EIN SCHALTKREIS ZUR ERZEUGUNG

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EIN SCHALTKREIS ZUR ERZEUGUNG, GLEICHRICHTUNG
UND KUMULATION VON RAUSCHSPANNUNGEN
Eugen Grycko1 , Werner Kirsch2 , Tobias Mühlenbruch3
1,2,3
Fakultät für Mathematik und Informatik
FernUniversität
Universitätsstrasse 1
D-58084 Hagen, GERMANY
1. Einleitung
In [1]–[6] beschäftigen wir uns mit dem thermischen Spannungssignal in Metallen. Methodisch basieren wir auf mathematischen Modellen, die sich gelegentlich statistisch und unter Rückgriff auf computerexperimentelle Simulationsdaten quantitativ evaluieren lassen. Dabei versuchen wir Brücken zwischen Modell, Computerexperiment und empirischen Messungen zu schlagen.
Es stellt sich manchmal heraus, dass solche Brücken mit vergleichsweise einfacher experimenteller Ausstattung realisierbar sind.
Gemäß dem in [1] vorgestellten Drude-Modell des Valanzelektronengases
und gemäß unserer experimentellen Erfahrung wird ein langer dünner Draht
benötigt, um eine Rauschspannung zu erzeugen, die in den Messbereich eines
handelsüblichen Oszilloskops fällt.
In dem vorliegenden Beitrag motivieren und präsentieren wir einen Schaltkreis zur Erzeugung, Gleichrichtung und Kumulation von Rauschspannungen
und berichten die an ihm durchgeführten Messungen.
2. Ein theoretischer Rauschspannungsindikator
In [1] wird das Drude-Modell des Valenzelektronengases in Metallen betrachtet. N Valenzelektronen innerhalb eines Metalls werden als nicht interagierende Massenpunkte der Masse m = 9.10938291 · 10−31 kg aufgefasst, deren Geschwindigkeiten v (1) (t), . . . , v (N ) (t) zum Zeitpunkt t ≥ 0 als stochastisch unabhängige Zufallsvektoren modelliert werden, die gemäß der 3-dimensionalen
1
zentrierten Normalverteilung
N (0, σ 2 ) ⊗ N (0, σ 2 ) ⊗ N (0, σ 2 )
mit der Varianz σ 2 > 0 verteilt sind. Verteilungsparameter σ 2 hat die physikalische Interpretation
(2.1)
σ2 =
kB · T
,
m
wobei kB bzw. T die Boltzmannkonstante bzw. die Temperatur bezeichnet.
Basierend auf der Theorie der Punktprozesse wird in [1] eine Formel für
die Varianz V(U (t)) des thermischen Spannungssignals hergeleitet, das als
Trajektorie eines stationären stochastischen Prozesses (U (t))t≥0 modelliert
werden kann, vgl. Formel (5.5) in [1]. Diese Formel beinhaltet ein Integral,
dessen für lange Drähte gültige Approximation auf
(2.2)
V(U (t)) ≈ % e2 s2 σ 2 ·
L
.
a2
führt. Die in (2.2) auftretenden Symbole werden in Tabelle 1 erläutert.
%
e
s
σ2
L
a2
materialspezifische Dichte des Valenzelektronengases
der Betrag der Ladung eines Elektrons in C
spezifischer Widerstand des Metalls in Ω·m
Temperatur-abhängige Varianz der Geschwindigkeitsverteilung
Länge des Leiters in m
Querschnittsfläche des Leiters in m2
Tabelle 1: Legende zu (2.2)
Wir diskutieren jetzt die in (2.2) auftretenden Größen.
Der Betrag e := 1.6021765·10−19 C der Elektronenladung ist eine universelle
Konstante. Der Wert s des spezifischen Widerstandes ist für die meisten
Metalle allgemeinen zugänglich. Für die Bestimmung von % benutzen wir die
Formel (2.3). Dazu werden noch folgende materialspezifische Daten benötigt,
die wir aus Wikipedia übernommen haben.
1. Massendichte % des Metalls in kg/m3
2. Anzahl v der Valenzelektronen pro Atom
2
3. Die relative Atommasse mr des Metalls.
Eine Standard-Argumentation führt auf
(2.3)
%=
% · NA · v
,
mr
wobei NA = 6.022 · 1026 kg−1 die Avogadro-Zahl bezeichnet.
Als ein Indikator der Stärke des Spannungssignals zwischen den Enden eines
metallischen Drahtes wird nun die Streuung
(2.4)
1
U := V(U (t)) 2 ≈ e · s · σ ·
%·L
a2
12
vorgeschlagen, die sich zugleich als energetischer Wert der Wechselspannung
(U (t))t≥0 interpretieren lässt. An Hand von (2.4) ist erkennbar, dass U bei
einer gegebenen festen Temperatur T = 300 K sowohl vom Material als auch
von der geometrischen Form des Leiters abhängt. Wir standardisieren die
Form des Leiters gemäß
(2.5)
L = 1500 m
und
a2 = π · r 2
mit r = 2.5 · 10−5 m.
Für Kupferdraht, dessen geometrische Form in (2.5) spezifiziert ist, erhalten
wir den theoretischen Wert der Wechselspannung aus (2.4):
(2.6)
U = 1.8442 · 10−2 V.
3. Kumulation von Rauschspannungen und ihre Empirischen
Pendants
Die Messung von Wechselspannungen erfasst nur einen Frequenzband, der
typischerweise einen Ausschnitt aus dem Gesamtspektrum des Rauschspannungssignals darstellt. Für unser Messgerät gibt der Hersteller den Frequenzband [18Hz, 106 Hz] an. Betrachtet man einen Kupferdraht, dessen Länge und
Querschnitt in (2.5) spezifiziert sind und der auf einer Spule aufgewickelt ist,
dann ergibt die Messung etwa
(3.1)
U emp = 6.3 · 10−4 V.
3
Auffallend ist, dass der empirische Wert in (3.1) um den Faktor 30 kleiner ist, als der theoretische Wert in (2.6), was darauf hindeutet, dass das
Gesamtspektrum des Rauschspannungssignals wesentlich breiter ist, als es
unser Messgerät zu erfassen vermag.
Nun möchten wir N identische Kupferdrahtspulen in Reihe schalten. Zur Beschreibung des resultierenden Rauschsignals betrachten wir N unabhängige
Replikanten
(1) (N ) Ut t≥0 , . . . , Ut
t≥0
eines zentrierten, stationären stochastischen Prozesses Ut t≥0 mit endlicher
2
Varianz U . Wir bilden die Summe
(1)
St := Ut
(N )
(t ≥ 0)
+ . . . + Ut
und erhalten für die resultierende Spannung S N :
2
2
S N = Var St = N · U ,
(3.2)
d.h. die resultierende Spannung wächst mit der Quadratwurzel aus N , was
im Einklang mit der theoretischen Formel (2.4) steht.
Wir haben empirisch die Anzahl N der in Reihe geschalteten Spulen variiert
und die resultierenden Wechselspannungswerte erhoben. Die Messungen sind
in Tabelle 2 wieder gegeben.
N
1
U emp / mV
4
16
0.5 0.9 1.5
Tabelle 2: Empirische Wechselspannungswerte
Tabelle 2 bestätigt die approximative Gültigkeit von (3.2).
4. Kumulation gleichgerichteter Rauschspannungen
Das zur Wurzel der Drahtlänge proportionale Anwachsen der Rauschspannung U impliziert, dass der Leistungsindikator
2
(4.1)
2
U
U
=
R
s · aL2
4
konstant ist und sich mit der Drahtlänge nicht vergrößert. Ein Versuch, nun
auch verfügbare Rauschleistung zu vergrößern, besteht darin, dass Ausgänge
von Spulen S an Eingänge von Gleichrichtern G angeschlossen werden, und
zwar in der Hoffnung, dass an den Ausgängen der Gleichrichter ein Spannungssignal generiert wird, welches einen Gleichspannungsanteil aufweist.
Ein typischer Baustein, der diese Idee realisiert, ist in Fig. 1 abgebildet.
Fig. 1: Ein Bauelement zur Gleichrichtung der Rauschspannung
5
Fig. 2: Ein Schaltkreis zur Gleichrichtung und Kumulation von
Rauschspannungen
6
Um den zeitlich gemittelten Gleichspannungsanteil messen zu können, wird
am Ausgang des Gleichrichters ein bipolarer Kondensator der Kapazität C
angeschlossen.
In einem Experiment wurden 34 Exemplare des in Fig. 1 dargestellten Bausteins in Reihe geschaltet, vgl. Fig. 2. Zwischen den Ausgängen dieser Reihe
wurde der Gleichspannungswert gemessen.
Die Phänomenologie dieser Schaltung ist nicht einheitlich. Wählt man Kondensatoren der Kapazität C = 3.3µF, dann scheint sich Polarität der gemessenen Gleichspannung auf Zeitintervallen der Länge 0.1−10 s zu stabilisieren.
Der angezeigte Spannungswert hängt stark vom Eingangswiderstand des verwendeten Spannungsmessers ab. Eine typische gemessene Spannung liegt im
Bereich 1-4 mV, obwohl auch Werte im Bereich 20-30 mV beobachtet wurden. Der Eingangswiderstand des verwendeten Messgeräts betrug 107 Ω.
Verdoppelt man die Anzahl der involvierten Bauelemente, dann steigt die
gemessene Spannung: Die Betrachtung langer Messreihen, die wir aufgenommen haben, suggeriert, dass im statistischen Mittel der typische Gleichspannungsanteil um den Faktor 2 steigt, wenn man 68 anstatt von 34 Exemplaren
des betrachteten Bausteins in Reihe schaltet.
Leider lassen sich die berichteten Messungen nicht an dem uns zur Verfügung
stehenden Oszilloskop bestätigen, was mit seinem relativ niedrigen Eingangswiderstand (106 Ω) zusammenhängen mag.
Danksagung
Die Autoren bedanken sich bei Peter Böhme, Wolfgang Köhler und Joachim
Warzecha für technische Unterstützung im Zusammenhang mit der Realisierung des hier thematisierten Schaltkreises.
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Literatur
[1] E. Grycko, W. Kirsch, M. Könenberg, J. Li, T. Mühlenbruch, J. Rentmeister, Thermal noise in a modified Drude model. Int. J. Pure Appl. Math. 54,
No. 4, (2009), 551-561.
[2] E. Grycko, W. Kirsch, T. Mühlenbruch, Amplification of thermal noise
by an electrostatic field. Int. J. Pure Appl. Math. 60, No. 2, (2010), 187-192.
[3] E. Grycko, W. Kirsch, T. Mühlenbruch, Some quantum mechanical evidence for the amplification of thermal noise in an electrostatic field. Int. J.
Pure Appl. Math. 69, No. 4, (2011), 437-507.
[4] E. Grycko, W. Kirsch, T. Mühlenbruch, On the thermal voltage signal in a
virtual nanoconductor. Int. J. Pure Appl. Math. 87, No. 2, (2013), 247-260.
[5] E. Grycko, W. Kirsch, T. Mühlenbruch, On the thermal angular momentum of the electron gas. Seminarberichte Mathematik, Band 86, (2014),
119-128.
[6] E. Grycko, W. Kirsch, T. Mühlenbruch, Über Spannungs- und Leistungsindikatoren für thermisches Rauschen in Metallen. Erscheint in: Seminarberichte Mathematik, (2015).
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