Patrick Kurth Mitglied des Deutschen Bundestages Generalsekretär FDP Thüringen Rede von Patrick Kurth in der 246. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13.06.2013 zu TOP 9: Antisemitismus entschlossen bekämpfen, jüdisches Leben in Deutschland weiterhin nachhaltig fördern Es gilt das gesprochene Wort. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den allermeisten Themen gibt es im demokratischen Meinungskampf mehrere akzeptable Ansichten. Allein heute streiten wir im Deutschen Bundestag zum Beispiel über das Auslandsschulgesetz und die Pkw-Maut. Wir reden über die Tourismuspolitik. Ich erinnere an die lebhafte Debatte von heute früh, als wir über das Vertriebenengesetz gesprochen haben. Bei einigen wenigen Themen jedoch darf es unter Demokraten keine zwei Meinungen geben; das ist und bleibt ein gesamtgesellschaftlicher Grundkonsens. Dazu gehört das Thema Antisemitismus. Gerade Deutschland verbindet mit diesem Ungeist eine schuldbeladene Vergangenheit, die nur ein Urteil zulässt: die entschiedene Ablehnung jeder Form des Antisemitismus. Dies muss zur politischen DNA unseres Landes, zur politischen DNA dieses Parlamentes und zur politischen DNA aller Parteien gehören. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Dass der vorliegende Antrag bei allen politischen Differenzen gemeinsam von der Union, der FDP, den Grünen und der SPD eingebracht worden ist, belegt dies. Auf den Zusammenhalt in dieser Frage können, müssen und dürfen wir auch ein Stück weit stolz sein. Patrick Kurth Mitglied des Deutschen Bundestages Rede vor dem Deutschen Bundestag am 13.06.2013 In dieser Debatte wurde viel Richtiges gesagt. Ich möchte kurz auf uns eingehen. Liebe Kollegen, ich verstand die Unruhe nicht, als Herr Ruppert mit Samthandschuhen darauf aufmerksam machte, dass es in dieser Legislatur einige Ereignisse gab, bei denen sich durchaus Fragen stellten. Diese Fragen, liebe Frau Pau, stelle ich nicht Ihnen. Wir arbeiten lange genug zusammen. Ich weiß, dass Sie eine klare Auffassung haben. Ihre Fraktion aber hat sich in dieser Legislatur, auch hier im Plenum, hin und wieder auf eine Art und Weise eingelassen, die diese Klarheit, von der ich am Anfang sprach, nicht immer belegte. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ich will hierzu die deutliche Frage stellen: Warum haben Sie, warum hat sich Ihre Fraktion oder Ihre Fraktionsführung nicht sehr entschieden dagegen verwahrt, dass am Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, am 27. Januar 2010, als Schimon Peres hier im Deutschen Bundestag sprach, einige hochrangige Linke darunter Sahra Wagenknecht - sitzen blieben? Warum haben Sie sie nicht öffentlich in die Schranken verwiesen? (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Kollege Uhl zeigte 2010 hier im Deutschen Bundestag ein Flugblatt Ihres Duisburger Kreisverbandes, auf dem ein Davidstern verschlungen mit einem Hakenkreuz dargestellt war. Warum haben Sie das nicht mit aller Deutlichkeit zurückgewiesen? Warum haben Sie, als im Jahr 2010 Abgeordnete der Linksfraktion, türkische Aktivisten und radikal-islamische Gruppierungen mit einer Flottille nach Gaza fuhren, in der damals diesbezüglich stattfindenden Aktuellen Stunde nicht ganz deutlich und klar Position bezogen? Wenn es die von mir angesprochene politische DNA in unserem Lande bzw. in unserem Hause gibt, dann gehört dazu auch, dass man in dieser Frage Klarheit herstellt. Im Juni 2011 wurde in Ihrer Fraktion ein Beschluss gegen Antisemitismus - einstimmig, wie es hieß - herbeigeführt. Hinterher kam heraus, dass 76 linke Parlamentarier dafür waren. Der Rest nahm nicht teil oder verließ die Sitzung. (Dorothée Menzner (DIE LINKE): Wir sind doch nicht mehr als 76!) Patrick Kurth Mitglied des Deutschen Bundestages Rede vor dem Deutschen Bundestag am 13.06.2013 - Ich habe mich verlesen. Sie kennen die Zahlen und den Vorgang. Das ist auch kein vertrauenerweckendes Beispiel. Liebe Kollegen, man darf gespannt sein, wie Sie auf den heute vorliegenden Antrag reagieren. Sie haben ja angedeutet, wie Sie sich verhalten werden. Ich kann Sie jetzt nur noch einmal einladen: Stellen Sie es klar, machen Sie es deutlich und stimmen Sie diesem Antrag zu. Das wäre ein klarer Beleg am Ende der Legislatur. Ich möchte ganz am Ende noch auf eines aufmerksam machen: Neben dem Alltagsantisemitismus gibt es noch etwas sehr Schwieriges, den Alltagsrassismus. Gerade wir von der FDP haben in den letzten Wochen - auch in den sozialen Medien - eine ungeheure Flut an Unterstellungen und Knietritten gegen unseren Bundesvorsitzenden erlebt. Man kann nicht glauben, dass das im 21. Jahrhundert in einer aufgeklärten Gesellschaft geschieht. Ich fordere Sie auf - Sie persönlich haben daran keinen Anteil, aber Sie tragen ein Stück weit Verantwortung für Ihre Anhänger -, in Ihren Reihen für Klarheit zu sorgen. Dieses Verhalten muss aufhören. Wir befinden uns hier in einem aufgeklärten Hause. Diese rassistischen Äußerungen, die einem Tritt gegen das Knie gleichen, gehen auf keinen Fall. Ich bitte Sie, hier aktiv zu werden. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)