Koordinierungsstelle für Lesben, Schwule und Trans* Stadtverordneter Manuel Stock, GRÜNE: Ziel des Frankfurter Integrations- und Diversitätskonzepts ist eine diskriminierungsfreie Stadt für alle Menschen. Die im Amt für multikulturelle Angelegenheiten angesiedelte Koordinierungsstelle zum Thema Lesben, Schwule und Trans* ist seit Ende letzten Jahres besetzt. Ich frage den Magistrat: Wie ist die Arbeit der neuen Stelle angelaufen, und ist zur Einbindung der Community auch die Einrichtung eines Beirats geplant? Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf: Die Frage beantwortet Frau Stadträtin Dr. Eskandari-Grünberg. Bitte! Stadträtin Dr. Nargess Eskandari-Grünberg: Sehr verehrter Herr Vorsteher, sehr verehrter Herr Stadtverordneter Stock! Die Menschen in Frankfurt sind vor allem eines: unterschiedlich an Alter, Lebensgeschichte und Berufsbewegungen, aber auch an Möglichkeiten, Überzeugungen, Interessen und auch ihrem Sexgefühl. In allen Gruppen finden Sie lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, intersexuelle und queere Menschen. Die Frankfurter LSBTIQ-Communitys sind so bunt, wie die Lebensentwürfe der Menschen in unserer Stadt. Der Magistrat verfolgt das Ziel, Frankfurt zu einer für alle liebenswerten Stadt zu machen. Deshalb arbeitet der Magistrat mit der neuen Koordinierungsstelle daran, ein offenes Klima für alle Bevölkerungsgruppen zu schaffen, denn immer noch teilen die LSBTIQ-Communitys Erfahrungen von gesellschaftlicher Diskriminierung und Ausgrenzung in allen Bereichen, vor allem in beruflichen, aber auch in privaten. Besonders betroffen sind oftmals durch Mehrfachdiskriminierung diejenigen, die aufgrund ihres Alters, ihres Geschlechtes, ihrer Herkunft, ihrer sozialen Lage, einer Behinderung, ihrer religiösen Zugehörigkeit oder auch ihres Aussehens ohnehin wenig Chancen haben, am gesellschaftlichen Leben der Stadt teilzuhaben. Die neue Koordinierungsstelle setzt Impulse sowohl innerhalb der Stadtverwaltung als auch in der Öffentlichkeit in den verschiedenen Communitys. Die Stelle ist mit zwei Teilzeitkräften besetzt. Wir haben am 1. Januar 2016 die Arbeit aufgenommen. Die ersten Wochen waren durch gezielte Kontaktaufnahme zu den sehr verschiedenen LSBTIQ‑Communitys geprägt. Die Resonanz war und ist durchgehend sehr positiv. Dabei wurde erneut deutlich, wie vielschichtig und unterschiedlich die Lebenslagen von LSBTIQ‑Personen sind. Ein wichtiges Ziel der Koordinierungsstelle ist es, die Lebenslagen und Perspektiven möglichst vieler dieser Personen sichtbar zu machen und sie durch Beratungs- und Vernetzungsarbeit immer zu unterstützen. (Beifall) Über das weitere Spektrum an Aufgaben, das von Bildungsfragen über Wohnen, Freizeit, Familie, Arbeitsplatz, Recht und Verwaltung bis hin zu Flucht und Asyl reicht, sehen wir auch einen Mangel an Informationen. Darum haben wir kürzlich einen Flyer mit Informationen hierzu herausgegeben. Über dieses Spektrum hinaus und die Anzahl unterschiedlicher Lebenslagen hat das AmkA zu einer gut besuchten Veranstaltung mit dem sehr demonstrativen Titel .Darüber möchten wir reden. am 18. Februar dieses Jahres in die Brotfabrik eingeladen. Ich glaube, auch heute ist es wichtig, in diesem Parlament wirklich offen darüber zu reden. Bereits im Rahmen der Buchmesse hatte seitens des AmkA am 12. Oktober 2015 eine Veranstaltung in Kooperation mit einem großen Warenverlag stattgefunden. Der Jahreskalender des AmkA wurde in diesem Jahr durch wichtige Gedenktage und Bilder aus dem LSBTIQ‑Bereich ergänzt. (Beifall) Zur Bearbeitung der unterschiedlichen Problemlagen ist die Einrichtung mehrerer AGs sowie eines Beirats, der Vertreterinnen und Vertreter aus den sehr unterschiedlichen Communitys zusammenbringen soll, geplant. (Beifall) Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf: Es gibt eine Zusatzfrage von Herrn Stadtverordneten Stock von der GRÜNE‑Fraktion. Bitte! Stadtverordneter Manuel Stock, GRÜNE: (Zusatzfrage) Vielen Dank, Frau Dezernentin! Sie haben das Thema Flucht und Asyl angesprochen. Welche Erfahrungen gibt es denn mit dem Thema Flucht und Asyl bezogen auf LSBTIQ‑Personen? Stadträtin Dr. Nargess Eskandari-Grünberg: (fortfahrend) Sehr verehrter Herr Stock, es ist wichtig, das auch hier in diesem Parlament zu wissen, wenn wir von der Koordinierungsstelle reden. Viele Menschen auf der Welt dürfen nicht lesbisch oder schwul sein oder eine andere sexuelle Orientierung haben. Wir wissen, dass Hinrichtungen und Verfolgungen in vielen Ländern der Welt noch immer gang und gäbe sind, und wir wissen auch, dass viele Menschen aus diesem Grund ihr Land verlassen müssen. Daher ist es auch noch nicht lange her, dass auch die sexuelle Orientierung ein Grund dafür ist, dass diese Menschen Asyl suchen. Ich freue mich sehr, dass wir dieses Verfahren wirklich verändert haben, damit diese Menschen endlich Asyl bekommen. Das ist sehr wichtig. (Beifall) Wir wissen sehr genau, dass vielen Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden und ihr Coming‑out in den Flüchtlingsunterkünften haben, sehr häufig nicht genügend Platz und Räume zur Verfügung stehen, damit sie sich wirklich geschützt fühlen. Viele Menschen dieser Communitys haben Schwierigkeiten, mit ihren Landsleuten darüber zu reden oder auch diesen Raum zu nutzen. Daher brauchen wir auch in diesem Punkt in Zukunft Unterkünfte, damit die Menschen - Lesben, Schwule und andere aus diesem Kreis - nicht in Unterkünften diskriminiert, gehänselt oder von den Communitys verfolgt werden. Das müssen wir in Zukunft ändern. Das ist auch eine wichtige Aufgabe, die wir haben. (Beifall) Last, but noch least ist es für mich wichtig, dass wir heute an diesem Pult im Stadtparlament dafür Sorge tragen, dass die Koordinierungsstelle sich immer bei vielen Communitys, muslimischen oder anderen, für gerade diese Flüchtlinge einsetzt, dass Menschen, die verfolgt worden sind, nicht noch mehr Diskriminierung in ihren Communitys erfahren und nicht das Gefühl haben, sich wieder verstecken zu müssen. Vielleicht ein wichtiger Hinweis: Sie wissen, dass die Frauen und Männer im Iran und in vielen anderen Ländern nicht lesbisch oder schwul sein dürfen. Dort müssen sie eine Geschlechtsumwandlung vornehmen, weil es ein Todesurteil ist, wenn man eine andere sexuelle Orientierung hat. Daher ist es gerade für diese Menschen wichtig, wenn sie aufgrund ihrer Verfolgung Zuflucht bei uns suchen, nicht mehrfach diskriminiert zu werden, auch nicht von diesen Communitys. Da setzen wir an der Koordinierungsstelle an. Vielen Dank! (Beifall)