Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020

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 NATIONALES KOMITEE
FÜR GLOBAL CHANGE FORSCHUNG
Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen zum Thema
Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020: ökologische, soziale und ökonomische Entwicklungen und Gestaltungsoptionen im globalen Wandel Kurzfassung verabschiedet auf der 54. Sitzung des Nationalen Komitees für Global Change Forschung (NKGCF) am 10.2.2011, ergänzt am 22.2.2011. Der Vorschlag wurde in Zusammenarbeit mit Experten aus den Bereichen Ökonomie, Ethik, Biologie Ökologie, Rechtswissenschaften, Agrarwissenschaften und Meeresforschung erarbeitet. Der Vorschlag richtet sich an alle Forschungsförderer, um eine Unterstützung koordinierter inter‐ und transdisziplinärer Global Change Forschung zur Umsetzung von Handlungsoptionen für den Schutz von Biodiversität und ökosystemarer Dienstleistungen zu erreichen.
Inhalt A Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020: Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen im Rahmen der Forschung für Nachhaltigkeit ‐ Kurzfassung ‐ 3 B Erläuterungen zur Kurzfassung „Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020: Ökologische, soziale und ökonomische Gestaltungsoptionen im globalen Wandel“ 9 1. Hintergrund 2. 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.2 3. 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 9 Wissensstand und Erkenntnisse der letzten Dekade Wissensdefizite im Bereich Ökosystemdienstleistungen und Biodiversität Einflussfaktoren für Artenschwund und Prozessänderungen in Ökosystemen Multifunktionalität von Ökosystemen Indikatoren für die Entwicklung ökosystemarer Dienstleistungen und ihre vergleichende Beobachtung Gesellschaftliche Handlungsoptionen und ihre Bewertung Erkenntnisse in Forschungsmethoden und –kooperation 12
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19 Forschung zur Erhaltung ökosystemarer Dienstleistungen Wissenschaftliche Ziele Soziale, ökonomische und politische Relevanz Zentrale Fragestellungen Arbeitsprogramm Umsetzung des Vorschlags 21
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2011 Kurzfassung ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 3 A Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020: Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen im Rahmen der Forschung für Nachhaltigkeit – Kurzfassung – Die Biodiversität von Ökosystemen bestimmt entscheidend deren derzeitigen und zukünftigen Nutzen in Form von Gütern und Dienstleistungen, wie beispielsweise die Bereitstellung von Nahrungs‐ und Heilmitteln, den Schutz vor Erosion, den Erhalt der Wasserqualität sowie Tourismus‐ und Erholungsmöglichkeiten. Biodiversität ist daher eine essentielle Lebensgrundlage für den Menschen. Diese Lebensgrundlage wird direkt und indirekt durch den globalen Wandel und eine Vielzahl politischer, wirtschaftlicher und sozialer Entscheidungen und Aktivitäten beeinflusst. Um den akuten Verlust von Biodiversität und Ökosystemaren Dienstleistungen entgegen zu wirken, wurde daher auf der 10. Vertragsstaatenkonferenz des UN‐Übereinkommens zur biologischen Vielfalt (CBD COP 10, Nagoya 2010) von den Mitgliedern einschließlich Deutschland eine globale Strategie für den Schutz von Biodiversität und Lebensräumen für den Zeitraum 2011‐2020 verabschiedet. Zentrale Ziele sind unter anderem der staatliche Schutz und die Ausweisung von 17% der Landfläche und 10% der marinen Habitate als Naturräume sowie die Renaturierung von mindestens 15% der degradierten Ökosysteme. Zugleich wurden der Abbau umweltschädlicher Subventionen und eine nachhaltige Nutzung aller Land‐ und Wasserflächen beschlossen. Dazu sollen in den nächsten Jahren auch in Deutschland entsprechende finanzielle Ressourcen bereitgestellt und Gesetzgebungen implementiert werden. Um entscheidend zur Umsetzung der Empfehlungen der COP 101 und des strategischen Plans der CBD sowie der europäischen und deutschen Ziele beizutragen, empfiehlt das Nationale Komitee für Global Change Forschung, dringend substantielle nationale Fördermaßnahmen zum Thema „Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020: ökologische, soziale und ökonomische Entwicklungen und Gestaltungsoptionen im Globalen Wandel“ zu implementieren. Hintergrund Die regionalen Auswirkungen des globalen Wandels und der nicht nachhaltigen Nutzung ökosystemarer Dienstleistungen für die Biodiversität können durch verschiedene nationale und internationale Nutzungs‐ und Gestaltungsoptionen beeinflusst werden. Enge Wechselwirkungen bestehen zwischen globalen Faktoren wie Globalisierung der wirtschaftlichen Aktivitäten, Integration 1
Ein Ziel der COP10 formuliert erstmals explizit eine Verbesserung des wissenschaftlichen Grundlagenwissens und relevanter Technologien zur Forschung an Biodiversität und ökosystemaren Dienstleistungen. Ferner wird beispielsweise in der Empfehlung 3(g) der COP10 (Decision X/2) darauf gedrängt, den Status von Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen regelmäßig zu erfassen und Methoden und Indikatoren zur Trendanalyse zu entwickeln, die Arbeit der zukünftigen Intergovernmental Science‐Policy Platform on Biodivesity and Ecosystem Services (IPBES) zu unterstützen und gleichzeitig die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik zu stärken. 2011 Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen Kurzfassung ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 4 der Märkte durch Welthandel oder Klimawandel und regionalen Faktoren wie Verfügbarkeit von Landoberfläche, Human‐ und Naturressourcen, Lebensstil‐ und Bevölkerungsentwicklung. Auch wenn alle Modelle für die globale Entwicklung von Biodiversität im 21. Jahrhundert einen weiteren Verlust von Artenvielfalt und Lebensräumen vorhersagen, besteht Übereinstimmung, dass wirksame gesellschaftliche Gestaltungsoptionen in einer großen Bandbreite vorhanden sind, aber verstärkt umgesetzt und weiter entwickelt werden müssen. Dazu zählen beispielsweise die Ausweisung von Schutzgebieten, die umweltbewusste Regulierung von Agrar‐, Fischerei‐ und Energiesubventionen sowie die Entwicklung neuer Marktmechanismen etwa im Kontext der Erhaltung von Wald (z.B. www.teebweb.org). Den Handlungsrahmen für diese vielfältigen Optionen besser für die Gesellschaft zu erschließen, ist eine zentrale wissenschaftliche Herausforderung für die Global Change Forschung. Eine wichtige Aufgabe ist dabei die Auswahl, Anwendung und Bewertung von Indikatoren und Modellen für die vergleichende Untersuchung der regionalen Entwicklung von Ökosystemen und ihrer Dienstleistungen unter Berücksichtigung verschiedener Steuerfaktoren und des Vorsorgeprinzips. Hierfür sind abiotische und biotische Umweltfaktoren ebenso wie soziale und ökonomische Aspekte zu analysieren. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit von integrativen Fördermaßnahmen, die die vorhandenen Kompetenzen von Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen aus den Bereichen Biodiversität, globaler Wandel und Nachhaltigkeit bündeln sowie verschiedene relevante Praxisakteure integriert, um Grundlagenforschung mit handlungsorientierter Forschung zu verbinden. Übergreifende Ziele entsprechender Fördermaßnahmen sind I.
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die Entwicklung und der Vergleich von Szenarien für die Biodiversität und der ökosystemaren Dienstleistungen unterschiedlicher Regionen, die die verschiedenen lokalen, nationalen und internationalen Optionen zur Umsetzung der CBD Beschlüsse aus dem Jahr 2010 einschließen, die Bewertung von Modellen und Indikatoren für die Entwicklungen von Biodiversität und ökosystemarer Dienstleistungen unterschiedlicher Regionen und ihrer Anwendung für die Begründung, Vermittlung und Überprüfung der Umsetzung nationaler und internationaler Strategien, wie der CBD‐Ziele, sowie die Analyse von Bewertungsgrundlagen und Gestaltungsoptionen einschließlich der Entwicklung von Handlungsoptionen für Entscheidungsträger auf verschiedenen Ebenen. Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Kurzfassung ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 5 Gemeinsam mit Stakeholdern soll die Auswahl von Zukunftsszenarien und der Prinzipien für regionale Modelle des globalen Wandels unter Berücksichtigung sozialer und ökonomischer Faktoren geschehen. Die Veränderungen ökosystemarer Dienstleistungen sollen auf Basis des Ansatzes des Millennium Ecosystem Assessments und seiner Folgeforschung untersucht werden. Um eine belastbare Bemessungsgrundlade der Entwicklungen beobachteter Lebensräume bis 2020 zu erhalten, ist es unter anderem erforderlich vergangenheitsbezogene Trends hinzuzuziehen. Diese können auch für die Projektionen der Lebensräume bis zum Jahr 2050 hilfreich sein. Im Vordergrund der Fördermaßnahmen soll die Untersuchung verschiedener regionaler Ökosysteme Deutschlands stehen, da diese zu den Regionen Europas mit den höchsten Gefährdungsraten der biologischen Vielfalt gehören2 und eine gute Datengrundlage aus vorherigen Monitoring‐
Programmen erwartet werden kann. Im Fokus stehen alle größeren Ökosystem‐ bzw. Landnutzungstypen, d.h. Gebirge, Laub‐ und Nadelwälder, landwirtschaftliche Flächen (Acker, Grünland), Städte, Süßwasser (Seen, Flüsse), Küste und Meer. Zusätzlich sollen in Forschungsvorhaben auch Regionen der Erde berücksichtigt werden, die durch politische und ökonomische Regelungen Deutschlands (wie z.B. Subventionen, Landnutzungsänderungen, CO2 Zertifizierung) direkt oder indirekt betroffen sind und für die vorwiegend Langzeitdaten verfügbar sind. Der Vorschlag für entsprechende Fördermaßnahmen richtet sich an alle nationalen Forschungsförderer. Er baut auf den europäischen und deutschen Biodiversitätszielen, wie sie in der „Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt von 2007“ und den Empfehlungen des BfN aus dem Jahre 2009 zu „Klimawandel, Landnutzung und Biodiversität– Chancen erkennen – Synergien nutzen“ festgehalten sind. Die Projekte des Bundesprogramm „Biologische Vielfalt“ (vgl. Bekanntmachung des BfN, Februar 2011) sollten soweit möglich in die Informations‐ und Datengrundlage für die Maßnahme eingebunden werden. Der Vorschlag schließt außerdem an die Millennium Development Goals (MDG) an, kann die Meinungsbildung des wissenschaftlich‐technischen Ausschuss der CBD (SBSTTA) unterstützen und wird als wesentlicher Beitrag zur Umsetzung der CBD 2020‐Ziele gesehen. Er bildet eine Brücke zu internationalen Programmen wie ILTER, Geo‐BON und DIVERSITAS international. Der Vorschlag kann außerdem als integrativer Beitrag zu den „Grand Challenges for Global Sustainability“ von ICSU/ISSC gesehen werden und soll direkt die Arbeit der zukünftigen Intergovernmental Science‐Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) unterstützen. 2
vgl. Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt (BMU, 2007) Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Kurzfassung ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 6 Im Rahmen der Forschungsvorhaben werden folgende Ergebnisse erwartet: 
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Entwicklung von Szenarien des globalen Wandels für unterschiedliche regionale Ökosysteme und zur Analyse gesellschaftlicher Handlungsoptionen für ihren Schutz und nachhaltige Nutzung. Identifizierung, Katalogisierung und Analyse wichtiger sozialer, politischer und ökonomischer (direkter und indirekter) Einflussfaktoren sowie Gestaltungsoptionen für die Regionen. „Good Practice“ Definition von regional spezifischen Indikatoren und Monitoring‐Strategien, inkl. Vergleich von Messgrößen der Biodiversität, Funktion und Dienstleistung von Ökosystemen, Landnutzung und sozioökonomischer Trends. Dokumentation und Analyse interaktiver Prozesse z.B. bezüglich der Art und Weise der erfolgreichen Einbindung der Stakeholdern (Grenzen, systematische Bewertung), des integrativen Forschungsprozesses, der Beratung von Entscheidungsträger und der Ableitung von Good Practice Empfehlungen. Analyse und Weiterentwicklung von Konzepten für die gesellschaftliche Bewertung von ökosystemaren Dienstleistungen. Entwicklung von Konzepten für den Umgang mit nicht quantifizierbaren Werten von Dienstleistungen (Vorsichtsstrategien). Wesentliche Weiterentwicklung des deutschen Beitrags zur internationalen Biodiversitätsforschung im Kontext des globalen Wandels mit besonderem Fokus auf integrative Forschungsverbünde. Entwicklung von regional‐ sowie gesellschaftsspezifischen Handlungsoptionen für den Schutz und die nachhaltige Nutzung regionaler Ökosysteme. Zur Erreichung dieser Ergebnisse bedarf es 
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der Entwicklung und der Überprüfung von Modellen und Konzepten in der Nachhaltigkeitsforschung mit Blick auf Biodiversität und ökosystemare Dienstleistungen. der Weiterentwicklung und Überprüfung von Programmen und Konzepten der ökologischen Langzeitbeobachtung und des Biodiversitätsmonitorings in Deutschland. der systematischen Berücksichtigung und Reflexion von Phänomenen der Unsicherheit und Ungewissheit mit Blick auf Biodiversität und ökosystemare Dienstleistungen sowohl auf biophysikalischer als auch auf sozioökonomischer Ebene. der Untersuchung und des Vergleichs der Effektivität, Effizienz und Anwendbarkeit politischer Maßnahmen und Instrumente sowie die Wirkung sozioökonomischer Regulierungen. der Einbeziehung relevanter Stakeholder/Akteure. des Transfers von Wissen in den IPBES Prozess sowie in die Umsetzung der COP 10 Strategien auch auf nationaler Ebene. Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Kurzfassung ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 7 Implementierung Der vorliegende Vorschlag richtet sich an alle Wissenschafts‐ und Forschungsorganisationen sowie den bereits etablierten Netzwerkstrukturen zu Wissenstransfer (wie z.B. NeFo) und Datenerfassung (wie z.B. NetPhyD, LTER‐D, Tagfaltermonitoring Deutschland). Für die Implementierung und Akzeptanz sollte der konzeptionelle Rahmen für die Fördermaßnahmen zusammen mit Wissenschaftlern universitärer und außeruniversitärer Einrichtungen, internationalen Experten sowie Akteuren aus Politik und Praxis erarbeitet werden. Empfehlenswert ist von Beginn an eine projektbegleitende Arbeitsgruppe zu etablieren, welche Querschnittsaufgaben, wie Szenarienbildung, wahrnimmt und für den Informationsaustausch auch zwischen den Projektverbünden Sorge trägt. Nachfolgend bietet sich für die qualitätsorientierte Auswahl transdisziplinärer Forschungsverbünde ein zweistufiges Ausschreibungsverfahren an. Bei der Auswahl der Verbünde sollten die unten genannten Kriterien als auch der regionale Fokus berücksichtigt werden. Des Weiteren gilt, gemäß den drei übergreifenden Zielen der Fördermaßnahme, folgendes zu berücksichtigen: 
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In der ersten Phase der Umsetzung sollen die Grundprinzipien und ‐annahmen der Zukunftsszenarien der biologischen Vielfalt gemeinsam erarbeitet und festgelegt werden. Die Szenarien berücksichtigen globale und regionale Prozesse sowie soziale, politische und ökonomische (direkter und indirekter) Einflussfaktoren für die verschiedenen Regionen. Die regionalen Verbünde erarbeiten für sich eine Auswahl an integrativen methodischen Ansätzen, benötigter vergangenheitsbezogener Daten und Modelle sowie notwendiger neuer Indikatoren und neuer Monitoringsysteme für die Entwicklung der Biodiversität und ökosystemarer Dienstleistungen, in Abstimmung mit den von BMU/BfN/UBA entwickelten Beobachtungsparametern und Indikatoren sowie Listen für Arten in besonderer Verantwortung Deutschlands, Bioindikatoren und Hotspots der biologischen Vielfalt. Die zum Ende der ersten Phase gemeinsam erarbeiteten Zukunftsszenarien stellen die Rahmenbedingungen für die weiteren Arbeiten der regionalen Projektverbünde dar. In der zweiten Phase werden die Ergebnisse aus den Modellen, den Monitoringdaten und den ausgewählten Indikatoren für die Entwicklungen von Biodiversität und Dienstleistungen verschiedener Ökosysteme analysiert und bewertet. Damit kann die Entwicklung ökosystemarer Dienstleistungen und Biodiversität einzelner Regionen untersucht sowie die Wechselwirkungen zwischen globalen und regionalen Umweltfaktoren und Gestaltungsoptionen herausgearbeitet werden. In der dritten Phase steht die Validierung und Evaluierung der Ergebnisse gemeinsam mit den nationalen Akteuren im Vordergrund, zum Zweck einer Analyse von Gestaltungsoptionen und der Formulierung von Handlungsoptionen für Entscheidungsträger unterschiedlicher Ebenen. Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Kurzfassung ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 8 Kriterien für die Auswahl der Forschungsverbünde Empfohlen wird eine Auswahl von 6‐8 Forschungsverbünden mit regionalem Fokus sowie eines Verbundes für die Koordination und Umsetzung der Querschnittsaufgaben. Erfolgreiche Forschungsverbünde zeichnen sich aus durch 
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die Verfolgung integrativer Forschungsansätze, in denen sich die notwendige disziplinäre und fächerübergreifende Expertise zur Beantwortung der übergreifenden Forschungsziele I‐III zusammenschließt. den Zugang zu Primärdaten aus der Langzeitbeobachtung mindestens eines regionalen Ökosystems. Dabei ist die direkte Einbindung der Expertise aus dem Langzeitmonitoring (z.B. ILTER, Exploratorien oder anderer Infrastrukturen der Biodiversitätsforschung) und dem Bundesprogramm „Biologische Vielfalt“ von Vorteil. die Verbindung universitärer und außeruniversitärer Forschung sowie der Schnittstelle zu Praxisakteuren und Stakeholdern. die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchs vor allem in den Bereichen interdisziplinärer Integration, transdisziplinärer Problembetrachtung, Methoden der Trendanalyse und Modellierung sowie Assimilation von Monitoringdaten mit Bezug zur Biodiversitätsforschung. die Gewährleistung der kontinuierlichen Einbeziehung verschiedener relevanter (globaler/regionaler/lokaler) Stakeholder während des gesamten Forschungsprozesses, vor allem hinsichtlich der Erreichung des dritten Zieles. das Engagement im Bereich des Wissenstransfers und der Umsetzung der Forschungsergebnisse. Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 9 B Erläuterungen zur Kurzfassung „Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020: Ökologische, soziale und ökonomische Gestaltungsoptionen im globalen Wandel“ 1. Hintergrund Feldstudien, Modelle und Szenarien weisen darauf hin, dass die Auswirkungen des globalen Wandels in zunehmendem Maße zu Verlusten von Artenvielfalt und natürlichen Lebensräumen sowie Veränderungen im Vorkommen von Arten und Biomen führen werden (Global Biodiversity Outlook, 2010). Um diesem Verlust effektiver als in den vergangenen Jahren entgegen zu wirken, wurde auf der Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens zur Biologischen Vielfalt (CBD COP 10, 2010) von den Mitgliedsstaaten für den Zeitraum 2011‐2020 eine ambitionierte globale Biodiversitätsstrategie durch einen aktuellen Zielekanon verabschiedet und um eine Vision bis 2050 erweitert. Das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt (CBD) strebt seit seiner Verabschiedung 1992 den Schutz der biologischen Vielfalt und die nachhaltige Nutzung ihrer Komponenten an. Gleichzeitig fordert es die gerechte Verteilung der aus der Nutzung genetischer Ressourcen entstehender Vorteile. Das Übereinkommen geht mit seinem Ansatz, den gesamten Bereich des Schutzes und der nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt auf den drei Ebenen der Lebensräume, Arten und Gene abzudecken, in seiner Zielsetzung und Reichweite über die Anliegen „klassischer“ Naturschutzabkommen weit hinaus. Um die Dringlichkeit des Themas weltweit zu kommunizieren, wurde Ende 2010 zugleich die UN‐Dekade der biologischen Vielfalt ausgerufen. Die Umsetzung der rund 20 beschlossenen Einzelziele der CBD geschieht vornehmlich durch nationale Biodiversitätsstrategien und Aktionspläne sowie andere sektorale Pläne. Durch diese sollen der Schutz und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt als integrale Bestandteile sämtlicher Planungen und Entscheidungen berücksichtigt und etabliert werden. In Deutschland hat die Bundesregierung 2007 die Nationale Strategie für Biologische Vielfalt3 beschlossen, welche in enger Vernetzung zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie verfasst wurde. Künftig soll mit Hilfe von Indikatoren4 eine zusammenfassende Erfolgskontrolle vorgenommen werden. 3
Die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) ist eine Zukunftsvision der Bundesregierung, in der rund 330 Zielvorgaben und 430 konkrete, akteursbezogene Maßnahmen beschrieben werden. Sie ist eine für mindestens vier Legislaturperioden ausgelegte und verpflichtende Strategie, deren Erfolg anhand eines Indikatorensets und Rechenschaftsberichten regelmäßig überprüft werden kann. 4
12 der insgesamt 19 Indikatoren (wie z.B. hinsichtlich nachhaltiger Forstwirtschaft) geben über das Erreichen bestimmter Ziele Auskunft, wobei letztere mit einem quantitativen Zielwert und meistens auch mit einem bestimmen Zieljahr, wie etwa 2010, 2015 oder 2020, verbunden sind (vgl. Indikatorenbericht 2010 (2010)). 2011 Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 10 Die CBD basiert auf dem Vorsorgeprinzip und hat hierfür den ökosystemaren Ansatz (Ecosystem Approach5) entwickelt. Mit Hilfe des ökosystemaren Ansatzes kann bewertet werden, inwieweit die menschlichen Nutzungen eines Ökosystems sein Funktionieren und seine Produktivität beeinflussen. Der Ansatz stellt eine Herangehensweise dar, die das integrierte Management von Land, Wasser und lebenden Ressourcen durch ein Zusammenwirken von ökologischer Nachhaltigkeit, ökonomischer Entwicklung und sozialer Gerechtigkeit ermöglichen soll. Das Konzept der ökosystemaren Dienstleistungen stellt hierfür einen wichtigen übergreifenden Ansatz mit einer stark funktionalen Betrachtungsweise der Biodiversität. Dabei sind alle Ebenen der Biodiversität (Ökosysteme, Arten und Gene) von Bedeutung. Das Millennium Ecosystem Assessment (2005) unterscheidet zwischen sogenannten bereitstellenden Dienstleistungen (wie Nahrungsmittel, Wasser, Faserstoffe, Holz oder Öl), regulierenden Dienstleistungen (wie die Regulierung von Klima, Überflutungen, Krankheiten oder Wasserqualität), kulturellen Dienstleistungen (wie Erholung und ästhetisches Vergnügen z.B. durch Korallenriffe oder Mineralquellen) sowie unterstützende Dienstleistungen (wie Bodenbildung, Photosynthese oder Nährstoffkreislauf) (vgl. Abb. 1). Ihre Bedeutung, Wertschätzung und Bewertung ist insbesondere für regulierende und kulturelle Dienstleistungen oft wenig sichtbar und auch teilweise schwer abschätzbar, vor allem, wenn es um potentielle Zukunftswerte geht, wie z.B. bei genetischen Ressourcen. Für alle Dienstleistungen und ihr Zusammenwirken gilt: Nachhaltiges Wirtschaften auf regionaler, nationaler und globaler Ebene ist Voraussetzung dafür, dass das menschliche Wohlbefinden jetzt und auch für kommende Generationen aufrecht erhalten werden kann. Die Erkenntnisse des Millennium Ecosystem Assessment und die darauf aufbauenden Forschungsprojekte und Analysen (vgl. MA, 2005; EASAC, 2009; Daily et al., 2009; SEI, 2009; De Groot et al., 2010; TEEB, 2010) zeigen bereits eine Vielfalt von gesellschaftlichen Handlungsoptionen und ‐notwendigkeiten auf; diese reichen von einer Verstärkung der Grundlagenforschung, z.B. im Bereich der sozial‐ und normwissenschaftlichen Forschung, der Ökonomie, der Biodiversitäts‐ und Ökosystemforschung, bis zu konkreten Forderungen für staatliche Umsetzungen von Umwelt‐ und Naturschutz sowie für wirtschaftliche und politische Maßnahmen. Dabei werden aber auch zum einen die Grenzen des Konzeptes der ökosystemaren Dienstleistungen zunehmend diskutiert (vgl. Gomez‐Baggerthun et al., 2010; Norgaard, 2010) als auch die Grenzen des Wissens insgesamt thematisiert. Der Umgang sowohl mit Wissenslücken und vor allem mit einer grundsätzlichen Ungewissheit hinsichtlich komplexer Mensch‐
Umweltsysteme stellen große Herausforderungen dar. 5
“A strategy for the integrated management of land, water, and living resources that promotes conservation and sustainable use. An ecosystem approach is based on the application of appropriate scientific methods focused on levels of biological organization, which encompass the essential structure, processes, functions, and interactions among organisms and their environment. It recognizes that humans, with their cultural diversity, are an integral component of many ecosystems” (MA, 2005). 2011 Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 11 Abb. 1: Status und Trends ökosystemarer Dienstleistungen und menschlichen Wohlergehens nach Scholes et al. (2010). Es sei darauf hingewiesen, dass die Pfeile in der Abbildung ein Wechselwirkungsnetzwerk von Interaktionen darstellen, dessen Quantifizierung in verschiedenen Ökosystem‐Typen und Regionen ein Forschungsdesiderat darstellen. In den nachfolgenden Kapiteln werden aktueller Wissensstand und drängende Forschungsschwerpunkte zusammengefasst, wie sie sich aktuell in den Themenbereichen Biodiversität und ökosystemare Dienstleistungen im Kontext des globalen Wandels, und damit der immer stärkeren Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Rohstoffen sowie Inanspruchnahme von Land und Ozean darstellen. Zu jedem Abschnitt wird eine kurze Literaturübersicht gegeben; eine ausführliche Literaturübersicht stellt das Arbeitspapier „Biodiversität und globaler Wandel – Aktuelle Herausforderungen in der interdiziplinären Biodiversitätsforschung“ zur Verfügung (pdf online verfügbar unter http://www.nkgcf.org/biodiversity.php). Im dritten Abschnitt werden Ziele, zentrale Fragestellungen und Arbeitsprogramm von Fördermaßnahmen, welche aufgrund der Vielschichtigkeit und Komplexität der Forschungsfragen transdisziplinär angelegt sind, näher erläutert. Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 12 Weiterführende Literatur: BMU (2010): Indikatorenbericht 2010 zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Berlin. Daily, G.C. et al (2009): Ecosystem services in decision making: time to deliver.Frontiers in Ecology and Environement 7: 21‐28 Norgaard, R.B. (2010): Ecosystem services: from eye‐opening metaphor to complexity blinder.Ecological Economics 69: 1219‐1227 De Groot, R.S. et al. (2010): Challenges in integrating the concept of ecosystem services and values in landschape planning, management and decision making.Ecological Complexity 7: 260‐272 EASAC‐ European Academies Science Advisory Council (2009): Ecosystem services and biodiversity in Europe. Report, EASAC, URL http://www.easac.eu Gómez‐Baggerthun, E. et al. (2010): The history of ecosystem services in economic theory and practice: from early notions to markets and payment schemes.‐ Ecological Economics 69 : 1209‐1218 TEEB (2010): The Economics of Ecosystems and Biodiversity: Ecological and Economic Foundations. Earthscan, London. Scholes, R. et al (2010): Assessing State and Trends in Ecosystem Services and Human Well‐being. In: Ecosystem Services and Human Wellbeing: A manual for Assessment Practitioners; Island Press, Washington DC. SEI – Stockholm Environment Institute (2010): Ecosystem Assessments in Europe. Report to the EEA. URL: http://sei‐
international.org/publications?pid=1823 2. Wissensstand und Erkenntnisse der letzten Dekade 2.1 Wissensdefizite im Bereich Ökosystemdienstleistungen und Biodiversität Das Millennium Ecosystem Assessment (MA, 2005) markierte einen wichtigen Fortschritt zum Wissensstand zu Ökosystemdienstleistungen – sowohl konzeptionell als auch in der Übersicht über die bestehende Datenlage. Es ergaben sich aber auch breite Wissenslücken, die sowohl im Grundlagenbereich als auch in der problemorientierten Forschung zu sehen sind. Diese Defizite wurden mittlerweile durch verschiedene Gremien und Analysen zusammengefasst (vgl. Carpenter et al., 2007, 2009; Neßhöver & Görg, 2007; EPBRS, 2007, 2011; Anton et al., 2010; ICSU, 2010), auf deren Schwerpunkte weiter unten eingegangen wird. Allgemein zeichnet sich ab, dass die größte Herausforderung in einer integrativen Forschung zu sehen ist, die sich etwa den Trade‐Offs zwischen der Nutzung verschiedener Ökosystemdienstleistungen widmet und vor allem ihren sozialen und ökonomischen Kontext einbezieht. Eine weitere Herausforderung zeigte sich in der globalen Studie zur Ökonomie der Ökosysteme und der Biodiversität (TEEB, 2010): So gibt es zwar zahlreiche Methoden und Instrumente zur Berücksichtigung von Ökosystemdienstleistungen in ökonomischen Entscheidungen, es fehlt aber vielfach sowohl an Grundlagendaten als auch an einer breiten Erfahrung in Umsetzungsprojekten (Kumar, 2010; TEEB, 2010). Hier bedarf es eines koordinierten Ansatzes, um ein solches besseres „Accounting for Ecosystem Services“, wie unter anderen von der CBD gefordert, in Zukunft umsetzen zu können. Weiterführende Literatur: Anton, C. et al. (2010): Research needs for incorporating the ecosystem service approach into EU biodiversity conservation policy. Biodiversity and Conservation 19, 2979‐2994. Carpenter, S.R. et al. (2006): Millennium Ecosystem Assessment: research needs. Science 314: 257‐258. Carpenter, S.R. et al. (2009): Science for managing ecosystem services: Beyond the Millenium Ecosystem Assessment. PNAS 106, 1305‐1312. De Chazal, J. Rounsevel, M.D.A. (2009): Land use and climate change within assessments of biodiversity change: a review. Global Environmental Change 19, 306‐315. Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 13 EPBRS – European Platform for Biodiversity Research Strategy (2007): Research recommendations on Biodiversity and ecosystem services – the Millennium Ecosystem Assessment framework in a European perspective, German Meeting of the EPBRS 20107 URL:http://www.epbrs.org EPBRS – European Platform for Biodiversity Research Strategy (2011): Research recommendations on ecosystems services, HUgarian Meeting of the EPBRS 2011, URL:http://www.epbrs.org EPBRS – European Platform for Biodiversity Research Strategy (2007): Research recommendations on Biodiversity and ecosystem services – the Millennium Ecosystem Assessment framework in a European perspective, URL:http://www.epbrs.org ICSU (2010): Ecosystem Change and human well‐being. Strategy paper. URL: http://www.icsu.org/publications/reports‐and‐
reviews/ecosystem‐change‐report Kumar, P.; Hrsg. (2010): The Economics of Ecosystems and Biodiversity: Ecological and Economic Foundations.‐ Earthscan, London. Neßhöver, C., Görg, C. (2007): Ableitung von Forschungsempfehlungen aus dem Millennium Ecosystem Assessment (MA). In: Vilmer Handlungsempfehlungen zur Förderung einer umsetzungsorientierten Biodiversitätsforschung in Deutschland. BfN‐Skripten 223. Bundesamt für Naturschutz, Bonn‐Bad Godesberg, S. 41‐46. TEEB (2010): Die ökonomischen Bedeutung der Natur in Entscheidungsprozesse integrieren – Ansatz, Schlussfolgerungen und Empfehlungen von TEEB – Eine Synthese.‐ URL: http://www.teebweb.org/Portals/25/TEEB%20Synthesis/TEEB_Synthesis_german_web%5B1%5D.pdf 2.1.1
Einflussfaktoren für Artenschwund und Prozessänderungen in Ökosystemen Verursacht durch wachsende Bevölkerung und steigende materielle Bedürfnisse immer größerer Teile der Weltbevölkerung, technische Transformationen, geänderte Lebensstile und Konsumverhalten werden terrestrische, limnische und marine Systeme grundlegend beeinflusst. Daneben bewirkt bzw. verstärkt der Klimawandel durch steigende Durchschnittstemperaturen, veränderte Niederschlagsmuster, Versauerung der Meere und Meeresspiegeländerungen, eine Veränderung der belebten und unbelebten Umwelt an Land und in den Ozeanen. Dies wirkt sich direkt oder indirekt auf die Bereitstellung lebensnotwendiger Ökosystemdienstleistungen aus. Bislang kann allerdings nur unzureichend eingeschätzt werden, in welchem Umfang und auf welchen räumlichen und zeitlichen Skalen mit einem Verlust von Ökosystemdienstleistungen gerechnet werden muss und welche gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Konsequenzen zu erwarten sind. Wie in der Klimadebatte sind vor allem Szenarien für regionale Änderungen in den nächsten 10‐50 Jahren entscheidend für politische Handlung. Große Wissenslücken bestehen hinsichtlich der Interaktionen zwischen den umweltbedingten Einflussfaktoren (wie Klimaänderungen), der sozio‐ökonomischen Einflussfaktoren (wie Landnutzungsänderungen) und den Auswirkungen auf Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen sowie der synergetischen Effekte und Rückkopplungseffekte. Insbesondere besteht Forschungsbedarf hinsichtlich dynamischer Wechselbeziehungen zwischen sozialen (z.B. Lebensstil und demographischer Wandel) und ökonomischen Einflussfaktoren (z.B. Wirtschaftswachstum, Wandel in der Ressourcennutzung, veränderte Konsummuster), der Rolle von Umwelteinflüssen (wie Klimawandel) und politischen Entwicklungen. Um diese Wissenslücken schließen zu können, bedarf es unter anderem der Weiterentwicklung integrativer und quantitativer Modelle sozio‐ökologischer Systeme, sogenannter „hybrid models“ oder „coupled models“. Die aktuell noch auftretenden Schwierigkeiten bei der Kopplung von Modellen aufgrund unterschiedlicher räumlicher und zeitlicher Dimensionen hinsichtlich von Ökosystemprozessen und institutionellen Prozessen sollten überwunden werden. Zudem werden für integrative Hybrid‐Modelle bessere (räumlich und zeitlich höher auflösende) Datengrundlagen insbesondere auf regionaler Ebene benötigt. Auch flächendeckende Langzeitdaten zu Arten und Systemzuständen sowie belastbare Beziehungen zwischen Landnutzungsformen, Biodiversität und Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 14 Ökosystemdienstleistungen werden für die Generierung von Szenarien benötigt. Ferner bedarf es einer detaillierten Prüfung der Verwertbarkeit bestehender Umweltdaten (zu Boden, Wasser, Luft) für die Analyse von Status und Trends von Ökosystemdienstleistungen. Die Wissenslücken beziehen sich schließlich auch auf die strukturellen Faktoren des gesellschaftlichen Umfelds, die den Umgang mit Biodiversität und natürlichen Ressourcen prägen, wie kulturelle und ökonomische Einflussfaktoren, Interessenlagen, oder unterschiedliche Bewertungen von Ökosystemdienstleistungen sowie auftretender Rückkopplungseffekte durch Management‐
Entscheidungen. Weiterführende Literatur: Carpenter, S.R. et al. (2009): Science for managing ecosystem services: Beyond the Millenium Ecosystem Assessment. PNAS 106, 1305‐1312. De Chazal, J. Rounsevel, M.D.A. (2009): Land use and climate change within assessments of biodiversity change: a review. Global Environmental Change 19, 306‐315. Haberl, H. et al. (2009): Towards an integrated model of socioeconomic biodiversity drivers, pressures and impacts. A feasibility study based on three European long‐term socio‐ecological research platforms. Ecological Economics 68, 1797‐1812. Leadley, P. et al. (2010): Biodiversity Scenarios: Projections of 21st century change in biodiversity and associated ecosystem services. 132 pp. Convention on Biological Diversity, Montreal, Canada. Ohl, C. et al. (2010): Long‐term socio‐ecological research (LTSER) for biodiversity protection – a complex systems approach for the study of dynamic human‐nature interactions. Ecological Complexity 7, 170‐178. st
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Multifunktionalität von Ökosystemen Bestimmte Ökosysteme können sowohl Produktions‐, Lebens‐ als auch Regenerationsraum oder Speicherraum darstellen (z.B. Wald, Feuchtgebiete, Oberflächengewässer), in welchem Wasser gefiltert, Kohlenstoff gespeichert und Faserstoffe/Nahrungsmittel produziert werden. Entsprechend steht die Multifunktionalität von Ökosystemen über die Bereitstellung ökosystemarer Dienstleistungen in enger Beziehung zum menschlichen Wohlergehen. Da die globalen Ansprüche aufgrund des Bevölkerungswachstums und des wirtschaftlichen Wachstums der Industrie‐ und der Schwellenländer weiter wachsen werden, ist es von grundlegender Bedeutung, rechtzeitig die komplexen Interaktionen zwischen biologischen Einheiten auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen und gesellschaftlichen Einflüssen zu verstehen, um die regionalen, nationalen und lokalen Auswirkungen von Ökosystemwandel auf das menschliche Wohlergehen abschätzen zu können. Mit dem Ziel Ökosystemdienstleistungen für kommende Generationen aufrechtzuerhalten, müssen diese identifiziert, quantifiziert und bewertet werden. Trotz umfangreichem Erkenntnisgewinn aus vielen Teilbereichen der Biodiversitätsforschung bestehen noch große Kenntnisdefizite hinsichtlich der funktionellen Betrachtungsweise. Zugleich ist das Wissen über die offensichtlichen, kausalen Zusammenhänge von beispielsweise ökosystemaren Prozessen und dem menschlichen Wohlergehen gering. Das vertiefte Verständnis gegenseitiger Abhängigkeiten und Interaktionen von Ökosystemkomponenten sowie von Auswirkungen von direkten und indirekten (z.B. physikalischen, Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 15 ökonomischen, sozialen) Einflussfaktoren auf die Systemkomponenten ist erforderlich, um Maßnahmen für die Erhaltung der Funktionen der Ökosysteme ergreifen zu können. Hierzu ist im internationalen und interdisziplinären Forschungskontext das Konzept der Ökosystemdienstleistungen als Teil von Entscheidungsprozessen fixiert worden. Dafür bedarf es regionaler Erfassungen und Bewertungen von Ökosystemdienstleistungen in einem transdisziplinären Rahmen. Von besonderem Interesse ist hierbei der Dialog mit Entscheidungsträgern, um den Transfer von System‐, Ziel‐ und Handlungswissen, welche sich aus den interdisziplinären, integrativen Forschungsanstrengungen der Natur‐, Geistes‐ und Sozialwissenschaften ergeben, zu verstärken und eine zeitnahe Umsetzung zu gewährleisten. Ferner sind für eine effektive Integration von Ökosystemdienstleistungen in Schutzprogramme räumlich und zeitlich adäquat aufgelöste Daten der Verteilung von Ökosystemdienstleistungen sowie die Schaffung von Kriterien zur Identifizierung von Gebieten höchster Schutzpriorität notwendig. Zu prüfen gilt, inwiefern eine räumliche Übereinstimmung von Gebieten, die Ökosystemdienstleistungen erbringen, mit solchen, die Biodiversität unterstützen, besteht. Darüber hinaus müssen vergleichende, möglichst quantitative Indikatoren entwickelt werden, die den Aspekt der Dienstleistung widerspiegeln und dabei auch solche berücksichtigen, die in der Zukunft liegen (Vorsorgeprinzip, z.B. für den zukünftigen Bedarf der Pharmaindustrie an derzeit noch unbekannten Naturstoffen). Weiterführende Literatur: Anton, C. et al. (2010): Research needs for incorporating the ecosystem service approach into EU biodiversity conservation policy. Biodiversity and Conservation 19, 2979‐2994. Balvanera, P. et al. (2006): Quantifying the evidence for biodiversity effects on ecosystem functioning and services. Ecology Letters 9, 1146‐1156. Boyd, J.W., Banzha, H.S. (2007): What are ecosystem services? The need for standardized environmental accounting units. Ecological Economics 63, 616‐626. Cardinale, B.J. et al. (2006): Effects of biodiversity on the functioning of trophic groups and ecosystems. Nature 443, 989‐992. Carpenter, S.R. et al. (2009): Science for managing ecosystem services: Beyond the Millenium Ecosystem Assessment. PNAS 106, 1305‐1312. Fisher, B. et al. (2009): Defining and classifying ecosystem services for decision making. Ecological Economics 68, 643‐653. Gamfeldt, L. et al. (2008): Multiple functions increase the importance of biodiversity for overall biodiversity functioning. Ecology 89, 1223‐1231. Haines‐Young, R. (2009): Land use and biodiversity relationships. Land Use Policy 26, 178‐186. Hector, A., Bagchi, R. (2007): Biodiversity and Ecosystem Multifunctionality. Nature 448, 188‐190. Ives, A.R., Carpenter, S.R. (2007): Stability and diversity of ecosystems. Science 317, 58‐62. Naidoo, R. et al. (2008): Global mapping of ecosystem services and conservation priorities. PNAS 105, 9495‐9500. 2.1.3
Indikatoren für die Entwicklung ökosystemarer Dienstleistungen und ihre vergleichende Beobachtung Indikatoren stellen Variablen dar, welche, gemessen an einer Referenz, eine quantitative Aussage über den Zustand oder die Entwicklung vielschichtiger, im Fokus stehender Sachverhalte zulassen. Bei der Bestimmung von Indikatoren für Ökosysteme wird davon ausgegangen, dass entweder mittels einzelner Stellvertreter aus dem Tier‐ und Pflanzenreich, oder der Berücksichtigung multipler Taxa oder funktioneller Gruppen von Taxa stattfindende Veränderungen von Lebensräumen und ökologischer Wirkungsgefüge aufgezeigt werden können. Auf europäischer Ebene basieren Biodiversitätsindikatoren, wie sie beispielsweise im SEBI‐Verbund (Streamlining European 2010 Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 16 Biodiversity Indicators) verwendet werden, zumeist auf dem DPSIR‐Ansatz6. Festzustellen ist, dass nur in wenigen Fällen die Indikatoren in direkter Beziehung zum Zustand (State) von und zur Auswirkung (Impact) auf Biodiversität stehen. Ferner sind Indikatoren, wie sie heute weltweit von Entscheidungsträgern genutzt werden, wissenschaftlich nicht ausreichend unterfüttert bzw. weist die taxonomische, geographische und zeitliche Abdeckung erhebliche Lücken auf, weshalb angeregt wird, nationale Indikatorensysteme zu etablieren. Für Deutschland wurden erste Indikatoren bereits definiert und deren Zielwerte festgelegt (vgl. Indikatorenbericht (BMU, 2010)). Wissensdefizite bestehen vor allem hinsichtlich Bezugsmarken bzw. Referenzwerten, an denen Zustände (von beispielsweise Arten, Umsatzraten, Lebensräumen) gemessen werden können. Des Weiteren fehlt es an Langzeitdaten über den Zustand der meisten Populationen in den meisten Regionen, an Indikatoren für den Wandel auf genetischer und ökosystemarer Ebene, an Indikatoren für wirbellose Tiere und Mikroorganismen, an Indikatoren für Prozesse und Aktivitäten, oder an Indikatoren zur Kennzeichnung des Zustandes in Entwicklungsländern. Ferner wird bislang in Indikatoren weder die Nutzung noch die Inwertsetzung von Ökosystemdienstleistungen berücksichtigt. Noch weniger ist hinsichtlich kritischer Schwellenwerte bekannt, weshalb ungewiss ist, wie viel anthropogene Beeinflussung Ökosysteme ertragen können, bevor deren Funktionen irreversibel geschädigt werden. In diesem Zusammenhang ist es zugleich notwendig die Grenzen des Wissens sowie der entsprechende Umgang damit nach dem Vorsorgeprinzip zu thematisieren. Dies erfordert eine Integration der natur‐, sozialwissenschaftlichen und ökonomischen Empirie mit normwissenschaftlichen (Recht, Ethik) Disziplinen. Um die Leistungen von Ökosystemen möglichst langfristig zu sichern und auch Optionen auf noch nicht genutzte Dienstleistungen7 zu erhalten, muss nach dem Vorsorgeprinzip gehandelt werden. Das Vorsorgeprinzip verweist auf die Notwendigkeit, bei Anhaltspunkten für erhebliche zu erwartende Schädigungen bereits proaktiv zu handeln, selbst wenn (noch) kein abgesichertes Wissen vorliegt. Eine solche Bevorzugung der falsch positiven Prognose, um Schäden abzuwenden, muss aber dennoch auf wissenschaftlich basierten Überlegungen basieren und zugleich im jeweiligen konkreten Kontext abgewogen werden (vgl. Goklany, 2001; Foster, 2011). Als Grundlage für ein solches Vorgehen sind Indikatorsysteme zu der fortlaufenden Überwachung von Veränderungen zu erarbeiten. Diese Indikatorsysteme müssen in der Lage sein, Zustände und Trends von Biodiversität abzubilden und zu messen, und gleichzeitig die Gründe (Einflussfaktoren bzw. Treiber) für Veränderungen und ihre Auswirkungen auf die Bereitstellung von ökosystemaren Dienstleistungen zu erfassen. Indikatoren müssen auf Basis des ökosystemaren Ansatzes mit Priorität auf deren Notwendigkeit erarbeitet werden. Ein standardisiertes Aufnahmeverfahren und eine Datengenerierung mit biotop‐ oder ökosystemübergreifender Anwendbarkeit muss für Vergleichszwecke gewährleistet sein, um ein effektives (aussagekräftiges, messbares, länderübergreifendes) und effizientes (kostengünstiges) Monitoring zu ermöglichen und die damit einhergehenden Veränderungen der Dienstleistungen bzw. den Nutzen von Maßnahmen festzustellen. Werden Indikatoren definiert, ist es unbedingt notwendig, relevante Stakeholder und ihre Interessen mit einzubinden, um priorisierte, handhabbare und allgemein akzeptierte Indikatoren zu definieren. Experimentelle Untersuchungen stellen hierbei eine Möglichkeit dar, um 6
DPSIR ist eine Abkürzung für Driving force (Auslöser), Pressure (Beeinträchtigung), State (Zustand), Impact (Auswirkung) und Response (Reaktion) und dient auf europäischer Ebene als Modell für die Weiterentwicklung von Indikatoren. 7
Z.B. Schutz der Diversität mariner Schwämme zur zukünftigen Erschließung biotechnologisch relevanter Naturstoffe aus dem Meer. 2011 Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 17 Indikatoren zu entwickeln (z.B. Resilienz gegenüber Einflüssen wie erhöhte Nutzung, Verschmutzung, Ausschluss bestimmter Arten, Wetterextremen). Weiterführende Literatur: Anton, C. et al. (2010): Research needs for incorporating the ecosystem service approach into EU biodiversity conservation policy. Biodiversity and Conservation 19, 2979‐2994. Biggs, R. et al. (2008): Turning back from the brink: detecting an impending regime shift in time to avert it. PNAS 106, 826‐831. Butchart, S.H.M. et al. (2010): Global biodiversity: indicators of recent decline. Science 328, 1164‐1168. Carpenter, S.R. et al. (2009): Science for managing ecosystem services: Beyond the Millenium Ecosystem Assessment. PNAS 106, 1305‐1312. Feld, C.K. et al. (2009): Indicators of biodiversity and ecosystem services: a synthesis across ecosystems and spatial scales. Oikos 118, 1862‐1871. Feld, C.K. et al. (2010): Indicators for biodiversity and ecosystem services: towards an improved framework for ecosystems assessment. Biodiversity and Conservation 19, 2895‐2919. Foster, C.E. (2011): Science and the Precautionary Principle in International Courts and Tribunals: Expert Evidence, Burden of Proof and Finality. Cambridge University Press. Goklany, I.M. (2001): The Precautionary Principle: A Critical Appraisal: A Critical Appraisal of Environmental Risk Assessment. Cato‐Institute. Hoffmann, M. et al. (2010): The impact of conservation on the status of the world’s vertebrates. Science 330, 1503‐1509. Luck, G.W. (2007): The relationships between net primary productivity, human population density and species conservation. Journal of Biogeography 34, 201‐212. Vandewalle, M. et al. (2010): Functional traits as indicators of biodiversity response to land use changes across ecosystems and organisms. Biodiversity and Conservation 19, 2921‐2947. Vohland, K. et al. (2010): Zum Beitrag der deutschen Biodiversitätsforschung zu Post‐2010‐Zielen des Übereinkommens zur biologischen Vielfalt (CBD). Natur und Landschaft 85, 304‐307. Walpole, M. et al. (2009): Tracking progress toward the 2010 biodiversity target and beyond. Science 325, 1503‐1504. 2.1.4
Gesellschaftliche Handlungsoptionen und ihre Bewertung Neben internationalen Abkommen (wie Ramsar Konvention8, Berner Konvention9), Programmen (wie MAB10) oder Regelungen des europäischen Rechts (wie FHH Richtlinie11) werden zum Schutz der Natur aktiv Anstrengungen auf internationaler und nationaler Ebene, wie im Rahmen der Nationalen Biodiversitätsstrategie, unternommen. In Letzterer, die im November 2007 von der Bundesregierung verabschiedet wurde, hat sich Deutschland auf nationaler Ebene konkrete Ziele für die unterschiedlichsten Landschaften (wie Waldgebiete, Feuchtgebiete, Oberflächengewässer) gesetzt, um in Anlehnung an die Ziele der CBD den Artenrückgang in den kommenden Dekaden zu stoppen. Biodiversitätsindikatoren sind hierbei für die Überwachung und Berichterstattung über die Erreichung bestimmter (globaler) Ziele von zentraler Bedeutung. Allerdings zeichnet sich bereits jetzt mit Herausgabe des ersten Indikatorberichts ab, dass deutlich mehr oder andere Anreize geschaffen und zusätzliche finanzielle Ressourcen mobilisiert werden müssen, um sich den Zielwerten, die zwischen 2015 und 2020 erreicht werden sollen, auch nur annähern zu können (BMU, 2010). Das Bundesprogramm Biologische Vielfalt, das im Februar 2011 veröffentlicht wurde, war ein weiterer wichtiger Schritt der Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie, wobei insbesondere auf kommunaler Ebene Ziele verwirklicht und zeitgleich Akzeptanz in der Bevölkerung geschaffen 8
Übereinkommen von 1971 über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wat‐ und Wasservögel, von internationaler Bedeutung zum Schutz, Entwicklung und Nachhaltigkeit der Nutzung von Feuchtgebieten. 9
Übereinkommen von 1979 über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume zum Schutz europäischer wildlebender Pflanzen‐ und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume, Schutz für bestimmte besonders bedrohte Tier‐ und Pflanzenarten, vor allem der ziehenden Tierarten. 10
UNESCO‐Programm "Man and the Biosphere" von 1971 zur Schaffung eines weltweiten Netzes von Biosphärenreservaten. 11
Fauna‐Flora‐Habitat Richtlinie Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 18 werden sollen. Weitere finanzielle Mittel könnten durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen12 bereit gestellt werden. Erstrebenswert ist vor allem, auch auf internationaler Ebene Folgen und Wirksamkeit bestimmter Handlungen und Maßnahmen einschätzen zu können. Mit dem Ziel einer zeitnahen Anwendung von Instrumenten müssen sowohl vorhandene als auch neue Möglichkeiten der Biodiversitätserhaltung, wie beispielsweise REDD‐Plus, und deren Implementierung, eingehend geprüft und bewertet werden. Im Rahmen von REDD‐Plus werden Wald‐Ökosystemdienstleistungen bewertet und finanzielle Anreize gegeben um Abholzung und Degradierung von Wäldern zu verhindern und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung insbesondere in Drittweltländern zu schaffen. Hier bedarf es beispielsweise noch einem tieferen Prozessverständnis von ökosystemaren Zusammenhängen, den Mensch‐Umwelt‐Interaktionen und den raum‐zeitlichen Wirkungsmustern von Schutzmaßnahmen. Erst dann ist eine abschließende Beurteilung der Vorteilhaftigkeit dieser Maßnahme möglich. Im Hinblick auf den zunehmenden internationalen Handel von Waren und Dienstleistungen könnten unter anderem Vorschläge entwickelt werden, die Handelsaktivitäten an die Erbringung von ökosystemaren Dienstleistungen in den Exportländern koppeln und in neue Schutzkonzepte integrieren (z.B. Zertifizierung). Schutzkonzepte sollten zudem um den Aspekt der Funktionalität erweitert werden, um zu gewährleisten, dass unter sich wandelnden, dynamischen Umweltbedingungen bestimmte Ökosystemfunktionen und ‐leistungen erhalten bleiben. Der Erfolg der bislang starren (Schutz‐)Konzepte wird primär an Schutzgebietsgrößen oder bestimmten Arten gemessen. Um diese durch neue dynamische „funktionsbezogene“ Konzepte und Strukturen zu ersetzen, müssen die mit dem Schutz verfolgten Werte erkannt, Zusammenhänge verdeutlicht und verstanden sowie gesellschaftliche, kulturelle und ökonomische Belange berücksichtigt werden. Die Anpassung von bestehenden und die (Weiter‐)Entwicklung von alternativen Konzepten der Wertschätzung mit dem Ziel einer verbesserten Möglichkeit der Kommunikation von Biodiversität und deren Dienstleistungen könnte hierbei eine wichtige Rolle spielen (TEEB, 2010). Neben der Frage der Bewertung von Ökosystemdienstleistungen und ökosystemaren Funktionen, die immer eine subjektbezogene und gesellschaftliche Aufgabe ist, sind aus sozialwissenschaftlicher Sicht insbesondere die Effektivität und Effizienz (einschließlich Akzeptanz) von Handlungsoptionen näher zu untersuchen, um darauf aufbauend „verbesserte“ Instrumente oder Instrumentenkombinationen zu entwickeln (Kumar, 2010). Aus rechtlicher und ethischer Sich ist zudem stets dabei auch jeweils deren Akzeptabilität, also die begründete Wünschbarkeit, zu klären. Weiterführende Literatur: Agrawal, A., Redford, K. (2009): Conservation and Displacement: An Overview. Conservation and Society 7: 1‐10. BMU (2010): Indikatorenbericht 2010 zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Berlin. Brockington, D. et al. (2006): Conservation, human rights, and poverty reduction. Conservation Biology 20, 250‐252. Brussaard, L. (2010): Reconciling biodiversity conservation and food security: scientific challenges for a new agriculture. Current Opinion in Environmental Sustainability 2, 34‐42. Gaines, S.D. et al. (2010): Designing marine reserve networks for both conservation and fisheries management. PNAS, doi 10.1073/pnas.0906473107. Grainger, A. (2009): Towards a new global forest science. International Forestry Review 11, 126‐133. Hagerman, S. et al. (2010): Expert views on biodiversity conservation in an era of climate change. Global Environmental Change 20, 192‐207. Hannah, L. (2008): Protected areas and climate change. Annals of the New York Academy of Sciences 1134, 201‐212. 12
Subventionen sind als umweltschädlich einzustufen, wenn sie sich negativ auf Klima, Luft, Boden, Wasser, menschliche Gesundheit, biologische Vielfalt und Landschaft sowie natürliche Ressourcen auswirken (UBA, 2010; TEEB, 2011, Kapitel 6). 2011 Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 19 Jackson, L.E. et al. (2007): Utilizing and conserving agrobiodiversity in agricultural landscapes. Agriculture, Ecosystems and Environment 121, 196‐210. Karousakis, K. (2009): Promoting biodiversity co‐benefits in REDD. OECD Environment Working Papers 11, OECD Publishing, doi: 10.1787/220188577008. Kumar, P.; Hrsg. (2010): The Economics of Ecosystems and Biodiversity: Ecological and Economic Foundations.‐ Earthscan, London. Pascual, U., Perrings, C. (2007): Developing incentives and economic mechanisms for in situ biodiversity conservation in agricultural landscapes. Agriculture, Ecosystems and Environment 121, 256‐268. 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Earthscan, London. 2.2 Erkenntnisse in Forschungsmethoden und ‐kooperation Mit dem primären Ziel umsetzbare Handlungsoptionen für den nachhaltigen Schutz von ökosystemaren Dienstleistungen zu erschließen, ist die Beleuchtung von Forschungsfragen aus unterschiedlichen Perspektiven und damit ein Zusammenschluss für die Fragestellungen relevanter Disziplinen aus Geistes‐, Sozial‐ und Naturwissenschaften unumgänglich. Die Erfahrung aus diversen interdisziplinären Projekten hat gezeigt, dass ein Mehrwert durch Erkenntnisfortschritt bislang nur bei wenigen interdisziplinären Kooperationstypen erfolgt ist. Beispielsweise führt ein reiner Informationsaustausch zwischen den Disziplinen oder die Verwendung von Wissen anderer Disziplinen für die Beantwortung eigener Fragestellungen oft nur zu einer oberflächlichen Betrachtung der anderen Disziplin. Eine „echte“ Kooperation zwischen den Disziplinen kommt dabei nicht zustande, und der Erkenntnisfortschritt bleibt gering. Vielmehr muss sich die Zusammenarbeit im Bereich der kognitiven Integration (z.B. anhand eines gemeinsam erarbeiteten disziplinübergreifenden Konzepts oder einer gemeinsamen Begrifflichkeit) bis hin zur Methoden‐ und Ergebnisintegration bewegen (z.B. erzielt durch Modellierung oder Datenaggregation; Zusammenfügen oder Synthese von Einzelergebnissen), mit einer Analyse und Reflexion der normativen und evaluativen Grundlagen und Konflikte in Politik, Recht, Ökonomie und Ethik. In der Wissenschaftspraxis umgesetzt muss in Abhängigkeit von der jeweiligen Fragestellung eine geeignete Art der (gleichwertigen) Integration der Disziplinen gewählt werden. Erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit setzt voraus, dass auf fundiertes disziplinäres Wissen gebaut werden kann. Bisherige Forschungsanstrengungen haben zudem gezeigt, dass anwendungs‐ und umsetzungsorientierte Forschung nur dann erfolgreich sein kann, wenn diese nicht nur interdisziplinär, sondern auch transdisziplinär – im Sinne des Bezuges auf gesellschaftliche Probleme – in ihrem gesamten Prozess vorgeht. Während bei der interdisziplinären Zusammenarbeit verschiedene Disziplinen gemeinsam eine fächerübergreifende Problemstellung bearbeiten, wird bei der transdisziplinären Zusammenarbeit ein gesellschaftliches Problem durch die Wissenschaften zusammen mit Beteiligten außerhalb des Wissenschaftsbereichs (Verwaltung, Zivilgesellschaft, Politik, Wirtschaft etc.) bearbeitet (vgl. Abb. 2). Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 20 Abb. 2: Definitionen auf Arbeitsebene für unterschiedliche Formen der Forschungskooperationen und ‐ansätze (Multidiziplinär, Interdisziplinär,Transdisziplinär) (Grafik: NKGCF). Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 21 Eine transdisziplinäre Zusammenarbeit führt allerdings zumeist nur dann zu einer erfolgreichen Umsetzung von Ergebnissen, wenn bereits bei der Erarbeitung der wissenschaftlichen Forschungsfragestellungen relevante (lokale/regionale) Entscheidungsträger mit einbezogen werden. In der Wissenschaftspraxis werden im Rahmen einer solchen Zusammenarbeit ‐ beispielsweise im Rahmen von Workshops ‐ Ziele definiert, die einerseits wissenschaftliches Interesse widerspiegeln, deren Ergebnisse aber andererseits auch eine praxisnahe Umsetzung erwarten lassen. In diesen Prozessen ist es zudem zentral, auch relevante globale, internationale Belange in Entscheidungen zu berücksichtigen, um die Anschlussfähigkeit an internationale Programme und Regelwerke im transdisziplinären Prozess zu gewährleisten. Beispielsweise sollte als Diskussionsbasis das Konzept zu Ökosystemdienstleistungen des Millennium Ecosystem Assessment, das zwischenzeitlich auch für den europäischen Kontext13 weiterentwickelt wurde, herangezogen werden, um darauf aufbauend Forschungsinteressen gemeinsam (Wissenschaft zusammen mit Stakeholdern) zu definieren und um das Konzept in einem konkreten Kontext anzuwenden. 3. Forschung zur Erhaltung ökosystemarer Dienstleistungen Der globale Wandel ist auf allen Betrachtungsskalen durch große regionale Unterschiede in den Einflüssen, den Wirkungsmechanismen und den resultierenden Auswirkungen gekennzeichnet, welche rückkoppelnd interagieren. Im Hinblick auf die Erhaltung der ökosystemaren Funktionen für kommende Generationen sollte deren Kenntnis und Wertschätzung auf allen Ebenen erweitert und kommuniziert werden. Im Vordergrund des Interesses zur Aufrechterhaltung der Funktionen steht, dass zeitnah konkrete Handlungsoptionen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vorgeschlagen werden. Wie im vorangegangenen Kapitel aufgezeigt, bestehen erhebliche Kenntnisdefizite in zahlreichen Bereichen. Diese Lücken sollen so weit wie nötig geschlossen werden, um den Zielen des vorliegenden Vorschlags näher zu kommen, nämlich handhabbare Indikatoren zu entwickeln, auf deren Basis Entscheidungshilfen entwickelt werden können, mit deren Hilfe konkrete Empfehlungen bzw. umsetzbare Vorschläge für regionale Entwicklungen und Ökosystem‐Typen ausgesprochen werden können. Mit dem Vorschlag für Fördermaßnahmen sollen überwiegend Projekte gefördert werden, die die transdisziplinär definierte Funktionalität von Biodiversität erforschen und bewerten und die mithin das Spektrum natur‐, sozial‐ und geisteswissenschaftlicher Herangehensweisen berücksichtigen. Im Vordergrund soll die Untersuchung verschiedener regionaler Ökosysteme Deutschlands stehen, da diese zu den Regionen Europas mit den höchsten Gefährdungsraten der biologischen Vielfalt gehören14 und hier eine vergleichsweise gute Datengrundlage aus vorherigen Monitoring‐
Programmen sowie experimentellen Langzeituntersuchungen (vgl. S. 30) erwartet werden kann. Im Fokus stehen alle größeren Ökosystem‐ bzw. Landnutzungstypen, d.h. Gebirge, Laub‐ und 13
So etwa im Rahmen des U.K. National Ecosystem Assessment, siehe http://uknea.unep‐wcmc.org/, sowie politisch in der neuen EU strategie zur Biodiversität 2020 14
vgl. Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt (BMU, 2007). 2011 Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 22 Nadelwälder, landwirtschaftliche Flächen (Acker, Grünland), Städte, Süßwasser (Seen, Flüsse), Küste und Meer. Zusätzlich sollen in Forschungsvorhaben auch Regionen der Erde berücksichtigt werden, die durch politische und ökonomische Regelungen Deutschlands (wie z.B. Subventionen, Landnutzungsänderungen, CO2 Zertifizierung) direkt oder indirekt betroffen sind. Ein aktuelles Beispiel ist die Einführung des Biosprits E10 mit dem Ziel, über die nationale, gesetzlich vorgeschriebene Agrokraftstoff‐Quote Treibhausgasemissionen zu senken. Um den nationalen Bedarf an Bioethanol zu decken, wird allerdings aus Entwicklungsländern importiert, wo der Energiepflanzenanbau zu Lasten anderer Flächennutzungen geht. Die Konsequenzen der Konkurrenz von Energie‐ und Nahrungspflanzenanbau sind steigende Lebensmittelpreise auf dem Weltmarkt, zugleich aber oft die Ausdehnung der landwirtschaftlichen Flächen und der damit einhergehende Verlust schützenswerter Ökosysteme wie der tropischen Primärwälder. Mit dem Ziel konkrete15 und umsetzbare16 Handlungsoptionen für eine nachhaltige Entwicklung eröffnen zu können, muss außerdem im Sinne von „Good Practice“17 gehandelt werden, indem gesellschaftsrelevante Fragen bearbeitet und Stakeholder in den Forschungsprozess mit einbezogen werden (transdisziplinäre Forschungskooperation). Ob diese Art der Forschung alle relevanten Aspekte der Biodiversitätsforschung (auch mit Blick auf den globalen Wandel) umfasst bzw. umfassen kann, ist Teil der noch offenen Forschungsfragen. Aufbauend auf dem Vorschlag sollen Forschungsvorhaben gefördert werden, welche empirische (z.B. Vorhersage aus Trends) und konzeptionelle Methoden (z.B. Szenarienbildung) einbeziehen. Dabei wird die Modellierung ein wichtiger integraler und unverzichtbarer Bestandteil zur Folgen‐ und Wirkungsabschätzung sein. Da die Modellergebnisse aufgrund komplexer Interaktionen und Szenarien (z.B. durch Einbindung von Klimaprognosen) mit großen Unsicherheiten behaftet sein werden, muss der Umgang mit dieser Unsicherheit bzw. der Umgang mit systemisch unvorhersehbaren Ereignissen Bestandteil künftiger Forschungsvorhaben sein. 3.1 Wissenschaftliche Ziele Hervorzuheben ist, dass auf dem vorliegenden Vorschlag basierende Forschungsanstrengungen deutlich weiter greifen müssen, als den Zusammenhang zwischen Ökosystemdienstleistungen und Biodiversität zu analysieren und hierzu Erkenntnisse zu generieren. Übergreifendes Ziel muss sein, ein umfassendes, schlüssiges Rahmenwerk zu schaffen, in welchem die Grundlagenforschung problem‐ und umsetzungsorientiert arbeitet, um zielführend gesellschaftsrelevante Fragestellungen beantworten zu können. Konkret im Sinne von: an bestehende Mechanismen/Regularien anknüpfend, bezogen auf eine Zeitskala. Umsetzbar im Sinne von: ökologisch vertretbar (Naturwissenschaften), akzeptabel (Ethik), ökonomisch vertretbar (Ökonomie), unter Berücksichtigung der institutionellen oder rechtlichen Herausforderungen (Governance, Rechtswissenschaften), usw. 17
Good Practice Ansätze im Sinne von gelungen Vorgehensweisen unter suboptimalen Bedingungen. 2011 Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 15
16
Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 23 Übergreifende Ziele entsprechender Fördermaßnahmen sind I.
II.
III.
die Entwicklung und der Vergleich von Szenarien für die Biodiversität und der ökosystemaren Dienstleistungen unterschiedlicher Regionen, die die verschiedenen lokalen, nationalen und internationalen Optionen zur Umsetzung der CBD Beschlüsse aus dem Jahr 2010 einschließen, die Bewertung von Modellen und Indikatoren für die Entwicklungen von Biodiversität und ökosystemarer Dienstleistungen unterschiedlicher Regionen und ihrer Anwendung für die Begründung, Vermittlung und Überprüfung der Umsetzung nationaler und internationaler Strategien, wie der Ziele der CBD und der Nationalen Strategie, sowie die Analyse von Bewertungsgrundlagen und Gestaltungsoptionen einschließlich der Entwicklung von Handlungsoptionen für Entscheidungsträger auf verschiedenen Ebenen. Um diesen Zielen gerecht zu werden, bedarf es neuen Formen der Kooperation zwischen Natur‐, Sozial‐ und Geisteswissenschaften zur Erarbeitung von integrativen Forschungskonzepten. Durch diese Art der Zusammenarbeit sollen innovative Ansätze zur Problemlösung sowie wegweisende Erkenntnisse im Bereich der funktionellen Biodiversitätsforschung ermöglicht werden. 3.2 Soziale, ökonomische und politische Relevanz Der Vorschlag zielt primär darauf ab, Möglichkeiten der langfristigen Sicherung von Ökosystemdienstleistungen zu erforschen und soll damit zum Erreichen der CBD‐Ziele, zu einer nachhaltigen Ressourcennutzung und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in Deutschland als auch weltweit beitragen. Insbesondere durch die Tatsache, dass sich nationale Aktivitäten (wie globale Arbeitsteilung, politische Gesetzgebungen und Regulierungen) sich auf Ökosysteme und Biodiversität anderer Länder auswirken, sollen auch Möglichkeiten zur Minimierung bzw. Substitution gefunden werden. Der Vorschlag schließt inhaltlich an die Millennium Development Goals (MDG) an, kann die Meinungsbildung des wissenschaftlich‐technischen Ausschuss der CBD (SBSTTA) unterstützen und wird als wesentlicher Beitrag zur Umsetzung der CBD 2020‐Ziele gesehen. Er bildet eine Brücke zu internationalen Programmen wie ILTER, Geo‐BON und DIVERSITAS international. Der Vorschlag kann außerdem als integrativer Beitrag zu den „Grand Challenges for Global Sustainability“ von ICSU/ISSC gesehen werden und soll direkt die Arbeit der zukünftigen Intergovernmental Science‐Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) unterstützen. Ferner kann der wissenschaftliche Beitrag die Umsetzung der Nationalen Strategie der biologischen Vielfalt unterstützen und schließt somit an das Bundesprogramm Biologische Vielfalt an. Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 24 3.3 Zentrale Fragestellungen Im Rahmen der Forschungsvorhaben werden folgende Ergebnisse erwartet:  Entwicklung von Szenarien des globalen Wandels für unterschiedliche regionale Ökosysteme und zur Analyse gesellschaftlicher Handlungsoptionen für ihren Schutz und nachhaltige Nutzung.  Identifizierung, Katalogisierung und Analyse wichtiger sozialer, politischer und ökonomischer (direkter und indirekter) Einflussfaktoren sowie Gestaltungsoptionen für die Regionen.  „Good Practice“ Definition von regional‐spezifischen Indikatoren und Monitoring‐Strategien, inklusive Vergleich von Messgrößen der Biodiversität, Funktion und Dienstleistung von Ökosystemen, Landnutzung und sozioökonomischen Trends.  Dokumentation und Analyse interaktiver Prozesse z.B. bezüglich der Art und Weise der erfolgreichen Einbindung der Stakeholder (Grenzen, systematische Bewertung), des integrativen Forschungsprozesses, der Beratung von Entscheidungsträger und der Ableitung von Good Practice Empfehlungen.  Analyse und Weiterentwicklung von Konzepten für die gesellschaftliche Bewertung von ökosystemaren Dienstleistungen.  Entwicklung von Konzepten für den Umgang mit nicht quantifizierbaren Werten von Dienstleistungen (Vorsichtsprinzip, monetär und nicht‐monetär).  Wesentliche Weiterentwicklung des deutschen Beitrags zur internationalen Biodiversitätsforschung im Kontext des globalen Wandels mit besonderem Fokus auf integrative Forschungsverbünde.  Entwicklung von regional‐ sowie gesellschaftsspezifischen Handlungsoptionen für den Schutz und die nachhaltige Nutzung regionaler Ökosysteme. 3.4 Arbeitsprogramm Um den Zielen des Vorschlags nachzukommen, sollten Modellvorstellungen und Konzepte der Nachhaltigkeitsforschung mit Bezug auf Biodiversität und ökosystemare Dienstleistungen überdacht und bei Bedarf neu entwickelt werden. Dies gilt auch für bestehende Programme und Konzepte der ökologischen Langzeitbeobachtung und des Biodiversitätsmonitorings in Deutschland. Ferner bedarf es der Untersuchung und des Vergleichs der Effektivität, Effizienz und Anwendbarkeit politischer Maßnahmen und Instrumente sowie der Wirkung sozioökologischer Regulierungsmaßnahmen. Um einen globalen Rahmen zu erhalten, in dem sich die regional fokussierten Forschungsverbünde bewegen können, erfolgt eine gemeinsame Auswahl und Definition der globalen Randbedingungen. Zusammen mit den Stakeholdern erfolgt die Auswahl von Zukunftsszenarien und der Prinzipien für regionale Modelle des globalen Wandels unter Berücksichtigung sozialer und ökonomischer Faktoren. Die Einbeziehung relevanter Stakeholder und Akteure ist Voraussetzung zur Formulierung gesellschaftsrelevanter Fragestellungen. Dies soll die Schaffung von Akzeptanz auf regionaler Ebene verbessern und die Möglichkeit einer zeitnahen Umsetzung von Maßnahmen erhöhen. Aufgrund vieler Kenntnislücken (soziale, ökonomische als auch biophysikalische Ebene) muss mit Unsicherheiten und Ungewissheiten gerechnet werden, die es gilt systematisch zu berücksichtigen Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 25 und empfängerorientiert korrekt zu kommunizieren. Daneben ist der Transfers von Wissen in den IPBES Prozess von großem Interesse. Für jeden Forschungsverbund bedeutet dies im Einzelnen folgende (fünf) Arbeitspakete: Projektübergreifende globale Szenarienbildung Für alle Forschungsvorhaben ist eine gemeinsame Definition der globalen Entwicklungen von größtem Interesse. Dies erfordert die Schaffung eines gemeinsamen Arbeitsrahmens, in welchem die Berücksichtigung verschiedener Faktoren wie beispielsweise Agrarentwicklungen, Bevölkerungsentwicklungen, Demographie im weiteren Sinne, Lebensstile oder auch Weltmarktpolitik beschrieben und für alle verbindlich festgelegt wird. Empfehlenswert ist, von Beginn an eine projektbegleitende und projektübergreifende Arbeitsgruppe zu etablieren, welche Querschnittsaufgaben, wie die anfängliche Definition von Szenarien oder auch deren Weiterentwicklung, verfolgt und für den Informations‐ und Erfahrungsaustausch, von beispielsweise Methoden und Ergebnissen, zwischen den Projektverbünden Sorge trägt. Eine weitere Zielsetzung dieser Arbeitsgruppe könnte beispielsweise die Erarbeitung eines Rahmens/Frameworks zu Ökosystemdienstleistungen in Deutschland, mit dem Ziel einer Standardisierung der methodischen Ansätze bzw. Messung wichtiger Ökosystemdienstleistungen sein. Transdisziplinäre regionale Szenarienbildung Auf regionalen Betrachtungsskalen sollen auf Landschaftsebene spezielle Szenarien zu Auswirkungen der Mensch‐Natur‐Interaktionen entwickelt werden. Diese regionalen Szenarien werden zusammen mit relevanten regionalen/lokalen Stakeholdern abgestimmt, wobei globale und regional wichtige Prozesse als auch soziale, politische und ökonomische (direkte und indirekte) Einflussfaktoren berücksichtigt werden sollen. Inwiefern Szenarien auch einer normativen Beschreibung nachkommen, sollte fallspezifisch in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess festgelegt werden. Empfehlenswert wäre vergleichende Untersuchungen von Modellergebnissen heranzuziehen, um die Aussagekraft der Szenarien zu prüfen und Unsicherheiten abschätzen zu können. Für die Integration der natur‐ und sozialwissenschaftlichen Datensätze erarbeiten die regionalen Verbünde den für ihre Problemstellung bestmöglichen integrativen methodischen Ansatz. Dies bedarf mit großer Wahrscheinlichkeit der Entwicklung neuartiger Modellierungsansätze. Berücksichtigt werden sollte, dass die Veränderungen ökosystemarer Dienstleistungen auf Basis des Ansatzes des Millennium Ecosystem Assessment und seiner Folgeforschung untersucht werden. Um eine belastbare Bemessungsgrundlage der Entwicklungen beobachteter Lebensräume bis 2020 zu erhalten, ist es unter anderem erforderlich, vergangenheitsbezogene Trends hinzuzuziehen. Diese können auch für die Projektionen der Lebensräume bis zum Jahr 2050 hilfreich sein. Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 26 Indikatorenbestimmung und ökologische Langzeitbeobachtungen Hinsichtlich Indikatoren bedarf es sowohl einer Weiterentwicklung bestehender als auch der Definition neuer Indikatoren, da sich bisherige Indikatoren stark an seltenen Arten orientieren und kaum mit Ökosystemdienstleistungen in direkten Zusammenhang gebracht wurden. Die Auswahl und Bewertung von Indikatoren könnte hierbei erfolgen über die 
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Biodiversität (z.B. alpha‐ und beta‐Diversität verschiedener Organismengruppen, genetische Diversität z.B. von Stickstofffixierern, Bestandsentwicklung bedrohter Arten), ökologischer Funktionen und Zustände (z.B. Produktivität, CO2‐Speicherung, Habitatverlust, Migration), Wertschätzung ökosystemarer Dienstleistungen (z.B. Lebensqualität und Gesundheit, Kosten der Erhaltung gegenüber Gewinnen aus Nutzung; Anzahl der Arbeitsplätze, die in einem engem Zusammenhang mit Ökosystemen stehen; Anzahl der Menschen, die Ökosysteme nutzen; Rechtliche und ethische Grundlagen des Umgangs mit und der Bewertung von Natur, Umwelt und Landschaft etc.). Darüber hinaus müssten aktuelle Indikatoren beispielsweise auf Resilienz von Ökosystemen gegenüber Einflüssen wie erhöhte Nutzung, Verschmutzung, Ausschluss bestimmter Arten oder Wetterextremen geprüft werden. Sofern sich bestehende Indikatoren als ungeeignet erweisen, sollten neue Indikatoren, welche die Struktur und Dynamik der Ökosysteme abbilden, aus beispielsweise experimentellen Untersuchungen abgeleitet werden. Zudem wäre es hilfreich für die Entwicklung oder Identifizierung von neuen Indikatoren bestehende Beobachtungs‐ und Monitoringsysteme zusammenzuführen, wie beispielsweise aus den Bereichen des Emissions‐ und Immissionsmonitorings, Waldschadensmonitorings und Biodiversitätsmonitorings. Einflussfaktoren Einflussfaktoren können sowohl direkte (z.B. durch Verschmutzung) als auch indirekte (z.B. durch Globalisierung, Bevölkerungswachstum) Wirkungen auf die Biodiversität und ökosystemare Dienstleistungen ausüben. Zur Bestimmung ihrer Bedeutung müssen wichtige soziale, politische und ökonomische Einflussfaktoren der globalen und regionalen Ebene identifiziert, katalogisiert und analysiert werden. Dies gilt auch für Gestaltungsoptionen für Biodiversität und ökosystemare Dienstleistungen. Insgesamt wäre hierfür die Entwicklung standardisierter Messverfahren (Observatorien) und Aufbau von Datenbanken förderlich, welche folgende Themenfelder berücksichtigen könnten: 
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Klimawandel (Trends von Temperatur, CO2, Nährstoffe, Wind, Niederschlag etc.) Emissionstrends Nutzungen (z.B. Ernteerträge, Düngung, Wasserentnahme etc.) Schutz (Regulation der Nutzung, Bestandserhalt etc.) direkte Gestaltungsoptionen aus den CBD Zielen (Subventionen, Naturschutzregularien etc.) soziale und ökonomische Maßnahmen und Regularien (wirtschaftliche Entwicklung, Ausgleichszahlungen für Brachflächen etc.) Lebensstilfragen und demographische Entwicklung Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 27 
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Wert‐ und Normkonflikte hinsichtlich biologischer Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen Formen von Diskurs‐ und Deliberationsverfahren zur gesellschaftspolitischen Verhandlung von Fragen nachhaltiger Entwicklung Handlungsoptionen, Kommunikation und Selbstevaluation Alle Projektverbünde müssen in der Synthesephase das vorrangige Ziel verfolgen, auf der Suche nach bestmöglichen Verfahren bzw. Lösungen Vorschläge unter Berücksichtigung der Trade‐Offs (Zielkonflikte) verschiedener Dienstleistungen zu formulieren. Gleichzeitig müssen die vorgeschlagenen Handlungsoptionen soziale, ökonomische und ökologische Interessen berücksichtigen und innovative Formen demokratischer Mitgestaltung einbeziehen. Wichtig hinsichtlich der Kommunikation von Ergebnissen und Handlungsoptionen ist, dass Grenzen oder Unsicherheiten des Wissens, welche aufgrund der Komplexität ökologischer Systeme selbst bzw. der einbezogenen Modellprojektionen (wie Klimaprognosen) auftreten werden, verständlich kommuniziert werden. In der Synthesephase sollte außerdem die Selbstevaluation der Projektverbünde erfolgen, in welcher mittels der Dokumentation und Analyse interaktiver Prozesse die sachbezogene Stakeholdereinbindung und der verwendete problemorientierte Methodenansatz bewertet werden. 3.5 Umsetzung des Vorschlags Der konzeptionelle Rahmen zur Untersuchung natürlicher und anthropogener (letztlich also gesellschaftlicher) Einflussfaktoren von bzw. auf Biodiversität und der resultierenden Konsequenzen für Ökosystemfunktionen, und damit auch den ökosystemaren Dienstleistungen für das menschliche Wohlergehen, fehlte bislang. Es bestehen insbesondere auf nationaler Ebene Defizite in der rahmengebenden Koordination von derartigen Forschungsprojekten und ‐programmen. Effekte von anthropogenen Störungen werden bislang auf unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Skalen18 und organisatorischen Ebenen untersucht. Mit dem übergreifenden Ziel konkrete Vorschläge zur Umsetzung der CBD Ziele zu formulieren und die nachhaltige Entwicklung Deutschlands zu stärken, bedarf es allerdings einer stringenten und koordinierten Herangehensweise an den Themenkomplex der ökosystemaren Dienstleistungen. Integration von natur‐, sozial‐ und geisteswissenschaftlichen Konzepten und Ergebnissen ist ein übergeordnetes Ziel der mit diesem Vorschlag verbundenen Forschungsvorhaben. Da sich dafür neue und andere Kooperationen ergeben müssen als bislang in diesem Bereich praktiziert werden, gilt es vorab den konzeptionellen gemeinsamen Arbeitsrahmen eingehend zu prüfen und festzulegen. Diese notwendige Integrationsleistung, welche eine wissenschaftliche, organisatorische und teils neuartige Herausforderung für die meisten Disziplinen darstellt, muss bei der zeitlichen Planung und dem Ablauf der Fördermaßnahmen berücksichtigt und genügend Freiraum zur Verfügung gestellt werden. Die Integration ist essentiell, um richtungweisende Fortschritte in der Erforschung ökosystemarer Dienstleistungen zu erzielen. 18
Untersuchungen haben ergeben, dass die meisten Forschungsprojekte nur Zeitskalen von unter 5 Jahren berücksichtigen und Prozesse auf Plotgrößen unter 100 m2 untersuchen (vgl. Stadler und Klotz, ALTER‐Net research reports, WPR3‐2005‐01, 2005).
2011 Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 28 Nachfolgend bietet sich für die qualitätsorientierte Auswahl transdisziplinärer Forschungsverbünde ein zweistufiges Ausschreibungsverfahren an. Bei der Auswahl der Verbünde sollten die unten genannten Kriterien als auch der regionale Fokus berücksichtigt werden. Des Weiteren gilt, gemäß den drei übergreifenden Zielen der Fördermaßnahme, folgendes zu berücksichtigen: 
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In der ersten Phase der Umsetzung sollen die Grundprinzipien und ‐annahmen der Zukunftsszenarien der biologischen Vielfalt gemeinsam erarbeitet und festgelegt werden. Die Szenarien berücksichtigen globale und regionale Prozesse sowie soziale, politische und ökonomische (direkter und indirekter) Einflussfaktoren für die verschiedenen Regionen. Die regionalen Verbünde erarbeiten für sich auf Grundlage der durch die CBD sowie deren Folgeprozesse gesetzten internationalen Ziele, sowie der nationalen und europäischen Strategien eine Auswahl an (I) integrativen transdisziplinären methodischen Ansätzen, (II) benötigter vergangenheitsbezogener Daten und Modelle sowie (III) notwendiger (neuer) Indikatoren und neuer Monitoringsysteme für die Trendanalyse von Biodiversität und ökosystemarer Dienstleistungen. Letzteres soll in Abstimmung mit den von BMU/BfN/UBA entwickelten Beobachtungsparametern, Indikatoren, Listen für Arten in besonderer Verantwortung Deutschlands, Bioindikatoren und Hotspots (im Sinne von regionalen Brennpunkten) der biologischen Vielfalt geschehen. Die zum Ende der ersten Phase gemeinsam erarbeiteten Zukunftsszenarien stellen die Rahmenbedingungen für die weiteren Arbeiten der regionalen Projektverbünde dar. In der zweiten Phase werden die Ergebnisse aus den Modellen, den Monitoringdaten und den ausgewählten Indikatoren für die Entwicklungen von Biodiversität und Dienstleistungen verschiedener Ökosysteme analysiert und bewertet. Damit kann die Entwicklung ökosystemarer Dienstleistungen und Biodiversität einzelner Regionen untersucht sowie die Wechselwirkungen zwischen globalen und regionalen Umweltfaktoren und Gestaltungsoptionen herausgearbeitet werden. Dies erfordert zugleich einen Einbezug der sozialen und ökonomischen Ziele und der damit verbundenen möglichen Wertungs‐ und Normenkonflikte. In der dritten Phase steht die Validierung und Evaluierung der Ergebnisse gemeinsam mit den nationalen Akteuren im Vordergrund, zum Zweck einer Analyse von Gestaltungsoptionen und der Formulierung von gut begründeten und gut kommunizierten (bzw. kommunizierbaren) Handlungsoptionen für Entscheidungsträger unterschiedlicher Ebenen. Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 29 Kriterien für die Auswahl der Forschungsverbünde Empfohlen wird eine Auswahl von wenigen, dafür übergreifenden (6‐8) Forschungsverbünden mit regionalem Fokus sowie eines Verbundes für die Koordination und Umsetzung der Querschnittsaufgaben. Erfolgreiche Forschungsverbünde zeichnen sich aus durch: 
die Verfolgung integrativer Forschungsansätze, in denen sich die notwendige disziplinäre und fächerübergreifende Expertise zur Beantwortung der übergreifenden Forschungsziele I‐III zusammenschließt.  den Zugang zu Primärdaten aus der Langzeitbeobachtung mindestens eines regionalen Ökosystems. Dabei ist die direkte Einbindung der Expertise aus dem Langzeitmonitoring (z.B. ILTER, Exploratorien oder anderer Infrastrukturen der Biodiversitätsforschung) und dem Bundesprogramm „Biologische Vielfalt“ von Vorteil.  die Verbindung universitärer und außeruniversitärer Forschung sowie der Schnittstelle zu Praxisakteuren und Stakeholdern.  die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchs vor allem in den Bereichen interdisziplinärer Integration, transdisziplinärer Problembetrachtung, Methoden der Trendanalyse und Modellierung sowie Assimilation von Monitoringdaten mit Bezug zur Biodiversitätsforschung.  die Gewährleistung der kontinuierlichen Einbeziehung verschiedener relevanter (globaler/regionaler/lokaler) Stakeholder während des gesamten Forschungsprozesses, vor allem hinsichtlich der Erreichung des dritten Zieles.  das Engagement im Bereich des Wissenstransfers und der Umsetzung der Forschungsergebnisse. Eine langfristige Planung der Fördermaßnahmen (z.B. 2 x 5 Jahre) wird aufgrund der vorhandenen Wissensdefizite und der komplexen Aufgabenstellung als erforderlich angesehen. Ferner wird für die Umsetzung der Fördermaßnahmen eine enge Verbindung und Abstimmung mit externen Partnern auf Bundes‐ und Landesebene von Bedeutung sein, sowohl mit Ministerien und Ämtern (etwa Umweltbundesamt und Bundesamt für Naturschutz), als auch mit Institutionen aus der Zivilgesellschaft, wie Verbänden von Nutzern und Unternehmen, und Nichtregierungsorganisationen. Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 Erläuterungen ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 30 Beispiele nationaler und internationaler Anknüpfungspunkte Strategisch wichtige Partner aus dem Forschungsbereich könnten sein bzw. gefunden werden in: 
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ALTER‐NET ̶ Long‐Term Biodiversity, Ecosystem and Awareness Research Network Biodiversitätsexploratorien (DFG) ERA‐Net “BiodivERsA” (z.B. Pan‐European Call zu „Biodiversity and Ecosystem Services“) EU geförderte Projekte im Rahmen des FP7‐Calls, wie z.B. ENV.2011.2.1.4‐3: Improved comprehension of the utility of the concepts of value of biodiversity GBIF ̶ Global Biodiversity Information Facility ipBes ̶ Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services Life Watch LTER‐Europe und LTER‐D (European Long‐Term Ecosystem Research Network), ILTER‐NET (International Long Term Ecological Research) LTSER ̶ Long‐Term Socio‐Ecological Research MARBEF ̶ Marine Biodiversity and Ecosystem Functioning (EU) Geo BON ̶ Biodiversity Observation Network NetPhyD ̶ Netzwerk Phytodiversität Deutschland NeFo ̶ Netzwerk Forum zur Biodiversitätsforschung Deutschland (BMBF) Tagfaltermonitoring Deutschland (UFZ) TEEB ̶ The Economics of Ecosystems and Biodiversity (UNEP) Tereno ̶ Terrestrial Environmental Observatories (HGF) Internationale Forschungsrahmenprogramme, berücksichtigt werden könnten sind: 
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und Strategien, die Man and the Biosphere (UNESCO) ESSP, DIVERSITAS international, IHDP, WCRP, IGBP (ICSU) Strategiepapier “ICSU Grand Challenges in Global Sustainability Research: A Systems Approach to Research Priorities for the Decade” (ICSU, ISSC) Strategiepapier “Ecosystem Change and Human Well‐being” (ICSU) LIFE+ (EU) Förderprogramm „Nachhaltige Landnutzung“ (BMBF) Förderprogramm „BioÖkonomie 2030 – Unser Weg zur bio‐basierten Wirtschaft“ (BMBF, BMELV) Förderprogramm “Biologische Vielfalt“ (BfN) Research recommendations on ecosystems services, Hungarian Meeting of the European Platform for Biodiversity Research Strategy (EPBRS), URL: http://www.epbrs.org Ecosystem Change and human well‐being. (ICSU) URL: http://www.icsu.org/publications/reports‐and‐reviews/ecosystem‐change‐report Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt (BMU), URL: http://www.bmu.de/naturschutz_biologische_vielfalt/downloads/doc/40333.php Our life insurance, our natural capital: an EU biodiversity strategy to 2020 (EU), URL: http://ec.europa.eu/environment/nature/biodiversity/comm2006/2020.htm Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen Förderschwerpunkte 2011 Anhang ǀ Ökosystemare Dienstleistungen und Biodiversität 2020 31 Anhang Autoren und Mitwirkende Prof. Dr. Antje Boetius Max Planck Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen Prof. Dr. Katrin Böhning‐Gaese Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK‐F), Frankfurt Prof. Dr. Stefan v. Cramon‐Taubadel Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung, Georg‐August‐Universität Göttingen, Göttingen Dr. Niels Dreber Wissenschaftliches Sekretariat NKGCF, c/o Institut für Weltwirtschaft, Kiel Prof. Dr. Bernd Hansjürgens Department für Ökonomie, Helmholtz‐Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leipzig Prof. Dr. Elisabeth Kalko Institut für Experimentelle Ökologie, Universität Ulm, Ulm Dr. Carsten Neßhöver Department für Naturschutzforschung, Helmholtz‐Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leipzig PD Dr. Thomas Potthast Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften, Eberhard Karls Universität Tübingen, Tübingen Prof. Dr. Katrin Rehdanz Forschungsbereich Umwelt und natürliche Ressourcen, Institut für Weltwirtschaft, Kiel Dr. Bettina Schmalzbauer Wissenschaftliches Sekretariat NKGCF, c/o Institut für Weltwirtschaft, Kiel PD Dr. Josef Settele Department of Community Ecology, Helmholtz‐Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Halle Prof. Dr. Peter Tobias Stoll Institut für Völkerrecht und Europarecht, Georg‐August‐
Universität Göttingen, Göttingen Vorschlag für Nationale Fördermaßnahmen 2011 
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