Pädiatrische Hämatologie und Onkologie - Beck-Shop

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Pädiatrische Hämatologie und Onkologie
Bearbeitet von
Helmut Gadner, Gerhard Gaedicke, Charlotte Niemeyer, Jörg Ritter
1. Auflage 2005. Buch. XXV, 1228 S. Hardcover
ISBN 978 3 540 03702 6
Format (B x L): 19,3 x 27 cm
Zu Inhaltsverzeichnis
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I
Aplastische Anämien
C. Niemeyer, I. Baumann, M. Führer
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
Definition und Klassifikation – 40
Symptome bei Erstvorstellung – 41
Hämatologische Diagnostik – 41
Differenzialdiagnose – 42
Fanconi-Anämie – 42
3.5.1
3.5.2
3.5.3
3.5.4
Klinisches Erscheinungsbild – 42
Hämatopoetischer Defekt – 43
Zellulärer Phänotyp – 43
Komplementationsgruppen und
Fanconi-Anämie-Gene – 44
Fanconi-Anämie-Signaltransduktionsweg – 45
Molekulare Diagnostik – 46
Prädisposition für myeloische Neoplasien – 46
Prädisposition für solide Tumoren – 46
Hämatopoetische Stammzelltransplantation – 47
Androgene – 48
Zytokine und supportive Therapie – 49
Somatische Mosaike und Gentherapie – 49
Pränatale Diagnostik – 50
Prognose und Patientenbetreuung – 50
3.5.5
3.5.6
3.5.7
3.5.8
3.5.9
3.5.10
3.5.11
3.5.12
3.5.13
3.5.14
3.6
Dyskeratosis congenita – 50
3.6.1
3.6.2
3.6.3
3.6.4
3.6.5
Klinisches Erscheinungsbild – 50
Hämatopoese und Neoplasien – 51
Chromosomale Instabilität – 51
Molekulargenetik – 51
Therapie und Prognose – 52
3.7
3.8
Andere angeborene aplastische Anämien – 52
Erworbene aplastische Anämie – 53
3.8.1
3.8.2
3.8.3
3.8.4
3.8.5
3.8.6
3.8.7
Definition – 53
Epidemiologie – 53
Pathogenese – 53
Klinisches Erscheinungsbild – 54
Diagnostik – 54
Supportive Therapie – 55
Behandlung mit hämatopoetischen
Wachstumsfaktoren – 55
Immunsuppressive Therapie – 56
Allogene Stammzelltransplantation – 58
Experimentelle Therapie – 59
Prognose – 59
3.8.8
3.8.9
3.8.10
3.8.11
3.9
Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie – 59
Literatur – 60

»Drei Brüder erkrankten im 5.–7. Lebensjahr zur Zeit der
ersten Streckung, im Anschluß an fieberhafte interkurrente
Erkrankungen, an hämorrhagischer Diathese, gefolgt von
einer progredient verlaufenden Anämie, der sie alle in einem
Fall ohne, in zwei Fällen nach einmaliger Remission, erlagen.
Die Knaben waren in der körperlichen Entwicklung 1–2 Jahre
zurück. … Die Intelligenz war gut, trotz Microcephalie. Bedeckte Körperhaut, besonders an den Genitalien, intensiv
braun pigmentiert. Hautblutungen. Milz, Leber und Lymphdrüsen nicht vergrößert. Hoden hypoplastisch. …Lange vor
Ausbruch der Anämie waren der Färbeindex erhöht und
das Volumen der roten Blutkörperchen auf mehr als das
11/2-fache vermehrt. Färbung gut. Starke Anisozytose. Poikilozytose, geringe Polychromasie, besonders der Makrozytose.
…Das Knochenmark der langen und kurzen Knochen bestand überwiegend aus Fettmark, in das kleine Blutbildungsherde eingestreut waren. … Im folgenden sei ein neuer Fall
dieser Anämie beschrieben, der aber durch das Fehlen des
familiären Auftretens und durch das nicht ausgesprochen
perniciosaartige Blutbild von den von Fanconi beschriebenen
Fällen abweicht. Das klinische Bild war so typisch, dass die
Krankenschwestern die Diagnose prima vista stellten….
Trotz Arseninjektionen, Leberdiät und Fleischsaftkost treten
immer neue Blutungen auf in die Haut, in das Zahnfleisch,
Nasenblutungen. Das Hb. sinkt dauernd. Am 27.XII. und 29.XII.
mehrmaliges Bluterbrechen. Blutung an der Wange. Stuhl
schwarz…29.XII. 13 Uhr 30 Minuten tritt der Tod ein. Die
Zugehörigkeit des Falles zu der konstitutionellen (familiären)
Anämie mit perniciosaartigem Blutbild, trotzdem der Bruder
von W.H. gesund ist, wird bestätigt durch den Sektionsbefund.«
Aus: Dr. E. Uehllinger, Prosektor am Pathologischen
Institut Zürich: Kasuistische Mitteilung, Konstitutionelle
infantile (perniziosaartige) Anämie, Klinische Wochenzeitschrift, 8. Jahrgang, Nr 32, S. 1501–1503, 6 August 1929
3.1
Definition und Klassifikation
Die aplastische Anämie ist durch eine fehlende oder deutlich
verringerte Produktion von Vorläuferzellen im Knochenmark und eine hieraus resultierende Panzytopenie im Blut
gekennzeichnet. Im Gegensatz zu Zytopenien einzelner Zellreihen sind bei der aplastischen Anämie immer alle 3 Zellreihen, d. h. Erythro-, Myelo- und Thrombopoese, betroffen.
Die Ursachen der aplastischen Anämie können angeboren oder erworben sein. Der Begriff angeboren ist dabei im
Sinne von genetisch (»genetic«) oder vererbt (»hereditary«)
zu verstehen. Viele Patienten mit angeborenen Formen der
aplastischen Anämie zeigen bei Geburt ein normales Blutbild, erleiden aber im späteren Leben ein zunehmendes Knochenmarkversagen. Einige Patienten weisen auch andere
Fehlbildungen auf, weshalb in der älteren angelsächsischen
Literatur zunächst der Begriff »constitutional anemia« gebräuchlich war. Es mag spekuliert werden, dass auch den erworbenen Formen eine genetische Prädisposition zugrunde
liegt; dennoch ist die oben dargestellte Zuordnung in ange-
41
3 · Aplastische Anämien
borene oder erworbene Formen entscheidend für Therapie
und Prognose.
Angeborene Erkrankungen mit
Knochenmarkversagen:
Zytopenien einer Zellreihe
 Diamond-Blackfan-Anämie
 Schwere kongenitale Neutropenie
 Thrombozytopenie mit fehlendem Radius
Panzytopenien
 Fanconi-Anämie
 Dyskeratosis congenita
 Shwachman-Diamond-Syndrom
 Amegakaryozytäre Thrombozytopenie
 Knochenmarkversagen mit radioulnarer Synostose
 Retikuläre Dysgenesie
Primär nicht-hämatologische Erkrankungen
 Seckel-Syndrom
 Dubowitz-Syndrom
 Pearson-Syndrom
Ursachen einer erworbenen aplastischen Anämie:
 Virusinfektionen
− Epstein-Barr-Virus
− Hepatitis (non-A, non-B, non-C, non-E, non-G)
− HIV
 Immunologische Erkrankungen
(Hypogammaglobulinämie)
 Thymom
 Schwangerschaft
 Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie
 Myelodysplastisches Syndrom
 Medikamente/Chemikalien (Chemotherapie, Benzen,
Antiphlogistika, Antiepileptika, Chloramphenicol)
 Strahlentherapie (Ganzkörper oder Becken +
Achsenskelett)
 Idiopathisch
Betrachtet man alle aplastischen Anämien im Kindes- und
Jugendalter, so sind ca. 1/3 der Erkrankungen angeborene
Formen, von denen wiederum 2/3 Fanconi-Anämien darstellen (Alter et al. 1978). Bei den angeborenen Störungen ist davon auszugehen, dass die angeborene Genmutation für das
Knochenmarkversagen ursächlich ist, auch wenn die molekularen Mechanismen bisher unbekannt sind. Unter den erworbenen Formen der aplastischen Anämie ist die erworbene idiopathische aplastische Anämie mit 70–80% aller
Fälle die weitaus häufigste Erkrankung (Mary et al. 1990).
Hier sind wie bei der Hepatitis-assoziierten aplastischen
Anämie immunologische Prozesse ätiologisch ausschlaggebend. Beide Formen werden auch als erworbene aplastische
Anämie (»acquired aplastic anemia«) im engeren Sinne bezeichnet.
3.2
andere Zeichen der Infektion auf. Kinder mit angeborenen
Formen von Knochenmarkversagen können sich in der Regel
sehr gut an eine über Monate oder Jahre zunehmende Anämie adaptieren. Die ambulante Vorstellung mit Hämoglobinwerten unter 4 mg/dl ist keine Seltenheit.
Cave
Eine zu großzügige Erythrozytensubstitution bei Patienten
mit langbestehender schwerer Anämie kann eine Herzinsuffizienz oder zerebrale Thrombosen und Embolien
(Kopfschmerzen!) auslösen. Daher sollte die Hämoglobinkonzentration zunächst auf 6–9 mg/dl und nicht in den
Normbereich angehoben werden.
Bei angeborenen aplastischen Anämien stellen Thrombozytenwerte unter 20.000/µl in der Abwesenheit von wesentlichen Blutungszeichen auch nicht unbedingt eine sofortige
Transfusionsindikation dar. Im Gegensatz zu den angeborenen Formen kann bei der erworbenen idiopathischen aplastischen Anämie in der Regel ein sehr rascher Abfall der Blutwerte beobachtet werden. Neben Blutungen steht hier die
schwere Neutropenie mit sehr hoher Infektionsgefahr im
Vordergrund.
3.3
Hämatologische Diagnostik
Das Knochenmark bei aplastischer Anämie ist hypozellulär, die leeren Markräume werden durch Fett ausgefüllt
(⊡ Abb. 3.1). Es finden sich wenige hämatopoetische Vorstufen und eine relative Vermehrung von Lymphozyten, Mastzellen und Retikulumzellen.
! Da die Zellularität im Knochenmark nur in der Knochenmarkbiopsie sicher beurteilt werden kann, ist
die Biopsie neben dem Aspirat in der Diagnostik der
aplastischen Anämie unverzichtbar.
Patienten mit angeborenen aplastischen Anämien zeigen in
der Regel eine Stresserythropoese, d. h. Erythrozyten mit einigen fetalen Eigenschaften ( Kap. 6). Das mittlere korpuskuläre Volumen (MCV) ist erhöht, die Erythrozyten imponieren im Blutausstrich als große ovale Makrozyten. Ebenso
Symptome bei Erstvorstellung
Patienten mit aplastischer Anämie fallen durch Blässe, Leistungsknick, Haut- und Schleimhautblutungen, Fieber oder
⊡ Abb. 3.1. Histologie des Knochenmarks bei aplastischer Anämie mit
weitgehendem Ersatz blutbildenden Gewebes durch Fettmark und
einzelnen residuellen Hämatopoese-Inseln
3
42
I
Pädiatrische Hämatologie: Knochenmark
ist der Anteil an Hämoglobin F (HbF) in der Regel deutlich
erhöht, die HbF-Produktion ist nicht klonal, sondern zeigt
eine heterogene Verteilung in Erythrozyten. Statt des I-Antigen wird das fetale Äquivalent, das i-Antigen, auf der Erythrozytenoberfläche exprimiert. Schon in der präanämischen
Phase, in der die Blutwerte noch normal sind, findet sich ein
für das Alter deutlich erhöhtes MCV (meist >100 fl). Blut- und
Knochenmarkzellen der Patienten mit angeborenen aplastischen Anämien zeigen neben der Makrozytose oft auch dezente dysplastische Stigmata, so dass angeborene aplastische
Anämien morphologisch nicht sicher vom hypoplastischen
myelodysplastischen Syndrom (MDS) ohne Blastenvermehrung (hypoplastische refraktäre Zytopenie) abzugrenzen
sind ( Kap. 66). Nach ferrokinetischen Studien kann neben
dem Knochenmarkversagen auch eine gewisse Komponente
einer ineffektiven Erythropoese zur Anämie beitragen.
Die erworbene aplastische Anämie weist bei Diagnosestellung meist ein normales MCV, keine wesentliche Erhöhung des HbF und keine Dysplasiezeichen auf. Später, in der
Erholungsphase nach immunsuppressiver Therapie setzt
eine Stresserythropoese mit erhöhtem MCV und HbF ein.
Die hämatopoetischen Zellen zeigen dann auch dezente dysplastische Veränderungen. Nach Normalisierung des sonstigen Blutbilds kann eine Makrozytose der Erythrozyten z. T.
noch über Jahre beobachtet werden.
Differenzialdiagnose
3.4
Von den aplastischen Anämien abzugrenzen sind andere Erkrankungen, die mit Panzytopenien oder Zytopenien einzelner Zellreihen einhergehen. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen der erworbenen Formen sind die idiopatische
thrombozytopenische Purpura (ITP), die akuten Leukämien
(ALL, AML) und das MDS. Die häufigste Fehldiagnose ITP
kann in der Regel durch die Mitbeteiligung der andern beiden Zellreihen und durch die Bestimmung der Retikulozytenzahl (bei der aplastischen Anämie <20.000/µl) ausgeschlossen werden. In der Abwesenheit von schweren Infektionen zeigen Patienten mit aplastischer Anämie keine
Hepatosplenomegalie, Lymphknotenvergrößerungen oder
Knochenschmerzen. Der körperliche Untersuchungsbefund
ist mit Ausnahme von Blässe, Blutungszeichen und ggf. bekannten Fehlbildungen regelrecht.
 Myelofibrose
 Speicherkrankheiten (Morbus Gaucher, Morbus
Niemann-Pick)
 Vitamin-B12- und Folsäuremangel
 Hypersplenismus
 Sarkoidose
 Systemischer Lupus erythematodes
 Infektionen
Fanconi-Anämie
3.5
Die Fanconi-Anämie (FA) ist eine genetisch und phänotypisch heterogene, autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung,
die durch angeborene Fehlbildungen, zunehmendes Knochenmarkversagen und eine Prädisposition für Neoplasien
gekennzeichnet ist. Zellen von FA-Patienten zeigen eine erhöhte Chromosomeninstabilität und eine Hypersensititvität
für DNA-interkalierende Substanzen (»crosslinker«). Gegenwärtig sind 8 FA-Gene kloniert, die den einzelnen Komplementationsgruppen (Subtypen) zugeordnet werden können
(Stand Januar 2004).
Die Fanconi-Anämie wurde 1927 erstmals von Guido
Fanconi bei 3 am Kinderspital in Zürich betreuten Geschwistern mit Fehlbildungen und aplastischer Anämie beschrieben (Fanconi 1927). Die Erkrankung, die in allen ethnischen
Gruppen zu beobachtet ist, hat weltweit eine Prävalenz von
1–5 pro Million. Die Häufigkeit heterozygoter Genträger in
Europa und den USA beträgt 1:300 Personen (Alter 2003a).
3.5.1
Klinisches Erscheinungsbild
Die FA zeigt eine große klinische Variabilität innerhalb eines
FA-Subtyps und einer betroffenen Familie. Die häufigste Auffälligkeit sind Pigmentveränderungen der Haut, in der Regel
Hyperpigmentierungen, aber auch Hypopigmentierungen
und Vitiligo (⊡ Tabelle 3.1). Viele Patienten sind kleinwüchsig
⊡ Tabelle 3.1. Fehlbildungen bei Fanconi-Anämie
(modifiziert nach Alter 2003a)
Region der Fehlbildung
Patienten (%)
Differenzialdiagnose der Panzytopenie:
Hypozelluläres Knochenmark
 Angeborene aplastische Anämien
 Erworbene idiopathische aplastische Anämie
 Hypoplastische myelodysplastische Syndrome
 Infektionen mit Hämophagozytose (Viren und
andere Erreger)
Zelluläres Knochenmark
 Myelodysplastisches Syndrom
 Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie
 Infiltration durch eine akute Leukämie
 Infiltration durch Tumorzellen (z. B. Neuroblastom)
 Osteopetrose
▼
Hautpigmentierung (z. B. Café au lait)
55
Kleinwuchs
51
Obere Extremität
43
Genitale, männlich/weiblich
32/3
Kopf (ohne Augen)
26
Augen
23
Nieren
21
Geburtsgewicht <2500 g
11
Mentale Retardierung
11
Ohren, Gehör
9
Untere Extremität
8
Herz, Kreislauf
6
Gastrointestinaltrakt
5
43
3 · Aplastische Anämien
Müttern im Alter von 20–30 Jahren geboren, Schwangerschaften ab dem 30. Lebensjahr sind bei FA selten. Die Menopause kann schon vor dem 40. Lebensjahr beginnen. Männer
mit FA haben im Allgemeinen eine Azoospermie.
3.5.2
⊡ Abb. 3.2. Patient mit Fanconi-Anämie (mit freundlicher Genehmigung des Patienten und W. Ebell, Berlin)
(<3er-Perzentile). Zu den klassischen Stigmata bei FA gehören Fehlbildungen der oberen Extremität. Bei Patienten
mit fehlenden oder hypoplastischen Radii sind im Gegensatz
zur Thrombozytopenie mit fehlendem Radius (TAR) auch
die Daumen fehlgebildet. Die Mikrozephalie kann mit breiter
Nasenwurzel, Epicanthus und Mikrognathie zu einem charakteristischen Gesichtszug beitragen (⊡ Abb. 3.2). Strukturelle Nierenveränderungen sind ebenfalls häufig. Auch
unter Patienten mit VATER- (oder VACTERL-) Syndrom
(»vertebral, anorectal, cardiac, renal, radial and limb abnormalities«) finden sich Kinder mit FA.
In der Abwesenheit von Fehlbildungen wird die FA wahrscheinlich unterdiagnostiziert. Der Prozentsatz der Betroffenen ohne klinische Auffälligkeiten wird nach Daten des
International Fanconi Anemia Registry (IFAR) mit bis zu
40% angegeben (Giampietro et al. 1993).
Endokrinologische Störungen werden bei 80% der FAPatienten beobachtet (Wajnrajch et al. 2001). Nahezu 40%
haben eine primäre Hypothyreose. Eine herabgesetzte Glukosetoleranz, ein Diabetes mellitus oder ein Hyperinsulinismus sind häufig. Im Vordergrund steht der Kleinwuchs, der
nicht allein auf einen hypothalamischen Wachstumshormonmangel, eine Hypothyreose oder andere endokrine
Störungen zurückzuführen ist. Eine Behandlung mit Wachstumshormon führt in der Regel zur Zunahme der Wachstumsgeschwindigkeit. Auch wenn es keine Hinweise gibt,
dass Wachstumshormon eine Rolle in der Leukämogenese
bei FA spielt, müssen Nutzen und mögliche Risiken einer
solchen Behandlung abgewogen werden.
Frauen mit FA haben eine kurze reproduktive Phase und
sind im Vergleich zu gesunden Frauen weniger fruchtbar. Die
Menarche ist oft erst im späten Teenageralter, die Menses im
Allgemeinen unregelmäßig. Die meisten Kinder werden von
Hämatopoetischer Defekt
Seit Geburt oder der frühen Kindheit ist meist eine Makrozytose der Erythrozyten mit einem für das Alter zu hohem
MCV nachweisbar. Das Knochenmarkversagen bei FA-Patienten beginnt in der Regel mit einer Thrombozytopenie
und Anämie, eine Granulozytopenie schließen sich an. Die
schwere Aplasie entwickelt sich über Monate oder Jahre. Interkurrente Infektionen oder myelotoxische Medikamente
können den Prozess beschleunigen. IFAR-Daten zeigen, dass
über 80% der FA-Patienten im Alter von 10 Jahren eine Zytopenie (Thrombozyten <100.000/µl, Hb <10 g/dl, absolute
Neutrophilenzahl <1000/µl) in 2–3 Zellreihen aufweisen, im
Alter von 40 Jahren sind es 90% (Kutler et al. 2003a).
Nach Ergebnissen aus In-vitro-Kultursystemen mit vermindertem Ansprechen aller Progenitoren auf die unterschiedlichen Zytokine ist anzunehmen, dass die multipotente
Stammzelle von der Erkrankung betroffen ist. »Anti-sense«Oligonukleotide gegen das FANCC-Gen konnten in vitro die
Hämatopoese gesunder Zellen inhibieren (Segal et al. 1994).
Alle menschlichen FA-Gene haben murine Homologe.
Die Phänotypen der entsprechenden »Knock-out«-Mäuse
sind gleich, sie zeigen weder eine Panzytopenie noch eine
erhöhte Inzidenz myeloischer Neoplasien. Die murinen hämatopoetischen Progenitorzellen weisen neben der erhöhten
Chromosomenbrüchigkeit eine Hypersensitivität für Zytokine, insbesondere γ-Interferon auf (Whitney et al. 1996). Die
Hypersensitivität für γ-Interferon wird über eine fas-induzierte Apoptose vermittelt (Rathbun et al. 2000). Sie könnte
ein wesentlicher Mechanismus des progressiven Knochenmarkversagens von FA-Patienten sein.
3.5.3
Zellulärer Phänotyp
Erhöhte Chromosomenbrüchigkeit. Lymphozyten aus peripherem Blut oder Fibroblasten von FA-Patienten zeigen in
Kultur eine erhöhte spontane Chromosomenbrüchigkeit.
Durch Zugabe der interkalierenden (DNA-quervernetzenden) Substanzen Diepoxybutan (DEB) oder Mitomycin C
(MMC) zur Zellkultur kann die Brüchigkeitsrate in Metaphasepräparaten weiter erhöht werden (⊡ Abb. 3.3). Zu diagnostischen Zwecken hat das IFAR die FA als Erkrankung
definiert, bei der mit Phythämagglutinin kultivierte Lymphozyten nach Exposition mit DEB eine mittlere Chromosomenbrüchigkeit von 8,96 (Schwankungsbreite 1,3–23,9)
Chromosomenbrüche/Zelle aufweisen (normal 0,06, Schwankungsbreite 0–0,36) (Auerbach et al. 1989). Um somatische
Mosaike ( Abschn. 3.5.12) zu erkennen, ist die Angabe des
Prozentanteils der Zellen mit Aberrationen wesentlich. FAZellen sind auch hypersensitiv gegenüber ionisierender Bestrahlung und alkylierenden Substanzen (Cyclophosphamid,
Cisplatin etc.).
3
44
Pädiatrische Hämatologie: Knochenmark
DNA-Vernetzung, sondern O2-Radikale toxisch sind. FAProteine interagieren mit verschiedenen Redoxsystemen wie
mit der NADPH-Zytochrom-p450-Reduktase oder GSTP1
(Kruyt et al. 1998; Cumming et al. 2001).
I
Verstärkte Apoptose und Telomerverkürzung. Eine Reihe
von Studien zeigten eine abnorme Regulation von Apoptose
bei FA (Rosselli 1998). Die Bewertung dieser Beobachtungen
ist im Kontext der DNA-Reparaturdefekte nicht eindeutig.
Eine Verkürzung der Telomere hämatopoetischer Zellen
wurde bei FA-Patienten wie auch bei Patienten mit anderen
aplastischen Anämien beschrieben. Eine hohe individuelle
jährliche Verkürzungsrate der Telomerlänge peripherer Blutzellen geht mit einem hohen Risiko für Knochenmarkversagen und myeloischer Neoplasie einher (Li et al. 2003).
⊡ Abb. 3.3. Chromosomenbrüche in Metaphasen aus einer Lymphozytenkultur eines Patienten mit Fanconi-Anämie. Die Lymphozyten
wurden mit Phytohämagglutinin stimuliert, bevor Diepoxybutan als
DNA vernetzende Substanz hinzugegeben wurde (mit freundlicher
Genehmigung von D. Schindler, Würzburg)
Prolongierte späte S- und G2/M Phase. FA-Zellen zeigen im
Zellzyklus eine prolongierte späte S-Phase und einen verzögerten Übergang von der G2-Phase in die M-Phase (Akkari
et al. 2001). Eine Exposition mit interkalierenden Substanzen
verstärkt die Zellzyklusverzögerung, die vermutlich mit der
verminderten DNA-Reparatureigenschaft der FA-Zelle erklärt werden kann ( Abschn. 3.5.6). Die Beobachtung erklärt
auch, warum FA-Patienten im Vergleich zu gesunden Probanden einen höheren Anteil von Zellen mit doppeltem DNAGehalt haben (Kubbies et al. 1985). Da der zelluläre DNA-Gehalt durchflusszytometrisch einfach zu messen ist, wird diese
Eigenschaft von FA-Zellen auch für diagnostische Zwecke
genutzt.
Erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Sauerstoff. FA-Zellen
zeigen eine erhöhte Chromosomenbruchrate in Kultur mit
hohen O2-Konzentrationen. Eine niedrige O2-Spannung
oder die Zugabe von Antioxidanzien verbessert das Wachstum und verringert die Zahl der Chromosomenbrüche
(Joenje et al. 1981). Die Kultur von MMC stimulierten FAZellen in 5% O2 geht im Gegensatz zur Kultur in 20% O2 mit
einer normalen Chromosomenbrüchigkeit einher (Clarke
et al. 1997). Diese Beobachtungen implizieren, dass nicht die
3.5.4
Komplementationsgruppen
und Fanconi-Anämie-Gene
Im Gegensatz zu FA Zellen, weisen Hybridzellen aus FA und
gesunden Zellen keine erhöhte Chromosomenbrüchigkeit
mehr auf. Eine solche Komplementierung kann auch bei
FA Zellen hybridisiert mit Zellen von FA-Patienten anderer Familien beobachtet werden (Zakrzewski et al 1980).
Solche Komplementationsanalysen führten zur Identifizierung von 8 FA-Komplementationsgruppen: FA-A, B, C,
D1, D2, E, F und G (⊡ Tabelle 3.2; Joenje et al. 1997, 2000;
Timmers et al. 2001). Die meisten Patienten gehören zu
den Komplementationsgruppen FA-A (65–70%), FA-C (10–
15%) und FA-G (~10%) (D‘Andrea u. Grompe 2003; Bagby
2003).
Innerhalb der 8 Komplementationsgruppen konnten 7
FA-Gene identifiziert werden: FANCA, FANCC, FANCD2,
FANCE, FANCF, FANCG und das »Breast-cancer-susceptability«-Gen BRCA2, das der Komplementationsgruppe
FA-D1 zuzuordnen ist (Strathdee et al 1992; Lo Ten Foe et al.
1996; The Fanconi Anaemia/Breast Cancer Consortium
1996; De Winter et al. 1998, 2000a und 2000b; Timmers et al.
2001; Howlett et al. 2002). Patienten mit FA-D1 haben biallelische Mutationen in BRCA2. Kürzlich wurden ein neues
FA-Gen, FANCL, und 2 weitere Komplemtationsgruppen
(FA-I und FA-J) beschrieben (Meetei et al. 2003; Levitus
et al. 2004).
Die Beziehungen des FA-Genotyps zum klinischen Phänotyp sind auf den ersten Blick nicht sehr stark ausgeprägt,
⊡ Tabelle 3.2. Komplementationsgruppen A–G (modifiziert nach Bagby 2003)
Subtyp
Patienten (%)
A
70
B
1
C
10
D1/BRCA2
1
Chromosom
Exone
Protein
163 kD
16q24.3
43
?
?
9q22.3
14
63 kD
13q12–13
27
380 kD
155, 162 kD
?
D2
1
3p25.3
44
E
5
6p21–22
10
60 kD
F
2
11p15
1
42 kD
G
10
9p13
13
68 kD (XRCC9)
45
3 · Aplastische Anämien
Die Mutationen in den FA-Genen, die im Genom weit zerstreut liegen, führen zu einem ähnlichen klinischen Phänotyp, so dass ein gemeinsamer Signaltransduktionsweg angenommen werden konnte. Eine Reihe von Arbeiten haben
gezeigt, dass 5 der 8 bekannten Fanconi-Proteine, FANCA,
FANCC, FANCE, FANCF und FANCG, aneinander binden
und einen Multi-Subunit-Proteinkomplex bilden, der in den
Zellkern transloziert wird (⊡ Abb. 3.4; Medhurst et al. 2001).
Verlust eines der Proteine führt zur Instabilität dieses FAKomplexes (Garcia-Higuera et al. 2000).
Das FANCD2-Protein agiert »downstream« des FA-Komplexes. FANCD2 wird aktiviert, indem an Lysin in Position 561
das 76 Aminosäuren große Peptid Ubiquitin gehängt wird.
Dieser Monoubiquitylierung von FANCD2 kommt eine zentrale Bedeutung zu. Sie ist abhängig von der Assoziation des
FA-Komplexes mit dem FA-Protein FANCL, das Ubiquitinligase-Aktivität besitzt (Meetei et al. 2003). Das ubiquitinylierte FANCD2 wird in DNA-Reparaturfoci rekrutiert, die BRCA1,
und den BRCA2/FANCD1-Komplex mit angelagerten DNAReparaturproteinen wie RAD51 enthalten (Garcia-Higuera
et al. 2001; Taniguchi et al. 2002a).
Die FANCD2-Monoubiquitylierung und nachfolgende
Rekrutierung in DNA-Reparaturfoci wird durch DNA-Schädigung (ionisierende Bestrahlung, interkalierende Substanzen) oder die normale S-Phase des Zellzyklus induziert. Die
Akkumulation des Komplexes BRCA1FANCD2–BRCA1–
Rad51 ist Voraussetzung für die Reparatur von DNA-Schäden
durch interkalierende Substanzen, die im Arrest der S-Phase
vermutlich durch homologe Rekombination erfolgt (Akkari
et al. 2000). Die genauen molekularen Mechanismen sind
noch weitestgehend unbekannt.
Neben der Sensitivität gegenüber interkalierenden Substanzen zeigen FA-Zellen auch ähnlich wie Zellen bei
Ataxia telangiectasia (AT) eine Hypersensitivität gegenüber
ionisierender Bestrahlung. Die bei AT betroffene Kinase
ATM phosphoryliert neben anderen Proteinen auch BRCA1
und FANCD2. Nicht phosphorylierte FANCD2-Mutanten
können den strahleninduzierten S-Phase-Checkpunkt nicht
aktivieren (Taniguchi et al. 2002b). Das FANCD2-Protein
kann also 2 verschiedene posttranslationale Modifikationen
mit unterschiedlichen Konsequenzen durchmachen: die
ATM-abhängige Phosphorylierung (Reparatur von DNADoppelstrangbrüchen nach ionisierender Strahlung) und
die vom FA-Komplex abhängige Monoubiquitylierung (Reparatur von Quervernetzungen innerhalb des DNA-Doppelstrangs).
⊡ Abb. 3.4. Fanconi-Anämie-Signaltransduktionskaskade: Der Fanconi-Anämie-Komplex bestehend aus FANCA, FANCG, FANCC, FANCF
und FANCE assoziiert mit der Ubiquitinligase FANCL und monoubi-
quiliert FANCD, das in DNA-Reparaturfoci mit BRCA1 und dem BRCA2/
FANCD1-Komplex mit seinen angelagerten DNA-Reparaturproteinen
wie RAD51 transloziert wird
da innerhalb einer Komplementationsgruppe alle phänotypischen Ausprägungsgrade vorhanden sind. Patienten der
Komplementationsgruppe G und Patienten mit so genannten
FANCA-Nullmutationen zeigen frühzeitig Zytopenien und
eine hohe Inzidenz myeloischer Neoplasien (Faivre et al.
2000). Ebenso sind FANCC-Patienten mit Mutationen im
Intron 4 oder Exon 14 hämatologischerseits schwerer betroffen und haben ein kürzeres Überleben als solche mit Mutationen in Exon 1 (Kutler et al. 2003a). Kinder mit BRCA2/
FANCD1-Mutationen haben ein hohes Risiko, früh an Hirntumoren, Nephroblastomen und Leukämien zu erkranken
( Abschn. 3.5.8).
3.5.5
Fanconi-Anämie-Signaltransduktionsweg
3
46
I
Pädiatrische Hämatologie: Knochenmark
Das Nijmegen-Breakage-Syndrom (NBS) ist ein weiteres,
seltenes autosomal-rezessiv vererbtes Chromosomenbrüchigkeitssyndrom ( Kap. 24). Zellen von NBS-Patienten zeigen ebenfalls DEB- oder MMC-induzierte Chromosomenbrüchigkeit, wenn auch in geringerem Ausmaß als bei FA.
Das betroffene Protein, Nibrin, wird ebenfalls durch ATM
phosphoryliert und bildet mit MRE11und Rad50 einen so
genannten MRE11-Komplex, der wiederum einen S-PhaseCheckpunkt darstellt und zusammen mit FANCD2 im DNAReparaturfocus lokalisiert ist (Nakanishi et al. 2002).
Neben ihrer Rolle in den verschiedenen DNA-Reparaturkomplexen haben die einzelnen FA-Proteine auch andere
wichtige Funktionen, die ebenfalls durch biallelische Mutationen gestört sein können (Pang et al. 2001). So interagiert
FANCC mit dem Transkriptionsfaktor STAT1, der in der Signaltransduktion vieler Zytokine eine Rolle spielt (Pang et al.
2000). FANCC bindet auch an das Hitzeschockprotein hsp70,
das die Aktivität der proapoptotischen Proteinkinase PKR
moduliert (Pang et al. 2002). Eine Interaktion der FA-Proteine
mit Redoxsystemen wurde im Abschn. 3.5.3 dargestellt. Die
FA-Proteine scheinen somit wichtige Funktionen in Signaltransduktionswegen, die Apoptose und Zellüberleben regulieren, einzunehmen (Bagby 2003; Tischkowitz u. Hodgson
2003).
3.5.6
Molekulare Diagnostik
Der Westernblot mit einem Antikörper spezifisch für die
ubiquitinierte Form von FANCD2 ist eine einfache ScreeningMethode, Defekte in allen FANC-Genen mit Ausnahme von
BRCA2 zu erkennen (Shimamura et al. 2002). In nachfolgenden Komplementationsanalysen werden Lymphozyten, EBVtransformierte B-Zellen oder Fibroblasten der Patienten mit
Retroviren kultiviert, die die bekannten normalen FANCGene in die Zelle einschleusen (Pulsipher et al. 1998; Hanenberg et al. 2002). Die Identifizierung der spezifischen Mutation ist auch nach Festlegung der Komplementationsgruppe
meist sehr arbeitsaufwändig. Wenn einzelne Mutationen in
bestimmten ethnischen Gruppen gehäuft auftreten, wie z. B.
bei deutschen Patienten eine Founder-Mutation im FANCGGen (Demuth et al. 2000), können auch andere ScreeningMethoden wie der Einsatz von DHPLC (»denaturing high
pressure liquid chromatography«) sinnvoll sein (Auerbach
et al. 2003).
! Die Kenntnis des FA-Subtyps und der spezifischen
Mutation erlauben die Identifizierung von homound heterozygoten Genträgern innerhalb einer
Familie. Sie erleichtert evidenzbasierte klinische
Entscheidungen für den betroffenen FA-Patienten
und eine fokussierte genetische Beratung.
3.5.7
Prädisposition für myeloische Neoplasien
Neben der hohen Inzidenz für Fehlbildungen und einem früh
einsetzendem Knochenmarkversagen haben Patienten mit
FA eine deutlich erhöhtes Risiko myeloische Neoplasien und
solide Tumoren zu entwickeln (Rosenberg et al. 2003). Bei
25% der FA-Patienten mit Neoplasien führt die Diagnose des
Malignoms erst zur Diagnose FA (Alter 2003b). Die kumu-
lative Inzidenz für myeloische Neoplasien (MDS, AML) im
Alter von 40 Jahren liegt für FA-Patienten bei 33% (Kutler
et al. 2003a).
Ohne Blastenvermehrung ist die Diagnose MDS schwierig, da dysplastische Veränderungen bei FA wie bei anderen
angeborenen Störungen mit Knochenmarkversagen häufig
sind. Der Nachweis einer Blastenvermehrung oder einer
deutlichen Zunahme der Knochenmarkzellularität bei Fortbestehen der Panzytopenie ist morphologisch hingegen eindeutig. Trotz dieser diagnostischen Einschränkungen lässt
sich zeigen, dass der myeloischen Leukämie in der Regel ein
MDS vorausgeht (Butturini et al. 1994).
Pathophysiologischerseits ist es verständlich, dass die
eingeschränkte Fähigkeit der FA-Zelle DNA-Doppelstränge
zu prozessieren, vermehrt zu unbalancierten Deletionen,
Insertionen und Translokationen führt. Nicht immer ist die
Beziehung der oft fluktuierenden zytogenetischen Klone zur
Progression in eine myeloische Neoplasie eindeutig. Die am
häufigsten auftretenden Aberrationen sind Trisomien von
Chromosom 1 und Monosomien von Chromosom 7 (Maarek
et al. 1996; Alter et al. 2000). Die Berliner Arbeitsgruppe von
Tönnies und Neitzel zeigte kürzlich eine hohe Inzidenz von
klonalen Aberrationen mit Zugewinn von Material an Chromosom 3q26q29 (Tönnies et al. 2003). Einige der Patienten
entwickelten sekundär eine Monosomie 7. Die 3q-Aberrationen implizierten eine 90%-Wahrscheinlichkeit, innerhalb
der nächsten 30 Monate ein MDS/AML zu erleiden.
In der Entwicklung von MDS/AML bei FA kann neben
der Genominstabilität die Hypersensitivität der Zellen gegenüber inhibierenden Zytokinen wie α-Interferon und
Tumornekrosefaktor-α von wesentlicher Bedeutung sein
(Lensch et al. 1999). Der negative selektive Druck, den diese
Zytokine ausüben, ist für das Herauswachsen resistenter
Klone entscheidend. Ein nachfolgender Verlust von Tumorsuppressorgenen (z. B. durch »loss of heterozygosity«) gibt
diesen Zellen weitere Proliferationsvorteile. MDS/AML bei
FA können in vieler Hinsicht als Modell für die Entstehung
sekundärer myeloischer Neoplasien bei Nicht-FA-Patienten
verstanden werden.
3.5.8
Prädisposition für solide Tumoren
Die kumulative Inzidenz, an einer nicht-hämatologischen
Neoplasie zu erkranken, liegt für FA-Patienten mit 40 Jahren
bei 28% und damit in der gleichen Größenordnung wie für
MDS/AML (Kutler et al. 2003a). Die häufigsten Tumoren sind
Plattenepithelkarzinome des Kopf-Hals-Bereichs, der Anogenitalregion und der Haut. Überlebende einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation (SZT) können assoziiert mit
thorakoabdomineller Bestrahlung oder »graft versus host
disease« (GVHD) ein besonders hohes Risiko für maligne
Tumoren haben (Socié et al. 1998; Guardiola et al. 2004).
Das Risiko für Patienten mit FA an Kopf-/Halstumoren
zu erkranken ist 500- bis 700-fach erhöht. Im Gegensatz zum
Auftreten dieser Plattenepithelkarzinome in der Allgemeinbevölkerung sind bei FA Frauen doppelt so häufig wie Männer betroffen. Die Tumoren, die zu 65% in der Mundhöhle
auftreten, sind aggressiv mit früher lymphatischer Metastasierung und lokaler Weichteilinfiltration. Das 2-Jahres-Überleben liegt unter 50%, die Mehrheit der Patienten entwickelt
47
3 · Aplastische Anämien
⊡ Tabelle 3.3. Allgemeine Empfehlungen zur Diagnostik bei FA-Patienten (modifiziert nach Fanconi Anemia Standards for Clinical Care
2003)
Art der Untersuchung
Voraussetzung
Intervall
Hämatologie
Normales Blutbild oder geringgradige
Panzytopenie, kein zytogenetischer Klon
Alle 3–4 Monate
Mittelgradige bis schwere Panzytopenie,
zytogenetischer Klon
alle 1–2 Monate
Blutbild, Retikulozyten
Knochenmark (Morphologie,
Zytogenetik)
Endokrinologie
Leber
Kopf-/
Halstumoren
Gynäkologie
Stabiles Blutbild, kein zytogenetischer Klon
Jährlich
Fragliche Progression, zytogenetischer Klon
Alle 3–6 Monate
Wachstumsgeschwindigkeit
alle Patienten
alle 6 Monate
Knochenalter
Alle Patienten
Jährlich
Androgentherapie
Alle 6–12 Monate
T4, TSH, TBG
Alle Patienten
Alle 6–12 Monate
Oraler Glukosetoleranztest, Insulin
Alle Patienten
Alle 1–2 Jahre
GOT, GPT
Alle Patienten
Jährlich
Androgentherapie
Alle 3–6 Monate
Sonographie Leber
Androgentherapie
Alle 6–12 Monate
Inspektion von Mundhöhle, NasenRachen-Raum (endoskopisch)
Alle Patienten ab 12 Jahren
Alle 6 Monate
Untersuchung, PAP-Abstrich
Alle ab 16 Jahren
Jährlich
Mammogramm
Alle ab 30 Jahren
1- bis-2-jährlich
weitere Primärtumoren (Kutler et al. 2000a). Zur Früherkennung der Läsionen werden ab dem 12. Lebensjahr halbjährliche Inspektionen der Mundhöhle und endoskopische
Untersuchungen des Nasen-Rachen-Raums empfohlen
(⊡ Tabelle 3.3; Owen et al. 2003). Therapie der Wahl ist die
weite chirurgische Exzision des Tumors, Strahlen- und Chemotherapie gehen mit einer hohen Morbitität und Mortalität
einher. Präventiv werden eine strikte Abstinenz von Tabakund Alkoholkonsum (auch Passivrauchen) sowie eine gute
orale Hygiene (ohne alkoholische Spüllösungen) angestrebt.
Ähnlich wie im Kopf-Hals-Bereich sind Karzinome im
Anogenitaltrakt bei Frauen mit FA häufig (Alter 2003b). Das
Risiko, an einem Zervix- bzw. einem Vulvakarzinom zu erkranken, ist 200- bzw. 4000-fach erhöht, das mittlere Erkrankungsalter liegt bei nur 25 bzw. 27 Jahren (Rosenberg et al.
2003). Jährliche Vorsorgeuntersuchungen werden ab der Menarche empfohlen (⊡ Tabelle 3.3). Ob Frauen mit FA ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs haben, ist zur Zeit nicht bekannt.
Die Mehrzahl der Patientinnen mit Karzinomen im Anogenitalbereich hatte vorausgegangene Condylomata (Kutler
et al. 2003a). Auch konnte DNA des humanen Papillomavirus
(HPV) in über 80% der Biopsien von Plattenepithelkarzinomen primär aus der Kopf-Hals-Region nachgewiesen werden
(Kontrollen 36%; Kutler et al. 2003b). FA-Patienten scheinen
ein erhöhtes Risiko für eine HPV-induzierte Karzinogenese
haben; die HPV-Infektion könnte in diesem Zusammenhang
als »2. Hit« verstanden werden. Möglicherweise eröffnen
Impfstrategien gegen HPV (Koutsky et al. 2002) neue Wege
der Tumorprävention.
Lebertumoren finden sich nahezu ausschließlich bei Patienten mit Androgentherapie. Es sind in der Regel nicht-invasive benigne Leberadenome, die – besonders bei gleichzei-
tig bestehender Thrombozytopenie – zu lebensbedrohlichen
Blutungen führen können, sich aber nach Absetzen der Androgenbehandlung in der Regel wieder zurückbilden (Touraine et al. 1993). Hepatozelluäre Karzinome unter Androgentherapie sind selten, eine Erhöhung des α-Fetoproteins kann
fehlen (Soe et al. 1992).
Bei Kindern mit FA sind Hirntumoren, insbesondere Medulloblastome, und Nephroblastome beschrieben. Beide Tumoren, wie auch das sehr frühe Auftreten von myeloischen
Neoplasien und T-ALL, sind mit biallelischen BRCA2/
FANCD1-Mutationen assoziiert (Offit et al. 2003; Hirsch et al.
2004; Wagner et al. 2004). Interessanterweise ging den Neoplasien nicht immer eine Panzytopenie voraus.
3.5.9
Hämatopoetische Stammzelltransplantation
Die SZT ist bisher die einzige kurative Therapie für Patienten
mit FA. Sie stellt aus vielen Gründen eine besondere Herausforderung dar. Die Konditionierung muss der erhöhten Zytotoxizität von Alkyanzien und Bestrahlung Rechnung tragen.
Eine GVHD sollte wegen des hohen Risikos sekundärer Karzinome vermieden werden (Deeg et al. 1996). Gleichzeitig
haben FA-Patienten eine vergleichsweise hohe Wahrscheinlichkeit eine akute oder chronische GVHD zu entwickeln
(Guardiola et al. 2004). Ursächlich können der Defekt im
DNA-Reparaturmechanismus und das bei zellulärem Stress
rasche Einsetzen von Apoptose sein.
Die SZT bei FA wird in einem frühen Stadium des Knochenmarkversagens angestrebt. Bei fortgeschrittenem MDS
oder AML können Konditionierungsregime mit reduzierter
Intensität zwar einen ausreichenden »Graft-versus-leukemia« (GVL)-Effekt erzielen, durch das gleichzeitige Auftreten
3
48
I
Pädiatrische Hämatologie: Knochenmark
von schwerer GVHD gehen diese Transplantationen jedoch
mit einer hohen Mortalität einher (Guardiola et al. 2003).
Geschwisterspender
Nachdem die SZT der FA-Patienten vom genotypisch HLAidentischem Geschwisterspender (»matched family donor«,
MFD) mit der Standardkonditionierung für die erworbene
aplastische Anämie mit einer hohen Mortalität einhergegangen war, gelang der Arbeitsgruppe von Gluckman in Paris in
den frühen 80er-Jahren der Durchbruch mit der Einführung
einer thorakoabdominalen Bestrahlung (500 cGy) und niedrigdosiertem Cyclophosphamid (Cy; 20 mg/kg; Gluckman
et al. 1983; Socié et al. 1998). Die Langzeitergebnisse der so
behandelten Patienten zeigen, dass FA-Patienten im Vergleich
zu Patienten mit erworbener aplastischer Anämie ein deutlich höheres GVHD-Risiko haben, und dass die GVHD ein
Risikofaktor für das spätere Auftreten von Karzinomen im
Kopf-Hals-Bereich ist (Guardiola et al. 2004). Die kumulative
Inzidenz dieser Tumoren lag 15 Jahre nach SZT bei 53%.
Um das Tumorrisiko zu verringern, wird heute bei der
Geschwistertransplantation weitgehend auf eine thorakoabdominale Bestrahlung verzichtet. Alternative Transplantationsstrategien haben hochdosiertes (Flowers et al. 1996) oder
niedrigdosiertes Cy (Dokal u. Roberts 1996; Medeiros et al.
2000) allein eingesetzt. Viele Zentren prüfen z. Zt. Konditionierungsstrategien mit Cy und Fludarabin, einer immunsuppressiven und gering zytotoxischen Substanz (Kapelushnik
et al. 1997; De Medeiros et al. 2001). Die GVHD Prophylaxe
wird mit Cyclosporin allein oder in Kombination mit Antithymozytenglobulin (ATG) oder T-Zelldepletion durchgeführt. Auf Methotrexat wird wegen der Nebenwirkungen
Mukositis und Lebertoxizität verzichtet, als Stammzellquelle
wird meist Knochenmark eingesetzt.
! Bei einer Wahrscheinlichkeit des 2-Jahres-Überlebens von 66–80% (Gluckman et al. 1995; Dufour et al.
2001a) kann die SZT vom Geschwisterspender frühzeitig bei beginnendem Knochenmarkversagen
(Hb <8 g/dl, Thrombozyten<50.000/µl oder Granulozyten <1000/µl) empfohlen werden. Auf eine Androgenbehandlung vor SZT sollte wegen der Lebertoxizität verzichtet werden. Beim Geschwisterspender
ist eine FA mittels DEB-Testung oder molekularer
Analyse sicher auszuschließen.
Fremdspender
Die Ergebnisse der SZT vom Fremdspender (»unrelated
donor«, UD) waren in der Vergangenheit wenig zufriedenstellend (Davies et al. 1996; Zwaan et al. 1998; MacMillan et al.
2000). In einer Analyse der European Group for Blood and
Marrow Transplantation (EBMT) lag die Wahrscheinlichkeit
des Überlebens 3 Jahre nach SZT bei 33% (Guardiola et al.
2000). Eine T-Zelldepletion verringerte zwar das Risiko für
GVHD, verbesserte bei erhöhter Abstoßungsrate aber nicht
das Überleben. Patienten mit 3 Fehlbildungen hatten ein
deutlich schlechteres Überleben; Alter über 10 Jahre bei SZT
und eine vorausgegangene Androgentherapie waren weitere
Risikofaktoren. Da in den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Transplantationsserien nur bei wenigen Patienten die
Komplementationsgruppe oder der Genotyp bekannt sind,
kann die Frage nach einer Assoziation zwischen Genotyp,
Phänotyp und Transplantationsergebnis nicht beantwortet
werden.
Neuere Ansätze zur Fremdspendertransplantation nutzen Fludarabin, niedrigdosiertes Cy und T-Zelldepletion
(De la Fuente et al. 2003; Boyer et al. 2003). Ob hiermit ein
sicheres Engraftment bei geringer GVHD-Rate erzielt werden kann, oder ob der zusätzliche Einsatz von Strahlentherapie oder niedrigdosiertem Busulfan zu besseren Langzeitergebnissen führt, bleibt abzuwarten. Abhängig von der
Stammzellquelle (Knochenmark, periphere Blutstammzellen
oder Nabelschnurblut), Ausmaß des HLA-Mismatch zwischen Spender und Empfänger, Stadium der Erkrankung
(Panzytopenie oder MDS oder AML), Alter des Patienten
und spezifischen Organschäden sind Konditionierung und
GVHD-Prophylaxe individuell anzupassen. Nachdem die
erste SZT mit Stammzellen aus Nabelschnurblut 1988 von der
Arbeitsgruppe von Gluckman bei einem Kind mit FA durchgeführt wurde (Gluckman et al. 1989), ist diese Art der SZT
besonders beim Fehlen eines HLA-identischen UD eine Therapieoption.
Im Vergleich zur SZT vom MFD wird die Transplantation
vom UD wegen des erhöhten Risikos meist in einer späteren
Krankheitsphase durchgeführt. Der bestmögliche Zeitpunkt
einer Fremdspendertransplantation und insbesondere der
Einfluss einer vorausgegangenen Androgentherapie werden
zurzeit intensiv diskutiert, ohne dass bisher eindeutige Antworten gegeben werden können. Alle FA-Patienten sind bald
nach Diagnosestellung einem Transplantationszentrum vorzustellen, damit frühzeitig nach Beratung durch das Transplantationsteam eine Fremdspendersuche eingeleitet werden
kann. Spätere Entscheidungen zur SZT sollten vom Patienten,
seinen Eltern und dem Behandlungsteam gemeinsam getragen werden.
Von einigen Zentren wird die Entnahme von autologen
hämatopoetischen Stammzellen für Patienten ohne MFD
empfohlen. Bei der geringen Knochenmarkzellularität sind
oft nur wenige Stammzellen zu ernten. Ob die Reinfusion
dieser Zellen bei Transplantationsversagen nach UD-SZT
sinnvoll ist, oder ob die Stammzellen für eine spätere Gentherapie oder in der Behandlung anderer Organschäden eingesetzt werden können, ist zur Zeit offen.
3.5.10 Androgene
Androgene wurden erstmals in den 50er-Jahren von Shahidi
und Diamond eingesetzt (Shahidi u. Diamond 1961). Bei unbekanntem Wirkmechanismus verbessern sie die Panzytopenie bei 50–70% der Patienten. Ihre Hauptwirkung betrifft
die Erythropoese; Retikulozytenzahl und Hb steigen innerhalb der ersten 2–3 Monate der Behandlung an. In der Folge
können die Thrombozyten- und gelegentlich auch Leukozytenzahlen ansteigen. Erst nach 6-monatiger Behandlung
sollte ein mögliches Nicht-Ansprechen konstatiert werden.
Langfristig werden alle Patienten refraktär für die Androgenwirkung. Eine Androgentherapie kann die Progression in
eine myeloische Neoplasie nicht verhindern. Ihre Bedeutung
als möglicher Risikofaktor für eine spätere Transplantation
ist offen ( Abschn. 3.5.9).
Unter den Nebenwirkungen der Androgene ist die Maskulinisierung für Mädchen und Frauen besonders trauma-
49
3 · Aplastische Anämien
tisch. Von einer begleitenden Steroidtherapie zur Verzögerung der Wachstumsakzeleration wird abgeraten. Leberwerte
sollten regelmäßig kontrolliert werden ( Tabelle 3.3), beim
Anstieg der Transaminasen auf das 3- bis 5-fache der Norm
wird eine Dosisreduktion der Androgene bis zur Verbesserung der Werte empfohlen. Eine Peliosis hepatis (zystische Dilatation der Sinusoide) ist oft asymptomatisch. Sie
kann wie Leberadenome ( Abschn. 3.5.8) zu jedem Zeitpunkt unter Therapie entstehen; beide Veränderungen bilden sich nach Absetzen der Androgene meist zurück (Soe
et al. 1992).
Nebenwirkung einer Androgentherapie:
 Maskulinisierung (tiefere Stimme, Akne, Verlust von
Kopfhaar/Glatze, zunehmende Körperbehaarung,
Vergrößerung der äußeren Genitalien)
 Hyperaktivität, Stimmungsschwankungen
 Zunahme von Appetit und Gewicht, Wasserretention
 Wachstumsschub, vorzeitiger Verschluss der
Epiphysen
 Zunehmende Muskelmasse
 Cholestase und Erhöhung der Leberwerte
 Leberadenome
 Peliosis hepatis
 Bluthochdruck
Bei Fehlen eines Geschwisterspenders ist eine Androgentherapie in der Regel nach Abfall des Hb <8 g/dl und/oder der
Thrombozytenzahl <30.000/µl indiziert. Das Standardpräparat ist Oxymetholon, das in Deutschland über eine internationale Apotheke erhältlich ist. Die initiale Dosis beträgt
2 (–5) mg/kg/Tag, bei 50 mg Tabletten erfolgt eine Rundung
auf halbe Tabletten. Nach Stabilisierung der Blutwerte oder
Anstieg des Hb sollte durch Dosisreduktionen alle 2–3 Monate die niedrigste wirksame Dosis ermittelt werden.
3.5.11 Zytokine und supportive Therapie
G-CSF (Rackoff et al. 1996) und GM-CSF (Guinan et al. 1994)
können die Neutrophilenzahlen bei FA-Patienten verbessern.
Ihr Einsatz kann bei schwerer Neutropenie (<500/µl) oder
lebensbedrohlichen Infektionen erwogen werden. Wenige
Patienten zeigten auch einen Anstieg von Hb oder Thrombozytenzahlen. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Zytokintherapie und Entstehung einer myeloischen Neoplasie ist
nicht nachweisbar. Der Einsatz von Erythropoetin ist nur bei
Niereninsuffizienz sinnvoll.
In der Vergangenheit wurden anämische FA-Patienten
nur bei deutlicher Symptomatik (Abgeschlagenheit, Tachykardie, Tachydyspnoe) mit Erythrozyten transfundiert. Um
einen normalen Tagesablauf mit altersentsprechenden Aktivitäten zu ermöglichen, transfundieren heute viele Hämatologen bei minimalen Hb-Werten von 7–8 g/dl. Überlegungen
zur Eisenüberladung und subkutanen Desferrioxamintherapie orientieren sich an denen bei Thalassämiepatienten
( Kap. 14). Bei schwerer Thrombozytopenie können intravenöse Desferrioxamingaben notwendig sein. Der Einsatz von
oralen Chelatoren ist bei FA bisher nicht etabliert.
Die Substitution von Thrombozyten ist bei ausgeprägten
Hämatomen, Nasenbluten, anderen schweren Blutungen
oder vor invasiven Eingriffen notwendig. Niedrige Thrombozytenzahlen ohne ausgeprägte Blutungszeichen stellen in der
Regel keine Indikation zur Transfusion dar. Tranexamsäure
(10–15 mg/kg alle 6–8 h) kann bei Mukosablutungen hilfreich
sein. Alle Medikamente, die die Plättchenfunktion verringern
können (z. B. nichtsteroidale Antiphlogistika wie Ibuprofen)
sind kontraindiziert.
3.5.12 Somatische Mosaike und Gentherapie
Ca. 10–25% der FA-Patienten haben nicht-leukämische Blutzellen, die keine induzierbare Chromosomenbrüchigkeit
mehr aufweisen (so genannte DEB- oder MMC-Resistenz).
Voraussetzung für ein solches somatisches Mosaik ist eine
spontane Reversion in einem Allel des defekten Gens. Die
zugrunde liegenden molekularen Mechanismen sind unterschiedlich und beinhalten u. a. mitotische Rekombinationen
(beide Mutationen jetzt auf einem Allel, ein normales Allel),
kompensatorische Verschiebungen im Leseraster und Rückmutationen (Gross et al. 2002).
Lymphohämatopoetische Stammzellen, bei denen eine
solche molekulare Selbstkorrektur erfolgt ist, können einen
Proliferationsvorteil gegenüber erkrankten FA-Zellen haben.
Tatsächlich kann die normale Zellpopulation innerhalb eines
Mosaiks im Laufe der Zeit zunehmen (Waisfisz et al. 1999)
und dies mit einem wenig ausgeprägten Phänotyp einhergehen. In diesen Fällen kann die FA-Diagnostik an Blutzellen
auch zu falsch-negativen Ergebnissen führen und die Untersuchung von Fibroblasten notwendig machen. Interessanterweise entwickeln viele Patienten mit Mosaik aber trotz der
»natürlichen« Gentherapie ein progredientes Knochenmarkversagen (Auerbach et al. 1989). Diese Beobachtung könnte
Folge einer inkompletten Komplementierung durch die Reversion sein, bei der die Chromosomenbrüchigkeit, nicht
aber die Hypersensitivität gegenüber Zytokinen korrigiert
wird (Bagby 2003). Die spontane Reversion einer Stammzelle
schließt auch die Entwicklung einer klonalen zytogenetischen Aberration in einer anderen nicht-korrigierten Stammzelle nicht aus (Gregory et al. 2001).
Besondere Probleme ergeben sich für FA-Patienten mit
Mosaiken bei SZT. Die niedrigdosierte Konditionierung kann
für die korrigierte Zellpopulation nicht ausreichend immunsuppressiv sein, so dass es zur Abstoßung des Transplantats
kommt (MacMillan et al. 2000).
Die Fragen nach der Langlebigkeit des Klons mit genetischer Reversion und der Möglichkeit der Leukämogenese in
nicht-korrigierten Zellpopulationen sind auch für die Einschätzung des Erfolgs einer somatischen Gentherapie relevant. Eine Einschätzung der möglichen Bedeutung der somatischen Gentherapie als Therapieoption für FA kann zurzeit
nicht abgegeben werden. Bisherige klinische Studien bei
FANCC und FANCA mit retroviralen Vektoren waren eher
enttäuschend (Liu et al. 1999; Walsh et al. 2001). Der Einsatz
von lentiviralen Vektoren mag erfolgversprechender sein
(Galimi et al. 2002).
3
50
Pädiatrische Hämatologie: Knochenmark
Dyskeratosis congenita
3.5.13 Pränatale Diagnostik
3.6
Die pränatale Diagnose einer FA kann durch Bestimmung
der Chromosomenbrüchigkeit an Chorionzotten in der 9. bis
12. oder Amnionzellen in der 16. Schwangerschaftswoche
durchgeführt werden (Auerbach et al 1985). Ist die spezifische
Mutation der Familie bekannt, wird die direkte DNA Analyse
möglich.
Die Anwendung der Präimplantationsdiagnostik (PID)
ist umstritten. Die PID nach In-vitro-Fertilisation wurde ursprünglich entwickelt, um Embryonen, die von einer bekannten monogenen Erbkrankeit betroffen sind, vor Beginn der
Schwangerschaft zu diagnostizieren und den betroffenen
Familien eine Alternative zur pränatalen Diagnostik mit
Schwangerschaftsabbruch zu ermöglichen. PID bei FA wird
aber nicht nur dazu benutzt, eine FA auszuschließen, sondern
auch, um für einen bestimmten HLA-Typ zu selektionieren.
Die HLA-identischen Stammzellen aus Nabelschnurblut des
durch PID ausgewählten gesunden Kindes ermöglichen die
SZT des erkrankten Geschwister (Grewal et al. 2004). Die PID
ist in den USA derzeit gesetzlich nicht reguliert, in den meisten europäischen Ländern ist ihr Einsatz zur positiven Selektion bestimmter Merkmale nicht erlaubt.
Die Dyskeratosis congenita, zuerst 1906 beschrieben von
Zinsser (Zinsser-Engman-Cole-Syndrom), ist eine angeborene Multisystemerkrankung, bei der das ektodermale und
hämatopoetische System besonders betroffen sind. Abnorme Hautpigmentierung, Nageldystrophie, Leukoplakie der
Schleimhäute und progredientes Knochenmarkversagen
stehen im Vordergrund. Neben der Panzytopenie können
Neoplasien und eine schwere Lungenerkrankung zum Tode
führen. Die Erkrankung wird X-chromosomal, autosomalrezessiv oder dominant vererbt.
I
3.5.14 Prognose und Patientenbetreuung
Die mediane Überlebenszeit für Patienten mit FA ist 24 Jahre
(Kutler et al. 2003a). Etwa ein Drittel der Patienten wird
älter als 30 Jahre. Eine frühe Diagnosestellung ist wünschenswert, da sie das adäquate Management der hämatologischen
Probleme, die elektive Korrektur der angeborenen Fehlbildungen vor Einsetzen der Thrombozytopenie, die genetische
Beratung der Familie und die Identifizierung ebenfalls betroffener Geschwister ermöglicht. Auch die Fragen zur SZT
sollten frühzeitig besprochen werden, damit eine Spendersuche vor dem Auftreten schwerwiegender hämatologischer Komplikationen eingeleitet werden kann. Besonders
wichtig ist die individuelle psychosoziale Unterstützung der
Familie.
! Schon bei Verdacht auf FA sollten Patient und
Familie an ein spezialisiertes pädiatrisch-hämatologisches Zentrum überwiesen werden. Auch wenn
Leitlinien für viele Bereiche des klinischen Managements von FA-Patienten erstellt wurden, ist die
Behandlung eines Patienten immer individuell und
bedarf einer ausreichenden Erfahrung eines multidisziplinären Behandlungsteams.
Die Behandlung und Begleitung eines Patienten mit FA ist
komplex und bedarf vieler Spezialisten ( Tabelle 3.3), die gut
koordiniert und aufeinander abgestimmt eine bestmögliche
und individuelle Versorgung gewährleisten müssen. Der Austausch mit anderen Betroffenen innerhalb der sehr aktiven
FA-Selbsthilfegruppen ist für viele Familien eine wichtige
Quelle der Information und Unterstützung (Deutschland:
www.fanconi.de, USA: www.fanconi.org). Der Herausforderung, die die Krankheit FA heute stellt, wird nur eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Spezialisten, Kinderärzten, Patienten, Familien, Selbsthilfegruppen und Forschern gerecht.
3.6.1
Klinisches Erscheinungsbild
Nach unauffälliger früher Kindheit, treten Haut- und Nagelveränderungen in der Regel erstmals im Alter von 5–10 Jahren auf (Dokal 2000). Die retikuläre Hyperpigmentierung
betrifft zunächst meist das Gesicht, den Hals, die Arme und
den Thorax, kann aber im Verlauf zunehmend den ganzen
Körper bedecken und teleangiektatische sowie erythematöse
Komponenten aufweisen. Nagelveränderungen, die mit longitudinalen Rillen beginnen (⊡ Abb. 3.5), können bis zum Verlust des Organs fortschreiten. Leukoplakien finden sich in der
oralen Mukosa und besondere auf der Zunge, aber auch auf
den Konjunktiven und in der anogenitalen Schleimhaut. Tränenträufeln (Epiphora) durch Verlegung des Ductus nasolacrimalis wird bei ca. einem Drittel der Patienten beobachtet. Konjunktivitis, Blepharitis, Strabismus, Katarakt und
Optikusatrophie sind andere okuläre Manifestationen. Auch
eine Hyperhidrose der Hände und Füße, spärlicher Haarwuchs/Haarverlust, Karies/Zahnverlust, gastrointestinale
(Ösophagusstrikturen) und urogenitale (Hypognonadismus,
Retentio testes) Auffälligkeiten, Skelettveränderungen (Osteoporose, aseptische Nekrose), Minderwuchs und Entwicklungsverzögerung werden beobachtet. Eine lebensbedrohliche Lungenerkrankung mit Ventilations- und Diffusionsstörung steht bei ca. 20% der Patienten im Vordergrund.
Histologisch liegt ihr eine pulmonale Fibrose und Gefäßveränderungen zugrunde, pathogenetisch könnte eine erhöhte
Plasmakonzentration des Von-Willebrand-Faktors von Bedeutung sein (Dokal 2000).
⊡ Abb. 3.5. Dystrophe Nagelveränderungen bei Dyskeratosis congenita (mit freundlicher Genehmigung des Patienten und E. Bergsträßer,
Zürich)
51
3 · Aplastische Anämien
Das Hoyerall-Hreidarsson-Syndrom (Hoyerall et al. 1970;
Hreidarsson et al. 1988) charakterisiert durch eine intrauterine
Wachstumsverzögerung, Mikrozephalie, zerebelläre Hypoplasie, mentale Retardierung, zunehmende Immundefizienz
und aplastische Anämie ist eine ausgeprägte Variante der
X-chromosomal vererbten Dyskeratosis congenita mit Mutationen im DKC1-Gen ( unten; Knight et al. 1999). Bei den
autosomal vererbten Formen der Dyskeratosis congenita
scheint die dominante Form schwerer zu verlaufen als die
rezessiv vererbte Erkrankung.
3.6.2
Hämatopoese und Neoplasien
Nahezu alle Patienten erleiden ein progredientes Knochenmarkversagen, in 80–90% der Fälle bis zum Alter von 30 Jahren (Median 8 Jahre; Dokal et al. 2000). Eine Thrombozytopenie und makrozytäre Anämie sind die ersten Anzeichen
der Panzytopenie, die sich selten auch einmal vor den mukokutanen Veränderungen entwickeln kann. Einige Patienten
zeigen auch eine zunehmende zelluläre und humorale Immundefizienz. Die Zahl der hämatopoetischen Progenitoren
ist deutlich vermindert und nimmt im Laufe der Zeit weiter
ab (Dokal 2000).
Auch wenn einzelne Patienten mit MDS und Blastenvermehrung beschrieben sind, ist das Risiko an einer myeloischen Neoplasie zu erkranken bei Dyskeratosis congenita
wesentlich geringer als bei der Fanconi-Anämie. Plattenepithel- und Adenokarzinome des Oropharynx und Gastrointestinaltrakts werden ab der dritten Dekade gehäuft beobachtet.
3.6.3
Chromosomale Instabilität
Neuere Untersuchungen zeigen, dass Patienten mit Dyskeratosis congenita keine erhöhte Chromosomenbrüchigkeit
nach Exposition mit interkalierenden Substanzen, Alkylanzien oder Bestrahlung aufweisen (Coulthard et al. 1998).
Fibroblasten und Metaphasen peripherer Blutzellen zeigen
allerdings spontan di- und trizentrische Chromosomen sowie Translokationen (Dokal et al. 1992). Im Gegensatz zur
Fanconi-Anämie mit Chromosomenbrüchen finden sich bei
der Dyskeratosis congenita chromosomale Rearrangements
als Zeichen chromosomaler Instabilität.
3.6.4
Molekulargenetik
Nach Kopplungsanalysen in einer großen Familie mit ausschließlich männlichen Patienten konnte das Gen der Xchromosomal vererbten Form der Dyskeratosis congenita
auf Xq28 am unteren Ende des X-Chromosoms lokalisiert
(Connor et al. 1986) und später als DKC1-Gen identifiziert
werden (Heiss et al. 1998). Das DKC1-Genprodukt, Dyskerin,
ist ein hoch konserviertes nukleoläres Protein, das mit einer
kleinen Gruppe nukleolärer RNA-Moleküle (so genannter
H/AC-snoRNA) assoziiert. Zusammen mit 3 anderen Proteinen (NOP1, NHP2 und GAR1) bilden Dyskerin und die
snoRNA einen Komplex (snoRNP), der für die posttranskriptionelle Modifikation von ribosomaler RNA von Uridin zu
⊡ Abb. 3.6. Mögliches Modell der Assoziation zwischen der RNAKomponente der Telomerase (TERC), der reversen Transkriptase
(hTERT), Dyskeratin und den Riboproteinen GAR1, NHP2 und NOP10
⊡ Abb. 3.6. Mögliches Modell der Assoziation zwischen der RNAKomponente der Telomerase (hTERC), der reversen Transkriptase
(hTERT), Dyskeratin und den Riboproteinen GAR1, NHP2 und NOP10
Pseudouridin verantwortlich ist. Dyskerin ist dabei die aktive
Pseudouridinsynthase. Dyskerin, NOP1, NHP2 und GAR1
assoziieren auch mit der RNA-Komponente der Telomerase
(hTERC; ⊡ Abb. 3.6; Mitchell et al. 1999). Nachdem erkannt
wurde, das das hTERC-Gen bei der autosomal-dominanten
Form der Dyskeratosis congenita mutiert ist (Vulliamy et al.
2001), war anzunehmen, dass der Pathologie der Dyskeratosis
congenita eine abnorme Aktivität der Telomerase zugrunde
liegt (Bessler et al. 2004).
Der Telomerasekomplex ist für die Synthese der repetitiven Sequenzen der Chromosomenenden verantwortlich. Er
besteht aus der reversen Transkriptase hTERT, die die assoziierte RNA-Komponente TERC als komplementären Nukleotidsäurestrang benutzt, um bei der Replikation verlorene
Nukleotide wieder hinzuzufügen (⊡ Abb. 3.6). Dyskerin
scheint für die Stabilität von TERC wesentlich; Patienten mit
Dyskeratosis congenita zeigen eine verringerte TERC-Expression. Während murine Nullvarianten von Dkc1 letal sind
(He et al. 2002), ist eine Variante mit verringerter Dkc1-Expression dem menschlichen Phänotyp ähnlich (Ruggero et al.
2003). Weibliche und männliche Mäuse zeigen eine moderate
Anämie und eine ausgeprägte Prädisposition für Tumoren.
Verkürzte Telomere finden sich in diesen hypomorphen
Dkc1m-Mäusen erst ab der 4. Generation (Labormäuse haben
sehr lange Telomere), was die Bedeutung der dysregulierten
ribosomalen Funktion für den Phänotyp der Dyskeratosis
congenita unterstreicht.
Patienten mit Dyskeratosis congenita haben verkürzte
Telomere (Mitchell et al. 1999). Ähnliche Veränderungen
werden auch bei Patienten mit erworbener aplastischer
Anämie beobachtet, ohne dass hier eine Beziehung zwischen
der Telomerlänge und der Schwere der Panzytopenie besteht
(Brummendorf et al. 2001). Heterozygote TERC-Mutationen
wurden allerdings in größeren Kohorten von Patienten mit
erworbener aplastischer Anämie, MDS oder paroxysmaler
nächtlicher Hämoglobinurie (PNH) selten gefunden (Yamaguchi et al 2003). Die Entdeckung der Mutationen in DKC1
3
52
I
Pädiatrische Hämatologie: Knochenmark
⊡ Tabelle 3.4. Untergruppen der Dyskeratosis congenita (modifiziert nach Dokal 2003)
Untergruppe
Zahl der
Patienten (%)
Chromosomale
Lokalisation
RNA/ProteinProdukt
Zahl der
Mutationen
X-chromosomal
40–50
Xq28
Dyskerin
>25
Autosomal-dominant
>10
3q21–3q28
TERC
<10
Autosomal-rezessiv
40–50
?
?
?
und TERC in Familien mit Dyskeratosis congenita erlaubt
eine eindeutige molekulare und pränatale Diagnostik für
ca. die Hälfte der Patienten (⊡ Tabelle 3.4).
3.6.5
Therapie und Prognose
Das Management der Panzytopenie bei Dyskeratosis congenita ist ähnlich wie das bei Fanconi-Anämie. Oxymetholon
kann bei ca. 50% der Patienten eine Verbesserung der Blutwerte erzielen. Ein vorübergehendes Ansprechen wurde auch
auf die Wachstumsfaktoren GM-CSF, G-CSF und Erythropoetin beobachtet (Russo et al. 1990; Alter et al. 1997). Die
Ergebnisse der SZT mit Geschwisterspendern sind bisher
deutlich schlechter als bei der Fanconi-Anämie (Ghavamzadeh et al. 1999). Sie sind durch eine hohe Rate pulmonaler und
später vaskulärer Komplikationen geprägt. Der Verzicht auf
Busulfan, eine Fludarabin-basierte Konditionierung und der
Einsatz der SZT bei Patienten ohne vorbestehende Lungenkomplikationen könnte zu einem verbesserten Überleben
führen (Cossu et al. 2002).
Die meisten Patienten mit Dyskeratosis congenita sterben
vor dem 30. Lebensjahr. Todesursachen sind Knochenmarkversagen/Immundefizienz (≈60–70%), pulmonale Komplikationen (≈10–15%) und Neoplasien (≈5–10%; Dokal 2000).
Das 1995 am Hammersmith-Hospital in London etablierte
Register für Patienten mit Dyskeratosis congenita (Knight
et al. 1998) wird die Erforschung dieser seltenen Erkrankung
erleichtern und langfristig zur Verbesserung der bisher ungünstigen Prognose beitragen.
3.7
Andere angeborene aplastische
Anämien
Bei einigen Formen der angeborenen aplastischen Anäminen, wie der amegakaryozytären Thrombozytopenie
( Kap. 34) oder dem Shwachman-Diamond-Syndrom
( Kap. 17.7) stehen zunächst Zytopenien einer Zellreihe im
Vordergrund bevor sich später eine Panzytopenie entwickelt.
Da bei einer Reihe angeborener Störungen mit Knochenmarkversagen skelettale Auffälligkeiten besonders von Radius, Ulna und der Hände zu beobachten sind (⊡ Tabelle 3.5),
müssen die betroffenen Gene sowohl in der Hämatopoese
wie auch Skelettentwicklung eine wichtige Rolle spielen. Eines dieser Gene ist HOXA11; Patienten mit HOXA11-Mutationen haben beidseits eine radioulnare Synostose und fallen
in der Neonatalperiode durch eine Thrombozytopenie auf
(Thompson et al. 2000, 2001). Letztere kann sich in der Folge
normalisieren, bevor sich langfristig eine Knochenmarkaplasie einstellt. Radioulnare Synostosen mit spätem Knochenmarkversagen im Erwachsenenalter wurden ebenfalls
beschrieben (Dokal et al. 1989). Eine Abgrenzung zu anderen
Syndromen wird erst durch die Kenntnis der molekularen
Defekte möglich sein; differenzialdiagnostisch zu erwähnen
sind das WT-Syndrom (genannt nach Familien W und T,
autosomal-dominant, radiale/ulnare Hypoplasie, Leukämien;
Gonzalez et al. 1977) und das IVIC-Syndrom (autosomaldominant, radiale Hypoplasie, Hörverlust, Ophthalmoplegie;
Arias et al. 1980).
Neben Panzytopenien mit Skelettveränderungen sind
auch eine Reihe von angeborenen aplastischen Anämien
mit zerebralen Fehlbildungen beschrieben. Beim SeckelSyndrom (autosomal-rezessiv, Zwergwuchs, Vogelgesicht,
⊡ Tabelle 3.5. Angeborene aplastische Anämien mit skelettalen Auffälligkeiten von Armen und Händen (modifiziert nach Slayton
und Schibler 2000)
Erkrankung
% mit Anomalien
von Arm/Hand
Alter bei Diagnose
(Median)
Prädisposition für
myeloische Neoplasie
Fanconi-Anämie
50
8,0 Jahre
+
Diamond-Blackfan-Anämie
10
0,5 Jahre
+
Thrombozytopenie mit fehlendem Radius
100
16 Tage
–
Knochenmarkversagen mit radioulnarer
Synostose
100
Neugeboren oder erwachsen
–
WT-Syndrome
100
1 Jahr bis erwachsen
+
IVIC-Syndrome
100
Erwachsen
–
53
3 · Aplastische Anämien
schwere mentale Retardierung) scheint – ähnlich wie bei der
Fanconi-Anämie und der Dyskeratosis congenita – eine
Chromosomeninstabilität Urschache der sich entwickelnden
aplastischen Anämie sein (Bobabilla-Morales et al. 2003).
Auch das Dubowitz-Syndrom (Wachstumsretardierung,
typische Facies, Kryptorchismus; Berthold et al. 1987) sind
ebenso wie bei Patienten mit Down-Syndrom (Pavithran u.
Raji 2003) aplastische Anämien beschrieben.
Kinder mit Pearson-Syndrom (Pearson et al. 1979) präsentieren sich im 1. Lebensjahr mit Anämie oder Durchfall
(Munnich et al. 1996). Ursache der Multisystemerkrankung
sind unterschiedlich langstreckige Deletionen mitochondrialer DNA mit nachfolgender gestörter oxidativer Phosphorylierung ( Kap. 31; Rötig et al. 1991, 1995). Die makrozytäre
Anämie mit Retikulozytopenie ist in der Regel transfusionsbedürftig und von einer mehr oder weniger ausgeprägten
Neutropenie und Thrombozytopenie begleitet. Das HbF ist
oft erhöht. Im normo- oder hypozelluären Knochenmark
zeigen sich eine charakteristische Vakuolisierung ( Kap. 31)
und Ringsideroblasten. Es ist nicht klar, warum sich die Panzytopenie – oft eingeleitet durch eine plötzlich auftretende
Retikulozytose – im frühen Kindesalter verbessert und meist
normalisiert.
Erworbene aplastische Anämie
3.8
Die erworbene aplastische Anämie ist eine seltene, schwere
Erkrankung des blutbildenden Systems. Ursache der peripheren Panzytopenie ist eine durch T-Lymphozyten vermittelte Immunattacke auf Stamm- und frühe Progenitorzellen.
Die Folge ist das Versiegen der Produktion von Erythrozyten,
Thrombozyten und Leukozyten im Knochenmark. Das klinische Bild ist durch eine aregeneratorischer Anämie, Blutungsneigung, schwere bakterielle Infektionen und systemische Pilzinfektionen geprägt. Die allogene Stammzelltransplantation und die immunsuppressive Therapie stehen als
therapeutische Optionen zur Verfügung.
3.8.1
Definition
Die erworbene aplastische Anämie (AA) ist definiert als erworbene Aplasie des Knochenmarks mit Reduktion der Zellularität auf unter 30% der Altersnorm und konsekutiver
Zytopenie im peripheren Blut. Ursächlich für die Bildungsstörung ist der Untergang hämatopoetischen Gewebes durch
eine gesteigerte Apoptose. Für die Therapie entscheidend
sind die Schweregrade der AA (Camitta et al. 1982).
Definition
Für die Diagnose »schwere aplastische Anämie (SAA)«
müssen 2 der 3 Kriterien – Anämie mit Retikulozytopenie
<20.000/µl, Thrombozytopenie <20.000/µl und Granulozytopenie <500/µl – erfüllt sein. Von einer sehr schweren
AA (»very severe aplastic anemia«, VSAA) spricht man bei
einer Granulozytenzahl von unter 200/µl.
3.8.2
Epidemiologie
Die Inzidenz der AA beträgt 0,2/100.000 Kinder unter 15 Jahren, dies entspricht 20–25 Neuerkrankungen pro Jahr in
Deutschland, wo seit 1994 Kinder mit AA zentral über das
Kinderkrebsregister in Mainz erfasst werden. Der Altersmedian liegt bei 9 Jahren, Knaben und Mädchen sind etwa
gleich häufig betroffen. Im Gegensatz zu den Erwachsenen
überwiegen bei Kindern die Fälle mit schwerer und sehr
schwerer AA. Im ersten Lebensjahr auftretende Fälle von
Knochenmarkversagen haben ihre Ursache zumeist in kongenitalen Störungen der Hämatopoese, wie zum Beispiel
einer amegakaryozytären Thrombozytopenie. Anders als
beim MDS nimmt die Häufigkeit der AA mit zunehmendem
Lebensalter nicht zu.
3.8.3
Pathogenese
Verschiedenste Ursachen, wie Medikamente (z. B. Chloramphenicol, Penicillamin), Chemikalien (z. B. Benzol), ionisierende Strahlen, hormonelle Faktoren (Schwangerschaft) und
Infektionen v. a. mit Viren können für das Auftreten einer
AA verantwortlich sein ( Abschn. 3.1). Bei über 90% der Erkrankten kann allerdings kein Auslöser gefunden werden, es
liegt eine idiopatische AA vor. Bei etwa 5% der Patienten steht
das Auftreten der AA in zeitlichem Zusammenhang mit einer
Hepatitis, die manchmal bis zum akuten Leberversagen führt.
In der Regel kann für die Hepatitis kein Erreger nachgewiesen werden; es wird für Leber- und Knochenmarkversagen
ein gemeinsamer autoimmunologischer Prozess angenommen (Itterbeek et al. 2002).
Für ein Knochenmarksversagen können grundsätzlich 2 Mechanismen verantwortlich sein (Appelbaum et al.
1987):
▬ Das Stroma kann in seiner Funktion, die optimalen Bedingungen (Wachstumsfaktoren, Adhäsionsmoleküle
etc.) für Homing, Proliferation und Differenzierung von
Blutstammzellen bereitzustellen, versagen (Azuma et al.
1998).
▬ Der Stammzellpool selbst kann durch Verlust (toxisch,
immunologisch bedingt) von Stammzellen oder durch
Verringerung ihrer proliferativen Kapazität geschädigt
sein.
In Crossover-Experimenten konnte gezeigt werden, dass das
Stroma von AA-Patienten in der Lage ist, Blutstammzellen
von gesunden Spendern ausreichend zu unterstützen, ein
Befund, der durch den erfolgreichen Einsatz der SZT bei AA
bestätigt wird. Das Stroma von AA-Patienten produziert
normale Mengen an Wachstumsfaktoren wie SCF (WodnarFilipowicz et al. 1993), die Konzentrationen anderer Faktoren
wie Erythropoetin, Thrombopoetin und G-CSF bzw. GM-CSF
sind im Serum kompensatorisch erhöht. CD34+ hämatopoetische Progenitorzellen von AA-Patienten zeigen dagegen
auch auf Stroma gesunder Spender kein ausreichendes
Wachstum. Der Anteil an Zellen, aus denen in der Langzeitkultur eine Kolonie entstehen kann (LTC-IC), ist meist noch
Jahre nach erfolgreicher immunsuppressiver Therapie (IST)
und Normalisierung der Blutbildparameter erheblich reduziert (Podesta et al. 1998).
3
54
I
Pädiatrische Hämatologie: Knochenmark
Die Reduktion des Pools an Stammzellen, die für eine
Repopulierung des Knochenmarks sorgen, spiegelt sich auch
in Klonalitätsanalysen nach erfolgreicher IST wider. So finden sich bei Frauen nach erfolgreicher IST oligoklonale oder
sogar monoklonale X-Inaktivierungsmuster in der Hämatopoese. Die deutlich verkürzten Telomere bei AA-Patienten
nach IST werden ebenfalls als Indiz für die gesteigerte Replikation weniger Stammzellen angesehen (Ball et al. 1998). Dieser erhöhte replikative Stress führt offenbar zu einer vorzeitigen Alterung der verbliebenen Stammzellen und wird für
das erhöhte Risiko von chromosomalen Aberrationen und
einer Progression in eine myeloische Neoplasie (MDS, AML)
verantwortlich gemacht.
Erste klinische Hinweise auf die wichtige Rolle des Immunsystems in der Pathogenese der AA ergaben sich aus der
Beobachtung, dass es bei AA nach Konditionierung mit
hochdosiertem Cyclophosphamid oder Antilymphozytenglobulin auch ohne Transplantation allogener Stammzellen
zu einer Erholung der autologen Hämatopoese kommen
kann (Jeannet et al. 1976; Speck et al. 1977). Diese zufällige
Beobachtung führte zur systematischen Etablierung der IST
als Alternative zur SZT (Camitta et al. 1983; Champlin 1983).
Ergebnisse von In-vitro-Untersuchungen, die eine Hemmung
des Progenitorwachstums durch autologe T-Zellen zeigen,
unterstützen die Hypothese einer immunvermittelten Erkrankung. Unbekannt ist bisher jedoch die Zielstruktur der
Immunattacke. Viren wie auch Chemikalien lösen möglicherweise die Expression zellulärer Neoantigene aus. Auch
bestimmte chromosomale Aberrationen scheinen zur Expression aberranter Proteine zu führen, die ebenfalls als Zielstruktur für eine Immunreaktion dienen können (Nissen u.
Schubert 2002; Young u. Maciewski 1997). So konnte auch bei
Patienten mit MDS, insbesondere mit Trisomie 8, in vitro eine
Suppression des Koloniewachstums durch autologe T-Zellen
nachgewiesen werden (Sloand et al. 2002a). Diese Daten korrelieren mit den Ergebnissen klinischer Studien, die zeigen,
dass Patienten mit MDS, insbesondere mit refraktärer Zytopenie und hypoplastischem Knochenmark, auf IST mit einer
Besserung ihrer Panzytopenie ansprechen (Molldrem et al.
2002).
Aktivierte T-Lymphozyten, die das Knochenmark von
SAA-Patienten infiltrieren, produzieren γ-Interferon und Tumornekrosefaktor α, 2 Zytokine, die hemmend auf die Hämatopoese wirken (Dufour et al. 2001b). Beide Zytokine sind
in der Lage, die Expression des »Todesrezeptors« Fas auf den
normalerweise Fas-negativen CD 34+ Stamm- und frühen
Progenitorzellen zu induzieren (Maciejewski et al. 1995).
Über die Auslösung der Apoptosekaskade kommt es zu einer
Depletion dieser Zellpopulation. Der Nachweis von intrazellulärem γ-Interferon in T-Lymphozyten von AA-Patienten
korreliert positiv mit dem Ansprechen auf IST (Sloand et al.
2002b).
Ähnlich wie bei anderen Autoimmunerkrankungen ist
bei AA eine genetische Prädisposition anzunehmen, da sich
die Erkrankung bei vergleichbarer Exposition nur bei einer
sehr kleinen Gruppe von Patienten manifestiert. Das Merkmal HLA-DR2, ein Klasse-II-Antigen der humanen Leukozyten-Antigene, ist in der Gruppe der AA-Patienten überrepräsentiert (Maciejewski et al 2002b). Zudem konnte für
japanische Patienten eine Korrelation zwischen dem HLAKlasse-II-Merkmal DRB1*1501 und dem Ansprechen auf eine
Behandlung mit Ciclosporin A gezeigt werden (Nakao et al.
1994). Diskutiert werden aber auch andere mögliche prädisponierende Faktoren wie Störungen der Zytokinproduktion
(Demeter et al. 2002) bzw. der jeweiligen Signalkaskaden,
Veränderungen im Bereich des Apoptoseprogramms, oder
auch Defizite im Bereich detoxifizierender Enzyme.
Von besonderer Bedeutung ist die Beobachtung, dass es
bei 10–20% der mit IST behandelten Patienten im Verlauf
mehrerer Jahre zu einer Progression in eine klonale hämatologische Erkrankung kommt (Ohara et al. 1997). Es werden in
erster Linie MDS, PNH und selten myeloische Leukämien beobachtet. Die Frage nach der Bedeutung des Immunsystems
für die Entwicklung maligner Erkrankungen ist dabei von
grundsätzlichem Interesse, ebenso wie die besondere Vulnerabilität eines Wechselgewebes, das aufgrund einer vorangegangenen oder anhaltenden Schädigung seine Funktion
nur auf Kosten einer enorm gesteigerten Replikation innerhalb eines dezimierten Stammzellpools aufrechterhalten
kann.
3.8.4
Klinisches Erscheinungsbild
Führendes Symptom ist bei der Mehrzahl der Patienten eine
ausgeprägte Blutungsneigung, die sich meist an Haut und
Schleimhäuten in Form von Petechien, Hämatomen und
Suggilationen äussert. Schwer stillbares Nasen- oder Zahnfleischbluten tritt häufig auf, dagegen sind innere Blutungen
oder intrakranielle Hämorrhagien zu Beginn der Erkrankung die Ausnahme.
Tipp für die Praxis
Einblutungen in große Gelenke sind typisch für plasmatische Gerinnungsstörungen und werden bei AA nicht beobachtet.
Da sich das Vollbild der ausgeprägten Granulozytopenie bei
den meisten Patienten erst im weiteren Verlauf entwickelt,
liegen selten bereits bei der ersten Vorstellung schwerwiegende bakterielle oder mykotische Infektionen vor. Symptome
wie Fieber, Schmerzen oder Dyspnoe müssen umgehend
abgeklärt (bakteriologische Kulturen, Bildgebung) werden.
Wegen der Koinzidenz mit einer z. T. fulminant verlaufenden
Hepatitis bei etwa 5% der Kinder mit AA sollten bei ungeklärter schwerer Hepatitis für mindestens ein Jahr nach
Diagnose regelmäßige Blutbildkontrollen durchgeführt werden. Dies gilt auch für Patienten, die wegen Leberversagen bei
Hepatitis eine Lebertransplantation erhalten haben.
3.8.5
Diagnostik
Der Hb-Wert kann bei Erstvorstellung aufgrund der langen
Halbwertszeit der Erythrozyten noch im unteren Normbereich liegen. Im Gegensatz zu Panzytopenien bei kongenitalen Erkrankungen mit Knochenmarkversagen, ist das MCV
meist normal und nicht erhöht. Die Lymphozyten sind morphologisch unauffällig, ihr Anteil an den Gesamtleukozyten
ist stark vermehrt bei meist normaler Absolutzahl. Die Granulozyten sind dagegen absolut und relativ deutlich ver-
55
3 · Aplastische Anämien
mindert, Stabkernige fehlen meist auch bei bakteriellen Infektionen.
Die Knochenmarkzytologie ermöglicht in der Regel die
Abgrenzung zur akuten Leukämie. Die Morphologie hämatopoetischer Zellen bei AA ist in der Regel unauffällig. Mikromegakaryozyten gelten als beweisend für das Vorliegen eines
MDS. Die Zellularität des Knochenmarks kann nur in der
Histologie sicher beurteilt werden. Bei AA findet sich das typische Bild einer Aplasie mit Ersatz durch Fettgewebe und
einzelnen Inseln residueller Hämatopoese ( Abb. 3.1). Inseln
mit gesteigerter, dysplastischer Blutbildung sind hinweisend
auf ein hypoplastisches MDS und können nur histologisch
diagnostiziert werden.
! Die Diagnose erworbene aplastische Anämie kann
nicht allein anhand eines Präparats einer Knochenmarkaspiration gestellt werden. Die Knochenmarkbiopsie ist unverzichtbar. Sie ist mit der Zytologie
zweimal im Abstand von 14 Tagen durchzuführen.
Da die Abgrenzung von anderen hypoplastischen
Knochenmarkerkrankungen des Kindesalters
schwierig sein kann, sollten beide Biopsien der
Referenzbeurteilung zugeführt werden.
Die zytogenetische Untersuchung des Knochenmarkbluts ist
in den letzten Jahren zu einem unverzichtbaren Bestandteil
der Routinediagnostik geworden. Die klassische Methode
der Bandenfärbung an Metaphasen-Chromosomen nach
vorangegangener Kurzzeitkultur und Synchronisation mit
Colchicin ist allerdings auf proliferierende Zellen angewiesen. Da das Knochenmark von AA-Patienten in der Regel
extrem hypozellulär ist und die wenigen Zellen schlecht proliferieren, wird zunehmend die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) an Interphasekernen eingesetzt, um eine
Monosomie 7 oder Trisomie 8 auszuschließen. Die Bedeutung kleiner (<30%), oftmals im Verlauf in ihrem prozentualen Anteil an der Gesamthämatopoese schwankender Klone
für die Prognose der Erkrankung und das Risiko einer Progression in eine maligne myeloische Erkrankung ist unklar
(Appelbaum et al. 1987; Maciejewski et al. 2002a; Mikhailova
et al. 1996). Die Abgrenzung zur PNH ist im Abschn. 3.9 beschrieben.
3.8.6
Supportive Therapie
Die supportive Therapie ist für das Überleben der Patienten
mit AA von besonderer Bedeutung. Aufgrund der meist
schweren Thrombozytopenie stellen Blutungen lebensbedrohliche Komplikationen dar. Die Substitution von Thrombozytenkonzentraten sollte bei erhöhter Blutungsneigung
(Epistaxis, Hämatome, Petechien) und/oder Thrombozyten
<10.000–20.000/µl erfolgen. Die Indikation zur Substitution
von Erythrozyten richtet sich nach klinischen Erfordernissen. Herzgesunde Kinder ohne akute Infektion tolerieren
auch niedrige Hb-Werte von 7–8 g/dl gut, akute Infektionen
mit Fieber können den Substitutionsbedarf deutlich erhöhen.
Es werden ausschließlich leukozytendepletierte bestrahlte
Blutprodukte transfundiert ( Kap. 84). Auf Blutprodukte
von Familienmitgliedern sollte wegen einer möglichen Sensibilisierung mit erhöhtem Abstoßungsrisiko bei SZT verzichtet werden. Die Substitution von Granulozyten ist Situa-
tionen mit schweren therapieresistenten Infektionen (z. B.
bei Aspergillose) vorbehalten. Die Überlebenszeit und Leistungsfähigkeit von Spendergranulozyten konnte durch die
Mobilisierung der Granulozyten mit G-CSF beim Spender
gesteigert werden.
Ein wichtiges Ziel bei der Betreuung von AA-Patienten ist
es, ein hohes Hygienebewusstsein zu schaffen. Dem Verzicht
auf möglicherweise bakteriell oder mykotisch kontaminierte
Speisen und der Einschränkung der Zahl der Kontaktpersonen kommt eine wichtige Rolle zu. Eine antibiotische Prophylaxe ist nicht hilfreich, da es zur Selektion resistenter Bakterien und zur Begünstigung von Pilzinfektionen kommt.
Tritt allerdings Fieber (>38,5°C) bei einem neutropenischen
Patienten auf, so muss nach Gewinnung entsprechenden
Kulturmaterials (Blut, Urin, Stuhl, Abstriche, Sputum etc.)
umgehend eine breite, intravenöse antibiotische Therapie
und bei Verdacht auf Pilzinfektion auch eine antimykotische
Therapie eingeleitet werden. Die Versorgung von Haut- und
Schleimhautläsionen bei AA-Patienten bedarf erhöhter
Sorgfalt.
3.8.7
Behandlung mit hämatopoetischen
Wachstumsfaktoren
Nachdem ihre gentechnische Herstellung möglich war, wurden die verschieden hämatologischen Wachstumsfaktoren
(G-CSF, GM-CSF, SCF, Erythropoetin, IL-3) in klinischen
Studien zur Behandlung der AA eingesetzt. Abgesehen von
anekdotischen Berichten über ein Ansprechen aller drei Zellreihen auf eine Kombinationstherapie mit G-CSF und Erythropoetin oder G-CSF und SCF, konnte kein anhaltender
kurativer Effekt auf die gestörte Hämatopoese belegt werden.
Eine größere prospektive Studie mit SCF und G-CSF musste
wegen erheblicher Nebenwirkungen eingestellt werden
(Kurzrock et al 1997).
Für G-CSF konnte allerdings gezeigt werden, dass es zum
Anstieg der Granulozyten führt (Kojima et al. 1991). In Kombination mit IST kann G-CSF zur Verringerung der Zahl infektionsbedingter Todesfälle beitragen, indem es die Latenz
bis zum Granulozytenanstieg verkürzt (Gluckman et al.
2002). Die Zeit bis zum Ansprechen auf G-CSF ist interindividuell sehr unterschiedlich, etwa die Hälfte der Patienten
zeigt unter G-CSF 5 µg/kg nach 4 Wochen einen Granulozytenanstieg, einzelne Patienten benötigen aber deutlich länger (bis 3 Monate) und höhere Dosen (10 mg/kg). Der zeitlich
befristete Einsatz von G-CSF als supportive Maßnahme im
Rahmen der IST kann folglich zur Verkürzung der sehr langen Agranulozytosephasen bei Patienten mit SAA und VSAA
indiziert sein. Ob G-CSF in höheren Dosen oder über längere
Zeit das Risiko für eine Progression in eine maligne myeloische Erkrankung erhöht, wird kontrovers diskutiert (Kojima
et al. 2002). Gegenwärtig wird in einer randomisierten Studie
der European Society for Blood and Marrow Transplantation
(EBMT) der Effekt von G-CSF auf das krankheitsfreie Überleben und die Wahrscheinlichkeit einer Progression in eine
myeloische Neoplasie untersucht.
3
56
Pädiatrische Hämatologie: Knochenmark
3.8.8
Immunsuppressive Therapie
I
Die wichtigste Säule der IST ist die Behandlung mit Antilymphozytenglobulin (ALG) bzw. Antithymozytenglobulin (ATG;
im Folgenden synonym gebraucht) (Young u. Barrettt 1995).
ALG/ATG wird durch Immunisation von Kaninchen oder
Pferden mit humanen Lymphozyten, Thymusextrakt bzw.
lymphozytären Zelllinien (Jurkat) gewonnen und setzt sich
aus polyklonalem, gegen verschiedenste Antigene gerichtetem IgG zusammen. Entsprechend komplex sind die Wirkungen dieses biologischen Präparats, die sich nicht auf die
Immunsuppression durch Depletion von T-Lymphozyten
beschränken. So konnte für ATG auch eine indirekte, zytokinvermittelte Stimulation der Hämatopoese nachgewiesen
werden. Versuche, ALG durch hämatopoetische Wachstumsfaktoren, Immunsuppressiva oder monoklonale Antikörper
z. B. gegen die α-Untereinheit des IL-2-Rezeptors zu ersetzen,
führten bisher stets zu schlechteren klinischen Ergebnissen.
Eine randomisierte Studie, die bei Patienten mit nicht schwerer AA eine Behandlung mit Ciclosporin (CSA) allein mit
der Kombination von CSA mit ATG verglich, zeigte ein signifikant besseres Ergebnis für Patienten, die die Kombination
mit ATG erhalten hatten (Marsh et al. 1999). ATG muss daher
als unverzichtbar in der Therapie der AA angesehen werden.
In Europa wird in der Primärtherapie der AA am häufigsten Lymphoglobulin (Pferd) als Infusion über 1–12 h in einer
Dosis von 0,75 ml/kg für 4–8 Tage verabreicht. Eindeutige
Belege für die Überlegenheit des ALG/ATG einer bestimmten
Spezies gibt es allerdings nicht. Mit anaphylaktischen Reaktionen muss insbesondere am ersten Behandlungstag gerechnet werden. Bei Patienten mit erhöhter allergischer Reaktionsbereitschaft oder entsprechenden Symptomen nach
Kontakt mit Pferde- oder Kaninchenserum in der Anamnese
ist besondere Vorsicht geboten. Eine Prämedikation mit H1/
H2-Blockern und Prednisolon (1–2 mg/kg) ist dringend zu
empfehlen. Regelmäßig treten einige Stunden nach Infusionsbeginn Fieber, Schüttelfrost, Hautreaktionen und unterschiedlich ausgeprägte Schmerzzustände auf. Diese Symptome nehmen an Schwere im weiteren Verlauf der Therapie
meist ab und sind gut mit Gaben von Paracetamol und Pred-
⊡ Tabelle 3.6. Definitionen des Ansprechens bei erworbener
aplastischer Anämie
Komplettes
Ansprechen
Hämoglobin >12 g/dl
+ Thrombozyten >100.000/µl
+ Neutrophile Granulozyten >1.500/µl
Partielles
Ansprechen
Keine Transfusionen
+ Thrombozyten >30.000/µl
+ Neutrophile Granulozyten >500/µl
über Ausgangswert
Kein
Ansprechen
Oben genannte Kriterien nicht erfüllt
⊡ Abb. 3.7. Kinetik des Ansprechens (partiell und komplett) auf die
immunsuppressive Therapie für 147 in der Therapieoptimierungsstudie SAA 94 behandelte Kinder und Jugendliche mit erworbener
aplastischer Anämie
⊡ Abb. 3.8. Bestes Ansprechen auf die immunsuppressive Therapie
(IST) für 134 Kinder und Jugendliche mit schwerer aplastischer
Anämie (SAA) und sehr schwerer aplastischer Anämie (VSAA), die
nach der Therapieoptimierungsstudie SAA 94 behandelt wurden.
Klonal Progression zu klonaler Erkrankung; NR Nichtansprechen;
PR partielles Ansprechen; CR komplettes Ansprechen. Patienten mit
VSAA (<200 Granulozyten/µl) sprechen zu etwa 80% auf die IST
an, 2 Drittel dieser Patienten erreichen normale Blutbildparameter;
Patienten mit SAA (>200 Granulozyten/µl) sprechen zu etwa 70%
an, nur 40% erreichen eine CR
57
3 · Aplastische Anämien
⊡ Abb. 3.9. Wahrscheinlichkeit des Überlebens nach immunsuppressiver Therapie (IST) für Patienten mit schwerer aplastischer Anämie
(SAA) und sehr schwerer aplastischer Anämie (VSAA). Daten der Therapieoptimierungsstudie SAA 94. Patienten mit VSAA haben ein signifikant besseres Überleben nach IST als Patienten mit SAA (mittlere Beobachtungszeit 4 Jahre)
nisolon zu beherrschen. Prednisolon wird auch zur Behandlung der bei etwa 10% der Patienten auftretenden Serumkrankheit eingesetzt.
Im Vergleich zu einer Monotherapie mit ALG zeigt eine
kombinierte IST mit ALG und CSA ein signifikant häufigeres
und früheres Ansprechen bei Patienten mit SAA (Frickhofen
et al. 1991). In der ersten kooperativen Therapieoptimierungsstudie für Kinder mit AA in Deutschland, Österreich
und der Schweiz (SAA 94) wurde die Kombination von ALG
über 8 Tage, CSA für mindestens 6 Monate und G-CSF bei
schwerer Granulozytopenie (SAA und VSAA) ähnlich erfolgreich eingesetzt (Führer et al. 1994). Insgesamt sprachen 80%
⊡ Abb. 3.10. Wahrscheinlichkeit eines
Rezidivs nach immunsuppressiver Therapie
für erworbene aplastische Anämie. Die
Wahrscheinlichkeit, ein Rezidiv zu erleiden,
liegt bei einer mittleren Beobachtungszeit
von 4 Jahren bei 31% (Daten der Therapieoptimierungsstudie SAA 94)
⊡ Abb. 3.11. Wahrscheinlichkeit für Patienten der Therapieoptimierungsstudie SAA
94, eine Progression in ein klonale Erkrankung zu erleiden. Bei 148 Patienten der
Therapieoptimierungsstudie SAA 94 wurde
4-mal eine akute myeloische Leukämie und
8-mal ein MDS/persistierender aberranter
Klon (Monosomie 7: n=6; Trisomie 8: n=2)
diagnostiziert
der Kinder nach 3–8 Monaten auf diese Therapie partiell oder
komplett an (⊡ Abb. 3.7, Tabelle 3.6). Bei einem Drittel bis der
Hälfte der Patienten normalisierten sich die Blutbildwerte in
der Folge (⊡ Abb. 3.8). Insbesondere die frühere Hochrisikogruppe mit VSAA, die in einer retrospektiven Analyse der
EBMT-Daten von 1990 mit ATG +/– Androgenen nur eine
Überlebenswahrscheinlichkeit von 37% erreichte (Locasciulli
et al. 1990), zeigt auf die kombinierte IST mit G-CSF ein besonders gutes Ansprechen und eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 90% (⊡ Abb. 3.9). Ähnlich gute Ergebnisse erreichte auch eine große japanische Studie mit einem vergleichbaren Therapiekonzept, allerdings unter zusätzlicher
Behandlung mit Androgenen (Kojima et al. 2000). Da Androgene mit erheblichen Nebenwirkungen einhergehen und die
Behandlungsergebnisse nicht wesentlich verbessern, sollte
in der Primärtherapie der AA bei Kindern auf ihren Einsatz
verzichtet werden.
Das hohe Rezidivrisiko von etwa 30% schmälert allerdings den initialen sehr guten Therapieerfolg (⊡ Abb. 3.10;
Frickhofen et al. 2003; Führer et al. 1998). Rezidive treten bevorzugt während oder kurz nach der Beendigung der CSA
Therapie oder im Rahmen von viralen Infektionen auf. Etwa
die Hälfte der Patienten mit Rezidiv spricht auf eine Monotherapie mit CSA an. Zeigt sich nach 3–4 Monaten kein erneutes Ansprechen, ist eine zweite Behandlung mit ATG/ALG
indiziert (Schrezenmeier et al. 1993). Eine zweite ATG/ALG
Behandlung kommt auch bei primärem Nicht-Ansprechen
auf die erste Behandlung in Frage, für Erwachsene wird ein
Erfolg in 30–60% der Fälle beschrieben (DiBona et al. 1999).
Entscheidend für das Überleben der AA-Patienten ist jedoch
die grundsätzliche Ansprechbarkeit durch die IST (Rosenfeld
et al. 2003). Die zunehmend besseren Ergebnisse bei Kindern
3
58
I
Pädiatrische Hämatologie: Knochenmark
mit AA nach unverwandter SZT lassen letztere bei primärem
Nichtansprechen als wichtige alternative Therapieoption erscheinen.
Die Wahrscheinlichkeit einer Progression in eine myeloische Neoplasie liegt in der SAA-94-Studie bei 16%
(⊡ Abb. 3.11; Führer et al. 1998). Die Progression trat dabei
unabhängig vom Ansprechen auf die IST auf. Bei der Hälfte
der Patienten mit Progression lag eine Monosomie 7 vor. Die
Patienten zeigen ein Mosaik aus normalen und chromosomal
aberranten Zellen, wobei der Anteil aberranter Zellen sehr
schwanken kann (Piaggio et al. 1999). Die Wahrscheinlichkeit
des Übergangs in eine klonale Erkrankung liegt in einigen
anderen Studien noch deutlich höher (Ohara et al. 1997, 2002;
Tichelli et al. 1988), ein Phänomen, das möglicherweise die
schwierige Abgrenzung gegenüber einem primären, hypoplastischen MDS widerspiegelt.
3.8.9
⊡ Abb. 3.12. Überlebenswahrscheinlichkeit nach immunsuppressiver
Therapie (IST) oder Knochenmarktransplantation (KMT) innerhalb der
Therapieoptimierungsstudie SAA 94. Es besteht kein signifikanter
Unterschied hinsichtlich der Überlebenswahrscheinlichkeit zwischen
IST und KMT; das späte Ereignis in der IST-Gruppe ist ein Todesfall nach
KMT vom unverwandten Spender bei Nichtansprechen auf die IST
Allogene Stammzelltransplantation
! Der Ersatz der dezimierten Blutstammzellen durch
Spendergewebe bietet sich als einzige sicher kurative Therapie an (Bacigalupo et al 2000).
Erste Versuche wurden mit eineiigen Zwillingen in den 60erund 70er-Jahren mit alleiniger Knochenmarkinfusion ohne
konditionierende oder immunsuppressive Behandlung unternommen. Der Erfolg bei etwa 50% der Patienten bestätigte, dass das Knochenmarkstroma in der Lage ist, die Spenderzellen adäquat zu stimulieren. Die meisten Zwillinge, die das
Spendermark abgestoßen hatten, zeigten nach immunablativer Konditionierung ein Engraftment. Dies belegt die pathophysiologische Bedeutung des Immunsystems in der Entstehung der AA.
Nach einem eineiigen Zwilling gilt ein HLA-identisches
Geschwister als idealer Spender. Die Konditionierung ist
unter den speziellen Bedingungen der AA in erster Linie immunablativ, nicht myeloablativ (Chan et al. 2001). Bestrahlungsbasierte Konditionierungsregime erlauben zwar ein
sicheres Engraftment, wurden jedoch wegen der höheren
transplantationsassoziierten Morbidität und Mortalität und
den schwerwiegenden Spätfolgen auf Wachstum, Entwicklung und Fertilität sowie der Häufigkeit von Sekundärmalignomen verlassen (Deeg et al. 1996; Socie et al. 1993). Mit
sehr gutem Erfolg wird hochdosiertes Cyclophosphamid
(4×50 mg/kg), zum Teil in Kombination mit ATG/ALG eingesetzt (Azuma et al. 1998; Storb et al. 1994). Eine Überlegenheit
der kombinierten Konditionierung mit ATG konnte bisher
nicht belegt werden. In vielen Zentren wird ATG wegen des
höheren Abstoßungsrisikos eingesetzt, wenn der Patient
vor Transplantation eine kritische Zahl von Transfusionen
(>10 Spender) überschritten hat. Dieses Kriterium hält möglicherweise unter den veränderten Transfusionsbedingungen
– ausschließliche Verwendung von leukofiltrierten und bestrahlten Blutprodukten – und der daraus resultierenden
Reduktion der Sensibilisierung, einer Überprüfung nicht
mehr Stand.
Als Transplantat wird in erster Linie Knochenmark eingesetzt. Eine retrospektive Studie der EBMT soll klären,
ob nach Transplantation mit peripheren Blutstammzellen
(PBSZT) und damit einer etwa 10-fach höheren Menge an
T-Zellen, die Rate an GVHD, insbesondere chronischer
GVHD, höher ist. Da AA-Patienten anders als Patienten mit
malignen Erkrankungen nicht von GVH/GVL profitieren,
sollte vor einem breiten Einsatz von PBSZT das Ergebnis
dieser Studie abgewartet werden.
Die Überlebenswahrscheinlichkeit für Kinder mit AA,
die frühzeitig nach Erstdiagnose vom HLA-identischen Geschwister eine Knochenmarktransplantation (KMT) erhalten, liegt bei etwa 85% (⊡ Abb. 3.12). Das Risiko für eine
höhergradige akute GVHD hat sich durch den Einsatz von
CSA in Kombination mit einem kurzen Zyklus Methotrexat
(Tag 1, 3 und 6) deutlich verringert (10 – 20%) (Locatelli et
al. 2000). Der Versuch, die Rate an GVHD durch T-Zelldepletion zu senken, führte zu einer erheblichen Zunahme
des Abstoßungsrisikos und damit zu einem schlechteren
Überleben. Die chronische GVHD ist im Kindesalter nach
KMT vom identischen Geschwister und bestrahlungsfreier
Konditionierung selten (<10%) und meist nicht ausgeprägt.
Die Abstoßung des Spendermarks ist noch immer das
Hauptrisiko der KMT bei AA (bis 15%; Champlin et al. 1989;
Passweg et al. 1997). Das bei AA im Rahmen der Grundkrankheit hoch aktive Immunsystem hat ein deutlich höheres
Abstoßungsrisiko als bei akuten Leukämien zur Folge. Als
protektiv hat sich in einigen Studien die Transplantation
hoher Stammzelldosen (>4×106 CD34+ Zellen/kg KG) erwiesen. Die Abstoßungswahrscheinlichkeit kann auch
durch den Einsatz bestrahlungsbasierter Konditionierungsschemata reduziert werden, allerdings auf Kosten einer höheren Rate von transplantationsassoziierten Komplikationen
und Langzeitfolgen (Deeg et al. 1996; Socie et al. 1993). Eine
besondere Gefährdung stellt das fehlende Engraftment bzw.
die frühe Abstoßung innerhalb der ersten 30–60 Tage dar.
In der sehr verlängerten Aplasiephase sind die Patienten
durch schwere bakterielle und systemische Pilzinfektionen
vital bedroht. Späte Abstoßungen verlaufen meist weniger
foudroyant, es geht ihnen häufig eine längere Phase eines gemischten Chimärismus voraus (Casado et al. 1996; Huss et al.
1996). In großen Untersuchungen konnte gezeigt werden,
dass bei AA nach nicht myeloablativer Konditionierung bei
bis zu 50% der Patienten ein gemischter Chimärismus vorliegt. Sequenzielle, quantitative Messungen des Empfängeranteils können für eine spätere Abstoßung prädiktiv sein
59
3 · Aplastische Anämien
(Hoelle et al. 2003). Ob und welche Maßnahmen geeignet sein
könnten, eine drohende Abstoßung zu vermeiden, ist unklar.
Der Versuch einer Retransplantation nach intensivierter
Konditionierung – z. B. unter Einbeziehung einer totalen
Lymphknotenbestrahlung – ist, je nach Abstand zur Ersttransplantation, bei bis zu 50% der Patienten erfolgreich (McCann et al. 1994; Storb et al. 1987). Nach späten Abstoßungen
kommt es häufig zu einer Erholung der autologen Hämatopoese, deren Stabilisierung durch immunsuppressive Therapie (CSA) unterstützt werden kann. Die langfristige Lebensqualität von Patienten, die als Kinder oder Heranwachsende
wegen einer AA eine KMT vom HLA-identischen Geschwister erhielten, unterscheidet sich nicht wesentlich von der
Gleichaltriger (Eapen et al. 2000).
Im Vergleich zur Transplantation vom HLA-identischen
Geschwisterspender geht die Fremdspendertransplantation
mit einer höheren Rate von Abstoßungen und GVHD einher
(Bacigalupo et al. 2000; Camitta et al. 1989). Die Überlebenswahrscheinlichkeit für Patienten <20 Jahre liegt nach Daten
des International Bone Marrow Transplant Register (IBMTR)
von 1991–1999 bei 44%. Eine Verbesserung der Ergebnisse
könnte durch die HLA-Typisierung auf DNA-Ebene erreicht
werden. Die Modalitäten der Konditionierung und möglicher
Manipulationen des Transplantates sind derzeit Gegenstand
verschiedener Studien (Deeg et al. 2001; Kojima et al. 2001;
Vassiliou et al. 2001; Schwinger et al. 2000). Der Transplantation vom Fremdspender sollte aber in jedem Fall mindestens
eine erfolglose IST vorausgegangen sein.
3.8.10 Experimentelle Therapie
Zukunft wird es wichtig sein, Prognosefaktoren für die Wahrscheinlichkeit und Geschwindigkeit des Ansprechen auf IST
zu beschreiben (Sloand et al. 2002b). Für die kleine Gruppe
der Nonresponder auf IST könnte eine frühzeitige, optimierte
KMT vom Fremdspender zur Verbesserung des Überlebens
beitragen. Für Kinder mit HLA-identischen Geschwisterspender und vorausgesagtem schnellen Ansprechens auf IST
könnte unter Umständen auch eine primär immunsuppressive Behandlung als Therapieoption in Frage kommen.
3.9
Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie
Die PNH ist eine erworbene klonale Störung der Hämatopoese, der somatische Mutationen im X-chromosomalem
PIG-A-Gen (Phosphatidylinositol-Glycan Komplentationsklasse A) zugrunde liegen (Rosse 1997). Das PIGA-Gen kodiert für ein Protein, das für die Glycosylphosphatidylinositol
(GPI)-Verankerung sehr unterschiedlicher Proteine mit der
Zelloberfläche wesentlich ist (⊡ Abb. 3.13; Kap. 24). Die betroffenen Zellen produzieren keine oder geringe Mengen des
GPI-Ankers, der von den verschiedenen Proteinen kompetitiv genutzt wird (Johnson u. Hillmen 2002). Zu den betroffenen GPI-verankerten Proteinen gehören Enzyme (z. B. alkalische Leukozytenphosphatase), Adhäsionsmoleküle (z. B.
LFA-3), Proteine des Komplementsystems (z. B. CD59), Rezeptoren (z. B. FcγRIII/CD16), Blutgruppenantigene und andere (z. B. CAMPATH-1/CD52). Die Symptome der klassischen PNH – intravasale Hämolyse mit intermittierender
Hämoglobinurie und lebensbedrohliche venöse Thrombo-
Cyclophosphamid hat sich in der Therapie verschiedenster
Autoimmunerkrankungen bewährt. In einer kleinen Serie
retrospektiv analysierter AA-Patienten zeigte sich auf die Behandlung mit hochdosiertem Cyclophosphamid ein ähnlich
gutes Ansprechen wie auf die kombinierte Behandlung mit
ATG und CSA, gleichzeitig war die Rate an Rückfällen und
klonalen Erkrankungen verringert (Brodsky et al 1996). Eine
prospektive randomisierte Studie musste allerdings wegen
der großen Zahl akuter, insbesondere infektiologischer Komplikationen im Cyclophosphamid-Arm abgebrochen werden.
Die abschließende Analyse der mit Cyclophosphamid behandelten Kohorte ergab eine im Vergleich zu ATG und CSA
ähnlich hohe Progressionsrate für klonale Erkrankungen
(Tisdale et al. 2000). Neuere Immunsuppressiva (z. B. Mycophenolat-Mofetil) und monoklonale Antikörper (z. B. AntiIL-2-Rezeptor-AK) werden derzeit in klinischen Studien geprüft.
3.8.11 Prognose
Die Prognose eines an AA erkrankten Kindes hat sich in den
letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Das Langzeitüberleben liegt heute nach beiden Therapieoptionen – KMT und
IST – bei über 80% (Bacigalupo et al. 2000; Kojima et al.
2000). Besonders große Fortschritte konnten mit der kombinierten IST bei Kindern mit SAA erzielt werden; diese
frühere Hochrisikogruppe erreicht mit CSA, ATG und G-CSF
heute eine Überlebenswahrscheinlichkeit von über 90%. In
⊡ Abb. 3.13. Stark vereinfachtes Schema der Struktur der Glycosylphosphatidylinositol (GPI)-Verankerung von Proteinen in der Zellmembran. Der C-Terminus des verankerten Proteins bindet an Ethanolamin des GPI-Ankers. Der GPI-Anker besteht aus Ethanolamin, das
mit einem Glykan bestehend aus 3 Mannosemolekülen und einem
N-Acetylglucosamin (GlcNAc) verbunden ist. Der Komplex ist mit
Phosphatidylinositol (PI) verbunden, das mit Fettsäuren in der Zellmembran verankert ist. Bei der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH) kommt die Verknüpfung des PI zum GlcNAc nicht
zustande, da somatische Mutationen im PIG-A-Gen (Phosphatidylinositol-Komplementationsgruppe A) die Produktion des notwendigen
Enzymkomplexes verhindern
3
60
I
Pädiatrische Hämatologie: Knochenmark
sen – sind wahrscheinlich Folge einer verringerten Expression von CD59 (»membrane inhibitor of reactive lysis«, »protectin«) mit den Folgen einer erhöhten Sensitivität der Erythrozyten für eine komplementabhängige Lyse und einer
Thrombozytenaktivierung. Die Konsequenzen der verringerten Expression anderer Oberflächenmoleküle sind unbekannt; die Redundanz biologischer Systeme mag dafür
verantwortlich sein, dass nur geringe oder keine spezifischen
Auffälligkeiten bekannt sind.
In der Diagnostik der PNH sind der Säureserum- und
Zuckerwassertest zum Nachweis einer komplementabhängigen Lyse der Erythrozyten durch die Durchflusszytometrie
weitgehend abgelöst worden (Hall u. Rosse, 1996). Durchflusszytometrisch lassen sich in allen 3 Zellreihen Populationen mit unterschiedlich reduzierter Expression der GPIverankerten Proteine nachweisen. Interessanterweise haben
viele Patienten mehrere PNH-Klone mit unterschiedlichen
PIG-A-Mutationen (Nishimura et al. 1997; Johnson u. Hillmen
2002). Mit der hohen Sensitivität der Durchflusszytometrie
konnte gezeigt werden, dass – je nach Grenzwerten und Studienkollektiv – 20–50% der AA-Patienten und 15–20% der
MDS-Patienten mit refraktärer Anämie bei Diagnose einen
oder mehrere PNH-Klone aufweisen (Schrezenmeier et al.
2000; Maciejewski et al. 2001; Wang et al. 2002).
In einigen Studien ist die Anwesenheit eines PNH-Klons
prädiktiv für ein gutes Ansprechen auf IST (Wang et al. 2002),
letzteres lässt jedoch keine Aussage zu, ob der PNH Klon über
die Monate und Jahre stabil bleibt, verschwindet oder expandiert. Bei der Mehrzahl der Patienten ist die Klongröße trotz
Ansprechen auf IST und möglicherweise Rezidiv konstant.
Diese Beobachtung weist auf die Bedeutung der PNH im
Rahmen der Entstehung von AA/MDS hin und spricht gegen
einen Überlebensvorteil der PNH-Zellen unter IST (so genannte »Immune-escape«-Theorie; Maciejewski et al. 2001).
Interessanterweise konnten GPI-Defizienz und PIG-A-Mutationen auch in wenigen Granulozyten Gesunder nachgewiesen werden (Araten et al 1999). PIG-A-Mutationen allein
scheinen keine PNH auszulösen. Welche Rolle einem hypozellulärem Knochenmark zukommt, muss offen bleiben. Neben dem AA/PNH- und MDS/PNH-Komplex stellt die klassische hämolytische PNH (Hillmen et al. 1995) ein Ende des
Spektrums der möglichen PNH Manifestationen dar.
Den einzelnen Formen von erworbenen und angeborenen
Erkrankungen mit Knochenmarkversagen liegen unterschiedliche molekulare Mechanismen zugrunde. Dementsprechend sind auch die therapeutischen Prinzipien sehr
verschieden. Besonders bei den angeborenen Formen ist
in den kommenden Jahren eine deutliche Verbesserung
unseres Verständnisses der Pathophysiologie der einzelnen Erkrankungen zu erwarten. Es wird eine Herausforderung für den pädiatrischen Hämatologen sein, sein diesbezügliches Wissen auf dem aktuellen Stand zu halten und
sich so fortzubilden, dass die neuen Erkenntnisse zeitnah
in die Diagnostik und Therapie der ihm anvertrauten
Patienten mit diesen seltenen Erkrankungen eingehen
können.
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