132 Übersichtsarbeit Autoimmunphänomene bei hämatologischen Systemerkrankungen Autoren A. H. Hautmann1, W. Herr1, E. Holler1, M. Fleck2 Institute 1 Schlüsselwörter ▶paraneoplastische ● Autoimmunphänomene ▶paraneoplastische ● rheumatologische Erkrankungen ▶ hämatologische Neoplasien ● und Autoimmunphänomene Zusammenfassung Abstract Autoimmunphänomene bei hämatologischen ma­ lignen Grunderkrankungen zeigen ein komplexes klinisches Erscheinungsbild und können zunächst zu der Diagnose einer Autoimmunerkrankung führen, ohne dass die hämatologische Diagnose ­ ­gestellt wird. Dies kann zu einer Therapieverzöge­ rung der hämatologischen Neoplasie führen, was die Prognose des Patienten potentiell verschlech­ tern kann. Deshalb ist es essentiell, bei bestimmten klinischen Merkmalen und laborchemischen Kons­ tellationen eine zugrunde liegende hämatologische Erkrankung auszuschließen. Häufige hämatologi­ sche Neoplasien als Ursache für Auto­ immun­ phänomene sind Lymphome (Non-Hodgkin-­ Lymphome, Hodgkin-Lymphome) und myelodys­ plastische sowie myeloproliferative Erkrankungen. Paraneoplastic rheumatological syndromes in association with haematological malignancies ­ present in a complex clinical setting and may mislead to the diagnosis of an autoimmune disor­ der. It is of the utmost importance to discover the underlying haematological malignancy. Other­ wise a delay in diagnosis might impair treatment options and the prognosis of the patient. Poor ­response to therapies used in non-paraneoplastic rheumatic conditions and/or characteristic clini­ cal signs should trigger the rheumatologist to exclude an underlying malignancy. Frequent hae­ matological malignancies as a cause of an autoim­ mune disorder are lymphomas (Non-Hodgkin lymphoma, Hodgkin lymphoma) and myelodys­ plastic or myeloproliferative disorders. Key words ▶ paraneoplastic autoimmune ● disorders ▶ paraneoplastic rheumatolo● gical syndromes ▶ haematological malignan● cies and autoimmunity 2 Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III, Uniklinik Regensburg, Regensburg, Deutschland Asklepios Klinikum, Klinik und Poliklinik für Rheumatologie/Klinische Immunologie, Bad Abbach, Deutschland ▼ Einleitung ▼ Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0042-104112 Akt Rheumatol 2016; 41: 132–136 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0341-051X Korrespondenzadresse Anke Heidewig Hautmann Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III, Uniklinik Regensburg Franz-Josef-Strauß-Allee 11 93053 Regensburg Tel.: + 49/941/9445 510 Fax: + 49/941/9445 543 [email protected] Autoimmunphänomene bei einer zugrunde lie­ genden hämatologischen Erkrankung können zu­ nächst ein Krankheitsbild aus dem rheumati­ schen Formenkreis vortäuschen und so zu einer Verzögerung der hämatologischen Diagnose füh­ ren. Paraneoplastische Syndrome mit Imitation einer Autoimmunerkrankung werden durch Sub­ stanzen wie Hormone, Peptide oder Antikörper, die von der zugrunde liegenden hämatologischen Neoplasie induziert werden, oder durch immu­ nologische Reaktion gegen die Tumorerkrankung ausgelöst. Zudem kann es eine direkte Tumo­r­ invasion in Gelenke oder Gewebe geben, die zu einer rheumatischen Beschwerdesymptomatik führt. Neben kreuzreaktiven tumorspezifischen T-Zellen gegen Autoantigene sind zudem medi­ kamentenassoziierte muskuloskelettale Syndrome beschrieben, welche im Rahmen einer AntiTumor-Therapie entstehen. Die Pathophysiologie dieser Autoimmunphänomene ist komplex und bis dato nicht komplett verstanden. Die Behand­ ▼ lung der zugrunde liegenden hämatologischen Neoplasie steht im Vordergrund und bestimmt die Prognose des klinischen Verlaufes der Grund­ erkrankung. Auch wenn paraneoplastische rheumatologische Syndrome selten sind, sollte man insbesondere bei atypischem Verlauf der rheumatischen Erkrankung und zusätzlich schlechtem Ansprechen auf die Standardthera­ pie an eine maligne Grunderkrankung denken [1, 2]. In diesem Artikel liegt der thematische Schwerpunkt auf zugrunde liegenden hämato­ logischen Neoplasien als Ursache eines para­ neoplastischen Syndroms mit rheumatischen ▶ Tab. 1). Aspekten ( ● Paraneoplastische Gelenkerkrankungen ▼ Paraneoplastische Polyarthritis Tumorerkrankungen und Polyarthritis sind bei­ des häufige ­Erkrankungen in der Allgemeinbe­ völkerung, sodass das gleichzeitige Auftreten bei einem Patienten nicht zwingend einen kausalen Hautmann AH et al. Autoimmunphänomene bei hämatologischen Systemerkrankungen. Akt Rheumatol 2016; 41: 132–136 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Autoimmunity in Haematological Malignancies Übersichtsarbeit 133 Tab. 1 Hämatologische Neoplasien und assoziierte Autoimmunphänomene/- erkrankungen. 1 MDS Lymphom (NHL 2, HodgkinLymphom) MPS 3 Assoziierte Autoimmunerkrankungen paraneoplastische Polyarthritis, RS3PE 4, Polymyalgia rheumatica, MRH 5, Polychondritis paraneoplastische Polyarthritis, RS3PE 4, Amyloid-assoziierte Arthritis bei klonalen Plasmazellerkrankungen (z. B. Multiples Myelom), Palmarfasziitis- und Polyarthritis-Syndrom, MRH 5, Polymyositis, Dermatomyositis, Polychondritis, leukozytoklastische Vaskulitis, Polyarteriitis nodosa bei Haarzellleukämie, Erythromelalgie 1 MDS = myelodysplastisches Syndrom 2 NHL = Non-Hodgkin-Lymphome 3 MPS = Myeloproliferative Syndrome (Polyzythämia vera, essentielle Thrombozythämie, primäre Myelofibrose, chronisch myeloische Leukämie [CML]) 4 RS3PE = remitting seronegative symmetrical synovitis with pitting edema 5 MRH = multizentrische Retikulohistiozytose Zusammenhang bedeutet. Nur wenn ein enger zeitlicher Zusam­ menhang vorliegt und/oder wenn die antineoplastische Thera­ pie zu einer Remission der Gelenkbeschwerden führt, ist ein paraneoplastischer Prozess wahrscheinlich [3]. Eine sich rasch entwickelnde asymmetrische, nicht-erosive Poly­ arthritis mit Beteiligung der großen und typischerweise Ausspa­ rung der kleinen Gelenke begleitet von konstitutionellen Symp­ tomen und erhöhten Entzündungsparametern ist bei älteren Patienten in Assoziation mit einer malignen Grunderkrankung beschrieben [1]. Eine paraneoplastische Polyarthritis kann so­ wohl mit einer soliden Tumorerkrankung als auch mit einer ­hämatologischen Neoplasie assoziiert sein. Ungefähr ein Drittel der beschriebenen Fälle sind mit einer hämatologischen Neopla­ sie assoziiert, während der häufigste solide Tumor ein Adeno­ karzinom der Lunge und der Brust ist [3–5]. Der Rheumafaktor als auch die anti-citrullinierten Protein/Pep­ tid-Antikörper (ACPA) können hierbei sowohl positiv als auch ­negativ sein. Allerdings scheinen sie häufiger nicht nachweisbar zu sein [2, 6–8]. Bei bis zu einem Drittel der Patienten wurde ­jedoch ein positiver Rheumafaktor beobachtet [4]. Typisch für eine paraneoplastische Polyarthritis sind eine Manifestation im höheren Alter und die prädominante Beteiligung der unteren ­Extremitäten. Die Polyarthritis bessert sich mit Ansprechen der malignen Grunderkrankung auf die antineoplastische Therapie [9]. Remitting Seronegative Symmetrical Synovitis with Pitting Edema (RS3PE Syndrom) Das RS3PE Syndrom scheint sehr häufig mit einer malignen Grunderkrankung (sowohl mit einer soliden Tumorerkrankung [am häufigsten Prostatakarzinom] als auch mit hämatologischen Neoplasien) assoziiert zu sein. In der Literatur wird eine Tumor­ assoziationsrate von bis zu 54 % angegeben [10, 11]. Klinisch präsentieren sich die Patienten mit einer plötzlich be­ ginnenden, nicht erosiven Polyarthritis kombiniert mit Ödemen der Hände und Füße. Typischerweise sind ältere Patienten und Männer betroffen, die häufig über sehr ausgeprägte konstitutio­ nelle Symptome klagen. Der Rheumafaktor ist in der Regel nega­ tiv, die Akute-Phase-Proteine sind erhöht. Eine gesteigerte Kon­ zentration von Matrixmetalloproteinase 3 ist in der Literatur beschrieben [12]. Die pathogenetische Bedeutung ist bisher noch unklar, allerdings konnte in der Literatur gezeigt werden, dass sogenannte Matrixmetalloproteinasen sowohl bei der Inva­ sion solider Tumoren, als auch bei der Zerstörung von Gelenken bei Arthritis eine Rolle spielen [3, 13]. Idiopathische Formen des RS3PE Syndroms sprechen in der ­Regel exzellent auf Glukokortikoide an. Dies kann ebenfalls für paraneoplastisch bedingte Fälle zutreffen, obwohl insgesamt ein schlechteres und/oder verzögertes Ansprechen beschrieben ist. Es wird deshalb empfohlen, mit einer niedrigen Dosis von ­ lukokortikoiden (Prednisonäquivalent ≤ 10 mg/die) zu begin­ G nen, um eine idiopathische von einer paraneoplastischen Form zu unterscheiden. Insgesamt kann nur die prompte und anhal­ tende Remission der Symptome nach erfolgreicher Tumorthera­ pie die paraneoplastische Genese beweisen [3]. Polymyalgia Rheumatica Patienten mit einer klassischen Polymyalgia rheumatica (PMR) haben in der Regel kein erhöhtes Tumorrisiko [14]. Eine para­ neoplastische Form der PMR präsentiert sich klinisch häufig atypisch (asymmetrische Beteiligung der Extremitätenmusku­ latur, zusätzlich schmerzhafte Gelenke, Blutsenkungs­ geschwindigkeit < 40 mm/h) und kann mit einem Myelodys­ plastischen Syndrom oder einem soliden Tumor assoziiert sein [15, 16]. Die Erstmanifestation eines multiplen Myeloms kann eine der PMR sehr ähnliche Klinik mit Schmerzen der Extremi­ tätenmuskulatur imitieren. Zudem ist die erhöhte Blutsen­ kungsgeschwindigkeit für beide Krankheitsbilder charakteris­ tisch. Ein klinisch atypischer Verlauf und/oder eine Manifesta­ tion im eher jüngeren Alter sollten den Rheumatologen an ein multiples Myelom denken lassen. Bei Verdacht auf eine PMR sollte im klinischen Routinelabor immer eine Eiweißelektro­ phorese inkludiert sein [17]. Die für eine PMR typischen Symptome klingen in der Regel mit der Therapie der malignen Grunderkrankung ab. Amyloid-Assoziierte Arthritis Bei der Leichtkettenamyloidose (AL-Amyloidose) liegt eine ­klonale Plasmazellerkrankung zugrunde, welche durch Überpro­ duktion von klonalen Immunglobulin-Leichtketten oder –frag­ menten und deren Gewebeablagerungen geprägt ist. Rheumati­ sche Symptome können Ausdruck einer Leichtkettenablagerung in den Gelenken sein. Bei 0,1–6 % der Patienten mit multiplem Myelom kommt es zu einer Amyloid-assoziierten Arthritis. Häu­ fig sind Schulter-, Knie-, Hand-, Metacarpophalangeal- und Inter­phalangealgelenke betroffen. Patienten können subkutane Knötchen, die Rheumaknoten ähnlich sind, entwickeln. Die Kongorotfärbung mit Darstellung der Amyloidablagerungen in Synovialisbiopsien ist diagnostisch wegweisend [1, 18, 19]. Palmarfasziitis und Arthritis Das Palmarfasziitis- und Polyarthritis-Syndrom ist durch pro­ gressive bilaterale digitale Kontrakturen, eine inflammatorische Fasziitis mit Fibrose und eine inflammatorische Polyarthritis gekennzeichnet. Das hervorstechendste Kennzeichen dieses ­ Syndroms ist die inflammatorische Palmar- bzw. Plantarfasziitis, welche zu einer ausgeprägten Flexion und Kontraktur der Finger und/oder Zehen mit nodulärer Verdickung der Faszie führt und die sich ausgeprägter als die Dupuytren’s Kontraktur manifes­ Hautmann AH et al. Autoimmunphänomene bei hämatologischen Systemerkrankungen. Akt Rheumatol 2016; 41: 132–136 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Hämatologische Neoplasie 134 Übersichtsarbeit 1 Multizentrische Retikulohistiozytose Die multizentrische Retikulohistiozytose (MRH) ist eine nicht-Langerhanszell-Histiozytose, welches ein seltenes syste­ misches Krankheitsbild darstellt und durch Knötchen und Pa­ peln der Haut und eine rasch auftretende destruktive bis muti­ lierende Polyarthritis charakterisiert ist. Die MRH ist in bis zu 25 % mit einer malignen Grunderkrankung (z. B. Plattenepithel­ karzinom der Lunge) assoziiert und ist in diesen Fällen relativ resistent auf eine Therapie mit Glukokortikoiden und „Disease Modifying Antirheumatic Drugs“ (DMARDs) [22, 23]. 2 Paraneoplastische Knochenerkrankungen Zu den paraneoplastischen Knochenerkrankungen gehören die ­hypertrophe Osteoarthropathie (HOA) [24], die Tumor-induzierte Osteomalazie (TIO) [25, 26] und die maligne Hyperkalzämie [1, 27]. Alle diese Krankheitsbilder sind in der Regel mit soliden Tumo­ ren assoziiert, weshalb sie in diesem Artikel nicht im Detail be­ ▶ Abb. 1, 2) ist häufig durch ein Bron­ trachtet werden. Die HOA ( ● chialkarzinom, die TIO in der Regel durch benigne mesenchymale Tumoren bedingt. Eine maligne Hyperkalzämie wird in bis zum 80 % durch ein paraneoplastisch sezerniertes Hormon, das soge­ nannte „parathyroid hormone-related peptide“ (PTHrp), ausge­ löst. Ursache der malignen Hyperkalzämie ist sehr häufig ein Bronchialkarzinom. Tumor-Assoziierte Myositis Die Assoziation von Tumorerkrankungen und inflammatori­ schen Myopathien ist v. a. bei der Dermatomyositis und Poly­ myositis in der Literatur beschrieben. Populationsbasierte Studien schätzen die standardisierte Inzidenz-Rate von malignen Grund­ erkrankungen verglichen mit der Allgemeinbevölkerung bei Dermatomyositis auf 3,8 bis 7,7 und 1,7 bis 2,0 bei Polymyositis [28]. In der Regel liegen solide Tumoren wie ein Ovarial-, Bron­ chial-, Pankreas-, Magen- oder Kolorektales Karzinom der ­Autoimmunerkrankung zugrunde. Die Polymyositis ist zudem häufig mit Non-Hodgkin-Lymphomen als auch mit Bronchial▶ Abb. 3, 4). Risiko­ und Urothelkarzinomen vergesellschaftet ( ● faktoren für eine maligne Grunderkrankung bei Auftreten einer inflammatorischen Myositis sind höheres Alter bei Beginn, männliches Geschlecht, Therapieresistenz, schwere kutane Be­ teiligung mit Ulzera und leukozytoklastische Vaskulitis, schwere Muskelschwäche z. B. mit Dysphagie oder respiratorischem Ver­ sagen und niedrige C4 Komplementspiegel [29, 30]. Ein komplett negatives Antikörperprofil (Antikörper gegen Jo-1, PM-Scl, U1RNP, U3-RNP und Ku) ist mit einem positiv prädiktiven Faktor für das Vorliegen einer malignen Grunderkrankung assoziiert [31]. Abb. 1, 2 konventionelle Röntgenaufnahmen bei hypertropher Osteoarthropathie bei Thymuskarzinom: periostale Verdickungen an den Ossi metacarpalia bzw. metatarsalia sowie an den proximalen Phalangen beider Hände und Füße („mit freundlicher Genehmigung von PD Dr. med. Patrick Hoffstetter, Institut für Röntgendiagnostik, Asklepios-Klinikum Bad Abbach“). Literaturdaten legen nahe, dass sowohl Tumore als auch verletzte oder regenerierende Muskulatur Ähnlichkeiten im Antigenprofil haben. Autoantikörper gegen sich entwickelnde Tumore können ebenso mit potentiellen Antigenquellen verletzter oder regene­ rierender Muskulatur kreuzreagieren, was einen kontinuierli­ chen inflammatorischen Prozess unterhält [32]. Ein Screening auf eine maligne Grunderkrankung ist bei Diagnose einer in­ flammatorischen Myositis obligat, wobei kein Konsensus über das genaue klinische Vorgehen besteht. Neben einer genauen Anamnese und körperlichen Untersuchung werden in der Regel ein breites internistisches Routinelabor sowie eine altersadap­ tierte Krebsvorsorge empfohlen [1]. Studiendaten zeigen, dass der Nachweis von Autoantikörpern ge­ gen das N-terminale Fragment des Mi-2ß-Antigens (anti-p155 Antikörper) mit einem erhöhten Risiko für eine maligne Grunder­ krankung assoziiert ist [33]. Zudem scheint der Anti-p155 Anti­ körper bei Dermatomyositis mit einem erhöhten Risiko für Malig­ nität verbunden zu sein, weshalb die Messung–soweit verfügbarbei Patienten mit Dermatomyositis empfohlen wird [31]. Eine retrospektive Studie zeigte ein 5-Jahres-Überleben von Pa­ tienten mit Tumor-assoziierter Myositis von 56 %, während es bei Hautmann AH et al. Autoimmunphänomene bei hämatologischen Systemerkrankungen. Akt Rheumatol 2016; 41: 132–136 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. tiert [3]. In der Literatur ist am häufigsten eine Assoziation mit Ovarial-, Endometrium-, Magen-, Pankreas-, Prostata- und Mammakarzinom beschrieben. Mehr als die Hälfte der Fälle sind durch Adenokarzinome der Brust oder des Ovars verursacht, weshalb Frauen insgesamt 4-mal häufiger betroffen sind als Männer [20]. Selten sind auch hämatologische Neoplasien wie eine chronisch lymphatische Leukämie (CLL) und ein Hodgkin Lymphom als zugrunde liegende Ursache bekannt. Frauen mit einer inflammatorischen Palmarfasziitis oder Palmarfibrose sollten immer eine gynäkologische Krebsvorsorge erhalten [2, 21]. Eine erfolgreiche antineoplastische Therapie kann die Symptome der Palmarfasziitis bessern, während Steroide oder Nicht-Steroidale-Antiphlogistica (NSAIDs) wenig effektiv sind [3]. Häufig liegen schon metastasierte Stadien der Tumoren vor, weshalb die Prognose eingeschränkt sein kann. Übersichtsarbeit 135 anderen Vaskulitisformen wie z. B. Granulomatose mit Polyangi­ itis (früher: Wegener Granulomatose), mikroskopische Polyan­ giitis oder Purpura Schoenlein Henoch sind Raritäten. Fain et al. empfehlen eine Abklärung auf eine zugrunde liegende maligne Grunderkrankung, wenn sich ein chronischer Verlauf der Vaskulitis zeigt, die Therapie nicht mehr effektiv ist und/ oder die Erkrankung klinisch nicht kontrollierbar ist [34]. 3 Bei rezidivierender Polychondritis ist in einer Studie bei 22 von 200 Patienten eine Assoziation mit einem Myelodysplastischen Syndrom beschrieben [37]. Eine Assoziation zwischen rezidivie­ render Polychondritis und einem Lymphom wird ebenfalls in der Literatur angegeben [38]. Erythromelalgie Die Erythromelalgie ist durch rezidivierende Attacken mit bren­ nenden Schmerzen, Wärmegefühl und Erythem der Extremitä­ ten verbunden und kann mit Myeloproliferativen Syndromen wie z. B. Polyzythämia vera und essentieller Thrombozythämie assoziiert sein. Die klinische Symptomatik kann sich bei Hitze­ exposition und körperlicher Anstrengung verschlechtern. Die Behandlung richtet sich nach der Grunderkrankung und kann symptomorientiert durch Analgetika ergänzt werden [2, 39]. Rheumatische Komplikationen Nach Chemo- Oder Antikörpertherapie 4 ▼ Abb. 3, 4 MRT Bilder (nativ, STIR-Sequenz) der Oberschenkelmuskulatur bds. mit Anreicherung der Faszien und v. a. der ventralen Oberschenkelmuskulatur als Zeichen einer Polymyositis („mit freundlicher Genehmigung von PD Dr. med. Patrick Hoffstetter, Institut für Röntgendiagnostik, Asklepios-Klinikum Bad Abbach“). idiopathischen Formen bei 92 % lag [21]. Patienten mit einer ­Tumor-assoziierten Myositis zeigten nach erfolgreicher Resek­tion, Radio- und/oder Chemotherapie der zugrunde liegenden Neoplasie in 53 % eine Remission ihrer rheumatischen Beschwerden. Paraneoplastische Vaskulitis Die Assoziation zwischen Vaskulitis und maligner Grunderkran­ kung ist insgesamt als selten beschrieben. Man geht davon aus, dass ca. 2–5 % der Vaskulitiden paraneoplastisch bedingt sind [34, 35]. Hämatologische Neoplasien scheinen bei bis zu 50–63 % für die paraneoplastische Vaskulitis verantwortlich zu sein. Die leukozytoklastische Vaskulitis war in den beiden oben genann­ ten Studien [34, 35] die häufigste Form. Hasler et al. zeigten als einzige spezifische Assoziation zwischen Vaskulitis und malig­ ner Grunderkrankung die Kombination von Polyarteriitis nodosa mit der Haarzellleukämie [36]. Paraneoplastische Formen der Nach einer Chemotherapie können rheumatische Symptome mit Arthralgien, Myalgien und Morgensteifigkeit bis zu einem Jahr nach Ende der Therapie auftreten. Autoantikörper und der Rheumafaktor sind in der Regel negativ. Eine radiologische ­Abklärung zeigt in der Regel keine Erosionen. Auslösende Che­ motherapeutika können Cyclophosphamid, 5-Fluorouracil, Me­ thotrexat, Tamoxifen und Cisplatin sein. Diese Medikamente werden sowohl bei soliden Tumoren (z. B. Mammakarzinom) als auch in der Therapie von Non-Hodgkin-Lymphomen eingesetzt. Die Symptome sind in der Regel selbstlimitierend [40]. Ein Raynaud-Syndrom kann nach einer Chemotherapie mit Bleo­ mycin, Vinblastin, Vincristin und Cisplatin auftreten und ist Zei­ chen einer direkten Gefäßschädigung mit daraus folgender en­ dothelialer Dysfunktion. Oben genannte Chemotherapeutika finden u. a. häufig beim Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphom Anwendung [2, 41]. Der Einsatz von Zytokinen wie Interferon-alpha oder Inter­ferongamma kann zu einem Lupus-ähnlichen Autoimmunsyndrom führen [42]. Auch Wachstumsfaktoren wie granulocyte-colony stimulating factor (G-CSF) können zu einer akuten symmetrischen Arthritis führen. Die Symptome treten in der Regel Stunden bis Tage nach Einsatz des Wachstumsfaktors auf [43]. Zusammenfassung ▼ Bestimmten rheumatischen Syndromen können maligne Grund­ erkrankungen zugrunde liegen, die der behandelnde Kliniker rechtzeitig erkennen muss, um eine Prognoseverschlechterung zu vermeiden. Hautmann AH et al. Autoimmunphänomene bei hämatologischen Systemerkrankungen. Akt Rheumatol 2016; 41: 132–136 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Andere Paraneoplastische Rheumatische Syndrome Polychondritis Bei folgenden Konstellationen oder Symptomen wird eine ­Abklärung auf eine maligne Grunderkrankung empfohlen [2]: ▶ positive Familienanamnese für Tumorerkrankung ▶ Exposition mit krebsauslösenden Stoffen oder ­Medikamenten ▶ schwerer Verlauf und atypische klinische Präsentation des rheumatischen Krankheitsbildes ▶ asymmetrische und rascher Beginn einer Arthritis beim älteren Patienten ▶ ausgeprägte konstitutionelle Symptome in Begleitung mit einer Arthritis ▶ Therapieversagen der konventionellen empfohlenen antirheumatischen Therapie ▶ paraneoplastische Syndrome Es besteht bis dato kein Konsensus darüber, welche Patienten mit welcher Vorgehensweise ein Tumorscreening erhalten ­sollen. Oben genannte Merkmale sollten den klinisch tätigen Arzt zu einer Tumorsuche in Abhängigkeit von Symptomen, ­Alter und Geschlecht des Patienten veranlassen. Die Therapie orientiert sich an der malignen Grunderkrankung. Bei Therapie­ ansprechen kommt es in der Regel zu einer Besserung oder sogar einem Verschwinden der rheumatischen Symptomatik. Interessenkonflikt: Nein Literatur 1 Azar L, Khasnis A. Paraneoplastic rheumatologic syndromes. Curr Opin Rheumatol 2013; 25: 44–49 2 Alias A, Rodriguez EJ, Bateman HE et al. Rheumatology and oncology: an updated review of rheumatic manifestations of malignancy and anti-neoplastictherapy. Bull NYU Hosp Jt Dis 2012; 70: 109–114 3 Manger B, Schett G. Paraneoplastic syndromes in rheumatology. Nat Rev Rheumatol 2014; 10: 662–670 4 Morel J, Deschamps V, Toussirot E et al. Characteristics and survival of 26 patients with paraneoplastic arthritis. Ann Rheum Dis 2008; 67: 244–247 5 Kisacik B, Onat AM, Kasifoglu T et al. 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