MARKT -SERIE Mut zur Milch Standort Deutschland stärken! Milchexport: Ein ganz großes Rad Rund 45 % der deutschen Milch werden exportiert – und fast 35 % werden importiert. Einen Überblick über dieses gigantische Geschäft Großbritannien gibt Monika Wohlfarth, ZMP Bonn. D er Außenhandel spielt für die deutsche Milchwirtschaft eine sehr bedeutende Rolle. Deutschland exportierte in 2007 rund 12,6 Mio. t Milchäquivalent, das sind 44 % der Milchmenge, die in Molkereien verarbeitet wird. Und gleichzeitig wurde mit 10 Mio. t Milchäquivalent eine beträchtliche Menge an Milchprodukten importiert, die rund einem Drittel der deutschen Milchanlieferung entspricht. Durch den gemeinsamen Binnenmarkt in der EU sowie die zunehmend engere Verflechtung des europäischen Lebensmitteleinzelhandels und der Lebensmittelindustrie wächst der Warenaustausch mit dem Ausland ständig. Deutscher Milchmarkt: Billig raus, teuer rein. Niederlande Polen Belgien DEUTSCHLAND Tschechische Republik Frankreich R12 top agrar 10/2008 Österreich Schweiz Drehscheibe Deutschland Der Trend ist steigend: Zwischen 2000 und 2007 stiegen die Exporte von Milchprodukten um 22 %, die Importe sogar um 31 %. Der Export dürfte für die deutsche Milchwirtschaft weiter an Bedeutung gewinnen. Aus drei Gründen: Die Bevölkerung schrumpft und damit die Zahl der Verbraucher. Die Milchproduktion wird vermutlich in Deutschland weiter steigen (Quotenausstieg). Und auch Spanien aus der EU und aus der Importdruck Drittländern könnte steigen. Im europäischen Vergleich ist Deutschland der größte Exporteur und gleichzeitig auch der größte Importeur von Milchprodukten. Eine überragende Rolle spielt dabei der Handel mit anderen EU-Staaten. Dänemark Italien © top agrar Riesige Mengen von Milch und Milchprodukten werden importiert und exportiert. Deutschland ist der größte Umschlagplatz im europäischen Binnenmarkt. Der Anteil des Drittlandshandels (außerhalb der EU) lässt sich nicht genau ermitteln, da deutsche Ware zum Teil über Handelshäuser, die in anderen EU-Staaten ansässig sind, die Grenzen der EU verlässt. 13 % des Auslandsumsatzes hat Deutschland direkt mit Drittstaaten getä- tigt. Die Ausfuhren tätigen zum Teil die Molkereien selbst, zum großen Teil aber spezialisierte Handelshäuser. 2007 hat Deutschland Milchprodukte im Wert von rund 6,7 Mrd. E exportiert. Das war im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um 28 %. In den Vorjahren Käse ist ein deutscher Exportschlager, aber es fehlen Spezialitäten und hochpreisige Produkte. hatte sich der Wert der Ausfuhren meist um 5,4 Mrd. E bewegt. Der wertmäßige Zuwachs im Jahr 2007 ist zum großen Teil auf steigende Preise zurückzuführen und nur teilweise auf größere Ausfuhrmengen. Exportschlager Käse Käse ist der Exportschlager der deutschen Milchwirtschaft. Etwa die Hälfte des gesamten Exportwertes entfallen auf Käse, mit einem Umsatz von über 1,2 Mrd. E im Jahr 2007. In den letzten Jahren sind die Käseexporte kräftig gestiegen, innerhalb von zehn Jahren um 72 %. Die Exporte von Milchdauerwaren haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt, ohne dass ein eindeutiger Trend zu erkennen ist. Eindeutig gestiegen sind im vergangenen Jahrzehnt aber die Ausfuhren von Molkenpulver. Die Exporte von Versandmilch sind seit 2004 kontinuierlich zurückgegangen. Hier hat vor allem der italienische Markt mit seinem hohen Preisniveau große Bedeutung, an dem die Konkurrenz in den letzten zehn Jahren zugenommen hat. Der italienische Markt ist auch für Österreich, Frankreich und neue Mitgliedstaaten der EU attraktiv. Zugenommen haben in den letzten Jahren die Exporte von abgepackter Konsummilch und Milchfrischprodukten wie Joghurt und Milchmischerzeugnisse, also Produkte mit höherer Wertschöpfung. Übers.1: Exporte und Importe 2007 (Mio. 7) Italien Niederlande Frankreich Belgien Vereinigtes Königreich Spanien Österreich Griechenland Russland Dänemark Tschech. Republik Polen Ungarn Japan Gesamt Mio. U Export nach … 1 600 1 200 500 400 Import aus … 300 1 300 700 300 300 80 300 300 200 200 100 100 100 100 70 6 700 20 400 40 – 300 170 260 – – 4 800 Foto: Werkbild Italien ist das wichtigste Bestimmungsland für deutsche Milchprodukte. 2007 hat Deutschland Milcherzeugnisse im Wert von 1,6 Mrd. E nach Italien exportiert. Damit wurde jeder vierte Euro dort erlöst. Italien ist der größte Abnehmer von Versandmilch und Käse, sowie der zweitgrößte Abnehmer von Milchpulver. Zweitgrößter Handelspartner insgesamt sind die Niederlande. Deutschland exportiert vorwiegend Versandmilch und abgepackte Konsummilch nach Holland. Außerdem bezieht Holland viel Milchpulver, Molkenpulver, Käse und zeitweise auch Butter. Holland macht die Geschäfte Die Niederlande sind innerhalb Europas ein wichtiger Umschlagplatz im internationalen Handel. Die Exporte in die Niederlande sind nicht unbedingt für den Konsum im Land selbst bestimmt, sondern werden zum Teil auch in andere Länder weiter gehandelt. In erheblichem Umfang wird Rohmilch aus Deutschland bezogen und z. B. als Butter zurückgeliefert. Große Handelshäuser wie Hoogwegt und Interfood haben ihren Sitz in den Benelux-Staaten. Drittgrößter Auslandskunde für die deutsche Milchwirtschaft ist Frankreich top agrar 10/2008 R 13 MARKT Übersicht 2: Wohin die Milch in Deutschland fließt 101200 Milchviehhalter erzeugten 2007: Anlieferungen an die Molkereien Anteile der Produkte* Verbrauch* in Deutschland Kontinuierlich verringert haben sich in den letzten Jahren die deutschen Exporte in die USA. Der Exportwert hat sich zwischen 2004 und 2007 fast halbiert. Deutschland größter Importeur Deutschland ist innerhalb der EU auch der größte Importeur von Milcherzeugnissen. 2007 hat Deutschland Milcher44% (12,6Mio.t) zeugnisse im Wert von 4,8 Mrd. E 10 Mio.t Milch Export Import importiert. Davon stammten fast 28,7 Mio.t 28,4 Mio.t 27,3 95 % aus anderen EU-Ländern. Milch Milch Mio.t Nur rund 5 % werden aus Drittlän40% (11,5Mio.t) Milch 16,1 Mio.t Milch dern (außerhalb der EU) direkt LebensmittelInlandseinzelhandel importiert. Wie viel Drittlandsware produktion über andere EU-Länder nach 16% (4,6Mio.t) Deutschland gelangt, darüber ist (wie bei den Exporten) keine Ausdavon davon weiterverarbeitende sage möglich. 1,1 Mio.t 1,4 Mio.t * in Milchäquivalent Industrie, ErnährungsEigenverbrauch Import Quelle: ZMP gewerbe, Großverbraucher Größter Lieferant Deutschlands sind die Niederlande mit einem Deutschland ist Europas größter Exporteur und Importeur von Milchprodukten. Die wertmäßigen Anteil von etwa 26 %, gefolgt von Frankreich mit Ausfuhren von insgesamt 12,6 Mio. t entsprechen 44 % der Milchmenge, die in Deutschland 14 % und Österreich mit 8 %. Daverarbeitet wird. Die Einfuhren belaufen sich auf rund 10 Mio. t, was 35 % der deutschen Milchmenge entspricht. nach folgen Irland und Dänemark mit einem Anteil von jeweils 7 %. Unter den Drittländern ist die mit einem Umsatz von knapp 520 Mio. E fen als der Handel mit Ländern im EU- Schweiz der größte Lieferant. Immerhin in 2007. Frankreich hat sich in den letzten Ausland. Dies zeigt sich im Falle Russ- 2,6 % der Importe stammen wertmäßig Jahren zum größten Importeur für deut- lands auch besonders bei Butter. Die betrachtet aus der Alpenrepublik. sche Butter entwickelt. Es dürfte sich Butterexporte nach Russland waren in Der größte Anteil der Importe entfällt überwiegend um harte Winterbutter han- den vergangenen Jahren starken Schwan- auf die Produktgruppe Käse. Die Käseimdeln, die für bestimmte Gebäcksorten be- kungen unterworfen. 2003 erreichten sie porte machen wertmäßig fast die Hälfte nötigt wird. Nach Italien und den Nieder- einen Rekord von 17 100 t. 2007 waren es aller Importe aus. Mehr als ein Drittel der landen ist Frankreich der drittgrößte Be- lediglich 1 500 t. Käseimporte stammen aus den Niederzieher von deutschem Käse. Zweitgrößter Abnehmer unter den landen mit 219 000 t im Jahr 2007 im Wert Auf Frankreich folgen Belgien, das Drittländern ist Japan mit 1,1 % des Ex- von 778 Mio. E. Aus Frankreich wurden Vereinigte Königreich, Spanien, Öster- portumsatzes. Japan ist ein wichtiger 112 000 t Käse importiert im Wert von reich und Griechenland. Markt für Käse, aber auch für bestimmte 545 Mio. E. Trockenmilchprodukte. Die Durchschnittspreise der Import- Drittland-Exporte An neunter Stelle auf der Rangliste findet sich Russland mit einem Umsatz von knapp 200 Mio. E. Damit ist Russland der größte Abnehmer von deutschen Milchprodukten unter den Drittländern (außerhalb der EU). Rund 3 % des Exportumsatzes werden mit dem ehemaligen Zarenreich abgewickelt, wobei 80 % auf Käse entfallen. 2007 wurden über 60 000 t Käse nach Russland exportiert. Damit wurde der Rekordumsatz des Vorjahres nicht ganz erreicht. 1998 (vor der Russlandkrise) wurde fast die gleiche Käsemenge nach Russland exportiert. 1999 brachen die Exporte dann ein. Sie gingen damals innerhalb eines Jahres um 70 % zurück. Danach haben sich die Exporte allmählich wieder erholt. Insgesamt ist der Handel mit Drittländern stärkeren Schwankungen unterwor- R14 top agrar 10/2008 Übers.3: Deutschland – Exporte von Rohmilch und Konsummilch 1800 1000 t 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 Milch, lose Konsummilch, abgepackt Milchfrischprodukte 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Deutschland exportiert große Mengen Rohmilch z. B. nach Italien und Holland. Die Wertschöpfung findet im Ausland statt. Teilweise kommt dann die Ware zurück. Grafiken: Breithaupt, Orb Übersicht 4: Deutschland – Exporte von Butter und Käse 1000 900 1000 t Käse insgesamt Butter bis 85% Fett 800 Der deutsche Export von Käse und Butter ist deutlich angestiegen. Allerdings: Die Preise für exportierte Produkte sind deutlich niedriger als für importierte Ware. 700 600 500 400 300 200 100 0 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 käse sind recht unterschiedlich. Auf Italien entfallen in Bezug auf die Menge 5,3 % der Käseimporte. Wertmäßig betrachtet sind es 7,3 %. Auf die Schweiz entfallen sogar lediglich 2,7 % der mengenmäßigen Importe, wertmäßig aber rund 5 %. Dies zeigt, dass von dort überwiegend Produkte mit hoher Wertschöpfung (z B. Spezialitäten) importiert werden. Umsatzmäßig betrachtet ist die zweitwichtigste Produktgruppe die Butter. 2007 hat Deutschland 153 000 t Butter und 22 000 t Butteröl importiert. Größter Billig exportiert, teuer importiert Auffallend ist, dass die Preise bei Importware deutlich höher sind, als die Preise, zu denen Deutschland exportiert. So lag 2007 der durchschnittliche Preis bei exportiertem Käse bei 3,04 E je kg, bei importiertem hingegen bei 4,05 E pro kg. Auch bei Butter besteht eine deutliche Preisdifferenz zwischen Importund Exportware. So gelangte Butter zu einem Durchschnittspreis von 3,48 E/kg nach Deutschland, während sie zu einem durchschnittlichen Exportpreis von 3,05 E/kg über die Grenze ging. Klartext: In Deutschland werden viele höherwertige Produkte (z. B. Spezialitäten) konsumiert, die zu einem hohen Anteil aus dem Ausland stammen, während Deutschland viel Standardware exportiert. Lieferant war Irland mit 84 200 t, gefolgt von den Niederlanden mit 22 600 t. Rohware aus Osteuropa An dritter Stelle folgt bereits der Import von Versandmilch. 2007 hat Deutschland sogar mehr Versandmilch importiert als exportiert. Hier hat sich die Lieferantenstruktur in den letzten Jahren deutlich verändert. 2003 kamen 0,9 Mio. t Versandmilch aus den Niederlanden. 2004 haben sich diese Mengen wieder etwa halbiert. Seit der Osterweiterung gelangt auch Versandmilch aus osteuropäischen Ländern nach Deutschland. 2007 war Tschechien mit 0,37 Mio. t die bedeutendste Herkunft. Bei Industrierahm ist Polen der größte Lieferant, gefolgt von den Niederlanden und Litauen. Bis einschließlich 2004 kamen die größten Sahnemengen aus dem Vereinigten Königreich. Sie sind aber seitdem zurückgegangen. Bei Butter Nettoimporteur Deutschland ist in fast allen Produktgruppen Nettoexporteur, d. h. es wird mehr exportiert als importiert. Eine Ausnahme stellt Butter dar. Hier übertreffen die Einfuhren die Ausfuhren deutlich. Wichtigster Lieferant ist Irland. Die Iren haben ihren Marktanteil am deutschen Buttermarkt im letzten Jahrzehnt kontinuierlich ausbauen können. Stammten 1998 noch lediglich knapp 30 % der deutschen Importbutter aus Irland waren es 2007 rund 55 %. Irland hat die Niederlande als ehemals wichtigsten Lieferanten verdrängt. j top agrar 10/2008 R15