BAU ELEMENTE Analog-ICs Video-Signale AC-Kopplung, Vorspannung und Clamp Bill Stutz, Maxim Integrated Products Bei Video-Signalen mit AC-Kopplung stellt sich das Problem, dass die DC-Spannung wiederhergestellt werden muss, um die Bildhelligkeit einzustellen und um das Signal im linearen Bereich der nachfolgenden Stufe zu halten. Dieser Vorgang wird Biasing genannt und es können verschiedene Schaltungsvarianten zum Einsatz kommen, je nach Video-Signalform und der erforderlichen Genauigkeit und Stabilität der Vorspannung. B ei einem AC-gekoppelten Signal speichert der Koppel-Kondensator die Summe der Signal-Mittelwerte. Bild 1 zeigt den Unterschied in der Vorspannung zwischen einem Sinus- und einem Rechteck- bzw. Pulssignal, wobei beide AC-gekoppelt sind und einen Masse-bezogenen Lastwiderstand aufweisen. Am Eingang variieren beide Signale um dieselbe Spannung, nach dem Kondensator zeigt sich ein Unterschied: Das Sinussignal variiert um die halbe Amplitude während das Pulssignal um eine Spannung variiert, die vom Tastverhältnis abhängt. Somit benötigt man bei AC-Kopplung für ein Rechtecksignal mit variablem Tastverhältnis einen größeren Dynamikbereich als für ein äquivalentes Sinussignal. Aus diesem Grund sind alle Verstärker für Puls-Anwendungen DC-gekoppelt, um den Dynamikbereich zu erhalten. Video verhält sich wie ein Pulssignal und wird deshalb am besten DC-gekoppelt. Trotzdem müssen Video-Signale AC-gekoppelt werden, sobald zwei Teile eines Systems separate Speisungen haben. Eine DC-Verbindung zweier Speisungen ist gefährlich und normalerweise auch durch die Sicherheitsvorschriften verboten. Deshalb haben die Hersteller von Video-Anlagen ein stillschweigendes Abkommen, den Eingang eines Geräts AC zu koppeln und am Ausgang eine DC-Kopplung vorzusehen, so dass das nachfolgende Gerät den DC-Pegel wiederherstellen muss. Hält man sich nicht an diese Abmachung, führt dies zu sogenanntem Double coupling, wobei entweder zwei Koppel-Kondensatoren in Serie geschaltet sind oder ein Kurzschluss vorliegt. Die einzige Ausnahme von dieser Regel sind Batterie-gespeiste Geräte wie z. B. Camcorder und Digital-Kameras, die am Ausgang ACgekoppelt sind um den Stromverbrauch zu minimieren. Die nächste Frage ist, wie groß der KoppelKondensator sein soll. Die Aussage, dass der Koppel-Kondensator in Bild 1 den „Mittelwert“ des Signals speichert, basiert auf der Voraussetzung, dass das RC-Produkt größer ist als die Periodendauer der tiefsten zu übertragenden Frequenz. Die -3dB-Frequenz des RC-Netzwerks muss als um einen Faktor 6 bis 10 unter der tiefsten Frequenz liegen, um eine gute Mittelwertbildung zu gewährleisten. Das führt je nach Signal zu einem großen Kapazitäts-Bereich. Beim Chroma-Signal bei S-Video handelt es sich beispielsweise um ein Phasen-moduliertes Sinussignal, wobei die tiefste Frequenz bei ca. 2 MHz liegt. Sogar mit einer 75-Ω-Last wird nur ein 0,1 µF Kondensator benötigt, falls nicht das Horizontal-Sync-Intervall mitübertragen werden soll. Der Frequenzbereich von Y (Luma), Cvbs (Composite) und RGB erstreckt sich bis zur Video-Frame-Rate (25 bis 30 Hz). Bei einer 75-Ω-Last und einem -3dB-Punkt von 3 bis 5 Hz bedingt das eine Kapazität >1000 µF. Bei zu kleinem Kondensator wird das Bild von links nach rechts und von oben nach unten dunkler und das Bild wird räumlich verzerrt. Das nennt man Line Droop und Field Tilt. Um sichtbare Artefakte zu vermeiden sollten diese Effekte kleiner als 1 bis 2 % sein. Bias-Schaltungen mit Einfachspeisung Bild 1: Eine einfache RC-Kopplung ergibt eine unterschiedliche Vorspannung für ein Sinus- und ein Rechtecksignal. elektronik industrie 07/08-2004 RC-Kopplung (Bild 2a) funktioniert bei jedem Video-Signal, solange das RC-Produkt groß genug ist und solange die Speisespannungen des nachfolgenden Operationsverstärkers eine genügend große positive und negative Aussteuerung um den Signal-Mittelwert erlauben. Früher wurden vor allem Schaltungen mit ± Speisung verwendet. 47 BAU ELEMENTE Analog-ICs Falls Rs auf dieselbe Masse wie Ri bezogen ist und gleich groß ist wie die Parallelschaltung von Ri und Rf, unterdrückt der OpAmp jede Common-Mode-Störung (CMRR) bei minimaler Offset-Spannung. Der untere -3dB-Punkt liegt bei 1/(2 π Rs C) und die Schaltung behält trotz des großen KoppelKondensators das jeweilige PSRR, CMRR und den Dynamikbereich. Die meisten Video-Schaltungen wurden so realisiert und die meisten AC-gekoppelten Studio-Geräte verwenden heute noch diese Lösung. Im Zeitalter von Digital-Video und der Batterie-gespeisten Geräte führt die negative Speisung zu zusätzlichen Kosten und Stromverbrauch. Erste Schaltungen mit einem Spannungsteiler für eine RC-Vorspannungserzeugung zeigt Bild 2b. Unter der Annahme R1 = R2 und Vcc (Bild 2b) gleich der Summe von Vcc und Vee (Bild 2a) sind die beiden Schaltungen ähnlich, sie haben aber ein unterschiedliches AC-Verhalten. Jede Änderung von Vcc in Bild 2b führt über das Teiler-Verhältnis zu einer direkten Änderung der OpAmp-Eingangsspannung, während eine solche Änderung in Bild 2a vom ungenützten Bereich der beiden Speisungen des OpAmp absorbiert wird. Damit wird bei R1 = R2 das PSRR von Bild 2b nur -6 dB. Deshalb muss die Speisung gut geregelt und gefiltert werden. Eine billigere Lösung verbessert das AC-PSRR mit einem Isolationswiderstand Rx (Bild 2c), der aber zu einer zusätzlichen DC-Offsetspannung führt, falls er nicht an die Parallelschaltung von Rf und Ri angepasst ist. Ein zusätzliches Problem ist die Bedingung, dass Rx x C1 und C2 x Ri bei unter 3 bis 5 Hz liegen muss. Obwohl eine größere BlockKapazität(C3) in dieser Schaltung ein kleineres Rx und damit eine kleinere Offset-Spannung ermöglicht, führt das zu einem größeren C1. Diese Lösung wird in LowCost-Schaltungen mit Elektrolyt-Kondensatoren verwendet Eine Alternative ist Bild 2d, der Spannungsteiler wird durch einen Spannungsregler ersetzt, der ein gutes PSRR bis DC hat. Die kleine Ausgangsimpedanz des Reglers ermöglicht die Dimensionierung von Rx in der Nähe der Parallelschaltung von Rf and Ri, was zu einer kleineren Offsetspannung führt. C3 dient nur zur Störunterdrückung und ermöglicht eine kleine Ausgangsimpedanz (Zout) bei höheren Frequenzen, damit wird der Kapazitätswert kleiner als in Bild 2c. C1 und C2 können immer noch groß sein und die Stabilität und das CMRR für Frequenzen unterhalb des Ri x C1-Produkts können ein Problem sein. Zusammenfassend kann man sagen, dass eine AC-Kopplung mit ± Speisung in Bezug auf den Common-Mode und die PowerSupply-Rejection, unabhängig von der Anwendung, die bessere Lösung ist als eine Schaltung mit Einfachspeisung. 48 Video Clamps Luma, Composite und RGB-Signale haben einen Amplitudenbereich, der sich vom Referenz-Pegel Schwarz (0 V) bis zum Maximum (+700 mV) erstreckt, mit Sync bis -300 mV. Wie beim Rechtecksignal mit variablem Tastverhältnis in Bild 1 verändert sich die Vorspannung mit dem Video-Signal (wird Average Picture Level oder APL genannt) und die Helligkeits-Information geht bei AC-Kopplung verloren. Deshalb braucht man eine Schaltung, die den Schwarz-Pegel a) b) c) d) Bild 2: Eine RC-Vorspannung kann verwendet werden bei a) ± Speisung, b) Einfachspeisung mit Spannungsteiler, c) Schaltung mit kleinerem Offset, d) Schaltung mit besserem PSRR. (0 V) unabhängig von der Video- oder SyncAmplitude konstant hält. Eine Möglichkeit ist die Schaltung in Bild 3a (Dioden-Clamp genannt), wobei der Widerstand durch eine Diode ersetzt wird (CR). Die Diode arbeitet als Einweg-Schalter, der negative Spitzenwert des Signals, die Spitze des Sync-Pulses wird somit auf Masse gezogen. Deshalb wird die Schaltung auch Sync Tip Clamp genannt. Unter der Voraussetzung, dass sich die Sync-Spannung (-300 mV) nicht ändert und die Vorwärtsspannung über der Diode null ist, wird die Referenz (0 V) konstant gehalten. Während der Sync-Pegel nicht gesteuert werden kann, kann die Vorwärtsspannung der Diode eliminiert werden, indem man diese in die Rückkopplung eines OpAmp legt und so einen Active Clamp realisiert. Oft hat eine solche Schaltung bei ungeeignetem Abschluss ein Stabilitätsproblem und wird deshalb in diskreten Lösungen selten verwendet. Integrierte Varianten sind zuverlässiger und können kompensiert werden. Bei fehlendem oder variablem Sync-Signal kann die Diode durch einen Schalter (FET) ersetzt werden, der durch ein externes Signal angesteuert wird (Bild 3b). Dies wird Keyed Clamp und das Steuersignal Key-Signal genannt. Falls das Key-Signal mit dem Sync-Puls zusammenfällt wird diese Schaltung Sync-Tip-Clamp genannt, wobei hier im Unterschied zum Dioden-Clamp eine Aktivierung irgendwo im Sync-Intervall erfolgen kann und nicht nur während der SyncSpitze. Falls das Key-Signal während des SchwarzPegels anliegt (Bild 3c) spricht man von einem Black Level Clamp. Das ist eine vielseitige und praktische Schaltung, die das ideale Modell gut annähert. Im Gegensatz zur Diode hat der Schalter keine Vorwärtsspannung und man kann so einen Black-Level Clamp (0 V) realisieren. Mit einer zusätzlichen DC-Spannung (Vref) kann die Vorspannung für Signale wie Chroma, Pb, Pr, Composite und Luma eingestellt werden. Ein Nachteil ist der benötigte Sync-Separator und die für einige Anwendungen ungenügende Genauigkeit. Falls Video digitalisiert wird sollte der Schwarz-Pegel innerhalb ±1 LSB bzw. ±2,75 mV bleiben. Diese Genauigkeit wird mit einer Clamp-Schaltung nicht erreicht. Die letzte Methode zur Bias-Einstellung eines Video-Signals nennt sich DC-Restore (DC-Wiederherstellung) und erreicht eine Genauigkeit von ungefähr ±1 LSB. Diese Schaltung (Bild 3d) hat keinen Koppel-Kondensator. Stattdessen vergleicht U2 die DC-Ausgangsspannung von U1 mit der Spannung Vref und sorgt über eine Gegenkopplung dafür, dass der Ausgang Vref unabhängig von der Eingangsspannung folgt. Falls die Regelschleife dauernd laufen würde, wäre die Ausgangsspannung natürlich konstant (DC). elektronik industrie 07/08-2004 Deshalb befindet sich in der Regelschleife ein Schalter, der nur während jeder Horizontal-Linie eingeschaltet wird, und zwar an dem Punkt (Sync-Spitze oder Schwarz-Pegel), der auf die Referenz-Spannung Vref gesetzt werden soll. Die Spannung wird von einem Kondensator (C) gespeichert, dieser Bild 4: Eine praktische Lösung für eine DC-Restore-chaltung. a) b) c) ist aber nicht in Serie mit dem Eingang sondern es handelt sich um einen Sample and Hold (S/H), der durch den Schalter in der Gegenkopplung realisiert ist. Eine praktische Ausführung in Bild 4 hat zwei Kondensatoren Chold und Cx , zwei Operationsverstärker U1 und U2 und einen Sample and Hold (S/H). Der eigentliche Vergleich und die Signal-Mittelwertbildung werden durch Rx, Cx, und U2 realisiert. Das RC-Produkt ist für Field Averaging dimensioniert (für ein 16 ms Field (NTSC/PAL) sollte das RC-Produkt größer als 80 ms sein), U2 ist ein niederfrequenter Verstärker mit guten Strom- und Spannungs-Offsetwerten und guter Stabilität, U1 hingegen hat eine hohe Bandbreite. Beim Sample and Hold und Chold ist ein kleiner Leckstrom wichtig, der eine Spannungsänderung (Droop) während der Horizontal-Linie bewirken kann. Im aktuellen Beispiel ist eine Schaltung mit ± Speisung gezeigt, diese kann mit einem Präzisions-Pegelwandler auch mit Einfachspeisung realisiert werden. Das größte Problem mit einer DC-RestoreSchaltung ist, dass der Black-Video-Pegel (Vref) ein Analogwert und unkorreliert zum entsprechenden Wert auf der digitalen Seite ist. Um das zu korrigieren, wird oft ein DAWandler für die Erzeugung von Vref eingesetzt. Wie der Keyed-Clamp kann eine DCRestore-Schaltung mit jedem Video-Signal (mit oder ohne Sync) und an jedem Punkt des Signals zum Einsatz kommen, sofern die Verstärker und der Sample and Hold schnell genug sind, um dem Signal zu folgen. (jj) www.maxim-ic.com Maxim d) Bild 3: Verschiedene Varianten für einen Video-Clamp, a) Diode bzw. Sync-TipClamp, b) Keyed-Clamp mit Referenzspannung als Sync-Tip-Clamp, c) KeyedClamp als Black-Level-Clamp, d) DCRestore Schaltung. elektronik industrie 07/08-2004 510 Über infoDIRECT erhalten Sie weitere Produktberichte und Fachartikel zum Thema Analog-ICs. 510ei0804 Bill Stutz, Maxim Integrated Products Inc., Sunnyvale/CA, USA. 49