Institut für Mathematik Prof. Dr. Helge Glöckner Alexander Schmeding SS 2011 05.04.2011 1. Übungsblatt zur Vorlesung Funktionalanalysis II“ ” Gruppenübung Aufgabe G1 (Lebesguesches Überdeckungslemma) Sei (K, d) ein kompakter metrischer Raum und U := (Ui )i∈I eine Überdeckung von K mit offenen Mengen. Zeigen Sie, dass es dann eine positive reelle Zahl δ > 0, so dass für alle x ∈ K der metrische Ball Bδ (x) ⊆ Ui für mindestens ein i ∈ I erfüllt. Die Zahl δ wird auch Lebesgue Zahl zur Überdeckung U genannt. Hinweis: Erinnern Sie sich an die schönen Eigenschaften von kompakten Räumen. Lösung: Die Ui sind offene Mengen und überdecken K. Für jedes x ∈ K existiert daher ein εx > 0, so dass Bεx (x) ⊆ Ui für mindestens ein i ∈ I gilt. Die Kugeln B εx (x) 2 bilden eine offene Überdeckung von K. Da K kompakt ist, existiert eine endliche Familie S x1 , . . . , xn ∈ K, so dass K = ni=1 B εxi (xi ). Setze δ := min εx1 , . . . , εxn . Für zwei 2 x, y ∈ K mit d(x, y) < δ gilt dann: Es existiert ein xj , so dass x ∈ B εxj (xj und wir εx 2 erhalten d(xj , y) ≤ d(x, y) + d(xj , x) ≤ δ + 2j ≤ εxj . Also gilt x, y ∈ Bεxj (xj ) ⊆ Ui für ein i ∈ I. Da y beliebig gewählt war, ist also Bδ (x) ⊆ Ui . Da auch x beliebig gewählt war zeigt dies die Behauptung. Aufgabe G2 (Lipschitz Abbildungen) (a) Sei D ⊆ Rn eine konvexe Menge und n ∈ N. Wir betrachten eine C 1 -Abbildung f : D → R. Zeigen Sie, dass f Lipschitz-stetig ist, falls die Ableitung grad f beschränkt ist. Zeigen Sie, dass dann Lip(f ) ≤ kgrad f k∞ gelten muss. (b) Seien (X, dx ), (Y, dY ) und (Z, dZ ) metrische Räume und f : X × Y → Z eine Abbildung die getrennt Lipschitz-stetig ist (d.h. für festes x ∈ X und festes y ∈ Y sind f (x, ·) bzw. f (·, y) Lipschitz-stetig). Zeigen Sie, dass falls Konstanten LX , LY > 0 mit Lip(f (x, ·)) ≤ LX und Lip(f (·, y)) ≤ LY für alle x ∈ X bzw. y ∈ Y existieren, auch f Lipschitz-stetig ist. Lösung: (a) Wir verfahren wie in der Vorlesung, in der bereits gezeigt wurde, dass C 1 -Funktionen lokal Lipschitz-stetig sind. Da D kovex ist, können wir den Mittelwertsatz der Differentialrechnung auf die C 1 -Abbildung f anwenden. Bezeichne mit [x, y] die Verbindungsstrecke von x und y in D. es existiert also ein h ∈ [x, y], so dass f (x) − f (y) = hgrad f (h), x − yi 1. Übung Vorlesung Funktionalanalysis II f (x) − f (y) = hgrad f (h), x − yi ≤ Die Cauchy-Schwartzsche Ungleichung lehrt nun grad f (h)kx − yk ≤ Lkx − yk, wobei ∞ > L = kgrad f k . da die Konstante we∞ der von x noch von y abhängt zeigt dies gerade, dass f Lipschitz-stetig ist und insbesondere die gewünschte Abschätzung für die Lipschitz Konstante gilt.. (b) Nach Voraussetzung ist f getrennt Lipschitz-stetig mit Lipschitz Konstanten LX und LY (je nachdem welche Komponente festgehalten wird). Seien (x, y), (x̃, ỹ) ∈ X × Y beliebig gewählt. Dann haben wir: dZ (f (x, y), f (x̃, ỹ)) ≤ dZ (f (x, y), f (x, ỹ) + dZ (f (x, ỹ), f (x̃, ỹ)) ≤ LX dY (y, ỹ) + LY dX (x, x̃) ≤ max {LX , LY } · max dX (x, x̃), dY (y, ỹ) | {z } d∞ ((x,y),(x̃,ỹ)):= Nach Konstruktion ist d∞ gerade die Maximumsmetrik, welche durch die Metriken dX und dY induziert wird. Wie wir aus der Funktionalanalysis I wissen, macht d∞ das Produkt X × Y in kanonischer Weise zu einem metrischen Raum. Wir haben also gezeigt, dass f bezüglich dieser Metrik einer Lipschitz Bedingung mit Lipschitz Konstante Lip(f ) = max {LX , LY } genügt. Dies war zu zeigen. Aufgabe G3 (Lipschitz Störungen) Betrachten Sie die Abbildung f : R → R, x 7→ x + 21 cos(x) − 12 . (a) Zeigen Sie, dass cos und f Lipschitz-stetig sind und finden Sie eine Abschätzung für Lip(cos) und Lip(f ). (b) Folgern Sie, dass f ein Homöomorphismus auf sein Bild ist und finden Sie für x ∈ R und r > 0 Konstanten a, b > 0, so dass Bar (f (x)) ⊆ f (Br (x)) ⊆ Bbr (f (x)) gilt. Lösung: (a) Seien x, y ∈ R und o.E. y < x. Die Abbildung f ist offensichtlich differenzierbar mit beschränkter Ableitung und nach Aufgabe G2 a) ist f Lipschitz-stetig mit Lip(f ) ≤ 32 . Analog sieht man Lip(cos) ≤ 1 (b) Die Abbildung f können wir auch als Summe f (x) = idR (x) + (cos(x) − 21 ) einer linearen Abbildung und einer Lipschitz-stetigen Abbildung mit Lip( 21 cos x− 12 ) ≤ 12 auffassen. Insbesondere gilt Lip( 21 cos x − 12 ) ≤ kidR kop = 1. Da cos auf ganz R Lipschitz-stetig ist, folgt nach dem Qualitativen Satz über die Umkehrabbildung, dass f ein Homöomorphismus aufs Bild ist und wir erhalten für die Konstanten b = Lip(f ) = 32 und a = Lip( 12 cos − 12 ) = 12 die Abschätzung Bar (f (x)) ⊆ f (Br (x)) ⊆ Bbr (f (x)). 2 1. Übung Vorlesung Funktionalanalysis II Hausübung Aufgabe H1 (Lipschitz Stetigkeit) Sei (K, dK ) ein kompakter metrischer Raum und (X, dX ) ein metrischer Raum. Zeigen Sie, dass jede Abbildung f : K → X, die lokal Lipschitz-stetig ist, bereits Lipschitz-stetig ist. Hinweis: Benutzen Sie die Kompaktheit und unterscheiden Sie zwei Fälle. Was passiert, wenn zwei Punkte nicht in einer Umgebung liegen auf der eine lokale Lipschitz Bedingung gilt? Können Sie Aufgabe G1 verwenden? Lösung: f ist lokal Lipschitz-stetig, d.h. für jedes x ∈ K existiert eine offene Umgebung Ux und Lx > 0, so dass für alle y ∈ Ux bereits dX (f (x), f (y)) ≤ Lx dK (x, y) gilt. Da KSkompakt ist, können wir endlich viele Punkte x1 , . . . , xn ∈ K wählen, so dass K = ni=1 Uxi gilt. Setze nun L := max Lxi 1 ≤ i ≤ n . Offensichtlich gilt nun für zwei Punkte x, y ∈ Uxi mit 1 ≤ i ≤ n bereits dX (f (x), f (y)) ≤ Lxi dK (x, y) ≤ LdK (x, y). Somit haben wir für jedes Paar von Punkten aus einem Uxi eine Lipschitz Bedingung mit der Konstanten L. Wir wollen nun zeigen, dass auch für zwei beliebige Elemente x, y ∈ K eine Lipschitz Bedingung gilt. Sind x, y ∈ Uxj für ein 1 ≤ j ≤ n so sind wir nach unseren vorigen Überlegungen bereits fertig. Wir dürfen daher annehmen, dass x ∈ Uxj und y ∈ Uxi für i 6= j, aber es gibt kein 1 ≤ i ≤ n, so dass x, y ∈ Uxi . Nach Aufgabe G1 b) existiert zu der Überdeckung Ux1 , . . . , Uxn eine Lebesgue Zahl δ. Da x, y nicht in derselben Menge Uxi enthalten sind nach Annahme, muss nach Definition der Lebesgue Zahl dK (x, y) > δ gelten, Insbesondere ist dK (x, y) 6= 0 und wir erhalten die Abschätzung: dX (f (x), f (y)) 1 ≤ dX (f (x), f (y)) dK (x, y) δ (1) Da K kompakt ist, ist das Bild von f beschränkt, d.h. es existiert eine Konstante A > 0, so dass dX (f (x), f (y)) ≤ A für alle x, y ∈ K gilt. Wenden wir dies auf die Abschätzung (1) an, so erhalten wir: dX (f (x), f (y)) 1 A ≤ A ⇒ dX (f (x), f (y)) ≤ dK (x, y) dK (x, y) δ δ |{z} B:= Wir bemerken, dass die Konstante B unabhängig von den Punkten x, y gewählt wurde. Insbesondere folgt dann aber, dass f Lipschitz-stetig ist mit Lipschitz Konstante Lip(f ) := max {L, B} 3 1. Übung Vorlesung Funktionalanalysis II Aufgabe H2 (McShane-Whitney Fortsetzungssatz) Sei (X, d) ein metrischer Raum und A ⊆ X eine beliebige Teilmenge. (a) Sei {fi |i ∈ I} eine Familie von Abbildungen fi : A → R, welche einer Lipschitz Bedingung mit Lipschitz-Konstante Lip(fi ) ≤ K < ∞, ∀i ∈ I genügen. Zeigen Sie: Ist inf i∈I fi (x0 ) ∈ R für ein x0 ∈ A ist, so ist auch h : Rn → R, x 7→ inf i∈I fi eine wohldefinierte Abbildung, welche einer Lipschitz-Bedingung mit Lip(h) ≤ K genügt. (b) Ist f : A → R eine Abbildung die der Lipschitz Bedingung |f (x) − f (y)| ≤ Kd(x, y) für alle x, y ∈ A genüge. Zeigen Sie, dass dann eine Lipschitz Fortsetzung F von f auf X existiert, d.h. es existiert ein F : X → R mit F|A = f und F is Lipschitz-stetig mit Lip(F ) ≤ K Hinweis: Betrachten Sie bei (b) Abbildungen der Form fa (x) := f (a) + Kd(x, a). Lösung: (a) Wir müssen zeigen, dass h wohldefiniert ist, denn a priori könnte inf i∈I fi (y) für y ∈ A den Wert −∞ 6∈ R annehmen. Nach Voraussetzung ist a := inf i∈I fi (x) ∈ R. Sei nun y ∈ A beliebig. Dann gilt |fi (x0 ) − fi (y)| ≤ K|x0 − y| ∀i ∈ I Wäre nun inf i∈I fi (y) = −∞, so gäbe es eine Folge (ij )j∈N von Indizes, so dass (fij (y))j unbeschränkt wäre. Da fij (x0 ) → inf i∈I fi (x0 ) ∈ R folgt dann aber mit der negativen Dreiecksungleichung ∞ > Kkx − yk ≥ |fij (x0 ) − fij (y)| ≥ | |fij (x)| | {z } −|fij (y)| | → ∞ ≤a+1für ij groß genug Dies ist offensichtlich unmöglich, da die linke Seite konstant ist und nicht von ij abhängt. Die Abbildung h : X → R ist somit wohldefiniert. Wir zeigen nun, dass für x, y ∈ A eine Lipschitz Bedingung gilt. Da h(y) = inf i∈I fi (y) können wir für jedes ε > 0 ein j ∈ I finden mit fj (y) < h(y) + ε udn somit −h(y) < −fj (y) + ε. Nehme nun o.B.d.A. an, dass h(x) > h(y) gilt (sonst vertausche die Rollen von x und y).: |h(x) − h(y)| = h(x) − h(y) ≤ h(x) − fj (y) + ε ≤ fj (x) − fj (y) + ε ≤ fj (x) − fj (y) + ε ≤ Kd(x, y) + ε Nun war ε > 0 beliebig gewählt und wir erhalten durch Übergang ε → 0 die gewünschte Ungleichung |h(x) − h(y)| ≤ Kd(x, y). Damit ist h Lipschitz-stetig mit Lip(h) ≤ K. (b) Wir betrachten die Abbildungen fa : X → R, x 7→ f (a) + Kd(x, a). Diese Abbildung ist Lipschitz-stetig mit Lipschitz Konstante Lip(fa ) ≤ K (dies folgt aus der Dreiecksungleichung für die Metrik d). Es gilt die Abschätzung fa (x) = f (a) + Kd(x, a) ≥ f (a) + f (x) − f (a) ≥ f (x) (2) 4 1. Übung Vorlesung Funktionalanalysis II Nun betrachten wir F : X → R, F (x) := inf a∈A fa (x). Nach Aufgabenteil a) ist dies eine Lipschitz-stetige Abbildung mit Lip(F ) ≤ K. Es gilt fa (a) = f (a) für jedes a ∈ A. Zusammen mit (2) zeigt dies aber bereits F|A = f . Insgesamt haben wir also eine Lipschitz Fortsetzung von f konstruiert. 5