Diplomarbeit Risikofaktoren der diabetischen Retinopathie eingereicht von Daniela Grassl Geburtsdatum: 20.08.1988 zur Erlangung des akademischen Grades Doktorin der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.) an der Medizinischen Universität Graz ausgeführt an der Universitäts-Augenklinik Graz unter der Anleitung von Univ.-Prof. Mag. Dr. phil. Otto Schmut und Dr.med.univ. Dieter Rabensteiner Graz, 24.5.2013 Unterschrift Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Graz, am ………………. Unterschrift……………………………… II Vorwort Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit werden in der vorliegenden Arbeit weibliche Formen nicht explizit angeführt. An dieser Stelle wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich alle personenbezogenen Formulierungen grundsätzlich gleichermaßen auf Frauen und Männer beziehen. III Danksagungen An dieser Stelle möchte ich all jenen Menschen danken, die mich bei der Erstellung meiner Diplomarbeit unterstützt haben. Danke zuerst einmal an meine Betreuer Univ.-Prof. Mag. Dr.phil. Otto Schmut und Dr.med.univ. Dieter Rabensteiner, die mir mit Rat und Tat zur Seite standen, mich nie unter Druck setzten und gleichzeitig stets motivierten weiterzuarbeiten. Weiters möchte ich mich bei Herrn Bauer vom Fotolabor bedanken, der mir freundlicherweise die Fundusfotographien dieser Arbeit zur Verfügung stellte. Auch einen Dank an Priv. Doz. Dr. Gasser-Steiner, die ich einen Vormittag in der Diabetesambulanz begleiten durfte, um die diabtische Retinopathie im klinischen Alltag beobachten zu können. Besonderen Dank bin ich meiner Familie verpflichtet. Meinen Eltern, denen ich alles verdanke und die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin. Sie ermöglichten mir dieses Studium und unterstützen mich bei allem was ich mir in den Kopf setzte. Meinen Schwestern Martina und Anita, die mir immer meine größten Vorbilder waren und mir oft zeigten, auf was es im Leben ankommt. Außerdem Danke an meinen Freund Christoph, der mir viel Geduld entgegenbrachte und mir vor allem bei manchen technischen Problemchen, mit denen ich bei der Erstellung dieser Diplomarbeit konfrontiert war, unter die Arme griff. Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Freunden in Graz, Wien und Kärnten, ohne die ich dieses Studium nicht so positiv in Erinnerung behalten würde und die mir in manch schwierigen Zeiten eine große Stütze waren. IV Zusammenfassung In den vergangenen 30 Jahren wurde viel zum Thema Diabetes mellitus und seinen Auswirkungen geforscht und infolgedessen zum besseren Verständnis der Ätiologie, Pathogenese und Therapie dieser Krankheit beigetragen. Trotzdem bleibt dieses Thema noch immer aktuell. Denn die Prävalenz des Diabetes mellitus steigt kontinuierlich an, insbesondere in aufstrebenden asiatischen Ländern wie China oder Indien. 35% der Diabetiker leiden an einer Form der diabetischen Retinopathie. Das bedeutet, schätzungsweise 93 Millionen Menschen sind weltweit von der diabetischen Retinopathie betroffen, 28 Millionen von der augenlichtbedrohenden Variante, der proliferativen Retinopathie. In den Industriestaaten belegt diese Erkrankung den ersten Platz in der Liste für Erblindungsursachen bei Menschen im arbeitsfähigen Alter. Trotz intensiver Forschung liegt noch immer Vieles im Dunklen. Für Patienten, Angehörige und Mediziner wäre es von enormer Wichtigkeit, vorhersagen zu können, wann welche Spätkomplikationen des Diabetes mellitus, wie zum Beispiel die diabetische Retinopathie, auftreten. Denn für die diabetische Retinopathie gibt es zwar keine Heilung, aber die frühzeitige Identifikation von Risikopatienten und eine rechtzeitig eingeleitete Therapie können die Progression verhindern. Die visuelle Leistung kann somit länger und besser erhalten werden. Zudem ist die Anwesenheit einer diabetischen Retinopathie mit der Entstehung systemischer vaskulärer Erkrankungen vergesellschaftet, die potentiell tödlich verlaufen können. Sogar die mildeste Form der diabetischen Retinopathie wurde mit einem doppelten bis dreifachen Risiko für Schlaganfall, koronare Herzerkrankung und Herzinsuffizienz in Zusammenhang gebracht. Und das unabhängig von weiteren Risikofaktoren. Doch welcher Patient erkrankt an einer diabetischen Retinopathie? Wie viel Zeit bleibt dem Diabetes-Patienten noch bis zur Entstehung einer diabetischen Retinopathie? Wie schnell schreitet sie voran? In dieser Diplomarbeit sollen bisher bekannte und auch neu entdeckte Risikofaktoren der diabetischen Retinopathie aufgezeigt und verglichen werden. Ziel ist es, nicht nur einen Überblick über die Erkrankung zu verschaffen, sondern V auch klinisch relevante Faktoren zu ermitteln, die einer Überwachung bedürfen oder therapeutisch beeinflusst werden können, um Prävalenz und Schweregrad der diabetischen Retinopathie zu verringern. Dafür wurde eine intensive Literaturrecherche durchgeführt, die sich auf Publikationen und wissenschaftlichen Arbeiten der vergangenen 20 Jahre bis März 2013 stützt und mit Bildern der Universitäts-Augenklinik Graz ergänzt wird. VI Abstract Research in the field of diabetes mellitus and its effects has shown considerable progress in the last 30 years, which resulted in a much-improved understanding of its etiology, pathogenesis and therapy. The topic remains nevertheless of vital importance. Prevalence of diabetes mellitus is continuously increasing particularly in Asian countries such as China and India. 35% of diabetics suffer from some kind of diabetic retinopathy. This corresponds to around 93 million persons worldwide, 28 million of which suffer from the blinding type, the proliferative retinopahty. The illness is the number one cause for blindness of working-age individuals in industrial countries. Despite the progress made in recent history, many aspects of the illness are still unknown. The predictability of late diabetic syndroms such as diabetic retionpathy would constitute an essential improvement for patients, relatives and doctors. Although there is no cure for diabetic retinopathy at present time, timely identification of risk patients and an early therapy can prevent the progression of the illness. This way vision can be longer and better maintained. The occurrence of diabetic retinopathy is often connected with the development of potentially lethal systemic vascular diseases. Even the mildest form of diabetic retinopathy – apart from other risk factors – is associated with a double or triple risk for stroke, coronary heart disease or cardiac insufficiency. The following questions remain: who is at risk to suffer from diabetic retinopathy? How much time is left before a diabetic comes down with diabetic retinopathy? How can the progress be slowed down? The current thesis will identify and compare known with newly discovered risk factors for diabetic retinopathy. The goal is to provide an overview of the illness and to determine clinically relevant factors that require monitoring or that may therapeutically be influenced in order to reduce the prevalence and degree of diabetic retinopathy. An intensive literature research that concentrated on publications and scientific work of the last twenty years up to March 2013 has VII been conducted. The research is supported by fugures from the Ophthalmology Department of the Medical University of Graz. VIII Inhaltsverzeichnis TABELLENVERZEICHNIS .................................................................................................. 1 ABBILDUNGSVERZEICHNIS ............................................................................................. 2 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ............................................................................................ 3 DIABETES MELLITUS ....................................................................................................... 5 1.1 DEFINITION UND EPIDEMIOLOGIE .................................................................................... 5 1.2 KLASSIFIKATION ........................................................................................................... 6 1.2.1 Typ 1 Diabetes ..................................................................................................... 6 1.2.2 Typ 2 Diabetes ..................................................................................................... 7 1.2.3 Sonderformen ...................................................................................................... 8 1.2.4 Gestationsdiabetes .............................................................................................. 9 1.3 DIAGNOSTIK .............................................................................................................. 10 1.4 THERAPIE.................................................................................................................. 11 1.4.1 Therapie des Diabetes mellitus Typ 1 ................................................................ 12 1.4.2 Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 ................................................................ 18 1.5 AKUTKOMPLIKATIONEN ............................................................................................... 25 1.5.1 Coma diabeticum .............................................................................................. 25 1.5.2 Hypoglykämie .................................................................................................... 26 1.6 SPÄTKOMPLIKATIONEN ................................................................................................ 27 1.6.1 Diabetische Makroangiopathie ......................................................................... 27 1.6.2 Diabetische Mikroangiopathie .......................................................................... 27 1.6.3 Diabetische Neuropathie ................................................................................... 28 1.6.4 Diabetische Retinopathie .................................................................................. 28 2 DIABETISCHE RETINOPATHIE ................................................................................. 29 2.1 EPIDEMIOLOGIE ......................................................................................................... 29 2.2 ÄTIOLOGIE UND PATHOGENESE ..................................................................................... 30 2.3 KLASSIFIKATION ......................................................................................................... 34 IX 2.4 3 THERAPIE.................................................................................................................. 36 RISIKOFAKTOREN DER DIABETISCHEN RETINOPATHIE ........................................... 42 3.1 GLYKÄMISCHE KONTROLLE UND HBA1C ......................................................................... 42 3.2 DAUER DER DIABETESERKRANKUNG ............................................................................... 44 3.3 ALTER ...................................................................................................................... 46 3.4 GESCHLECHT ............................................................................................................. 48 3.5 HYPERTENSION .......................................................................................................... 50 3.6 DYSLIPIDÄMIE............................................................................................................ 52 3.7 ZIGARETTENKONSUM .................................................................................................. 57 3.8 NEPHROPATHIE.......................................................................................................... 59 3.9 GENETIK ................................................................................................................... 61 3.10 INSULINTHERAPIE ....................................................................................................... 66 3.11 DURCHMESSER RETINALER GEFÄßE ................................................................................ 67 3.12 SCHLÄNGELUNG RETINALER GEFÄßE ............................................................................... 69 3.13 ÜBERGEWICHT........................................................................................................... 71 3.14 SCHWANGERSCHAFT ................................................................................................... 74 3.15 ANÄMIE ................................................................................................................... 76 3.16 C-PEPTID.................................................................................................................. 78 4 SCHLUSSFOLGERUNG ............................................................................................ 81 5 LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................................ 85 X Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Diabetes-Einteilung nach Blutzuckerspiegel (modifiziert nach (3)) ......... 5 Tabelle 2: Gegenüberstellung Typ 1 und Typ 2 Diabetes (modifiziert nach (1,5))... 8 Tabelle 3: HbA1c Zielwerte bei Diabetes mellitus Typ 2 (modifiziert nach (10)).... 12 Tabelle 4: Auswahl an Insulinpräparaten (5,9) ..................................................... 14 Tabelle 5: Blutzuckerzielwerte bei Diabetes Typ 1 (9) .......................................... 16 Tabelle 6: Wirkmechanismus der aktuell verwendeten oralen Antidiabetika (1) ... 19 Tabelle 7: Klassifikation der diabetischen Retinopathie (modifiziert nach (38)) .... 35 1 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Phyisologischer Augenhintergrund (45) ........................................... 30 Abbildung 2: Diabetische Makulopathie und nichtproliferative Retinopathie (Archiv der Universitäts-Augenklinik Graz) ................................................................ 31 Abbildung 3: NVDs (Archiv der Universitäts-Augenklinik Graz) ............................ 32 Abbildung 4: Neovaskularisationen und hyaline Membran (Archiv der UniversitätsAugenklinik Graz) .......................................................................................... 33 Abbildung 5: Lasertherapie eines diabetischen Makulaödems (Archiv der Universitäts-Augenklinik Graz) ...................................................................... 38 Abbildung 6: Über dem oberen Gefäßbogen panretinale Laserkoagulate zur Therapie einer proliferativen diabetischen Retinopathie (Archiv der Universitäts-Augenklinik Graz) ...................................................................... 40 2 Abkürzungsverzeichnis AGE Advanced Glycation Endproduct ALR Aldosereduktase ATP Adenosintriphosphat BMI Body Mass Index C-Peptid Connecting-Peptide CSII Continuous Subcutaneous Insulin Infusion CSME Clinically Significant Macular Edema DCCT Diabetes Control and Complication Trial DIRECT Diabetes Research on Patient Stratification DM Diabetes mellitus DPP-4 Dipeptidylpeptidase 4 DR Diabetische Retinopathie EDTRS Early Treatment Diabetic Retinopathy Study Engl. Englisch GDM Gestationsdiabetes GIP Glukoseabhängiges insulinotropes Peptid GLP-1 Glucagon Like Peptide 1 GLUT 1 Glukosetransporter 1 GWAS genomweite Assoziationsstudie h Stunde Hb Hämoglobin HbA1c Hämoglobin A1c HMG-CoA-Reduktase 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-AReduktase IE internationale Einheit IRMA intraretinale mikrovaskuläre Anomalien KE Kohlenhydrateinheit 3 KHK koronare Herzkrankheit Min Minute NOS Stickstoffmonoxid-Synthase NPDR nichtproliferative diabetische Retinopathie NPH neutrales Protamin Hagedorn OAD orales Antidiabetikum OCT optische Kohärenztomographie oGTT oraler Glukosetoleranztest PAI-1 Plasminogenaktivatorinhibitor Typ 1 PDR proliferative Diabetische Retinopathie PPAR-γ Peroxisome Proliferator-Activate Receptor Gamma RAGE Receptor for Advanced Glycation Endproducts SN-DREAMS Sankara Nethralaya Diabetic Retinopathy Epidemiology and Molecular Genetics Study SNP Single Nucleotide Polymorphism VEGF Vascular Endothelial Growth Factor WESDR Wisconsin Epidemiological Study of Diabetic Retinopathy 4 Diabetes mellitus 1.1 Definition und Epidemiologie Der Diabetes mellitus ist definiert als eine chronische Stoffwechselerkrankung, die auf einem absoluten oder relativen Insulinmangel beruht. Folge davon ist eine chronische Hyperglykämie, die nach längerer Krankheitsdauer zu Schäden an Blutgefäßen und Nerven führen kann (1). Die Prävalenz des Diabetes mellitus liegt in Österreich bei circa 6%, wobei es im Westen etwas weniger Betroffene als im Osten gibt. In den vergangenen 25 Jahren stieg die Häufigkeit der Erkrankung um 2 – 3,5% an (2). Tabelle 1 erläutert die Blutzuckergrenzwerte für eine Einteilung in normal bis pathologisch. Normal Plasmaglucose nüchtern 2 Stunden nach 75g Glucose oral Gestörte Glucosetoleranz Diabetes mellitus <110mg/dl 110-126mg/dl >126mg/dl <140mg/dl 140-200mg/dl ≥200mg/dl Tabelle 1: Diabetes-Einteilung nach Blutzuckerspiegel (modifiziert nach (3)) Die Zunahme der Plasmaglukosekonzentration führt zur vermehrten Ausscheidung von Glukose durch den Harn. Die Entdeckung dieser Tatsache war die Grundlage für die Entstehung des Namens Diabetes mellitus (griechisch: honigsüßer Durchfluss) (4). 5 1.2 Klassifikation Insgesamt wird der Diabetes in vier verschiedene Gruppen unterteilt, die sich in Ursache und Klinik unterscheiden: 1.2.1 Typ 1 Diabetes Bei Typ 1 Diabetes werden durch immunologische Vorgänge im Körper des Patienten, die für die Insulinproduktion verantwortlichen Beta-Zellen des Pankreas zerstört. Dies führt konsekutiv zu einem absoluten Insulinmangel. Sobald die Funktion von über 80% der Beta-Zellen aufgehoben ist, kommt es zu einem Anstieg des Blutzuckers (1). Bezüglich der Ätiologie gilt ein Zusammenhang mit genetischen Faktoren als erwiesen. Bei circa 20% der Typ 1 Diabetiker besteht eine positive Familienanamnese und >90% weisen bestimmte HLA-Antigene auf. Weiters wird über eine Virusinfektion oder Rinderalbumin, welches in Kuhmilch enthalten ist, als Ursache für einen Typ 1 Diabetes diskutiert (5). Eine Sonderform stellt der so genannte LADA (latent autoimmune diabetes in adults) dar, mit langsamerem Verlust der Inselzellen und relativ später Manifestation im Erwachsenenalter (25. - 40. Lebensjahr). In Europa sehr selten kommt der idiopathische Diabetes vor, bei dem keine immunologische Ursache gefunden werden kann (1,4). Klinisch manifestiert sich der Typ 1 Diabetes vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Typische Symptome, die auf die Diagnose hinweisen können, sind Polydipsie, Polyurie, Muskel- und Leistungsschwäche und Abnahme von Körpergewicht. Schlimmstenfalls kann es zur vital bedrohlichen Komplikation der Ketoazidose kommen. Durch den Insulinmangel wird vermehrt Fett abgebaut und in das Blut abgegeben, welches in der Leber zum Teil zu Säuren umgewandelt wird. Der weitere Abbau zu Ketonkörpern führt dann zur Ketoazidose und ohne Therapie in weiterer Folge zum Coma diabeticum. Azeton wird über den Harn und die Lungen ausgeschieden und führt zur charakteristischen Kussmaul’schen Atmung und Mundgeruch nach Aceton (4). 6 1.2.2 Typ 2 Diabetes Ursächlich wirken zwei Störungen gemeinsam auf die Entstehung eines Diabetes mellitus Typ 2 ein: eine gestörte Sekretion des Insulin aus den Beta-Zellen des Pankreas und eine herabgesetzte Insulinwirkung an den Zielgeweben (Insulinresistenz). Welches davon der primäre und welcher der sekundäre Effekt ist, scheint bis heute unklar (5). Am häufigsten entsteht Diabetes Typ 2 bei älteren Patienten und auf Grundlage eines metabolischen Syndroms. Viele der Patienten leiden an Adipositas, was Folge einer genetischen Disposition, erhöhter Nahrungszufuhr oder mangelnder Bewegung sein kann. Nicht selten eine Kombination aller drei Möglichkeiten. Durch das Missverhältnis an Substrataufnahme und –abbau steigt die Konzentration der Fettsäuren im Blut an. Dadurch nimmt wiederum die Glukoseverwertung in Muskel- und Fettgewebe ab. Die Konsequenz davon ist die Reduktion der Empfindlichkeit der Zellen auf Insulin. Das zwingt den Körper dazu, das Signal für gesteigerte Insulinproduktion zu geben. Die Hyperinsulinämie führt zu verminderter Sensibilität und Dichte der Insulinrezeptoren (Down-Regulation) und gesteigertem Hungergefühl, welches wiederum der Adipositas zuträglich ist. So entsteht ein Circulus vitiosus (1,4). Durch die Adipositas alleine kann die Entstehung eines Typ 2 Diabetes allerdings nicht erklärt werden. Noch mehr als bei Diabetes mellitus Typ 1 scheinen genetische Faktoren eine Rolle zu spielen, ohne dass bisher spezifische Marker entdeckt wurden (5). Bekannt sind allerdings diverse Faktoren, die die Entstehung eines Diabetes mellitus Typ 2 beeinflussen können. Dazu gehören: Schwangerschaft, Erkrankungen der Leber, Endokrinopathien (Morbus Cushing, Phäochromozytom und andere), Stress und Medikamente (3). Klinisch imponieren Typ 2- anders als Typ 1 Diabetiker. Sie sind meist übergewichtig und bereits fortgeschritteneren Lebensalters. Die Krankheit manifestiert sich meist schleichend und Patienten bleiben lange symptomfrei. Nur selten können charakteristische Krankheitszeichen wie Polydipsie, Polyurie oder Gewichtsabnahme beobachtet werden. Häufig stellt der Hausarzt bei 7 Routinekontrollen, Patienten die bisher von ihrer Krankheit nichts wussten, die Diagnose. Akute Stoffwechselentgleisungen treten selten auf, dafür sehr wohl Langzeitschäden, wie sie auch beim Typ 1 Diabetiker bekannt sind. Zusätzlich steigt häufig das kardiovaskuläre Risiko, bedingt durch arteriellen Hypertonus und Dyslipidämie (5,6). Typ 1-Diabetes Typ 2-Diabetes Insulinmangel Insulinresistenz Beginn Oft rasch Meist schleichend Manifestationsalter 12.–24. Lebensjahr >40. Lebensjahr Körperbau Asthenisch Pyknisch bis adipös Häufig Polyurie, Polydipsie, Häufig keine oder nur Gewichtsverlust, Müdigkeit geringe Symptome Ketoseneigung Stark Gering Stoffwechsellage Labil Stabil Niedrig bis fehlend Zu Beginn erhöht Pathogenese Symptome Insulinsekretion / C-Peptid Autoantikörper (IAA, In etwa 90–95% bei GADA, IA-2A) Manifestation Ansprechen auf Sulfonylharnstoffe Insulintherapie Fehlend Unbedingt erforderlich Fehlend Gut Nur bei Erschöpfung der endogenen Sekretion Tabelle 2: Gegenüberstellung Typ 1 und Typ 2 Diabetes (modifiziert nach (1,5)) 1.2.3 Sonderformen Ätiologisch betrachtet ist dies die heterogenste Gruppe der Diabetes Formen. Folgende Ursachen werden hier zusammengefasst: - Erkrankungen des exokrinen Pankreas (z.B.: Pankreatitis, Traumen, Tumore, Hämochromatose, zystische Fibrose) 8 - Erkrankungen endokriner Organe (z.B.: Morbus Cushing, Akromegalie) - Medikamentös-chemische Ursachen (z.B.: Glucocorticoide, Neuroleptika, Schilddrüsenhormone und andere) - Genetische Defekte der Insulinsekretion: In diese Gruppe fällt der so genannte MODY Diabetes (Maturity-onset Diabetes of the Young), mit einer gestörten Beta-Zellfunktion ohne Auto-Antikörper Nachweis und ohne Übergewicht. Er manifestiert sich bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 25 Jahren. Bisher konnten sechs MODY-assoziierte Gene lokalisiert werden, die zur Einteilung in sechs verschieden Typen führten. Sie unterscheiden sich in Klinik und Therapie. - Genetische Defekte der Insulinwirkung (z.B.: Lipoatropher Diabetes) - Genetische Syndrome die mit Diabetes vergesellschaftet sein können (z.B.: Down-, Klinefelter- und Turner-Syndrom) - Infektionen (z.B.: kongenitale Rötelninfektion, CMV-Infektion) - Seltene immunologisch bedingte Formen (z.B.: „Stiff-man“-Syndrom, AntiInsulin-Rezeptor-Antikörper) (1,3,7) 1.2.4 Gestationsdiabetes Als Gestationsdiabetes wird jede Form der abnormalen Glukosetoleranz bezeichnet, die während der Schwangerschaft zum ersten Mal diagnostiziert wird. Sie tritt bei circa 2-5 % aller Schwangerschaften auf und ist, so wie bei bereits vor der Schwangerschaft bekanntem Diabetes, mit einer erhöhten Morbidität für Mutter und Kind assoziiert. Das bedeutet für die Mutter ein gesteigertes Risiko für Sectio cesarea, Frühgeburtlichkeit, EPH-Gestose und Harnwegsinfekte. Beim Kind werden gehäuft Hypoglykämie, Hyperbilirubinämie, Polyglobulie, Atemstörungen, Makrosomie und Schulterdystokie beobachtet (5). Bezüglich der Pathogenese ähnelt der GDM einem Diabetes mellitus Typ 2, mit Insulinresistenz, relativem Insulinmangel und daraus resultierender Hyperinsulinämie. Doch bei etwa 10% der Fälle kommt es zur Entwicklung eines Typ 1 Diabetes. Die Insulintherapie während und nach der Schwangerschaft ist 9 dann obligat. Zur Differenzierung der Diabetesarten empfiehlt es sich, die Antikörper zu bestimmten (siehe unten) (5). Obwohl sich bei den meisten Schwangeren der Kohlenhydratstoffwechsel nach der Entbindung wieder normalisiert, bleibt ein Risiko für die Entwicklung eines erneuten GDM bei späterer Schwangerschaft (50%) und einer permanenten Manifestation (40% pro zehn Jahre) erhalten (1). Ein Screening auf GDM sollte bei allen Schwangeren in der 24.-28. Schwangerschaftswoche mittels oralem Glukosetoleranztest durchgeführt werden. Sollten das Risiko für die Entwicklung eines GDM erhöht sein oder diabetesspezifische Symptome auftreten, wird empfohlen, schon im Verlauf des ersten Trimenons bzw. sofort zu testen. Als positiv wird der Test gewertet, wenn mindestens einer der folgenden Werte erhöht ist: Nüchternblutglukose ≥90 mg/dl, nach einer Stunde ≥180 mg/dl und nach zwei Stunden ≥155 mg/dl. Sollte bereits der Nüchternblutzucker ≥126 mg/dl oder der HbA1c-Wert >6,5% betragen, kann auf die Durchführung eines oGTT verzichtet werden (8). 1.3 Diagnostik In die Diagnosestellung eines Diabetes mellitus werden Anamnese (familiäre Häufung, Komplikationen während der Schwangerschaft), charakteristische klinische Befunde (siehe oben) und Labordiagnostik mit eingebunden. Es wird empfohlen, auf eine genaue körperliche Untersuchung zu achten, um diabetogen wirkende Erkrankungen und unter Umständen bereits entstandene Folgeschäden erkennen zu können (3). Da die Hyperglykämie ein Charakteristikum des Diabetes darstellt, bildet die Blutzuckerkontrolle die Basis für die Diagnose. Es wird empfohlen, mindestens zwei Bestimmungen durchzuführen, um die Diagnose wirklich zu sichern. Bei widersprüchlichen Ergebnissen ist ein oGTT indiziert. Die Richtwerte zur Feststellung eines Diabetes sind in Tabelle 1 dargestellt (7). Glucose kann auch im Harn gemessen werden. Diese Bestimmung ist allerdings nur als Screening-Test etabliert. Grund dafür ist, dass bei einer fehlenden Glukosurie nicht unbedingt auf normalen Blutzuckerwert geschlossen werden 10 kann. Bei diabetischer Nephropathie oder bei älteren Patienten liegt die Nierenschwelle für Glucose sehr viel höher als die üblichen 150-180 mg/dl. Auch Ketonkörper können bei ausgeprägter Hyperglykämie und Verdacht auf Ketoazidose im Urin nachgewiesen werden (5). Um die endogene Insulinproduktion bestimmen zu können, kann man sich der Messung des C-Peptids bedienen. Es wird äquimolar mit Insulin aus den BetaZellen des Pankreas sezerniert (3). Bei Verdacht auf Diabetes mellitus Typ 1 ist es möglich, durch Bestimmung folgender Autoantikörper die Diagnose zu sichern: - zytoplasmatische Inselzellantikörper (ICA) - Antikörper gegen Glutamatdecarboxylase (GADA) - Insulinautoantikörper (IAA) - Antikörper gegen Tyrosinphosphatase 2 (Anti-IA-2-AK) Am häufigsten werden GADA und Anti-IA-2-AK bestimmt, da sie größere diagnostische Bedeutung haben und ihre Bestimmung weniger aufwendig ist. Sollten bei einem gesunden Menschen beide Werte positiv sein, besteht für ihn ein 20 prozentiges Risiko in den nächsten fünf Jahren an Typ 1 Diabetes zu erkranken (1). 1.4 Therapie Die Therapie aller Unterarten des Diabetes verfolgt drei gemeinsame Ziele: Die Prävention schwerer Komplikationen wie diabetisches Koma oder Hypoglykämien, die Erhaltung einer hohen Lebensqualität und die Prävention von Spätkomplikationen (siehe Kapitel 1.6) durch eine möglichst normoglykämische Stoffwechseleinstellung (5). Beurteilt wird der Erfolg der Blutzuckerinterventionen mit Hilfe des HbA1c Wertes. Dieser sollte seit 2010 nicht mehr in Prozent sondern in mmol/mol angegeben werden. Die Umrechnungsformel lautet wie folgt: HbA1c (mmol/mol) = (%HbA1c – 2,15) / 0,0915 (7). Für Typ 1 Diabetiker ist die Senkung des HbA1c in den Bereich der nichtdiabetischen Norm das Ziel (<6 % = 42mmol/mol) (9). Bei Typ 2 Diabetikern sollte 11 eine intensive glykämische Kontrolle der Diabetesdauer und Komorbiditäten gegenübergestellt werden. Während für jüngere Patienten niedrigere HbA1c Werte angestrebt werden, sollte bei älteren Patienten auch das Risiko einer Hypoglykämie in Betracht gezogen werden. Bei ihnen kann das Ziel weniger niedrig angesetzt werden (siehe Tabelle 3) (10). Alter Komplikationen oder < 40 40-70 >70 - + - + - + HbA1c Zielwerte (% / <6 / <6,5 <6,5 / 6,5-7 / <7 / 7-8 / mmol/mol) <42 / <48 <48 48-53 53 53-64 Diabetesdauer Tabelle 3: HbA1c Zielwerte bei Diabetes mellitus Typ 2 (modifiziert nach (10)) Die Art der Therapie variiert je nach Typ des Diabetes. 1.4.1 Therapie des Diabetes mellitus Typ 1 Die Therapie des Typ 1 Diabetes beinhaltet vier Komponenten: die Therapie mit Insulin, Ernährung, Schulung des Patienten und psychosoziale Betreuung. Grundlage ist jedoch das Insulin, das für Typ 1 Diabetiker lebenslang und regelmäßig substituiert werden muss (11). Wenn Insulin in den Kreislauf ausgeschüttet wird, fördert es die Zufuhr von Glukose, Aminosäuren und Kalium in die Zellen, kurbelt den anabolen Stoffwechsel an (Aufbau von Glykogen, Fett und Proteinen) und drosselt katabole Vorgänge (Spaltung von Glykogen, Fett und Proteinen) (5). Um diese Prozesse im Körper aufrecht zu erhalten, sollte die therapeutische Insulinzufuhr der physiologischen Ausschüttung von Insulin so nahe als möglich kommen. Dafür ist es wichtig, über ein paar wesentliche Vorgänge im Körper eines gesunden Menschen Bescheid zu wissen: - Insulin wird von den Beta-Zellen des Pankreas kontinuierlich zur Aufrechterhaltung des basalen Stoffwechsels produziert (Basalsekretion). 12 - Zusätzlich erfolgt die prandiale Sekretion, die proportional der zugeführten Kohlenhydratmenge pro Mahlzeit ist. - Der Tagesbedarf eines durchschnittlichen Menschen beläuft sich auf 40 IE Insulin (adipöse mehr). - 50% davon werden für die Aufrechterhaltung des basalen Stoffwechsels benötigt, 50% entfallen auf die notwendige prandiale Dosis. - Weiters ist es essentiell zu wissen, dass 1 IE Insulin den Blutzucker um 3040 mg/dl senkt. - Um den prandialen Insulinbedarf leichter berechnen zu können, wurde der Begriff Kohlenhydrateinheit (KE) eingeführt. Demnach entspricht 1 KE in etwa 10g Kohlenhydraten, die den Blutzucker wiederum um 30-40 mg/dl erhöhen. - Daher neutralisiert 1 IE Insulin im Mittel 1 KE (1,5). In Österreich werden ausschließlich humanes Insulin und Insulinanaloga in einer Konzentration von 100 IE pro ml für die Diabetestherapie verwendet. Im alltäglichen Gebrauch wird das Insulin mittels einer Injektionsspritze, Pen oder Insulinpumpe subkutan verabreicht. Nur in Akutfällen kann es notwendig sein, einen intravenösen Zugang zu wählen (9). In den letzten Jahren wurde auch intensiv an der Entwicklung eines Insulin-Inhalators gearbeitet. Er sollte vor allem zur besseren Akzeptanz bei jenen Patienten führen, bei denen die tägliche Darreichung per Injektion eine Belastung darstellt. Besonders die kurzwirksamen Insulinanaloga sollten durch Inhalation zugeführt werden. Doch da die Bioverfügbarkeit eine schlechtere im Vergleich zu subkutan appliziertem Insulin ist, müssen höhere Dosen verabreicht werden, was sowohl kostenintensiv als auch anfällig für Nebenwirkungen ist. So stieg zum Beispiel bei Insulininhalation die Inzidenz für Lungenkrebs bei ehemaligen Rauchern deutlich an. Exubera, ein inhalatives Insulinprodukt der Firma Pfizer, wurde wieder vom Markt genommen (12). Tabelle 3 gibt eine Übersicht über die verschiedenen Insulinarten, die für die klinische Anwendung zur Verfügung stehen. Dabei muss bemerkt werden, dass Verzögerungsinsuline nicht intravenös verabreicht werden dürfen. 13 Name Präparate Wirkungsbeginn Wirkdauer Kurz wirksame Insuline Normalinsulin - Insuman® Rapid - Actrapid® 30 min 2-8 h Sofort 2-5 h 30-60 min 12-18 h 30-60 min Bis 24 h 30 min 12-18 h Sofort Bis 15 h ® - Huminsulin - Lispro (Humalog®) Insulinanaloga - Aspart (Novorapid®) - Glulisin (Apidra®) - Insuman® Basal - Huminsulin® Verzögerungsinsuline Intermediärinsulin (NPH) Basal - Insulin Protaphane® Lang wirksame Insulinanaloga - Glargin (Lantus®) - Detemir (Levemir®) Mischinsuline Mischung aus Normal- und NPH-Insulin - Actraphane® 30 - Huminsulin® Profil III - Insuman® Comb25 Mischung aus kurzen - Humalog Mix® 25 Analoga und NPH-Insulin - NovoMix® 30 Tabelle 4: Auswahl an Insulinpräparaten (5,9) Für Diabetiker stehen zwei mögliche Therapieschemata mit Insulin zur Auswahl: 14 Konventionelle Insulintherapie (CT) Eine verbindliche Vorgabe sowohl der Insulindosis als auch Abfolge und Größe der Mahlzeiten zeichnet die CT aus. Dabei wird einmal vor dem Frühstück (2/3) und ein zweites Mal vor dem Abendessen (1/3) eine fixe Insulinmischung verabreicht. Voraussetzung ist ein konstanter Tagesablauf und eine regelmäßige auf sechs Mahlzeiten aufgeteilte Nahrungsaufnahme. Unter der Bedingung, dass sich der Patient an die vorgegebenen Kostplan hält, kann eine relativ kontinuierliche Senkung des Blutzuckers erreicht werden (11)RW. Diese Art der Therapie sollte, wenn möglich, nur vorübergehend oder nur in Ausnahmefällen - z.B. kognitiven Einschränkungen - verwendet werden. Das Risiko für eine Hypoglykämie ist relativ hoch, und regelmäßige glykämische Kontrollen sind verbindlich durchzuführen. Doch die einfache Handhabung kann besonders für ältere Patienten häufig vorteilhaft sein (5). Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT) Diese Therapie basiert auf dem „Basis-Bolus“-Konzept, bei dem die tageszeitlichen und mahlzeitenabhängigen Schwankungen des Insulinwerts nachgeahmt werden. Morgens und abends verabreicht sich der Patient selbst ein Intermediärinsulin wie NPH, welches länger wirkt und den basalen Insulinbedarf decken soll. Auch das langwirksame Analogon Detemir kann verabreicht werden, welches zu weniger Gewichtszunahme führt und – so wie auch Glargin - bei manchen Patienten nur einmal täglich gespritzt werden muss (13). Zusätzlich müssen dreimal täglich vor den Mahlzeiten Injektionen des kurzwirksamen, prandialen Bolusinsulins erfolgen (Normalinsulin). Die Höhe der Insulindosen ist dabei von mehreren Faktoren abhängig: Größe der Mahlzeit (gemessen in Kohlenhydrateinheiten), dem vor dem Essen gemessenen Blutzuckerwert, der Tageszeit und der geplanten körperlichen Aktivität. Da die Insulinempfindlichkeit einer zirkadianen Schwankung unterliegt, müssen Diabetiker mit folgenden Werten des Insulinbedarfs vertraut sein: morgens circa 2IE pro KE, mittags 1IE pro KE und abends 1,5IE pro KE. Des Weiteren sinkt der Insulinbedarf bei Muskelarbeit, und die Dosis muss dementsprechend reduziert werden (1). 15 Mehrmals tägliche Messungen des Blutzuckers sind für Diabetiker, die diese Art der Therapie anwenden, Pflicht. Tabelle 4 gibt eine Übersicht über den geltenden Rahmen der Blutglukosewerte wieder. Sollten die Zielwerte überschritten werden, erfolgt die zusätzliche Gabe eines Korrekturinsulins gemäß der Faustregel, dass 1IE kurzwirksames Insulin die Blutglukose um 40 mg/dl senkt. Bedingung Blutzuckerzielwert Vor dem Essen 80-110 mg/dl 2h nach dem Essen <140 mg/dl Vor dem Schlafengehen 110-130 mg/dl Tabelle 5: Blutzuckerzielwerte bei Diabetes Typ 1 (9) Seit einiger Zeit kann zur Blutzuckermessung auch ein „Continuous Glucose Monitoring“ (CGM) angewendet werden. Dabei wird ein Sensor mit einer Spritze ins Unterhautfettgewebe platziert, welcher kontinuierlich den Blutzucker in der interstitiellen Flüssigkeit misst. So liefert das System 288 bis 1440 Messwerte pro Tag, auch wenn der Patient schläft. Ein Alarm warnt, wenn eine Hyper- oder Hypoglykämie bevor stehen sollte und gibt dem Patienten noch die Möglichkeit, rechtzeitig zu handeln. Allerdings ist eine Vergleichbarkeit mit dem im Blut gemessenen Glukosewert nur bedingt gegeben, da in unterschiedlichen Kompartimenten gemessen wird. Deshalb sollte vor dem Einleiten einer Therapie der Blutzuckerwert bestimmt werden, um den interstitiellen Wert zu bestätigen. Besonders für folgende Indikationen hat sich die CGM als sinnvoll erwiesen: bei nächtlichen Blutzuckerentgleisungen, Schwangerschaft, geplanter Schwangerschaft oder bei schwer einzustellendem HbA1c. Die CGM kann auch bei Anwendung einer Insulinpumpe eingesetzt werden (14,15). Insgesamt erfordert die ICT einiges an Eigenverantwortung, um korrekt ausgeführt zu werden und ist deshalb nicht für alle Patienten geeignet. Kooperative und motivierte Patienten können mit dieser Therapie allerdings individueller ihren Tagesablauf und die Größe ihrer Mahlzeiten gestalten. Dies wird für viele Patienten als Gewinn der Lebensqualität angesehen. Der HbA1c-Wert bei ICT liegt laut Studien im Schnitt niedriger als bei der konventionellen Therapie, und somit sinkt das Risiko für mikrovaskuläre Komplikationen. Nachteil dieser 16 Behandlung sind erhöhte Hypoglykämieraten und verstärkte Gewichtszunahme (11). Kontinuierliche subkutane Insulininfusion (CSII, „Insulinpumpe“) Der Gebrauch von Insulinpumpen ist seit den späten 1970er Jahren in kommerziellem Ausmaß möglich. Die Therapie beruht auf dem „Basis-Bolus“Prinzip mit zweimaliger basaler Injektion plus bedarfsangepasster Bolusgabe von Insulin. Die Pumpe besteht aus einer Steuereinheit, die über einen subkutan liegenden Katheter mit dem Patienten verbunden ist. Die Basalrate wird individuell einprogrammiert und kann so dem Patienten eigenständig zugeführt werden. Zusätzlich bestimmt der Patient mit einem externen Blutzuckermessgerät die aktuellen Glukosewerte, berechnet die benötigte Menge an Insulin und gibt die erforderlichen Instruktionen in das Gerät ein. Es injiziert dann auch beliebige Insulindosen je nach Bedarf (16). CSII werden bei ausgeprägtem Dawn-Phänomen (Blutzuckeranstieg in den Morgenstunden), stark schwankenden Bedarf an Insulin oder Schwangerschaft verwendet. Die rasche Dosierbarkeit und unauffälligere Applikation bringen Diabetes Patienten mehr Flexibilität und damit Lebensqualität. Bei allen beschriebenen Therapiemöglichkeiten des Typ 1 Diabetes, können Nebenwirkungen vorkommen. Am häufigsten treten Hypoglykämien auf, z.B. nach einer zu hoch dosierten Menge an Insulin oder zu niedriger oder zu später Nahrungszufuhr. Bei intensivierten Insulintherapie ist das Risiko für eine Hypoglykämie dreimal höher als bei der konventionellen Therapie. Gute Einschulung und ein möglichst physiologisches Regime können die Anzahl der Hypoglykämien senken. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Gewichtszunahme, Insulinallergien und Antikörperbildung, Lipodystrophien und Insulinödeme. Letztere vier ereignen sich eher selten (17). 17 1.4.2 Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 Die Basis jeder Behandlung bildet die Ernährung, kombiniert mit ausreichender Bewegung und Ausschaltung weiterer Risikofaktoren. Es wird empfohlen die Nahrung wie folgt zusammenzusetzen: - Kohlenhydrate in etwa 50% - Proteine 20% - Fett 30% der Gesamtkalorien (3) Die Normalisierung des Gewichts sollte oberste Priorität haben. Wenn möglich darauf achten, dass der Energiebedarf (kcal) nicht überschritten wird, der sich mit einer Formel berechnen lässt: Normalgewicht x 32 bei leichter körperlicher Arbeit. Bei ausreichender Gewichtsabnahme kann unter Umständen eine medikamentöse Diabetestherapie überflüssig werden (1,5). Die primäre Richtgröße der Stoffwechselkontrolle stellt das HbA1c dar. Je niedriger das HbA1c desto geringer das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und Gesamtmortalität. Allerdings sollten die Zielwerte der individuellen Situation des Patienten angepasst werden (siehe Tabelle 3) (18). Wenn Diät und körperliche Aktivität den Blutzuckerspiegel nicht ausreichend beeinflussen können, ist die Gabe von oralen Antidiabetika (OAD) indiziert. Sie werden anhand ihres Wirkprinzips in zwei Gruppen eingeteilt: jene die direkt die Beta-Zellen des Pankreas beeinflussen (insulinotrop oder betazytotrop) und jene die an peripheren Geweben wirken (nicht-insulinotrop oder nicht betazytotrop). Tabelle 6 stellt eine Übersicht der momentan am Markt befindlichen Antidiabetika dar. 18 Insulinotrop Nicht-insulinotrop Sulfonylharnstoffe, Glinide, DPP-4- Biguanide, Alpha-Glukosidase- Inhibitoren, Inkretinmimetika Hemmer, Glitazone - Wirkung an der Betazelle - Wirkung peripher - Therapie des Sekretionsdefizits - Therapie der Insulinresistenz - Wirkung auch in späten Stadien - Wirkung v.a. im frühen Stadium - Hypoglykämiegefahr - Keine Hypoglykämiegefahr - Potentielle Gewichtszunahme - Für adipöse Patienten geeignet Tabelle 6: Wirkmechanismus der aktuell verwendeten oralen Antidiabetika (1) Biguanide Zum Hauptvertreter dieser Gruppe gehört das Metformin (Glucophage®). Es zählt zu den am häufigsten verschriebenen antidiabetischen Medikamenten und senkt nachweislich das Risiko für vaskuläre Komplikationen und Mortalität (19). Die Wirkmechanismen sind bis heute nicht vollständig geklärt. Erwiesenermaßen senkt es die Glukoneogenese der Leber und erhöht die Aufnahme von Glukose in Muskel- und Fettgewebe. Somit führt es nicht zu vermehrter Produktion von Insulin sondern zu gesteigerter Insulinsensibilität. Dadurch kann es zu keiner Hypoglykämie kommen. Weitere Vorteile sind eine Senkung der Triglyzeride und Gewichtsreduktion (17). Eine seltene aber ernsthafte Nebenwirkung ist das laktazidotische Koma, welches aber nur bei Missachtung der Kontraindikationen auftritt. Zu den wichtigsten zählen Niereninsuffizienz, dekompensierte Herzinsuffizienz, respiratorische Insuffizienz und Schwangerschaft. Mindestens 72 Stunden vor einer Operation oder Röntgen-Kontrastmittel-Applikation muss Metformin abgesetzt werden (5). Weiters zeigen Studien, dass der Vitamin B12 Spiegel unter Metformintherapie sinkt. Deshalb wird darüber nachgedacht parallel zu Metformin auch Vitamin B12Präperate zu verschreiben (19). Zusammenfassend ist Metformin ein wertvolles Therapeutikum, vor allem bei Typ 2 Diabetiker mit Übergewicht. Problemlos kann es in Kombination mit Insulin und anderen oralen Antidiabetika verschrieben werden (17). 19 Sulfonylharnstoffe Zu den Wirkstoffen dieser Gruppe gehören Glimepirid (Amaryl®) und Glibenclamid (z.B. Euglucon®). Sie bewirken eine erhöhte Sensibilität der Beta-Zellen auf einen Glukosereiz und stimulieren so die Insulinsekretion (betazytotrop). Diese Art der Therapie ist bei jenen Patienten indiziert, die noch ausreichend Eigenproduktion von Insulin haben und mit Lifestylemodifikation nicht zur Zufriedenheit eingestellt werden konnten. Basis der Therapie bleibt aber weiterhin Gewichtsnormalisierung und Bewegung. Da Sulfonylharnstoffe die Insulinsekretion steigern, erhöht sich auch das Risiko für Hypoglykämien. Ebenso gehört eine Zunahme unerwünschten Nebenwirkungen dieser des Medikamente. Gewichts Zudem zu den zeigen sie zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Stoffen. Das kann bei Verstärkung der Wirkung zu Hypoglykämien führen oder bei Abschwächung zu Stoffwechselentgleisungen. Daher ist eine genauer Überprüfung der weiteren Medikation und Aufklärung des Patienten (Alkohol!) Pflicht (1). Nicht verschrieben werden dürfen Sulfonylharnstoffe unter anderem bei Typ 1 Diabetes, Stoffwechselentgleisungen, Schwangerschaft, Nieren- oder Leberinsuffizienz. Sollte mit einer Monotherapie keine befriedigende Einstellung des Diabetes möglich sein, können Sulfonylharnstoffe auch mit alpha-Glukosidase-Hemmstoffen oder mit einem Glitazon (siehe unten) kombiniert werden. Wegen der oben genannten Nebenwirkungen, sollte jedoch Metformin – wenn keine Kontraindikation besteht - als erste Therapieoption gewählt werden (5). Glinide (Sulfonylharnstoffanaloga) Zu den Vertretern dieser Gruppe gehören Repaglinide (NovoNorm ®) und Nateglinide (Starlix®). Sie fungieren als postprandiale Glukoseregulatoren und üben daher kaum Wirkung auf den Nüchternblutzucker aus. Abhängig von zugeführter Glukose blockieren sie ATP-sensitive Kaliumkanäle und führen so zu einer kurzfristigen Ausschüttung von Insulin aus den Beta-Zellen. Sie wirken schnell, halten kurz an und simulieren die physiologische Ausschüttung von Insulin in der postabsortiven Phase (1,17). 20 Das Nebenwirkungsprofil entspricht dem der Sulfonylharnstoffe: Hypoglykämien, Gewichtszunahme und gastrointestinale Beschwerden. Ebenso gelten dieselben Kontraindikationen (5). Unter der Bedingung einer noch ausreichend vorhandenen Beta-Zellfunktion, kann Repaglinide zur Monotherapie des Typ 2 Diabetes angewandt werden. Auch eine Kombination mit Metformin ist möglich. Es wurde gezeigt, dass die Effektivität bei gemeinsamer Anwendung ansteigt. Nateglinide ist bislang nur gemeinsam mit Metformin zur Behandlung zugelassen (17). Alpha-Glukosidase-Hemmer Die Wirkstoffe Acarbose (Glucobay®) und Miglitol (Diastabol®) hemmen im Darm die Spaltung von Kohlenhydraten und verhindern so deren Aufnahme in den Körper. Die unverdauten Stoffe regen im unteren Dünndarm die Bildung des Hormons GLP-1 (Glucagon Like Peptide) an, welches als Stimulationsfaktor wirkt und die Bildung von Insulin in den Beta-Zellen anregt (1). Einschleichende Dosierung und individuelle Anpassung wirken allfälligen Nebenwirkungen wie Flatulenz oder Bauchschmerzen entgegen (20). Alpha-Glukosidase-Hemmer werden vor allem zur Therapie von postprandialer Hyperglykämie angewandt und können mit anderen OADs kombiniert werden. Obwohl ihre Potenz das HbA1c zu senken den Sulfonylharnstoffe unterlegen ist, spricht das verminderte Auftreten von Hyperglykämien und Gewichtszunahme für alpha-Glukosidasehemmer (17). Glitazone (Thiazolidindione, Insulinsensitizer) Dieser Substanzklasse gehören Rosiglitazon (Avandia®) und Pioglitazone (Actos®) an. Ihr Ansatzpunkt ist der PPAR-γ-Rezeptor im Zellkern. Durch die Regulation der Expression verschiedener Gene, die für die Insulinempfindlichkeit verantwortlich sind, verbessert sich die Reaktion peripherer Zellen auf Insulinreiz. Es wird wieder vermehrt Glukose in die Leber, Skelettmuskel und Fettgewebe aufgenommen (20). Bei Unverträglichkeit auf Metformin und unzureichenden Lebensstilveränderungen kommen diese Insulinsensitizer zum Einsatz. Allerdings muss mit einigen Nebenwirkungen gerechnet werden, wie z.B. Gewichtszunahme, Ödembildung 21 durch Flüssigkeitsretention und erhöhtes Risiko für Frakturen bei Frauen. Wegen möglicher kardialer Risiken wurde Rosiglitazon im Herbst 2010 vom Markt genommen. Pioglitazone gilt zwar als eines der wenigen OAD mit positiven kardiovaskulären Endpunkten, es wird jedoch mit dem vermehrten Auftreten von Blasenkarzinomen in Verbindung gebracht. Deshalb sollten potentielle Anwender von Pioglitazone angemessen selektiert und exkludiert werden und nur bei entsprechendem Nutzen-Risiko-Verhältnis therapiert werden (5,21). Zu den Kontraindikationen zählen Typ 1 Diabetes, Gravidität, Herzinsuffizienz und jegliche Hinweise auf erhöhtes Risiko für ein Blasenkarzinom (Makrohämaturie, Status post Blasenkarzinom u.a.) (21). DPP-4-Inhibitoren (Gliptine) Die Wirkung dieser Substanzgruppe beruht auf dem Enzym GLP-1. Gemeinsam mit GIP (Glukoseabhängiges insulinotropes Peptid) gehört es zur Klasse der Inkretine. Das sind Hormone, die Minuten nach der Nahrungsaufnahme aus LZellen des Darms freigesetzte werden, direkt auf die Beta-Zellen des Pankreas wirken und dort die Insulinsekretion anregen. Bei Patienten mit Typ 2 Diabetes ist dieser Inkretineffekt verringert, und es kommt folglich zu einer geringeren Antwort auf orale Glukosezufuhr (22). Physiologischerweise werden wenige Minuten nach der Freisetzung der Inkretine, die selbigen von DPP-4 (Dipeptidyl-Peptidase 4) gespalten und damit inaktiviert. Deshalb wurde nach einer Möglichkeit gesucht, die Spaltung dieser Insulinstimulatoren zu verhindern. DPP-4-Inhibitoren wie Sitagliptin (Januvia®), Vildagliptin (Galvus®) und Saxagliptin (Onglyza®) schützen GLP-1 vor der Inaktivierung und erhöhen somit glukoseabhängig den Insulinspiegel (1). Vorteil dieser gut wirkenden Substanzen ist ein relativ geringes Risiko für Hypoglykämien und Gewichtszunahme, kaum Interaktionen mit anderen Medikamenten und eine zuätzliche Hemmung der Glukagonsekretion. Allerdings fehlen noch Langzeiterfahrungen und Endpunktstudien, die die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit auf lange Sicht bestätigen (5). 22 Inkretinmimetika (GLP-1-Agonisten) Um die Wirkung der Inkretine aufrecht zu erhalten, gibt es nicht nur die Möglichkeit, ihren Abbau zu inhibieren. Ein GLP-1-Analogon welches von vorneherein vor Abbau geschützt ist und an Beta-Zellen dieselbe insulinotrope Wirkung hervorruft, wäre ebenso wirksam. Seit einigen Jahren erfüllen Inkretinmimetika diese Anforderungen (22). Exenatide (Byetta®) und Liraglutid (Vicotza®) sind momentan am Markt befindliche Vertreter dieser Substanzklasse. Neben ihrer Wirkung auf das Pankreas verzögern sie beide die Magenentleerung und verstärken das subjektive Sättigungsgefühl. So können sie auch eine Gewichtsabnahme unterstützen (23). Zusätzlich senken sie kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Blutdruck und Lipidkonzentration (24). Exenatide steht seit 2007 als erstes Inkretinmimetikum zu Verfügung. Es muss zweimal täglich subkutan injiziert werden. Seit kurzer Zeit ist jedoch eine Variante des Exenatide erhältlich, das durch veränderte Galenik nur noch einmal wöchentlich verabreicht werden muss (Bydureon®). Eine Abwandlung des Exenatide ist das Liraglutid, welches eine Halbwertszeit von etwa 12 Stunden besitzt und nach einer einzigen subkutan Verabreichung auch nach 24 Stunden erhöhte Plasmaspiegel aufweist. Auch den HbA1c-Wert vermag Liraglutid potenter als Exenatide zu senken (22,25). Das Nebenwirkungsprofil dieser Medikamente ist – ebenso wie das der DPP-4Inhibitoren – äußerst günstig. Nausea, Emesis, Nasopharyngitis und milde Hypoglykämien zählen zu den unerwünschten Nebenwirkungen. Weiters wurde eine geringe Anzahl an chronischen und akuten Pankreatiden mit der Behandlung von GLP-1-Analoga und DPP-4-Inhibitoren in Zusammenhang gebracht. Klinische und experimentelle Daten die die Kausalität bestätigen, sind jedoch noch ausständig (24,26). SGLT-2-Inhibitoren (Gliflozine) SGLT-2 (Natrium-Glukose-Transporter 2, engl.: Sodium-Glucose Cotransporter 2) gehört zur Gruppe der Glukosetransporter und ist für über 90% der renalen Rückresorption von Glukose in den proximalen Tubuli der Niere verantwortlich. Die Hemmung dieser Transporter führt zu einer insulinunabhängigen Reduktion 23 der Hyperglykämie und einer negativen Energiebilanz. Substanzen dieser Klasse sind hochselektive Inhibitoren von SGLT-2, die zwar im Moment noch nicht verwendet werden, aber deren Wirkung und möglicher Einsatz zur Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 seit einiger Zeit in Studien untersucht werden (27). Unter anderem sind Dapagliflozin, Canagliflozin, Empagliflozin und Ramogliflozin Wirkstoffe, die sich in klinischer Entwicklung befinden und bislang gute Verträglichkeit und Kombinierbarkeit mit anderen Antidiabetika gezeigt haben. Unter der Therapie mit Dapagliflozin konnten die Blutglukosewerte, der HbA1cWert, das Gewicht und der Blutdruck gesenkt werden (6,28,29). Bezüglich der Nebenwirkungen scheinen Gliflozine generell gut toleriert zu werden. Es wurde von vermehrten Infektionen des Urogenitaltrakts berichtet, obwohl der direkte Zusammenhang mit einer Glukosurie noch nicht vollständig geklärt ist. Ein Abfall des Blutdrucks auf Grund vermehrter osmotischer Diurese kann sogar meist als Vorteil angesehen werden. Der mit der gesteigerten Ausscheidung durch die Nieren verbundene Anstieg von Serumkreatinin und Harnstoff war nur vorübergehend zu beobachten (29,30). Andere Therapeutika in Entwicklung In laufender Entwicklung befinden sich Glukokinaseaktivatoren. Das Enzym Glukokinase hat im Körper zwei Hauptaufgaben: an den Betazellen des Pankreas wirkt es als „Glukosesensor“ und fördert die Ausschüttung von Insulin und in der Leber bewirkt es die Umwandlung von Glukose zu Glykogen. Beides führt zu einer Senkung der Hyperglykämie und ist damit von Interesse für Diabetiker. Glukokinaseaktivatoren würden diese Prozesse fördern. Derzeitiges Problem sind Hypoglykämien, Fettleber, Hyperlipidämie und Gewichtszunahme. Dennoch wird weiter in diesem Bereich geforscht (31,32). Glukagon-Rezeptor-Antagonisten könnten die Wirkung des Glukagons hemmen. Dieses in den Alpha-Zellen des Pankreas produzierte Hormon ist für die postprandiale Glukoseproduktion verantwortlich. Eine Antagonisierung oder Immunoneutralisation würde diesen Blutglukoseanstieg verhindern (22). Sirtuine sind weitere Stoffe die zurzeit von starkem Interesse bezüglich Diabetestherapie sind. Sie führen zu einer Verbesserung der Glukoseverwertung und der Insulinsensitivität und scheinen eine ähnliche Wirkung auf den Körper zu 24 haben, wie diätische Maßnahmen. Resveratrol ist eine in Wein und Trauben natürlich vorkommende Substanz, die Sirtuine aktiviert und momentan Gegenstand der Forschung ist (22). Im längeren Krankheitsverlauf werden die Beta-Zellen des Pankreas immer insuffizienter und das relative endogene Insulindefizit nimmt zu. Dann sind die meisten oralen Antidiabetika nicht mehr genug wirksam und es kann notwendig werden, auch bei Typ 2 Diabetikern, mit exogenem Insulin zu therapieren. Eine Kombination beider Varianten ist ebenso möglich. Es wird sogar empfohlen, früher als bisher üblich, die orale antidiabetische Therapie mit Insulin zu ergänzen. So soll die Beta-Zellfunktion länger erhalten werden. Meist wird eine intensivierte konventionelle Insulintherapie angewandt. Allerdings gehören Hypoglykämie und Gewichtszunahme zu den altbekannten Nebenwirkungen der Insulintherapie. Zusätzlich wird schon seit längerer Zeit über ein erhöhtes Risiko für Tumorerkrankungen in Zusammenhang mit Insulin diskutiert (5,33). 1.5 Akutkomplikationen 1.5.1 Coma diabeticum Das Coma diabeticum stellt eine schwerwiegende Stoffwechselentgleisung dar, bedingt durch absoluten oder relativen Insulinmangel. Meist wird es von erheblichen Wahrnehmungsstörungen begleitet und kann unbehandelt zum Tod führen (1). Man unterscheidet das für Typ 1 Diabetiker typische ketoazidotische Koma vom hyperosmolaren Koma, welches charakteristisch für Typ 2 Diabetiker ist. Beim ketoazidotischen Koma führt eine zu lange anhaltende Hyperglykämie zur osmotischen Diurese mit konsekutiver Dehydration und Elektrolytentgleisung. Die Hypovolämie birgt die Gefahr eines Nierenversagens und eines Volumenmangelschocks. Außerdem führt die durch den Insulinmangel bedingte Lipolyse zur Bildung von Ketonkörpern, die für die Azidose verantwortlich sind (siehe auch Kapitel 1.2.1). Das hyperosmolare Koma des Typ 2 Diabetikers zeigt 25 eine ähnliche Pathogenese, jedoch verhindern geringe Mengen an Insulin die Lipolyse und damit eine Ketose (5). Klinisch imponieren bei beiden Komaarten Polydipsie, Brechreiz und Exsikkose (klinisch erkennbar durch weiche Augenbulbi), bevor es letztendlich zur Bewusstlosigkeit kommt. Pankreasschmerz (Pseudoperitonitis diabetica) und Kussmaul’sche Atmung mit Azetonmundgeruch sind hingegen nur typisch beim ketoazidotischen Koma (1,34). Ursächliche Faktoren können fehlende oder ungenügende exogene Zufuhr von Insulin oder ein erhöhter Bedarf von Insulin sein. Zu letzterem kommt es beispielsweise bei einer Infektion, Diätfehlern, Operation, Unfällen, Schwangerschaft oder endokrinologischen Erkrankungen (z.B. Hyperthyreose). In 25% der Fälle handelt es sich um ein Manifestationskoma. Das bedeutet, der Diabetes wird erst im Zuge des Komas diagnostiziert (1). Von entscheidender Wichtigkeit sind eine schnelle Diagnosestellung und das Einleiten einer adäquaten Therapie. Diese beinhaltet neben intensivmedizinischen Allgemeinmaßnahmen Elektrolythaushalt, (Kontrolle Blasenkatheter, von u.a.), Atmung, Kreislauf, Wasser und den intravenösen Ausgleich der Dehydratation und Hyperosmolarität, die Insulingabe (Normalinsulin i.v., initialer Bolus 10IE, danach ca. 5IE/h über Pumpe), die Azidosekorrektur bei einem pHAbfall <7,1 mit Bikarbonat und bei Bedarf der Ausgleich von Elektrolyten (Natrium, Kalium, Phosphat) (1). 1.5.2 Hypoglykämie Typisch für die Hypoglykämie ist die sogenannte Whipple-Trias: Blutzucker <45 mg/dl, hypoglykämische Symptome und Verschwinden der Symptome unter der Zufuhr von Glukose (5). Die Ursache kann in einer Überdosierung von antidiabetischen Medikamenten, einer ausgelassenen Mahlzeit, körperlicher Aktivität oder dem Genuss alkoholischer Getränke liegen. Blässe, Schwitzen, Unruhe und Tachykardien sind typische Symptome einer Hypoglykämie. Da das Gehirn von der exogenen Glukosezufuhr abhängig ist, 26 können bei zu geringem Blutzucker auch neuronale Dysfunktionen auftreten. Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu Krampfanfällen und Somnolenz bis hin zum Koma kommen (5,35). Therapeutisch wird bei noch erhaltenem Bewusstsein Glukose per os zugeführt (z.B. zuckerhaltige Getränke). Bewusstlosen Patienten kann Glukagon intramuskulär oder subkutan verabreicht werden. Bei unzureichender Wirkung innerhalb von zehn Minuten muss Glukose 10-50% intravenös zugeführt werden (17). 1.6 Spätkomplikationen 1.6.1 Diabetische Makroangiopathie Patienten die an Diabetes mellitus erkranken, zeigen eine vorzeitige und schnellere Atherosklerosebildung der großen und mittleren Gefäße. Dies führt dazu, dass kardiovaskuläre Komplikationen häufiger bei diesen Patienten auftreten, als in der Normalbevölkerung. Wichtig ist deshalb ein gut eingestellter Blutzucker, der diese Entwicklung verhindern kann, und rechtzeitiges Erkennen und Therapieren der atherosklerotisch veränderten Blutgefäße (36). 1.6.2 Diabetische Mikroangiopathie Durch die andauernde Hyperglykämie bei Diabetikern kommt es auch zur Schädigung kleiner Gefäße. Besonders Anfällig für diese Veränderungen sind die Kapillaren des Auges und der Niere. In der Niere kann histopathologisch eine Expansion der Mesangiumzellen, eine Verdickung der Basalmembran und eine Glomerulosklerose beobachtet werden. Folge ist eine zunehmende Proteinurie und im Laufe vieler Jahre eine Abnahme der glomerulären Filtrationsrate. Eine Hypertonie ist meist Begleiter der nephrologischen Veränderungen. Das Terminalstadium bildet die Niereninsuffizienz (5,37). 27 1.6.3 Diabetische Neuropathie Durch komplexe pathophysiologische Mechanismen kann es im Zuge der Hyperglykämie bei Diabetikern zur Schädigung der Nerven kommen. Am häufigsten manifestiert sich diese durch Schmerzen, Parästhesien und Taubheitsgefühl in den Extremitäten, die sich strumpf- bzw. handschuhförmig ausbreiten und in der Nacht an Intensität zunehmen. Auch verschiedene innere Organe können von der Nervenschädigung betroffen sein und zu diversen Symptomen führen wie z.B. Gastroparesen, Ruhetachykardien oder erektile Dysfunktion (38). Besonderes Augenmerk sollte im Zuge der Neuropathie auf regelmäßige Kontrolle der Füße gelegt werden. In Kombination mit einer Makroangiopathie kann es zur Bildung eines sogenannten diabetischen Fußsyndroms kommen. Dies beinhaltet Veränderungen am Fußskelett, Ulcera, Gangrän und im schlimmsten Fall Amputation der betroffenen Extremität (5). 1.6.4 Diabetische Retinopathie Eine Folge der Mikroangiopathie ist die diabetische Retinopathie, die im Zuge der vaskulären Veränderung bei Diabetikern vorkommen kann. Diese Erkrankung soll im nun folgenden Kapitel ausführlicher diskutiert werden (siehe Kapitel 2) (39). 28 2 Diabetische Retinopathie 2.1 Epidemiologie In den Industriestaaten gehört die diabetische Retinopathie (DR) zu den häufigsten Ursachen einer Erblindung zwischen dem 25. und 60. Lebensjahr. Durch steigenden Lebensstandard und zunehmendes Lebensalter erhöht sich auch stetig die Zahl der Diabetiker. Entwicklungsländer holen durch Adaptation des westlichen Lebensstils bei der Inzidenz des Diabetes mellitus rasch auf (40). Typ 1 Diabetiker erkranken häufiger an diabetischer Retinopathie als Patienten die an Typ 2 Diabetes leiden. Frühestens nach drei bis fünf Jahren ab Diagnosezeitpunkt treten erste Zeichen der Erkrankung auf. Für Patienten die an Typ 2 Diabetes leiden, werden ähnliche Werte vermutet, jedoch ist der Zeitpunkt des Krankheitsausbruchs meist nicht sicher feststellbar. Oft leiden Typ 2 Diabetiker schon Jahre an dieser Erkrankung und wissen gar nicht davon. Zum Zeitpunkt der Diagnose kann bei etwa 10-15% bereits der Befund einer diabetischen Retinopathie erhoben werden (41). Trotz gehäufter Prävalenz der diabetischen Retinopathie bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1, überwiegt der Anteil der Typ 2 Diabetiker. Auf sie entfallen über 90% der diagnostizierten Diabetes Fälle (42). Wann die diabetische Retinopathie auftritt, lässt sich schwer vorhersagen. Der Zeitpunkt ist von vielen Faktoren abhängig. Von zentraler Bedeutung ist neben der Erkrankungsdauer auch die Qualität der Blutzuckerwerte. Da diese Erkrankung schleichend voranschreitet und Patienten unter Umständen lange beschwerdefrei bleiben, ist es wichtig, regelmäßig ophthalmologische Kontrollen bei Diabetikern durchzuführen. So können eventuelle Schäden frühzeitig erkannt und stadiengerecht therapiert werden. In solchen Fällen ist es möglich, die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung eines schweren Sehverlusts unter 5% zu halten (39,40). 29 2.2 Ätiologie und Pathogenese Seit mittlerweile 120 Jahren ist der schädliche Effekt des Diabetes mellitus auf die retinale Blutversorgung bekannt. 1889 brachte Minkowski erstmals Glukosurie mit dem Verlust von Inselzellen des Pankreas in Verbindung. Als 1923 Insulin entdeckt wurde, erhöhte die Möglichkeit, Insulin zu verabreichen, die Überlebensrate für insulinabhängige Diabetiker enorm. Gleichzeitig stieg auch die Anzahl der Patienten mit diabetischer Retinopathie, da die Netzhaut nun häufiger und länger mit schwankenden Blutzuckerwerten konfrontiert wurde (43). Heute sind noch immer nicht alle Pathomechanismen der Entstehung einer diabetischen Retinopathie bekannt. Jedoch ist erwiesen, dass maßgeblich folgende Prozesse daran beteiligt sind: Bildung von Mikroaneurysmen in retinalen Kapillaren Gesteigerte Permeabilität retinaler Blutgefäße Verschluss von Gefäßen Ausbildung neuer Blutgefäße in der Retina und Entstehung von fibrösen Membranen Kontraktion dieser fibrösen Membranen (44) Abbildung 1: Phyisologischer Augenhintergrund (45) 30 Abbildung 2: Diabetische Makulopathie und nichtproliferative Retinopathie (Archiv der Universitäts-Augenklinik Graz) Eine Schlüsselrolle bei diesen Veränderungen nehmen die Perizyten und ihr selektiver Untergang im Verlauf der diabetischen Retinopathie ein. Perizyten ummanteln Kapillaren, stützen sie und regulieren den Tonus der Gefäße (46). In Tierexperimenten wurde nachgewiesen, dass deren Verlust bereits vor der Bildung von Mikroaneurysmen beginnt. Die Kapillaren des optischen Nervs und des zerebralen Cortex, die denen der retinalen Gefäßen sehr ähnlich sind, bleiben von diesem Perizytenuntergang jedoch verschont. Dies legt den Verdacht nahe, dass die Perizyten eher auf lokale Vorgänge in der Retina reagieren und sich nicht auf Grund systemischer Veränderungen wie der Hyperglykämie verändern (47). Nach dem Untergang der Perizyten bleiben so genannte „pericyte ghosts“ zurück, die nur mehr die Hülle der ehemaligen Perizyten darstellen. In Folge des fehlenden Tonus bilden sich nun Mikroaneurysmen aus. Sie sind häufig das erste sichtbare Zeichen einer beginnenden diabetischen Retinopathie (46). Weitere pathologische Vorgänge sind die Verdickung der Basalmembran und der Verlust des Gefäßendothels. Dies führt zu einer Störung in der Blut-RetinaSchranke, die der Blut-Hirn-Schranke ähnlich ist. Folge davon sind eine 31 gesteigerte Gefäßpermeabilität, mit Austritt von Plasma, Blut und Lipoproteinen und Bildung eines Makulaödems. Weiters kommt es durch die Veränderungen in den Kapillaren zum Versagen der Autoregulation des Durchmessers und damit zum teilweisen Verschluss der Kapillaren (40,43). Durch die andauernde Hypoxie werden in der Retina angiogene Faktoren gebildet, wie zum Beispiel vascular endothelial growth factor (VEGF) und Insulin-like growth factor 1 (ILGF-1). Diese induzieren eine Neovaskularisation und führen so zur weiteren Progression der diabetischen Retinopathie (41). Man unterscheidet die Entwicklung neuer Gefäße in der Region des Sehnervs (new vessel on optic disc = NVD) vom Rest der Retina (new vessel elsewhere = NVE). NVDs kommen besonders häufig vor und sind mit einem größeren Risiko für einen Sehverlust verbunden. Wie und wann neue Gefäße einwachsen, lässt sich allerdings schwer vorhersagen. Sie folgen einem bestimmten Zyklus von Aufund Abbau. In späteren Stadien sind sie meist von fibrösem Gewebe umgeben, welches auch dem Glaskörper anhaftet (44). Abbildung 3: NVDs (Archiv der Universitäts-Augenklinik Graz) 32 Gelegentlich können Wachstumsfaktoren auch im vorderen Augenabschnitt zu vermehrter Neubildung von Gefäßen führen. Man spricht dann von einer Rubeosis iridis. Unter Umständen kann diese Neovaskularisation bei fortgeschrittener diabetischen Retinopathie auch zu einem Glaukom führen (48). Die Schrumpfung des hinteren Bereichs des Glaskörpers gehört zu den normalen Degenerationsprozessen des Alters. Doch die bei der diabetischen Retinopathie ausgebildeten fibrösen Membranen führen zu einem Zug an der Retina, die im schlimmsten Fall in einer Ablation gipfeln kann. Diese Traktion wirkt auch auf die neu ausgebildeten Gefäße. Folge kann eine Glaskörpereinblutung sein, die sich in leichten Symptomen wie herumwandernden Flecken bis hin zu massivem Visusverlust äußern kann (44). Abbildung 4: Neovaskularisationen und hyaline Membran (Archiv der UniversitätsAugenklinik Graz) 33 2.3 Klassifikation Die diabetische Retinopathie wird in verschiedene Stadien eingeteilt. Die Klassifikation ist wichtig, da von ihr Prognose und Therapie entscheidend abhängen. Die Stereofundusfotographie genau festgelegter Netzhautareale ist Basisuntersuchung für die Einteilung. Die erhaltenen Aufnahmen der retinalen Veränderungen werden mit Hilfe von Referenzbildern standardisiert ausgewertet (49). Im klinischen Alltag wird zwischen proliferativer und nichtproliferativer diabetischer Retinopathie unterschieden. Für Studien wird meist die detailreiche Einteilung nach den Standardfotos der Early Treatment Diabetic Retinopathy Study Research Group (ETDRS) verwendet. Anhand von ihnen werden Parameter wie schwere Hämorrhagien, intraretinale mikrovaskuläre Anomalien (IRMA) und Schwankungen im Durchmesser venöser Gefäße mit Patientenbildern in Zusammenhang gebracht und analysiert (siehe Tabelle 7). Während in frühen Stadien die diabetische Retinopathie noch symptomlos verläuft, kommt es in Spätstadien zu Einschränkungen der Sehkraft (41). Stadium Befund Kontrollintervall Therapie Keine Retinopathie Keine sichtbaren Veränderungen 12 Monate Diabeteseinstellung optimieren Mikroaneurysmen 12 Monate s.o. 6 Monate s.o. Milde nichtproliferative Retinopathie Mikroaneurysmen, Mäßige nichtproliferative Retinopathie Blutungen, leichte IRMA, venöse Veränderungen aber weniger als bei schwerer NPDRP 34 Schwere >20 Blutungen, oder Perlschnurvenen, nichtproliferative oder Retinopathie 3 Monate s.o. plus optional: Laserkoagulation ausgeprägte IRMA Panretinale Laserkoagulation, Proliferative Retinopathie Vitrektomie bei Gefäßproliferationen 3 Monate Glaskörperblutung, Traktionsablatio und massiver Proliferation Tabelle 7: Klassifikation der diabetischen Retinopathie (modifiziert nach (39)) Nichtproliferative Retinopathie: Dieses Stadium zeichnet sich dadurch aus, dass noch keine Neovaskularisationen erkennbar sind. In der ophthalmoskopischen Untersuchung der Netzhaut kann man Mikroaneurysmen, Punkt- und Fleckblutungen und als „harte Exsudate“ bezeichnete Lipidablagerungen erkennen. Bei schweren Verläufen sind weiters „cotton wool“-Flecken (ischämischer Axoplasmastau), Verdickung, Segmentierung und Schleifenbildung von Venen und Zonen ohne kapilläre Versorgung zu erkennen (siehe Abbildung 2). In circa 50% der Fälle entwickelt sich aus einer nichtproliferativen innerhalb eines Jahres eine proliferative Form der diabetischen Retinopathie (40). Tabelle 7 gibt Auskunft über die weitere Einteilung in eine milde, mäßige und schwere Form der nichtproliferativen Retinopathie. Proliferative Retinopathie Charakteristisch für dieses Stadium ist die Bildung neuer Blutgefäße in der Netzhaut, induziert durch anhaltende insuffiziente Sauerstoffversorgung. Gefäßneubildungen am Nervus opticus sprießen bevorzugt aus Gefäßen des Nervenfaserkopfs aus und wachsen zwischen der inneren Grenzmembran der Retina und dem Glasköper ein. NVEs entwickeln sich aus angrenzenden Kapillaren, die der normalen Blutversorgung noch zugänglich und nicht perfundierten Arealen nahe sind. Fächerförmig dringen sie in die Netzhaut oder 35 den Glaskörper ein. Da ihre Wände instabiler aufgebaut sind als die ursprünglichen Gefäße, kommt es leichter zu Beschädigungen und konsekutiven Blutungen. Hormonelle Umstellungen wie sie etwa während einer Schwangerschaft vorkommen, wirken beschleunigend auf die Entwicklung einer proliferativen Retinopathie ein (40,50). Extra erwähnt werden sollte die diabetische Makulopathie. Eine Schädigung der Makula stellt für den Patienten den Verlust der zentralen Sehschärfe dar und ist daher von entscheidender Bedeutung für die Lebensqualität. Die EDTRS definierte das klinisch signifikante Makulaödem anhand folgender Charakteristika: Verdickung der Netzhaut und harte Exsudate, beides im Umkreis von 500 µm zum Zentrum der Fovea und Makulaödem größer als ein Papillendurchmesser und weniger als ein Papillendurchmesser von der Makula entfernt (50). Die Makulopathie ist hauptverantwortlich für eine gravierende Verschlechterung des Sehvermögens bei der nichtproliferativen diabetischen Retinopathie. Typisch und daher für die Diagnosestellung wichtig sind so genannte „Circinata Atolle“. Rund um pathologische Gefäße und Mikroaneurysmen finden sich fokale konzentrische Lipidexsudate. Koheränztomographie (OCT) Weiters oder der können mit der Fluoreszenzangiographie optischen zystische Spalträume im Zentrum der Retina nachgewiesen werden (40). 2.4 Therapie Basis einer erfolgreichen Therapie ist eine gut funktionierende Kontrolle des Blutzuckers und ein optimal eingestellter Hypertonus. Studien belegen, dass sich der Ausbruch der diabetischen Retinopathie verzögern lässt, wenn eine konsequente Einstellung der Blutzuckerwerte erfolgt (siehe Kapitel 3.1). Ebenso wichtig sind regelmäßige Kontrollen beim Facharzt. Da Therapien der diabetischen Retinopathie häufig nur das Fortschreiten des Visusverlustes 36 verhindern können, nicht aber zu einer Visusverbesserung oder gar Heilung führen, sind ophthalmologische Untersuchungen essentiell (39). Typ 1 Diabetiker sollten ab dem fünften Jahr nach Diagnosestellung jährlich von einem Augenarzt untersucht werden. Circa zehn Jahre nach Diabetesbeginn und in Phasen der hormonellen Umstellung (Pubertät, Schwangerschaft) sollte sich die Frequenz der augenärztlichen Kontrollen auf vier Mal pro Jahr erhöhen. Für Typ 2 Diabetiker werden ebenfalls jährliche Kontrollen empfohlen, wenn noch keine sichtbaren Zeichen einer diabetischen Retinopathie erkennbar sind. Bei ausgeprägter nichtproliferativer Retinopathie sollten jedoch ¼ jährlich ophthalmologische Untersuchungen der Retina durchgeführt werden, um eine rechtzeitige Behandlung zu ermöglichen (40). Die Therapie richtet sich nach dem Stadium, in welchem sich der Patient befindet (siehe Tabelle 1). Patienten im Stadium einer nichtproliferativen Retinopathie bedürfen keiner akuten Therapie. Bei Ihnen empfiehlt es sich, jährliche augenärztliche Kontrollen durchzuführen, auf eine optimale Einstellung des Blutzuckers und Blutdrucks zu achten und eventuell assoziierte Erkrankungen wie Anämie oder Nierenversagen zu behandeln (48). Bei klinisch signifikantem Makulaödem ist die Lasertherapie Goldstandard und wird unabhängig von der Sehschärfe des Patienten durchgeführt. Diese Therapie kann das Risiko für einen Sehverlust um 50 % senken. Vor der Behandlung sollten die Bereiche der Netzhautverdickung genau identifiziert und nach Möglichkeit eine Fluoreszenzangiographie durchgeführt werden, um den Zustand der retinalen Kapillaren und die Lage möglicher Leckstellen zu überprüfen. Sollte die Gefäßversorgung der Fovea unterbrochen sein (ischämische Makulopathie), stellt dies eine Kontraindikation für eine Lasertherapie dar (41,48). 37 Abbildung 5: Lasertherapie eines diabetischen Makulaödems (Archiv der UniversitätsAugenklinik Graz) Für die Therapie des diabetischen Makulaödems stehen zwei Varianten der Lasertherapie zu Auswahl: zum einen die fokale Therapie, bei der Mikroaneurysmen, die 500 – 3000 µm vom Zentrum der Fovea entfernt sind, direkt mit dem Laser beschossen werden. Zum anderen die Gitter-Therapie, die bei zentral gelegenen Veränderungen verwendet wird und bei der gitterförmig das gesamte Ödemareal mit niedriger Energie bedeckt wird. Hierbei muss besonders auf die Fovea geachtet werden, da eine unabsichtliche Verletzung zu einem Zentralskotom führen würde (39,48). Obwohl die Lasertherapie sehr effektiv gegen die Weiterentwicklung des Makulaödems wirkt, ist sie dennoch mit einigen Nebenwirkungen behaftet. Durch die zerstörende Wirkung des Lasers können die Sehschärfe, die Dunkeladaptation und die Farbwahrnehmung abnehmen und das Gesichtsfeld eingeschränkt werden. Deshalb wird schon seit längerer Zeit nach einer medikamentösen Alternative geforscht (51). Vorangegangene Studien zeigen, dass sich zum Beispiel die intravitreale Applikation des Cortisons Triamcinolon positiv auf die Dicke des Makulaödems auswirkt. Doch hält der Effekt meist nur kurz an und das 38 Risiko für eine Erhöhung des intraokulären Drucks und die Bildung einer Katarakt nimmt deutlich zu (52). Deshalb wird aktuell an der Entwicklung eines Steroidimplantats geforscht, welches über längere Zeit kleinere Dosen an Cortison abgeben soll. Campochiaro et al. (2011) (53) beschreiben in einer Studie die Anwendung von Implantaten die mit Fluocinolon angereichert sind und mit einer Nadel in den Glaskörper eingebracht werden. Pharmakokinetische Studien belegen die kontinuierliche Abgabe von Fluocinolon für mindestens ein Jahr und eine Reduktion des Makulaödems. Außerdem hat sich die intravitreale Anwendung von Bevacizumab (Avastin®) bewährt, einem monoklonalen Anti-VEGF-Antikörper, der in Österreich bereits offlabel angewandt wird. Er verringert nachweislich die Dicke des Makulaödems. Ebenso effektiv wirkt Ranibizumab (Lucentis®), am besten in Kombination mit der bewährten Lasertherapie. Allerdings fehlen noch Langzeitstudien, und so wird zum Teil befürchtet, es könnten bisher noch unbekannte systemische Effekte oder Nebenwirkungen auftreten (54,55). Unter Umständen kann bei der diabetischen Makulopathie auch eine Pars-planaVitrektomie indiziert sein. Wenn eine verdickte und straffe hintere Glaskörpergrenzmembran tangential am Makulaödem ziehen sollte, bleibt eine Operation als letzte mögliche Lösung. In der Fluoreszenzangiographie sieht man charakteristisch eine ungeordnete Leckage und ein zystisches Makulaödem. Mit der Optischen Kohärenztomographie wird entschieden, für welche Patienten diese Operation von Nutzen ist (48). Auch für die Therapie der proliferativen diabetischen Retinopathie ist die Laserbehandlung Mittel der Wahl. Dabei wird in mehreren Sitzungen eine so genannte panretinale Laserkoagulation durchgeführt. Unter Aussparung der großen Gefäßbögen, erfolgt die Laserbestrahlung von 1000-2000 Herden. Die Nebenwirkungen sind dieselben wie bei der fokalen oder Gitterlasertherapie des Makulaödems. Zusätzlich können sich Membranen auf der Makula ausbilden (epiretinale Gliose) (40). 39 Abbildung 6: Über dem oberen Gefäßbogen panretinale Laserkoagulate zur Therapie einer proliferativen diabetischen Retinopathie (Archiv der Universitäts-Augenklinik Graz) Ein weiterer Therapieansatz zielt auf eine Inhibition der Proteinkinase C (PKC) ab. Sie ist auch ein Faktor, der sich auf die Entstehung der diabetischen Retinopathie auswirkt. Durch andauernde Hyperglykämie erhöht sich im Blut der Diacylglycerolspiegel (DAG). Dieses ist wiederum für die Aktivierung der PKC verantwortlich. Einmal aktiviert kann die PKC zu diversen vaskulären Dysfunktionen führen und das Fortschreiten der diabetischen Retinopathie induzieren. Ruboxistaurin, ein PKC-Inhibitor, zeigte bereits in einer Studie seine Fähigkeit, die retinale Gefäßpermeabilität zu senken und Neovaskularisation zu vermindern. So soll oral verabreichtes Ruboxistaurin sich auf lange Sicht positiv auf die Sehschärfe bei diabetischer Retinopathie auswirken (41,56). Nach möglichen Alternativen wird weiterhin intensiv geforscht und eine eventuell in Zukunft verwendbare Therapiemöglichkeit stellen vom Hämangiom abgeleitete Stammzellen dar. Sie sollen sich im Auge zu Perizyten differenzieren und den Gefäßzellen ihre Stabilität wiedergeben. Allerdings sind klinische Studien noch ausständig (55). Obwohl in Tiermodellen gezeigt werden konnte, dass das Antioxidans Alpha Lipoinsäure wirksam mikrovaskuläre Komplikationen des Diabetes verhindern 40 kann, konnte dieser Effekt in einer Phase III Studie nicht nachgewiesen werden (57). Langdiskutierte Aldoseredukatse-Inhibitoren zeigen leider auch keine signifikante Besserung der Komplikationen bei Langzeitdiabetikern. Nur bei kurzfristiger Hyperglykämie sind sie in der Lage, die Hyperpermeabilität der retinalen Gefäße zu verringern (58). Bei Traktionsamotio oder schweren Glaskörperblutungen ist eine Vitrektomie indiziert. Dabei werden der Glaskörper mitsamt dem Blut entfernt und die Membranen von der Retina abgeschält. Um weitere Proliferationen und Blutungen zu vermeiden, sollte noch während der Operation eine Endolaserkoagulation durchgeführt werden (40). 41 3 Risikofaktoren der diabetischen Retinopathie 3.1 Glykämische Kontrolle und HbA1c Der Zusammenhang der diabetischen Retinopathie mit Hyperglykämie ist nahe liegend und gilt als schon lange etabliert (59). Für Typ 1 Diabetiker liegt nach 25 Jahren Erkrankung das Risiko für die Entwicklung einer diabetischen Retinopathie bei insgesamt 97%, und der stärkste und beständigste Risikofaktor ist die Hyperglykämie (60). Deshalb ist es für die Prävention wichtig, den Level der Blutglukose auf einem möglichst physiologischen Niveau zu halten. Studien konnten zeigen, dass eine intensive antiglykämische Therapie die Entstehung und Progression von mikrovaskulären Komplikationen signifikant verhindern (61,62) und den Bedarf an Photokoagulationen senken kann (63). Die langfristige Qualität der glykämischen Einstellung lässt sich mit dem HbA1cWert kontrollieren. Dieser Wert ist im Gegensatz zur Nüchternblutglukose weniger von kurzzeitigen Veränderungen des Lebensstils und den Nahrungsgewohnheiten abhängig. Er repräsentiert die langfristige Güte der therapeutischen Einstellung eines Patienten (64). Sowohl der Baseline HbA1c-Wert als auch der HbA1c im Verlauf beeinflussen stark die Inzidenz und Progression der diabetischen Retinopathie und eine intensive Therapie der selbigen verbessert nachweislich die Outcomes (63). Eine untere Grenze für den HbA1c-Wert wird mit 5,5% angegeben. Wird dieser Wert überschritten, steigt die Prävalenz der diabetischen Retinopathie merklich an (64). Eine weitere Studie legte 5,7% als optimalen cut-off Wert fest (65) und in drei anderen Publikationen werden wiederum Werte um 7,8% (Pima Indian Study), 7,5% (Egyptian Study) und 7,4% (NHANES III) empfohlen (66). Eine Abnahme des HbA1c-Wertes um 1% reduziert das Risiko für die Entstehung einer diabetischen Retinopathie bereits um 40% (67). Die Größe des HbA1c-Wertes in der Baseline war in der Wisconsin Epidemiologic Study ein starker Einflusswert auf die Progression einer bereits bestandenen 42 Retinopathie und auf die Entstehung eines Makulaödems. Diese Ereignisse konnten um 25% reduziert werden, wenn die Höhe des HbA1c um 1% gesenkt wurde (68). Dabei ist es jedoch wichtig, eine gute Einstellung des Diabetes so früh wie möglich anzustreben. Der Benefit ist größer, wenn bereits vor dem Auftreten erster Anzeichen der diabetischen Retinopathie mit einer intensiven Insulintherapie begonnen wird. Nichtsdestotrotz sollte auch bei schon etablierter Retinopathie und unabhängig von der Dauer des Diabetes, eine intensive glykämische Kontrolle angestrebt werden, da so eine Verbesserung und Verzögerung der Progression des Prozesses erreicht werden kann (68). Zudem wird geschildert, dass eine stufenweise Veränderung der Therapie, also zuerst diätische Maßnahmen und Sport, danach Sulfonylharnstoff und eventuell erst im Anschluss eine Insulintherapie das Risiko für mikrovaskuläre Spätkomplikationen erhöht. Auch aus diesem Grund wird ein frühzeitigeres Einsetzen von Insulinpräparaten als bisher üblich, empfohlen (69). Allerdings wurde auch von einer Verschlechterung des Zustandes nach schneller Anpassung an den gewünschten HbA1c-Level berichtet (70). Vor allem bei Patienten, die von oralen Antidiabetika auf Insulin umgestellt wurden, konnte ein gesteigertes Risiko für die Progression der diabetischen Retinopathie beobachtet werden. Allerdings kann dieser Umstand auch darauf zurückzuführen sein, dass retinale Veränderungen bereits vor der Insulintherapie, in einem Zustand der schlechten glykämischen Kontrolle, ihren Anfang genommen haben (71). Eine andere Erklärung könnte sein, dass unter Insulintherapie das Auftreten von Hypoglykämien häufiger ist und diese einen schlechten Einfluss auf die ohnedies geschädigten Gefäße ausüben (70). Unabhängig von der Ursache dieses Effektes sollte beim Beginn einer intensiven Insulintherapie der reverse Effekt auf die Mikrovaskulatur im Gedächtnis behalten werden und auf eine sorgfältige ophthalmologische Begleitung nicht vergessen werden. Bei jenen Patienten, die bereits vor dem Einleiten einer Insulintherapie eine schwere NPDR oder eine frühe PDR aufweisen, sollte eventuell vor dem therapeutischen Wechsel eine Photokoagulation erwogen werden (72). In den vergangenen Jahren konnte gezeigt werden, dass jährlich weniger Patienten von einer Progression in eine proliferative diabetischen Retinopathie 43 oder einem Makulaödem betroffen sind. Ursache dieses Ergebnisses könnte eventuell in einer Selektion durch Todesfälle und Überleben der Gesundesten liegen. Aber auch die bessere glykämische Einstellung während des Studienverlaufs könnte an dieser Regression beteiligt sein (68). 3.2 Dauer der Diabeteserkrankung Zahlreiche Studien haben den Zusammenhang der diabetischen Retinopathie mit der Dauer der Diabeteserkrankung als starker und unabhängiger Risikofaktor gesichert (59,73-77). Sie spiegelt die lange Exposition gegenüber der Hyperglykämie und anderen Risikofaktoren, die an der Entstehung und Progression der Retinopathie beteiligt sind, wieder. Dabei besteht allerdings keine linearere Assoziation mit diversen Risikofaktoren. Alle einwirkenden Risikofaktoren kumulieren und nach einer gewissen Zeit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Augenschädigung eklatant (78). Laut Sasongko et al. (2012) trägt die Dauer des Diabetes mit 51% am meisten zur Entstehung einer DR bei (79). Über die Anzahl der Jahre, die ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung vergangen sind und der Prävalenz einer diabetischen Retinopathie, gibt es verschiedene Zahlen. Pang et al. (2012) ermittelten ein 1,24-fach erhöhtes Risiko, wenn sich die Krankheitsdauer um fünf Jahre verlängert (80). Bei Dowse et al. (1998) ergab ein Vergleich zwischen neudiagnostizierten Diabetikern und Patienten, die schon zehn Jahre mit der Erkrankung leben, ein 9mal höheres Risiko für die Entwicklung einer DR (81). In einer Studie von Abu El-Asrar et al. (1999) wurden 502 Diabetiker (Typ 1 und 2) klinisch untersucht und auf ihre Risikofaktoren analysiert. Während die Inzidenz der Retinopathie für Typ 1 Diabetiker bei einer Dauer von ≤5 Jahren noch bei nur ca. 6% lag, stieg sie nach 10 jähriger Dauer auf über 60% an. Für Patienten mit Typ 2 Diabetes galten in denselben Zeitspannen Werte von 10% beziehungsweise 50% (75). Die Entstehung einer milden NPDR dauerte in einer Studie von Vitale et al. (1997) zwischen 0-18 Jahre – im Schnitt 7 Jahre. Die ersten Neovaskularisationen traten 44 nach einer Erkrankungsdauer von 10–21 Jahren auf. In Prozenten ausgedrückt: 10 Jahre nach dem Beginn einer milden NPDR, traten bei 20% der untersuchen Patienten Anzeichen von Gefäßneubildungen auf. Allerdings bedeutete frühere Entwicklung einer NPDR nicht automatisch, dass auch weniger Zeit zwischen NDPR und Neovaskularisationen verging und vice versa. Die Intervalle stehen in keinem Zusammenhang zueinander (82). Auch Varma et al. (2007) untersuchten die Progression einer NPDR in eine PDR. Sie fanden eine beinahe lineare Zunahme an PDR im Laufe von 20 Jahren Diabetesdauer (78). Ebenso konnte in der Wisconsin Epidemiology Study gezeigt werden, dass in einem milden, frühen Stadium der Retinopathie, eventuell vorhandene Risikofaktoren die Progression vorantreiben. Aber nach 10 – 15 Jahren Diabetesdauer nimmt diese Einflussnahme ab, und die Progression stagniert. Die Augen der Patienten, die bis dahin keine PDR entwickelt haben, beginnen sich dann zu verbessern. Der Grund dafür ist unbekannt (68). Auch eine andere Studie beobachtete dieses Phänomen (59). Die Entstehung einer schweren Retinopathie nach kurzer Krankheitsdauer ist selten und kommt bei Typ 1 Diabetikern so gut wie gar nicht vor (≤5 Jahren 0%). Dennoch ist auch kurz nach Diagnosestellung eines Diabetes mellitus eine ophthalmologische Untersuchung von Wichtigkeit, vor allem vor dem Hintergrund, dass häufig die Erkrankung schon seit Jahren unbemerkter Begleiter ist (75). Zusammengefasst kann gesagt werden: Je länger die Dauer des Diabetes mellitus desto höher das Risiko für eine diabetische Retinopathie. Zwar ist dieser Faktor für Patient und Arzt nicht beeinflussbar, doch das Wissen um diesen Zusammenhang unterstreicht noch einmal die Wichtigkeit regelmäßiger Kontrollen beim Facharzt. Ophthalmologen sollten ihre Patienten über den gravierenden Zusammenhang zwischen Dauer Untersuchungen forcieren. Aber und auch DR aufklären Internisten, und praktische regelmäßige Ärzte und Endokrinologen sollten über diese Assoziation Bescheid wissen und vor allem Diabetiker mit langer Krankheitsdauer dementsprechend auf diese Thematik sensibilisieren (83). 45 3.3 Alter Wenn man den Effekt des Alters der Patienten auf die diabetische Retinopathie untersuchen möchte, sollte man zwischen den zwei Typen des Diabetes mellitus unterscheiden. So differenzierten auch die Autoren des Thailand Diabetes Registry Projects und publizierten zwei Arbeiten. Bei Typ 2 Diabetikern stieg die Prävalenz der DR zwischen dem Alter von 30-69 Jahren an, erreichte einen Peak bei 60-69 Jahren (36,8%), um danach wieder abzusinken. Das Risiko für Patienten über 70 Jahren an einer DR zu erkranken, lag demnach nur noch bei 23,9% (84). Bei Typ 1 Diabetikern verschiebt sich dieser Zusammenhang nach vorne. Da die Patienten meist im jüngeren Alter bereits an Diabetes erkranken, steigt das Risiko für die Entwicklung einer DR im Alter von 10-39 Jahren, fällt allerdings ab 40 Jahren ebenfalls ab. Ein Peak in diesem Patientenkollektiv konnte in einem Alter von 30-39 Jahren festgestellt werden (30,7%). Patienten die jünger als 10 Jahre waren, waren in dieser Studie risikofrei, eine DR zu entwickeln (85). Auch bei Raman et al. (2009) gab es einen ähnlichen Zusammenhang zwischen dem Alter und der Prävalenz der DR. Während es einen relativ linearen Anstieg bis zur 6. Dekade gab, wurde diese Assoziation ab der 7. Dekade abgeschwächt und fiel dann schließlich ab. Ursache hinter diesem Phänomen könnte die Schwere und Häufigkeit von Komplikationen bei Diabetes im hohen Alter sein, was wiederum dazu führen könnte, dass viele Patienten gar nicht älter als 70 werden (77). Ähnliches berichteten Giuffré et al. (2004) in der Casteldaccia Eye Study. Auch in dieser Studie nahm die Häufigkeit für die Entwicklung einer DR nach der 6. Dekade ab. Neben besagter Theorie der gehäuften Sterblichkeit im höheren Alter vermuten die Autoren auch, dass late-onset Diabetesformen weniger schwer verlaufen und seltener mit einer DR assoziiert sind (86). Ebenso zeigten Cahill et al. (1997) einen Zusammenhang zwischen Alter und DR. Jüngere Patienten hatten ein höheres Risiko für die Entwicklung einer diabetischen Retinopathie, während ab dem 70. Lebensjahr die Prävalenz wieder sank (76). Fujisawa et al. (1999) bringen eine neue mögliche Ursache für diesen Effekt in die Diskussion ein. Denn in dieser Studie hatten jüngere Patienten, im Vergleich zu 46 ihrem älteren Gegenpart, auch ein erhöhtes Risiko eine PDR zu entwickeln. Neben dem bereits bekannten „Survivor-Effekt“, vermuten sie, dass ältere Patienten eine erhöhte Resistenz gegenüber der Wirkung von retinalen Proliferationsstimuli wie VEGF aufweisen könnten (87). Auch bei Dowse et al. (1998) spielt das Lebensalter eine Rolle, denn in ihrer Studie war das aktuelle Alter bei Diagnosestellung ein wichtiger Risikofaktor für die diabetische Retinopathie. Ihrer Meinung nach verhält sich das Alter bei neu diagnostizierten Diabetikern als Ersatzmarker für die Dauer. Bei bereits bekannten Diabetikern war das Alter der Patienten invers mit der DR assoziiert. Das bedeutet wiederum: je älter der Diabetiker desto geringer das Risiko an einer DR zu erkranken (81). Auch bei Davis et al. (1998) scheint sich das Alter eher protektiv auf die Entwicklung einer DR auszuwirken. Geringeres Alter und Typ 1 Diabetes waren in ihrer Studie ein Risikofaktor für die Progression einer DR in eine high-risk PDR (72). Eine Assoziation zwischen jüngerem Alter und der diabetischen Retinopathie fanden auch Wong et al in ihrer Singapore Malay Eye Study (88). Eine gute Zusammenfassung der bisher recherchierten Ergebnisse liefern Leske et al. (2005). Das frühe Erstauftreten eines Diabetes mellitus scheint einen negativen Effekt auf die Entwicklung einer diabetischen Retinopathie auszuüben. In der multivariaten Analyse fanden die Autoren, dass Patienten, bei denen erst im höheren Alter Diabetes mellitus diagnostiziert wurde, ein reduziertes Risiko für die DR-Entwicklung aufwiesen. Sie vermuten eine 30%ige Risikoreduktion für eine DR pro 10 Jahre späteren Ausbruchs des Diabetes mellitus (89). Doch nicht alle Publikationen kommen zu demselben Schluss. Bei Chatziralli et al. (2010) wird von einer Assoziation des Alters mit dem Schweregrad der DR berichtet, die allerdings in der multivariaten Analyse an Bedeutung verliert. Die Autoren vermuten, dass durch den engen Zusammenhang zwischen Alter und Dauer des Diabetes mellitus ein falscher Schluss gezogen wird. Für sie ist das Alter des Patienten kein unabhängiger Risikofaktor für den Schweregrad der DR (59). 47 Stratton et al. (2001) fanden einen höheren Anteil an älteren Patienten, mit fortgeschrittener DR. Somit hatte das Alter in ihrer Studie zwar keinen Zusammenhang mit der Inzidenz der DR, sehr wohl aber mit der Progression (63). Bei Pradeepa et al. (2008) gab es keinerlei Assoziation zwischen dem Alter der Patienten und ihrem Risiko an einer DR zu erkranken (74). Andere Studien hingegen kommen zu dem Schluss, dass ein erhöhtes Alter auch mit einem erhöhten Risiko, für die Entwicklung einer DR einhergeht (75,90,91). Laut Tan et al. (2010) könnten diese teilweise unterschiedlichen Ergebnisse bezüglich des Einflusses des Alters auf die diabetische Retinopathie auf andere Störfaktoren wie z.B. Genetik, Umweltfaktoren oder Lebensstil zurückzuführen sein. Sie empfehlen die Durchführung weiterer Studien, um eine definitive Aussage in Bezug auf Alter als Risikofaktor für die DR treffen zu können. Zwar ist dieser Faktor nicht modifizierbar, aber so wäre es möglich Patienten mit erhöhtem Risiko zu identifizieren und frühzeitig und richtig zu therapieren (92). 3.4 Geschlecht In vielen Studien wurde ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und der diabetischen Retinopathie als Parameter untersucht. Doch auch dieser Faktor kann keinem eindeutigen Studienergebnis zugeordnet werden, denn man findet in diversen wissenschaftlichen Publikationen unterschiedliche Resultate. Die relativ große UKPDS-Studie von Stratton et al. (2001) fand keine relevanten Geschlechtsunterschiede bei der Inzidenz der DR. Für die Progression der Retinopathie zeigte sich allerdings ein geringeres relatives Risiko für Frauen im Vergleich zu Männern (63). Auch in der WESDR-Studie fand man Diskrepanzen zwischen den Geschlechtern und der Progression der diabetischen Retinopathie (60). Männer hatten ein 35% erhöhtes Risiko für ein Voranschreiten der Erkrankung und eine um 45% erniedrigte Chance auf eine Regression. Diese Zahlen decken sich mit schon früher publizierten Ergebnissen, in denen von einer erhöhten Prävalenz für schwerere Formen der DR und für ernsthaften Sehverlust berichtet wurde. Die Autoren dieser Studie vermuten hormonelle Veränderungen als Ursache für diese 48 Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Sie bestimmten in zwei verschiedenen Gruppen die Serumwerte von Sexualhormon-bindendem Globulin. Jene Gruppe, die nach 6 Jahren wenig oder keine Progression zeigte, hatte höhere Werte dieses Globulins als jene Teilnehmer der Vergleichsgruppe, welche durch ein starkes Voranschreiten der Erkrankung definiert war. Aber auch andere, nicht-gemessene Faktoren könnten für den Geschlechterunterschied verantwortlich sein. Ähnliche Ergebnisse publizierten Chatziralli et al. (2010) Männliches Geschlecht wurde als Risikofaktor für die Entwicklung einer fortgeschrittenen DR ermittelt (59). Varma et al. (2007) fanden ein um 50% erhöhtes Risiko für Männer, an jeder Art der diabetischen Retinopathie zu erkranken. Für die Entwicklung einer PDR gab es allerdings keinen messbaren Zusammenhang mit dem Geschlecht. Mögliche Ursachen für dieses Ergebnis konnten die Autoren nicht nennen (78). Bei Rani et al. (2009) gab es zwar eine Assoziation zwischen männlichem Geschlecht und dem Vorhandensein jeglicher Art von diabetischer Retinopathie, allerdings nicht mit dem Schweregrad (93). Auch bei Pradeepa et al. (2008), Dowse et al. (1998) und Hosseini et al. (2009) fand man, dass Männer häufiger von einer diabetischen Retinopathie betroffen waren (74,81,90). Doch gibt es durchaus Publikationen, in denen ein anderer Zusammenhang gefunden wurde. So zum Beispiel in der ETDR-Studie, die ein - auch für die Autoren - unerwartetes und unerklärliches Ergebnis präsentierte. In dieser Studie waren es die Frauen, die ein erhöhtes Risiko für eine fortgeschrittene DR und schwerwiegenden Sehverlust hatten (72). Ebenso waren bei Wong et al. (2008) häufiger Frauen von einer schweren DR betroffen. In dieser Studie konnten die untersuchten Frauen diese Prädisposition allerdings durch die gewissenhafte Vermeidung weiterer Risikofaktoren reduzieren (88). Doch insgesamt scheint es doch eher eine Affinität der diabetischen Retinopathie für das männliche Geschlecht zu geben. Die genauen Ursachen sollten noch weiter erforscht werden, auch wenn dieser Risikofaktor nicht modifizierbar ist. Männer sollten über dieses erhöhte Risiko, an der diabetischen Retinopathie zu 49 erkranken, Bescheid wissen und umso mehr motiviert werden, veränderbare Faktoren auszuschalten um ihre Sehkraft möglichst lange zu erhalten. 3.5 Hypertension Über den Zusammenhang zwischen der diabetischen Retinopathie und einem erhöhten Blutdruck wird schon lange diskutiert und geforscht. Doch in den vergangenen Jahren verdichtete sich die Evidenz, dass die Hypertension tatsächlich zur Entstehung und Progression beiträgt (75,87,94-97). Die Pathogenese, die hinter der destruktiven Wirkung des Bluthochdrucks steht, ist noch nicht ganz geklärt. Die gängigste Hypothese sieht folgende Vorgänge als Ursache für die schädlichen Veränderungen in der Retina an: Bei länger andauernder Hyperglykämie wird die Autoregulation der retinalen Kapillaren gestört. Physiologischerweise können sich die kleinen Gefäße dank dieser Funktion den jeweiligen Druckverhältnissen anpassen, um so den Blutfluss konstant aufrecht zu erhalten. Ein Ausfallen dieser Funktion macht die Gefäße gegenüber erhöhtem Blutdruck anfällig. Denn durch die Hypertension, wirkt ein erhöhter Perfusionsdruck auf die kleinen Gefäße, der durch Scherkräfte das Endothel schädigt. Das begünstigt die Entstehung von Okklusionen und Mikroaneurysmen, wie sie für die diabetische Retinopathie typisch sind. Bestätigt wird die ungünstige Wirkung der Hyperperfusion durch die Beobachtung des protektiven Einflusses eines erhöhten intraokulären Drucks oder einer milden Carotisstenose. Beide Zustände reduzieren den Blutfluss und schützen so die retinalen Kapillaren vor Verletzungen durch Hypertension (78). Weiters erhöht der Blutdruck unabhängig vom Blutglukoselevel die Expression von VEGF in den retinalen Gefäßen. So kommt es zur verstärkten Ausbildung von verletzlichen Kapillaren, die charakteristisch für die proliferative DR sind (98). Die Diagnose Bluthochdruck (definiert als >140/80 mmHg (99)) wird bei Diabetikern häufig gestellt. Die Prävalenz ist im Vergleich zur Normalbevölkerung in etwa dreimal so hoch. In Zahlen ausgedrückt: 30% der Patienten mit Typ 1 Diabetes und 60% jener mit Typ 2, weisen eine Hypertonie als Komorbidität auf (98,100). 50 Leider wird der Blutdruck bei Diabetikern häufig nur insuffizient überprüft. In einer Studie von Sivaprasad et al. (2007) ließen sich nur ca. 40% der Studienteilnehmer innerhalb eines halben Jahres von einem Arzt kontrollieren. Wichtig wäre es, die Patienten vermehrt über die Diagnose erhöhter Blutdruck aufzuklären und sie für die Selbstmessung und Führung eines Logbuches zu motivieren (96). In einer Publikation aus dem Jahre 2001 postulierten Stratton et al. (2001), dass Hypertonie mit der Entstehung der diabetischen Retinopathie in Zusammenhang gebracht werden kann. Jene Patienten mit einem systolischen Wert von >140 mmHg zeigten ein signifikant höheres Risiko an einer DR zu erkranken. Aber auch ein Blutdruck von 125-139 mmHg steigerte die Inzidenz im Vergleich zu Werten <125 mmHg. Daher scheint der im Moment von der American Diabetic Association empfohlene Wert von <130/80 zu hoch angesetzt zu sein, um die Entstehung einer DR verhindern zu können (63,98). Wie bedeutend die richtige Einstellung des Bluthochdrucks bei Diabetikern ist, zeigte auch die UK Prospektive Study Group. Mit dem strikten Therapieziel von <150/85 mmHg konnte eine Risikoreduktion von 34% in der Progression der DR erreicht werden. Auch die Entstehung einer Makulopathie konnte verhindert werden. Da diese stark zum Verlust der Sehkraft beiträgt und dabei aber schlecht auf Photokoagulation anspricht, wäre die optimale Therapie des Hypertonus ein wichtiger Beitrag zur Vermeidung von Blindheit. Zusätzlich senkte sich auch das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Schlaganfall und Herzinfarkt um 24% (94). Diastolischer Blutdruck und Hypertension sind auch in der WESDR Prädiktoren für die Progression der Retinopathie. Eine Erhöhung des diastolischen Wertes um 10% führte nach 14 Jahren zu einer Risikoerhöhung von 35% in Bezug auf die Progression. Die Inzidenz wiederum scheint vom systolischen Blutdruckwert abhängig zu sein. Beide Ergebnisse legen eine möglichst physiologische Einstellung des Blutdrucks nahe, um sowohl Inzidenz als auch Progression der diabetischen Retinopathie zu verhindern (68). In der Barbados Eye Study wurde eine mögliche Assoziation von Blutdruck mit der Inzidenz der diabetischen Retinopathie über neun Jahre beobachtet. Höherer systolischer und diastolischer Blutdruck waren eindeutig mit der Entwicklung einer 51 DR assoziiert. Weiters konnte das Risiko, an einer diabetischen Retinopathie zu erkranken, durch eine antihypertensive Therapie halbiert werden (89). Der Zeitpunkt für die Entstehung einer proliferativen DR kann durch Hypertension beeinflusst werden. Ein höherer Blutdruck war bei Vitale et al. (1997) signifikant mit einem höheren Risiko für die Entwicklung von Neovaskularisationen assoziiert (82). Der Bluthochdruck ist bei Diabetikern allerdings schwer einzustellen. Mehr als 60% der Patienten benötigen mindestens zwei Antihypertensiva, um das Ziel von <130/85 zu erreichen, 30% sogar mehr als drei (94,96). Trotzdem sollte sich der therapierende Arzt bemühen, eine gute Einstellung des Blutdrucks zu erreichen. Vor allem bei jungen Diabetikern genügt schon ein leicht erhöhter Blutdruck, um das Risiko für die Progression einer DR zu steigern. Dabei ist noch nicht gesichert, welches Therapeutikum den optimalen Nutzen erzielt (101). In einer Studie wurden der ACE-Hemmer Captopril und der Beta-Blocker Atenolol untereinander verglichen. Beide Medikamente zeigten eine äquivalente Fähigkeit, den Blutdruck zu senken (98). Die Anwendung des Angiotensin-II-Blockers Candesartan zeigte in der DIRECT Studie eine ausgesprochen positive Wirkung auf die diabetische Retinopathie. Es konnte nachweislich eine Verbesserung oder sogar Regression beobachtet werden (102). Auch die fixe Kombination des ACE-Hemmers Perindopril und des Diuretikums Indapamid konnte klar zur Reduktion der Inzidenz und Progression der DR beitragen (103). Die Wirksamkeit der Blutdrucksenkung scheint gesichert zu sein, trotzdem werden weitere Studien notwendig sein, um das optimale Medikament zur Blutdrucksenkung bei Diabetikern zu finden und einen möglichen Grenzwert zu identifizieren. 3.6 Dyslipidämie Die Dyslipidämie gilt als gesicherter Risikofaktor für renale Komplikationen des Diabetes mellitus. Für die diabetische Retinopathie ist die Studienlage noch nicht klar und oft widersprüchlich. Es häufen sich jedoch Evidenzen, dass erhöhte 52 Blutfettwerte mit Morbidität und Schweregrad der DR und des Makulaödems in Zusammenhang stehen könnten (104), wobei es zum diabetischen Makulaödem eine stärkere Verknüpfung als zur DR zu geben scheint (105). Da 20-30% der Diabetiker an einer Dyslipidämie leiden, wäre eine mögliche Assoziation mit der diabetischen Retinopathie von großem Interesse und ist daher noch immer im Fokus der Wissenschaft (106). Die Mechanismen, die hinter einer schädigenden Wirkung erhöhter Lipide stehen, sind noch nicht ganz geklärt. Ein möglicher Zusammenhang wird in einer Zunahme der Blutviskosität und Veränderungen des fibrinolytischen Systems vermutet. Beides kann zur Bildung von harten Exsudaten führen. Darunter versteht man die Ablagerung von Lipiden und Proteinen in der Retina, die bei einer ophthalmologischen Untersuchung als spritzerförmige, weiße Punkte zu erkennen sind (107,108). Eine weitere Theorie sieht eine endotheliale Funktionsstörung durch lokale Entzündungsreaktionen hinter der schädigenden Wirkung erhöhter Lipidwerte. In Tiermodellen resultierte diese Dysfunktion des Endothels schließlich in einer Störung der Blut-Retina-Schranke (109). Die Folge kann die Bildung eines Makulaödems sein, welches häufig zum Verlust der Sehkraft bei Diabetikern beiträgt (110). Vor allem Lipoprotein(a) [Lp(a)] wird seit einiger Zeit als potentieller Kandidat für die Schädigung der retinalen Gefäße in Betracht gezogen. Es besteht aus einem Komplex aus Apolipoprotein(a) [apo(a)] und apoB-100 und ähnelt in seiner Struktur dem Plasminogen, welches eine wichtige Rolle in der Fibrinolyse spielt. Durch diese Ähnlichkeit konkurriert es um die Bindungsstellen des Plasminogenaktivators. So wird Lipoprotein(a) eine antifibrinolytische Wirkung nachgesagt, welches das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse erhöht. Ob diese Wirkung auch für die Entwicklung eine diabetischen Retinopathie eine Rolle spielt, wird bislang noch widersprüchlich diskutiert. Während zum Beispiel in einer Studie von Larsson et al. (1999) ein Zusammenhang zwischen Lp(a) und dem Schweregrad der DR gefunden wurde (111), war bei einer Studie von Ergün et al. (2004) keine Assoziation zwischen Lp(a) und DR nachweisbar (112). Eventuell könnten diese unterschiedlichen Ergebnisse auf die verschiedenen Diabetestypen, Ethnien oder Untersuchungsmethoden der Studien zurückzuführen sein. 53 Es folgt nun eine Metaanalyse diverser Studien, deren Ergebnisse hier zusammengefasst werden. Die Resultate der Autoren unterscheiden sich dabei teilweise beträchtlich. Bei Tapp et al. (2003) zum Beispiel gab es gar keine Relation zwischen Höhe der Serumlipidkonzentration und der Retinopathie (73). Klein et al. (1998) kamen in einer Studie zu dem Ergebnis, dass die Höhe des Cholesterinspiegels zwar mit dem Vorhandensein harter Exsudate korrelierte, jedoch kein signifikanter Zusammenhang zwischen Lipiden und einer diabetischen Retinopathie bestand. Zwar gab es zuerst Hinweise auf eine Assoziation, diese relativierten sich jedoch nach dem Einbeziehen anderer Covarianten (68). Doch das Ausmaß der Exsudate sollte nicht unterschätzt werden, hängen diese doch stark mit dem Risiko eines Sehverlusts zusammen. Deshalb könnte eine Senkung des Cholesterins trotzdem von Interesse sein. Zusätzlich kann es bei Ausbildung von massiven harten Exsudaten zur Entwicklung einer subretinalen Fibrose kommen, die im schlimmsten Fall zu permanentem Sehverlust führen kann (104). Es existieren auch zahlreiche Studien, in denen der Zusammenhang zwischen Dyslipidämie und DR oder einem Makulaödem klar gezeigt werden konnte. Eine dieser Studien ist die Early Treatment Diabetic Retinopathy Study (EDTRS). Dabei wurden 3711 Patienten mit NPDR oder früher PDR registriert und für 3 bis 9 Jahre begleitet. Die Höhe der Serumlipide in der Baseline erwiesen sich als Risikofaktoren für Präsenz und Progression harter Exsudate, die wiederum mit einer Abnahme der Sehkraft assoziiert waren. Außerdem waren speziell Triglyceride mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer schweren PDR verbunden (72). Zu einem etwas anderen Ergebnis kam die Umeå-Study. Triglyceride korrelierten zwar signifikant mit der Stärke der diabetischen Retinopathie, in der multivariaten Analyse konnte allerdings keine Evidenz für diesen Zusammenhang gefunden werden. Doch vor allem war Cholesterin ein starker Faktor, der mit dem Schweregrad der DR korrelierte (111). Eine weitere Studie ist jene von Miljanovic et al. (2004), die den Zusammenhang zwischen Lipiden und dem Risiko eines Makulaödems untersuchten. Dieser wäre biologisch plausibel, da die Theorie des Zusammenbruchs der Blut-RetinaSchranke eng mit Lipiden verknüpft ist. Während diverse Lipidparameter (Cholesterin, LDL, HDL/Cholesterin Ratio, Triglyceride) keine Assoziation mit 54 Progression einer DR oder PDR zeigten, waren sie starke Risikofaktoren für die Entwicklung von harten Exsudaten und eines klinisch signifikanten Makulaödems (110). Auch bei Raman et al. (2010) stand das CSME in Zentrum des Interesses. Der Cholesterinwert wurde als Risikofaktor für die Entwicklung eines CSME identifiziert (113). Ebenso fand man bei Benarous et al. (2011) kein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer DR und erhöhten Serumlipiden, dafür aber eine unabhängige Assoziation mit CSME. Der Grund für diesen differenzierten Zusammenhang wird in folgendem Mechanismus vermutet: Serumlipide scheinen nur Einfluss auf schwere Formen der diabetischen mikrovaskulären Folgeschäden zu haben. Ihre schädliche Wirkung beruht nur auf Exsudation aus bereits geschädigten Gefäßen in späten Stadien. Unterstützt wird diese Theorie durch die Beobachtung, dass erhöhte Blutfette bei Nicht-Diabetikern keinen okulären Schaden verursachen (105). Inzidenz des Makulaödems und Blutcholesterinwerte standen auch bei El-Asrar et al. (1999) in engem Zusammenhang. Es fand sich auch, dass bei Patienten mit diabetischer Retinopathie ein erhöhter Level an Serumcholesterin messbar war (75). Die Studie von Rema et al. (2006) machte auch einen Zusammenhang zwischen Lipiden und Makulaödem deutlich. Nur war es in dieser Analyse das LDL, welches für die erhöhte Inzidenz der DME verantwortlich gemacht wurde (109). Insgesamt kann jedoch kein einzelner Lipidparamter für einen Zusammenhang mit der diabetischen Retinopathie verantwortlich gemacht werden. Sasongko et al. (2011) empfehlen daher in ihrer Studie, die Apolipoproteine in die Diagnostik mit einzubeziehen. Während sie traditionelle Lipidparameter nicht mit DR in Verbindung bringen konnten, waren niedrigere apoA1-Level und höhere apoBLevel und eine höhere apoB/apoA1-Ratio mit einem gesteigerten Risiko für DR assoziiert. Diese Ergebnisse scheinen mit dem Wissen, dass apoA1 das Hauptstrukturprotein des HDLs und apoB jenes des LDLs, IDLs und VLDLs sind, sehr plausibel zu sein. Die Messung der Apolipoproteine hat zwei Vorteile: sie sind gegenüber den bisher üblichen Lipidparametern vom prandialen Status unabhängig, und sie kommen in mehreren Lipoproteinen vor. Werden z.B. nur 55 HDL und LDL gemessen, wird der Beitrag der anderen Lipoproteinen zur DR vollkommen ausgeblendet (114). Zusammenfassend gesagt, ist die Beziehung zwischen erhöhten Blutfettwerten und der Entwicklung einer diabetischen Retinopathie bis heute nicht zufriedenstellend geklärt. Es häuft sich jedoch die Evidenz, dass es zumindest eine Relation zwischen diversen Lipidparametern und der Entstehung von harten Exsudaten, beziehungsweise in weiterer Folge von Makulaödemen geben könnte. Weitere Forschungsarbeit wird von Nöten sein, um diesbezüglich eine eindeutige Antwort geben zu können. Bleibt die Frage offen, ob es, vom heutigen Standpunkt aus betrachtet, sinnvoll ist, bei Diabetikern mit einer Dyslipidämie als Komorbidität, eine lipidsenkende Therapie einzuleiten. Es existieren bislang einige Publikationen die auf diese Thematik Bezug nehmen. Cusick et al. (2003) zum Beispiel veröffentlichten Falldokumentationen, in denen zwei Diabetiker mit erhöhten Blutfettwerten Simvastatin (ein HMG-CoA-Redukatsehemmer) als lipidsenkende Medikation erhielten. Nach Reduktion der Serumlipide und Photokoagulation kam es bei beiden Patienten zur drastischen Regression der davor beobachteten harten Exsudate (108). Sen et al. (2002) versuchten auch durch die Anwendung von Simvastatin die retinalen Outcomes von Diabetikern zu verbessern. Dies konnte tatsächlich gezeigt werden. Von 50 Studienteilnehmern erhielt eine Hälfte Simvastatin, die andere Hälfte Placebo. Nach 6 Monaten wurden die Resultate verglichen. Während sich die Sehkraft in der Simvastatin-Gruppe verbesserte, verschlechterte sich die DR bei 7 Patienten, die ein Placebo erhalten hatten und 1/3 entwickelte eine CSME. Dadurch bestätigte sich der Verdacht, das Lipidprofil könnte zur Verschlechterung der DR beitragen und Patienten könnten von einer lipidsenkenden Therapie profitieren (106). Gupta et al. (2004) untersuchten die Wirkung von Atorvastatin auf retinale Komplikationen des Diabetes mellitus. An dieser Studie nahmen 30 Patienten mit Typ 2 Diabetes teil, bei denen bereits ein Makulaödem diagnostiziert wurde. Diese wurden in zwei randomisierte Gruppen eingeteilt. Nur Gruppe A erhielt einmal am Tag oral Atorvastatin, bis das Cholesterinziel von <150mg/dl erreicht wurde. Nach 56 18 Wochen konnte, durch die Reduktion der Blutfettwerte in Gruppe A, eine deutliche Verbesserung des Ausmaßes an harten Exsudaten erhoben werden. Zusätzlich reduzierte Atorvastatin das Risiko einer subretinalen Fibrose (115). Diese Ergebnisse machen deutlich, dass eine lipidsenkende Therapie zwar die Progression verlangsamen, die Entwicklung einer DR allerdings nicht verhindern kann (105). Klein et al. (1999) kommen auch zu dem Fazit, dass eine medikamentöse Beeinflussung der Lipidlevel nicht zur Behandlung der Inzidenz oder des Schweregrades der DR angezeigt ist (116). Trotzdem wird bei Diabetikern mit Fettstoffwechselstörungen eine lipidsenkende Therapie eingeleitet, da der kardiovaskuläre Benefit als unumstritten gilt. Doch mit dem Wissen, dass Lipide die Entwicklung von harten Exsudaten beeinflussen können, sollte eine regelmäßige Kontrolle der Blutfette nicht vergessen werden (117). Weitere Studien werden notwendig sein, um eine definitive Aussage in Bezug auf die Wirksamkeit der Lipidsenkung auf die diabetische Retinopathie treffen zu können. 3.7 Zigarettenkonsum Es wird geschätzt, dass in etwa 25% der Diabetiker in den USA und Westeuropa regelmäßig Zigaretten konsumieren, was sich negativ auf die metabolische Einstellung auswirkt. Um möglichst normoglykämische Blutzuckerverhältnisse zu schaffen, werden wesentlich größere Insulindosen benötigt. Außerdem erhöht sich das Risiko für makro- und mikrovaskuläre Komplikationen (118). Während auch die Assoziation mit Komplikationen wie der Nephropathie oder Neuropathie als gesichert gilt, ist die Studienlage in Bezug auf die Retinopathie nicht eindeutig (119). Krishnaiah et al. (2007) fanden in ihrer Studie Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Rauchen und der diabetischen Retinopathie. Sie beschreiben den Konsum von Zigaretten oder Zigarren als möglichen, modifizierbaren Risikofaktor für die Entwicklung einer DR (97). Ebenso postulierten Chaturvedi et al. (1996) ein erhöhtes Risiko für eine Retinopathie bei rauchenden Diabetikern im Vergleich zu jenen, die niemals geraucht hatten. In ihrer Studie kamen sie außerdem zu dem Ergebnis, dass sich 57 durch das Beenden des regelmäßigen Zigarettenkonsums, die Prävalenz der diabetischen Komplikationen wieder jener der Nichtraucher angleicht (120). Klein et al. (1998) fanden in ihrer Wisconsin Epidemiology Study weder einen Zusammenhang zwischen Inzidenz noch Progredienz der diabetischer Retinopathie und Rauchen. Ein schwach protektiver Effekt des Rauchens auf die DR, verschwand in der multivariaten Analyse (68). Bei Stratton et al. (2001) jedoch wirkte sich Rauchen tatsächlich positiv auf die Entwicklung neuer Läsionen und der Progression einer bestehenden DR aus. Gegenwärtig rauchende Teilnehmer der Studie hatten nur ein relatives Risiko von 0,63 an einer DR zu erkranken. Dieser schützende Effekt des Zigarettenkonsums könnte auf die blutdrucksenkende Wirkung des Rauchens oder pharmakologische Auswirkungen des Nikotins sowie anderer Inhaltsstoffe zurückzuführen sein. Gründe, warum andere Studien diesen Zusammenhang nicht finden konnten, sehen Stratton et al. (2001) eventuell in der vergleichsweise kleinen Teilnehmerzahl anderer Studien. Auch ein Publikationsbias wird als Ursache für die unterschiedlichen Studienergebnisse in Betracht gezogen. Ärzten könnte es widerstreben, ähnliche Ergebnisse zu publizieren (63). Die Unterschiede zwischen rauchenden und nichtrauchenden Diabetikern standen im Interesse einer Studie von Solberg et al. (2004). Sie stellten fest, dass Diabetiker die rauchten, sich weniger gesund fühlten, häufiger depressiv waren und sich weniger oft Kontrollen, HbA1c-Tests und Augenuntersuchungen unterzogen (121). Außerdem sind sie weniger aktiv und bekommen geringere Unterstützung von ihren Familien. Insgesamt waren rauchende Studienteilnehmer weniger adhärent beim Management des Diabetes mellitus und Prävention von Spätkomplikationen. Dies könnte ein Grund für das teilweise schlechtere Outcome von Rauchern in Bezug auf die Retinopathie sein. Inwiefern sich Rauchen direkt auf die DR auswirkt, sollte noch weiter untersucht werden, um mehr Evidenzen zu erlangen und konkreter Aussagen treffen zu können. Es scheinen genetische als auch nichtgenetische Variablen an dem Effekt des Rauchens auf die Retinopathie beteiligt zu sein (122). Trotz der nicht schlüssigen Ergebnisse bisheriger Studien bleibt das Risiko für makrovaskuläre Ereignisse und Lungenerkrankungen bestehen. Daher sollte jeder 58 Raucher motiviert werden, sich von seinem Laster zu befreien, um so kardiovaskuläre und pulmonale Morbidität und Mortalität möglichst zu verhindern oder zumindest so gering wie möglich zu halten (117). 3.8 Nephropathie Unter physiologischen Bedingungen produziert die Niere des Menschen ein Ultrafiltrat des Blutes, aus dem im proximalen Tubulus vor dem Ausscheiden wieder 90% der Proteine rückresorbiert werden. In der Frühphase der diabetischen Nephropathie findet man aber häufig geringe Spuren von Eiweiß im Urin, dies wird als Mikroalbuminurie bezeichnet (30-300 mg/24h oder 20-200 mg/l). Diese stellt häufig das erste klinische Zeichen einer renalen Schädigung im Zuge des Diabetes mellitus dar (1). Das Auftreten einer Mikroalbuminurie stand in einer Studie von Manaviat et al. (2004), neben anderen bereites bekannten Faktoren, wie der Höhe des HbA1c und der Dauer des Diabetes mellitus, in direktem Zusammenhang mit dem Schweregrad der diabetischen Retinopathie. Doch wieso könnte die Mikroalbuminurie, als Ausdruck einer Nierenschädigung, ein Risikofaktor für das Voranschreiten einer DR sein? Die Autoren vermuten, dass durch den erhöhten Blutdruck der im Zuge einer Nephropathie entsteht, die Gefäße der Retina zusätzlich geschädigt werden. Auch erhöhte Werte an Fibrinogen oder Lipoproteinen im Serum bei Nierenschädigung könnten an der Progression beteiligt sein (123). Savage et al. (1996) führten eine große Populationsstudie mit 950 Typ 2 Diabetikern durch, in der eine erhöhte Albuminexkretion nicht nur mit einer erhöhten Prävalenz einer DR, sondern auch mit dem gesteigerten Vorkommen einer Neuropathie und kardiovaskulären Erkrankung, einherging. Daher vermuten die Autoren, dass eine Albuminausscheidung über den Harn nicht nur den Indikator für eine Nierenerkrankung darstellt, sondern auch eine generalisierte Schädigung von Gefäßen im gesamten Körper reflektiert (124). Auch bei Aiello et al. (2001) wird in einer Publikation über einen Zusammenhang zwischen DR und Nephropathie nachgedacht. Klar scheint, dass es eine 59 Verbindung zwischen renaler und retinaler Angiopathie zu geben scheint, auch wenn das häufige gemeinsame Auftreten auf gemeinsame prädisponierende Faktoren wie Hyperglykämie und Bluthochdruck zurückgeführt wird. Die Nephropathie wird hier nicht explizit als Risikofaktor für die DR angeführt (117). Klein et al. (1998) tun dies hingegen schon. Eine Proteinurie in der Baseline war mit einem 96%igem Anstieg des Risikos für die Progression in eine PDR und mit einem 95%igem Anstieg für die Inzidenz eines Makulaödems verbunden. Auch wenn in der multivariaten Analyse nur mehr ein erhöhtes Risiko für ein Makulaödem blieb. Die Ursache für diesen Zusammenhang ist unklar. Veränderungen im Renin-Angiotensin-System, erhöhtes Fibrinogen oder bislang ungemessene metabolische oder rheologische Schwankungen könnten mit einer verstärkten retinalen Ischämie vergesellschaftet sein und so zur Progression beitragen. Auch in einer anderen Studie konnte eine ähnliche Assoziation nachgewiesen und durch Dialyse teilweise eine Verbesserung erzielt werden (68). Weitere Studien untersuchten den Zusammenhang zwischen Nephropathie und DR und fanden, dass eine erhöhte Ausscheidung von Albumin mit dem Harn entweder ein Risikofaktor für die Entwicklung einer DR war (80,81,84) oder aber für die Prävalenz einer PDR oder Progression einer bereits bestehenden DR in eine PDR (83,87,125). In Summe vermuten die meisten Autoren allerdings, welche Pathogenese hinter diesen Zusammenhängen stehen könnte. Immer wieder wird auf eine generalisierte Gefäßschädigung, die im Laufe des Diabetes mellitus entsteht, für die Assoziation verantwortlich gemacht. Aber auch andere Faktoren, die bislang noch im Dunkeln liegen, könnten eine Rolle spielen (74). Auf alle Fälle könnte die Albuminurie als Marker für die Höhe des Risikos, eine DR oder PDR zu entwickeln, herangezogen werden. Auch im Serum gemessene Kreatinin- oder Harnstoff-Werte wären mögliche Parameter, die für eine Nierenschädigung typisch sind und die die Aufmerksamkeit auf die Augen des Diabetikers lenken könnten. Bei Nguyen et al. (1996) war die HarnstoffKonzentration zum Zeitpunkt der Präsentation bei Typ 2 Diabetikern der drittstärkste Risikofaktor für die Prävalenz einer DR (91). 60 Mit diesem Zusammenhang vor Augen scheint es klar zu sein, dass Patienten mit Anzeichen einer Nephropathie auch engmaschig ophthalmologisch kontrolliert werden sollten, um rechtzeitig eine Schädigung der retinalen Gefäße erkennen zu können. Ob allerdings eine Verminderung der Albuminexkretion sich auch positiv auf die Mikrovaskulatur der Netzhaut auswirkt, ist bislang noch fraglich (123). Weitere Studien in diese Richtung könnten eventuell einen therapeutischen Nutzen für die diabetische Retinopathie mit sich bringen. 3.9 Genetik Die Prävalenz der diabetischen Retinopathie unterscheidet sich in verschiedenen Ethnien teilweise so stark, dass seit Längerem über eine genetische Komponente, die an der Entstehung der Erkrankung beteiligt sein könnte, nachgedacht wird. Auch das erhöhte Risiko unter Familienmitgliedern deutet auf eine genetische Einflussnahme in der Pathogenese hin. So haben Geschwister von erkrankten Personen ein etwa dreifach erhöhtes Risiko, an einer diabetischen Retinopathie zu erkranken, als Individuen ohne familiären Hintergrund (126). Gestärkt wird diese These auch durch die große Variabilität in der Erkrankungsfrequenz, die nicht alleine biologisch, biochemisch oder umweltbedingt erklärbar ist. So wurde die Bedeutsamkeit einer guten Blutzuckereinstellung bereits in Kapitel 4.1. ausgearbeitet, dennoch präsentieren sich im klinischen Alltag immer wieder Patienten, die trotz schlechter HbA1c- oder Blutdruckwerte keine DR entwickeln, während im umgekehrten Fall andere Patienten mit einer guten Kontrolle der Risikofaktoren bereits nach kurzer Zeit an einer DR erkranken (127). Die vielgestaltigen Schwankungen des Genaufbaus jedes Individuums, können die Genexpression und –antwort auf Umweltfaktoren entscheidend beeinflussen. Dies könnte möglicherweise die große Streubreite unter verschiedenen ethnischen Gruppen, die Häufung innerhalb von Familien und die Wechselhaftigkeit der Entstehung einer DR erklären (128). Studien verwenden zwei verschiedene Vorgehensweisen, um genetische Komponenten in der Entstehung von komplexen Erkrankungen ausfindig zu machen. In Linkage-Studien wird davon ausgegangen, dass in Familien deren 61 Mitglieder überzufällig häufig die gleichen Allele aufweisen und an DR erkrankt sind, genetische Prädispositions-Loci zu finden sind. Andere Studien versuchen so genannte Kandidatengene zu identifizieren, indem zwei Gruppen untersucht werden (eine Gruppe mit erkrankten, die andere mit gesunden Teilnehmern) und die unterschiedliche Häufung genetischer Varianten unter den zwei Gruppen verglichen werden. In den letzten Jahren konnten durch neuere Technologien und durch Kostenreduktion in der Durchführung die genomweiten Assoziationstudien (GWAS) häufiger durchgeführt werden. Ziel hierbei ist es, eine Erkrankung mit einer genetischen Variation in Verbindung zu bringen, wobei meist SNPs untersucht werden und eine große Teilnehmeranzahl notwendig ist. Dabei können aber schnell mehrere tausend SNPs ausgewertet und durch Algorithmen mit klinischen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Mit dieser Methode konnte man kürzlich Gen-Loci für komplexe Erkrankungen wie KHK und DM I und II bestimmen (127). Aldosereduktase: Einer der möglichen genetischen Kandidaten für die Beeinflussung der Retinopathie ist das Aldosereduktase-Gen. Das Enzym Aldosereduktase (ALR) ist für Umwandlung von Glukose zu Sorbit verantwortlich, welches bei einem Überangebot von Glukose intrazellulär kumuliert und dort zu osmotischen Stress führt. In Tiermodellen hat dieser Vorgang zur Ausbildung von Mikroaneurysmen, Basalmembranverdickung und Perizytenverlust geführt. Alle drei Prozesse zählen zu den Hauptmerkmalen einer diabetischen Retinopathie (129). Wang et al. (2003) untersuchten in ihrer Studie bei 738 Patienten chinesischer Abstammung den Zusammenhang zwischen zwei Polymorphismen des ALR-Gens und der Entstehung einer DR und diabetischen Nephropathie. Personen mit dem z-2 tragenden Genotyp hatten ein signifikant höheres Risiko, an beiden Leiden zu erkranken. Somit stand für die Autoren eine Assoziation des ALR-Polymorphismus mit mikrovaskulären Komplikationen fest (130). In einer brasilianischen Studie von Richeti et al. (2007) wurden ähnliche Zusammenhänge beobachtet. Patienten mit einem ALR-Polymorphismus hatten verglichen mit den Individuen ohne diese Genvariante ein dreifach erhöhtes Risiko, eine PDR zu entwickeln (131). 62 Zu dem gleichen Ergebnis kam eine japanische Studie, in der die Länge der Dinukleotid-Wiederholungen des ALR-Gens mit einer Disposition für die Ausbildung der DR in Verbindung stand (132). Demgegenüber stehen allerdings auch einige Publikationen, in denen der Versuch, eine Assoziation zwischen ALR-Polymorphismen und DR nachzuweisen, fehlschlug. Eine brasilianische Studie z.B. konnte diesen Zusammenhang nicht beweisen (133). Ebenso scheiterte eine Studie mit 127 koreanischen Patienten daran, die Hypothese zu bestätigen (134). Zusammenfassend überwiegen Studien mit einem positiven Ergebnis betreffend den ALR-Polymorphismus. Diese Evidenzen können allerdings mit der Beobachtung ausgeglichen werden, dass in klinischen Studien bisher die Progression der DR durch Aldosereduktase-Inhibitoren nicht verhindert werden konnte (127). Daher kann bis zum heutigen Tag keine gesicherte Aussage über das erhöhte Risiko für die Entwicklung einer DR und den ALR-Genvarianten getroffen werden. VEGF: Ein weiterer Anwärter, der für eine mögliche genetische Anfälligkeit der DR verantwortlich gemacht werden könnte, ist das VEGF-Gen und seine SNPs. Das multifunktionale Zytokin VEGF ist für mehrere pathologische Prozesse im Auge verantwortlich: es erhöht die Permeabilität der Gefäße, führt konsekutiv zu einem Zusammenbruch der Blut-Retina-Schranke und induziert Neovaskularisationen in der PDR. Die Durchlässigkeit und Fragilität der neuen Gefäße kann Netzhautödeme und intravitreale Blutungen mit sich bringen, die zu einer ernsthaften Bedrohung der Sehleistung beitragen können. Die Expression des VEGF-Proteins wird stark durch genetische Variabilitäten des VEGF-Gens beeinflusst, wodurch es seit längerer Zeit Gegenstand der Forschung ist (135). Al-Kateb et al. (2007) fanden in einer Studie mit 1369 Teilnehmern kaukasischer Abstammung mehrere Varianten des VEGF-Gens, die mit der Entwicklung einer schweren DR assoziiert sind (136). Zu dem gleichen Ergebnis kamen Churchill et al. (2008), die in einer kleineren Fall-Kontroll-Studie VEGF-SNPs mit der Entwicklung einer DR in Zusammenhang bringen konnten (137). Speziell die Promoter-Regionen des VEGF-Gens scheinen mit einem erhöhten Risiko einer DR bei Diabetikern einher zu gehen. Drei SNPs dieser Region waren 63 Gegenstand der Forschung in einer chinesischen Studie, die alle drei zu einer Prädisposition für die Erkrankung einer DR führten (138). Auch Abhary et al. (2009) und Suganthalakshmi et al. (2006) konnten eine Assoziation von mehreren SNPs des VEGF-Gens mit einem erhöhten Risiko der Ausbildung einer DR, sowohl in Typ 1 als auch Typ 2 Diabetikern und das unabhängig von Dauer und Qualität der Blutzuckereinstellung (139,140). Dennoch fand man bei einer Metaanalyse aus dem Jahr 2009, in die sechs Polymorphismen einbezogen wurden, keine statistisch signifikante Assoziation zur Entwicklung einer DR (135). Zusammenfassend konnten in der Mehrzahl der zu diesem Thema durchgeführten Studien ein Zusammenhang der VEGF-Polymorphismen und der DR hergestellt werden. Dieses Ergebnis unterstützen die im Moment durchgeführten klinischen Studien zur Effizienz der Anti-VEGF-Therapeutika, die bereits am Markt sind und am Patienten angewandt werden (127). AGE: Advanced Glycation End Products entstehen aus Proteinen und Lipiden, die für längere Zeit hyperglykämischen Bedingungen ausgesetzt sind, wie es bei Diabetikern häufig der Fall ist. Kumulieren diese glykierten Makromoleküle im Körper, tragen sie zum Fortschreiten der DR bei, indem sie Gewebe direkt schädigen und spezielle Rezeptoren für AGEs aktivieren. Durch Bindung dieses spezifischen Liganden an den Receptors for Advanced Glycation Endproducts (RAGE) werden Zytokine ausgeschüttet, die zur gesteigerten vaskulären Permeabilität beitragen und so die Progression der DR beschleunigen (127). In einigen Studien wurden SNPs des RAGE-Gens und deren Zusammenhang mit der DR untersucht. Einer der Polymorphismen ist Gly82Ser im Exon 3 des Chromosoms 6p21.3, das in einer indischen Studie mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer DR verbunden war (141). Yuan et al. (2012) untersuchten in ihrer Metaanalyse drei RAGE-Polymorphismen, in der Gly82Ser vor allem in der asiatischen Population als Risikofaktor hervorging (142). Diese Beobachtungen konnten allerdings eine Metaanalyse von Kang et al. (2012) und die Studie von Uthra et al. (2010) nicht bestätigen (143,144). Ein weiterer Polymorphismus, der sich momentan im Fokus der Forschung befindet, ist -374 T/A. Eine große schwedische Studie mit 3539 Teilnehmern und eine weitere südindische Studie, konnten beide eine Assoziation zu diabetischen 64 Spätkomplikationen feststellen (145,146). Im Gegensatz dazu kamen Yuan et al. (2012) in ihrer Metaanalyse zu dem Ergebnis, dass der RAGE-374 T/A Polymorphismus sich als protektiver Faktor in Bezug auf die Entwicklung einer DR darstellte (142). Der -429 T/C Polymorphismus im RAGE-Gen wurde bereits 2001 von Hudson et al. (2001) als Risikofaktor für die DR beschrieben (147), konnte in den Metaanalysen von Yuan et al. (2012) und Kang et al. (2012) allerdings nicht bestehen (142,143). Bestätigt werden diese Ergebnisse von einer malaiischen Studie, die weder den Polymorphismus -429 noch -374 in der RAGEPromoterregion mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko für die DR in Verbindung bringen konnte (148). NOS: Die endotheliale NO-Synthase trägt durch die Produktion von Stickstoffmonoxid - dessen intravitreale Level bekanntermaßen bei Patienten mit PDR erhöht sind - zur endogenen Vasodilatation bei. Dieses Faktum macht das NO-Synthase-Gen zu einer biologisch plausiblen Variablen, die zur Entwicklung und Progression einer DR beitragen könnte. Drei untersuchte SNPs zeigten in einer Metaanalyse von 2009 allerdings keinen signifikanten Zusammenhang (135). Zum gleichen Ergebnis kommt die Studie von Warpeha et al. (2003), sie sehen aber in diesem genetischen Teilbereich ein Potential für zukünftige Forschungen (128). Es existieren Studien, die noch andere in den Entwicklungsprozess der DR mitspielende genetische Varianten untersucht haben, die aber entweder kaum reproduzierbar sind oder keine Signifikanz zeigten. Dazu gehören GLUT1 (149), PAI-1 und MTHFR (133). Eine aktuelle Metaanalyse des PAI-1-Polymorphismus zeigte allerdings erst kürzlich, dass es einen Zusammenhang mit einem erhöhten DR-Risiko geben könnte, speziell für kaukasische Patienten mit einer Diabetesdauer über 10 Jahren (150). Zusammenfassend gesagt konnte bislang noch keine genetische Komponente ausfindig gemacht werden, die einen gesicherten Beitrag als Risikofaktor für die DR darstellt. Ein Grund dafür könnte die große Komplexität der Pathogenese sein, die stark von multifaktoriellen, polygenetischen und umweltbedingten Faktoren beeinflusst wird. Aber auch die uneinheitlichen Beurteilungskriterien und die 65 uneinheitliche Dokumentation in den verschiedenen Studien könnten für die unterschiedlichen Ergebnisse der Studien verantwortlich sein. Weiters wurde in großen bevölkerungsbezogenen Studien gezeigt, dass etwa 5-15% der älteren Studienteilnehmer eine Retinopathie entwickelten, obwohl sie nicht an Diabetes mellitus erkrankt waren. Diese nichtdiabetischen Läsionen, deren Entstehung bislang unklar sind, bildeten sich aber über fünf Jahre zu 72% zurück (151). Durch die Ähnlichkeit der nichtdiabetischen retinalen Veränderungen mit Frühstadien der DR könnten einige Resultate genetischer Studien verfälscht worden sein (127). 3.10 Insulintherapie In den verschiedenen Studien werden häufig Patienten miteinander verglichen, die zur Behandlung ihrer Grunderkrankung Diabetes mellitus keine einheitliche Therapie erhalten. Im Kapitel 1.4 wird auf die diversen Möglichkeiten eingegangen. Nun stellt sich die Frage, ob die Therapiewahl auf das Auftreten oder die Progression der DR Einfluss nehmen könnte. Cahill et al. (1997) verglichen in ihrer Studie Patienten unter oraler antidiabetischer Therapie und Patienten unter Insulintherapie miteinander und konnten ein 3,5-fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Retinopathie in der zweiten Gruppe feststellen. In einer Gegenüberstellung mit Patienten die nur diätisch behandelt wurden, fand man sogar eine 5-fach höhere Prävalenz. Die Autoren räumen allerdings in einer kritischen Betrachtung Ihrer Arbeit ein, dass dieses Ergebnis auch von einer schlechteren Blutzuckereinstellung von vorneherein begründet ist, welches den Einsatz von Insulin überhaupt erst notwendig gemacht hat (76). Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen Pradeepa et al. (2008), die in ihrer Studie bei Patienten, die mit Insulin therapiert wurden, ein 2,3-fach höheres Risiko an vor allem einer schweren DR zu erkranken, ermittelten. Aber auch in dieser Arbeit bezweifeln die Autoren einen Zusammenhang mit Insulin per se. Die Schwere des Diabetes mellitus ist für sie entscheidend für die Entstehung einer DR und bestimmt gleichzeitig den Einsatz einer Insulintherapie. Eine andere mögliche 66 Erklärung wäre die bevorzugte Insulintherapie bei diabetischen Patienten, die bereits Komplikationen aufweisen (74). Die Entwicklung einer DR stand auch in der Studie von Boelter et al. (2006) in Zusammenhang mit der Anwendung von Insulin. Sie sind gleichermaßen der Meinung, dass die schlechten Blutzuckerwerte vor dem Beginn der Therapie für diese Assoziation verantwortlich sind (125) und gehen damit konform mit mehreren anderen Autoren, die Studien über die Risikofaktoren der DR veröffentlicht haben (62,77,78,86,152). Eine japanische Studie, die das risikosenkende Potential einer intensiven Insulintherapie (schnellwirksames Insulin zu jeder Mahlzeit und Intermediärinsulin abends) mit einer konventionellen Insulintherapie (ein bis zwei Injektionen eines Intermediärinsulins pro Tag) verglich, konnte ein um 69% niedrigeres Risiko für eine schwere Retinopathie in der ersten Gruppe beobachten. Selbiges gilt auch für die Entwicklung einer Nephropathie. Dieses Ergebnis wird von den Autoren auf die verbesserte Blutzuckereinstellung zurückgeführt und deckt sich mit den Ergebnissen des Kapitels 3.1 (153). Eine an den Tagesrhythmus des Patienten angepasste Insulintherapie kann sich also präventiv auf die Entwicklung einer DR auswirken, doch wurde in Kapitel 3.1 auch auf eine mögliche Verschlechterung nach einer erheblichen Senkung des Blutzuckerwertes hingewiesen. Eine Studie, die Veränderungen nach dem Therapiewechsel von OAD auf Insulintherapie beobachtete, zeigte, dass Patienten mit der größten HbA1c-Reduktion am stärksten von einer DR-Progression betroffen waren (71,154). Insgesamt konnte aber in keiner Studie die von anderen Faktoren unabhängige Einflussnahme der Insulintherapie auf eine Entstehung oder Progression der DR bewiesen werden. 3.11 Durchmesser retinaler Gefäße In der jüngeren Vergangenheit machten Fortschritte in der Fundusfotographie und präzisere Messungen von vaskulären Veränderungen eine genauere Beobachtung 67 und Aufzeichnung von retinalen Entwicklungen möglich. Vor allem die Bestimmung der arteriellen und venösen Gefäßdurchmesser und der mögliche Zusammenhang mit Erkrankungen anderer Organsysteme, fand in den letzten Jahren Beachtung (155). Könnte dies auch für die diabetische Retinopathie gelten? Dann wäre es möglich, durch eine nicht-invasive und einfach durchführbare Untersuchung wie der Augenspiegelung, Patienten mit erhöhtem Risiko für diabetische Komplikationen eventuell bereits vor dem Auftreten klinisch signifikanter Symptome zu identifizieren. In weiterer Folge könnte die DR in einem präklinischen Stadium frühzeitig und gezielt therapiert werden. Kann also die Messung der vaskulären Durchmesser in der Retina tatsächlich als Risikofaktor für Entstehung oder Progression der Retinopathie herangezogen werden? Klein et al. (2004) haben im Rahmen ihrer Wisconsin Epidemiological Study of Diabetic Retinopathy (WESDR) mehrere Publikationen über diese Fragestellung veröffentlicht. In einer dieser Studien fand man eine Assoziation zwischen dem größeren Durchmesser der Venolen und Arteriolen der Netzhaut und einer Progression der DR in Patienten mit Typ 1 Diabetes mellitus (156). In mehreren anderen Studien, in denen die Inzidenz einer DR bei Typ 1 Patienten untersucht wurde, war der erhöhte Durchmesser der Arteriolen ein Marker für ein gesteigertes Erkrankungsrisiko (157-159). Eine mögliche Erklärung hierfür könnte der erhöhte kapilläre Druck sein, den die erweiterten Arteriolen verursachen, wodurch es in nachfolgenden Kapillaren zu Wandschädigungen, zu Ödementwicklung und zu Gefäßrupturen kommen kann (158). Für die oben genannten Ergebnisse wurden Patienten mit Typ 1 Diabetes mellitus untersucht, doch gelten diese auch für Typ 2 Diabetiker? Rogers et al. (2008) konnten weder den Durchmesser der Arteriolen noch der Venolen mit der Inzidenz einer Retinopathie bei Studienteilnehmern mit DM 2 in Verbindung bringen (158). Zwei Unterarbeiten der WESDR zeigten, dass bei Typ 2 Diabetikern der vergrößerte venöse Diameter mit der Schwere der DR (155) und der Inzidenz einer Nephropathie in Zusammenhang stand (160). 68 In einer kleineren britischen Studie mit 30 Teilnehmern waren wiederum sowohl erhöhte arterielle als auch venöse Diameter ein Risikofaktor für die Progression der DR (161). Bei Kifley et al. (2007) konnten viel häufiger vergrößerte Venolen bei Patienten mit schwerer DR beobachtet werden, als bei Studienteilnehmer ohne Diabetes mellitus oder keiner DR (162). Selbige Assoziation wurde auch in einer australischen (163) und asiatischen Studie (164) erfasst. Zusammengefasst könnte dieses Forschungsfeld in Zukunft gute Einblicke in die Entstehung und Progression der DR liefern, zum jetzigen Zeitpunkt kann aber bezüglich der Verlässlichkeit des Durchmessers der retinalen Gefäße als Risikofaktor noch keine eindeutige Aussage getroffen werden. Auch kann die Messung der vaskulären Durchmesser noch nicht in der Praxis umgesetzt werden, da die Softwareprogramme noch recht kompliziert zu bedienen und für die praktische Anwendung noch nicht geeignet sind. Zudem müssten Studien zuerst noch unter Beweis stellen, dass die Assoziationen zu einer neuen Risikoeinteilung der Patienten mit konsekutiven Änderungen der Therapie und der Outcomes führen kann. Auch die Kosteneffizienz müsste zuerst abgeklärt werden (165). Insgesamt werden also noch weitere Studien notwendig sein, um die Variationen der retinalen Gefäßstruktur als möglichen Risikofaktor zu bestätigen und eine breite Erfassung möglich zu machen. 3.12 Schlängelung retinaler Gefäße Nicht nur der Durchmesser der retinalen Arteriolen und Venolen kann durch die Funduskopie beurteilt werden, auch die Bewertung der Schlängelung (engl: Tortuosity) ist durch diese nicht-invasive und direkte Untersuchung möglich. In den vergangen zwei Jahren veröffentlichten Sasongko et al. (2011,2012) mehrere Studien, in denen die verstärkte Schlängelung der Netzhautarteriolen von Diabetikern als möglicher Risikofaktor für das Auftreten einer DR zur Debatte stand (79,166,167). 69 In einer klinischen Studie wurden 224 Diabetiker auf das Vorkommen einer Retinopathie untersucht und dementsprechend in zwei Gruppen (DR vorhanden oder fehlend) eingeteilt. Unter den Studienteilnehmern fanden sich 85 Patienten mit Typ 1 und 139 mit Typ 2 Diabetes mellitus. Es zeigte sich, dass mit der Zunahme der Gewundenheit retinaler Arteriolen die Wahrscheinlichkeit für die Existenz einer DR anstieg. Folglich könnte die Schlängelung möglicherweise ein neuer unabhängiger Risikomarker für die DR sein (79). In einer weiteren klinischen Studie von Sasongko et al. (2011) stellten die Autoren 224 Diabetiker 103 Nicht-Diabetikern gegenüber. Der Augenfundus der Patienten wurde untersucht und dabei eine eventuell vorhandene DR in mild, moderat und augenlichtbedrohend eingeteilt. Im direkten Vergleich der beiden Hauptgruppen (Diabetiker versus Nicht-Diabetiker) fanden sich gesteigerte Werte der Gefäßschlängelung bei Patienten mit einem diagnostizierten Diabetes mellitus. Unter diesen Patienten waren jene mit verstärkter Gewundenheit der Arteriolen häufiger von einer DR betroffen. Vor allem für die milde und moderate Variante der DR konnte dieser Zusammenhang beobachtet werden (166). Eine große Studie mit 1159 Teilnehmern stellte die Assoziation zwischen der retinalen Gefäßschlängelung und einer DR oder Nephropathie bei jungen Patienten mit Typ 1 Diabetes mellitus in den Fokus der Wissenschaft. Je stärker die Arteriolen geschlängelt waren, desto eher wurde eine Retinopathie oder Nephropathie diagnostiziert und das unabhängig von anderen Risikofaktoren wie Diabetesdauer oder Blutdruck (167). In einem Tierexperiment wurden ähnliche Zusammenhänge beobachtet. Ratten, die mit Galaktose gefüttert und so künstlich in einen Diabetes-ähnlichen Zustand überführt wurden, zeigten erheblich stärker gewundene und erweiterte Gefäße und gleichzeitig ein erhöhtes Risiko für eine retinale Mikroangiopathie (168). Über die Mechanismen, die hinter diesem Phänomen stehen, wird noch diskutiert. Eine potentielle Erklärung könnte in der fehlerhaften Autoregulation der Gefäße liegen (siehe Kapitel 2.2). Denn dadurch kommt es zu einer erhöhten Anfälligkeit für longitudinale Wahrscheinlichkeit Zugkräfte für und intravaskulären aneurysmatische Druck, Ausweitungen wodurch und die verstärkte Gefäßschlängelung steigt (167). Aber auch die VEGF-Produktion könnte an der Entstehung gewundener Gefäße beteiligt sein. Durch die Einwirkung dieses 70 Faktors wird möglicherweise eine morphologische Veränderung der Arteriolen und Venolen bewirkt, wobei die genauen Mechanismen noch klärungsbedürftig sind. Gewundene Gefäße lassen auch auf eine schlechte Stützfunktion der Wandzellen schließen, was wiederum zu verstärkter Fragilität und Verwundbarkeit der betroffenen Gefäße führen mag (166). Die bisherigen Studienergebnisse zeichnen ein vielversprechendes Bild dieses neuen Zweiges der Retinopathieforschung. Doch durch das Querschnittsdesign kann kein eindeutig kausaler Rückschluss gezogen werden, weshalb eine Längsschnittstudie zur Bestätigung der Beobachtungen in Zukunft notwendig sein wird. Sollte sich der ursächliche Zusammenhang bestätigen, könnten sich stärker geschlängelte Gefäße in der Netzhaut als frühe Indikatoren für die DR und möglicherweise auch für andere diabetesbedingte Komplikationen eignen. Durch die leichte und nichtinvasive Beurteilung wäre dieser Risikofaktor besonders reizvoll, auch wenn die dafür benötigte Technik noch nicht in jedem Klinikum zur Verfügung steht. 3.13 Übergewicht Die Anzahl übergewichtiger Personen ist in der westlichen Welt kontinuierlich im Steigen begriffen, mit vielfältigen medizinischen Auswirkungen, wie etwa ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer KHK, Herzinfarkt, Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonie oder Gicht. Doch ob Übergewicht (BMI zwischen 25 und 30 kg/m2) oder Adipositas (ab BMI von 30kg/m2) auch zu schädlichen Veränderungen im Auge führen, ist noch nicht klar definiert (169). Könnte auch die DR von dem erhöhten Körpergewicht des Patienten beeinflusst werden? Mehrere Studien haben versucht, auf diese Frage eine Antwort zu finden, wie etwa Zhang et al. (2001), die Daten aus dem Diabetes Control and Complications Trial wiederaufnahmen, um nach potentiellen prognostischen Faktoren zu suchen, die bei Typ 1 Diabetikern mit extremer (guter oder schlechter) metabolischer Kontrolle die Entwicklung einer DR beeinflussen. Neben dem HbA1c-Wert, gemessen am Anfang der Studie, war der BMI der größte Risikofaktor für die 71 Entwicklung einer DR. Anders gesagt: höhere Werte stellten sich als schädlich, niedrigere als vorbeugend heraus (170). In einer Studie von De Block et al. (2005) versuchten die Autoren ebenfalls der Frage auf den Grund zu gehen, wie Übergewicht die Entstehung mikrovaskulärer Komplikationen bei Typ 1 Diabetes mellitus beeinflussen kann. Sowohl Inzidenz als auch Schweregrad der DR korrelierten mit einem BMI > 25 kg/m2 (171). Auch bei Patienten mit Typ 2 Diabetes mellitus wurde der Zusammenhang zwischen BMI und DR untersucht. Bei Dirani et al. (2011) waren der BMI und der Nackenumfang mit Gegenwart und Schweregrad einer DR assoziiert. Adipositas war mit einem 3-fach höherem Risiko für die Entwicklung einer DR vergesellschaftetet (172). Die bevölkerungsbezogene Hoorn-Study von van Leiden et al. (2002) untersuchte die Prävalenz einer DR bei 626 kaukasischen Teilnehmern, die in vier verschiedenen Gruppen eingeteilt wurden: normaler Glukosemetabolismus, beeinträchtigter Glukosemetabolismus, neu-diagnostizierter DM und bekannter DM. Neben anderen Faktoren fand man in dieser Querschnittstudie ein erhöhtes Risiko für eine Retinopathie bei Patienten mit erhöhtem BMI in allen vier Gruppen (173). Diesen Zusammenhang konnten auch Nguyen et al. (1996), Dorchy et al. (2002) und Katusic et al. (2005) bestätigen. Der Anstieg des BMI ging Hand in Hand mit dem erhöhten Risiko einer PDR bzw. DR (91,174,175). In einer weiteren Publikation im Zuge der Hoorn-study, wurde die Inzidenz der DR bei 233 Teilnehmern nach durchschnittlich 9,4 Jahren untersucht. Diesmal war nicht der BMI der entscheidende Faktor, sondern das Taille-zu-Hüfte Verhältnis (engl.: Waist-to-hip ratio, WHR). Dieser Wert spiegelt eher den zentralen Fettanteil wieder und scheint sich hier als Risikofaktor für die DR abzuzeichnen (176). Ebenso war es bei Chaturvedi et al. (2001) der WHR, der sich auf die DR auswirkte. 764 Personen mit Typ 1 Diabetes zwischen 15 und 60 Jahren, ohne DR in der baseline, wurden nach durchschnittlich 7,3 Jahren reevaluiert. Die WHR zeigte sowohl bei Männern als auch bei Frauen eine starke Assoziation mit der Inzidenz einer DR (177). Doch nicht alle Studien kommen zu demselben Ergebnis, dass sich Adipositas bzw. der BMI auf das Auge auswirken. Interessanterweise fanden Dowse et al. 72 (1998) in ihrer multiethnischen Studie mit über 6500 Teilnehmern einen inversen Zusammenhang zwischen BMI und der DR. Sie vermuten, dass Magerkeit die Schwere der Diabeteserkrankung widerspiegelt und so das Risiko für eine DR erhöhte (81). Collins et al. (1995) vertreten die gleiche Theorie, da auch in ihrer Studie Adipositas und erhöhter BMI mit der Erkrankung einer DR invers assoziiert war. Ihre Hypothese: Je niedriger der BMI desto weiter ist die Erkrankung Diabetes mellitus fortgeschritten und desto häufiger treten Komplikationen auf (178). Dieser überraschende Zusammenhang wurde auch in anderen Studien beobachtet (88,93,179). Im SN-DREAMS Bericht Nummer 8 wurde bei Männern und Frauen sogar ein protektiver Effekt eines BMI > 23 und Adipositas gefunden (77). In anderen Studien hatte die Fettleibigkeit oder Übergewicht wiederum gar keinen Zusammenhang mit der DR (63,125,180). Die pathophysiologischen Mechanismen die hinter diesen Ergebnissen stehen, wurden noch nicht vollständig erforscht. Da Übergewicht mit einem erhöhten Risiko für Hypertonie und Hyperlipidämie vergesellschaftet ist, könnten diese Parameter auch in die Entwicklung der DR eingreifen. Denn sowohl Bluthochdruck als auch erhöhte Blutfettwerte werden als Risikofaktoren für die DR diskutiert (siehe Kapitel 3.5 und 3.6). Aber auch ein direkter Einfluss der Adipositas auf die Aldose-Reduktase-Aktivität, den VEGF, den oxidativen Stress, die Thrombozytenfunktion und die Blutviskosität könnten in der Entwicklung einer DR eine Rolle spielen (181). Die Prävalenz des Übergewichts nimmt zwar stetig zu, sie könnte aber durch Änderung des Lebensstils beeinflusst werden. Daher wäre es wichtig, den erhöhten BMI als potentiell modifizierbaren Risikofaktor festlegen zu können. Die aktuelle Datenlage zum Thema Übergewicht und Zusammenhang mit der DR lässt bisher allerdings keinen eindeutigen Schluss zu. Nichtsdestotrotz sollten übergewichtige Patienten von einer Reduktion ihres Gewichts überzeugt werden, da der Einfluss auf eventuell lebensbedrohliche Erkrankungen wie KHK, Herzinfarkt oder Schlaganfall unumstritten sind. 73 3.14 Schwangerschaft Während einer Schwangerschaft kommt es im Körper der Frau zu einer Vielzahl von Veränderungen. Dieser Wandel betrifft das hämatologische, kardiovaskuläre, metabolische, hormonelle und immunologische System und kann mit all diesen Faktoren die Entstehung und die Entwicklung einer DR beeinflussen (182). Daher wurde Frauen mit Diabetes mellitus und mikrovaskulären Komplikationen früher empfohlen, eine Schwangerschaft zu vermeiden oder abzubrechen. Heutzutage weiß man, dass mit der richtigen Planung und einer guten Blutzuckereinstellung eine sichere Schwangerschaft und Geburt möglich ist (117). Doch worauf gilt es zu achten? Wann sind schwangere Frauen besonders gefährdet? Wie stark beeinflusst die Schwangerschaft eine Retinopathie? Im Zuge des DCCT wurden 180 Schwangere 500 nicht-schwangeren Frauen während eines follow-up von durchschnittlich 6,5 Jahren gegenübergestellt. Schwangere Diabetikerinnen mit einer konventionellen Therapie hatten ein 2,5fach höheres Risiko einer Progression der DR als ihre nicht-schwangeren Gegenparts mit einem Risikogipfel im zweiten Trimester. Dieses gesteigerte Risiko blieb bis ins erste Jahr nach der Geburt bestehen. Daher empfehlen die Autoren, eine intensive augenärztliche Betreuung bis ein Jahr postpartal beizubehalten. Die Verschlechterung der DR während und ein Jahr nach einer Schwangerschaft hielt interessanterweise in dieser Studie nicht dauerhaft an und schwächte sich ab einem Jahr postpartal immer mehr ab. Am Ende der Studie hatten schwangere Diabetikerinnern keine schwerere Retinopathie als nicht-schwangere. Die Verschlechterung der DR während der Schwangerschaft hatte keinerlei dauerhafte Konsequenzen. Unter den schwangeren Diabetikerinnen waren jene häufiger von einer Progression betroffen, die konventionell therapiert wurden, weshalb die Autoren vermuten, dass sich der negative Effekt einer schlechten Blutzuckereinstellung mit jenem einer Schwangerschaft addiert. Umso wichtiger ist es, bereits vor der Konzeption und während der Schwangerschaft auf eine intensive Therapie mit guter Einstellung zu achten (183). Zu demselben Ergebnis kommen Chew et al. (1995) in ihrer prospektiven Diabetes in Early Pregnancy Study mit 140 Patientinnen. Bei Frauen mit 74 schlechter metabolischer Kontrolle zum Zeitpunkt der Konzeption war eine Verschlechterung der Retinopathie am wahrscheinlichsten. Auch die Schwere der DR am Beginn der Schwangerschaft war mit dem Risiko einer Progression assoziiert. Daraus kann geschlossen werden, dass eine exakte Blutzuckereinstellung, vor allem bei jenen Patientinnen mit bekannter DR, den Ausgang der Schwangerschaft entscheidend beeinflussen kann. Denn abgesehen von den Auswirkungen auf das Auge, kann sich der Blutzucker während der Konzeption und der Organogenese auf die Wahrscheinlichkeit eines spontanen Aborts und Malformationen auswirken (184). Bei Rahman et al. (2007) waren neben der schlechten Blutzuckereinstellung auch ein erhöhter Blutdruck und eine längere Dauer der Diabeteserkrankung Risikofaktoren für eine Progression der DR während einer Schwangerschaft. Sie empfehlen daher Diabetikerinnen mit Kinderwunsch eine Schwangerschaft so früh wie möglich anzustreben. Zudem zeigte sich ein positiver Effekt bei jenen PDRPatientinnen, die bereits vor der Schwangerschaft mit Photokoagulation therapiert wurden. Bei ihnen blieb die Retinopathie während der Schwangerschaft stabil (185). Die Anwendung einer Lasertherapie empfehlen auch Chan et al. (2004) vor allem bei jenen Patientinnen die während der Schwangerschaft in ein schweres, nichtproliferatives Stadium der DR kommen. Eine weitere Verschlechterung sollte nicht mehr abgewartet werden (186). Auch Vestgaard et al. (2010) fanden ein erhöhtes Risiko für eine Verschlechterung des Augenbefundes für Diabetikerinnen während der Schwangerschaft. 6% der Studienteilnehmerinnen entwickelten eine augenlichtbedrohende Progression der DR und/oder mussten sich einer Lasertherapie unterziehen. Während ein erhöhter Blutdruck mit dieser Entwicklung assoziiert wurde, fand man keinen Zusammenhang mit Parametern der Blutzuckereinstellung. Sie empfehlen daher eine konsequente Therapie des Hypertonus bei Diabetikerinnen, die eine Schwangerschaft planen (187). Doch nicht alle Studien können den Zusammenhang einer Schwangerschaft mit der Progression einer DR bestätigen. Lövestam-Adrian et al. (1997) verglichen retrospektiv 65 schwangere Diabetikerinnen mit 56 nicht-schwangeren, die entsprechend dem Alter und der Dauer des Diabetes angepasst wurden. In der 75 Gegenüberstellung der beiden Gruppen fanden sie keine Unterschiede der Wahrscheinlichkeit für eine DR-Verschlechterung. Jene Schwangeren, bei denen die Erkrankung allerdings voranschritt, hatten höhere Hb1c-Werte vor der Empfängnis und eine zu schnelle Senkung während der Schwangerschaft. Auch Präeklampsie hatte vermutlich durch den fluktuierenden Blutdruck einen negativen Einfluss auf die DR (188). Auch Hemachandra et al. (1995) fanden in ihrer Studie kein erhöhtes Risiko für Spätkomplikationen bei schwangeren Typ 1 Diabetikerinnen. Eine Schwangerschaft beeinflusst also laut den Autoren weder Retinopathie, noch Nephropathie oder Neuropathie (189). Zusammengefasst kann man aus der aktuellen Studienlage schließen, dass eine Schwangerschaft für Frauen mit Diabetes mellitus zwar einen möglichen Risikofaktor für die Verschlechterung einer Retinopathie darstellen kann, diese aber anscheinend nicht von Dauer ist. Die Wahrscheinlichkeit für eine Progression kann durch die Qualität der Blutzuckereinstellung, die Dauer der Vorerkrankung und den Blutdruck beeinflusst werden. Daher wird den behandelnden Ärzten empfohlen, die Einstellung des Blutzuckers und des Blutdrucks vor und während der Schwangerschaft zu optimieren und eine Schwangerschaft eventuell früher zu empfehlen. Außerdem sollte die ophthalmologische Betreuung bis ein Jahr nach der Geburt fortgesetzt werden. 3.15 Anämie Unter einer Anämie versteht man die Reduktion der Hämoglobinkonzentration unter 13,0 g/dl beim Mann bzw. unter 12,0 g/dl bei der Frau oder eine Verminderung des Hämatokrits unter 42% bzw. 38% (1). Beide Werte repräsentieren die Möglichkeit des Blutes, Sauerstoff zu seinem Bestimmungsort zu transportieren. In Anbetracht der pathophysiologischen Vorgänge, die hinter der diabetischen Retinopathie stehen, wie Verschluss von Kapillaren und Hypoxie, erscheint es plausibel, dass eine Anämie zusätzlich zur Verschlechterung des 76 Zustandes beitragen kann. Einige Studien haben sich mit diesem möglichen Zusammenhang beschäftigt. In der Early Treatment of Diabetic Retinopathy Study bestätigen die Autoren eine Assoziation dieses bisher wenig beachteten Risikofaktors mit der DR. Parallel mit dem Abfall des Hämatokrits stieg das Risiko für die Entwicklung einer schweren PDR an (72). Eine weitere Studie die den Zusammenhang bekräftigt, ist jene von Qiao et al. (1997). Diese unterteilten die 1691 Studienteilnehmer in zwei Gruppen (Hb < 12 g/dl und Hb ≥12 g/dl) und verglichen sie untereinander. Jene Patienten mit einer Anämie hatten ein zwei Mal höheres Risiko an einer DR zu erkranken, insbesondere an einer schweren Form. Unter jenen Patienten die bereits an einer DR litten, konnte sogar ein fünffach höheres Risiko für die Entwicklung einer schweren Retinopathie beobachtet werden und das unabhängig von anderen Risikofaktoren (190). Eine chinesische Studie bestätigt diese Beobachtung ebenfalls und vermutet auch, dass die retinale Hypoxie ursächlich hinter diesem Zusammenhang steht. Patienten mit Anämie hatten wie bei Qiao et al. ein etwa 2-fach erhöhtes Risiko, eine DR zu entwickeln als Diabetiker ohne Anämie (191). Weitere Studien bekräftigen diese Assoziation (192,193). So scheint die Diagnose und Behandlung einer Anämie bei Diabetikern in Hinblick auf die Entstehung und Progression einer DR von Wichtigkeit zu sein. In einer Studie von Rani et al. (2010) schätzten die Autoren die Prävalenz der Anämie unter Typ 2 Diabetikern auf immerhin 12,3% ein (193). Beim Versuch, das Risiko für mikrovaskuläre Komplikationen des Diabetes mellitus möglichst gering zu halten, sollte auf Evaluierung einer möglichen Anämie also nicht verzichtet werden. Einen Erythropoietin möglichen protektiven beschrieben Friedman Effekt et einer al. Anämietherapie (1996) anhand mit fünf Falldokumentationen. Alle fünf Patienten tolerierten die Gabe sehr gut und konnten nach einem Jahr entweder eine signifikante Besserung oder Stabilisierung ihrer visuellen Leistung verzeichnen. Natürlich räumen die Autoren ein, dass durch die kleine Patientenzahl keine generalisierte Aussage getroffen werden kann (194). 77 Doch werden in Bezug auf die Anämietherapie zur Steigerung des Hämatokrits auch Bedenken geäußert. So könnte die gesteigerte Hämoglobinkonzentration zu Thrombosen, Hypertension und kardialen Ereignissen führen. Bezüglich der Thrombosen gab es in der Vergangenheit nur kleine Studien mit widersprüchlichen Resultaten. Aber in Anbetracht des möglichen Risikofaktors der Hypertension sollte ein eventuell auftretender Bluthochdruck konsequent therapiert werden (195). Insgesamt könnte es tatsächlich einen Zusammenhang mit dem Vorkommen und der Therapie einer Blutarmut und der DR geben, der für behandelnde Ärzte nicht unwichtig erscheint, da es an ihnen liegt, ein entsprechendes Management einzuleiten. Jedoch werden weitere Studien mit einer größeren Anzahl an Teilnehmern notwendig sein, um eine gesicherte Aussage bezüglich den Benefits einer Anämietherapie treffen zu können. 3.16 C-Peptid Das C-Peptid oder connecting-peptide ist für die Verbindung der A- und B-Ketten des Prosinsulins zuständig und nimmt damit einen wichtigen Platz in der Insulinbiosynthese ein. Da es in äquimolaren Mengen mit Insulin ausgeschüttet wird, repräsentiert es die endogene Insulinsekretion (196). Während es früher nur als Nebenprodukt der Insulinbiosynthese angesehen wurde, häufen sich in den letzten Jahren Evidenzen, das C-Peptid selbst könnte ein hormonell aktives Peptid sein (197). Wäre auch eine Beteiligung dieses Moleküls an der Entwicklung der diabetischen Retinopathie möglich? Steffes et al. (2003) benutzten die Daten des DCCT um einen möglichen Zusammenhang zwischen stimulierten C-Peptid-Werten (90 Minuten postprandial) am Anfang der Studie und dem Auftreten einer Retinopathie oder Nephropathie am Ende aufzudecken. Ihr Ergebnis: Höhere Werte des C-Peptids konnten die Inzidenz von mikrovaskulären Komplikationen wie DR bei Typ 1 Diabetikern senken. Diese Werte stehen für eine noch vorhandene Funktion der Beta-Zellen des Pankreas, wodurch das Ziel einer normoglykämischen Einstellung leichter zu 78 erreichen ist. Eine andere mögliche Erklärung könnte in einer direkten Wirkung des C-Peptids auf die Entwicklung oder Progression mikrovaskulärer Komplikationen liegen (198). 2113 Patienten mit Typ 2 Diabetes wurden in einer weiteren retrospektiven Studie untersucht. Nach 14 Jahren follow-up hatten Studienteilnehmer mit höheren CPeptid-Werten in der baseline, die sich am Beginn komplikationsfrei präsentierten, ein signifikant niedrigeres Risiko an einer Retinopathie zu erkranken. Die Gesamtmortalität konnte durch die erhöhten Werte allerdings nicht beeinflusst werden (199). Weitere Studien zeigten eine negative Korrelation zwischen C-Peptid und DR, die auf einen möglichen protektiven Effekt des Moleküls hinweisen könnten (91,191,200). Der Großteil der Studien bestätigt zwar diese Assoziation, aber nicht alle kommen zu dem gleichen Ergebnis. So finden manche gar keinen Zusammenhang der DR mit dem C-Peptid (73) oder meinen, erhöhte C-Peptid-Werte könnten mit atherosklerotischen Veränderungen bei Typ 2 Diabetikern in Verbindung stehen (197). Doch welcher Schluss kann aus den Ergebnissen der Studien gezogen werden? Wird dem C-Peptid an sich eine schützende Wirkung auf die Entwicklung einer DR zugesprochen, könnte durch die Gabe des Moleküls diese diabetische Komplikation aufgehalten werden. In Studien konnte eine Verbesserung der Nieren- und Nervenfehlfunktionen festgestellt werden, nachdem bei Typ 1 Diabetikern C-Peptid verabreicht wurde. Daher wurde Diabetes mellitus Typ 1 erst kürzlich als Erkrankung mit doppeltem Hormonmangel bezeichnet (197,199). Wie sich eine C-Peptid-Gabe bei Typ 1 Diabetikern, auf die Entwicklung der DR auswirkt, wurde bislang noch nicht beschrieben. Zukünftige Studien könnten diesbezüglich noch Klarheit schaffen. Aus den Ergebnissen der beschriebenen Publikationen lässt sich zum einen schließen, dass die Erhaltung sogar einer nur kleinen Menge an residualer BetaZell-Funktion erstrebenswert ist. Die verbleibende Sekretion, messbar durch die zirkulierenden C-Peptid-Moleküle, scheint den natürlichen Verlauf des Diabetes beeinflussen zu können (200). Zum anderen könnte durch weitere Forschung auf 79 dem Gebiet des C-Peptids eine eventuell eigenständige Wirkung auf den Glukosestoffwechsel und damit auf die Entwicklung von diabetesbedingten Spätkomplikationen aufgedeckt werden. Sollte dem so sein, wäre eine Verabreichung des Moleküls eine mögliche Prävention für retinale, neurale oder renale Schädigungen. Patienten mit niedrigeren C-Peptid-Werten zeigten in den gegenübergestellten Studien zum Großteil ein höheres Risiko für die Entwicklung einer DR. Allerdings hat die Messung dieser Werte zur Risikoevaluation bis heute noch nicht Einzug in den klinischen Alltag gefunden, könnte in Zukunft aber an Bedeutung gewinnen und einen weiteren Beitrag zum besseren Verständnis der RetinopathieEntstehung leisten. 80 4 Schlussfolgerung Die diabetische Retinopathie ist schon heute die häufigste Ursache für Erblindung im arbeitsfähigen Alter in den Industriestaaten. In Anbetracht der Tatsache, dass die Inzidenz des Diabetes mellitus kontinuierlich mit der Adaptation des westlichen Lebensstils in anderen Ländern ansteigt, könnte die diabetische Retinopathie bald weltweit die Nummer eins der Ursachen für Erblindung oder visuelle Beeinträchtigung sein (201). Diese Prognose impliziert eine massive Belastung für das Gesundheitswesen und macht es notwendig, effektive Strategien auszuarbeiten um die Prävention, frühe Detektion und rechtzeitige Therapie dieser Erkrankung zu ermöglichen. Ein entscheidender Punkt in diesen Planungen ist es, die Risikofaktoren für die diabetische Retinopathie zu erforschen und bekannt zu machen, um den behandelnden Ärzten eine Prognose zu ermöglichen, welcher Patient wann erkranken wird. Vor allem klinisch einfach anwendbare und idealerweise modifizierbare Prädiktoren für das Retinopathie-Risiko sind von Wichtigkeit. Denn die Identifikation von Hochrisiko-Patienten ist der Schüssel zum rechtzeitigen Einsetzten einer effektiven Therapie und damit zur Bewahrung des Sehvermögens der Patienten. In dieser Diplomarbeit wurden die aktuell erforschten Risikofaktoren für die diabetische Retinopathie ausgearbeitet und gegenübergestellt. Drei Faktoren können laut heutigen Wissensstand als gesicherte Indikatoren für ein erhöhtes Risiko angesehen werden: die Dauer der Diabeteserkrankung, die Qualität der Blutzuckereinstellung und ein erhöhter Blutdruck. Die letzteren zwei können potentiell modifiziert werden und so die Entstehung und Entwicklung einer DR entscheidend beeinflussen. In Bezug auf die glykämische Einstellung ist der HbA1c-Wert Kontrollparameter der Wahl und sollte medikamentös mindestens auf einen Wert unter 6,5% gehalten werden – aber hier herrscht Uneinigkeit welcher cut-off Wert festgelegt werden sollte. Welches Medikament und welcher Grenzwert bezüglich der Blutdruckeinstellung empfohlen werden kann, ist derzeit noch Gegenstand der Forschung. Das Wissen um die Auswirkung der Diabetes- 81 Dauer unterstreicht die Wichtigkeit regelmäßiger Kontrollen bei bekannten Langzeit-Diabetikern, die von den behandelnden Ärzten forciert werden sollten. In Zusammenschau der Studienergebnisse bezüglich des Geschlechts scheint es für Männer eine gewisse Affinität der Erkrankung zu geben. Trotz der Unmöglichkeit einer Modifizierung dieses Risikofaktors sollten Kliniker über dieses erhöhte Risiko für diese Patientengruppe Bescheid wissen und durch gezielte Motivation eine Ausschaltung anderer Faktoren besonders zu fördern. Sehr unterschiedliche Ergebnisse ergab auch die Recherche zum Alter als Risikofaktor - ebenso unveränderbar wie das Geschlecht. Viele Studien beschreiben einen anfänglichen Anstieg, der nach einem Peak wieder zu fallen beginnt. Für Patienten mit Diabetes Typ 1 wurde dieser Peak im Alter von 30 – 39 Jahren angegeben, bei Typ 2 Diabetes um das 70. Lebensjahr. Für viele Autoren repräsentiert das Alter aber häufig nur die Dauer der Diabeteserkrankung und wird von ihnen nicht als unabhängiger Risikofaktor angesehen. Insgesamt präsentiert sich das Alter als Risikofaktor mit widersprüchlicher Relevanz. Eine regelmäßige Kontrolle bei älteren Patienten kann aber aus heutiger Sicht empfohlen werden. Bezüglich der Blutfettwerte konnte aus den Ergebnissen der Studien keine eindeutige Aussage getroffen werden. Ein Zusammenhang erscheint zwar naheliegend und die Therapie mit Statinen konnte teilweise Erfolge erzielen, trotzdem herrscht keine Einigkeit über die Bedeutung der verschiedenen Lipidparameter (Cholesterin, Triglyceride, Apolipoproteine, HDL-Cholesterin, LDLCholesterin) und einer Auswirkung ihrer medikamentösen Beeinflussung. In Anbetracht der schädigenden Wirkung einer Dyslipidämie auf den systemischen Kreislauf, sollte eine lipidsenkende Therapie aber auf alle Fälle eingeleitet werden und die Entwicklung der Werte im Auge behalten werden. Selbiges gilt für den Konsum von Zigaretten. Trotz der Uneinigkeit in den Studienergebnissen sollte durch die ohnedies bewiesene Beeinflussung der kardiovaskulären und pulmonalen Integrität eine Raucherentwöhnung lanciert werden. Patienten mit einer Nephropathie erkranken häufiger an einer Retinopathie als nierengesunde Diabetiker. Ein Beweis der positiven Wirkung einer Verminderung der Albuminexkretion ist aber bislang noch ausständig. Dennoch sollte beim 82 Auftreten renaler Komplikationen gleichzeitig eine augenärztliche Kontrolle veranlasst werden. Obwohl eine genetische Komponente in der Entwicklung der diabetischen Retinopathie vermutet wird, kann laut aktuellem Stand der Wissenschaft kein Gen eindeutig für diese Erkrankung verantwortlich gemacht werden. Derzeit wird intensive Forschung auf diesem Gebiet betrieben und einige in dieser Arbeit vorgestellte Kandidaten könnten sich als beeinflussende Faktoren bestätigen. Derzeit ist die Datenlage aber noch umstritten und erlaubt nicht, eine eindeutige Aussage zu treffen. Während sich die Art der Diabetestherapie nicht als Risikofaktor bestätigen konnte, könnte die Beurteilung der retinalen Gefäße in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Sowohl die Durchmesser als auch die Grade der Schlängelung der Netzhautgefäße können laut einigen aktuellen Studien als Prädiktoren für eine Retinopathie-Entstehung herangezogen werden. Sollten sich dies Beobachtungen in Zukunft bestätigen, wäre es möglich durch die nichtinvasive und klinisch unkompliziert durchführbare Ophthalmoskopie, eine Aussage über das individuelle Retinopathierisiko zu treffen. Viele Autoren konnten in ihren Studien Adipositas als Risikofaktor für die DR bestätigen und empfehlen eine Gewichtsreduktion, um die Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung zu senken. Diese Meinung wird aber nicht in allen Publikationen geteilt und zum Teil wird sogar ein inverser Zusammenhang zwischen DR und Adipositas diskutiert. In Zusammenschau der Ergebnisse kann trotzdem eine Empfehlung zur Gewichtsabnahme ausgesprochen werden, da Adipositas zur Entstehung einer Hypertonie und Dyslipidämie beiträgt und dadurch nicht nur potentiell zu retinalen sondern auch systemischen Schäden führen kann. Eine Schwangerschaft kann für Frauen mit Diabetes mellitus als Risikofaktor angesehen werden, der aber durch die richtige Planung gering gehalten werden kann. Vor allem Qualität der Blutzuckereinstellung und Blutdruck können die Progression der DR beeinflussen und sollten daher bereits vor der Konzeption optimal eingestellt werden. Zudem scheint sich der negative Effekt zwar bis ein Jahr nach der Geburt zu verlängern, dafür aber nicht dauerhaft anzuhalten. Durch eine mögliche Beeinflussung der DR durch eine Anämie, sollte den behandelnden Ärzten unbedingt eine angepasste Therapie selbiger empfohlen 83 werden. Zwar stehen größerer Studien zur Bestätigung des Effektes noch aus, eine kleinere Fallstudie konnte die positive Wirkung einer Erythropoietingabe auf das Auge bereits bestätigen. Die Messung des C-Peptids könnte sich in Zukunft als vielversprechende Untersuchung zur Risikoevaluation herausstellen. Je niedriger der Wert dieses Moleküls, desto höher das Risiko einer DR, so das Ergebnis bisheriger Studien. Doch nicht alle Studien schließen sich dieser Meinung an und so konnte sich dieser Parameter noch nicht im klinischen Alltag etablieren. Insgesamt konnten in dieser Diplomarbeit zwar viele mögliche Risikofaktoren durch die intensive Literaturrecherche aufgedeckt und verglichen werden, doch wurden in einem Großteil der Studien sehr unterschiedliche Ergebnisse diskutiert. Wie kommt es zu dieser großen Bandbreite an Resultaten? Zum einen wurden in vielen Publikationen die Einteilung der Schweregrade, die Fotodokumentation oder die Untersuchungstechniken nicht klar definiert, wodurch ein direkter Vergleich oft kaum möglich ist. Zudem ist es nicht immer korrekt, Typ 1 und 2 Diabetiker gegenüberzustellen, da die Ursache der Erkrankung eine andere ist und die Ergebnisse der Studien dadurch verändert werden können. Auch die die Anzahl der Studienteilnehmer variierte stark, wodurch die Interpretation der Resultate verfälscht werden kann (202). Zusammenfassend wurde in dieser Arbeit die Bedeutung des Diabetes mellitus und seiner Folgeerkrankung, der diabetischen Retinopathie, deutlich gemacht. Die Prävention dieser Erkrankung gewinnt zunehmend an Wichtigkeit und das Wissen um die Risikofaktoren ist ein wesentlicher Teil davon. Obwohl manche Faktoren wie Erkrankungsdauer, glykämische Einstellung und Hypertonie als beeinflussende Aspekte bestätigt wurden, gibt es in vielen anderen Bereichen noch Forschungsbedarf. 84 5 Literaturverzeichnis (1) Herold G. Innere Medizin. Köln: Eigenverlag; 2010. (2) Weitgasser R, Steiner M. Neues vom Diabetes mellitus. Ärztemagazin 2012(1):38-9. (3) Netter F. Innere Medizin. Stuttgart, New York: Thieme Verlag; 2000. (4) Silbernagel S, Lang F. Taschenatlas der Pathophysiologie. Stuttgart, New York: Thieme Verlag; 1998. (5) Greten H, Rinninger F, Greten T. Innere Medizin. 13th ed. Stuttgart, New York: Thieme Verlag; 2010. (6) Müller-Wieland D. Ausblick: SGLT-2-Inhibitoren. Diabetes Forum 2011;4:2731. (7) Roden M. Diabetes mellitus - Definition, Klassifikation und Diagnose. Wien Klin Wochenschr Suppl 2009;121:5-7. (8) Kautzky-Willer A, Bancher-Todesca D, Repa A, Pollak A, Lechleitner M, Weitgasser R. Gestationsdiabetes (GDM). Wien Klin Wochenschr Suppl 2009;121:51-6. (9) Lechleitner M, Roden M, Weitgasser R, Ludvik B, Fasching P, Hoppichler F, et al. Insulintherapie bei Diabetes mellitus. Wien Klin Wochenschr Suppl 2009;121:18-21. (10) Napoli N, Kautzky-Willer A, Schernthaner G. Antidiabetische Therapie: ABCD-Regel für ein maßgeschneidertes Management. Diabetes Forum 2010 Mai - Sonderbeilage:2-5. (11) Böhm B, Dreyer M, Fritsche A, Füchtenbusch M, Gölz S, Martin S. Therapie des Typ-1-Diabetes. 2011; Available at: http://www.deutsche-diabetesgesellschaft.de/fileadmin/Redakteur/Leitlinien/Evidenzbasierte_Leitlinien/Aktualisie rungTherapieTyp1Diabetes_1_20120319_TL.pdf, 1/29/2013. (12) Mastrandrea L. Inhaled insulin: overview of a novel route of insulin administration. Vasc Health Risk Manag 2010;6:47-58. 85 (13) Raslova K. An update on the treatment of type 1 and type 2 diabetes mellitus: focus on insulin detemir, a long-acting human insulin analog. Vasc Health Risk Manag 2010;6:399-410. (14) Schütz-Fuhrmann I, Schober E, Rami B, Stadler M, Bischof M, Fortunat S. Positionspapier des Insulinpumpenausschusses der OEDG zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGMS - Continuous Glucose Monitoring). Available at: http://www.oedg.org/1102_positionspapier.html, 1/22/2013. (15) Leitfaden_CGM_diabetesDE_final.pdf (application/pdf-Objekt). Available at: http://www.diabetesde.org/fileadmin/users/Patientenseite/PDFs_und_TEXTE/Info material/Leitfaden_CGM_diabetesDE_final.pdf. Accessed 1/22/2013. (16) Zisser H. The OmniPod insulin management system: the latest innovation in insulin pump therapy. Diabetes Ther 2010;1(1):10-24. (17) Bastaki S. Diabetes mellitus and its treatment. Int J Diabetes and Metabol 2005;13:111-34. (18) Steiner M. Kardiovaskuläres Risiko umfassend senken. Ärztemagazin 2012;1:40-1. (19) De Jager J, Kooy A, Lehert P, Wulffele M, van der Kolk J, Bets D, et al. Long term treatment with metformin in patients with type 2 diabetes and risk of vitamin B-12 deficiency: randomised placebo controlled trial. 2010; Available at: http://han.medunigraz.at/han/pubmed/www.bmj.com/highwire/filestream/359114/fi eld_highwire_article_pdf/0.pdf, 1/26/2013. (20) Clodi M, Fasching P, Hoppichler F, Kautzky-Willer A, Lechleitner M, Ludvik B, et al. Antidiabetische Therapie bei Typ-2 Diabetes. Wien Klin Wochenschr Suppl 2009;121:13-7. (21) Brugger A. Update: Risiken der Diabetestherapie - Blasenkrebs durch Pioglitazon. Diabetes Forum 2011;4:38-42. (22) Piya K, Tahrani A, Barnett A. Emerging treatment for type 2 diabetes. Br J Clin Pharmacol 2010;70(5):631-44. (23) Foley J, Jordan J. Weight neutrality with the DPP-4 inhibitor vildagliptin: Mechanistic basis and clinical experience. Vasc Health Risk Manag 2010;6:541-8. (24) Davidson J. Advances in therapy for type 2 diabetes: GLP-1 receptor agonists and DPP-4 inhibitors. Cleve Clin J Med 2009;76(Suppl 5):28-38. (25) Nauck M. Update 2011: GLP-1-Rezeptor-Agonisten. Diabetes Forum 2011;4:20-4. (26) Koliaki C, Doupis J. Incretin-based therapy: a powerful and promising weapon in the treatment of type 2 diabetes mellitus. Diabete Ther 2011;2(2):101-21. 86 (27) Nair S, Wilding J. Sodium glucose cotransporter 2 inhibitors as a new treatment for diabetes mellitus. J Clin Endocrinol Metab 2010;95(1):34-42. (28) Grempler R, Thomas L, Eckhardt M, Himmelsbach F, Sauer A, Sharp D, et al. Empagliflozin, a, novel selective sodium glucose cotransporter-2 (SGLT-2) inhibitor: characterisation and comparison with other SGLT-2 inhibitors. Diabetes Obes Metabol 2012;14:83-90. (29) Dobbins R, O'Connor-Semmes R, Kapur A, Kapitza C, Golor G, Mikoshiba I, et al. Remogliflozin etabonate, a selcetive inhibitor of the sodium-dependent transporter 2 reduces serum glucose in type 2 diabetes mellitus patients. Diabetes Obew Metabol 2012;14:15-22. (30) Hardman T, Dubrey S. Development and potential role of type-2 sodiumglucose transporter inhibitors for management of type 2 diabetes. Diabetes Ther 2011;226:127-37. (31) Schatz H. Ausblick: Antidiabetika in der Pipeline. Diabetes Forum 2011;4:326. (32) Matschinsky F, Porte D. Glucokinase activators (GKAs) promise a new pharmacotherapy for diabetics. 2010; Available at: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2950051/, 1/22/2013. (33) Lechleitner M. Update 2011: Neues zur Insulintherapie. Diabetes Forum 2011;4:46-9. (34) Thiele G, Tutsch D, Walter H. Handlexikon der Medizin A-K. München: Urban und Schwarzenberg; 1991. (35) Ben-Ami H, Nagachandran P, Mendelson A, Edoute Y. Drug-induced hypoglycemic coma in 102 diabetic patients. Arch Intern Med 1999;159:281-4. (36) Keymel S, Heinen Y, Balzer J, Rassaf T, Kelm M, Lauer T, et al. Characterization of macro- and microvascular function and structure in patients with type 2 diabetes mellitus. Am J Cardiovasc Dis 2011;1(1):68-75. (37) Auinger M, Edlinger R, Prischl F, Kautzky-Willer A, Prager R, Rosenkranz A, et al. Diabetic Nephropathy - update 2012. Wien Klin Wochenschr Suppl 2012;124:42-9. (38) Lechleitner M, Abrahamian H, Francesconi M. Die diabetische Neuropathie. Wien Klin Wochenschr Suppl 2009;121:30-4. (39) Stur M, Egger S, Haas A, Kieselbach G, Mennel S, Michl R, et al. Diagnose,Therapie und Verlaufskontrolle der diabetischen Augenerkrankung. Wien Klin Wochenschr Suppl 2009;121:43-50. (40) Grehn F. Augenheilkunde. 30th ed. Heidelberg: Springer Medizin Verlag; 2008. 87 (41) Lang G. Diabetische Retinopathie - Stadieneinteilung und Laserbehandlung. KliMo-Refresher 2005;222:R1-18. (42) Hirvelä H, Laatikainen L. Diabetic retinopathy in people aged 70 years or older. The Oulu Eye study. Br J Ophthalmol 1997;81:214-7. (43) Desmond B. Diabetic retinopathy: some cellular, molecular and therapeutic considerations. Eye 1999;13:497-523. (44) Davis M. Diabetic retinopathy: a clinical overview. Diabetes Metabol Rev 1988;4:291-322. (45) File:Fundus photograph-normal retina EDA06.JPG - Wikimedia Commons. Available at: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fundus_photographnormal_retina_EDA06.JPG. Accessed 6/2/2013, 2013. (46) Kador P, Akagi Y, Takahashi Y, Ikebe H, Wyman M, Kinoshita J. Prevention of retinal vessel changes associated with diabetic retinopathy in galactose-fed dogs by aldose reductase inhibitors. Arch Ophthalmol 1990;108:1301-9. (47) Engerman R. Perspectives in Diabetes: Pathogenesis of diabetic retinopathy. Diabetes 1989;38:1203-6. (48) Kanski J. Klinische Ophthalmologie: Lehrbuch und Atlas. 6th ed. Münschen,Jena: Urban und Fischer; 2008. (49) Waldhäusl W, Gries F, Scherbaum W. Diabetes in der Praxis. 3rd ed. Berlin, Heidelberg, New York: Springer Verlag; 2004. (50) Cunha-Vaz J. Natural history of diabetic retinopathy. Focus on Diabetic Retinopathy 1995;2:48-55. (51) Kampik A, Ulbig M. Therapeutic approaches in the management of diabetic retinopathy. Focus on Diabetic Retinopathy 1995;2:67. (52) Shah A, Bressler N, Jampol L. Does laser still have a role in the management of retinal vascular and neovascular diseases? Am J Ophthalmol 2011;152(3):3328. (53) Campochiaro P, Brown D, Pearson A, Ciulla T, Boyer D, Holz F, et al. Longterm benefit of sustained-delivery fluocinolone acetonide vitreous inserts for diabetic macular edema. Ophthalmology 2011;118:626-35. (54) Kim M, Lee P, Kim Y, Yu S, Kwak H. Effect of intravitreal Bevacizumab based on optical coherence tomography patterns of diabetic macular edema. Ophthalmologica 2011;226:138-44. (55) Abbott L, Herman I. Vascular complications and diabetes: current therapies and future challenges. 2012; Available at: 88 http://han.medunigraz.at/han/pubmed/www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC326 1480/, 22/1/2013. (56) Sheetz M, Aiello L, Shahri N, Davis M, Kles K, Danis R. Effect of Ruboxistaurin (RBX) on visual acuity decline over a 6-year period with cessation and reinstitution of therapy: results of an open-label extension of the protein kinase C diabetic retinopathy study 2 (PKC-DRS2). Retina 2011;31(6):1053-9. (57) Haritoglou C, Gerss J, Hammes H, Kampik A, Ulbig M. Alpha-lipoic-acid for the prevention of diabetic macular edema. Ophthalmologica 2011;226:127-37. (58) Ruderman N, Williamson J, Brownlee M. Glucose and diabetic vascular desease. The FASEB Journal 1992;34:474-9. (59) Chatziralli I, Sergentanis T, Keryttopoulos P, Vatkalis N, Agorastos A, Papazisis L. Risk factors associated with diabetic retinopathy in patients with diabetes mellitus type 2. BMC Research Notes 2010;3:153. (60) Klein R, Knudtson M, Lee K, Gangnon R, Klein B. The Wisconsin epidemiologic study of diabetic retinopathy XXII. The twenty-five-year progression of retinopathy in persons with type 1 diabetes. Ophthalmology 2008;115(11):18591868. (61) Hirsch I. Beyond hemoglobin A1c - need for additional markers of risk for diabetic microvascular complications. JAMA 2010;303(22):2291-2. (62) Cyganek K, Mirkiewicz-Sieradzka B, Malecki M, Wolkow P, Skupien J, Bobrek J, et al. Clinical risk factors and the role of VDR gene polymorphisms in diabetic retinopathy in polish type 2 diabetes patients. Acta Diabetol 2006;43:114-9. (63) Stratton L, Kohner E, Aldington S, Turner R, Holman R, Manley S, et al. UKPDS 50: Risk factors for incidence and progression of retinopathy in type II diabetes over 6 years from diagnosis. Diabetologia 2001;44:156-63. (64) Cheng J, Gregg E, Gewiss L, Imperatore G, WIlliams D, Zhang X, et al. Association of A1c and fasting plasma glucose levels with diabetic retinopathy prevalence in the U.S. population. Diabetes Care 2009;32:2027-32. (65) Miyazaki M, Kubo M, Kiyohara Y, Okubo K, Nakamura H, Fujisawa K, et al. Comparison of diagnostic methods for diabetes mellitus based on prevalence of retinopathy in a japanese population: the Hisayama study. Diabetologia 2004;47:1411-5. (66) Davidson M, Schriger D, Peters A, Lorber B. Relationship between fasting plasma glucose and glycosylated hemoglobin. Potential for false-positive diagnose of type 2 diabetes using new diagnostic criteria. JAMA 1999;281(13):1203-10. (67) Cheung N, Mitchell P, Wong T. Diabetic Retinopathy. Lancet 2010;376:12436. 89 (68) Klein R, Klein B, Moss S, Cruickshanks K. The Wisconsin epdiemiologic study of diabetic retinopathy: XVII. The 14-year incidence and progression of diabetic retinopathy and associated risk factors in type 1 diabetes. Ophthalmology 1998;105(10):1801-15. (69) Simons W, Vinod H, Gerber R, Bolinder B. Does rapid transition to insulin therapy in subjects with newly diagnosed type 2 diabetes mellitus benefit glycaemic control and diabetes-related complications? A german population-based study. Exp Clin Endocrinol Diabetes 2006;114:520-6. (70) Moon S, Kim H, Kim S, Oh J, Huh K, Oh I. The change of macular thickness measured by optical coherence tomography in relation to glycemic control in diabetic patients. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2011;249:839-48. (71) Henricsson M, Nilsson A, Janzon L, Groop L. The effect of glycaemic control and the introduction of insulin therapy on retinopathy in non-insulin-dependent diabetes mellitus. Diabet Med 1997;14(2):123-31. (72) Davis M, Fisher M, Gangnon R, Barton F, Aiello L, Chew E, et al. Risk factors for high-risk proliferative diabetic retinopathy and severe visual loss: Early treatment diabetic retinopathy study report #18. Invest Ophthalmol Vis Sci 1998;39:233-52. (73) Tapp R, Shaw J, Harper C, De Courten M, Balkau B, McCarthy D, et al. The prevalence of and factors associated with diabetic retinopathy in the australian population. Diabetes Care 2003;26:1731-7. (74) Pradeepa R, Anitha B, Mohan V, Ganesan A, Rema M. Risk factors for diabetic retinopathy in a south indian type 2 diabetic population - the Chennai urban rural epidemiology study (CURES) eye study 4. Diabet Med 2008;25(5):53642. (75) Abu El-Asrar A, Al-Rubeaan K, Al-Amro S, Kangave D, Moharram O. Risk factors for diabetic retinopathy for saudi diabetics. Int Ophthalmol 1999;22:155-61. (76) Cahill M, Halley A, Codd M, O'Meara N, Firth R, Mooney D, et al. Prevalence of diabetic retinopathy with diabetes mellitus diagnosed after the age of 70 years. Br J Ophthalmol 1997;81:218-22. (77) Raman R, Rani P, Rachapalle S, Gnanamoorthy P, Uthra S, Kumaramanickavel G, et al. Prevalence of diabetic retinopathy in India: Sankara Nethralaya diabetic retinopathy epidemiology and molecular genetics study report 2. Ophthalmology 2009;116:311-8. (78) Varma R, Macias G, Torres M, Klein R, Peña F, Azen S. Biologic risk factors associated with diabetic retinopathy: the Los Angeles Latino Eye Study. Ophthalmology 2007;114:1332-40. (79) Sasongko M, Wong T, Nguyen T, Shaw J, Jenkins A, Wang J. Novel versus traditional risk markers for diabetic retinopathy. Diabetologia 2012;55:666-70. 90 (80) Pang C, Jia L, Jian S, Liu W, Hou X, Zuo Y, et al. Determination of diabetic retinopathy prevalence and associated risk factors in chinese diabetic and prediabetic subjects: Shanghai diabetic complications study. Diabetes Metab Res Rev 2012;28(3):276-83. (81) Dowse G, Humphrey A, Collins V, Plehwe W, Gareeboo H, Fareed D, et al. Prevalence and risk factors for diabetic retinopathy in the multiethnic population of Mauritius. Am J Epidemiol 1998;147(5):448-57. (82) Vitale S, Maguire M, Murphy R, Hiner C, Rourke L, Sackett C, et al. Interval between onset of mild nonproliferative and proliferative retinopathy in type I diabetes. Arch Ophthalmol 1997;115:194-8. (83) Jenchitr W, Samaiporn S, Lertmeemongkolchai P, Chongwiriyanurak T, Anujaree P, Chayaboon D, et al. Prevalence of diabetic retinopathy in relation to duration of diabetes mellitus in community hospital of Lampang. J Med assoc Thai 2004;87(11):1321-6. (84) Chetthakul T, Deerochanawong C, Suwanwalaikorn S, Kosachunhanun N, Ngarmukos C, Pawdaree P, et al. Thailand diabetes registry project: Prevalence of diabetic retinopathy and associated factors in type 2 diabetes mellitus. J Med assoc Thai 2006;89(Suppl 1):S27-36. (85) Chetthakul T, Likitmaskul S, Plengvidhya N, Suwanwalaikorn S, Kosachunhanun N, Deerochanawong C, et al. Thailand diabetes registry project: Prevalence of diabetic retinopathy and associated factors in type 1 diabetes mellitus. J Med assoc Thai 2006;89(Suppl 1):S17-26. (86) Giuffrè G, Lodato G, Dardanoni G. Prevalence and risk factors of diabetic retinopathy in adult and elderly subjects: The CasteldacciaEyeStudy. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2004;242(7):535-40. (87) Fujisawa T, Ikegami H, Yamato E, Kawaguchi Y, Ueda H, Shintani M, et al. Association of plasma fibrinogen level and blood pressure with diabetic retinopathy, and renal complications associated with proliferative diabetic retinopathy, in type 2 diabetes mellitus. Diab Med 1999;16:522-6. (88) Wong T, Cheung N, Tay W, Wang J, Aung T, Saw,SM.,Lim,SC. Prevalence and risk factors for diabetic retinopathy: The Singapore Malay Eye Study. Ophthalmology 2008;115:1869-75. (89) Leske M, Wu S, Hennis A, Hyman L, Nemesure B, Yang L, et al. Hyperglycemia, blood pressure, and the 9-year incidence of diabetic retinopathy. Ophthalmology 2005;112:799-805. (90) Hosseini S, Maracy M, Amini M, Baradaran H. A risk score development for diabetic retinopathy screening in Isfahan-Iran. J Res Med Sci 2009;14(2):105-10. 91 (91) Nguyen H, Luzio S, Dolben J, West J, Beck L, Coates,PA.,Owens,DR. Dominant risk factors for retinopathy at clinical diagnosis in patients with type II diabetes mellitus. J Diabetes Complicat 1996;10:211-9. (92) Tan C, Gay E, Ngo W. Is age a risk factor for diabetic retinopathy? Br J Ophthalmol 2010;94:1268. (93) Rani P, Raman R, Chandrakantan A, Pal S, Perumal G, Sharma T. Risk factors for diabetic retinopathy in self-reported rural population with diabetes. Available at: http://www.jpgmonline.com/article.asp?issn=00223859;year=2009;volume=55;issue=2;spage=92;epage=96;aulast=Rani, 1/23/2013. (94) UK Prospective Diabetes Study Group. Tight blood pressure control and risk of macrovascular and microvascular complications in type 2 diabetes: UKPDS 38. Br Med J 1998;317:703-13. (95) Gillow J, Gibson J, Dodson P. Hypertension and diabetic retinopatyh - what's the story? Br J Ophthalmol 1999;38:1083-7. (96) Sivaprasad S, Jackson H. Blood pressure control in type II diabetics with diabetic retinopathy. Eye 2007;21:708-11. (97) Krishnaiah S, Das T, Nirmalan K, Shamanna B, Nutheti R, Rao G, et al. Risk factors for diabetic retinopathy: findings from the Andhra Pradesh eye disease study. Clin opthalmol 2007;1(4):475-82. (98) Srivastava B, Rema M. Does hypertension play a role in diabetic retinopathy? J Assoc Physicians India 2005;53:803-8. (99) Hypertension: MedlinePlus Medical Encyclopedia. Available at: http://www.nlm.nih.gov/medlineplus/ency/article/000468.htm. Accessed 1/22/2013, 2013. (100) Klein R, Klein B. Blood pressure control and diabetic retinopathy. Br J Ophthalmol 2002;86(4):365-7. (101) Kohner E. Diabetic retinopathy and high blood pressure: defining the risk. Am J Hypertens 1997;10:181S-3S. (102) Tillin T, Orchard T, Malm A, Fuller J, Chaturvedi N. The role of antihypertensive therapy in reducing vascular complications of type 2 diabetes. Findings from the Diabetic Retinopathy Candesartan Trials-Protect 2 study. J Hypertens 2011;29:1457-62. (103) Beulens J, Patel A, Vingerling J, Cruickshank J, Hughes,AD., Stanton,A., Lu J. Effects of blood pressure lowering and intensive glucose control on the incidence and progression of retinopathy in patients with type 2 diabetes mellitus: a randomised controlled trial. Diabetologia 2009(52):2027-36. 92 (104) Fong D, Aiello L, Ferris F, Klein R. Diabetic retinopathy. Diabetes Care 2004;27(10):2540-53. (105) Benarous R, Sasangko M, Quereshi S, Fenwick E, Dirani M, Wong,TY,Lamoureux,EL. Differential association of serum lipids with diabetic retinopathy and diabetic macular edema. Invest Ophthalmol Vis Sci 2011;52:74649. (106) Sen K, Misra A, Kumar A, Pandey R. Simvastatin retards progression of retinopathy in diabetic patients with hypercholsterolemia. Diabetes Res Clin Pract 2002;56:1-11. (107) Su D, Yeo K. Diabetic retinopathy and serum lipids. Singapore Med J 2000;41(6):295-7. (108) Cusick M, Chew E, Chan C, Kruth H, Murphy R, Ferris F. Histopathology and regression of retinal hard exudates in diabetic retinopathy after reduction of elevated serum lipid levels. Ophthalmology 2003;110:2126-33. (109) Rema M, Srivastava B, Anitha B, Deepa R, Mohan V. Association of serum lipids with diabetic retinopathy in urban South Indians - the Chennai urban rural epidemiology study (CURES) eye study - 2. Diabet Med 2006;23:1029-36. (110) Miljanovic B, Glynn R, Nathan D, Manson J, Schaumberg D. A prospective study of serum lipids and risk of diabetic macular edema in type 1 diabetes. Diabetes 2004;53:2883-92. (111) Larsson L, Alm A, Lithner F, Dahlen G, Bergström R. The association of hyperlipidemia with retinopathy in diabetic patients aged 15-50 years in the county of Umea. Acta Ophthalmol Scand 1999;77:585-91. (112) Ergün U, Öztüzün S, Seydaoglu G. Lipoprotein (A) levels in type 2 diabetic patients with diabetic retinopathy. Med J Malaysia 2004;59(3):406-10. (113) Raman R, Rani P, Kulothungan V, Rachapalle S, Kumaramanickavel G, Sharma T. Influence of serum lipids on clinically significant versus nonclinically significant macular edema. Ophthalmology 2010;117:766-72. (114) Sasangko M, Wong T, Nguyen T, Kawasaki R, Jenkins A, Shaw J, et al. Serum apolipoprotein AI and B are stronger biomarkers of diabetic retinopathy than traditional lipids. Diabetes Care 2011;34:474-9. (115) Gupta A, Gupta V, Thapar S, Bhansali A. Lipid-lowering drug Atorvastatin as an adjunct in the management of diabetic macular edema. Am J Ophthalmol 2004;137:675-82. (116) Klein B, Klein R, Moss S. Is serum cholesterol associated with progression of diabetic retinopathy or macular edema in persons with younger-onset diabetes of long duration? Am J Ophthalmol 1999;115(11):1859-68. 93 (117) Aiello P, Cahill M, Wong J. Systemic considerations in the management of diabetic retinopathy. Am J Ophthalmol 2001;132:760-76. (118) Eliasson B. Cigarette smoking and diabetes. Progr Cardiovasc Dis 2003;45(5):405-13. (119) Haire-Joshu D, Glasgow R, Tibbs T. Smoking and diabetes. Diabetes Care 1999;22:1887-98. (120) Chaturvedi N, Stephenson J, Fuller J. The relationship between smoking and microvascular complications in the EURODIAB complications study. Focus on Diabetic Retinopathy 1996;3(2):34. (121) Solberg L, Desai J, O'Connor P, Bishop D, Devlin H. Diabetic patients who smoke: are they different? Ann Fam Med 2004;2:26-32. (122) Magrinin A, Bottini N, Nicotra M, Cosmi E, Bottini E, Bergamaschi A. Smoking and the genetics of signal transduction: an association study on retinopathy in type 1 diabetes. Am J Med Sci 2002;324(6):310-3. (123) Manaviat M, Afkhami M, Shoja M. Retinopathy and microalbuminuria in type II diabetic patients. BMC Ophthalmol 2004;4:9. (124) Savage S, Estacio R, Jeffers B, Schrier R. Urinary albumin excretion as a predictor of diabetic retinopathy, neuropathy, and cardiovascular disease in NIDDM. Diabetes Care 1996;19(11):1243-8. (125) Boelter M, Gross J, Canani L, Costa L, Lisboa H, Três G, et al. Proliferative diabetic retinopathy is associated with microalbuminuria in patients with type 2 diabetes. Braz J Med Biol Res 2006;39(8):1033-9. (126) Rema M, Saravanan G, Deepa R, Mohan V. Familial clustering of diabetic retinopathy in south indian type 2 diabetic patients. Diabet Med 2002;19:910-6. (127) Liew G, Klein R, Wong T. The role of genetics in susceptibility to diabetic retinopathy. Int Ophthalmol Clin 2009;49:35-52. (128) Warpeha K, Chakravarthy U. Molecular genetics of microvascular disease in diabetic retinopathy. Eye 2003;17:305-11. (129) Uhlmann K, Kovacs P, Boettcher Y, Hammes,HP.,Paschke,R. Genetics of diabetic retinopathy. Exp Clin Endocrinol Diabetes 2006;114:275-94. (130) Wang Y, Ng M, Lee S, So W, Tong P, Cockram C, et al. Phenotypic heterogeneity and associations of two aldose reductase gene polymorphisms with nephropathy and retinopathy in type 2 diabetes. Diabetes Care 2003;26:2410-5. (131) Richeti F, Noronha R, Waetge R, De Vasconcellos J, De Souza O, Kneipp B, et al. Evaluation of AC(n) and C(-106)T polymorphisms of the aldose reductase 94 gene in brazilian patients with DM1 and susceptibility to diabetic retinopathy. Mol Vis 2007;13:740-5. (132) Fujisawa T, Ikegami H, Kawaguchi Y, Yamato E, Nakagawa Y, Shen G, et al. Length rather than a specific allele of dinucleotide repeat in the 5' upstream region of the aldose reductase gene is associated with diabetic retinopathy. Diab Med 1999;44:727-32. (133) Santos K, Tschiedel B, Schneider J, Souto K, Roisenberg I. Diabetic retinopathy in euro-brazilian type 2 diabetic patients: relationship with polymorphisms in the aldose reductase, the plasminogen activator inhibitor-1 and the methylenetetrahydrofolate reductase genes. Diabetes Res Clin Pr 2003;61:133-6. (134) Park H, Ahn C, Lee G, Kim S, Song Y, Lim S, et al. (AC)(n) polymorphism aldose reductase gene and diabetic microvascular complications in type 2 diabetes mellitus. Diabetes Res Clin Pr 2002(55):151-7. (135) Abhary S, Hewitt A, Burdon K, Craig J. A systematic meta-analysis of genetic association studies for diabetic retinopathy. Diabetes 2009;58:2137-47. (136) Al-Kateb H, Mirea L, Xie X, Sun L, Liu M, Chen H, et al. Multiple variants in vascular endothelial growth factor (VEGFA) are risk factors for time to severe retinopathy in type 1 diabetes. Diabetes 2007;56:2161-8. (137) Churchill A, Carter J, Ramsden C, Turner S, Yeung A, Brenchley P, et al. VEGF polymorphisms are associated with severity of diabetic retinopathy. Invest Ophthalmol Vis Sci 2008;49:3611-6. (138) Yang X, Deng Y, Gu H, Lim A, Altankhuyag A, Jia W, et al. Polymorphisms in the vascular endothelial growth factor gene and the risk of diabetic retinopathy in chinese patients with type 2 diabetes. Mol Vis 2011;17:3088-96. (139) Abhary S, Burdon K, Gupta A, Lake S, Selva D, Petrovsky N, et al. Common sequence variation in the VEGFA gene predicts risk of diabetic retinopathy. Invest Ophthalmol Vis Sci 2009;50(12):5552-8. (140) Suganthalakshmi B, Anand R, Kim R, Mahalakshmi R, Karthikprakash S, Namperumalsamy P, et al. Association of VEGF and eNOS gene polymorphisms in type 2 diabetic retinopathy. Mol Vis 2006;12:336-41. (141) Kumaramanickavel G, Ramprasad V, Sripriya S, Upadyay N, Paul P, Sharma T. Association of Gly82Ser polymorphism in the RAGE gene with diabetic retinopathy in type II diabetic Asian Indian patients. J Diabetes Complications 2002;16(6):391-4. (142) Yuan D, Yuan D, Liu Q. Association of the receptor for advanced glycation end products gene polymorphisms with diabetic retinopathy in type 2 diabetes: a meta-analysis. Ophthalmologica 2012;227:223-32. 95 (143) Kang P, Tian C, Jia C. Association of RAGE gene polymorphisms with type 2 diabetes mellitus, diabetic retinopathy and diabetic nephropathy. Gene 2012;500:1-9. (144) Uthra S, Raman R, Mukesh B, Rajkumar S, Kumari P, Lakshmipathy P, et al. Diabetic retinopathy: Validation study of ALR2, RAGE, iNOS and TNFB gene variants in a south Indian cohort. Ophthalmic Genet 2010;31(4):244-51. (145) Lindholm E, Bakhtadze E, Sjögren M, Cilio M, Agardh E, Groop L, et al. The -374 T/A polymorphism in the gene encoding RAGE is associated with diabetic nephropathy and retinopathy in type 1 diabetic patients. Diabetologia 2006;49:2745-55. (146) Ramprasad S, Radha V, Mathias R, Majumder P, Rao M, Rema M. Rage gene promoter polymorphisms and diabetic retinopathy in a clinic-based population from south india. Eye 2007;21:395-401. (147) Hudson B, Stickland M, Futers T, Grant P. Effects of novel polymorphisms in the RAGE gene on transcriptional regulation and their association with diabetic retinopathy. Diabetes 2001;50:1505-11. (148) Ng Z, Kuppusamy U, Tajunisah I, Fong K, Chua K. Association analysis of 429T/C and -374T/A polymorphisms of receptor of advanced glycation end products (RAGE) gene in Malaysian with type 2 diabetic retinopathy. Diabetes Res Clin Prac 2012;95(3):372-7. (149) Tarnow L, Grarup N, Hansen T, Parving H, Pedersen O. Diabetic microvascular complications are not associated with two polymorphisms in the GLUT-1 and PC-1 genes regulating glucose metabolism in Caucasian type 1 diabetic patients. Nephrol Dial Transplant 2001;16(8):1653-6. (150) Plasminogen activator inhibitor-1 4G/5G polymorphism and retinopathy risk in type 2 diabetes: a meta-analysis - 1741-7015-11-1.pdf. Available at: http://han.medunigraz.at/han/pubmed/www.biomedcentral.com/content/pdf/17417015-11-1.pdf. Accessed 3/21/2013, 2013. (151) Cugati S, Cikamatana L, Wang J, Kifley A, Liew G, Mitchell P. Five-year incidence and progression of vascular retinopathy in persons without diabetes: the Blue Mountains Eye Study. Eye 2006;20:1239-45. (152) Yamamoto T, Imuro S, Ohashi Y, Sone H, Ito H, Yamashita H. Long-term risk factors for diabetic retinopathy and diabetic maculopathy in elderly japanese patients with type 2 diabetes mellitus. Geriatr Gerontol Int 2012;12(Suppl 1):141-4. (153) Ohkubo Y, Kishikawa H, Araki E, Miyata T, Isami S, Motoyoshi S, et al. Intensive insulin therapy prevents the progression of diabetic microvascular complications in japanese patients with non-insulin-dependent diabetes mellitus: a randomized prospective 6-year study. Diabetes Res Clin Pr 1995;28:103-17. 96 (154) Henricsson M, Janzon L, Groop L. Progression of retinopathy after change of treatment from oral antihyperglycemic agents to insulin in patients with NIDDM. Diabetes Care 1995;18(12):1571-6. (155) Klein R, Klein B, Moss S, Wong T, Sharrett R. Retinal vascular caliber in persons with type 2 diabetes. Ophthalmology 2006;113:1488-98. (156) Klein R, Klein B, Moss S, Wong T, Hubbard L, Cruickshanks K, et al. The relation of retinal vessel caliber to the incidence and progression of diabetic retinopathy. Arch Ophthalmol 2004;122:76-83. (157) Alibrahim E, Donaghue K, Rogers S, Hing S, Jenkins A, Chan A, et al. Retinal vascular caliber and risk of retinopathy in young patients with type 1 diabetes. Ophthalmology 2006;113:1499-503. (158) Rogers S, Tikellis G, Cheung N, Tapp R, Zimmet P, Mitchell P. Retinal arteriolar caliber predicts incident retinopathy. Diabetes Care 2008;31:761-3. (159) Cheung N, Rogers S, Donaghue K, Jenkins A, Tikellis G, Wong T. Retinal arteriolar dilation predicts retinopathy in adolescents with type 1 diabetes. Diabetes Care 2008;31:1842-6. (160) Klein R, Klein B, Moss S,Wong.TY. Retinal vessel caliber and microvascular and macrovascular disease in type 2 diabetes. Ophthalmology 2007;114:1884-92. (161) Crosby-Nwaobi R, Heng L, Sivaprasad S. Retinal vascular calibre, geometry and progression of diabetic retinopathy in type 2 diabetes mellitus. Ophthalmologica 2012;228:84-92. (162) Kifley A, Wang J, Cugati S, Wong T, Mitchell P. Retinal vascular caliber, diabetes and retinopathy. Am J Ophthalmol 2007;143:1024-6. (163) Tikellis G, Wang J, Tapp R, Simpson R, Mitchell P, Zimmet P, et al. The relationship of retinal vascular calibre to diabetes and retinopathy: the australian diabetes, obesity and lifestyle (AusDiab) study. Diabetologia 2007;50:2263-71. (164) Tsai A, Wong T, Lavanya R, Zhang R, Hamzah H, Tai E, et al. Differential association of retinal arteriolar and venular caliber with diabetes and retinopathy. Diabetes Res Clin Pract 2011;94(2):291-8. (165) Ding J, Ikram M, Cheung C, Wong T. Retinal vascular calibre as a predictor of incidence and progression of diabetic retinopathy. Clin Exp Optom 2012;95:2906. (166) Sasongko M, Wong T, Nguyen T, Cheung C, Shaw J, Wang J. Retinal vascular tortuosity in persons with diabetes and diabetic retinopathy. Diabetologia 2011;54:2409-16. 97 (167) Sasongko M, Wong T, Donaghue K, Cheung N, Jenkins A, Benitez-Aguirre P, et al. Retinal arteriolar tortuosity is associated with retinopathy and early kidney dysfunction in type 1 diabetes. Am J Ophthalmol 2012;153:176-83. (168) Robison WJ, Laver N, Jacot,JL,Glover,JP. Sorbinil prevention of diabetic-like retinopathy in the galactose-fed rat model. Invest Ophthalmol Vis Sci 1995;36:2368-80. (169) ÖAG - Österreichische Adipositas Gesellschaft. Available at: http://www.adipositas-austria.org/adipositas.html. Accessed 4/4/2013, 2013. (170) Zhang L, Krzentowski G, Albert A, Lefebvre P. Risk of developing retinopathy in diabetes control and complications trial type 1 diabetic patients with good or poor metabolic control. Diabetes Care 2001;24:1275-9. (171) De Block C, De Leeuw I, Van Gaal L. Impact of overweight on chronic microvascular complications in type 1 diabetic patients. Diabetes Care 2005;28:1649-55. (172) Dirani M, Xie J, Fenwick E, Benarous R, Rees G, Wong T. Are obesity and anthropometry risk factors for diabetic retinopathy?: the diabetes management project. Invest Ophthalmol Vis Sci 2011;52:4416-21. (173) Van Leiden H, Dekker J, Moll A, Nijpels G, Heine R, Bouter L, et al. Blood pressure, lipids, and obesity are associated with retinopathy. Diabetes Care 2002;25:1320-5. (174) Dorchy H, Claes C, Verougstraete C. Risk factors of developing proliferative retinopathy in type 1 diabetic patients. Diabetes Care 2002;24(4):798-9. (175) Katusic D, Tomic M, Jukic T, Kordic R, Sikic J, Vukojevic N, et al. Obesity - a risk factor for diabetic retinopathy in type 2 diabetes? Coll Antropol 2005;29(Suppl 1):47-50. (176) Van Leiden H, Dekker J, Moll A, Nijpels G, Heine R, Bouter Lea. Risk factors for incident retinopathy in a diabetic and nondiabetic population. Arch Ophthalmol 2003;121:245-51. (177) Chaturvedi N, Sjoelie A, Porta M, Aldington S, Fuller J, Songini Mea. Markers of insulin resistance are strong risk factors for retinopathy incidence in type 1 diabetes. Diabetes Care 2001;24(2):284-9. (178) Collins V, Dowse G, Plehwe W, Imo T, Toelupe P, Taylor H, et al. High prevalence of diabetic retinopathy and nephropathy in polynesians of western samoa. Diabetes Care 1995;18:1140-9. (179) Klein R, Klein B, Moss S. Is obesity related to microvascular and macrovascular complications in diabetes? The Wisconsin Epidemiologic Study of Diabetic Retinopathy. Arch Intern Med 1997;157:650-6. 98 (180) Zheng Y, Lamoureux E, Lavanya R, Wu R, Ikram M, Wang J. Prevalence and risk factors of diabetic retinopathy in migrant indians in an urbanized society in asia: the singapore indian eye study. Ophthalmology 2012;119(10):2119-24. (181) Cheung N, Wong T. Obesity and eye diseases. Surv Ophthalmol 2007;52(2):180-95. (182) Errera M, Kohly R, da Cruz L. Pregnancy-associated retinal diseases and their management. Surv Ophthalmol 2013;58(2):127-42. (183) Diabetes Control and Complications Trial Research Group. Effects of pregnancy on microvascular complications in the diabetes control and complications trial. Diabetes Care 2000;23(8):1084-91. (184) Chew E, Mills J, Metzger B, Remaley N, Jovanovic-Peterson L, Knopp R, et al. Metabolic control and progression of retinopathy. The Diabetes in Early Pregnancy Study. Diabetes Care 1995;18(5):631-7. (185) Rahman W, Rahman F, Yassin S, Al-Suleiman S, Rahman J. Progression of retinopathy during pregnancy in type I diabetes mellitus. Clin Experiment Ophthalmol 2007;35(3):231-6. (186) Chan W, Lim L, Quinn M, Knox F, McCance D, Best R. Management and outcome of sight-threatening diabetic retinopathy in pregnancy. Eye 2004;18(8):826-32. (187) Vestgaard M, Ringholm L, Laugesen C, Rasmussen K, Damm P, Mathiesen E. Pregnancy-induced sight-threatening diabetic retinopathy in women with type 1 diabetes. Diabet Med 2010;27(4):431-5. (188) Lövestam-Adrian M, Agardh C, Aberg A, Agardh E. Pre-eclampsia is a potent risk factor for deterioration of retinopathy during pregnancy in type 1 diabetic patients. Diabet Med 1997;14(12):1059-65. (189) Hemachandra A, Ellis D, Lloyd C, Orchard T. The influence of pregnancy on IDDM complications. Diabetes Care 1995;18(7):950-4. (190) Qiao Q, Keinänen-Kiukaanniemi S, Läärä E. The relationship between hemoglobin levels and diabetic retinopathy. J Clin Epidemiol 1997;50(2):153-8. (191) He B, Wei L, Gu Y, Han J, Li M, Liu Y, et al. Factors associated with diabetic retinopathy in chinese patients with type 2 diabetes mellitus. 2013; Available at: http://han.medunigraz.at/han/pubmed/www.hindawi.com/journals/ije/2012/157940/ . Accessed 4/12/2013. (192) Ajoy Mohan V, Nithyanandam S, Idiculla J. Microalbuminuria and low hemoglobin as risk factors for the occurrence and increasing severity of diabetic retinopathy. Indian J Ophthalmol 2011;59(3):207-10. 99 (193) Rani P, Raman R, Rachepalli S, Pal S, Kulothungan V, Lakshmipathy P, et al. Anemia and diabetic retinopathy in type 2 diabetes mellitus. J Assoc Physicians India 2010;58:91-4. (194) Friedman E, Brown,CD,Berman,DH. Erythropoietin in diabetic macular edema and renal insufficiency. Am J Kidney Dis 1995;26:202-8. (195) Sinclair S, Del Vecchio C, Levin A. Treatment of anemia in the diabetic patient with retinopathy and kidney disease. Am J Ophthalmol 2003;135(5):740-3. (196) Luppi P, Cifarelli V, Wahren J. C-peptide and long-term complications of diabetes. Pediatr Diabetes 2011;12:276-92. (197) Son M. C-peptide and vascular complications in type 2 diabetic subjects. Diabetes Metab J 2012;36:345-9. (198) Steffes M, Sibley S, Jackson M, Thomas W. Beta-cell function and the development of diabetes-related complications in the diabetes control and complications trial. Diabetes Care 2003;26:832-6. (199) Bo S, Gentile L, Castiglione A, Prandi V, Canil S, Ghigo E, et al. C-peptide and the risk for incident complications and mortality in type 2 diabetic patients: a retrospective cohort study after a 14-year follow-up. Eur J Endocrinol 2012;167(2):173-80. (200) Panero F, Novelli G, Zucco C, Fornengo P, Perotto M, Segre O, et al. Fasting plasma C-peptide and micro- and macrovascular complications in a large clinic-based cohort of type 1 diabetic patients. Diabetes Care 2009;31:301-5. (201) Yau J, Rogers S, Kawasaki R, Lamoureux E, Kowalski J, Bek T, et al. Global prevalence and major risk factors of diabetic retinopathy. Diabetes Care 2012;35:556-64. (202) Klein B. Reduction in risk for progression of diabetic retinopathy. N Engl J Med 2010;363(3):287-8. 100 101