkel ϕ , so ergibt sich ein Liniendiagramm nach Bild 7-40. Der Gleichstrom Id besteht aus Sinusbögen, die Stromlücken sind auf Null geschrumpft. Eine weitere Verkleinerung der Phasen- 148 7 Elektronische Antriebstechnik anschnittwinkel führt zur Überschneidung der Stromverläufe, d. h. zum nichtlückenden (kommutierenden) Betrieb nach Bild 7-41. Auswahlkriterien: URRM = 2 · U2 = US IFAVM = 2 · ID = periodische Spitzensperrspannung 2 · IL/2 periodischer Spitzendurchlassstrom Geht der Laststrom von einem Stromweg auf einen anderen Stromweg über, ohne dass vorher der Strom im abgebenden Ventil Null geworden ist, so bezeichnet man diesen Vorgang als Kommutierung. Je nach Ursache spricht man von netzgeführten oder lastgeführten Stromrichtern; zusammen bilden sie die Gruppe der fremd geführten Stromrichter. Die Ausgangsspannung Ud des vollgesteuerten B2-Stromrichters (B2C) hängt nicht nur vom Phasenanschnittwinkel α, sondern auch von der Lastart ab. Bei den Lastarten unterscheide man zwischen Widerstandslast, induktiver Last und aktiver Last. Unter aktiver Last ist das Betreiben eines Stromrichters auf eine Gegenspannung (Akkumulator oder induzierte Spannung Uo eines Gleichstrommotors) zu verstehen. Die lastabhängigen Steuerkennlinien nach Bild 7-42 beschreiben das Verhältnis von gesteuerter Gleichspannung Udα zu ungesteuerter Gleichspannung Udo bei verschiedenen Lastarten. Man erkennt, dass die Ausgangsspannung Udα bei idealer induktiver Last bei einem Phasenanschnittwinkel α = 90° zu Null wird. Wird der Phasenanschnittwinkel α > 90° bei aktiver Last, so geht der B2-Stromrichter (B2C) in den lastgeführten Wechselrichterbetrieb über. Dieser Vorgang ist wichtig und wird an der M3C-Gleichrichterschaltung erläutert. I1 /mA U/V 8 0 20 6 u1 4 Induktive Last 10 i1 2 Widerstandslast Induktive Last 0 -0,5 0 -2 Aktive Last -10 -4 -6 -8 -20 0 10 20 30 40 t/ms 50 Bild 7-41 B2C-Schaltung bei α = 0° mit Stromglättung durch ohmsch-induktive Last α -1,0 Θ 0 15 30 45 60 75 90 105 120 135 150 165 180 0 180 165 150 135 120 105 90 75 60 45 30 15 Bild 7-42 Steuerkennlinien einer B2CSchaltung Die Gleichspannung errechnet sich • bei ohmscher Last U AVα = U diα = US π (1 + cosα ) U AVα = U diα = • bei ohmsch-induktiver Last (δ = α → lückfreier Betrieb) Wechselrichterbetrieb 0,5 Gleichrichterbetrieb 1,0 Udα Udo U AV (1 + cosα ) 2 7.3 Betrachtungen zur Leistungselektronik U AVα = U diα = 149 2U S U (cos δ + cosα ) = S 2 cosα 2π π U AVα = U diα = U AV cosα lückender Betrieb, wenn α > ϕ nicht lückender Betrieb, wenn α ≤ ϕ Ventilspannung URRM > 1,1 · k · US Ventilstrom IT = IAV / 2 Bild 7-43 Halb gesteuerter Stromrichter (B2HK) Halbgesteuerte Stromrichter entsprechend den Schaltungen in Bild 7-43 (B2HK) und in Bild 7-44 (B2HZ) können nur als Gleichrichter eingesetzt werden, da die Dioden zu bestimmten Zeiten wie Freilaufdioden wirken, so dass die Polarität der Gleichspannung Ud nicht negativ werden kann, reduzieren jedoch die Blindleistung um die Hälfte. Für die Drehzahlsteuerung von Gleichstrommotoren geringer Leistung ohne Nutzbremsung können diese Schaltungen verwendet werden. Bild 7-44 Halb gesteuerter Stromrichter (B2HZ) Die Gleichspannung (arithmetischer Mittelwert) errechnet sich zu U AV = U di = 0,9U 2 U U AVα = U diα = AV (1 + cosα ) 2 7.3.3.4 Gesteuerte Dreipulsmittelpunktschaltung bei induktiv-ohmscher Last Bei großen Gleichstromleistungen wird der Gleichstrom dem Drehstromnetz entnommen. Hier sollen nur beispielhaft die M3C-Gleichrichterschaltung (vollgesteuerte Dreipulsmit- 150 7 Elektronische Antriebstechnik telpunktschaltung) und die vollgesteuerte Sechspulsbrückengleichrichterschaltung (B6C) besprochen werden. Bild 7-45 zeigt eine M3C-Schaltung mit ohmsch-induktiver Last an einem Dy-Transformator mit herausgezogenem Sternpunkt. Bei einem Phasenanschnittwinkel α = 0° arbeitet diese Schaltung quasi als ungesteuerter Gleichrichter M3 (Thyristoren durch Dioden ersetzt). Es ist immer das Stromventil leitend, dessen Anoden-Katoden-Spannung das positivste Potenzial besitzt. Bei idealer Stromglättung ergeben sich Stromblöcke mit einer Länge von 120°, während die Gleichspannung Ud nur eine sehr geringe Welligkeit aufweist. Bild 7-45 Vollgesteuerte Dreipulsmittelpunktschaltung M3C mit ohmsch-induktiver Last Bei rein ohmscher Last können die Thyristoren V1 bis V3 erst 30° nach dem Nulldurchgang der Sternspannungen gezündet werden, da erst dann die Ventilspannungen positiv werden. Ein Impulssteuergerät muss je Periode drei um 120° phasenverschobene Impulse an die Gates liefern. Bei einem Phasenanschnittwinkel α ≤ 30° arbeitet diese Schaltung bei ohmscher Last nach Bild 7-46 im nichtlückenden Betrieb, bei einem Phasenanschnittwinkel 30° ≤ α ≤ 150° dagegen im lückenden Betrieb. Ud Ud 180° 30° 360° ωt α 30° α 180° 360° ωt 150° Bild 7-46 M3C-Schaltung bei nichtlückendem Betrieb Bild 7-47 M3C-Schaltung bei lückendem Betrieb Ist die Induktivität L nach Bild 7-45 ausreichend groß, so wird Id vollständig geglättet und es treten keine Lücken auf. Die Gleichspannung errechnet sich • bei nicht lückendem Betrieb und ohmscher Last für 0° ≤ α ≤ 30° U AVα = U diα = 3 3 US 2π cosα = U AV ⋅ cosα 7.3 Betrachtungen zur Leistungselektronik 151 • bei lückendem Betrieb und ohmscher Last für 30° ≤ α ≤ 150° U AVα = U diα = 3U S [1 + cos(α + 30°)] = U AV [1 + cos(α + 30°)] 2π 3 • bei ohmsch-induktiver Last und lückfreiem Betrieb (vollständig geglätteter Strom aufgrund der Glättungsdrossel) U AVα = U diα = Auswahlkriterien: 3 US cosα = U AV ⋅ cosα 2π URRM = 6 ◊ U S URRM > 1,1 · k · √6 · US IFAVM = periodische Spitzensperrspannung 2 ◊ ID = 2 ◊ IL / 3 periodischer Spitzendurchlassstrom Bild 7-48 zeigt den Verlauf von Ud (ω t) bei α1 = 0°, α2 = 30°, α3 = 60° und α4 = 90° im Gleichrichterbetrieb. Die Spannung Udα wird bei α4 = 90° zu Null. Bei gleicher Richtung von Strom und Spannung wird eine Gleichstrommaschine als Motor betrieben. Wird der Phasenanschnittwinkel α > 90°, so wird die Spannung Udα negativ. Nun kann sich zwar die Spannung Udα umpolen, nicht jedoch der Strom Id aufgrund der Stromventile. Die Schaltung geht in den Wechselrichterbetrieb über. Die bestehenden Strom- und Spannungsverhältnisse sind nur möglich, wenn die angeschlossene Last eine aktive Last ist. Bei unterschiedlichen Richtungen von Strom und Spannung wird die Gleichstrommaschine als Generator betrieben. Die nunmehr von der Maschine im Bremsbetrieb erzeugte Energie wird ins Netz zurückgespeist (Nutzbremsung). Die Schaltung funktioniert nur in dieser Weise, wenn weiterhin das Dreistromnetz angeschlossen ist, da durch diese das periodische Schalten der Thyristoren mitbestimmt wird. Es handelt sich hier um einen netzgeführten Wechselrichter. Aufgrund der nicht unendlich kurzen Kommutierungszeit und der Freiwerdezeit der Stromventile kann der Phasenanschnittwinkel nicht auf α = 180° ausgedehnt werden. Bei Erreichen der sog. Wechselrichtergrenze erlangen die Thyristoren ihre Sperrfähigkeit nicht rechtzeitig wieder, so dass mehrere Thyristoren gleichzeitig noch leitend sind. Dieser Umstand soll hier nicht weiter vertieft werden. Wechselrichterbetrieb Gleichrichterbetrieb α = 30° α = 0° U 1 30° 2 3 α = 90° α = 60° 1 2 3 1 α = 150° α = 120° 2 3 1 2 3 1 ωt Bild 7-48 Verlauf der Verbraucherspannung bei verschiedenen Phasenanschnittwinkeln und Übergang vom Gleichrichter- in den Wechselrichterbetrieb 152 7 Elektronische Antriebstechnik Das Erreichen der Wechselrichtergrenze führt zu einem sprungartigen Verändern der Ausgangsspannung, wie in Bild 7-48 für α = 165° dargestellt ist. Dieser Vorgang wird Wechselrichterkippen genannt. Der maximale Anschnittwinkel wird häufig auf αmax = 150° durch den Betreiber eingestellt. Udα UL2N U L1N UL3N ωt α = 120° 120° 135° 150° 165° Bild 7-49 Fremdgeführter Wechselrichterbetrieb mit Kippvorgang bei α = 165° 7.3.3.5 Gesteuerte Drehstrombrückenschaltung bei induktiv-ohmscher Last Die vollgesteuerte Sechspulsbrückenschaltung B6C nach Bild 7-50 ist auch hinsichtlich Welligkeit und Transformatortypenleistung vorteilhafter als die M3C-Schaltung. Da hier ein Sternpunkt nicht erforderlich ist (in der Schaltung nach Bild 7-45 führt er den gesamten Strom Id) wird diese Schaltung bei höheren Leistungen fast immer verwendet. Bild 7-50 Vollgesteuerte B6C-Schaltung mit ohmsch-induktiver Last Die lastabhängige Steuerkennlinie eines B6C-Stromrichters zeigt Bild 7-51. Die Steuerkurven bei rein induktiver bzw. ohmscher Last liegen in weiten Bereichen übereinander.