Thieme: Endspurt Vorklinik – Biochemie 2

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2.1 Grundlagen
Limitierte Proteolyse. Einige Enzyme liegen als inaktive Vorstufen vor. Sie werden erst durch Abspaltung eines Teils ihrer Peptidkette aktiviert. Diesen Vorgang bezeichnet man als limitierte
Proteolyse. Die inaktiven Vorstufen dieser Enzyme werden Proenzyme oder Zymogene genannt.
FAZIT – DAS MÜSSEN SIE WISSEN
– ! GLUT 2 hat einen hohen KM-Wert für Glucose.
– ! Bei der allosterischen Hemmung bindet das Effektormolekül
nicht an das aktive Zentrum des Enzyms.
– ! Die Interkonversion findet meistens durch Phosphorylierung
und Dephosphorylierung statt.
– ! Die Acetyl-Co-Carboxylase wird durch Phosphorylierung
inaktiviert.
– ! Die hormonsensitive intrazelluläre Triacylglycerinlipase
wird durch Phosphorylierung aktiviert.
GESCHAFFT
© Thieme Verlagsgruppe/Chris Meier
Zugegeben, Energetik und Enzymkinetik sind etwas zähe Themen,
wenn man sich aber – so wie Sie – bis hierher durchgeboxt hat, wird
man die folgenden Inhalte zu den Funktionen von Vitaminen und Coenzymen viel besser verstehen.
L E R NPAK E T 5
2
Vitamine, Coenzyme, Spurenelemente
2.1
Grundlagen
Vitamine sind essenzielle Nahrungsbestandteile, die für die Aufrechterhaltung von Stoffwechselprozessen benötigt werden.
Meist sind sie Vorstufen von Coenzymen, manchmal dienen sie
auch als Vorstufen von Signalstoffen.
Es gibt 13 Vitamine, die aufgrund ihrer unterschiedlichen
chemischen Eigenschaften in 2 Gruppen eingeteilt werden
(Tab. 2.1):
▪ 4 lipophile (fettlösliche) Vitamine: Vitamine E, D, K und A
▪ 9 hydrophile (wasserlösliche) Vitamine: Vitamine der B-Gruppe und Vitamin C
LERNTIPP
Die lipophilen Vitamine können Sie sich leicht merken: EDeKA
Neben dieser Unterteilung wird gelegentlich auch der VitaminB2-Komplex abgegrenzt, zu dem Riboflavin (das Vitamin B2 im
engeren Sinne), Niacin, Pantothensäure und Folsäure gehören.
APROPOS
Die Bezeichnung Vitamin-B2-Komplex hat historische Gründe. Mangelerscheinungen, wie Schleimhautläsionen, wurden zunächst auf das Fehlen
von Vitamin B2 zurückgeführt. Sie erwiesen sich später jedoch als komplex,
da sie durch das Fehlen verschiedener Vitamine bedingt sein können, die
man zum Vitamin-B2-Komplex zusammenfasst.
Die tägliche erforderliche Mindestdosis an Vitaminen ist gering.
Meist reicht eine Aufnahme im niedrigen Milligramm-Bereich
aus (1–2 mg pro Tag).
Spurenelemente sind anorganische Elemente, die für den
Körper ebenfalls essenziell sind und daher mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Der Organismus benötigt nur „Spuren“ dieser Elemente – weniger als 20 mg pro Tag.
LERNTIPP
In der Prüfung kommen beide Varianten der Vitaminnamen vor –
Kurzbezeichnung und Trivialname. Sie sollten beide sicher beherrschen.
aus: Endspurt Vorklinik – Biochemie 2 (ISBN 9783131534231) © 2015 Georg Thieme Verlag KG
L E R NPAK E T 5
APROPOS
Beim Glykogenstoffwechsel wird z. B. durch Interkonvertierung die Synthese von Glykogen gehemmt und gleichzeitig der Abbau stimuliert. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass Aufbau und Abbau nicht gleichzeitig ablaufen.
19
20
Biochemie 2 | 2 Vitamine, Coenzyme, Spurenelemente
Tab. 2.1 Übersicht über die Vitamine.
Vitamin
aktive Form
Funktion(en)
Vorkommen
empfohlene
Tagesdosis*
Retinol, Retinal, Retinsäure
Sehvorgang (Retinal); Entwicklung
(Retinsäure); Epithelschutz (Retinol)
Fisch, Provitamin in vielen
Pflanzen (β-Carotin)
0,8–1,1 mg
D – Cholecalciferol 1,25-Dihydroxycholecalciferol Hormon des Ca2+-Stoffwechsels
(Calcitriol)
Lebertran, Eier, Leber, Milch,
Synthese aus Cholesterin (s. u.)
5 µg
E – Tocopherol
Tocopherol-Hydrochinon
Oxidationsschutz ungesättigter Fettsäuren
Getreidekeime, Pflanzenöle,
12 mg
K – Phyllochinon
Difarnesylnaphtochinon
Coenzym von Carboxylierungen
Synthese durch Darmbakterien, 65–80 µg
Gemüse, tierische Gewebe
fettlöslich (lipophil)
A – Retinol
wasserlöslich (hydrophil)
B1 – Thiamin
Thiaminpyrophosphat
oxidative (dehydrierende) Decarboxylierungen
Nüsse, Keime, Schweinefleisch
1,1–1,6 mg
B2 – Riboflavin
FAD, FMN
Wasserstoffübertragung
Aal, Hefe, Käse, Hühnerbrust,
Milch
1,5–1,8 mg
B3 – Niacin
NAD+, NADP+
Wasserstoffübertragung
Nüsse, Fleisch, Fisch, Synthese
aus Tryptophan (s. u.)
15–20 mg
Pantothensäure
CoA, Phosphopantethein
Acylübertragungen
Eier, Fleisch, Erdnüsse
6 mg
Folsäure
Tetrahydrofolsäure
C1-Übertragungen
frisches, grünes Gemüse, z. T.
Synthese durch Darmflora
300 µg
H – Biotin
Biocytin
Carboxylierungen
Synthese durch Darmbakterien
30–100 µg
B6 – Pyridoxin
Pyridoxalphosphat
Transaminierungen, Decarboxylierungen
Leber, Fisch, Erbsen, Walnüsse,
Bierhefe
1,6–2,1 mg
B12 – Cobalamin
5'-Desoxyadenosylcobalamin,
Methylcobalamin
C-C-Umlagerungen, C1-Übertragungen
Fisch, Fleisch, Synthese durch
Darmbakterien
3 µg
Redoxsystem, Hydroxylierungen
Obst und Gemüse
75 mg
C – Ascorbinsäure Ascorbinsäure
* Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)
APROPOS
Die Zöliakie ist eine gluteninduzierte Erkrankung der Dünndarmschleimhaut. Die Krankheit wird durch eine genetische Disposition ausgelöst. Dabei kommt es durch eine Immunreaktion gegen das Protein Gluten, das in
vielen Getreidearten vorkommt, zu schweren Veränderungen der Dünndarmschleimhaut. Diese verliert ihre digestive und absorptive Funktion für
die meisten Nährstoffe und auch für die fettlöslichen Vitamine. Als Therapie gibt man eine glutenfreie Kost auf Kartoffel-, Reis- oder Maisbasis.
2.2
Fettlösliche Vitamine
2.2.1 Vitamin A – Retinol
Vorkommen. Vitamin A wird hauptsächlich in Form des Provitamins β-Carotin aufgenommen. β-Carotin kommt in hoher Konzentration in gelbem Obst und Gemüse vor (z. B. in Karotten). Als
Retinylester ist Vitamin A auch in tierischen Geweben zu finden,
besonders in der Leber, wo es gespeichert wird (s. u.).
Struktur. Retinol (Abb. 2.1) besteht aus vier Isopreneinheiten
und kann als solches oder auch in Form des Provitamins β-Carotin aufgenommen werden. β-Carotin enthält 8 Isopreneinheiten
und kann durch das Enzym Dioxygenase in zwei Moleküle Retinal (Vitamin-A-Aldehyd) gespalten werden. Das Retinal kann in
Retinol oder Retinsäure (Vitamin-A-Säure) umgewandelt werden
(Abb. 2.2).
H3C
CH3
CH3
CH3
CH3
CH2OH
Retinol – der Vitamin-A-Alkohol
Abb. 2.1 Vitamin A, Retinol.
Aufnahme und Speicherung. Retinol bzw. β-Carotin werden als
fettlösliche Vitamine in Anwesenheit von Gallensäuren in die Enterozyten des Dünndarms aufgenommen und dort in zwei Moleküle Retinal gespalten. Das Retinal wird in Chylomikronen verpackt und zur Leber transportiert. Dort wird es zu Retinol reduziert. Das Retinol wird mit der Fettsäure Palmitat zu Retinylpalmitat verestert und in dieser Form in den Ito-Zellen der Leber
gespeichert. Vitamin A kann bei Bedarf durch eine Esterase freigesetzt und mithilfe von Retinolbindungsproteinen zu den Geweben transportiert werden.
Funktion. Die drei verschiedenen Formen des Vitamins A (Retinal, Retinsäure und Retinol) haben verschiedene Funktionen.
Retinal: Sehvorgang. Retinal ist gemeinsam mit Opsin, einem
Membranrezeptorprotein mit sieben membrandurchspannenden Domänen, Bestandteil des Rhodopsins, das sich in den Außensegmenten der Sinneszellen des Auges (Stäbchen und Zapfen) befindet und als molekularer Fotorezeptor dient. Die Aldehydgruppe des 11-cis-Retinals ist kovalent an die ε-Aminogrup-
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2.2 Fettlösliche Vitamine
C H3
C H3
H3C
C H3
β-Carotin
C H3
C H3
O2
H3C
C H3
CH3
C H3
CH3
COH
all-trans-Retinal
Oxidation (irreversibel)
CH3
CH3
O
R C
Reduktion (reversibel)
CH3
H3C
COO–
all-trans-Retinsäure
CH3
H
Aldehydgruppe
des Retinals
H
CH3
CH3
CH3
H
H
+
C H3
Dioxygenase
CH3
H3C
H3C
Abb. 2.2 Umwandlung von β-Carotin in Retinal,
Retinsäure oder Retinol.
L E R NPAK E T 5
H3C
N (CH2)4 Opsin
+
C N (CH2)4 Opsin + H2O
R
H
Lysylrest
des Opsins
protonierte Schiff-Base
im Rhodopsin
Abb. 2.3 Entstehung des Rhodopsins.
pe eines Lysylrests des Opsins gebunden, sodass eine Schiff-Base
entsteht (Abb. 2.3).
Bei Dunkelheit liegt das Retinal im Rhodopsin als 11-cis-Retinal vor. Der hohe cGMP-Gehalt der Stäbchen und Zapfen in der
Retina führt zu einer Öffnung von Ionenkanälen. Die Zellen werden depolarisiert und Glutamat wird in den synaptischen Spalt
freigesetzt (Abb. 2.4a). Die bipolaren Zellen leiten daraufhin ein
Signal als Dunkelsignal an die nachgeschalteten Ganglienzellen
weiter.
CH3
CH2OH
all-trans-Retinol
Bei Belichtung trifft ein Photon auf eine Sinneszelle in der Retina, und eine G-Protein-vermittelte Kaskade wird in Gang gesetzt (Abb. 2.4b): Das 11-cis-Retinal fotoisomerisiert zu alltrans-Retinal, über einige Zwischenstufen entsteht aktives Rhodopsin (R*, Metarhodopsin II). Das aktivierte Rhodopsin stimuliert an der α-Untereinheit des heterotrimeren G-Proteins, Transducin, den Austausch von GDP gegen GTP. Die α-Untereinheit
des Transducins spaltet sich von der der β- und der γ-Untereinheit ab und aktiviert eine cGMP-Phosphodiesterase (PDE). Die
PDE ist in der Lage, cGMP in 5'-GMP zu spalten. Der cGMP-Gehalt
der Sinneszellen nimmt ab, und Ionenkanäle, die zuvor durch direkte Einwirkung von cGMP offengehalten wurden, schließen
sich. Dadurch sinkt die intrazelluläre Ca2+-Konzentration. Die
Folge ist eine Hyperpolarisation und ein starker Abfall der Glutamatfreisetzung, der von den Bipolarzellen wahrgenommen und
weitergegeben wird. Letztlich entsteht das Lichtsignal (Abb. 2.5).
Abb. 2.4 Situation in einer
Sinneszelle der Retina.
a Bei Dunkelheit; b bei
Belichtung.
+
+
+
+
+
+
+
+
21
+
/
+
+
+
+
/
+
+
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22
Biochemie 2 | 2 Vitamine, Coenzyme, Spurenelemente
ralrohrs und anderer Organe. Vitamin A ist außerdem wichtig für
die Erhaltung der mitochondrialen Membran.
cis
cis
trans
D
Hypovitaminose. Eine primäre Hypovitaminose A kommt in einigen Ländern des Fernen Ostens vor, wo bis zu 70 % der Bevölkerung unter verschiedenen Auswirkungen einer Vitamin-A-Mangelernährung leiden. Erstes Symptom ist meist die Nachtblindheit (Hemeralopie), die durch eine mangelhafte Regeneration
von Rhodopsin bedingt ist. Längerfristiger Vitamin-A-Mangel
kann zur Verhornung der Kornea führen (Xerophthalmie), der
häufigste Grund für die Erblindung vor allem von Kleinkindern
in unterentwickelten Ländern. Begleitet wird die Xerophthalmie
meist von sog. Bitot-Flecken. Dabei handelt es sich um mattweiße Flecken im Lidspaltenbereich der Konjunktiva. Weitere Symptome eines Vitamin-A-Mangels sind:
▪ Schleimhautverhornung
▪ Atrophie von Speicheldrüsen und Darmepithel
▪ hypochrome Anämie
▪ Störungen der Spermatogenese
In den westlichen Ländern liegt meist eine sekundäre Hypovitaminose A vor, bedingt durch Resorptionsstörungen nach Darmresektion, Gallensteinleiden oder ethyltoxisch bedingter Leberzirrhose.
Hypervitaminose. Eine sehr hohe Vitamin-A-Zufuhr kann zu
einer akuten Intoxikation führen. Besondere Merkmale sind dabei Kopfschmerzen, Erbrechen und Schwindel. Bei chronischer
Hypervitaminose A treten Symptome wie Hautaustrocknung,
Haarausfall, Hepatomegalie und Hyperostosen (Überschussbildung von Knochengewebe) auf.
Abb. 2.5 Kaskade des Sehvorgangs.
Das 11-cis-Retinal kann auf zwei Wegen regeneriert werden.
Das Metarhodopsin ist instabil, und die Bindung zwischen Opsin
und all-trans-Retinal wird hydrolysiert. Zur Herstellung des
Grundzustands wird das all-trans-Retinal in einer enzymatischen Dunkelreaktion zu 11-cis-Retinal isomerisiert, das sich
wieder mit Opsin zu Rhodopsin verbinden kann. Auch die drei
Untereinheiten des Transducins lagern sich nach Hydrolyse des
GTP zu GDP wieder zusammen.
Bei sehr starkem Lichteinfall wird das all-trans-Retinal allerdings zu all-trans-Retinol reduziert. Dieser Alkohol kann NAD+abhängig in Retinal zurückverwandelt werden.
LERNTIPP
Es werden viele Fragen zum Sehvorgang gestellt. Schauen Sie sich
die Vorgänge daher genau an.
Retinsäure: Beeinflussung der Genexpression. Die vom Retinal
abgeleitete Retinsäure (Retinoat) ist ein hormonähnlicher Signalstoff. Retinsäure ist Ligand eines Transkriptionsfaktors aus
der Familie der nucleären (intrazellulären) Rezeptoren und beeinflusst die Expression von Genen, die insbesondere für Wachstums-, Differenzierungs- und Entwicklungsvorgänge verantwortlich sind. Man bezeichnet Retinsäure daher auch als Differenzierungsfaktor.
Retinol: Schutz der Epithelien und Skelettentwicklung. Vitamin
A schützt und erhält die Epithelzellen von Haut und Schleimhäuten, indem es die Membranintegrität bewahrt. In der Embryogenese beeinflusst Retinol die Entwicklung des Skeletts, des Neu-
FAZIT – DAS MÜSSEN SIE WISSEN
– ! β-Carotin enthält 8 Isopreneinheiten.
– ! Retinol (Vitamin A) wird als Fettsäureester in den Ito-Zellen
der Leber gespeichert.
– ! Auf dem Weg von der Leber zur Zielzelle wird Retinol im Blut
mithilfe von Retinolbindungsproteinen transportiert.
– ! Rhodopsin ist der molekulare Fotorezeptor in den Sinneszellen der Retina.
– !! Nach Belichtung der Fotorezeptoren resorbiert 11-cis-Retinal in der Retina das Licht, und es erfolgt die Isomerisierung
von 11-cis-Retinal zu all-trans-Retinal.
– ! all-trans-Retinal kann zur Regeneration zu all-trans-Retinol
reduziert und dann NAD+-abhängig in Retinal zurückverwandelt
werden.
– !! Das durch Belichtung aktivierte Rhodopsin stimuliert am
heterotrimeren G-Protein Transducin den Austausch von GDP
gegen GTP.
– !! Retinsäure ist Ligand eines Transkriptionsfaktors aus der
Familie der nucleären Rezeptoren.
– ! Retinsäure beeinflusst gebunden an ihren Rezeptor die Genexpression.
– ! Bei Vitamin A besteht die Gefahr einer Überdosierung.
2.2.2 Vitamin D – Calciferole
Vitamin D wirkt im menschlichen Körper als Hormon. Seine Eigenschaften und Wirkungen sind ausführlich im Kap. 4.11.3 beschrieben.
Vorkommen. Die beiden wichtigsten Formen des Vitamins D
sind Vitamin D2 (Ergocalciferol) und Vitamin D3 (Cholecalciferol). Mehr als 50 % des Cholecalciferols entstehen aus der Vorstu-
aus: Endspurt Vorklinik – Biochemie 2 (ISBN 9783131534231) © 2015 Georg Thieme Verlag KG
2.2 Fettlösliche Vitamine
C H3
C
CH3
C H3
H3C
H3C
23
C H3
H3C
H3C
C H3
C
D
C H3
D
HO
C H3
H3C
O
CH3
CH3
C H3
C H3
C H3
Abb. 2.7 Vitamin E (α-Tocopherol).
C H2
A
HO
HO
Ergocalciferol
Cholecalciferol
Abb. 2.6 Vitamin D. a Vitamin D2 (Ergocalciferol); b Vitamin D3
(Cholecalciferol).
fe 7-Dehydrocholesterin, das aus Cholesterin synthetisiert wird.
Zudem enthalten pflanzliche Produkte, Speisepilze und Lebertran beträchtliche Mengen an Calciferolen.
Struktur. Calciferole gehören zu den Steroiden (Abb. 2.6). Vitamin D2 entsteht aus Ergosterol (kommt v. a. in Pilzen und Pflanzen vor) durch eine fotochemische Spaltung des B-Ringes im Sterangerüst. Vitamin D3 entsteht aus Cholesterin auf die gleiche
Weise.
Funktion. Vitamin D3 wird durch Hydroxylierung an C 25 und
C 1 in Calcitriol (S. 56) umgewandelt. Calcitriol (auch „aktives Vitamin-D-Hormon“) beeinflusst den Calciumstoffwechsel, vor allem erhöht es den Calciumspiegel und fördert die Knochenmineralisierung. Außerdem wird unter seinem Einfluss vermehrt
Phosphat resorbiert. Calcitriol entfaltet seine Wirkung vor allem
im Darm, in den Knochen und in der Niere.
Hypovitaminose. Bei einem Vitamin-D-Mangel kommt es zu Mineralisierungsstörungen des Skeletts. Im Säuglings- und Kindesalter entsteht auf diese Weise eine Rachitis, bei der schwerwiegende Skelettdeformationen auftreten können. Die Rippen können ventral am Sternum aufgetrieben sein, wodurch der sog. rachitische Rosenkranz entsteht. Das Becken ist oft atypisch verformt. Die Ausprägungen der Rachitis können verschieden stark
sein und bei starker Hypokalzämie bis zu Tetanien und Krampfanfällen führen (besonders bei der angeborenen Form).
APROPOS
Im Erwachsenenalter führt ein Vitamin-D-Mangel zur Verstärkung einer
Osteoporose. In schweren Fällen kommt es zur Osteomalazie, die häufig
schmerzhaft ist und zu Spontanfrakturen führen kann.
Ein Vitamin-D-Mangel kann auf einer Mangelernährung, einer Resorptionsstörung oder einem Enzym- bzw. Rezeptordefekt beruhen. Auch Lichtmangel kann ein Grund sein, da zur Synthese des Vitamins UV-Licht notwendig ist.
Hypervitaminose. Übermäßige orale Zufuhr von Vitamin D
führt zu Hyperkalzämie, Hyperkalzurie, Erbrechen, Schwindel
und multiplen Verkalkungen, besonders von Nieren und Leber.
2.2.3 Vitamin E – Tocopherol
te Fettsäuren in Zell- und Mitochondrienmembranen vor einer
Oxidation durch organische Peroxylradikale.
Vitamin E hat Einfluss auf die zelluläre Signaltransduktion
und beeinflusst die Interaktion zwischen Blutbestandteilen und
Endothelzellmembran.
APROPOS
Ein Vitamin-E-Mangel manifestiert sich selten akut, da er nur unter
schwersten Mangelzuständen auftritt. Zudem besitzt das Depotfett Vitamin-E-Speicher, die für 1–2 Jahre ausreichen. Besteht dennoch ein Mangel, so stehen Symptome des oxidativen Stresses im Vordergrund. Es
kann eine hämolytische Anämie auftreten, die vermutlich auf einer Schädigung der Erythrozytenmembran beruht.
2.2.4 Vitamin K – Phyllochinon
Vorkommen. Vitamin K wird von Pflanzen, aber auch von der
Darmflora synthetisiert. Pflanzen bilden Vitamin K1 (Phyllochinon), das eine Phytylseitenkette enthält. Die Darmbakterien erzeugen Vitamin K2 (Menachinon), dessen Seitenkette aus einem
Difarnesylrest besteht.
Struktur. Die Vitamine K1 und K2 leiten sich von Menadion
(2-Methyl-1,4-naphtochinon) ab (Abb. 2.8). Der Doppelring und
eine lipophile Seitenkette am C 3-Atom des Naphtochinons sind
allen natürlich vorkommenden Derivaten des Menadions gemeinsam.
Funktion. Vitamin K ist Cofaktor bei der γ-Carboxylierung Vitamin-K-abhängiger Proteine. Zu diesen zählen besonders die Gerinnungsfaktoren IX, X, II und VII, Protein C und Protein S. Ohne
die Carboxylierung sind diese Gerinnungsfaktoren inaktiv. Auch
die Knochenproteine Osteocalcin und Matrix-Gla-Protein werden durch Vitamin-K-abhängige γ-Carboxylierung aktiviert.
LERNTIPP
Die von Vitamin K abhängigen Gerinnungsfaktoren merken Sie
sich am einfachsten als Jahreszahl: 1972 = neun-zehnhundert-zweiund-siebzig.
Die γ-Carboxylierung läuft in einem Kreislauf ab (Abb. 2.9). Zunächst wird Vitamin K mithilfe von NADPH + H+ und der Chinonreduktase in reduziertes Vitamin K (Vitamin-K-Hydrochinon)
umgewandelt. Das Hydrochinon reagiert mit Sauerstoff vorüber-
Grundbaustein
von Vit. K
Vorkommen. Vitamin E kommt nur in Pflanzen vor, in besonders
hoher Konzentration in Pflanzenölen und keimendem Weizen.
Seitenkette R
H3C
O
Struktur. Allen Tocopherolen ist der Chromanring (Benzodihydropyran) und die Isoprenseitenkette gemeinsam (Abb. 2.7). Sie
unterscheiden sich lediglich in ihren Substituenten am Chromanring.
Funktion. α-Tocopherol ist Bestandteil aller biologischen Membranen. Es ist ein wirksames Antioxidans und schützt ungesättig-
CH3
C H3
H3C
H3C
H3C
H3C
H3C
R
Vitamin K1 – Phyllochinon
3
C H3
Vitamin K2 – Menachinon
5–6
O
H
Vitamin K3 – Menadion
Abb. 2.8 Vitamin K.
aus: Endspurt Vorklinik – Biochemie 2 (ISBN 9783131534231) © 2015 Georg Thieme Verlag KG
L E R NPAK E T 5
C H2
A
24
Biochemie 2 | 2 Vitamine, Coenzyme, Spurenelemente
OH
CH3
+
NADP
R
+
NADPH + H
Chinonreduktase
OH
R
O
CH3
Cumarine
COO–
R CH
+ H 2O
COO–
O
H2O
Epoxidreduktase
CH2 COO– + O2 + CO2
Carboxylase
R
Vitamin K
Abb. 2.9 Funktion von Vitamin K bei der γ-Carboxylierung der
Gerinnungsfaktoren. Cumarinderivate hemmen sowohl die Epoxidreduziertes Vitamin K
(Vitamin-K-Hydrochinon) als auch die Chinonreduktase.
O
CH3
O
Vitamin-K-Epoxid
R
O
gehend zum Vitamin-K-Alkoxid. Das Alkoxid kann nun ein Proton von einem Glutamylrest eines Vitamin-K-abhängigen Proteins aufnehmen. Vitamin K fungiert hier als Cofaktor der Carboxylase, die das γ-C-Atom des Glutamylrestes carboxyliert. Nach
Abgabe von OH– entsteht aus dem Alkoxid das Vitamin-K-Epoxid.
Dieses kann durch die Epoxidreduktase in Vitamin K zurückverwandelt werden. Damit ist der Kreislauf geschlossen.
LERNTIPP
Gerne gefragt wird die Rolle von Vitamin K als Cofaktor der Carboxylase. Schauen Sie sich daher insbesondere den rechten Teil von
Abb. 2.9 an.
APROPOS
Um die Blutgerinnungszeit zur Infarkt- und Thromboseprophylaxe zu
verlängern, kann der Kreislauf Vitamin-K-abhängiger Carboxylierungen
durch Vitamin-K-Antagonisten (Cumarinderivate) unterbrochen werden.
Ein solcher Antagonist ist Phenprocoumon (Marcumar), das die Epoxidund die Chinonreduktase reversibel hemmt. Der Kreislauf wird unterbrochen, und die Gerinnungszeit, die klinisch mit dem Quick-Test (Thromboplastinzeit) ermittelt wird, verlängert sich.
Eine schwerwiegende Nebenwirkung der antikoagulatorischen Therapie
mit Cumarinderivaten ist eine erhöhte Blutungsneigung. Blutungen im
Rahmen einer Cumarintherapie betreffen häufig Hohlorgane (MagenDarm-Trakt, ableitende Harnwege u. a.) und das subkutane Gewebe. Die
Blutungen sind in den meisten Fällen Folge einer Cumarinüberdosierung.
Hypovitaminose. Ein ernährungsbedingter Mangel ist ausgesprochen selten, er kann aber auftreten, wenn eine lange andauernde orale Antibiotikatherapie durchgeführt wird, da dadurch häufig die Darmflora gestört wird. Da Vitamin K Cofaktor
für die Aktivierung von Blutgerinnungsfaktoren durch γ-Carboxylierung ist (s. o.), kann ein Vitamin-K-Mangel mit einer Blutungsneigung einhergehen. Zudem kann es, wie bei allen fettlöslichen Vitaminen, zu einem resorptionsbedingten Vitamin-KMangel (z. B. bei gestörter enteralen Lipidresorption mit Steatorrhö = Fettstuhl) kommen.
2.3
Wasserlösliche Vitamine
LERNTIPP
Die wasserlöslichen Vitamine sind ein beliebtes Prüfungsthema,
v. a. die Hypovitaminosen. Sie können aus den Folgen einer Hypovitaminose die Funktion des Vitamins ableiten.
2.3.1 Vitamin B1 – Thiamin
Vorkommen. Thiamin befindet sich in Pflanzen vor allem in den
Randschichten von Getreidekörnern. Außerdem enthält Schweinefleisch viel Vitamin B1.
Struktur. Thiamin ist aus einem Pyrimidinring und einem Thiazolring aufgebaut, die über eine Methylenbrücke miteinander
verbunden sind (Abb. 2.10).
Funktion. Thiamin muss zunächst durch eine Thiaminkinase
ATP-abhängig in Thiaminpyrophosphat (TPP; auch Thiamindiphosphat) umgewandelt werden (Abb. 2.11).
TPP ist an der Decarboxylierung von α-Ketosäuren beteiligt
und unterstützt dabei 2 Enzyme:
▪ TPP ist Coenzym der Pyruvatdehydrogenase (PDH), die in der
oxidativen Decarboxylierung Pyruvat in Acetyl-CoA umwandelt.
▪ TPP ist Coenzym der α-Ketoglutarat-Dehydrogenase, die im
Citratzyklus α-Ketoglutarat in Succinyl-CoA umwandelt.
H
NH2
N
H3C
+N
C S
CH2
N
CH2 OH
H3C
Abb. 2.10 Vitamin B1 (Thiamin).
H
NH2
N
+N
CH2
N
H3C
C S
Thiamin
CH2 OH
H3C
FAZIT – DAS MÜSSEN SIE WISSEN
ATP
– !!! Vitamin K fungiert als Cofaktor der Carboxylase, die den
Glutamylrest carboxyliert.
– ! Aus einer intestinalen Fettresorptionsstörung (z. B. mit Steatorrhö) kann ein Vitamin-K- bzw. Phyllochinon-Mangel resultieren.
Thiaminkinase
AMP
H
NH2
N
H3C
+N
N
C S
CH2
CH2O
P
P
Thiaminpyrophosphat
H3C
Abb. 2.11 Umwandlung von Thiamin in Thiaminpyrophosphat.
aus: Endspurt Vorklinik – Biochemie 2 (ISBN 9783131534231) © 2015 Georg Thieme Verlag KG
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