Kalibrierung eines Röhrenprüfgeräts: Hickok TV-2 1 Einleitung Es gibt einige Bereiche, in denen eine ziemlich mystische Aura um ein Elektrogerät gemacht wird. Eines davon sind Röhrenprüfgeräte. "Fully calibrated" protzen hier einige im Internet heraus- ganz schön gewichtige Aussage! Dabei geht es im Wesentlichen eigentlich nur darum, die Anzeige der Messinstrumente auf den korrekten Vollausschlag einzustellen- etwa so anspruchsvoll wie das Einstellen der Saugleistung eines Staubsaugers auf den neuen Teppich. Nunja- es gibt ja auch weitaus kompliziertere Tester, die höhere Anforderungen an den Elektrobastler stellen, aber mein TV-2 jedenfalls legt die Messlatte an das Knowhow des Bastlers doch recht niedrig an. Dennoch lasse ich mir dabei den Spaß an der ganzen Aktion nicht verderben; es kann schließlich nicht immer nur die ganz harten Nüsse geben. Auch die weichschaligen Weichtiere müssen mal geknackt werden ;-)* Also ran an die Rosinen: Bei der "Kalibrierung" geht es eigentlich im Wesentlichen nur um den Abgleich der Anzeige aller Messinstrumente. Mehr nicht. Abbildung 1: Hickok TV-2 Röhrenprüfgerät Messinstrumente hat das TV-2 mehr als genug. Als da wären: M1: Heizspannung M2: negative Gitterspannung M3: Percent Quality (Gm) M4: Signalspannung M5: Anodenspannung M6: Schirmgitterspannung Es kommt also was auf mich zu. Es würde mich freuen, wenn Sie mich auf dieser Tour lesenderweise begleiten würden! Viel Spaß! * Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich doch noch harte Schalen zwischen die Zähne kriegen werde. Dran bleiben lohnt sich also! Mehr davon in Kapitel 9...! :-) Marc Michalzik, V2.8 2 Messinstrument "M1": Heizspannung Um erst einmal den IST-Stand aufzunehmen, habe ich die am Messinstrument M1 angezeigten Werte mit einem ordentlich kalibrierten Digitalvoltmeter verglichen (Fluke 87-III). Dazu kann man die Heizspannung auf zwei Kontakte einer Röhrenfassung schalten (z.B. Pin 3 und 5) und seine Messzinken da reinhalten. Dann das DVM auf Wechselspannung stellen, den Wert ablesen und mit dem angezeigten im Röhrenprüfgerät vergleichen. Die Auswertung im Excel zeigt doch erhebliche Abweichungen! Die eingestellten 6,3V Heizspannung sind in Wirklichkeit mehr als 7V- das Analoginstrument zeigt also zu wenig Spannung an! Leider finde ich in meinem TV-2 Röhrenprüfgerät keine Abgleichpotis! Das bedeutet, dass man den letztendlichen Abgleich des Messinstruments also nur durch Umlöten von Vorwiderständen bewerkstelligen kann. Sollte das Kalibrieren am Ende doch noch etwas "interessanter" als mein Miele-Staubsauger werden?? Zu allererst schaue ich ins Schaltbild. Das verrät, dass es für das Messinstrument Spannungsteiler-Vorwiderstände gibt. Die werde ich nachher gleich einmal nachmessen. Vorher jedoch interessiert mich, ob das Messinstrument an sich überhaupt heile ist. 2.1 Messinstrumente-Check "DC Movement" schreibt das Service-Manual über Messinstrument M1. Das sagt mir irgendwie nichts. Da das Messwerk direkt an der Heiz-Wechselspannung hängt (ohne zwischengeschalteten Gleichrichter oder so etwas), muss es sich dabei doch eigentlich um ein Dreheiseninstrument handen. Dann müsste es aber sowohl auf Wechsel- als auch auf Gleichspannung reagieren. Durch Versuche mit Wechsel- und Gleichspannungskalibratoren kriege ich heraus: stimmt! Sowohl bei 50Hz Wechselstrom als auch bei Gleichstrom benötige ich etwa 1mA Strom für den Vollausschlag. Daraus schließe ich, dass M1 ein 1mA Dreheiseninstrument sein muss! Abbildung 2: Abgriff der Spannungen am Röhrensockel Marc Michalzik, V2.8 Überprüft habe ich das Instrument, indem ich es -mit eingeschleiftem Strommesser- über einen 10kOhm Vorwiderstand an meinen Fluke DC bzw AC-Kalibrator gehängt habe. Wer so etwas nicht hat, kann auch ein Netzgerät (für DC-Messung) bzw. für AC-Messung einen kleinen 12V-Lichttrafo mit nachgeschaltetem 10:1 Spannungsteiler und Poti benutzen. Wichtig ist nur, dass man den Vorwiderstand hoch genug wählt, um das Messinstrument durch die Prüfung nicht versehentlich zu überlasten. 1mA ist nicht viel, aber bei meinem gewählten 10kOhm Vorwiderstand kann man nicht so viel falsch machen. Aber trotzdem Vorsicht bitte! Als eingeschleiften Strommesser hat sich bei mir mein Fluke 87-III TRMS Multimeter bewährt. Das ist als Referenz hinreichend genau und misst auch Wechsel- sowie Gleichstrom im µA-Bereich. Es kam folgendes Ergebnis dabei heraus: M1 Messinstrument Linearitätsfaktor AC + DC M1 Messinstrument Anzeige 0,14 Linearitätsverhältnis Speisestrom [µA bzw. µAeff] 1200 1000 800 600 Speisestrom f=50Hz 400 Speisestrom DC 200 0 0,12 0,10 0,08 0,06 Speisestrom f=50Hz 0,04 Speisestrom DC 0,02 0,00 0 20 40 60 80 100 0 20 M1 Zeigerausschlag [%] 40 60 80 100 M1 Zeigerausschlag [%] Abbildung 3: Messinstrument M1 Es zeigt sich, dass das Messinstrument doch geringe Unterschiede in der Empfindlichkeit für den Vollausschlag zwischen AC und DC besitzt. Das stört hier aber nicht weiter- es soll ja eh nur AC messen. Viel wichtiger ist die Linearität über den gesamten Skalenbereich. Und das sieht leider nicht ganz so schön aus... M1 Messinstrument Ungenauigkeit bei AC, f=50Hz 0,0% Abweichung [%] -1,0% 0 20 40 60 80 100 -2,0% -3,0% -4,0% -5,0% Abweichung -6,0% -7,0% M1 Zeigerausschlag [%] Abbildung 4: Abweichung Messinstrument M1 Marc Michalzik, V2.8 In dieser Darstellung offenbaren sich gnadenlos auch schon geringste Linearitätsungenauigkeiten! Wir lernen daraus mindestens zwei Dinge: 1) das Messinstrument hat einen Offsetfehler von etwa -4% über den gesamten Bereich. 2) Wenn man diesen Offsetfehler ausgleichen könnte, bleibt eine Schwankungsbreite von etwa 3% übrig. Also +/- 1,5%. Das wäre für ein analoges Messwert schon recht ordentlich! In Summe jedoch erkläre ich als Messinstrument M1 daher als “gesund” und “diensttauglich”. Damit kann ich mich nun an seine Außenbeschaltung (=Widerstände) machen. Den störenden, statischen Offset von 4% werde ich nachher mit einem Trimmer ausgleichen. Aber alles schön der Reihe nach. 2.2 Widerstände Beim Nachmessen der Vorschaltwiderstände für die einzelnen Messbereiche (immerhin 0,625V..117V) staune ich nicht schlecht: einige Widerstände haben sich im Laufe der Zeit um bis zu 20% im Wert vergrößert! Da ich bei Messgeräten ausnahmeweise mal kein Denkmalpflegerimage verfolge und ich das TV-2 nicht für die Vitrine, sondern zum ernsthaften Benutzen gekauft habe, treffe ich eine hart klingende Entscheidung: Raus mit dem alten Kram und moderne, 2W Metalloxyd-Widerstände einlöten! Ein kleines, aber sehr nützliches Tool aus dem Internet hilft mir dabei, so krumme Widerstände wie "70,0kOhm" aus E24-Normwerten zusammenzusetzen. Teilweise habe ich dafür bis zu drei Bauteile verschalten müssen, aber dafür habe ich einige sogar bis fast auf das Ohm genau getroffen! Abbildung 5: zu stark gealterte Widerstände müssen raus... (links: alt, rechts: neu) Marc Michalzik, V2.8 Abbildung 6: Widerstandswerte Filament M1 Das war das Thema "Auswechseln von Widerständen mit erhöhter Toleranz". Wir wollten uns ja aber noch um das Ausmerzen der statischen 4% Messwerkungenauigkeit kümmern.... Abbildung 7: Nachmessen der neu gebildeten Widerstandskombinationen Marc Michalzik, V2.8 2.3 Abgleichbarkeit herstellen Wir haben alle Vorwiderstände des Messwerks M1 gegen moderne Metalloxyd-Typen des korrekten Wertes getauscht und auch das Messinstrument selber auf Linearität und Endausschlag überprüft. Einen Vergleich gegen die Spezifikation ( +/-5% bezogen auf Vollausschlag) würde dieser Bereich des TV-2 vermutlich nun schon bestehen. Trotzdem geht es noch besser. Ich ersetze R64 (1,5Kohm) gegen eine Reihenschaltung aus einem 1kOhm Festwiderstand und einem 470Ohm Trimmpoti. Dadurch kann ich nun M1 gezielt ein wenig mehr Strom durch's Messwerk schicken, damit es immer etwas mehr anzeigt und den statischen Fehler von 4% ausgleicht. Gesagt- getan! Durch sorgfältigen Abgleich schaffe ich es, die Anzeige von M1 so exakt einzustellen, dass jetzt schon die Nicht-Linearitätseffekte des Messwerks sichtbar werden. Aha, also geschafft! Ich justiere einen "Kompromiss" ein, bei dem die Fehlerkurve möglichst gut “gleichverteilt” ist. Das erfordert ein bisschen Fummeln und Nachmessen- das 100%ig exakte Abgleichen auf einen einzelnen Messbereich kann nämlich negative Auswirkungen auf andere Messbereiche haben. Man muss den Trimmer so einstellen, dass der Fehler möglichst überall gleichmäßig groß ist und keine groben Ausreißer entstehen. Nach etwa einer halben Stunde Abgleich- und Kontrollmessungen erhalte ich das hier: Filament Voltage Deviation 20% 15% 10% 5% 0% 0 20 40 60 80 100 120 Deviation [%] vorher 140 Limit [+] -5% Limit [-] -10% -15% Deviation [%] nachher1 -20% Deviation [%] nachher2 Soll [V] Deviation [%] nachher3 Abbildung 8: Anzeigegenauigkeit "Filament M1" Wie die vielen Abgleichversuche im Bild zeigen: Besser kriege ich den Abgleich offensichtlich nicht hin. Mit der Gewissheit, nahezu das Optimum herausgeholt zu haben, gebe ich mich schließlich zufrieden. Wir wollen auch nicht vernachlässigen, dass allein schon das korrekte Ablesen des Messwerts von der Skala schnell einen Messfehler vorgaukelt, der bereits im Prozent-Bereich liegen kann! Wie schnell hat man mal schief draufgeguckt und um eine halbe Zeigerbreite falsch abgelesen. Aber ich will mich bei einem Röhrenprüfgerät sowieso nicht um Millivolts streiten! Marc Michalzik, V2.8 Anmerkung: Im empfindlichsten Messbereich (0,625V) wird das Messinstrument direkt (ohne Vorwiderstand) betrieben. In diesem Fall zeigt es natürlich auch wieder etwas zu wenig an. Weil es für diesen Messbereich aber keinen externen Vorwiderstand gibt, den man noch verkleinern könnte, kann ich hier nicht mehr elektrisch gegensteuern! Um auch diesen letzten Effekt zu beseitigen, wäre die Aufarbeitung des Messinstruments M1 an sich notwendig (z.B. neu aufmagnetisieren oder neu shunten?)! Damit habe ich jedoch überhaupt keine Erfahrung und da ich keinen Ersatz für ein vergurktes Messinstrument hätte, bleibe ich vernünftig und lasse die Finger davon. Überhaupt kenne ich nur eine einzige Person, die sich an das magnetische ReKalibrieren von Messwerken heranwagt (Hallo, Dieter W.!) und mich schon Vorfeld zum Auseinanderbauen des Messwerks anstiften wollte. Ich habe aber gekniffen, denn ohne direkte Aufsicht des großen Lehrmeisters wage ich mich an kein Drehspulinstrument-Innenleben heran, sorry. Wohlgemerkt- wir sind mit alledem noch innerhalb der zulässigen Toleranz und kein Servicetechniker würde hier noch einen Finger krumm machen. Also lassen wir's einfach gut sein und freuen uns über das Erreichte :-) Abbildung 9: ein TV-2 Tubetester von innen Marc Michalzik, V2.8 3 Messinstrument "M2": Gittervorspannung Die Überprüfung des ganzen Gittervorspannungsgedödels werde ich in mehreren Schritten machen. 3.1 Aufnahme des aktuellen IST-Zustands Die Fehlerkurve der Gittervorspannung sieht so aus: BIAS Grid Voltage Deviation 6% 4% 2% 0% 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -2% Limit [+] -4% Limit [-] 50V -6% 10V Soll [V] 5V Abbildung 10: Anzeigegenauigkeit "M2 Grid BIAS" vorher Wir beachten hier mehrere Dinge: zu allererst ist hier in der Spezifikation das Limit enger gezogen; d.h. bereits eine Abweichung von mehr als 2% wären (bei Vollausschlag!) nicht mehr zulässig. Weiterhin haben wir hier drei verschiedene Messbereiche- nämlich 5V, 10V und 50V. Daher auch drei Kurven im Diagramm. Man erkennt hier in jedem Bereich eine “Badewannenkurve”. Mal sehen, woran das wohl liegt. 3.2 Messwerk M2 prüfen Ich löte Messinstrument M2 ab und prüfe es wieder mit Vorwiderstand, einem Strommesser und Netzgerät auf Linearität. Ich verwende dazu mein Fluke 87-III Multimeter mit Vorwiderstand, nehme aber diesmal statt des Kalibrators ein präzise einstellbares Netzgerät als Stromquelle. Das ist auch stabil genug, um die gewünschten Zeigerausschläge in M2 zu erzeugen. Marc Michalzik, V2.8 Ergebnis (ich erspare Euch die ersten Diagramme und komme gleich zum Wesentlichen): M2 Messinstrument Ungenauigkeit 1,5% Abweichung [%] 1,0% 0,5% 0,0% -0,5% 0 20 40 60 80 100 -1,0% -1,5% Abweichung -2,0% M2 Zeigerausschlag [%] Abbildung 11: Abweichung Messinstrument M2 Ha, die Ursache der “Badewanne”! Die Fehlerkurve aus Abbildung 10 ist ein Abbild der Nichtlinearität des Drehspulinstrumens M2! Trotzdem kann ich hier nicht schimpfen! Für ein uraltes Drehspulinstrument –dazu noch in absolut coolem Vintage-Design- ein hervorragendes Ergebnis. Achja: Es handelt sich bei M2 offensichtlich um ein Drehspulinstrument mit einer Full-Scale-Empfindlichkeit von 1mA. Den 5V-Bereich würde ich so lassen, wie er ist. Aber überflüssig zu sagen, dass ich dem 10VBereich noch mal ans Schlafittchen gehen werde, oder? ;-) Abbildung 12: Vergleich Analoges TV-2-Instrument (links) und Fluke 87-III (rechts) Marc Michalzik, V2.8 3.3 Glättungskondensator C3 überprüfen Zum Abgleichen brauche ich stabile Anzeigen! Daher prüfe ich vorher die Spannungserzeugung für den ganzen Gitterspannungskram. Der Siebelko C3 ist dem ganzen GitterSpannungsteiler vorgeschaltet. Er ist mit 50µV/200V beschriftet. Ich baue ihn aus und hänge ihn an meinen Kapazitätsmesser (HP4262A). Wenn ich ihn messe, komme ich auf etwa 30µF Kapazität (statt 50µF). Das ist nicht ganz so toll, obwohl der ESR mit etwa 1Ohm noch akzeptabel scheint (@1kHz). Abbildung 13: Kondensatoren-Filterbank (C1,C2,C3,C4a/b) Der schlechte Elko macht sich leider auch auf der Gitterspannung bemerkbar: eine zu große der Gleichspannung überlagerte Stör-Wechselspannung ist tödlich, wenn man in der Mutual Transconductance-Betriebsart mit Signalspannungen arbeitet, die in der Größenordnung von nur 250mVeff liegen! Und nun muss ich mir (einmal wieder) anmaßen, das Service-Manual des Herstellers zu maßregeln. Dort steht immer drin, dass man den Schalter für die Signalspannung auf die "Safety Position A" drehen soll. Leider drückt dieser Schalter in dieser Stellung immer eine pflichtgemäße 250mVeff Signalspannung in die Gitterleitung! Ich behaupte, hier eine bessere "Safety Position" zu kennen: drehen Sie den Schalter lieber auf "F"- denn damit schaltet man die Signalspannung einfach ab und man kann in Ruhe den Restbrumm auf der Gitterspannung messen. Uff- was habe ich mich damit doch erst verar...t! Marc Michalzik, V2.8 3.4 Störspannung auf der Gitterleitung vermindern Wenn man bei meinem TV-2 die Störkomponente (=Ripple) auf der Gittervorspannung misst, erhält man etwa das hier: Ripple auf Gittervorspannung 0,40 U Grid BIAS Ripple [VAC] original Ripple [VAC eff] 0,35 0,30 U Grid BIAS Ripple [VAC] 33µF parallel 0,25 U Grid BIAS Ripple [VAC] 220µF parallel 0,20 0,15 0,10 0,05 0,00 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 Gitter-Vorspannung [VDC] Abbildung 14: Ripple auf der negativen Gittervorspannung Wir stellen fest: die Störkomponente (=Restbrumm) ist abhängig sowohl vom Messbereich (5V,10V,50V) als auch vom Einstellknopf der Gittervorspannung. Mit dem betagten Originalelko wird z.B. einer -50V Gittervorspannung mehr als 350mVeff mit auf die Steuerspannung aufgedrückt. Schalte ich dem C3 einen modernen Elko von 33µF parallel (um in Summe in etwa auf die spezifizierten 50µF zu kommen), sinkt der Ripple auf ca. 170mV ab; mit einem 220µF-Elko sogar auf nur ca. 70mVeff. Ich habe mal einen Screenshot eines typischen "Ripples" gemacht: Abbildung 15: Ripple im 50V-Bereich Marc Michalzik, V2.8 Im kleineren Messbereich (10V) erkennen wir noch andere, nette Dinge: Abbildung 16: Ripple im 10V-Bereich Bei der in Abbildung 16 gezeigten Störspannung sehen wir etwa in der Bildmitte einen netten Spike. Ich konnte nicht herausfinden, woher der kommt. Aus Angst davor habe ich jedoch später dem Siebelko C3 noch einen 1,5nF/1kV Keramikkondensator geschenkt (auch wenn das nicht nachweisbar geholfen hat.) 3.5 Ripple am Siebelko C3 Der Ripple kommt natürlich bereits von der Gleichrichterröhre und dem Siebelko C3. Während die dort messbare Gleichspannung in allen Fällen etwa UC3 (DC): -149 V ist, kann man den Brummlevel durch Parallelschaltung weiterer Elkos noch ganz gut drücken. Guckst Du Diagramm: Ripple auf C3 1,2 Ripple [VAC eff] 1,0 0,8 0,6 0,4 U an C3 Ripple [VAC] original 0,2 U an C3 Ripple [VAC] 33µF parallel 0,0 0 -10 -20 -30 -40 Gitter-Vorspannung [VDC] Abbildung 17: Ripple über Siebelko C3 Marc Michalzik, V2.8 U an C3 Ripple [VAC] -50220µF parallel -60 Es fällt auf, dass der Ripple -abhängig vom eingestellten Messbereich- unterschiedlich groß ist. Vermutlich belastet der Spannungsteiler hinter dem Messbereichsschalter die Gitterspannungserzeugung je nach Stellung unterschiedlich stark, wodurch auch das Brummen unterschiedlich stark ausfällt. In Summe habe ich mich dazu entschlossen, einen 220µF/200V Elko aus neuer Produktion dem alten C3 parallel mit anzuschließen. Der passt mechanisch noch einigermaßen gut ins Gehäuse und auch mit dieser Kapazitätszunahme werden die Spannungen an C3 nach dem Ausschalten des Geräts schnell genug abgebaut (Sekundenbereich). Abbildung 18: Endlösung: C3 mit 220µF und 1,5nF parallel Trotzdem muss man bei dieser mechanischen Konstruktion immer die Griffel weit weg von den blanken Anschlussdrähten halten (150V!)! Aber in einem Röhrentester hat ein technischer Laie eh nichts verloren!!! (Lebensgefahr!) Anmerkung Natürlich kann man hier noch Elkos parallel schalten, bis man schwarz wird. Es ist aber alles auch eine Frage des mechanisch sinnvollen Einbaus- ich finde, dass meine 220µF noch einigermaßen gut einzubauen sind und die Störungen hinreichend gut unterdrücken. Noch wichtiger ist: die max. zulässige Spannung des verwendeten Elkos beachten (mindestens 200V)! Eine negative Rückwirkung dieser Maßnahme auf andere Schaltungsteile konnte ich übrigens nicht beobachten (die 250mV Signalspannung der Transkonduktanzmessung Gm wird durch das "Elko-Pimping" zum Beispiel nicht beeinträchtigt!). Marc Michalzik, V2.8 3.6 Vorwiderstände überprüfen Weiter geht's mit der Optimierung! Für die eigentliche Spannungsmessung gibt es drei Widerstände, die als Vorwiderstand für das Messinstrument M2 dienen: R12 (4,9kOhm) für den 5V-Bereich, R11 (9,9kOhm) für den 10V-Bereich und R10 (50kOhm) für den 50VBereich. Aus der Fehlerkurve aus Abbildung 10 sprang mir ja gleich der 10V-Bereich ins Auge. Die Messung der Vorwiderstände ergibt: Abbildung 19: Widerstände an M2 Aha. Der Vorwiderstand des 10V-Bereichs ist etwa 2% zu groß, daher zeigt der Strommesser nach dem Ohmschen Gesetz auch glatt 2% zu wenig an! Zusätzlich kann man mit ihm inzwischen sogar Temperatur messen, denn ein kurzes Tippen mit dem Finger auf den Widerstandskörper bewirkt eine Änderung von mehreren hundert Ohm. Inakzeptabel, raus damit! Das sollte die Messungenauigkeit sehr positiv beeinflussen. Ähnlich im 50V-Messbereich. Ich ersetze die Bauteile für den 50V- und 10V-Bereich und füge Trimmer hinzu, mit denen ich den Abgleich machen kann. Der Erfolg lässt nicht auf sich warten. Hier ist er (Linien in fett dargestellt): BIAS Grid Voltage Deviation vorher/nachher 6% 4% 2% 0% 0 -10 -20 -30 -40 -50 Limit [+] -60 Limit [-] 5V vorher -2% 5V nachher 10V vorher -4% 10V nachher 50V vorher -6% Soll [V] Abbildung 20: Messinstrument M2 vor und nach Abgleich Marc Michalzik, V2.8 50V nachher 4 M5 Anodenspannung Die Anodenspannung - auch "Plate Voltage" genannt- ist was ganz Fieses! Und zwar eine gleichrichtete, aber NICHT gesiebte! "Gleichspannung". Hier ist echt die Frage, über was man redet, wenn man von 250V Anodenspannung redet: Peak? Mittelwert? Effektivwert? Ha! Alan Douglas verstehe ich aus seinem Testgear-Buch so, dass er seinem Voltmeter immer einen 250kOhm-Widerstand parallel schaltet. Warum? Geduld, wir werden schon noch dahinter kommen. 4.1 Aufnahme des IST-Zustands Wir überprüfen die Anodenspannung wieder mit meinem Fluke 87-III im Gleichspannungsmodus. Das Diagramm zeigt: Plate Voltage Deviation 8% 6% 4% 2% 0% 0 50 100 150 200 250 -2% -4% -6% Deviation [%] vorhher Limit [+] Limit [-] -8% Soll [V] Abbildung 21: Fehlerkurve Anodenspannung (vorher) Das sieht scheiße aus. Aber wir werden das Schätzchen schon noch in den Griff kommen. Vorher werden wir uns aber das Messinstrument selbst vorknöpfen. Marc Michalzik, V2.8 4.2 Messinstrument M5 Und dieser Spaßvogel scheint ja ein lustiger Kamerad zu sein: M5 Messinstrument Ungenauigkeit 1,0% Abweichung [%] 0,5% 0,0% -0,5% 0 20 40 60 80 100 -1,0% -1,5% -2,0% Abweichung -2,5% M5 Zeigerausschlag [%] Abbildung 22: Linearität Messinstrument M5 (Anodenspannung) Etwas "verstimmt", das gute Stück, aber auf jeden Fall noch brauchbar. Ich lese aus dem Diagramm +0,5/-2,0% Abweichung. Mit einem kleinen Schubs zu etwas höheren Anzeigen werden wir die Linearität etwas ausmitteln. Achja- das Teil ist wieder ein Drehspulinstrument mit 1mA Endausschlag. 4.3 Abgleich Bei der Anodenspannung hat man leichtes Spiel: es gibt nur einen einzigen, gemeinsamen Vorwiderstand für das Messinstrument M5. Irgendwo da unten rechts ist er (R36): Abbildung 23: auf der Suche nach R36 Marc Michalzik, V2.8 R36 hat laut Beschriftung 250kOhm und 1% Ungenauigkeit. Normalerweise. Bei mir hat er 258kOhm. Das sind 3% Abweichung. Also raus damit. Wenn man ihn gegen eine Widerstands-Trimmer-Kombination auswechselt, ergibt sich wieder eine Abgleichmöglichkeit. Weil ich gerade mal keine 220kOhm-Widerstände in der Bauform hatte, habe ich 180kOhm+47kOhm+15kOhm+10kOhm Trimmer genommen. Hört sich lustig an. Ist es auch. Aber es geht: Plate Voltage Deviation 8% 6% 4% 2% 0% 0 50 100 150 200 250 -2% -4% -6% Deviation [%] vorhher Limit [+] Limit [-] Deviation [%] nachher1 Deviation [%] nachher2 -8% Soll [V] Abbildung 24: Anodenspannung M5 abgeglichen Na also, die fette Linie (violett, "nachher2") zeigt den Erfolg. Noch haarscharf in den Herstellerlimits, aber was will man mehr von einem Messinstrument, das wahrscheinlich älter ist als man selbst?!?? :-) Achja- es bleibt anzumerken, dass nicht alle Prüfspannungen laut Manual erreicht werden konnten. Insbesondere in den Messbereichen K,L,M mit 125V Anodenspannung konnte ich als Minimum nur etwas um schlappe 130V einstellen. Vermutlich der Grund dafür, warum es beim TV-2 noch weitere Geräteserien mit einigen Modifikationen gab (nach unten hin vergrößerter Einstellbereich). Um mich aber nicht zu verzetteln, lasse ich erst einmal alles so, wie es ist. Marc Michalzik, V2.8 5 M6 Schirmgitterspannung Genauso wie bei M5; nur handelt es sich hier um eine gefilterte Spannung. Der Messinstrumente-Vorwiderstand ist R56. 5.1 IST-Zustand Ein kleiner Check zeigt: Screen Voltage Deviation 8% 6% 4% 2% 0% 0 50 100 150 200 250 -2% -4% -6% -8% Soll [V] Abbildung 25: IST-Zustand Schirmgitterspannung ...daneben! Wir müssen hier was machen! Schauen wir uns zuerst wieder das Messinstrument M6 alleine an. 5.2 Messinstrument M6 M6 Messinstrument Ungenauigkeit 3,0% Abweichung [%] 2,0% 1,0% 0,0% -1,0% 0 20 40 60 80 100 -2,0% Abweichung -3,0% M6 Zeigerausschlag [%] Abbildung 26: Linearität Messinstrument M6 Marc Michalzik, V2.8 Mit einer Abweichung von -2,0/+2,2% ist dieses Instrument vermutlich das Schlechteste in unserem TV-2. Trotzdem ist es noch brauchbar. Wir kümmern uns um eine vernünftige Kalibrierung und werden sehen, dass wir die Herstellerlimits auch (gerade noch so;-) einhalten werden: Screen Voltage Deviation 8% 6% 4% 2% 0% 0 50 100 150 200 -2% -4% -6% -8% Soll [V] Abbildung 27: Screen Voltage Fehlerverlauf nach Abgleich R56 alt: 257kOhm R56 neu: 180kOhm + 68kOhm mit 10kOhm-Trimmer in Reihe Mehr gibt's hier eigentlich nicht zu sagen. Auf zu neuen Aufgaben. Marc Michalzik, V2.8 250 6 M4 Signal Voltage Beim Messinstrument für "Signal Voltage" interessiert das Linearitätsverhalten nicht die Bohne. Wichtig ist nur, dass -sobald ich den Zeiger auf den roten kleinen Strich eingestellt habe- am Gitter der Röhrenfassung eine bestimmte Spannung ansteht. Abbildung 28: Signalspannung am Gitter (Bereich "A") Man stellt das TV-2 dafür auf eine Einstellung, als ob man eine 6L6-Röhre messen wollte (nicht verunsichern lassen durch die doppelte Belegung von Pin8! Ist schon richtig!). Man steckt nur keine Röhre rein, sondern fummelt sein Oszilloskop zwischen Pin5 und Pin8 und misst dort die Gitter-Signalspannung. Diese Spannungen sind -wie wir aus dem Service Manual wissen-: Tabelle 1: Signalspannungen Bei diesen Abweichungen drehe ich NICHTS! Ich könnte es wohl nur schlechter machen. Bleibt anzumerken, dass -bei Hinzufügen eines Gleichspannungsoffsets (=BIAS) auf das Gitter- die Signalspannung etwas absinkt. Aber so sind unstabilisierte Röhrentester eben- alles beeinflusst sich gegenseitig. Aber dafür kann man das beim TV-2 mit seinen vielen Messinstrumenten ja wenigstens sehen! Marc Michalzik, V2.8 Hier noch ein Bild der Signalspannung im höchsten (=unempfindlichsten) Messbereich, wo 2,5Veff in das Gitter gedrückt wird. Abbildung 29: Signalspannung am Gitter (Bereich "E") Sieht genauso aus wie bei allen anderen Stellungen. Weil die Signalspannung direkt aus dem Trafo gewonnen wird, ist es kein idealer Sinus. Aber was ist im Leben schon "ideal"... ;-) Marc Michalzik, V2.8 7 M3 Gm Quality Percent Und hier kriegte ich sie schließlich doch noch: meine harte Nuss! Abbildung 30: Messinstrument M3 Das Kalibrieren der Prozentanzeige der Transkonduktanz-Messung forderte dann letztendlich doch noch etwas interessante Denkarbeit. Ausgangsgrundlage war die Abgleichanleitung von Alan Douglas' überaus interessantem Buch "Tube Testers and Classic Electronic Test Gear". Bevor es ans Kalibrieren geht, hier erst einmal etwas wichtige(!) Vorarbeit: Alan schlägt vor, zur Kalibrierung einen 5mA Wechselstrom in die Röhrenfassung zu "drücken". Nach der Formel Gm [ Micromhos] = I Anode ( eff ) U Signal ( eff ) ⋅ 10 6 und für unseren Fall mit 5mA Anodenstrom, sowie 250mVeff Signalspannung (das ist eine Eigenschaft des TV-2: im Messbereich A,B, und C werden 250mVeff zur Ansteuerung des Gitters angelegt) ergibt das einen Zeigerausschlag von: Gm = 5mAeff 250mVeff ⋅ 10 6 = 20000Micromhos Auf deutsch: wenn ich 5,0mAeff Wechselspannung in die Röhrenfassung einspeise, erzeuge ich einen definierten "Percent Quality"-Zeigerausschlag von 20000 µmhos. Je nachdem, wie gerade die Percent-Skala kalibriert ist (durch Drehen des Shunt-Knopfes zwischen 0 und 100%), kommt der Zeiger irgendwo auf der "Percent-Quality-Skala" (0..150%) zum Liegen. Marc Michalzik, V2.8 Mitgekommen? Mit einem auf 100% eingestellten Shunt-Regler hat das Messinstrument „Percent Quality“ von Alans TV-2-Tester einen Endausschlag von 24000µmhos- so zumindest schreibt er auf Seite 64 seines Buches. Wenn wir genau nachzählen, hat die Messinstrumente-Skala 30 Teilstriche à 5% => also von 0..150%. Beim Endausschlag (=150%) soll also nun 24000µmhos liegen. Folglich bedeutet ein Teilstrich in dieser Empfindlichkeitsstufe („A“) mit dieser Shunt-Einstellung (100%) exakt: 24000µmhos/30 = 800µmhos. Wir werden diese Erkenntnis gleich noch einmal aufgreifen und ausweiten. 7.1 Shunt-Regler prüfen Vorher jedoch prüfen wir, ob der Shunt-Regler, der dem Messinstrument M3 vorgeschaltet ist, auch noch korrekt arbeitet. Dazu schlägt das Service Manual vor, ein besonderes Testgerät zu verwenden. Alles Unfug, es geht auch viel einfacher, nämlich mit einem Netzgerät, einem 1kOhm-Widerstand (ca. 5W) und einem guten Digitalmultimeter im Strommessbereich. Ich wiederhole hier die Messung aus dem Service-Manual: 1. 2. 3. 4. Plate Switch auf Pin 5 schalten Suppressor auf Pin 8 Plate-Screen-Swtich auf Position „H“ (!) GM-Signal Range auf Position E Nun mit dem Netzgerät und einem in Reihe liegenden 1kOhm-Widerstand und Strommesser einen Gleichstrom erzeugen und zwischen Pin5 (GND) und Pin8 (+) in die OktalRöhrenfassung jagen. Messaufbau siehe Abbildung 31. Den TV-2 einschalten und die Taste P2 drücken. Den Zeiger von M3 beobachten: wenn er nach links ausschlägt, dann war's verkehrt herum angeklemmt. (Spannung am Netzgerät oder an der Fassung umpolen.) Das waren die Voraussetzungen. Nun kommt der Abgleich: Netzgerät ausschalten. TV-2 einschalten und nach kurzer Warmlaufzeit mit dem Knopf „GM Center“ einen Nullabgleich von M3 machen. 7.1.1 Shunt auf 90% einstellen Netzgerät einschalten und Strom vom Strommesser ablesen (DC mA). Das Netzgerät so in der Spannung einstellen, dass das Messinstrument M3 exakt Vollausschlag (also laut Skala „150%“) anzeigt. Das sollte bei einem 1kOhm-Vorwiderstand grob bei etwa 1V der Fall sein. Jetzt den in die Röhrensockelfassung eingespeisten Strom vom Multimeter ablesen. SOLL: 0,605mA IST: 0,63mA. +/- 5% Abweichung seien lt. Manual zulässig, also mache ich mir keine Sorgen! Marc Michalzik, V2.8 7.1.2 Shunt auf 10% einstellen Genauso wie oben; jedoch Shunt-Regler auf 10% drehen. Man benötigt am Netzgerät nun Spannungen von etwa 10V zum Erreichen des Vollausschlags. SOLL: 4,92mA Bei mir war der Strom: 4,93mA. Also voll passig. Die Limits liegen laut Service Manual (S.40) ebenfalls bei +/-5%. Das folgende Bild zeigt das Schaltbild für diese Messung. Pin 8 1kOhm mA DC Pin 5 DC Power Supply = Octal Socket Abbildung 31: Messaufbau Shunt-Test So sah die Messung im Original aus (der Trafo wurde (noch) nicht benötigt. Er stand da gerade herum, weil mein 1kOhm-Widerstand daran angelötet war): Abbildung 32: Messaufbau Shunt-Messung am TV-2 Marc Michalzik, V2.8 7.2 Gm-Messbereich überprüfen (Vorarbeit) Nun geht es zur Sache. Zuerst habe ich es nicht verstanden, warum man die Prüfung (siehe Alan's Buch, Seite 6) so „kompliziert“ machen soll! Ein gutes modernes Multimeter kann doch sehr gut zwischen AC und DC unterscheiden, um den –dem Anodenstrom überlagerten- Wechselstrom zu messen, brauche ich doch keinen Trafo! Oder doch? Doch!! Das Problem beim TV-2 ist, dass der Anodenstrom nicht gefiltert ist. Wir haben es hier mit einem gleichgerichteten Sinus zu tun!!! Ein gutes Multimeter wie das Fluke 87 ist zwar durchaus in der Lage, den DC-Anteil einer Wechselspannung zu messen, jedoch überlagern sich hier gleich zwei Wechselspannungen- dann wird es nicht mehr so einfach. Ich kann hier also nicht einfach auf DC schalten, den statischen Anodenstrom messen und dann munter auf AC und -davon völlig getrennt- den Signalstrom. Nix is! Aus genau diesem Grund schlägt Alan völlig zu Recht vor, einen dicken Trafo mit Vorwiderstand dafür zu benutzen. Leider erklärt er in seinem Buch nur recht oberflächlich, wie er das macht. Im Grund geht es um eine genau dosierte Überlagerung von Signal- und Anodenstrom. Ich will das noch einmal genauer erklären: 7.2.1 Widerstand genau ausmessen Der 10kOhm-Widerstand, den man verwenden soll, ist eine wirklich gute Wahl. Er ist hoch genug gewählt, dass irgendwelche Innenwiderstände im TV-2 ihm gegenüber kaum mehr ins Gewicht fallen und den einspeisenden Trafo stark genug entkoppelt, andererseits noch niederohmig genug, um die gewünschten µmhos-Werte zu simulieren. Da ich erst keinen hatte, habe ich mir im ersten Versuch einen 7,6kOhm-Widerstand aus Einzelteilen zusammengebastelt. Die wurden ziemlich warm. Daher bin ich dann doch irgendwann zu Conrad gelatscht und habe mir 'nen ordentlichen 25W Drahtwiderstand 10kOhm gekauft. Um den korrekten Strom von 5mA (oder jeden beliebigen anderen) einzustellen, kann man auf zwei Arten vorgehen, die meiner Meinung nach völlig äquivalent sind: a) Widerstand messen und ausrechnen Mit einem präzisen Widerstandsmesser (z.B. Agilent 34401) messe ich meinen 10kOhm Vorwiderstand genau aus. Wir nehmen mal an, es kommt 10,312kOhm heraus. Die Spannung, die der Trafo dann über den Ausgangsklemmen erzeugen muss, um 5mAeff zu erzeugen ist U eff (Trafo , sekundär ) = RVorwiders tan d ⋅ I eff und bei uns dann U eff (Trafo , sekundär ) = 10312Ohm ⋅ 0,005 A = 51,56Veff Damit wird auch klar, warum Alan einen Trafo mit 50V Sekundärwicklung vorschlägt :-) Marc Michalzik, V2.8 Trafo prim.: 230Veff sek.: ~50Veff Vorwiderstand 10k Digitalvoltmeter U=51,56Veff Leerlaufspannung des Trafos 0..230Veff Abbildung 33: Trafo-Messschaltung für I=5mA (Variante 1) Wir verstehen aber auch, dass jeder beliebige andere Widerstand, der grob in der Größenordnung liegt, ebenfalls verwendbar ist (siehe meinen 7,6kOhm-Bastelwiderstand). Ging auch, das Ohmsche Gesetz gilt ja glücklicherweise immer :-) Marc Michalzik, V2.8 b) Strom direkt messen Laut meiner Erfahrung geht es aber ebensogut, die Sekundärwicklung mit dem gewünschten 10kOhm-Vorwiderstand "kurz" zu schließen und den fließenden Strom im Sekundärkreis mit einem guten Multimeter direkt zu messen. Wie ich bereits oben sagte, ist der Vorwiderstand groß genug, dass sämtliche Innenwiderstände des TV-2-Testers ihm gegenüber vernachlässigbar klein sind, so dass sich der Strom durch diese zusätzlichen Innenwiderstände so gut wie nicht ändern wird. Will sagen: die 5mA bleiben nahezu 5mA; quasi eine "Konstantstromquelle". Einen ähnlichen Trick macht man auch bei der Messung der Impedanz von Lautsprecherboxen, aber das ist eine andere Geschichte ;-) Voraussetzung für den "Konstantstrom" ist natürlich, dass der Trafo groß genug dimensioniert ist, und den beabsichtigen Strom auch wirklich spiiiieeelend treiben kann. 5mA sind aber der reinste Lacher und wohl von jedem Trafo locker aufzubringen. Ich selber habe einen Trafo mit zwei in Reihe geschalteten 30V-Sekundärwindungen und ca. 3A Strom ausgewählt (also etwa 60V*3A = ca. 180VA), den ich hinter einen Regeltrafo geschnallt habe. So konnte ich die Primärspannung so einstellen, dass ich auf der Sekundärseite die gewünschten 5mA Stromfluss ergaben. Trafo prim.: 230Veff sek.: ~50Veff Vorwiderstand 10k I = 5mAeff 0..230Veff Abbildung 34: Trafo-Messschaltung für I=5mA (Variante 2) Seien Sie übrigens nicht überrascht, wenn Sie auch in diesem Fall "automatisch" eine Sekundärspannung von den oben berechneten ~51,56Veff erhalten. Wie gesagt, die Belastung durch den Stromfluss von 5mA ist so gering, dass sich Leerlaufspannung und die Spannung unter Last so gut wie nicht voneinander unterscheiden*! (Aus diesem Grund geht es ja auch so einfach!). Also: gut gedacht, Alan, danke für Deine Vorarbeit! *Ich habe nachgemessen: bei 50Veff AC war der Unterschied etwa nur 50mVeff! Marc Michalzik, V2.8 7.3 Gm-Messbereich überprüfen Die Vorarbeit ist gemacht, nun wenden wir unsere Schaltung an. Zum Messen des Stroms koppele ich meine Schaltung kurz ab, mache bewusst einen Kurzschluss und messe den Kurzschlussstrom (siehe Abbildung 34). Dann teile ich mit einem Taschenrechnung durch die Signalspannung (je nach Messbereich (A,B,C,D oder E: 0,25Veff, 0,5Veff oder 2,5Veff) und erhalte das Ergebnis für Gm! Hinweis: zur Darstellung des Ergebnisses in der Einheit "Mikromhos" (=µSiemens) das Teilen durch 1000000 (=1E+6) nicht vergessen (wegen "µ"!). Ich komme auf folgende Endwerte. Damit erweitere ich Alan's Tabelle aus seinem Buch auf S. 64: Range A B C C D E Gm Full Shunt Pot Scale [µS] (Alan D.) 30000 55 15000 37 7500 37 3000 86 1500 86 300 86 Shunt Pot (my TV-2) 59 40 39 88 88 88 Grid Signal 0,25Veff 0,25Veff 0,25Veff 0,25Veff 0,5Veff 2,5Veff µS/div 1000 500 250 100 50 10 Calibration Current 7,50mAeff 3,75mAeff 1,875mAeff 750µAeff 750µAeff 750µAeff Tabelle 2: Gm-Tabelle (erweitert durch mich) Die Abweichungen sind nur minimal. Ein Vergleich der Skalenendwerte mit Alan's Angaben zeigt: Range A B C D E F (=off) Full Scale dito, Gm Reading my TV-2 Alan Douglas [µS] 24000 23840 8000 8240 2300 2340 1150 1170 230 230 ------ @simulated Plate current 5,96mAeff 2,06mAeff 585µAeff 585µAeff 585µAeff --- Tabelle 3: Full-Scale Endwerte (Vergleich Alan's TV-2 und meiner) Damit bin ich zufrieden. Auch wenn es mich wurmt, dass in der Spezifikation zum TV-2 keine Full-Scale-Endwerte zu finden sind. Dann hätte man noch schön darauf abgleichen können! Aber ohne das Wissen über das korrekte Ziel lasse ich alles so, wie es ist und freue mich über die ziemlich gute Übereinstimmung mit Alan's TV-2. Marc Michalzik, V2.8 8 Widerstands-Pimping Was mir bei der Kalibrierung im Allgemeinen aufgefallen ist, dass fast alle Widerstände erhebliche Erhöhung ihrer Werte zeigten. Ich habe mir alle angeschaut und die, bei denen ich der Meinung war, dass sie in ihrer Funktion eine Ungenauigkeit produzieren können, habe ich mit Parallelwiderständen geshuntet, so dass sie wieder ihren Sollwert erreichen. Aber es geht noch viel Schlimmer: vermutlich bei einer Reparatur wurde ein Widerstand mit dem falschen Wert bestückt: Abbildung 35: R52 und R59- beide falsch! Laut Teileliste sollen R52 und R29 identisch sein. Dass sie das nicht sind, sieht man schon von außen. Unter R59 sind Einwirkungen von großer Hitze auf der Leiterplatte zu sehen, weshalb ich vermute, dass man ihn irgendwann einmal ausgewechselt hat. Dabei hat man leider zum Falschen gegriffen: anstatt 47Ohm, hat man nun 470Ohm eingelötet. Das ging daneben! /*Sarkasmus ein*/ Och, nicht schlimm, war ja nur der Anodenwiderstand, wie ich nachher aus dem Schaltbild erkenne....:-((( /*Sarkasmus wieder aus*/ Marc Michalzik, V2.8 Dass R52 vom Sollwert her richtig bedruckt war (47Ohm), half ihm aber auch nicht. Beim Nachmessen..... Abbildung 36: Nachmessen eines "47Ohm"-Widerstands Liebe Leser, wie lautet da noch gleich mein Spruch? "Raus damit!!!!" Genau! :-) Am Ende habe ich eine ganze Reihe neuer Widerstände einbauen müssen. Aber dafür bin ich wenigstens sicher, dass mein TV-2 jetzt endlich innerhalb Herstellerspezifikationen arbeitet! Puh! Geschafft! Abbildung 37: Endergebnis der "Widerstandsschlacht" Marc Michalzik, V2.8 9 Anhang: kleine Messgerätehilfe Eins ist mir bei diesem Projekt mal wieder siedendheiß klar geworden: mein Grundwissen über die Eigenschaften von Drehspulinstrumenten, Formfaktor, Mittel-, Scheitel- und Effektivwert hatte sich doch stark zurückentwickelt. Aber mal ehrlich, wüssten Sie sofort, wie Sie den Mittelwert eines 2weg-gleichgerichteten Sinus' berechneten? Na? 9.1 die Kernüberlegung Die grundsätzliche Überlegung, wie wir vor der Kalibrierung eines Röhrenprüfers daher machen müssen, ist leider ziemlich theoretischer Natur: welche Messgeräte dürfen wir verwenden? Allein die Tatsache, dass ein modernes Digitalmultimeter bereits eine um zwei Zehnerpotenzen größere Genauigkeit besitzt als die analoge Zeigeranzeige im Röhrenprüfgerät, ist noch kein Beleg dafür, dass wir es auch automatisch einsetzen dürfen! Die Kernfrage ist doch: was genau zeigt denn unser Multimeter überhaupt an? Arithmetischen Mittelwert? Effektivwert, gültig für Sinus? Womöglich echten Effektivwert? Und was hat man damals verwendet? Auf welchen dieser Werte beziehen sich die Angaben auf dem Service Manual? Wenn wir das nicht wissen, gleichen wir auf einen falschen Zielwert ab! Einfaches Beispiel: Die Angabe "21Grad Raumtemperatur" hilft uns nicht, wenn wir nicht wissen, ob °Celsius oder °Fahrenheid gemeint ist. Und auch die Anweisung "die Raumtemperatur bitte auf 40Grad einstellen" ist nicht umsetzbar, solange wir nicht wissen, welche Skala gemeint ist. Aber selbst, wenn wir das wüssten, können wir noch immer nicht an der Heizung drehen, solange wir nicht wissen, in welcher Einheit überhaupt unser Thermometer geeicht ist. Übertragen wir nun die Anweisung "40Grad" auf eine Angabe Service-Manual und das Thermometer auf unser Multimeter, mit dem wir messen wollen. Verstanden, worum es hier geht? Wir müssen also verstehen, wie genau man früher die Soll-Werte, auf die das RPG abgeglichen werden soll, gemessen wurden und heute müssen wir gewährleisten, dass wir auch auf die selbe Art wieder rückmessen. Alan sagt, dass früher alle DC-Spannungen mit einem Drehspulinstrument gemessen und eingestellt wurden. Um mit heutigen, hochohmigen Digitalmultimetern dieselben Ergebnisse zu erhalten, sollte man einen 250kOhm-Widerstand parallel zu den Eingangsklemmen schalten. So macht man es künstlich niederohmiger und schafft ggfs. auch stabile, ohmsche Verhältnisse beim Messen in der Schaltung. Drehspulinstrumente sind für die Messung von Gleichspannungen konstruiert und reagieren auf den "arithmetischen Mittelwert" einer Spannung. Lege ich also eine reine Sinusspannung an die Klemmen, "mitteln" sich positive und negative Halbwelle im Betrag genau gegeneinander zu Null weg und das Messinstrument schlägt nicht aus. Marc Michalzik, V2.8 Wir wollen das mal an einem Beispiel deutlicher machen. Wir sehen in Abbildung 38 eine reine Wechselspannung: eine Sinusschwingung! DC-Offset (=0) Abbildung 38: Sinusschwingung Das hier verwendete Oszilloskop (LeCroy 9314L) ist so freundlich, und rechnet dazu allerhand Werte aus. Wie lesen aus dem Screenshot ab: Mittelwert ("mean"): ist fast Null! Genau das würde ein Drehspulinstrument auch anzeigen. Anders im folgenden Bild, hier ist der Wechselspannung eine Gleichspannung überlagert. Ich habe dort mal eine dicke, gestrichelte Linie eingetragen. Dort liegt der arithmetische Mittelwert! DC-Offset Abbildung 39: Sinusschwingung mit DC-Offset Er ist hier übrigens ca. 10V, wie man bei "mean" im Bild oben ablesen kann. Marc Michalzik, V2.8 Wir lernen also: Ein Drehspulinstrument zeigt bei Wechselspannungen immer den Gleichspannungsanteil an. Wenn einer Sinusspannung als ein Gleichspannungsoffset überlagert ist: mitteln sich die positiven und negativen Halbwellen aus. Übrig bleibt der reine Gleichspannungsanteil, der vom Messinstrument erfasst und angezeigt wird. Damit eignen sich Drehspulinstrumente sehr gut für das Aufspüren von Gleichspannungsanteilen in Audiosignalen. Bevor wir heute ein Digitalmultimeter als Referenz fürs Kalibrieren hernehmen, müssen wir also erst sicherstellen, dass es sich wirklich ebenso verhält wie damals das Drehspulinstrument. Es muss also ebenfalls den arithmetischen Mittelwert bilden! Wenn man allerdings auf "AC" umstellt, zeigen gute Spannungsmesser den Effektivwert (mathematisch: den quadratischen Mittelwert) an- und zwar unabhängig davon, ob wir es mit einem Sinus oder einer anderen Wellenform zu tun haben! Dreheiseninstrumente, so wie z.B. das Messinstrument M1 für die Anzeige der Heizspannung, zeigen konstruktionsbedingt immer den echten Effektivwert an. Somit gilt: M1-Messwerk mit einem Effektivwertmesser abgleichen (Multimeter im AC-Bereich)! Bei der Anodenspannung wird es nun etwas spannender. Hier haben wir es mit einem gleichgerichteten Sinus zu tun- also einer positiven Höckerlandschaft. Wie wir aus der Verwendung von Drehspulinstrumenten als Werkzeuge beim Hersteller ableiten können, sind sämtliche Werte, die wir hier ablesen, als "arithmetische Mittelwerte" angegeben. Dementsprechend müssen wir unser Digitalmultimeter unbedingt auf "DC" stellen, damit es auch arithmetische Mittelwerte bei dieser Spannungsform anzeigt. Ansonsten vergleichen wir Äpfel mit Birnen! Zur Verdeutlichung habe ich das mal grob in einem Screenshot eingetragen: quadrat. arithmetisch. Mittelwert Mittelwert Abbildung 40: arthm. Mittelwert, quadrat. Mittelwert Marc Michalzik, V2.8 9.2 Versuch Mit diesem Vorwissen ausgestattet, sind wir nun soweit, folgenden Versuchsaufbau durchzuspielen. Ich habe ich ermittelt, was welches der bei mir verfügbaren Messinstrumente denn auch anzeigt. Überraschungen sind garantiert! Ich habe einfach meinen 2x30V-/180VA-Trafo genommen, den ich noch von der GmMessung herumliegen hatte (jeder andere geht sicher auch) und ihn an einem Stelltrafo betrieben, so dass ich die Höhe seiner Ausgangsspannung einstellen konnte. An der Sekundärseite des 2x30V-Trafos habe ich einen ganz normalen Silizium-Gleichrichter geklemmt und ihn mit einem 10kOhm-Widerstand abgeschlossen (wegen eindeutiger, ohmscher Verhältnisse!). Die hinter dem Gleichrichter messbare Spannung ist dann eine ungefilterte, pulsierende Gleichspannung- eine Folge von positiven Sinushalbwellen. Also genauso wie die Anodenspannung im Röhrenprüfgerät. Mit einem Digitaloszilloskop prüfte ich erst die Kurvenform. Den Spitzenwert stellte ich durch Drehen am Stelltrafo auf 10Vs ein. Durch die Gleichrichtung haben die positiven Sinushöcker nun eine Frequenz von 100Hz. Das Digital-Speicheroszi liefert einem bereits allerhand mathematische Kennwerte: neben den vertrauten Kenngrößen wie "arithmetischer Mittelwert, RMS-Wert und Spitzenwert" kann man sich bei diesem Oszi sogar Statistiken dazu berechnen lassen. Hilft in diesem Fall zwar nicht weiter, ist aber interessant zu wissen. Ich ermittelte folgende Messwerte: Messgerät Betriebsart Anzeige Rohre&Schwarz URE3 DC 5,97V lässt schließen auf... UMittelwert P-P AC A.DC DC AC 9,71V 3,45V 6,9V 5,97V 3,43V ca. 6V USpitze-Spitze 1 /2*UEffektivwert UEffektivwert UMittelwert 1 /2*UEffektivwert UMittelwert DC AC (pk-pk) 5,97V 3,44V 10,00V UMittelwert 1 /2*UEffektivwert USpitze-Spitze (mean) (sdev) (rms) (amp) 6,44V 3,47V 7,32V 9,69V 5,85V 6,1V UMittelwert 1 /2*UEffektivwert UEffektivwert unbekannt UMittelwert UMittelwert Fluke 87-III Conrad Drehspulinstrument HP34401 LeCroy 9314L Digitaloszi Unigor 6e µ4317 (russisch) Tabelle 4: Vergleich verschiedener Multimeter Marc Michalzik, V2.8 Bemerkung halber Wert! !!!ok!!! halber Wert! halber Wert! halber Wert! !!!ok!!! nicht kalibriert nicht kalibriert Es zeigen Abgründe auf! Meine guten, teuren Echt-Effektivwertmesser zeigen nur etwa die Hälfte an! Warum? Irgendetwas stimmt hier doch nicht? Es hilft nichts, wir müssen hier wohl härtere Geschütze auffahren: Mathematik! Und wenn die nichts nützt, die Physik! (Kann man das noch irgendwie steigern?? Vielleicht mit Philosophie? ;-) Ha Ha!) 9.3 mathematische Herleitung Wer meine Berichte kennt, weiß, dass ich hin und wieder auch mal ein paar mathematische Kracher (wenn man das von meinem Mathematikniveau aus betrachtet) heraushole. Hier ist wieder sowas. Warum ich das mache? 1. Weil ich meinen ehemaligen Mathe-Lehrern doch noch irgendwann einmal zeigen muss, dass zwischen den Ohren ein bisschen was hängen geblieben ist. Zu Schulzeiten war das bei mir noch nicht immer so gut erkennbar. 2. Weil es mir einfach keine Ruhe lässt, wie die mathematisch exakte Lösung aussieht (mit einem Fehler von 0,000000000000000000!!!!) 3. Weil ich einfach verstehen will, wie das alles zusammenhängt. (Das wiederum würde nun vielleicht meinen alten Physiklehrer freuen....) Also los geht's. Hoffentlich ist kein Fehler drin, das würde mich ja total blamieren (ist mir neulich in einem anderen Bericht passiert, da hat nen E-Technik-Professor 'nen falsch angesetzten Spannungsteiler gefunden- sehr sehr peinlich...). Egal, hier kommen die Umrechnungen von "Spitzenwert" auf den... 9.3.1 arithmetischer Mittelwert Der arithmetische Mittelwert ist ja das, was ein Drehspulinstrument immer anzeigt. Ich quatsche nun mal nicht mehr in den Bericht rein, hier das Ergebnis einer komplett durchgerechneten Mittagspause: Definition: b 1 ⋅ ∫ f ( x)dx b−a a ∧ Aus unseren Fall angewendet: U ⋅ ∧ Vereinfacht: U ⋅ ∧ = U⋅ 1 π 1 π 1 π π ⋅ ∫ sin( x)dx 0 ⋅ [(− cos(π ) − (− cos(0) )] ⋅ [+ 1 − (− 1)] Marc Michalzik, V2.8 ∧ = U⋅ 2 π Violà! Der Umrechnungsfaktor, um von einem gemessenen Spitzenwert einer sin 2 2 Funktion auf den Mittelwert zu schließen, ist , also etwa 0,637. Wenn ich im Internet re- π cherchiere, kommen die meisten auch auf dieses Ergebnis. Scheint also zu stimmen...?!? (das wäre jetzt eine philosophische Frage für meinen Geschichtslehrer: "Fresst Sch..., Millionen Fliegen können nicht irren!") ;-) 9.3.2 quadratischer Mittelwert Der quadratische Mittelwert ist gleich dem Effektivwert- also dem Wert einer Gleichspannung, die in einem ohmschen Widerstand exakt dieselbe Wärmemenge erzeugen würde wie die Wechselspannung. Aha, das ist doch mal 'ne Aussage. b Definition: 1 ⋅ ∫ f ( x) 2 dx b−a a ∧ Auf unseren Fall angewendet: U ⋅ ∧ Vereinfacht: U ⋅ 1 π π ⋅ ∫ sin 2 ( x)dx 0 ⎞ 1 ⎛ ⎞⎤ 1 ⎡ 1 ⎛⎜ ⋅ ⎢ ⋅ π − sin (π ) ⋅ cos(π )⎟ − ⋅ ⎜ 0 − sin (0) ⋅ cos(0)⎟⎥ 123 123 ⎟ 2 ⎜ 123 123 ⎟⎥ π ⎢ 2 ⎜⎝ 0 0 0 0 ⎠ ⎝ ⎠⎦ ⎣ mit Stammfunktion: F (sin 2 ( x)dx ) = 1 ⋅ ( x − sin ( x ) ⋅ cos( x )) 2 (mit Hilfe aus dem Internet; denn in diesem verflixten Brønstein finde ich alleine noch nicht mal die Formel für eine einfache Addition (sorry- das deprimiert nun meinen ehemaligen Mathe-Prof...). ∧ 1 ⎡1 ⎤ ⋅ ⎢ ⋅ (π − 0 )⎥ π ⎣2 ⎦ ∧ 1 1 ⋅ ⋅π π 2 = U⋅ = U⋅ Marc Michalzik, V2.8 ∧ = U⋅ 1 2 Kein Unbekannter also! Der Umrechnungsfaktor (vornehm auch "Formfaktor" genannt), mit dem man bei unserer Funktion vom Spitzenwert auf den Effektivwert umrechnen kann, ist die gute alte 0,707! Überraschung? Eigentlich nicht- durch die Quadrierung unter der Wurzel "klappen sowieso alle Sinuswellen hoch ins Positive", da ist es völlig egal, ob sie vorher schon positiv waren oder erst durchs Quadrieren positiv werden. Fakt ist: der Umrechnungs1 faktor ist und genau das wollten wir lernen! 2 9.4 Versuchsauswertung Erst jetzt bin ich endlich in der Lage, die korrekte Versuchsauswertung zu machen: mit den bekannten Umrechnungsfaktoren zwischen Spitzenwert, Mittelwert und Effektivwert können wir nun eine Bewertung durchzuführen. Beispiel: ∧ Spitzenwert U = 10Vss Mittelwert U mittel = Effektivwert U RMS = 2 π ∧ ⋅ U = 6,367V 1 2 ∧ ⋅ U = 7,071V Tja- es bleibt aber die Frage, warum meine Echt-Effektivwertmesser fast alle nur den Halben Wert anzeigen! Nun brauchen wir die Physik! (Das würde wieder den Physiklehrer freuen: ohne Mathe kommt der zwar auch nicht aus, aber für Physiker sind Zahlen ja nur Werkzeuge, die er benutzt. Mathematiker sind da eher wie ich: sie können sich auch an einem tollen Werkzeug erfreuen! Meine sehen nur anders aus, aber lassen wir das...) Marc Michalzik, V2.8 Um zu erklären, was hier so passiert, verwende ich nun einige Bilder. So sieht die Spannung, die ich messen will, ja eigentlich aus: Abbildung 41: gleichgerichtete Spannung mit Offset Alle negativen sinus-Höcker wurden gleichgerichtet und auf die positive Y-Achse gebracht. Mein Oszi errechnet einen RMS-Wert von 7,19V- also ziemlich gut dran an den mathematisch berechneten 7,07V. Aber nun schalte ich einen Koppelkondensator in Reihe, der die Kurvenform von jeglichen Gleichspannungs-Offsets befreit. Das geht beim Oszi ganz einfach, indem ich einfach auf "AC Coupling" schalte. Abbildung 42: gleichgerichtete Spannung ohne Offset Marc Michalzik, V2.8 Bingo!!! Als "RMS"-Wert wird 3,44V errechnet! Und genau das zeigen meine Effektivwertmesser auch ziemlich genau an! Wir lernen wieder: Traue nie einem Effektivwertmesser, wenn der zu messenden Spannung eine Gleichspannung überlagert ist! Diese wird meist knallhart vom Messergebnis abgezogen! Eine rühmliche Ausnahme macht mein Rohde&Schwarz URE3; bei dem gibt es nämlich extra eine Betriebsart, bei der Gleichspannungsoffsets mit in die Effektivwertberechnung einbezogen werden. Dazu stellt man es auf "A.DC" und schon kommt der richtige Wert heraus. Überflüssig, zu erwähnen, dass dieses Gerät ziemlich teuer ist, oder? 9.5 Fazit Das war doch wieder spannend, oder? Ich ziehe folgende Lehren für mich: • • • • • traue nie ungesehen einem T-RMS Multimeter dasselbe gilt übrigens für Versicherungsvertreter! versuche immer, zu verstehen, was hier eigentlich los ist Drehspulinstrumente zeigen den arithmetischen Mittelwert an = GleichspannungsOffset. Diesen kann man mit einem normalen Handmultimeter in Stellung "DC" normalerweise gefahrlos messen. Dreheiseninstrumente zeigen den quadratischen Mittelwert an = Effektivwert. Ist diesem eine Gleichspannung überlagert (das ist immer dann, wenn die Kurvenform nicht absolut symmetrisch zur x-Achse ist!), sei Dir sicher, dass Dein T-RMSfähiges Multimeter den DC-Offset nicht wieder abkoppelt. Sonst stimmt's unter Umständen nicht! Abschließend ermittelte ich für das Rohde&Schwarz URE3 und mein Oszilloskop LeCroy 9314L als die Geräte, die im Vergleich untereinander in sich die stimmigsten Ergebnisse ablieferten. Das soll nicht heißen, dass man mit den anderen Geräten nicht gut messen kann! Die Kunst ist eben, zu wissen, mit welchem Messgerät man welche Messaufgabe am Besten machen kann. Das zu wissen, kann man nur durch Erfahrung lernen. Oder durch das Lesen meiner Reparaturberichte :-) Marc Michalzik, V2.8 10 Schlusswort Damit soll es nun endlich gut sein! Mit dieser Frischzellenkur erwarte ich, dass mein TV-2Tester mir noch viele Jahre Freude machen wird. Ein paar Pläne für die Zukunft habe ich allerdings noch: • • • Einbau einer Anodenstrom-Mess-Schnittstelle (hierfür bietet sich die auf der Frontplatte vorhandene Dummy-Stromsteckdose geradezu an!!!) Einbau zweier Sicherheits-Bananenbuchsen anstelle der beiden maroden, brüchigen Krokodilkabel "A" und "B" (im Foto bereits abgeschnitten, damit ich aus Versehen nicht noch einen gewischt kriege!!!) Auswechseln des Anschlusskabels (Das ist ebenfalls recht brüchig! Zwei Meter hochwertiges H07-Kabel liegen schon zum Einbau bereit!) Wozu es wohl leider nicht kommen wird, ist das Nachrüsten einer Kopfhörerbuchse zum Abhören von Mikrofonie-Effekten. Leider arbeitet die Hickok-Schaltung nicht mit AnodenGleichstrom. Würde ich z.B. einfach einen Übertragertrafo zum Kathodenwiderstand parallel schalten und damit die NF auskoppeln, würde ich nur die pulsierende Anodenspannung "abhören". Schade- dafür brauche ich wohl noch einen zweiten Röhrentester. Vielleicht einen schönen, alten Neuberger?? ;-) Abbildung 43: mein TV-2 Röhrentester "fast fertig" ;-) Zum Abschluss vielen Dank für's Lesen dieses Artikels und auch einen Gruß an meinen Chef, der ja hin und wieder auch über meine Internet-Reparaturberichte stolpert und sich bestimmt fragt, ob ich beruflich nicht ganz ausgelastet sei, wenn ich privat noch Energie für solche Projekte aufbringe. Es macht mir Spaß und man lernt was dazu- und nur darauf kommt es im Leben wirklich an! (Der war jetzt noch für die Philosophen, die seit Seite1 zusammen mit den Physikern noch verbissen auf einen guten Spruch gewartet haben ;-) Marc Michalzik, 07JUN2009 Marc Michalzik, V2.8 11 Nachtrag An dem TV-2 habe ich nun noch folgende Arbeitsschritte durchgeführt: • • • • • • • • Auswechseln des maroden Netzkabels gegen eine H07N-Leitung Einbau von Bananen-Sicherheitsbuchsen anstatt der maroden Krokodilklemmenkabel für Anschluss "A" und "B" Umfunktionieren der Netzsteckerbuchse, die eigentlich nur als mechanische Halterung für das Netzkabel in den TV-2 eingebaut wurde. Wenn man diese Buchse einfach mit dem Anodenstromkreis beschaltet, hat man eine astreine Schnittstelle zum Messen von Anodenstrom auf der Frontplatte! Und immer wieder rückstandsfrei zurück-rüstbar (wichtig für Nostalgiker)! Reinigen aller(!) Röhrenfassungen im Ultraschallbad. Anschließend wieder eingelötet und auf jede Leitung Ferritperlen aufgefädelt (=entspricht technisch nun fast einem TV-2 /C-U). Ich gebe gerne zu, dass das eine meiner aufwändigsten Arbeiten war, die ich an diesem Gerät durchgeführt habe. Wiederholung der Kalibrierung. Ergebnisse unterscheiden sich nur minimal von der ersten Kalibrierung (z.B. Einstellung des Shunts auf "88" statt vorher "87"). Reinigung aller Drehknöpfe im Ultraschallbad. Isolationsmessung aller Röhrenfassungen mit 1kV DC. Ergebnis: R ~ 20GOhm Reinigung und Konservierung der Drahtpotis (Kontakt60, KontaktWL, Kontaktfett) Das war's nun aber wirklich. Marc Michalzik, V2.8