Über die Farbe von „NiO

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Über die Farbe von „NiO"
The Different Colours of „ N i O "
V. Propach und D. Reinen
Fachbereich Chemie der Philipps-Universität Marburg/Lahn
H. Drenkhahn und Hk. Müller-Buschbaum
Institut für Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universität Kiel
Z. Naturforsch. 33b, 619-621 (1978); eingegangen am 30. Januar/17. April 1978
Ligand Field Spectra, Non-Stochiometry
Depending on the method of preparation ,,NiO"-single crystals of different colours can
be synthesized. It is shown by ligand field spectroscopy that the ligand field and interelectronic repulsion parameters are the same for the green, yellow and brown crystals.
There is definite spectroscopic evidence, that the colour of stochiometric NiO is green.
Einleitung
Ni 2 + -Ionen in oktaedrischer Sauerstoffkoordination können, abhängig von der Wirtsgitterstruktur
und der Größe des Ni 2+ -Platzes, unterschiedlich
gefärbt sein. Diese unterschiedlichen Farben lassen
sich auf differierende Werte des Ligandenfeldparameters A zurückführen, der seinerseits von den
spezifischen o- und jr-Bindungs Verhältnissen innerhalb der NiOe-Oktaeder in der Wirtsgittermatrix
bestimmt wird [1]. So induzieren A-Werte um
8500 c m - 1 grüne und A -Werte um 7000 c m - 1 gelbe
Farben. Schließlich ist es sogar möglich, durch gezielte Variation der Bindungsverhältnisse in K o m bination mit Aufweitungseffekten rötliche Farbtönungen (A ~ 5 0 0 0 cm - 1 ) zu erzielen [1-3]. Ni 2 + Ionen in der kubischen MgO-Matrix mit Kochsalzstruktur sind grün gefärbt [4,5]. Die Lichtabsorption
des grünen NiO ist durch den Antiferromagnetismus
dieser Verbindung mitbestimmt. Die gegenüber den
drei multiplizitätserlaubten Triplett-Triplett-Banden normalerweise sehr viel schwächeren oder nicht
beobachtbaren Triplett-Singulett-Übergänge von
Ni 2 + im oktaedrischen Ligandenfeld dominieren im
Spektrum (Abb. 1). Eine ausführliche Diskussion
der Intensitäten und Energielagen wurde an anderer
Stelle gegeben [5]. Die Bandenzuordnung findet sich
in Tab. I. Die Ursache der ausgeprägten Schulter
bei ca. 17000 c m - 1 ist unklar. Die Farbe ist durch
das im grünen Spektralbereich bei ca. 19500 c m - 1
[5100 Ä ] auftretende tiefe und scharfe Minimum
verursacht. Das langwellige Minimum liegt außer-
Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. D. Reinen,
Fachbereich Chemie der Philipps-Universität, Lahnberge, D-3550 Marburg/Lahn.
halb des sichtbaren Bereichs. Eine Erniedrigung
des A -Wertes verschiebt die Minima langwellig und
verursacht die oben erwähnten Farbwechsel [1].
In der eben gegebenen Betrachtung wurde vorausgesetzt, daß die Farbe der oxidischen Nickelverbindungen durch Nickel in der Oxidationsstufe -+- II
lg k/s
3-r
a'-g o 1 g
I
I
U,2 K
300 K
20
25
103 [cm"1]
Abb. 1. Remissionsspektrum von gepulverten grünen
NiO-Einkristallen (Vergleichsstandard MgO) mit Bandenzuordnung.
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V. Propach et al. • Über die Farbe von „NiO"
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hervorgerufen war. Eine Farbvariation kann jedoch
auch die Folge einer Nichtstöchiometrie sein, d.h.
durch geringste Mengen von Ni 3 + -Ionen induziert
sein. Wie im folgenden gezeigt wird, erweist sich die
ligandenfeldspektroskopische Untersuchung als geeignet zu entscheiden, ob eine Farbänderung auf
einem A-Effekt des Ni 2 + -Ions beruht oder durch die
Präsenz von Nickel in höherer Oxidationsstufe verursacht ist. Durch Kristallisation aus Schmelzen
gelang die Darstellung grüner, hellgelber, gelber und
brauner NiO-Einkristalle, deren Lichtabsorption
hier näher beschrieben und diskutiert werden soll.
Experimentelle Ergebnisse
Oxidische Verbindungen, die Ni 3 + -Ionen in oktaedrischer Koordination enthalten, zeigen schmutzige Farben, die von gelbbraun (geringe Ni 3 + -Dotierung) bis schwarz variieren. Ursache dieser Färbung
ist eine Absorptionskante, die sich mit steigender
Ni 3 + -Konzentration langwellig verschiebt. Diese
Absorptionskante wird z.B. für den dunkelbraunen
perowskitischen Mischkristall LaAlo.osNio.osOa bei
ca. 17000 c m - 1 gefunden. Ähnliche schmutzige
Farbtönungen haben wir oftmals auch bei ,,Nickel(Il)-Verbindungen" beobachtet. So ist der Perowskit „LaZri/2Nii/203" dunkelbraun gefärbt, wenn er
an der Luft präpariert wurde, doch schmutzig gelbgrün nach anschließender Vakuumbehandlung bei
1200 °C. Das erstere Produkt enthält nach Ausweis
der jodometrischen Analyse (analog zur Mn02-Bestimmung nach Bunsen) etwa 3 m o l % des Nickels
als Ni 3 + und das Ligandenfeldspektrum zeigt die
für Ni 3 + charakteristische Absorptionskante, die
sich der Ni 2 + -Absorption überlagert. Im nachbehandelten Perowskit lag der Ni 3+ -Gehalt bereits
innerhalb der Fehlerbreite der iodometrischen Analyse.
Durch Sinterung bei 1200 °C im Stickstoffstrom
oder im Vakuum hergestelltes pul verförmiges NiO
hat ebenso wie die Mischkristalle Mgi-zNizO, in
denen Nickel in der Oxidationsstufe + 1 1 durch
die MgO-Matrix stabilisiert ist, eine grüne Farbe
[5, 6], Nickeloxid-Kristalle, die durch Transportreaktion aus pulverförmigem NiO mit HCl-Gas bei
IO - 3 Torr in einer evakuierten Quarzampulle (heiße
Zone: 1000 °C, kältere Zone 800 °C) nach dem Ver-
fahren von Kleinert [7] gewonnen wurden, sind
gleich gefärbt. Das Remissionsspektrum der gepulverten Einkristalle (Abb. 1) wurde mit einem ZeissPMQII-Spektralphotometer der Firma Zeiss mit
Tieftemperaturzusatz [6] aufgenommen und ist mit
dem Spektrum des Pulverpräparats identisch.
Bisher sind in der Literatur nur grüne NiOKristalle erwähnt. Wir haben jedoch bei Versuchen
zur Darstellung von ternären Oxoniccolaten der
Erdalkalimetalle beobachtet, daß aus KF-Schmelzen NiO-Kristalle erhalten werden können, die
unter verschiedenen Präparationsbedingungen von
grüner, gelber oder brauner Farbe sind:
a. Dunkelgrüne NiO-Einkristalle entstehen bei
900 °C in einer KF-Schmelze aus N i S 0 4 und
MgO unter N2-Schutzgasatmosphäre in Nickeltiegeln. Es entsteht sehr feinteiliges und daher
in KF-Schmelzen rasch lösliches NiO (freie Enthalpie dieser Reaktion
— 2 1 kJ/mol NiO),
welches innerhalb weniger Stunden zu mehreren
Millimetern großen Kristallen auskristallisiert.
b. Die hellgelben und gelben NiO-Einkristalle lassen sich aus KF-Schmelzen in Pt-Tiegeln isolieren. Hierbei ist die Beobachtung wichtig, daß
MgO gegen eine äquimolare Mischung aus CaO
und CaCl2 zu ersetzen ist und daß die Reaktionszeit unter N2-Schutzgasatmosphäre mindestens
20 h beträgt.
c. Entfällt der CaCl2-Zusatz, so entstehen wiederum
durch Reaktionen von MgO mit MSO4 (N 2 Atmosphäre, 900 °C, 20 h, Pt-Tiegel) braune
NiO-Kristalle, die in dickerer Schicht praktisch
undurchsichtig sind.
Röntgenographische Untersuchungen dieser verschiedenfarbigen Kristalle zeigen keine meßbaren
Abweichungen gegenüber der für NiO bekannten
NaCl-Kristallstruktur. In A b b . 2 sind die Durchsichtsspektren von drei NiO-Einkristallen, die grün,
gelb und braun gefärbt waren, wiedergegeben. Die
Aufnahme der Ligandenfeldspektren der Einkristalle erfolgte mit einem Beckman-Mikrospektralphotometer MS 1206 im Bereich von 7000-28000
c m - 1 in Transmission. Das Gerät arbeitet mit drei
Gitterchromatoren und einem Photomultiplier bzw.
einer PbS-Zelle als Detektor und ist speziell für
Messungen an sehr kleinen Einkristallen entwickelt
worden. Die Lichtquelle ist eine Xenon-Hochdrucklampe. Die Spektren wurden im Zweistrahlverfah-
Tab. I. Bandenlagen (cm-1) und Bandenzuordnung in NiO-Ligandenfeldspektren [1., 2. Zeile: 298 K-, 4,2 KRemissionsspektren von gepulverten grünen NiO-Einkristallen; 3., 4., 5. Zeile: 298 K-Transmissionsspektren
von grünen, gelben, braunen NiO-Einkristallen].
3 T 2g
1. min
2. min
aFg
8650
8800
8700
8700
8600
11400
12100
11400
11200
11200
19400
20200
19700
16000
15900
13850
13950
13700
13700
13650
!Tig
(15200)
15600
(15000)
(15000)
(15000)
Max
(17500)
17350
(17000)
iT 2g
(21900)
22250
t>Tig
xTig
23700
24100
26200
26400
V. Propach et al. • Über die Farbevon „NiO"
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ren mit L u f t als Vergleich registriert. Leider haben
wir oberhalb v o n 2 0 0 0 0 c m - 1 keine Bandenstruktur
mehr auflösen können.
Einkristallen.
Diskussion
Die in A b b n . 1 u n d 2 wiedergegebenen
Farb-
kurven lassen deutlich erkennen, daß die
Farb-
änderung v o n grün nach gelb durch eine starke Verschiebung des Minimums bei 19500 c m - 1 in den
[1] D. Reinen, Theor. Chim. Acta 5, 312 (1966).
[2] Hierbei wurde vorausgesetzt, daß die die Bandenlagen mitbestimmenden Racah-Parameter der
interelektronischen Abstoßung B und C innerhalb
der experimentellen Fehlerbreite konstant bleiben
(B ~ 850 cm-i; C/B ~ 4,2) [1].
[3] Ähnliche Farbvariationen können auch in fluoridischen Wirtsgittern beobachtet werden
(A ~ 8000 cm" 1 : grün; A ~ 7000 cm" 1 : gelb B = 950 cm - 1 , C/B = 4,2): R. Haegele, D. Babel
und D. Reinen, Z. Naturforsch. 31b, 60 (1976).
gelben Spektralbereich (Tab. I ) verursacht ist. Die
zusätzliche Auffüllung des Minimums führt schließlich zu schmutzigen Farbtönen, wie der relative
Vergleich in der Tiefe der Minima bei ca. 11000 c m - 1
und 16000 c m - 1 f ü r den braunen Einkristall zeigt.
Nach den in den beiden vorangegangenen Abschnitten gegebenen Argumenten sollte ein mit der Farbabstufung Grün, Gelb, Braun zunehmender N i 3 + Gehalt die Ursache sein. Offenbar können bereits
kleinste A b w e i c h u n g e n v o n der Idealstöchiometrie
i m Sinne N i i _ x O [8], die analytisch schwer faßbar
sind, zu erheblichen Farbänderungen führen. Die
Bandenlagen u n d damit auch die Ligandenfeldparameter A (— 8700 c m - 1 ) sowie B , C sind v o n den hier
beschriebenen Farbänderungen unabhängig (Tab. I :
Zeile 1, 3 - 5 ) . D i e Interpretation des visuellen Farbeindrucks als F u n k t i o n höherer Oxidationsstufen
des Nickels in N i O deckt sich mit den angegebenen
Darstellungsbedingungen. Die nur N i 2 + enthaltenden tiefgrünen NiO-Kristalle bilden sich in Gegenwart der reduzierend wirkenden Ni-Tiegelwand, so
daß selbst Spuren v o n O2 i m Schutzgas keine oxidierende W i r k u n g zeigen. W e n n dagegen die reduzierende W i r k u n g des Gefäßmaterials entfällt,
können während der langen Reaktionszeiten diese
Sauerstoffspuren i m Stickstoff zu partieller Oxidation und zur Entstehung v o n braunen Kristallen
führen. Sind bei der Kristallisation zugleich C o l o n e n vorhanden, so werden offenbar nur sehr kleine
Konzentrationen an höheren Oxidationsstufen des
Nickels gebildet, u n d m a n erhält die für das A u g e
blaßgelben NiO-Kristalle.
W i r können abschließend feststellen, daß grünes
Nickeloxid der Idealstöchiometrie N i O a m nächsten
k o m m t . D i e gelben, braunen und schließlich schwarzen Farben sind die Folge einer starken Absorption,
die sich mit steigender Nichtstöchiometrie v o n der
kurzwelligen Seite des Spektrums her in den sichtbaren Bereich hineinschiebt u n d das Ligandenfeldspektrum teilweise und schließlich völlig überdeckt.
[4] R. Pappalardo, D. L. Wood und R. C. Linares
(Jr.), J. Chem. Phys. 35, 1460 (1961).
[5] D. Reinen, Ber. Bimsenges. Phys. Chem. 69, 82
(1965).
[6] J. Grefer und D. Reinen, Z. Anorg. Allg. Chem.
404, 167 (1974).
[7] P. Kleinert, Z. Anorg. Allg. Chem. 387, II (1972).
[8] In Analogie zu Fei_xO: W . L. Roth, Acta
Crystallogr. 13, 140 (1960).
Zugehörige Unterlagen
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