BAUELEMENTE Ein/Aus-Steuerung von Wechselstrom-Verbrauchern geringer Leistung Laurent Gonthier Verbraucher in Hausgeräten (z.B. Waschmaschinen, Kühlschränke) werden mit Netzspannung betrieben und im Ein/Aus-Verfahren gesteuert – meist mit Hilfe von Relais oder Triacs. In der Regel muss die Schaltfunktion für die direkte Ansteuerung durch einen Mikrocontroller geeignet sein und eine hinreichende Beständigkeit gegen Spannungsspitzen auf dem Wechselstromnetz aufweisen, damit die neuen europäischen EMV-Vorschriften erfüllt werden. Die ACS-Produkte von STMicroelectronics sind für diese Anforderungen konzipiert. Im Unterschied zu einem Triac kann ein ACS mit Logiksignalen angesteuert werden und zeichnet sich durch hohe Robustheit aus. Außerdem lässt sich mit ihm die Leiterplatte für die elektronischen Funktionen erheblich verkleinern. D as von STMicroelectronics entwickelte ASD-(Alternating Current Switch)Konzept bietet die Möglichkeit, auf einem einzigen Siliziumchip mehrere aktive Bauelemente wie etwa Dioden,Thyristoren und Transistoren sowie bestimmte passive Bauelemente zu einer kompletten Funktion zu kombinieren. Man nutzte diese Technologie zur Entwicklung der neuen ACS-Strukturen (Bild 1). Haupt-Einsatzgebiet dieser neuen Bauelemente ist das Schalten von Verbrauchern wie etwa Elektromagneten, deren serielle Induktivität bis zu einigen zehn Henry betragen kann, wodurch das Abschalten unter Umständen viele Probleme verursacht. Wie im zweiten Abschnitt beschrieben, bietet die Klemmfunktion des ACS die Möglichkeit, direkt und ohne externe Klemmschaltung (z.B. einen Metalloxid-Varistor) beliebige induktive Lasten anzusteuern. Außerdem verkraftet ein ACS auch die auf dem 60 Wechselstromnetz vorkommenden Überspannungen. Halbleiterbausteine werden jedoch nicht nur mit Stoßspannungen konfrontiert, sondern auch mit steilen Spannungspitzen (siehe EN61004-4). Sie müssen deshalb nicht nur Bild 1: ACS bezeichnet eine Kombination aus einem inteeine leistungsfähi- grierten Treiber, einer Klemmschaltung und einem bidirekge Klemmfunktion tionalen, thyristorähnlichen Schalter besitzen, sondern auch hohe dU/dt-Werte verkraften. Die Unterschied zum Triac die sichere direkin diesem Beitrag wiedergegebenen te Ansteuerung des Gate mit Hilfe eines Versuchsergebnisse dienen dem Ver- Mikrocontrollers ermöglicht. gleich der von ACS-Bausteinen und Triacs unterschiedlicher Gate-Empfindlichkeit maximal verkrafteten Werte. Schließlich wird erläutert,wie ein ACS im elektronik industrie 10-2000 Abschalten induktiver Lasten Bild 2: ACS können den Haltestrom auch bei Überspannungen verkraften Bild 3: Die 2-kV-Spannungsspitze tritt bei diesem temperaturaktivierten Türverriegelungssystem zeitgleich mit dem Spannungsmaximum auf Magnetventile und Relais zählen zu den elektromagnetischen Bauelementen. Beim Betrieb mit hohen Wechselspannungen stellen die Wicklungen dieser Bauelemente sowohl einen hohen Serienwiderstand von einigen Kiloohm als auch eine hohe Serieninduktivität von einigen zehn Henry dar, wodurch sie nur einen geringen Effektivstrom von typisch 10 bis 50 mA aufnehmen. Die Abfallrate des Stroms ist in diesem Fall gering, und es kann zu einem automatischen Abschalten des Schalters kommen, wenn der Strom geringer wird als der Haltestrom. Da durch den induktiven Verbraucher nach wie vor ein Strom fließt, kann eine Überspannung entstehen. Die induktive Energie erzeugt deshalb eine Gegen-EMK-Spannung, die das Bestreben hat, den Schalter in den leitenden Zustand zu bringen. Wird diese Überspannung nicht begrenzt, kann sie größer werden als die Durchbruchspannung des Bausteins und ihn beschädigen. ACS-Bausteine sind prinzipbedingt gegen Überspannungen geschützt (Bild 2). Der Standard IEC1000-4-5 Bild 4: Vergrößerte Darstellung aus Bild 3 elektronik industrie 10-2000 Der Standard EN61000-45 dient der Prüfung, ob ein System nach einer Spannungsspitze auf dem Stromnetz funktionsfähig bleibt. Hierzu wird ein Standard-Spannungsverlauf verwendet, der den typischen Überspannungen durch Blitzschlag oder das Abschalten induktiver, am Netz betriebener Verbraucher entspricht. Da die Spannungsspitze zwischen Phase und Nullleiter genau im Span- E 61 Bild 5: Netzspannung während eines 2-kV-Burst ohne Filter Bild 6: Netzspannung während eines 2-kV-Burst mit Filter nungsmaximum auftreten kann, sind Spannungen bis zu 2,4 kV möglich, die die Durchbruchspannung der in den Geräten eingesetzten Halbleiterbausteine übersteigen. Damit eine Beschädigung der Halbleiter vermieden wird, schützt man sie mit Hilfe parallelgeschalteter Varistoren. Wird ein abgeschalteter ACS-Baustein einer Überspannung ausgesetzt, so wird 62 diese von dem Bauelement zunächst geklemmt. Ein übermäßiger Energieimpuls kann jedoch dennoch dazu führen, dass der Strom durch das ACS-Element den Breakover-Strom übersteigt. Der Halbleiter wird dadurch im BreakoverModus leitend. Eine solche Situation stellt für den Halbleiterbaustein besonders dann eine immense Belastung dar, wenn sowohl der Strom als auch seine elektronik industrie 10-2000 Bild 8: Das Histogramm gibt die Resultate der mit jeweils 16 verschiedenen Bauelementen der einzelnen Typen angestellten Versuche wieder Anstiegsrate hoch sind. Der ungünstigste Fall ist gegeben, wenn ein ACS eine nicht induktive Last mit niedrigem ohmschen Widerstand ansteuert. Die Bilder 3 und 4 wurden an einem temperaturaktivierten Türverriegelungssystem bei niedriger Temperatur aufgezeichnet. Die 2-kVSpannungsspitze ist der Netzspannung von 230 V/50 Hz überlagert und tritt zeitgleich mit dem Spannungsmaximum auf (Bild 3). In Bild 4 ist das Einschalten des Bausteins unter diesen Umständen vergrößert dargestellt. Da der Verbraucher vorher abgeschaltet war, ist sein Widerstand kalt und hat demzufolge einen Wert von 150 Ω. Der Strom steigt deshalb mit 100 A/µs und erreicht einen Wert von 15 A. Derartige Stoßströme würden einen Triac zerstören, nicht jedoch einen ACS, der in einem solchen Fall im Breakover-Modus leitend wird. Anders als bei Triacs ist bei einem ACS kein parallelgeschalteter Varistor nötig. Der Unterschied zwischen einem ACS und der Kombination aus Triac und Varistor besteht darin, dass der Verbraucher im Falle des ACS für eine halbe oder eine ganze Netzperiode eingeschaltet wird. Dies ist jedoch akzeptabel, da es während der Lebensdauer eines Systems nur wenige Male vorkommt. Prüfung der Immunität gegen steile Spannungsspitzen Für die Tests gemäß EN61000-4-4 werden zwei verschiedene Arten der Belastung verlangt. Der Supply Test sieht vor, dass die Spannungsspitzen über 33-nFKondensatoren an die Phase, den Nullleiter oder die Masse (oder Kombinationen dieser Leiter) gegeben werden. Im zweiten Test werden die Spannungsspitzen über einen typischen (mit Hilfe eines Aluminiumblechs hergestellten) 100-pF-Kondensator direkt an die I/OPorts des Systems gelegt. Der I/O-PortTest ist eigentlich für Systeme mit Steuerleitungen vorgesehen, wie z.B. die Leitungen zwischen Tastatur und Zentraleinheit bei einem Computer. Geräteher- Bild 7: Wird ein Filter verwendet, geht die durch die 2-kV-Spannungsspitze verursachte Überspannung auf 584 V zurück E elektronik industrie 10-2000 63 Bild 9: Der Baustein kann durch zu steile Spannungsflanken einschalten steller setzen jedoch ähnliche Tests ein, um sich davon zu überzeugen, ob ihre Produkte gegen steile Spannungsspitzen immun sind. In beiden Fällen wird das zu prüfende System 10 cm über der Bezugsebene des Burst-Generators angeordnet. Da die Spannung in 5 ns ansteigt und in 50 ns abfällt, ist die aus der parasitären Kapazität zwischen SystemLeiterplatte und Bezugsebene resultierende Impedanz für diese in hohem Maße dynamischen Wellenformen sehr gering. Dies hat zur Folge, dass große Teile der Spannungsspitzen direkt am Netzstecker des zu prüfenden Systems auftreten. Bild 5 und Bild 6 zeigen die zwischen Phase und Nullleiter gemessene Spannung während des 2-kV-Tests. Wie man sieht, erreicht die Spannung Werte bis zu 1,4 kV, wenn der Netz-Eingang des Systems mit keinem Filter versehen wird. Wird dagegen ein Filter gemäß Bild 7 verwendet, geht die durch die 2-kV-Spannungsspitze verursachte Überspannung auf 584 V zurück. Dieser Wert ist kleiner als die Durchbruchspannung der meisten in 230-V-Geräten verwendeten Triacs sowie der neuen ACSBausteine. In diesem Fall kommt es zu keiner ungewollten Zündung infolge des Einschaltens im Breakover-Modus. Allerdings zeigt Bild 7 auch, dass trotz der in ihrer Höhe begrenzten Überspannungen nach wie vor steile Spannungsflanken existieren. Die Überspannung geht beispielsweise in weniger als 10 ns unter die Marke von 500 V zurück. Die verwendeten Halbleiterbauelemente müssen deshalb eine hohe Beständigkeit gegen steile Spannungsflanken aufweisen, damit es zu keinem ungewollten Einschalten kommt. Im folgenden Abschnitt sind einige vergleichende 64 Analysen zwischen Triacs und ACS-Elementen beschrieben. Vergleich zwischen ACS und Triac Die Tests werden mit folgenden Rahmenbedingungen durchgeführt: e Leiterplatte 10 cm über der Bezugsebene. e Der Netzstecker ist mit dem in Bild 7 beschriebenen Netzfilter versehen. e Die Leiterplatte ist mit vier Triacs (bzw. ACSs) bestückt. e Die A2-Anschlüsse der Triacs bzw. die OUT-Anschlüsse der ACS-Elemente sind mit einer 25-W-Glühlampe verbunden. (Es wird eine ohmsche Last verwendet, um die Steilheit der Stromflanke beim Einschalten nicht zu reduzieren.) e Jedes Gate ist über einen 470-Ω-Widerstand mit dem A1- (Triac) bzw. COM-Anschluss (ACS) verbunden, damit es zu keinen ungewollten, durch den Mikrocontroller ausgelösten Zündungen kommt. e Triacs und ACSs werden nicht mit Entlastungsnetzwerken (Snubber-Schaltungen) versehen. e Der Burst-Generator wird gemäß den Vorschriften des EN6100-4-4-Standards programmiert (Burst-Dauer 15 ms, Burst-Frequenz 3 Hz, Frequenz der Spannungsspitzen 5 kHz). Der Hochspannungsausgang des BurstGenerators wird wie folgt angeschlossen: e Im Fall des ‚Plug-Tests‘ an einen 33-nF- elektronik industrie 10-2000 elektronik industrie 10-2000 65 BAUELEMENTE um Störungen durch das Bürstenfeuer des UniversalmoACS102-5TA Z0107MA Z0109MA DEVICE tors zu vermeiden, Triacs und ACS-Baustein mit einer Gate› 4,5 kV › 4,5 kV › 4,5 kV 4 kV minimal verkrafteter Pegel Empfindlichkeit von 5 mA die gestellten Anforderungen erTabelle 1: Minimale Burst-Pegel vor Einschalten der Bauelemente im I/O-Test füllen. Einige Hersteller jedoch setzen die Burst-Pegel Kondensator, dessen anderer An- bis zu 3,7 kV, während das mit dem auf 2 kV herauf. In diesem Fall können schluss mit L, N, Masse oder mehreren ACS402 für bis zu 4 kV geeignet ist. ausschließlich ACS-Elemente die Anfordieser Anschlüsse verbunden ist (ent- Der verwendete Generator kann ledig- derungen erfüllen, da es bei Triacs infolsprechend der Norm EN61000-4-4). lich Bursts bis zu 4,5 kV erzeugen. Bei ei- ge der steilen Spannungsflanken zu eie Im Falle des ‚I/O-Tests‘ mit sechs disnigen Bauelementen des Typs ACS108 nem ungewollten Einschalten kommen kreten 100-pF-Kondensatoren, deren und ACS405 reichte dies nicht aus, um kann. Hier wäre eine Snubber-Schaltung andere Anschlüsse mit den vier A2- ein Einschalten zu provozieren. Bild 9 zur Glättung der Flanken nötig. Dem De(bzw. OUT-), L- und N-Anschlüssen belegt die Aussage des vorigen Ab- signer stehen dabei folgende Alternativerbunden ist (zur Simulation der schnitts, dass der Baustein durch zu stei- ven zur Wahl: koppelnden Aluminiumfläche). le Spannungsflanken einschalten kann. Aus der Abbildung geht hervor, dass der e Reduzierung der dU/dt-Werte: Snubber-Schaltung mit hoher Kapazität Für jede Kopplungsart wird ein Test von Z0109MA bei einem 2-kV-Burst und eiund geringem Widerstand. einer Sekunde Dauer durchgeführt. Ge- ner Flankensteilheit von 17 kV/µs in der messen wird der minimale Burst-Pegel, Plug-Test-Konfiguration einschaltet. e Herabsetzung der dI/dt-Werte beim Einschalten: Snubber-Schaltung mit der eine ungewollte Zündung an einem Auch die ‚I/O-Tests‘ wurden durchgeniedriger Kapazität und hohem Wider vier Bauelemente auslöst (Bild 8). Es führt. Der Unterschied zwischen Triacs derstand. werden stets Triacs und ACS-Bausteine und ACS-Bausteinen ist hier schwieriger mit gleicher Gate-Empfindlichkeit verg- zu demonstrieren, da die meisten Baulichen. Für einen maximalen Gate-Strom elemente Bursts verkraften, die von dem ACS-Bausteine kommen nicht nur ohne von 5 mA wurden Triacs vom Typ verwendeten Generator (max. 4,5 kV) Varistoren aus, sondern reduzieren auch Z0107MA sowie ein ACS102-5TA ver- nicht mehr erzeugt werden können. Ta- dien Entwicklungszeit und erhöhen die wendet. Bei einem maximalen Gate- belle 1 gibt eine Übersicht über die Er- Zuverlässigkeit der Elektronik-Leiterplatte. (jj) Strom von 10 mA kamen Triacs des Typs gebnisse dieser Versuche. Z0109MA und die ACS-Bauelemente ACS108-5SA / ACS402-5SB4 zum Einsatz. Sämtliche genannten Bauelemente Fazit besitzen TO92-Gehäuse, mit Ausnahme des ACS402-5SB4, der über ein Gehäuse Die Norm verlangt, dass Systeme am öfder Bauart DIL20 verfügt. Man sieht, dass fentlichen Stromnetz bei Burst-SpanSTM 721 die Verwendung eines ACS-Arrays an nungen bis zu 1 kV störungsfrei arbeiStelle mehrerer separater Bauelemente ten. Es hat sich gezeigt, dass durch den bezüglich der Störimmunität vorteilhaft Einsatz der Netzfilter,die in Wachmaschi- Laurent Gonthier ist Mitarbeiter der STist.Das Board mit dem ACS108 verkraftet nen üblicherweise eingebaut werden, Microelectronics ACS108-5SA & ACS402-5SB4