Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 1 2 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Inhalt Vorwort 5 1. Einleitung 6 2. Forschung der Bundesverwaltung 7 Gesetzlicher Auftrag 7 Ressortforschung im Bundesamt für Gesundheit (BAG) 8 Rolle und Aufgaben der Ressortforschung 8 Forschung im Politikbereich Gesundheit 10 Rückblick 2013–2016 10 Stand der Versorgungsforschung in der Schweiz 11 Forschung und Entwicklung für mehr globale Gesundheit 14 Gesundheitspolitischer Rahmen für die Schweiz 2015–2020 16 Herausforderungen und Handlungsbedarf 16 Forschungsschwerpunkte und prioritäre Themen 19 NFP 74 «Gesundheitsversorgung» 19 NFP 72 «Antimikrobielle Resistenz» 19 Evaluation der KVG-Revision im Bereich der Spitalfinanzierung 19 Prioritäre Themen der Ressortforschung 19 Finanzierung 21 Rückblick 2012–2014 21 Ausblick 2017–2020 22 Akteure und Schnittstellen 24 Die Privatwirtschaft 24 Schnittstellen zum Hochschulbereich 25 Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung 25 Die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) 29 Die Akademien der Wissenschaften Schweiz 30 Andere Bundesstellen 32 Private Organisationen ohne Erwerbszweck 37 Internationale Zusammenarbeit 37 3. 4. 5. 6. Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 3 7. Qualitätssicherung 40 Kriterien der BAG-internen Qualitätssicherungsmassnahmen in der Ressortforschung 41 Anhang A1: Definition der Forschung der Bundesverwaltung (Ressortforschung) 43 Anhang A2: Gesetzliche Grundlagen 44 Einleitung 44 Artikel der Bundesverfassung 44 Allgemeingesetzliche Grundlagen 45 Spezialgesetzliche Grundlagen 46 4 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Vorwort Politik und Verwaltung sind auf Wissenschaft und Forschung angewiesen, um sachlich begründete Entscheide fällen zu können. Fragen zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung, der Prävention und Gesundheitsförderung sowie der Gesundheitsversorgung erfordern schon heute Antworten, um künftigen Herausforderungen im Gesundheitssystem adäquat begegnen zu können. Dies ist keine leichte Aufgabe, zumal es sich bei unserem Gesundheitssystem nicht nur um ein kompliziertes, sondern auch um ein hochkomplexes System handelt, über das wir besser Bescheid wissen müssen. Mit der Lancierung eines Nationalen Forschungsprogramms «Gesundheitsversorgung» setzt der Bundesrat ein starkes Signal zur Stärkung der Versorgungsforschung. Deren Ziel ist es, Erkenntnisse zu gewinnen, wie sich die Strukturen der Kranken- und Gesundheitsversorgung optimieren, die Versorgungsqualität und die Effizienz steigern, die Über-, Unter- und Fehlversorgung reduzieren und die Patientenorientierung und -sicherheit erhöhen lassen. ses und neue Kenntnisse über die Faktoren und Zusammenhänge, welche die Entwicklung und den Erhalt der Gesundheit bestimmen, dürfen dabei nicht ausser Acht gelassen werden. Nicht zu vergessen ist das «Instrument» Evaluation, welches Fragen der Zweckmässigkeit, der Wirkung und Wirtschaftlichkeit staatlichen Handelns untersucht und sowohl der Optimierung von Massnahmen als auch der Rechenschaftslegung gegenüber Politik und Öffentlichkeit dient. Mein Dank gilt allen, die zu diesem Forschungskonzept beigetragen haben. Es liefert eine gute Übersicht über die vielfältigen Herausforderungen und Aktivitäten in der Periode 2017–2020. Bundesamt für Gesundheit Der Direktor Pascal Strupler Der Bundesrat hat ein weiteres Nationales Forschungsprogramm im Bereich der Gesundheit bewilligt: Die wachsende Zahl der gegen Antibiotika resistenten Keime macht es notwendig, diese Problematik genauer zu erforschen und mögliche Antworten darauf zu entwickeln. Das Nationale Forschungsprogramm «Antimikrobielle Resistenz» rückt die übergreifende Betrachtung der Gesundheit von Mensch und Tier in den Vordergrund. Politisches Handeln muss nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung fördern; es muss auch dafür sorgen, dass das Gesundheitssystem effizient ausgestaltet ist und bezahlbar bleibt. Angesichts der steigenden Gesundheitskosten erstaunt es nicht, dass die politisch Handelnden Antworten erwarten auf Fragen wie «Wer soll für welche Gesundheitsleistungen bezahlen?» und «Wo soll die Gesellschaft heute investieren, um in Zukunft höhere Krankheitsraten und -kosten zu vermeiden?». Eine Vertiefung des Gesundheitsverständnis- Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 5 1. Einleitung Das Forschungskonzept Gesundheit richtet sich an Fachleute und an Laien. Es verschafft den Leserinnen und Lesern einen Überblick über die Forschung im Politikbereich Gesundheit. Das Forschungskonzept Gesundheit definiert die Forschungstätigkeit des Bundes im Bereich Gesundheit 6 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 für die Jahre 2017–2020 und legt deren Schwerpunkte fest. In Ergänzung zum vorliegenden Konzept wurde ein Katalog der Ressortforschungsthemen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) publiziert. Dieser beschreibt die Forschungsstrategien der einzelnen Geschäftsfelder des BAG und behandelt prioritäre Themen. Beide Dokumente stehen auf der Website des BAG zur Verfügung: www.bag.admin.ch/forschung. 2. Forschung der Bundesverwaltung Die Bundesverwaltung vertraut auf den Beitrag der Forschung bei der Bewältigung gesellschaftlicher Probleme und Herausforderungen. Aus diesem Grund gibt sie Forschungsarbeiten in Auftrag oder fördert diese. Die Forschung der Bundesverwaltung wird als Ressortforschung bezeichnet und zielt auf den Erwerb und den Ausbau von Kenntnissen ab, auf denen die politischen Strategien des Bundes basieren. Sie umfasst Tätigkeiten in den Bereichen Forschung, Entwicklung, Evaluation und Erstellung von wissenschaftlichen Expertisen (vgl. Anhang A1 zur Definition der Ressortforschung). Ressortforschung ist aufgabenbezogen und steht im Dienst der Gesellschaft. Die Ressortforschung liefert Analysen und Modelle und spielt eine zentrale Rolle bei der Konzeption politischer Strategien. Sie kann deren Wahl durch den Nachweis der Angemessenheit (Zweckmässigkeit), der Wirksamkeit und der Wirtschaftlichkeit staatlicher Massnahmen legitimieren. Mittelfristig hilft sie dem Bund dabei, seine strategische Ausrichtung festzulegen. Die Ressortforschung dient auch der Früherkennung von Problemfeldern, indem sie gesellschaftliche Probleme untersucht, zu deren Lösung staatliche Massnahmen notwendig sind. Als politikorientierte, praxisnahe und in der Regel interdisziplinäre Forschung ist die Ressortforschung herausgefordert, in einem komplexen Umfeld oftmals rasch Lösungen auf konkrete Fragen zu entwickeln. Nicht zur Ressortforschung gehören die Ausgaben der vom Bund finanzierten Hochschulen und Forschungsanstalten des Hochschulbereichs, Beiträge (Subventionen) des Bundes an den Schweizerischen Nationalfonds (SNF), an die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) und an wissenschaftliche Institutionen gemäss dem Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz FIFG (Akademien, Forschungsinfrastrukturen und Technologiekompetenzzentren etc.) sowie Beiträge an internationale wissenschaftliche Institutionen und Organisationen zur Strukturfinanzierung. 1 https://www.admin.ch/gov/de/start/bundesrecht/systematische-sammlung.html, SRNummer als Suchkriterium Gesetzlicher Auftrag Das Engagement des Bundes in der Forschung und Forschungsförderung wird durch Art. 64 der Bundesverfassung (SR 101 1) legitimiert, indem der Bund die wissenschaftliche Forschung und die Innovation fördert, bzw. Forschungsstätten errichten, übernehmen oder betreiben kann. Mit der Totalrevision des Forschungs- und Innovationsförderungsgesetzes (FIFG, SR 420.1) im Jahr 2012 ist dieses zu einem Rahmengesetz für die Ressortforschung ausgearbeitet worden: Die Bundesverwaltung ist ein Forschungsorgan, soweit sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben Ressortforschung betreibt oder Aufgaben der Forschungs- und Innovationsförderung wahrnimmt (Art. 4, Bst. d). Neben der übergeordneten Verankerung im FIFG ist die Forschung der Bundesverwaltung auf über 50 spezialgesetzliche Bestimmungen abgestützt. In diesen werden direkte Forschungsaufträge oder Finanzierungsverpflichtungen durch den Bund vorgegeben, bzw. direkte Evaluations-, Erhebungs- oder Prüfungsaufträge formuliert, die entsprechende wissenschaftliche Arbeiten voraussetzen. Zudem werden Forschungsaufgaben in zahlreichen Gesetzen und Verordnungen präzisiert. Darüber hinaus setzt selbst dort, wo kein expliziter gesetzlicher Auftrag zur Forschung besteht, die Anwendung und Umsetzung geltenden Rechts oft Fachwissen voraus, welches aktuell sein soll und daher mittels Forschung erarbeitet werden muss (z. B. beim Erlass von Richtlinien und Verordnungen). Deshalb werden Forschungsverpflichtungen auch oft in departementalen Organisationsverordnungen für die verschiedenen Ämter festgelegt. Die Organisationsverordnung für das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) 2 sieht beispielsweise in Art. 9 Abs. 3 lit. b vor, dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Forschung auf dem Gebiet der Gesundheit steuert. Auch die in der Organisationsverordnung aufgeführten Ziele des BAG sowie seine diesbezüglichen Funktionen implizieren, dass das BAG für die Erfüllung seiner Aufgaben Forschung betreiben bzw. Forschungsaufträge mandatieren kann. 2 OV-EDI, SR 172.212.1 Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 7 Art. 9 Abs. 3 lit. e verpflichtet zudem zur Evaluationstätigkeit: «Es [das Bundesamt für Gesundheit] überprüft die Wirkung rechtsetzender und anderer Massnahmen auf die Gesundheit.» Ressortforschung im Bundesamt für Gesundheit (BAG) Die Ressortforschung im BAG stellt Wissen zur Verfügung für die Erfüllung der Aufgaben des BAG sowie für die Entwicklung von Politiken und Strategien. Ressortforschung und Evaluation tragen damit zu evidenzbasierter und -informierter Politikgestaltung und -umsetzung bei. Diese Funktion ist schematisch in der Abbildung 2.1 dargestellt: Abb. 2.1 Evidenzinformierte Politikgestaltung und -umsetzung Politik- und Strategieentwicklung, Aufgabenerfüllung Ressortforschung grenzt sich von der Beratertätigkeit ab. Sie generiert neues, gesichertes Wissen, während Beratertätigkeit meist auf bestehendem Wissen und bestehender Evidenz aufbaut. Das BAG verfügt über eine integrierte Aufgaben- und Ressourcenplanung. Geplant und gesteuert werden die gemäss der BAG-Strategie festgelegten Aufgaben. In dieser Planung ist die Ressortforschungsplanung ein integraler, aufgabenbezogener Teil. Innerhalb des BAG ist die Ressortforschung dezentral organisiert. Die Geschäftsfeldverantwortlichen sind zugleich Forschungsverantwortliche. Direktionsbereichsübergreifende Ressortforschungsgeschäfte werden durch die Fachstelle Evaluation und Forschung koordiniert. Diese ist unter anderem für den Einsatz von ARAMIS (Forschungsdatenbank des Bundes) im Amt sowie für die Erstellung des Forschungskonzepts verantwortlich. Das Evaluationsmanagement im BAG ist ebenfalls in der Fachstelle Evaluation und Forschung zentralisiert. Evaluationen tragen zur Optimierung staatlichen Handelns bei und legen Rechenschaft ab gegenüber der Öffentlichkeit. Ressortforschung; Monitoring Evaluation Quelle: Bundesamt für Gesundheit (BAG) Die Ressortforschung beschafft bedarfsgerechtes Wissen für Politik und Verwaltung. Bei der Ressortforschung im BAG handelt es sich primär um Auftragsforschung und Beiträge an Dritte. Die Ressortforschung dient dabei der wissenschaftlichen oder technologischen Erkenntnisgewinnung und Meinungsbildung, deren Ergebnisse das BAG zur Bewältigung seiner Aufgaben benötigt. Die wichtigsten Partner des BAG auf Stufe Bund sind das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), der Schweizerische Nationalfonds (SNF), das Bundesamt für Statistik (BFS) sowie das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan). 8 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Rolle und Aufgaben der Ressortforschung Die Ressortforschung im Bereich Gesundheit bearbeitet Fragen im Zusammenhang mit dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung, der Prävention und Gesundheitsförderung sowie der Gesundheitsversorgung. Das BAG identifiziert in seinen Aufgabenbereichen den Forschungsbedarf, setzt Forschungsschwerpunkte in seinen Geschäftsfeldern, beschafft Forschungswissen und vermittelt und nutzt dieses. Es ist vor allem mit externen Aufträgen in der Wissensproduktion engagiert, koordiniert und erstellt Synthesen der Produkte und nutzt mit seinen Partnern das erworbene Wissen. Abbildung 2.2 verdeutlicht die Rolle des BAG in der Ressortforschung. Abb. 2.2 Rolle und Aufgaben des BAG im Rahmen der Ressortforschung Wissensproduktion Das BAG vergibt Forschungsaufträge und -beiträge an Dritte. Koordination und Synthese Das BAG steht im Rahmen des Ressortforschungsmanagements an der Nahtstelle zwischen Wissensproduktion und Wissensnutzung. BAG beschafft Forschungswissen Wissensnutzung Das BAG kommuniziert Forschungsresultate an die Öffentlichkeit und an Institutionen der Gesundheitsversorgung, nutzt selbst Forschungswissen und vermittelt Entscheidungsgrundlagen an Politik und Verwaltung. BAG vermittelt Wissen Informationen zu Gesundheit Besorgnis, Bedürfnisse Hochschulen (Universitäten, FH, ETH) Forschungsaufträge, Forschungsbeiträge Relevante Forschungsergebnisse Forschungsergebnisse Bedarf / Bedürfnisse aus Praxis Öffentlichkeit (Bevölkerung, Medien) Institutionen der Gesundheitsversorgung BAG (Ressortforschung) Private (Firmen, Institute und andere) Entscheidungsgrundlagen Bedarf Vollzugsrelevante Forschungsergebnisse Bedarf, Rahmenbedingungen BAG setzt Forschungsschwerpunkte Politikinstanzen (Bund, Kantone, Gemeinden) Verwaltung (BAG und andere) BAG erkennt Forschungsbedarf BFS+ , Obsan++ SBFI*, SNF** (und andere) * Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) leitet die Politikvorbereitung und -umsetzung im Bereich der nationalen und internationalen Forschungspolitik der Schweiz. Es koordiniert die entsprechenden Tätigkeiten innerhalb der Bundesverwaltung und stellt die Zusammenarbeit mit den Kantonen sicher. ** Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) fördert Forschung im Auftrag des Bundes. Das Förderungsportfolio beinhaltet Projektförderung, Programme (Nationale Forschungsprogramme NFP; Nationale Forschungsschwerpunkte NFS und andere), Karriereförderung, Infrastrukturen und Wissenschaftskommunikation. + Das Bundesamt für Statistik (BFS) ist die zentrale Institution der öffentlichen Statistik. Es liefert statistische Informationen für die Dauerbeobachtung wichtiger Lebensbereiche wie z. B. Gesundheit. + + Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) ist ein von Bund und Kantonen getragenes Kompetenz-, Dienstleistungs- und Informationszentrum für wissenschaftliche Analysen und Informationen über die Gesundheit der Bevölkerung, das Gesundheitswesen und die Gesundheitspolitik. Quelle: Bundesamt für Gesundheit (BAG) Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 9 3. Forschung im Politikbereich Gesundheit Rückblick 2013–2016 Im Folgenden wird kurz über den Stand der Umsetzung der Prioritäten des Forschungskonzepts 2013– 2016 berichtet: Das NFP 69 (20 Projekte) ist in der Realisierungsphase und endet 2018. Siehe www.nfp69.ch. Evaluation der KVG-Revision im Bereich der Spitalfinanzierung (Etappe 1) Stärkung der Versorgungsforschung in der Schweiz Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) hat im Auftrag des BAG – unter Einbezug aller wichtigen Akteure im Gesundheitsbereich – ein Konzept zur Stärkung der Versorgungsforschung in der Schweiz erstellt. In der Folge hat der Bundesrat am 24. Juni 2015 das Nationale Forschungsprogramm «Gesundheitsversorgung» genehmigt und CHF 20 Mio. zur Verfügung gestellt. Siehe www.nfp74.ch. NFP 67 «Lebensende» Die Wahrnehmung und Gestaltung des Lebensendes unterliegen heute einem markanten Wandel. Das NFP 67 «Lebensende» will neue Erkenntnisse über die letzte Lebensphase von Menschen jeden Alters gewinnen, die aller Voraussicht nach nur noch kurze Zeit zu leben haben. Das NFP erarbeitet für die Entscheidungsträgerinnen und -träger im Gesundheitswesen und in der Politik sowie für die betroffenen Berufsgruppen Handlungs- und Orientierungswissen für einen würdigen Umgang mit der letzten Lebensphase. Das NFP 67 ist in der Realisierungsphase (33 Projekte) und endet 2017. Siehe www.nfp67.ch. Die Auswirkungen der KVG-Revision im Bereich der Spitalfinanzierung werden im Auftrag des Bundesrates in den Jahren 2012 bis 2019 mit einer Evaluation untersucht. Erste Zwischenergebnisse aus dem Jahr 2015 zeigen, dass sich die Qualität der stationären Spitalbehandlungen mit der neuen Spitalfinanzierung nicht verändert hat. Die Aufenthaltsdauer von Patientinnen und Patienten hat sich wie erwartet verkürzt; es gibt keine Hinweise auf zu frühe Entlassungen. Verbessert hat sich mit der neuen Spitalfinanzierung die Transparenz: Die Leistungen der einzelnen Spitäler können dank dem neuen System besser miteinander verglichen werden. Die verbesserte Transparenz ist eine der Voraussetzungen dafür, dass das Kostenwachstum in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP, Grundversicherung) im stationären Spitalbereich mittelfristig eingedämmt werden kann. Aufgrund verschiedener Übergangsbestimmungen, z. B. zur Kostenbeteiligung der Kantone die erst 2017 55 Prozent betragen muss, lassen sich verlässliche Aussagen über die Kostenfolgen der neuen Spitalfinanzierung erst später machen. Den abschliessenden Bericht über die Auswirkungen der Revision wird das BAG voraussichtlich 2019 veröffentlichen. Siehe www.bag.admin.ch/EvalSpitalfinanzierung. Ergebnisse der Ressortforschung BAG NFP 69 «Gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelproduktion» Das NFP 69 «Gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelproduktion» hat sich zum Ziel gesetzt, praxisorientierte und wesentliche Wissensgrundlagen (Strategien, Werkzeuge, Methoden, Prozesse, Produkte) zu erarbeiten, um die nachhaltige Entwicklung des Ernährungsverhaltens sowie von Lebensmittelund Ernährungssystemen in der Schweiz voranzutreiben. 10 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Im Zeitraum 2013–2016 wurden zahlreiche Ressortforschungsstudien abgeschlossen, deren Ergebnisse dem BAG Orientierungs- und/oder Handlungswissen liefern. Exemplarisch sind hier zwei Studien erwähnt. Die Kosten der nichtübertragbaren Krankheiten in der Schweiz: Nichtübertragbare Krankheiten (non communicable diseases, NCDs) stellen das grösste Problem der öffentlichen Gesundheit dar und sind weltweit die häufigste Todesursache. Eine Studie im Auftrag des BAG hat die finanziellen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen dieser Krankheiten für die Schweiz untersucht. Die direkten medizinischen Kosten aller NCDs belaufen sich demnach in der Schweiz auf CHF 51.7 Mrd. Das entspricht 80.1 Prozent der gesamten Schweizer Gesundheitskosten von CHF 64.6 Mrd. im Jahr 2011. Die direkten medizinischen Kosten sieben definierter NCD-Krankheitsgruppen liegen bei CHF 33.1 Mrd. (51.2 Prozent der Gesamtkosten). Spitzenreiter sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gefolgt von den muskuloskelettalen Erkrankungen und den psychischen Leiden. Insgesamt fallen die höchsten indirekten Kosten bei den muskuloskelettalen Krankheiten an (CHF 7.5 Mrd. für Rückenschmerzen und CHF 4.7 Mrd. für rheumatische Erkrankungen). Hohe indirekte Kosten entstehen ebenfalls durch psychische Erkrankungen (CHF 10.6 Mrd.). Auffallend sind zudem hohe indirekte Kosten bei Demenz, welche auf die informelle Pflege durch Angehörige, Nachbarn und Freunde zurückzuführen sind. Siehe www.bag.admin.ch/ncd. Umverteilungseffekte in der obligatorischen Krankenversicherung (Inzidenzanalyse): Im Auftrag des BAG wurde eine umfassende und repräsentative Mikrosimulationsstudie durchgeführt, die es erlaubt, Umverteilungseffekte der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) für Personen und Haushaltgruppen auf Bundes- und Kantonsebene zu identifizieren. Hauptergebnisse der Studie sind: Zweielternfamilien mit mehreren Kindern werden im Vergleich zu anderen Haushaltgruppen sowohl absolut als auch im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen finanziell am stärksten belastet. Obwohl die einkommensstärksten Haushalte die «grössten Zahler» sind, ist ihre relative Belastung geringer als diejenige einkommensschwacher Haushalte. Die OKP ruft – gemessen am verfügbaren Einkommen – Umverteilungswirkungen hervor, die sich von Kanton zu Kanton stark unterscheiden. Siehe www.bag.admin.ch/dokumentation/publikationen (Rubrik Krankenversicherung/Forschungsberichte). Stand der Versorgungsforschung in der Schweiz Gastbeitrag von Prof. Dr. Milo Puhan, Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention, Universität Zürich Versorgungsforschung – Fragestellungen vom Gesundheitssystem bis zur Patientenversorgung Die Versorgungsforschung untersucht, wie Gesundheitssysteme und -leistungen organisiert und finanziert werden sollen, damit die Bevölkerung Zugang zu einer sicheren und wirksamen Prävention und Gesundheitsversorgung hat. Diese Beschreibung zeigt, dass es in der Versorgungsforschung Fragestellungen gibt, die für die Politik und die Gesundheitsbehörden von Bedeutung sind. So stellt sich etwa die Frage, wie viele und welche Art Spitäler für einen bestimmten Kanton notwendig sind, oder ob die Einführung von DRGs (Diagnosis-Related Groups) die Kosten bei gleichbleibender Versorgungsqualität senkt. Darüber hinaus gibt es Fragestellungen, welche die Leistungserbringer betreffen. Im Kontext chronischer Krankheiten stellt sich beispielsweise die Frage, wie verschiedene Gesundheitsfachleute (Ärzteschaft, Pflegepersonal, Physiotherapierende etc.) ihre Arbeit im stationären und ambulanten Setting zum Wohle der Patientinnen und Patienten am besten koordinieren. Schliesslich untersucht die Versorgungsforschung die Wirksamkeit und Sicherheit von spezifischen präventiven, diagnostischen und therapeutischen Leistungen unter Alltagsbedingungen. Sie bietet somit eine Entscheidungsgrundlage für Patientinnen und Patienten und für Gesundheitsfachleute. Die Versorgungsforschung bildet ein Bindeglied zwischen der Gesundheit der Bevölkerung (Public Health) Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 11 und der Gesundheit von Individuen. Die Pionierarbeit der Forschungsgruppe des Dartmouth College illustriert dies eindrücklich: Der Dartmouth Atlas zeigt aufgrund von Gesundheitsdaten aus den ganzen USA regionale Unterschiede bei Ausmass, Qualität und Kosten der Leistungserbringung (z. B. Operationen bei Rückenschmerzen oder medizinische Versorgung am Lebensende) sowie Gründe für diese Unterschiede. Zusätzlich werden wissenschaftliche Daten analysiert um darzustellen, welche medizinische Leistung bei welchen Patientinnen und Patienten besser geeignet ist. Die Versorgungsforschung bietet somit, wie der Dartmouth Atlas zeigt, eine Daten- und Entscheidungsgrundlage für Politik und Gesundheitsbehörden, für Leistungserbringer und Kostenträger sowie für die Patientinnen und Patienten. Auch die skandinavischen Länder verfügen dank Patienten- und Bevölkerungsregistern über Gesundheitsdaten, die zu wichtigen Erkenntnissen über Leistungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der Gesundheitsversorgung führen. Die Versorgungsforschung ist in den meisten Ländern multidisziplinär organisiert und bezieht beispielsweise Forschende aus den Bereichen Medizin, Epidemiologie, Pflege, Psychologie, Statistik, Soziologie, Recht, Ethik, Bioinformatik und Wirtschaftswissenschaften ein. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung sowie weitere Interessenträger wie Leistungserbringer, Kostenträger, die Wirtschaft und die Politik werden vermehrt in die Versorgungsforschung einbezogen, damit die unterschiedlichen Perspektiven berücksichtigt werden können. Eine für die Versorgungsforschung relevante und interessante Entwicklung sind auch die Fortschritte in der Technologie, die detaillierte Gesundheitsdaten in Echtzeit aus dem realen Alltag liefern (z. B. Aktivitätsmesser in Smartphones oder diverse Apps). Damit können nicht nur wichtige Erkenntnisse über Krankheiten gewonnen werden, es eröffnen sich auch neue Möglichkeiten der Versorgung (z. B. Telemedizin). Akteure der Versorgungsforschung in der Schweiz Versorgungsforschung ist in der Schweiz kein Neuland. Es gibt seit Jahren viele Projekte und Publikationen, welche dem Bereich der Versorgungsforschung zugeordnet werden können, auch wenn sich bisher wenig Forschende explizit als Versorgungsforschende 12 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 definieren. An den Schweizer Universitäten waren bisher vor allem Forschende in den Instituten für Hausarztmedizin und Public Health (inkl. Epidemiologie, Sozial- und Präventivmedizin und Gesundheitsökonomie) sowie in Kliniken im Bereich der Inneren Medizin in der Versorgungsforschung tätig. Vermehrt gibt es jedoch auch Forschende aus den Sozialwissenschaften, Ethik, Medizininformatik und Wirtschaftswissenschaften, die ihre Forschung als Teil der Versorgungsforschung verstehen. Auch Fachhochschulen (u. a. Gesundheitsökonomie, Pflege- und Gesundheitswissenschaften) weisen ihre Forschung vermehrt als Versorgungsforschung aus. Schliesslich tragen die öffentliche Verwaltung (z. B. das Schweizerische Gesundheitsobservatorium und das Bundesamt für Statistik) sowie der private Sektor (z. B. Krankenkassen und private Forschungsinstitute) wesentlich zur Versorgungsforschung bei, indem sie über essentielle Gesundheitsdaten über die Bevölkerung verfügen, diese auswerten oder zur Verfügung stellen. Die Versorgungsforschung in der Schweiz braucht eine starke Forschungsgemeinschaft. Obwohl zahlreiche Disziplinen Themen der Versorgungsforschung bearbeiteten, hat sich bisher in der Schweiz noch keine eigentliche Forschungsgemeinschaft in Versorgungsforschung gebildet. Dies hat zur Folge, dass die Versorgungsforschung stark segmentiert ist und deren Erkenntnisse nur schwer zu einem Ganzen zusammengefügt werden können. Die Versorgungsforschung kann ihr Ziel, eine Evidenzbasis für Politik und Gesundheitsbehörden, Leistungserbringer, Kostenträger und Patientinnen und Patienten zu liefern, jedoch nur erfüllen, wenn sie koordiniert stattfindet. Wenn man etwa die Versorgung von Menschen mit chronischen Krankheiten untersuchen möchte, sind Verlaufsdaten über die Zeit notwendig. Um diese zu erhalten, müssen Forschende mit Leistungserbringern aus der stationären und ambulanten Versorgung, Kostenträgern und Patientinnen und Patienten zusammenarbeiten. Es gilt zu definieren, welche Gesundheitsdaten wie erhoben werden, damit sie zu einem Ganzen zusammengefügt werden können. Diese Arbeit erfordert Koordination innerhalb einer Forschungsgemeinschaft. Public Health Schweiz hat im Jahr 2013 das Manifest über «Bessere Gesundheitsdaten für ein effizienteres Gesundheitswesen» 3 publiziert, in dem Gesundheitsfachleute aus der ganzen Schweiz dargelegt haben, dass wichtige Gesundheitsdaten teils nicht routinemässig erhoben werden oder für die Forschung nicht zugänglich sind (z. B. Daten zu den Kosten im Gesundheitswesen). Wenn Daten verfügbar sind (z. B. aus bevölkerungsbasierten Kohortenstudien oder beim Bundesamt für Statistik), müssen sie oft aus verschiedenen Datenbanken verknüpft werden, was technisch anspruchsvoll und teilweise von Gesetzes wegen nicht zulässig ist. Die Verfasserinnen und Verfasser des Manifests schlugen vor, einen Lernzyklus einzuführen, über den durch die bessere Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Verknüpfung der Daten sowie durch eine harmonisierte Datenerfassung allmählich qualitativ hochstehende Gesundheitsdaten bereitgestellt werden. Akteure der Förderung der Versorgungsforschung in der Schweiz Es gibt eine Reihe von Organisationen, welche die Versorgungsforschung fördern. Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und die Gottfried und Julia Bangerter-Rhyner-Stiftung nehmen eine Vorreiterrolle ein. Sie unterstützen explizit Projekte in der Versorgungsforschung 4 und veranstalten regelmässig Symposien. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Bildung einer Forschungsgemeinschaft in der Versorgungsforschung. Der Bundesrat bewilligte am 24. Juni 2015 das fünfjährige Nationale Forschungsprogramm «Gesundheitsversorgung», das mit CHF 20 Mio. dotiert ist und vom Schweizerischen Nationalfonds durchgeführt werden wird. Verschiedene Stiftungen fördern ebenfalls Projekte im Bereich der Versorgungsforschung. Das Bundesamt für Gesundheit geht im Rahmen der Evaluation und Ressortforschung klar definierte Fragestellungen der Versorgungsforschung an. Es betreibt die Versorgungsforschung jedoch meist nicht selber und übergibt sie als Auftragsforschung an öffentliche oder private Forschungsinstitutionen. Schliesslich werden vom privaten Sektor (Krankenkassen, Pharmafirmen) Aufträge vergeben, welche dem Bereich der Versorgungsforschung zugeordnet werden können. 3 http://www.public-health.ch/logicio/client/publichealth/file/130816_Manifest_Gesundheitsdaten_D_def.pdf Voraussetzungen für eine erfolgreiche Versorgungsforschung in der Schweiz Damit sich die Versorgungsforschung in der Schweiz weiter entwickeln kann, gibt es drei wesentliche Voraussetzungen: Es gibt in der Schweiz zwar genügend qualifizierte Forschende, um Versorgungsforschung auf hohem internationalem Niveau zu betreiben. Allerdings muss sich eine multidisziplinäre Forschungsgemeinschaft bilden, die sich aktiv austauscht und koordiniert, so dass eine solide Evidenzbasis für die Entscheidungsträger entsteht. Dazu gehört auch die Ausbildung von Nachwuchsforschenden im Rahmen von strukturierten PhD-Programmen. Gesundheitsdaten sollten besser verfügbar, miteinander verknüpfbar und vergleichbar gemacht werden. Nur so können Forschende mit den Daten arbeiten, Schwachstellen entdecken und die Qualität kontinuierlich verbessern. Dafür sollten öffentliche und private Institutionen sowie Forschende, welche über Gesundheitsdaten verfügen, miteinander kooperieren. Fortschritte in der Gesundheitsversorgung sind ohne Gesundheitsdaten und Versorgungsforschung nicht denkbar. Damit unabhängige Versorgungsforschung betrieben werden kann, ist eine langfristige Forschungsförderung notwendig. Öffentliche und private Institutionen sollten Forschungsgelder explizit für die Versorgungsforschung zur Verfügung stellen. Dabei sollte beachtet werden, dass solche Projekte zur Verbesserung der Gesundheitsdatenlage in der Schweiz und zur Bildung einer Forschungsgemeinschaft beitragen. Mit der Bewilligung eines Nationalen Forschungsprogramms «Gesundheitsversorgung» sendete der Bundesrat ein starkes Signal zugunsten der Versorgungsforschung aus. Wenn sich diese drei Voraussetzungen aufeinander abgestimmt realisieren lassen, wird die Versorgungsforschung in der Schweiz eine wertvolle Evidenzbasis für Politik und Gesundheitsbehörden, Leistungserbringer, Kostenträger sowie Patientinnen und Patienten liefern und im internationalen Wissenschaftswettbewerb bestehen können. 4 http://www.samw.ch/de/Forschung/Versorgungsforschung.html Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 13 Forschung und Entwicklung für mehr globale Gesundheit Gastbeitrag von Prof. Dr. Ilona Kickbusch, Graduate Institute, Genf Die Forschung zur globalen Gesundheit umfasst eine grosse Themenbreite und viele verschiedene Disziplinen. Sie reicht von der medizinischen Grundlagenforschung bis hin zu politikwissenschaftlichen Analysen globaler Steuerungsprozesse sowie der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Determinanten von Gesundheit. Die interdisziplinäre Forschung, beispielsweise zu umweltbedingten Gesundheitsrisiken, sozialen Determinanten oder zu den gesundheitlichen Folgen verschiedener Globalisierungsprozesse, nimmt an Bedeutung zu. Auch ökonomische Analysen auf der Makro- wie auch der Mikro-Ebene haben zunehmend an Einfluss gewonnen, denn wir müssen sowohl die Auswirkungen von Krankheiten auf die Volkswirtschaft als auch die ökonomische Effizienz einzelner Programme besser verstehen. Die vergleichende Gesundheitssystemforschung als Teil der Versorgungsforschung wird immer wichtiger. Es gilt zudem, von anderen Systemen zu lernen und Erfahrungen auszutauschen. Auch die sozialwissenschaftliche und anthropologische Forschung ist bedeutsamer geworden, da es immer wichtiger wird, zu verstehen, wie Menschen in einem bestimmten kulturellen und sozialen Kontext ihre gesundheitsbezogenen Entscheidungen treffen. Aus dieser Vielfalt werden hier kurz zwei Bereiche der globalen Gesundheitsforschung erwähnt, in denen die Schweiz eine wichtige Rolle eingenommen hat: die Organisation und Finanzierung von globaler Gesundheitsforschung im Kontext der Weltgesundheitsorganisation WHO und die Unterstützung von Produktentwicklungspartnerschaften. Krankheiten verbreiten sich in der globalen Welt mit grosser Geschwindigkeit und die meisten Länder sind nur schlecht darauf vorbereitet, diese zu bekämpfen. Besonders die Ebola-Krise hat die grosse Lücke in der Erforschung von vernachlässigten und armutsassoziierten Erkrankungen aufgezeigt. Diese Forschung ist aufgrund der geringen Ansteckungszahlen und der 14 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 schlechten Aussichten auf kommerziellen Erfolg für die grossen pharmazeutischen Firmen nicht interessant. Besonders schwierig ist es, die entscheidenden teuren klinischen Tests am Menschen durchzuführen, um Nutzen und Sicherheit der einzelnen Therapien zu beurteilen. Nicht-Regierungsorganisationen fordern daher einen kollektiven, nachhaltigen und transparenten Finanzierungsmechanismus für die Forschung, um bezahlbare und verfügbare Impfstoffe und Arzneimittel – besonders für die Belange der Entwicklungsländer – zu entwickeln. Im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation WHO wird erörtert, wie das aktuelle Finanzierungsmodell über exklusive Patente und hohe Preise durch eine Vorab-Finanzierung von Forschung und Entwicklung (F&E) dazu beitragen kann, Entwicklungskosten und Preise zu entkoppeln. Eine beratende Expertengruppe für Fragen von Forschung und Entwicklung (CEWG) der WHO hat die Mitgliedsländer dazu aufgerufen, Forschung und Entwicklung für mehr Gesundheit zu verstärken und Kapazitäten auch in den Entwicklungsländern auszubauen. Unterstützt werden die Länder dabei durch ein globales Forschungs- und Entwicklungsobservatorium sowie durch die Lancierung von Pilotprojekten. Ein wichtiger Schwerpunkt der Forschungsförderung für die prioritären Probleme der Entwicklungsländer sind Produktentwicklungspartnerschaften (PDPs). Dies sind Non-Profit-Organisationen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Präventionsmethoden, Impfstoffe, Medikamente, Diagnostika und Diagnosegeräte gegen vernachlässigte und armutsassoziierte Krankheiten zu entwickeln. Die Lücke ist gewaltig: Von den zwischen 1975 und 2004 zugelassenen 1556 neuen Medikamenten waren nur 21 (1.3 Prozent) zur Behandlung von Tropenkrankheiten und Tuberkulose bestimmt, obwohl diese Krankheiten 11.4 Prozent der globalen Krankheitslast ausmachen. Jede Minute stirbt ein Kind im südlichen Afrika an Malaria. Angesichts der sich ausbreitenden Resistenzen gegen Medikamente braucht es neue Behandlungsmöglichkeiten. Besonders wichtig ist der Ruf nach Innovationen. Forschungsprogramme wie die «Grand Challenges» der Bill und Melinda Gates Stiftung tragen dem Rechnung, indem sie bereit sind, in neue Ideen und Verfahren zu investieren. Wichtig ist es, die wissenschaftliche Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich mit Entwicklungsländern zu stärken und durch die Förderung partnerschaftlicher Strukturen sowie der Ausbildung von Forschern, langfristige und nachhaltige Forschungsförderung zu betreiben. Dabei muss auch der Verschiebung in der Krankheitslast in Entwicklungsländern Rechnung getragen werden. Mit der signifikanten Zunahme der nichtübertragbaren und psychischen Krankheiten werden auch in diesen Ländern neue Forschungsschwerpunkte bedeutsam, die es gemeinsam in globalen Netzwerken zu bewältigen gilt. Die Forschungslandschaft verändert und verschiebt sich signifikant und diese Internationalisierung sollten auch national ausgerichtete Forschungsförderungsprogramme zunehmend in Betracht ziehen. Aus der Zunahme der gemeinsamen Bedrohungen wie aus der Konvergenz der gemeinsamen Gesundheitsprobleme – z. B. Altern – ergeben sich neue Chancen des Erkenntnisgewinns, so dass globale Gesundheitsherausforderungen besser gemeistert werden können. Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 15 Gesundheitspolitischer Rahmen für die Schweiz 2015–2020 Ein Ziel der Legislaturplanung 2015–2019 des Bundesrates lautet: Die Schweiz sorgt für eine qualitativ hochstehende und finanziell tragbare Gesundheitsversorgung und ein gesundheitsförderndes Umfeld. Mit der 2013 lancierten Strategie «Gesundheit2020» will der Bundesrat das Schweizer Gesundheitswesen gezielt verbessern. Mit gegenwärtig 36 Massnahmen der Strategie in allen Bereichen des Gesundheitssystems soll die Lebensqualität gesichert, die Chancengerechtigkeit gestärkt, die Versorgungsqualität erhöht und die Transparenz verbessert werden. Siehe www.gesundheit2020.ch. Herausforderungen und Handlungsbedarf Das durch Forschung generierte Wissen ist zentral für die Weiterentwicklung und Optimierung der Gesundheitspolitik. Das Gesundheitssystem, welches den Gesundheitsschutz, die Krankheitsvorsorge sowie die Krankheitsbehandlung umfasst, ist nicht nur ein kompliziertes, 16 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 sondern auch ein komplexes gesellschaftliches System. Die Komplexität zeichnet sich durch eine Vielfalt von Einflussfaktoren und durch häufig auftretende nicht-lineare Beziehungen zwischen den Faktoren aus. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass politische Interventionen unbeabsichtigte Nebenwirkungen haben. Die Ressortforschung trägt dazu bei, politische Entscheidungen auf möglichst umfassenden und sicheren Grundlagen zu treffen. Ohne wissenschaftliche Evidenz keine wirksame Gesundheitspolitik In den kommenden Jahren werden grosse Herausforderungen auf das Gesundheitssystem zukommen. Es wird unter anderem eine Aufgabe der (Ressort-) Forschung sein, politische Lösungen für diese Herausforderungen zu untersuchen. Zentrale Herausforderungen sind: Demographie: Die Anzahl älterer Menschen wird in den kommenden Jahren absolut und prozentual zunehmen. Da ältere Menschen häufiger gesundheitliche Einschränkungen haben als jüngere, oft an mehr als einer Krankheit leiden (Multimorbidität) und häufiger von degenerativen Krankheiten betroffen sind (beispielsweise Demenz), gilt es die Versorgungsstrukturen anzupassen. Chronische Krankheiten: Chronische Krankheiten wie Diabetes, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenzerkrankungen verursachen bereits heute 80 Prozent der jährlichen Gesundheitskosten. Aufgrund der Tatsache, dass die Menschen länger leben, ist in Zukunft mit einer deutlichen Zunahme chronischkranker Menschen zu rechnen. Gesundheitspersonal: Infolge der zunehmenden Nachfrage nach Gesundheitsleistungen und des teilweise fehlenden Nachwuchses in den Gesundheitsberufen könnten sich ab 2020 regionale Versorgungsengpässe ergeben. Die starke Abhängigkeit von im Ausland ausgebildeten Arbeitskräften stellt ein grosses Risiko für die adäquate Versorgung dar. Medizinisch-technischer Fortschritt: Die hohe Innovationskraft der weltweiten Pharma- und MedtechIndustrie wird zu neuen Möglichkeiten in der Früherkennung, der Diagnose und der Therapie führen. Technische Entwicklungen beinhalten Chancen und Risiken, die es abzuwägen gilt. Pflege durch Angehörige und Laien: Angehörige, Freunde, Verwandte und Nachbarn kranker Menschen erbringen heute grosse und wichtige Unterstützungsleistungen. Der Pflegebedarf wird in den kommenden Jahren aufgrund der demographischen Verschiebungen zunehmen. Gleichzeitig verändert sich die Gesellschaft: Die Möglichkeiten der familialen Pflege werden – zum Teil bedingt durch die höhere Mobilität und die Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit – geringer. Europäisierung und Globalisierung: Der Gesundheitsschutz (z. B. in Lebensmittelsicherheit, bei Chemikalien oder Infektionskrankheiten) ist von den bilateralen Verhandlungen mit der EU stark betroffen. Ohne vertragliche Regelungen wird es zunehmend schwieriger werden, das hohe Schutzniveau der Bevölkerung zu erhalten und nicht-tarifäre Handelshemmnisse zu vermeiden. Gesundheit und Gesundheitspolitik werden zunehmend global bestimmt. Die Gesundheitsgefahren (wie z. B. Pandemien aufgrund der internationalen Mobilität) und der Markt für Gesundheitsgüter und Personal sind schon jetzt weitgehend globalisiert. Politische Lösungen haben nur dann Realisierungschancen, wenn sie auf möglichst objektiven und neutralen wissenschaftlichen Grundlagen basieren. Das schweizerische Gesundheitssystem steht im internationalen Vergleich gut da. Dies haben mehrere Studien der OECD-WHO bestätigt. Dennoch gibt es laut den Studien Verbesserungsbedarf. Der Bundesrat hat mit der Strategie «Gesundheit2020» darauf reagiert und formuliert vier Handlungsfelder, die mit Forschungen unterstützt werden sollen: Lebensqualität sichern: Die Gesundheit trägt wesentlich zur Lebensqualität jedes Menschen bei. Dies bedingt – neben dem verantwortungsvollen Handeln der Menschen selbst – auch die Weiterentwicklung der Prävention und des Gesundheitsschutzes sowie die Optimierung der Versorgungsangebote. Die Förderung von Versorgungsmodellen, die sich stärker auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten ausrichten, soll die Lebensqualität auch im Krankheitsfall sicherstellen. Der Gesundheitszustand der Menschen wird aber wesentlich von Faktoren ausserhalb des Gesundheitssektors geprägt (Bildung, soziale Sicherheit, Arbeitssituation, Einkommen, Verkehr oder Wohnsituation). Diese gesellschaftlichen und umweltbedingten Faktoren sollen auf Bundesebene durch 5 Darunter sind Personenkreise zu verstehen, die aufgrund ihrer körperlichen und/oder seelischen Konstitution (z. B. Behinderung, psychische Störung, Schwangerschaft, hohes Alter) oder/und aufgrund ihrer besonderen sozialen Situation (z. B. obdachlose eine intensivere Zusammenarbeit gezielt verbessert werden. Chancengerechtigkeit und Selbstverantwortung stärken: Die Gesundheitschancen der vulnerablen Bevölkerungsgruppen5 sollen verbessert werden. Auch hier werden der Selbstverantwortung und der Gesundheitskompetenz grosse Bedeutung beigemessen. Die Patientinnen und Patienten sollen stärker in die Gesundheitspolitik eingebunden werden. In der Beziehung zu den Gesundheitsfachpersonen sollen sie eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Rolle erhalten. Darüber hinaus soll die Bezahlbarkeit des Gesundheitssystems für alle Bevölkerungsgruppen durch eine bessere Effizienz in der Versorgung gewährleistet werden. Versorgungsqualität sichern und erhöhen: Die Qualität der Versorgungsdienstleistungen ist ein zentraler Aspekt in der Beurteilung des Versorgungsangebots. Eine gute und angemessene Qualität wirkt sich positiv auf die Kostenentwicklung aus, indem nicht wirksame Leistungen und unerwünschte Komplikationen vermieden werden können. Eine gute Qualität wird über verschiedenste Massnahmen erzielt, zum einen auf der Ebene der medizinischen Leistungen und zum anderen auf der Ebene der Prozesse und Informationen, z. B. über die Förderung des Einsatzes von eHealth-Instrumenten. Massnahmen im Bereich der Bildung des Gesundheitspersonals sollen bewirken, dass die Anzahl der universitären und nicht-universitären Aus- und Weiterbildungsplätze dem Bedarf entsprechen. Die Lerninhalte sollen sich vermehrt auf die Anforderungen einer koordinierten Versorgung ausrichten. Transparenz schaffen, besser steuern und koordinieren: Heute herrscht mangelnde Transparenz über die erbrachten Leistungen, ihren Nutzen und ihre Kosten. Es ist für alle Beteiligten zunehmend schwierig, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden. Auch das System der Krankenversicherungen ist mit seiner Angebotsvielfalt kompliziert geworden. Eine Verbesserung der Datenlage soll mehr Klarheit schaffen und auch die Möglichkeiten einer zielgerichteten gesundheitspolitischen Steuerung ausweiten. Zudem soll die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren, besonders zwischen Bund und Kantonen, verbessert werden. Auf www.gesundheit2020.ch werden über 80 Projekte aufgelistet, welche zur Erreichung der Ziele der Strategie beitragen sollen. Alle diese Projekte sind auf aktuelle und qualitativ hochstehende Forschungsergebnisse angewiesen. Frauen) verletzlicher (vulnerabel) sind. Siehe https://www.gbe-bund.de/glossar/Vulnerable_Personengruppen.html Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 17 Das Gesundheitssystem zeichnet sich durch eine grosse Anzahl von Anspruchsgruppen mit klar erkennbaren Interessen aus. In solch einem Umfeld haben politische Lösungen nur dann Realisierungschancen, wenn sie auf möglichst objektiven und neutralen wissenschaftlichen Grundlagen basieren. Die Ressortforschung hat damit auch die Aufgabe, diese Grundlagen zu liefern. Die vielseitigen Herausforderungen zeigen bereits ein breites Themenspektrum für die Ressortforschung und Gesundheitsforschung der kommenden Jahre auf. In der Folge werden bestimmte Forschungstypen vermehrt in den Vordergrund rücken: Versorgungsforschung: Die Versorgungsforschung muss sich in der Schweiz weiter entwickeln (siehe Kapitel 3.2), denn ihre Ergebnisse sind für die Gesundheitspolitik von unmittelbarem Nutzen. Der Bundesrat hat daher auch das Nationale Forschungsprogramm «Versorgungsforschung (Smarter Health Care)» bewilligt. Monitoring als elementare Form der Wirksamkeitsprüfung: Es gibt bereits zahlreiche Monitoringsysteme. Sie sind aber noch wenig aufeinander abgestimmt und weisen Lücken auf. Eine erhöhte Transparenz ist eines der vordringlichsten Anliegen einer evidenzbasierten Gesundheitspolitik. Wirksamkeitsforschung und Wirksamkeitsprüfung (Evaluation): Zentral für jede Gesundheitspolitik ist die Wahl wirksamer Strategien und Massnahmen auf der Basis verfügbaren Wissens. Zudem muss staatliches Handeln zwecks Optimierung des Handelns und zwecks Rechtfertigung gegenüber der Öffentlichkeit evaluiert werden. Vergleichende Forschung: Alle Länder haben unterschiedliche Gesundheitssysteme. In der Schweiz gibt es zudem grosse interkantonale Unterschiede. Daraus ergeben sich für Länder und Kantone grosse Erfahrungsreservoirs. Aus dem Vergleich zwischen Ländern oder Kantonen lassen sich Erkenntnisse gewinnen über die Effizienz und Qualität von Systemen. System- und Regulierungsforschung: Das Gesundheitssystem braucht mehr Steuerbarkeit und Steuerung. Diese muss sich in die gewachsene Tradition des Föderalismus, der direkten Demokratie und der Gesundheitspolitik einordnen. 18 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Datengrundlagen sind für die Forschung von zentraler Bedeutung. Auch hier besteht in der Schweiz Nachholbedarf. Gerade die Versorgungsforschung wird darauf angewiesen sein, dass die Datengrundlagen vollständiger und verknüpfbarer werden. Gestützt auf die Strategie Gesundheit2020 werden derzeit zwei neue Datenquellen aufgebaut: Zum einen konzipiert das Bundesamt für Statistik eine Statistik der ambulanten Versorgung (MARS), zum anderen entsteht im Bundesamt für Gesundheit eine Versichertendatenbank, die alle Leistungsbezüge und Kosten auf individueller Basis enthalten wird (BAGSAN). Auf die (Ressort-) Forschung im Bereich Gesundheit kommen in den nächsten Jahren grosse Herausforderungen zu. Allerdings muss sie diese nicht alleine bewältigen. Sie wird unterstützt und begleitet von der Evaluations- und Wirksamkeitsforschung sowie von den Arbeiten zahlreicher weiterer Partner wie zum Beispiel dem Bundesamt für Statistik (BFS), dem Schweizerischen Gesundheitsobservatorium (Obsan) oder den Hochschulen. 4. Forschungsschwerpunkte und prioritäre Themen Die Prioritätensetzung 2017–2020 fokussiert einerseits auf die Kontinuität relevanter Vorhaben der Ressortforschung, namentlich in den Bereichen übertragbare und nichtübertragbare Krankheiten, Lebensmittelsicherheit, Sucht und Biomedizin sowie die Evaluation der KVG-Revision im Bereich der Spitalfinanzierung. Andererseits liegt das Augenmerk auf der Wissensbeschaffung im Rahmen der nationalen Instrumente der Forschungsförderung: der Nationalen Forschungsprogramme «Gesundheitsversorgung» (NFP 74) sowie «Antimikrobielle Resistenz» (NFP 72), der Kohortenstudien des Schweizerischen Nationalfonds SNF (Transplantation, HIV/Aids, ältere Menschen, …) sowie der unabhängigen klinischen Forschung (KLIF), die vom SNF unterstützt wird. NFP 74 «Gesundheitsversorgung» Das NFP «Gesundheitsversorgung» (Kostenrahmen CHF 20 Mio.) hat zum Ziel, Erkenntnisse zur Struktur und Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung in der Schweiz zu gewinnen. Im Zentrum des Programms steht die Optimierung der Ressourcenzuteilung durch Verminderung der Unter- und Überbeanspruchung von Leistungen. Ein besonderer Schwerpunkt soll zudem auf der Prävention und Behandlung von mehrfachen chronischen Erkrankungen liegen. Schliesslich soll das NFP dazu beitragen, Verfügbarkeit, Verknüpfung und Vergleichbarkeit von Gesundheitsdaten zu verbessern. Siehe www.nfp74.ch. NFP 72 «Antimikrobielle Resistenz» Das NFP «Antimikrobielle Resistenz» (Kostenrahmen CHF 20 Mio.) will einen Beitrag zur Verringerung der antimikrobiellen Resistenz wie auch von deren negativen Auswirkungen auf die Behandlung von Infektionskrankheiten leisten. Dazu sollen Kenntnisse über potenzielle Reservoire und Übertragungsmechanismen verbessert, neue Schnelldiagnosetechniken entwi- ckelt, neuartige antimikrobielle Therapieansätze erforscht sowie Interventionsmassnahmen vorgeschlagen werden. In Anbetracht der Mobilität der Resistenzgene zwischen Mensch, Tier und Umwelt strebt das NFP einen umfassenden, disziplinenübergreifenden Ansatz gemäss dem sogenannten «One-Health-Konzept» an. Siehe www.nfp72.ch Evaluation der KVG-Revision im Bereich der Spitalfinanzierung Im Januar 2009 ist die Revision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) im Bereich der Spitalfinanzierung in Kraft getreten. Ein Ziel der Revision ist es, das Kostenwachstum im Spitalbereich bei mindestens gleichbleibender Qualität der Gesundheitsversorgung einzudämmen. Entsprechende Massnahmen werden mehrheitlich seit Anfang 2012 umgesetzt. So erfolgt beispielsweise die Abrechnung im akutsomatischen stationären Spitalbereich seither mit leistungsbezogenen Fallpauschalen (SwissDRG) und die Kantone beteiligen sich rund zur Hälfte an den Kosten der stationären Behandlungen. Die Auswirkungen der Revision werden im Auftrag des Bundesrates in den Jahren 2012 bis 2019 mit einer Evaluation untersucht. Vier Themenbereiche stehen dabei im Zentrum: Qualität, Kosten und Finanzierung, Verhalten der Spitäler sowie Spitallandschaft. Siehe www.bag.admin.ch/EvalSpitalfinanzierung. Prioritäre Themen der Ressortforschung Die Ressortforschung bearbeitet Fragen im Zusammenhang mit dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung, der Prävention und Gesundheitsförderung und der Gesundheitsversorgung. Ein Überblick über die Ressortforschung im BAG (mit Beiträgen des BLV und des SECO) findet sich im Katalog der Ressortforschungsthemen im BAG. Der Katalog ist eine separate Publikation in Ergänzung zum vorliegenden Forschungskonzept. Siehe www.bag.admin.ch/forschung. Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 19 Nachfolgend findet sich eine kurze Übersicht über die Schwerpunktthemen der Ressortforschung im BAG: Gesundheitsberufe und Bildung: Gesundheitsberufe Strahlenschutz: Gesundheitsstrategien: Monitoring und Evaluation der medizinischen Strahlenanwendungen in der Schweiz Chemikaliensicherheit: Synthetische Nanomaterialien, Methoden zur Risikobeurteilung, Schadstoffbelastung, Schadstoffe in der Innenraumluft Monitoring und Begleitforschung der Umsetzung des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier, Krebs, koordinierte Gesundheitsversorgung, Patientenpartizipation, Gesundheitliche Chancengerechtigkeit Kommunikation und Kampagnen: Wirkungen von Kampagnen Übertragbare Krankheiten: HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten bzw. Sexual Health, Forschungsanteile der Referenzlaboratorien, Impfen, Forschung im Rahmen des revidierten Epidemiengesetzes (EpG) Evaluation und Forschung: Prävention und Gesundheitsförderung: Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV): Monitoring-Systeme «Sucht» und «Nichtübertragbare Krankheiten (NCD)», Ursachen, Folgen und Massnahmen zur Bekämpfung von NCD und Sucht Tiergesundheit und Zoonosen, Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände Evaluationen, Teilnahme der Schweiz an den internationalen Erhebungen des Commonwealth Fund Arbeit und Gesundheit (SECO): Forschung und Technologie in der Biomedizin: Biologische Sicherheit im Zusammenhang mit ESV-relevanten Tätigkeiten und B-Ereignissen6, Vollzug Humanforschungsgesetz (HFG), Heilmittelrecht: Versorgungssicherheit und Anwendungssicherheit von Arzneimitteln, Transplantation, Fortpflanzungsmedizin Kranken- und Unfallversicherung: Krankenversicherung – Qualität und Wirtschaftlichkeit, Risikoausgleich 6 ESV: Einschliessungsverordnung; B-Ereignisse: biologische Schadenereignisse 20 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Psychosoziale Risiken und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Stehen bei der Arbeit 5. Finanzierung Rückblick 2012–2014 Finanzielle Aufwendungen insgesamt Wie viel Gesundheitsforschung wird in der Schweiz betrieben? Und wie viel wird dafür aufgewendet? Diese beiden Fragen können nicht präzise beantwortet werden, da nicht exakt definiert ist, was zur Gesundheitsforschung gehört und was nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass die Datenbasis zu den Finanzflüssen in der Gesundheitsforschung lückenhaft und uneinheitlich ist. Einige Daten werden nicht erhoben oder veröffentlicht (z. B. Beiträge von privaten Stiftungen). Andere können oft nicht entsprechend aufgeschlüsselt und etablierten Bereichen zugeordnet werden (z. B. Medizinwissenschaften vs. Pharma vs. Life Sciences). Um zumindest einen Eindruck von den Grössenverhältnissen zu bekommen, werden in Abbildung 5.1 auf der Grundlage der verfügbaren statistischen Angaben, die finanziellen Aufwendungen nach Akteuren dargestellt. Für die Gesundheitsforschung in der Schweiz wurden demnach im Jahre 2012 insgesamt ca. CHF 7.9 Mrd. aufgewendet. Abb. 5.1 Die Privatwirtschaft gab mit CHF 6.5 Mrd. weitaus mehr für die Gesundheitsforschung aus als die öffentliche Hand (ca. CHF 1.4 Mrd.). Rund die Hälfte der Ausgaben der Privatwirtschaft wird von der pharmazeutischen Industrie getätigt. Daneben betreiben viele andere Unternehmen, beispielsweise aus der Medtech-, Chemie- oder Lebensmittelindustrie, Forschung im Gesundheitsbereich. Die Privatwirtschaft investiert am meisten in die Gesundheitsforschung. Der Beitrag der öffentlichen Hand ist vergleichsweise gering. Die meisten Aufwendungen der öffentlichen Hand entfallen auf die universitären Hochschulen, für deren Finanzierung in erster Linie die Kantone zuständig sind (ca. CHF 1 Mrd.). Darin sind die Intramuros-Aufwendungen (d.h. die Lohnkosten der Forschenden) im Bereich Medizin enthalten. Daneben wird in vielen anderen Wissenschaftsbereichen, zum Beispiel in den Life Sciences (u. a. Biologie, Chemie), in der Ökonomie und in der Psychologie, an den universitären Hochschulen, den Fachhochschulen und den Eidgenössischen Technischen Hochschulen (Zürich und Lausanne) Gesundheitsforschung betrieben. Dazu liegen aber keine genauen Zahlen vor. Finanzielle Aufwendungen für Gesundheitsforschung in der Schweiz nach Akteuren, in Mio. CHF, 2012 (errechnetes Total: CHF 7.9 Mrd.) Privatwirtschaft und Öffentliche Hand Öffentliche Hand SNF 271 Öffentliche Hand 1376 EU-Forschungsrahmenprogramme 38 KTI (2013) 28 SBFI 27 Bundesämter 11 Akademien 2 Privatwirtschaft 6507 Universitäre Hochschulen* 1000 Tabakpräventionsfonds 1 * ohne Eidg. Technische Hochschulen und Fachhochschulen Quelle: BFS, SBFI, BAG-interne Zusammenstellung, August 2015 Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 21 Über den Bundeshaushalt wird die Forschungsförderung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF), der Kommission für Technologie und Innovation (KTI), des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), der Bundesämter und der Akademien der Wissenschaften Schweiz finanziert. Eine bedeutsame Finanzierungsquelle für Gesundheitsforschung in der Schweiz sind die EU-Forschungsrahmenprogramme. Im Jahr 2012 flossen CHF 38 Mio. an Schweizer Projekte. Der Tabakpräventionsfonds (TPF), der administrativ dem BAG angegliedert ist, ist ein weiterer Geldgeber für Forschung im Gesundheitsbereich. Welche Beiträge andere Akteure, zum Beispiel private Stiftungen, in die Gesundheitsforschung investieren, ist nicht bekannt. Der finanzielle Aufwand der Ressortforschung aller Bundesämter im Bereich Gesundheit betrug im Jahr 2012 rund CHF 11 Mio. (Abbildung 5.2). Als Hauptakteur gab das BAG mit CHF 9 Mio. davon den grössten Betrag aus. Diese Angaben beziehen sich nur auf Forschungsprojekte, die vollumfänglich der Gesundheitsforschung zugerechnet werden können. Aufwendungen für Forschungsprojekte aus anderen Themenbereichen, die Gesundheitsaspekte einbeziehen, sind hier nicht enthalten. Das betrifft zum Beispiel Schnittstellenbereiche zur landwirtschaftlichen Forschung, zur Ernährungsforschung, zur Umweltforschung oder Forschung im Sportbereich. Abb. 5.2 Finanzielle Aufwendungen aller Bundesämter für Ressortforschung im Bereich Gesundheit, in Mio. CHF, 2012 Forschungsstelle BAG METAS BFS BVET EAV Total Intramuros Aufträge Beiträge Total 0.46 0.39 6.38 2.07 0.20 2.27 8.91a 0.39 0.12 0.97 0.20 10.59 0.70 0.70 0.12 0.97 0.85 7.47 Tabakpräventionsfonds b a b ohne Beiträge an andere Bundesstellen Sondersteuer ausserhalb des regulären Bundesbudgets Quelle: ARAMIS-Auswertung durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und Angaben des Tabakpräventionsfonds (TPF), August 2015 7 Zum Zeitpunkt der Redaktion des Forschungskonzepts verfügbare Zahlen der BFI-Periode 2012/2013–2016, inklusive Beiträge an andere Bundesstellen 22 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Aufwendungen des BAG für Ressortforschung im Bereich Gesundheit 2012–20147 Die finanziellen Aufwendungen des BAG für Ressortforschung sind 2014 im Vergleich zu den beiden Vorjahren um knapp CHF 3 Mio. zurückgegangen (vgl. Abbildung 5.4).8 Dies lag hauptsächlich am Transfer der Abteilung Lebensmittelsicherheit des BAG ins neu geschaffene Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV per 1.1.2014. Betrachtet man die Ausgaben des BAG für Ressortforschung und Evaluation nach Empfängern, flossen die grössten Beiträge in die Hochschulforschung, gefolgt von der Privatwirtschaft und privaten Organisationen ohne Erwerbszweck (vgl. Abbildung 5.5). Ausblick 2017–2020 Generelle Entwicklung Durch die Vielfalt der Akteure ist eine verlässliche Prognose für die generelle Entwicklung der Aufwendungen für die Gesundheitsforschung nicht möglich. Die beeinflussenden Faktoren unterscheiden sich stark zwischen Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand. Bestenfalls kann angenommen werden, dass die Mehrzahl der Akteure weiterhin in etwa auf gleichem Niveau Mittel für oder in der Gesundheitsforschung aufwenden (vgl. Abbildung 5.1). Geplante Aufwendungen für die Ressortforschung des BAG 2017–2020 Gemäss der Botschaft des Bundesrates zu Bildung, Forschung und Innovation werden die Aufwendungen des BAG für die Ressortforschung in den Jahren 2017 bis 2020 auf jeweils CHF 7 Mio. pro Jahr veranschlagt (vgl. Abbildung 5.3). Grundlage sind die durchschnittlichen Ausgaben der letzten Jahre. Abb. 5.3 BAG Geplante Aufwendungen des BAG für Ressortforschung, in Mio. CHF, 2017–2020 2017 7 2018 7 2019 7 2020 7 Total 28 Quelle: Angaben des BAG für die BFI-Botschaft 2017–2020 8 Das BAG unterscheidet zwischen Ressortforschung und Evaluation. In übergeordnetem Zusammenhang – auf Stufe Bund – wird die Evaluation unter Ressortforschung subsumiert, jedoch klar als eigenständig ausgewiesen. Die tatsächlichen Aufwendungen können sich je nach Anzahl der politischen Aufträge oder aufgrund von unvorhersehbaren Krisensituationen etwa im Zusammenhang mit international bedrohlich auftretenden Viruserkrankungen auch anders als geplant entwickeln. Abb. 5.4 Finanzielle Aufwendungen des BAG für Ressortforschung und Evaluation, in Mio. CHF, 2012–2014 12 Mio. CHF 9 Ressortforschung 6 8.8 Evaluation 8.9 6.4 3 0.7 - 2012 0.4 0.3 2013 2014 Quelle: ARAMIS, BAG-interne Auswertung, August 2015 Abb. 5.5 Ausgaben (Aufträge und Beiträge) des BAG für Ressortforschung und Evaluation, aufgeteilt nach Empfängerkategorien, in Mio. CHF, 2012–2014 7.0 6.0 Mio. CHF 5.0 4.0 3.0 4.5 3.5 2012 3.2 2013 2.6 2.4 1.7 2.0 2.0 1.8 2014 1.8 1.0 0.5 0.2 0.2 0.0 Hochschulen Privatwirtschaft Private Organisationen ohne Erwerbszweck Kantonale und kommunale Forschungsstellen Quelle: ARAMIS, BAG-interne Auswertung, August 2015 Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 23 6. Akteure und Schnittstellen Viele Institutionen und Akteure sind an der Gesundheitsforschung beteiligt. Koordination und Zusammenarbeit sind die Schlüssel zum Erfolg. Gesundheitsforschung wird in der Schweiz von verschiedensten Institutionen betrieben und finanziert. Die Privatwirtschaft, die Kantone mit ihren Hochschulen und der Bund (über den SNF, die KTI und die Ressortforschung der Bundesämter) leisten die grössten Beiträge zur Gesundheitsforschung. Einige der genannten Akteure finanzieren hauptsächlich Forschung (z. B. SNF, KTI, private Stiftungen), andere sind ausschliesslich direkt in der Forschung engagiert (z. B. private und staatliche Forschungsstellen) und für einige trifft beides zu (z. B. Bundesämter sowie private Institutionen und Unternehmen). 24 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Der Bund hat in der Gesundheitsforschung auch die wichtige Rolle des Regulierers, indem er mit verschiedenen Gesetzgebungen die Rahmenbedingungen für die private und staatliche (Gesundheits-) Forschung beeinflusst. Neben dem Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz (FIFG) ist hier beispielsweise der Verfassungsartikel zur Forschung am Menschen mit der dazugehörigen Gesetzgebung zu nennen (siehe auch Anhang A2). Die Privatwirtschaft Der Gesundheitsmarkt gehört zur Gesundheitswirtschaft, dem grössten Wirtschaftszweig in Industriestaaten weltweit. Wesentliche Treiber dieses Marktes sind medizin-technische Innovationen, die steigende Lebenserwartung mit entsprechender Zunahme von Erkrankungen sowie die Bevölkerungsentwicklung. Dementsprechend sind im Gesundheitsbereich die privaten Investitionen für Forschung und Entwicklung um ein Vielfaches höher als jene der öffentlichen Hand. Wichtige Akteure sind die Unternehmen des Verbands Interpharma, eines Zusammenschlusses der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz. Dazu gehören neben Novartis und Roche zwanzig weitere Pharmaunternehmen. Aber auch Unternehmen aus anderen Branchen des Gesundheitsbereichs, von der Medizintechnologie über die Lebensmittelindustrie oder Privatspitäler bis zur Wellness-Branche, investieren in die Forschung. Auf die Gesundheitsforschung der Privatwirtschaft wird hier nicht weiter eingegangen. Die Unternehmen handeln nach eigenen strategischen Überlegungen. Sie sind an guten Rahmenbedingungen für Gesundheitsforschung interessiert. Bei deren Festlegung im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren sind sie – zusammen mit anderen Interessenvertretungen – involviert. Schnittstellen zum Hochschulbereich Die Hochschulen in der Schweiz sind ein wichtiger Akteur in der Gesundheitsforschung. Gesundheitsforschung im engeren Sinn wird an den human- und veterinärmedizinischen Fakultäten der Universitäten Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich sowie an den Departementen Gesundheit der Fachhochschulen in der West- und Nordwestschweiz, in Bern, im Tessin, in Zürich und in der Ostschweiz betrieben. Dies beinhaltet sowohl (bio-) medizinische Forschung als auch Forschung im Bereich Öffentliche Gesundheit (z. B. an den Instituten für Sozial- und Präventivmedizin sowie Instituten für Hausarztmedizin). Die Hochschulen kümmern sich auch um Forschungsgebiete, die nicht von der Privatwirtschaft abgedeckt werden. Daneben wird in vielen anderen Bereichen, zum Beispiel den Life Sciences (u. a. Biologie, Chemie) und in der Psychologie, Soziologie oder Ökonomie an den universitären Hochschulen, den Fachhochschulen und auch an den ETH in Zürich und Lausanne Gesundheitsforschung im weiteren Sinn betrieben. Verschiedene Hochschulen haben Schwerpunkte in der Gesundheitsforschung gesetzt. Am unmittelbarsten zeigt sich dies bei den Nationalen Forschungsschwerpunkten (NFS) des Schweizerischen Nationalfonds (SNF), in die die beteiligten Forschungsinstitutionen beträchtliche Eigenmittel einbringen. Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) fördert im Auftrag des Bundes die Grundlagenforschung in allen wissenschaftlichen Disziplinen, von Geschichte über Medizin bis zu den Ingenieurwissenschaften. Er unterstützt jährlich über 3'400 Projekte mit rund 14'000 beteiligten Forschenden. Er ist damit die wichtigste Schweizer Institution zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Um die nötige Unabhängigkeit der Forschung sicherzustellen, wurde der SNF 1952 als privatrechtliche Stiftung gegründet. Im Zentrum seiner Tätigkeit steht die Evaluation von Forschungsgesuchen. 2014 unterstützte er die besten unter ihnen mit CHF 849 Mio. Mit der kompetitiven Vergabe öffentlicher Forschungsgelder trägt der SNF zur hohen Qualität der Schweizer Forschung bei. In enger Zusammenarbeit mit Hochschulen und weiteren Partnern setzt sich der SNF dafür ein, dass sich die Schweizer Forschung unter besten Bedingungen entwickeln und international vernetzen kann. Besondere Aufmerksamkeit schenkt der SNF der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Zudem übernimmt er im Rahmen von Evaluationsmandaten die wissenschaftliche Qualitätskontrolle von grossen Schweizer Forschungsinitiativen, die er nicht selbst finanziert. Detaillierte Informationen zu den verschiedenen Förderinstrumenten finden sich unter www.snf.ch. Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 25 Rein forschungsgetriebene, wettbewerbsorientierte Förderung hat für den SNF auch künftig die höchste Priorität. Forschung fasziniert. Zugleich aber bildet sie eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung der Gesellschaft und für deren wirtschaftlichen Wohlstand. Mit seinem Mehrjahresprogramm zeigt der SNF auf, welchen Beitrag er in der Planungsperiode 2017–2020 zur Stärkung und Entwicklung der Schweizer Forschung und zur Sicherung ihrer ausgezeichneten Stellung leisten will. Forscherinnen und Forscher bewegen sich heute in einem stark internationalisierten, äusserst kompetitiven und sich rasch wandelnden Wissenschaftssystem. Trends zur Digitalisierung und erhöhte Transparenzansprüche ändern die Art und Weise, wie Forschung durchgeführt, kommuniziert und evaluiert wird. Vor diesem Hintergrund und den damit verbundenen Herausforderungen verfolgt der SNF für die Periode 2017–2020 vier prioritäre Zielsetzungen. Exzellenz und Internationalität in Forschung und Evaluation weiter fördern durch die Antizipation neuer Bedürfnisse, den Wettbewerb bei der Vergabe von Förderungsmitteln und Anreize, um Zusammenarbeit, Transparenz und Good Scientific Practice zu stärken. Frühe Unabhängigkeit für Nachwuchsforschende ermöglichen, um durch klarere Karriereperspektiven die Attraktivität wissenschaftlicher Karrieren zu steigern und die Exzellenz und gesellschaftliche Verankerung der Schweizer Forschung nachhaltig zu sichern. Einen Beitrag zu Wissenstransfer und Innovation leisten, insbesondere durch ein neues gemeinsames Programm mit der Kommission für Technologie und Innovation (KTI). Durch gezielte Initiativen zur Schwerpunktsetzung neue Forschungsbereiche erschliessen und Kompetenzen auf vielversprechende Forschungsfelder hinführen. Der rein forschungsgetriebene, wettbewerbsorientierte Förderungsmodus hat im Förderungsportfolio des SNF auch künftig die höchste Priorität. Weiterhin wird der deutlich grösste Anteil der Mittel ohne thematische, strategische oder strukturelle Bedingungen für die Projekt- und die Karriereförderung eingesetzt. 26 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Projektförderung Die Projektförderung bleibt das zentrale Förderungsinstrument des SNF. Es ermöglicht Forschenden aller Disziplinen, Unterstützung für Projekte ihrer Wahl zu beantragen. Neu vorgesehen ist die Einführung von Exzellenzbeiträgen für herausragende Forschende, eine Flexibilisierung der Mittelverwendung und eine Verlängerung der Laufzeit, damit Forschende bei der Umsetzung ihrer Forschungsvorhaben an Freiheit gewinnen. Durch die Erhöhung des durchschnittlich pro Jahr gesprochenen Beitrags pro Projekt soll insbesondere die internationale Zusammenarbeit in Projekten verstärkt gefördert werden. In allen Instrumenten will der SNF Anreize für die bessere Zugänglichkeit von Publikationen und Forschungsdaten bieten. Karriereförderung Die Instrumente der Karriereförderung wird der SNF besser abgrenzen und klarer auf die Förderung akademischer Karrieren ausrichten. Geplant sind eine bessere Ausstattung der Instrumente für die frühen Karrierestufen, Doc.Grants und Ambizione, die Einführung einer Exzellenzinitiative für Frauen, PRIMA (Promote Women in Academia), sowie zusätzliche Massnahmen für die Förderung der Mobilität und Gleichstellung in allen Instrumenten. Zu beachten ist, dass der SNF bei der Nachwuchsförderung im Zusammenspiel mit den Hochschulen eine subsidiäre Rolle einnimmt. An den Universitäten sind zusätzliche Assistenzprofessuren mit Tenure Track (APTT) geplant, die für Nachwuchsforschende klarere Karriereperspektiven schaffen sollen. Diesen Systemwandel wird der SNF im Auftrag des Bundes mit der Einführung von APTT-Grants unterstützen. Auch die Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen befassen sich mit Laufbahnmodellen. Der SNF wird diese Entwicklungen verfolgen und bei Bedarf seine Instrumente in Absprache mit den Partnern anpassen. Programme Spezifischere Zielsetzungen verfolgt der SNF im Rahmen von Programmen mit thematischen, konzeptionellen und/oder organisatorischen Vorgaben. 2017–2020 wird er die Nationalen Forschungsprogramme (NFP) und die Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS) mit kleineren Optimierungen weiterführen. Grundlegendere Modifikationen sind für das Sinergia-Programm vorgesehen, das gezielter auf die Förderung kollaborativer Forschung über die Disziplinengrenzen hinweg, mit hohem Potenzial für wegweisende Resultate, ausgerichtet wird. Mit dem neuen Programm Bridge werden der SNF und die KTI gemeinsam eine Förderungslücke im Förderungsangebot an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und Innovation schliessen. Weiter sind Schwerpunktprogramme in den Bereichen Social Innovation und Digital Humanities sowie zur Stärkung der klinischen Forschung geplant. Im Bereich der für die Weiterentwicklung vieler Fachbereiche ganz zentralen Infrastrukturförderung möchte der SNF zusammen mit dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) seine Rolle präzisieren und sich auf die Anschubfinanzierung von stark forschungsgetriebenen Infrastrukturen k onzentrieren. Weiterführen wird er 2017–2020 das Instrument R’Equip für grössere Forschungsapparaturen sowie die Förderung von geisteswissenschaftlichen Editionen, von Longitudinalstudien und Biobanken zur Stärkung der medizinischen Forschung und von Infrastrukturen für die Teilchenphysik, Astrophysik und Astroteilchenphysik im Rahmen von FLARE (Funding LArge international REsearch projects). Sein Engagement für die Wissenschaftskommunikation, namentlich Agora für die Unterstützung des Dialogs zwischen Forschenden und der Öffentlichkeit, setzt der SNF ebenfalls fort. Um diese Vorhaben umzusetzen, benötigt der SNF ein durchschnittliches jährliches Budgetwachstum von 4.9 Prozent. Zusätzliche Mittel werden in erster Linie für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, das gemeinsame Programm Bridge mit der KTI und für die Konsolidierung der Projektförderung eingesetzt. Eine definitive Priorisierung der geplanten Massnahmen wird der SNF auf Basis der BFI-Botschaft 2017– 2020 des Bundesrates vornehmen. Unsicherheit entsteht zudem durch die Entwicklungen in der Beziehung zur EU nach der Abstimmung vom 9. Februar 2014. Da die gegenwärtige Teilassoziierung der Schweiz am europäischen Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 bis Ende 2016 befristet ist, erarbeitet der SNF Szenarien für den Fall, dass Forschende aus der Schweiz erneut von Förderungsmöglichkeiten auf europäischer Ebene ausgeschlossen würden. 9 Themen der Abteilung III (Biologie und Medizin). Anmerkung: Daneben können auch in der Abteilung I (Geistes- und Sozialwissenschaften) und der Abteilung II (Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften) Projekte eingereicht werden, die zum Gebiet Forschungsförderung im Bereich Biologie und Medizin 2017–20209 Mit der Weiterführung von Initiativen wie «Investigator Initiated Clinical Trials», der Unterstützung von Longitudinalstudien, «Protected Research Time for Clinicians» und Anreizen für die Vernetzung von Biobanken setzt der SNF mit einem Finanzbedarf von CHF 92 Mio. weiterhin Akzente in der Stärkung der biomedizinischen Forschung (zusätzlich zur regulären Projektund Karriereförderung, darunter auch Ambizione und Förderungsprofessurbeiträge für in der Klinik tätige Forschende). Investigator Initiated Clinical Trials (IICT) ermöglichen den Forschenden, sich dringenden klinischen Fragen unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Wert zu widmen und dabei die höchsten methodologischen Standards anzuwenden. Durch die veränderte Beurteilung der Behandlungsmöglichkeiten oder die Verfügbarkeit zusätzlicher medizinischer Behandlungsmethoden können die dabei erzielten Ergebnisse oft unmittelbar bei den Patientinnen und Patienten angewendet werden. IICT können sich auf spezialisierte Infrastrukturen und Kompetenzen stützen, die im Rahmen früherer Förderzeiträume gemeinsam mit der Swiss Clinical Trial Organisation (SCTO) und dem Clinical Trial Units Network (CTU-Netzwerk) geschaffen wurden. Zur weiteren Qualitätssteigerung der klinischen Tests und zur Unterstützung der Schweizer Forschungsgemeinschaft bei ihrer Positionierung als Kompetenzzentrum für klinische Studien wird die IICT-Förderung durch weitere Massnahmen flankiert, um zur «Protected Research Time» für Kliniker beizutragen und die CTUServicekosten abzudecken. Angesichts der Tatsache, dass die Ergebnisse solcher Studien für die staatlichen Gesundheitsbehörden und privaten Krankenversicherer von grossem Interesse sein könnten, sollten Kofinanzierungsmodelle entwickelt werden, welche die akademische Freiheit der klinischen Forschung sowie die Privatsphäre und das Dateneigentum der Patientinnen und Patienten respektieren. Das Programm unterscheidet sich deutlich von der geplanten Initiative zur Förderung der personalisierten Gesundheit. Longitudinalstudien sowie deren langfristige und qualitativ hochwertige Datenbanken versetzen Forschende in die Lage, sich mit einzigartigen (longitudinalen) Forschungsfragen mit Bezug zur öffentlichen der Gesundheitsforschung im weiteren Sinne gerechnet werden können. Insbesondere Public-Health-Forschung ist häufig interdisziplinäre Forschung an den Schnittstellen verschiedener Abteilungen. Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 27 Gesundheit auseinanderzusetzen. Sie eignen sich insbesondere zur Untersuchung chronischer Krankheiten mit langsamem Krankheitsverlauf. Der SNF fördert bereits seit einem Jahrzehnt Longitudinalstudien, die im Laufe der Zeit an Bedeutung und an Wert gewinnen. Einige von ihnen zählen heute wahrscheinlich zu den weltweit besten Studien in ihren jeweiligen Forschungsfeldern. Für den Zeitraum 2017–2020 hat sich der SNF insbesondere vorgenommen, das Netzwerk zwischen den verschiedenen Longitudinalstudien auszubauen und die Zusammenarbeit mit der Swiss-Biobanking-Plattform zu verstärken. Longitudinalstudien sind normalerweise äusserst erfolgreich und werden daher nur sehr selten eingestellt. Zur Beibehaltung des Wettbewerbs zwischen den einzelnen Gesuchen ist ein Spielraum zur Integration von neuen Studien in das Programm unerlässlich. Mehrere der vom SNF geförderten Longitudinalstudien haben ein Reifestadium erreicht, dank dem sie als wichtige Bestandteile in der vom Bund vorgeschlagenen Personalized Health Initiative in Frage kommen, weil diese das Vorhandensein umfassender Datensätze voraussetzt. Die Finanzplanung des SNF berücksichtigt daher keine Kosten für Studien, die auf die Personalized Health Initiative übertragen werden können. Ein gut funktionierendes Biobanking-System und der einfache Zugang zu umfangreichen Datensätzen werten Longitudinalstudien auf und stellen sowohl für die Erforschung seltener Krankheiten als auch für die Entwicklung von personalisierter Medizin wichtige Voraussetzungen dar. Im Zeitraum 2017–2020 wird der SNF weiter zur Konsolidierung der Swiss-BiobankingPlatform beitragen, die 2014 mit dem Ziel der Koordinierung, Harmonisierung und Standardisierung der Biobanking-Aktivitäten etabliert wurde. Der SNF wird zudem Anreize für die Verknüpfung von Biobanken setzen, um Forschenden die Möglichkeit zu bieten, sich auf der Grundlage gemeinsam genutzter Daten mit neuen wissenschaftlichen Fragen auseinanderzusetzen. Mit dieser Förderung trägt der SNF erneut zu den Voraussetzungen der Personalized Health Initiative bei. Da sich jedoch seine Koordinationsbestrebungen auch auf nicht-biomedizinische und nicht-menschliche Biobanken erstrecken, geht der Umfang der Swiss-Biobanking-Plattform sogar darüber hinaus. Klinische Forschende sind oft durch ihren medizinischen Alltag ausgelastet. Die neue Initiative «Protected Research Time for Clinicians» (PRTC) soll vor allem jüngeren, aktiven Klinikerinnen und Klinikern ermöglichen, mindestens 30 Prozent ihrer Arbeitszeit ihren vom SNF unterstützten Forschungsprojekten zu 28 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 widmen. In dieser Zeit sind sie von ihren klinischen Pflichten freigestellt. Die Salärkosten für diese garantierte Forschungszeit werden zu gleichen Teilen vom SNF und dem arbeitgebenden Spital getragen. Mit der bis 2020 befristeten Initiative kommt der SNF einem von Forschenden vorgebrachten Bedürfnis nach, das auch der Bund in seinen Massnahmen zur Stärkung der biomedizinischen Forschung in der Schweiz aufgenommen hat. Der Erfolg der Initiative wird Anfang 2019 zusammen mit den Spitälern ausgewertet. Nationale Forschungsprogramme (NFP) haben zum Ziel, an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik lösungsorientierte Beiträge zu gesellschaftlich relevanten Themen zu liefern. Die NFP werden vom Bundesrat in Auftrag gegeben. In den Jahren 2017– 2020 plant der SNF, fünf bis sechs neue NFP mit je einem Finanzvolumen von CHF 15 bis 20 Mio. zu lancieren. Einen speziellen Fokus wird der SNF auf das Monitoring der Programme und ihrer Resultate legen. Insbesondere soll anhand einer Wirkungsprüfung festgestellt werden, ob die NFP ihr Ziel erreichen, verwertbares Wissen für die jeweiligen Anspruchsgruppen zu produzieren. Sofern genügend Synergien entstehen, wird der SNF die NFP weiterhin mit europäischen Forschungsverbünden im Rahmen der Joint Programming Initiative (JPI) verknüpfen. In der Periode seit 2012 sind folgende NFP für den Gesundheitsbereich relevant: NFP 63 «Stammzellen und regenerative Medizin» (seit 2009) NFP 64 «Chancen und Risiken von Nanomaterialien» (seit 2010) NFP 67 «Lebensende» (seit 2011) NFP 69 «Gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelproduktion» (seit 2011) NFP 72 «Antimikrobielle Resistenz: ein OneHealth-Ansatz» (seit 2015) NFP 74 «Gesundheitsversorgung (Smarter Health Care)» (seit 2015) Ziel der Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS) ist die nachhaltige Stärkung von Forschungsstrukturen und Netzwerken in Themenbereichen von strategischer Bedeutung für die Zukunft der schweizerischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Zurzeit laufen 21 NFS (Stand September 2015). Gestützt auf eine externe Evaluation des Instruments durch den Schweizerischen Wissenschafts- und Innovationsrat (SWIR), die den NFS bezüglich Zielerreichung und Funktionieren ein sehr gutes Zeugnis ausstellt, plant der SNF die Weiterführung der NFS mit der Lancierung einer fünften Serie. Vorgesehen sind fünf bis sechs neue NFS mit je einem Finanzvolumen von CHF 15 bis 20 Mio. für die erste Phase von vier Jahren. Im Kern wird das Instrument unverändert belassen. Es wird aber durch gezielte, auf einer Evaluation basierende Anpassungen im Auswahlverfahren und in der Durchführung kontinuierlich weiterentwickelt. Zur Stärkung der strukturellen Effekte sollen in den Jahren 2017–2020 in Zusammenarbeit mit den Hochschulen Massnahmen geprüft und die Rollenteilung in den NFS überdacht werden. Weiter soll neben den wissenschaftlichen Ergebnissen ein verstärktes Monitoring der Outputs in den anderen Kriterienbereichen (Wissens- und Technologietransfer, Nachwuchsförderung, Gleichstellung, Kommunikation) die Leistungen der NFS noch besser erfassen und dokumentieren. In der Periode seit 2012 sind folgende NFS für den Gesundheitsbereich relevant: NFS Chemische Biologie – Biologische Prozesse mit Hilfe chemischer Verfahren visualisieren und kontrollieren NFS Kidney.CH – Kontrolle der Homöostase durch die Nieren NFS SYNAPSY – Synaptische Grundlagen psychischer Krankheiten NFS TransCure – Von der Transportphysiologie zu therapeutischen Ansätzen NFS Bioinspirierte Materialien – Entwicklung «intelligenter» Materialien inspiriert durch die Natur NFS MSE - Molecular Systems Engineering NFS RNA & Disease – Die Rolle von RNA in Krankheitsmechanismen Die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) Die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) ist die Förderagentur des Bundes für Innovation. Sie begünstigt das Entstehen wissenschaftsbasierter Innovation, indem sie anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte (F&E), Unternehmertum und Start-ups, den Wissens- und Technologietransfer (WTT) zwischen der Wirtschaft und Forschung sowie die koordinierte Energieforschung unterstützt. Die Innovationsförderung der KTI steht grundsätzlich allen wissenschaftlichen Disziplinen offen: Die Fördergesuche werden bei der KTI nach dem Bottom-up- Prinzip eingereicht. Dabei ist die angewandte Gesundheitsforschung ein bedeutendes Querschnittsthema, welches über alle KTI-Förderbereiche unterstützt wird. In der Start-up-Förderung können Start-ups mit innovativen Ideen von einem Coaching profitieren. Insgesamt stammten 2014 über 30 Prozent der von der KTI neu aufgenommenen Start-up-Firmen bzw. -Projekte aus dem Gesundheitsbereich. Dieser Wert entspricht in etwa dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre, wobei je etwa die Hälfte den Bereichen Biotech und Medtech zugerechnet werden können. Damit sind Startups aus dem Gesundheitsbereich – nach dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien – am zweithäufigsten im Coaching-Programm der KTI vertreten. 30 Prozent der von der KTI unterstützten Start-up-Firmen stammen aus dem Gesundheitsbereich. Im Rahmen des WTT-Supports unterstützt die KTI nationale thematische Netzwerke (NTN), welche zum Ziel haben, Unternehmen und öffentliche Forschungsinstitutionen in Themenfeldern zu vernetzen, die für die Schweiz und den Wirtschaftsstandort besonders relevant sind. Hierzu gehört auch das seit 2013 von der KTI unterstützte NTN «Swiss Biotech». Zudem gibt die Innovationslandkarte 10 einen nach Thema geordneten Überblick über zentrale Schweizer Innovationsakteure, um so Antragsstellenden unter anderem die Kontaktaufnahme zu erleichtern. Relevant sind auch hier wieder die beiden Themengebiete Biotech und Medtech. Der Grossteil der KTI-Mittel fliesst in die Förderung von Innovationsprojekten. Im Bereich Life Sciences der KTI gehen die meisten Projektanträge zu Themen der Gesundheitsforschung ein. Dieser Bereich unterstützt ausserdem eine jährlich stattfindende MedtechVeranstaltung mit dem Ziel, die Vernetzung von relevanten Innovationsakteuren und das Entstehen von Innovationsprojekten anzukurbeln. Aber auch die Expertinnen und Experten der anderen Bereiche der KTIProjektförderung, d. h. der Mikro- und Nanotechnologien, Ingenieurwissenschaften und Enabling Sciences, begutachten Innovationprojekte aus der Gesundheitsforschung. Letztere unterstützen zum Beispiel Dienstleistungsinnovationen, welche der Prävention oder Pflege zuzuordnen sind. 10 http://www.cti-analytics.ch/sap(bD1lbiZjPTEwMA==)/bc/bsp/twspa/ilk/index.html#/innomap Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 29 Die Gesuche der F&E-Projektförderung werden in monatlichen Evaluationssitzungen von den KTI-Expertinnen und -Experten begutachtet. Von den bewilligten Projektgesuchen in den Jahren 2013 und 2014 sind rund ein Viertel der Gesundheitsforschung zuzuordnen. Damit hat die KTI für Innovationsprojekte Bundesbeiträge von CHF 27.9 Mio. (2013) und CHF 31.1 Mio. (2014) gutgeheissen. Das Parlament berät 2016 über die Umwandlung der KTI in eine öffentlich-rechtliche Anstalt. Die Förderaktivitäten sind von dieser Umwandlung jedoch weitgehend unabhängig. Siehe www.kti.admin.ch. Die Akademien der Wissenschaften Schweiz Das Forschungsgesetz bezeichnet die Akademien der Wissenschaften Schweiz in Art. 5 als Institutionen der Forschungsförderung, gleich wie den Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Zu ihnen gehören die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW), die Akademie der Naturwissenschaften (SCNAT), die Schweizerische Akademie der Geistesund Sozialwissenschaften (SAGW) sowie die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW). Die Akademien nehmen dabei ihre Aufgabe als komplementär zu jener des SNF wahr: Während der SNF die Forschung primär durch die Vergabe substanzieller finanzieller Mittel fördert, begleiten und ebnen die Akademien die Entwicklung weniger unterstützter Forschungsbereiche, weisen auf Lücken hin und initiieren spezifische Projekte. Siehe www.akademien-schweiz.ch. Die Akademien setzen sich auch mit Tabuthemen der Medizin auseinander: Lebensende, Global Mental Health und Soziale Ungleichheit. Die vier Akademien bearbeiten im Verbund Akademien der Wissenschaften Schweiz gemäss Forschungsgesetz folgende Aufgaben: die Früherkennung und Kommunikation gesellschaftlich relevanter Entwicklungen im Bereich Bildung, Forschung und Technologie sowie ihrer wesentlichen Konsequenzen; 11 Die Akademien umfassen weiter das Kompetenzzentrum für Technologiefolgen-Abschätzungen (TA-SWISS, www.ta-swiss.ch), Science et Cité (www.science-et-cite.ch) und weitere wissenschaftliche Netzwerke. 30 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 die Wahrnehmung ethisch begründeter Verantwortung in Gewinnung und Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse; die Pflege des partnerschaftlichen Dialoges zwischen Wissenschaft und Gesellschaft mit dem Ziel, das gegenseitige Verständnis zu fördern. Neben diesen Grundaufgaben haben die Akademien für die Periode 2017–2020 auch Schwerpunktthemen definiert, die sie vertieft bearbeiten wollen; eines davon ist «Gesundheitssystem im Wandel». Dieses Thema gehörte bereits in der Periode 2012–2016 zu den Schwerpunkten des Verbundes. Als spezifische neu bzw. weiter zu bearbeitende Projekte werden die folgenden genannt: Nachhaltiges Gesundheitssystem Learning Health System Tabuthemen der Medizin: Lebensende, Global Mental Health, Soziale Ungleichheit Die vier Einzelakademien und die Kompetenzzentren 11 haben im Bereich Gesundheit bzw. Gesundheitsforschung auch je einzeln Projekte realisiert und werden dies weiterhin tun. Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) Die SAMW setzt sich mit medizin-ethischen Fragen auseinander, denkt über die Zukunft der Medizin nach, engagiert sich in der Hochschul-, Wissenschafts- und Bildungspolitik und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs sowie die Qualität in der (bio-) medizinischen Forschung. Die SAMW ist an den meisten Gesundheitsprojekten des Verbundes federführend beteiligt. Daneben hat sie im Mehrjahresprogramm 2017–2020 zwei zusätzliche Schwerpunkte definiert: Personalized Health sowie Multimorbidität. «Personalized Health» bezeichnet ein Gebiet, welches sich im Unterschied zur «Personalized Medicine» nicht ausschliesslich mit der Individualisierung der Behandlung von Patientinnen und Patienten befasst, sondern darüber hinaus das Wohlergehen der Bevölkerung, unter spezifischer Berücksichtigung individueller Faktoren, prospektiv zu fördern sucht. Die SAMW wird sich zusammen mit den anderen Akademien dafür einsetzen, dass die Schweiz im Bereich der «Personalized Health» über geeignete Strukturen, Kooperationen und Projekte verfügt und mittelfristig international eine wichtige Rolle einnehmen kann. Etwa 30 Prozent aller Personen in der Schweiz und anderen europäischen Ländern haben gleichzeitig mehrere, oft chronische Erkrankungen (Multimorbidität). Trotz offensichtlichem «Trend» zu vermehrter Multimorbidität wurden universitäre Ausbildung, Forschung und Dienstleistungsstrukturen während der letzten Jahrzehnte in zunehmendem Masse auf Einzelerkrankungen hin ausgerichtet. Die SAMW wird sich für die Schaffung universitärer, miteinander vernetzter Kompetenzzentren für Multimorbidität einsetzen. Ausserdem unterstützt die SAMW zahlreiche Forschungsprojekte in ausgewählten Bereichen (Versorgungsforschung, Palliative Care, Medizinische Ethik, Neurosciences) aus eigenen Mitteln oder durch von Stiftungen alimentierte Förderprogramme in der Grössenordnung von rund CHF 2.5 Mio. pro Jahr. Siehe www.samw.ch. Die Akademie der Naturwissenschaften (SCNAT) Die SCNAT ist die forschungspolitische Stimme der Naturwissenschaften: Sie verfügt über das grösste Netzwerk an Naturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern in der Schweiz, kennt deren fachliche Anliegen und vertritt sie wirksam gegenüber Politik und Gesellschaft. Themen aus dem Bereich Gesundheit und Gesundheitsforschung werden vor allem innerhalb der Plattform «Biologie» (Gesellschaft für Anatomie, Histologie und Embryologie, Gesellschaft für Biochemie, Gesellschaft für Ernährung, Gesellschaft für Mikrobiologie u. a.) aufgegriffen und beforscht.12 Darüber hinaus stehen im Rahmen des «Forum Genforschung» sowie in Akademien-übergreifenden Projekten und Gremien gesundheitsrelevante Themen im Fokus.13 Siehe www.naturwissenschaften.ch. Die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) Die SAGW vereinigt als Dachorganisation rund 60 wissenschaftliche Fachgesellschaften. Sei es in der Literatur oder der Theologie, in den Kommunikations- oder den politischen Wissenschaften, ihre Mitgliedgesellschaften repräsentieren eine Vielfalt von Disziplinen. Die Medical Humanities sind geeignet, die Medizin auch als Sozial- und Verhaltenswissenschaft zu verstehen. Zugleich fördern sie den Umgang mit der Mehr- und Vieldeutigkeit von Krankheit und Gesundheit. Als Beitrag zur Umsetzung der gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrates «Gesundheit2020» will die SAGW weiterhin zum Projekt «Nachhaltiges Gesundheitssystem» beitragen. Konkrete Erwartungen und Anliegen an verschiedene geistes- und sozialwissenschaftliche Disziplinen generieren die von der SAMW unternommenen Anstrengungen, die Palliativpflege in der Schweiz zu entwickeln und zu fördern. Komplementär zu den vorgenannten Themenfeldern will die SAGW zum Paradigmenwechsel beitragen, der sich derzeit in der Gesundheitsforschung vollzieht: Anstelle einer kontextfreien Untersuchung einzelner krankheitsdefinierter Symptome soll der Fokus auf die individualisierte Erhaltung und Stabilisierung der Lebensqualität im Alltagskontext gerichtet werden (Real Life Health Outcome Measurement, RLHOM). Siehe www.sagw.ch. Die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) Die SATW vertritt als nationale Wissenschaftsakademie die Technikwissenschaften im In- und Ausland und berät Politik und Gesellschaft in technikbezogenen Zukunftsfragen. Die Gesundheitsforschung wird von der SATW insbesondere im Rahmen der Thematik «Technische Lösungen für eine alternde Bevölkerung» betrieben. 15 Ältere Menschen haben mehr Schwierigkeiten als jüngere sich Neuem anzupassen. Dies gilt insbesondere für den Umgang mit den sich rasch ändernden Informations- und Kommunikationstechnologien. In vielen Situationen nehmen die technischen Benutzerschnittstellen keine Rücksicht auf Einschränkungen dieser Altersgruppe (Sehvermögen, Feinmotorik, Komplexität). Die SAGW konzentriert sich im Gesundheitsbereich auf drei Themenfelder: 14 Der Themenschwerpunkt greift viele technische Bereiche im schweizerischen Gesundheitswesen auf. Dazu gehören unter anderem AAL (active assisted living), Telemonitoring, eHealth und altersgerechte Technik im Allgemeinen. Siehe www.satw.ch. 12 14 13 http://www.naturwissenschaften.ch/organisations/bio http://www.naturwissenschaften.ch/organisations/geneticresearch 15 http://www.sagw.ch/sagw/laufende-projekte/gesundheit.html http://www.satw.ch/themen/alterndebevoelkerung/index Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 31 Andere Bundesstellen Ressortforschungsschnittstellen des BAG zu anderen Bundesämtern Ressortforschung im Bereich «Gesundheit» wird – neben derjenigen des BAG – auch von anderen Bundesstellen betrieben. Auf das Bundesamt für Statistik (BFS), das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan), das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und den Tabakpräventionsfonds (TPF) wird wegen ihrer besonderen Rollen ausführlicher eingegangen, wobei das Obsan keine eigentliche Bundesstelle ist. Es wird von Bund und Kantonen gemeinsam getragen und ist administrativ Teil des BFS. Abb. 6.1 Legende: Durch die Vielfalt der im Zuständigkeitsbereich des BAG liegenden Themen ergeben sich zahlreiche Schnitt- bzw. Nahtstellen mit anderen Bundesämtern. In Abbildung 6.1 sind die wichtigsten Schnittstellen des BAG aufgeführt und beschrieben. Das Spektrum der Zusammenarbeit reicht von periodischem Informationsaustausch bis zu enger Zusammenarbeit mit gemeinsamer Planung und Finanzierung von Projekten. Ressortforschungsschnittstellen des BAG zu anderen Bundesämtern bzw. -stellen ▲ Informationsaustausch und Koordination ■ Gemeinsame Projekte Bundesamt / Bundesstelle Art der Zusammenarbeit ● Einsitz in Arbeitsgruppen, Kommissionen etc. Beispielthema ▲● Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NIS); Lärm; Biosicherheit; Schadstoffe; Sicherheit im Umgang mit Chemikalien, z. B. Nanopartikel ▲●■ Lebensmittelsicherheit und Ernährung; Bekämpfung von Zoonosen Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), Agroscope ▲● Qualität, Sicherheit, Gesundheit pflanzlicher und tierischer Produkte; Ernährungsforschung Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) ▲● Kranken- und Unfallversicherung; Invalidenversicherung; Migration und Gesundheit Bundesamt für Umwelt (BAFU) Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) ▲●■ Bundesamt für Sport (BASPO) ▲● Sport, Bewegung Bundesamt für Statistik (BFS) ▲● Gesundheitsstatistik Schweizerisches Gesundheitsobservatorium (Obsan) Bundesamt für Metrologie (METAS) Quelle: Bundesamt für Gesundheit (BAG) 32 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Regulierungsfolgenabschätzungen; Arbeit und Gesundheit ▲●■ Gesundheitsforschung; Commonwealth Fund-Studien ▲ Referenzwerte für die Labormedizin; Strahlenmedizin Das Bundesamt für Statistik (BFS) Informationen werden in unserer zunehmend komplexen Welt immer zentraler – für die Orientierung, für Entscheidungsprozesse und für den planenden Blick in die Zukunft. Informationen prägen die Qualität der Handlungen. Bei Entscheiden haben statistische Informationen heute einen wichtigen Platz – sei es in der Politik (in Parlamenten, Exekutiven oder bei Abstimmungen), in der Wirtschaft oder im Alltag. Statistik ist zu einem Transparenz stiftenden Element in gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen geworden. Um dem Informationsbedarf der Gesellschaft gerecht zu werden, hat das System der Bundesstatistik verschiedene Anforderungen zu erfüllen. Es soll aussagekräftig und konsistent sein, Doppelspurigkeiten vermeiden sowie regional und international vergleichbare Werte liefern. Zudem soll es Querschnittanalysen ermöglichen, welche die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Entwicklungen beschreiben und analysieren. Das System der Bundesstatistik muss offen und Abb. 6.2 flexibel sein, um den sich ändernden Informationsbedürfnissen der Gesellschaft zeitgerecht genügen zu können. Das BFS trägt den aktuellen und zukünftigen Themen Rechnung, insbesondere auch jenem der Gesundheit. Die statistischen Informationen werden nach Bedürfnis und Möglichkeit regionalisiert. In Anbetracht der föderalistischen Schweiz und der grossen regionalen Ungleichheiten ist dies eine wichtige Aufgabe. Das BFS hat für die Jahre 2016 bis 2019 im Bereich Gesundheit folgende Prioritäten festgelegt: Konsolidierung der Statistiken der Gesundheitsversorgung mit der Erweiterung der Erhebungen auf den ambulanten Sektor (Projekt MARS); Vereinheitlichung, Harmonisierung und Integration der verschiedenen Erhebungen und deren Metadaten zur Verknüpfbarkeit der resultierenden Statistiken; Vervollständigung der medizinischen Nomenklaturen als Grundlage von patientenbezogenen Datenerhebungen. Diese Prioritäten finden ihre Grundlage im Strukturschema (siehe Abbildung 6.2), welches die Logik der Gesundheitsstatistik des BFS abbildet. Strukturschema der Gesundheitsstatistik Determinanten der Gesundheit Gesundheitszustand Genetische Veranlagung Krankheiten, Sterblichkeit Art der Leistungen Umwelt und Technologien Gesundheit, Wohlbefinden Behandlungsverlauf Soziale Determinanten / Verhaltensweisen Gesundheit spezieller Bevölkerungsgruppen Qualität der Leistungen Soziales Umfeld, Arbeitsumfeld, Wohnverhältnisse, Wohnumfeld, Lifestyle Inanspruchnahme von Leistungen Gesundheitswesen Ressourcen Stationäre Versorger Ambulante Versorger Personal Informelle Hilfe Zugang zu Leistungen Soziale Ungleichheit bezüglich Gesundheit Kosten Früherkennung Prävention Finanzierung Rahmenbedingungen Soziodemografie, Wirtschaft, Politik, Kultur, Versicherungen usw. Quelle: Bundesamt für Statistik, Neuchâtel 2014 Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 33 Gesundheitsstatistik Das BFS führt Befragungen durch, erhebt und analysiert Daten, um die Versorgungsforschung, die Epidemiologie und die sozialwissenschaftliche Analyse mit vertieften Datengrundlagen zu unterstützen. Zu Forschungszwecken können diese verknüpft werden. Durch den hochschützenswerten Charakter vieler Daten sind dabei höchste Anforderungen an den Datenschutz zu berücksichtigen. Die Umsetzung von Verknüpfungen wird durch die angepasste Statistikerhebungsverordnung und die neue Verknüpfungsverordnung geregelt. Im Bereich der Gesundheitsversorgung sind umfassende Datenerhebungen im stationären Versorgungsbereich etabliert. Auf Basis einer Analyse zu Datenlücken im Rahmen des Dialogs Nationale Gesundheitspolitik und der bundesrätlichen Strategie Gesundheit2020 sind namhafte Anstrengungen unternommen worden, neue Erhebungen aufzubauen, bisherige zu ergänzen und die bestehenden und neuen Daten in einem harmonisierten einheitlichen System aufzubereiten. Dies trifft vor allem auf Daten des ambulanten Versorgungssektors in Spitälern und Arztpraxen zu. Aber auch die Statistiken zum Gesundheitszustand der Bevölkerung und zu den Determinanten der Gesundheit werden laufend dem Stand der Forschung und Praxis angepasst. Die Fragen in diesem Bereich werden unter anderem mit Hilfe der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) ausführlich beantwortet. Für Forschungszwecke entsteht ein besonderer Mehrwert durch die Nutzung transversaler und bereichsübergreifender Perspektiven und die Verbindung von Sachverhalten mit unterschiedlichen Datenquellen. Die Verbindung der Todesursachenstatistik und der medizinischen Statistik der Krankenhäuser ermöglicht heute zum Beispiel Aussagen zur Multimorbidität oder zur Prävalenz (Häufigkeit) von Krankheiten. Auch die Verbindung von Gesundheitsdaten zu «Mutter und Kind» ist derzeit in Arbeit. Sie wird Aussagen zu Gesundheitsdeterminanten beziehungsweise Risikofaktoren ermöglichen. Behandlungs- und Versorgungsabläufe über die Sektorengrenzen hinweg sind unter gewissen Rahmenbedingungen ebenfalls darstellbar. 34 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium ist ein von Bund und Kantonen getragenes Kompetenz-, Dienstleistungs- und Informationszentrum für wissenschaftliche Analysen und Informationen über die Gesundheit der Bevölkerung, das Gesundheitswesen und die Gesundheitspolitik. Das Obsan ist im Rahmen des Dialogs Nationale Gesundheitspolitik entstanden und erhält vom strategischen Ausschuss des Dialogs seinen Leistungsauftrag. Das Obsan stellt die Resultate seiner Analysen Bund, Kantonen und weiteren Institutionen im Gesundheitswesen zur Verfügung. Es realisiert für diese Partner auf Anfrage auch massgeschneiderte Analysen und Beratungen. Im Detail übernimmt das Obsan gemäss Leistungsauftrag 2016–2020 insbesondere die folgenden Aufgaben: Sammlung, Aufbereitung und Prüfung von Daten, benutzerfreundliche Bereitstellung, Analyse und Präsentation von Gesundheitsdaten und -informationen, gezielte Auswertungen zuhanden des Bundes und der Kantone sowie Generierung von Vorschlägen betreffend Verbesserungen und Neuerungen der Datenerhebungen. Das Obsan ist in Kompetenzbereiche strukturiert: «Gesundheitsberichte und Monitoring», «Kosten und Finanzierung», «Demografie und Inanspruchnahme», «Gesundheitsberufe und Versorgung» sowie «Psychische Gesundheit, Krankheit und Behinderung». Diese werden im Folgenden kurz vorgestellt. Gesundheitsberichte und Monitoring Das Obsan sieht die Publikation eines Nationalen Gesundheitsberichts etwa alle fünf Jahre vor. Dieser stellt eine breite Übersicht zum Gesundheitsgeschehen im Land dar, wobei Themen von Gesundheits- und Politikrelevanz angeschnitten werden. Hauptziel ist das Sensibilisieren der Zielgruppen für wichtige Themen und das Erklären übergreifender Zusammenhänge. Daneben eignet sich der Gesundheitsbericht als Nachschlagewerk. Die kantonale Gesundheitsberichterstattung des Obsan besteht aus Auftragsarbeiten für interessierte Kantone. Ziel ist – neben einer breiten Information von Behörden und interessierten Bevölkerungsteilen – die Identifikation von Gesundheitsproblemen und von vulnerablen Bevölkerungsgruppen, das Aufzeigen von gesundheitsförderndem und gesundheitsschädigen- dem Verhalten, die Beschreibung von gesundheitlichen Belastungen im Arbeits- und Wohnbereich sowie die Abbildung der Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen bzw. deren Kosten in den Kantonen. Das Monitoring umfasst aktuell über 50 Indikatoren auf der Webseite www.obsan.ch zu folgenden Themenbereichen: Gesundheitszustand der Bevölkerung, Risikofaktoren, Umwelteinflüsse, personelle und infrastrukturelle Ressourcen, Inanspruchnahme der ambulanten und stationären Versorgung sowie Gesundheitsausgaben und -kosten. Die Daten werden zumeist auf nationaler und kantonaler Ebene dargestellt. Je nach Datenverfügbarkeit werden sie von einmal jährlich bis alle fünf Jahre aktualisiert. Gesundheitsberufe und Versorgung Im Kompetenzbereich «Gesundheitsberufe und Versorgung» werden die heutigen und die zukünftigen Strukturen im ambulanten und stationären Bereich untersucht. Die Angebotsstrukturen und deren Veränderungen werden beschrieben; Untersuchungen im Zusammenhang mit der Sicherstellung des notwendigen Personals werden durchgeführt. Des Weiteren werden Kostenentwicklung und Finanzierungsmodelle in allen Bereichen des Angebotes von Gesundheitsleistungen erforscht und die Qualität der Versorgungsstrukturen (insbesondere als Beitrag zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit) sowie das Gleichgewicht zwischen dem Angebot und der Nachfrage von Gesundheitsleistungen analysiert. Kosten und Finanzierung Im Bereich «Kosten und Finanzierung» werden die Kosten des schweizerischen Gesundheitswesens dargestellt und analysiert. Dies betrifft sowohl den aktuellen Stand der Kosten und die Kostenentwicklung im Zeitablauf, wie auch Erklärungen zu den interkantonalen, interregionalen und internationalen Kostenunterschieden. Ergänzend werden vom Obsan folgende Themen behandelt: Beeinflussung der Inanspruchnahme über Anreize, Entwicklung der Finanzierung und Solidarität sowie Einfluss der sozioökonomischen Ressourcen auf Gesundheitszustand und Gesundheitsverhalten. Demografie und Inanspruchnahme Der Bereich «Demografie und Inanspruchnahme» orientiert sich vor allem an der Bevölkerung und deren Bedarf an und Nachfrage von Gesundheitsleistungen. Thematisiert werden der aktuelle Stand der Inanspruchnahme, die zeitlichen Entwicklungen sowie geografische und regionale Unterschiede. Zudem werden die künftigen Bedürfnisse der Bevölkerung soweit als möglich prognostiziert. Die zunehmende Alterung der Bevölkerung in der Schweiz stellt eine grosse Herausforderung dar. Insbesondere muss beobachtet werden, ob die Langzeitpflege sowohl hinsichtlich der strukturellen und personellen Ressourcen als auch hinsichtlich deren Finanzierung langfristig sichergestellt werden kann. Das Obsan strebt in diesem und in den übrigen Themenbereichen integrierte Analysen der verschiedenen Versorgungssektoren an, wie der ambulanten und stationären Versorgung, der Langzeitpflege oder der Rehabilitation. Psychische Gesundheit, Krankheit und Behinderung Im Bereich «Psychische Gesundheit, Krankheit und Behinderung» werden die wichtigsten Fakten zur Situation und zur Entwicklung der psychischen Gesundheit, der psychischen Erkrankungen und deren Behandlung durch das Versorgungssystem aufbereitet. Konkret liegt der Fokus auf der Erwachsenenpsychiatrie, ohne Vernachlässigung der Bereiche Kinder- und Jugendpsychiatrie, Alterspsychiatrie und der unfreiwilligen Eintritte in die stationäre Psychiatrie. Im Bereich der psychiatrisch- und psychologisch-psychotherapeutischen Versorgung werden die Verlagerung von stationärer zu ambulanter Versorgung, die Integration und Koordination der Versorgung wie auch neue Entschädigungsformen behandelt. Die wichtigsten psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Burnout, Stress, Demenz, Schmerzstörungen sowie Invalidisierungen aus psychischen Gründen werden mittels epidemiologischer Ansätze untersucht. Zudem ist eine Sensibilisierung des Fachpublikums und der Öffentlichkeit auf relevante Themen im Zusammenhang mit demografischen Entwicklungen wie Alterung, Migration, Individualisierung und Urbanisierung und sozialem Status vorgesehen. Siehe www.obsan.ch. Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 35 Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und die sogenannten «Art. 15Institutionen» Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) im Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung ist das Kompetenzzentrum des Bundes für national und international ausgerichtete Fragen der Bildungs-, Forschungs- und Innovationspolitik (BFI). Als Fachbehörde des Bundes für den BFI-Bereich setzt sich das SBFI namentlich auch für eine effiziente Lehre und Forschung von hoher Qualität an den Hochschulen, die Förderung der Forschung und der Innovation sowie die Koordination der Aufgaben und Massnahmen der zuständigen Förderorgane des Bundes ein. Siehe www.wbf.admin.ch und www.sbfi.admin.ch. Forschungsinstitutionen Nach Artikel 15 des Bundesgesetzes über die Förderung von Forschung und Innovation (FIFG) kann der Bund Beiträge an nichtkommerzielle, rechtlich selbständige Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung entrichten. Hauptziel des nach Artikel 15 des FIFG geregelten Förderinstruments ist die Bereitstellung einer Forschungsbasis von hoher Qualität in sehr spezifischen Fachbereichen. Die geförderten Einrichtungen leisten einen Beitrag zur Generierung von wissenschaftlichem Mehrwert in den betroffenen Fachbereichen und ergänzen die Forschungsaktivitäten der Hochschulen und des ETH-Bereichs. Öffentliche Körperschaften und private Einheiten beteiligen sich an der Basisfinanzierung, während die Unterstützung nach Artikel 15 subsidiären Charakter hat. Die geförderten Institutionen können sein: Forschungsinfrastrukturen, die wissenschaftliche Hilfsdienste im Bereich der wissenschaftlichen und technischen Information und Dokumentation anbieten, Forschungsinstitutionen oder Technologiekompetenzzentren, die mit Hochschulen und der Wirtschaft auf einer nichtkommerziellen Basis zusammenarbeiten. In der Periode 2013–2016 unterstützt das SBFI folgende Institutionen im Bereich der Gesundheitsforschung mit einem Beitragsvolumen von total CHF 136 Mio. Biotechnologie Institut Thurgau (BITg), Kreuzlingen Institute of Oncology Research (IOR), Bellinzona Istituto di Ricerca in Biomedicina (IRB), Bellinzona Institut de Recherche en Ophtalmologie (IRO), Sion Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung (SAKK), Bern Schweizerische Pädiatrische Onkologie Gruppe (SPOG), Bern Swiss Centre for Applied Human Toxicology (SCAHT), Basel, Genf, Lausanne Schweizerisches Institut für Allergie- und Asthmaforschung (SIAF), Davos Schweizer Paraplegiker-Forschung (SPF), Nottwil Swiss Vaccine Research Institute (SVRI), Lausanne Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH), Basel Technologiekompetenzzentren Campus Biotech, Genf Die in der Periode 2017-2020 unterstützten Institutionen sind auf den Internetseiten des SBFI aufgeführt.16 Der Tabakpräventionsfonds (TPF) Der TPF ist administrativ dem Bundesamt für Gesundheit angegliedert. Er wird seit 2004 durch eine Fachstelle betrieben und verwaltet. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich im Bundesgesetz über die Tabakbesteuerung sowie in den Ausführungsbestimmungen der Verordnung über den TPF. Der TPF wird finanziert durch eine Abgabe von 0.13 Rappen pro verkaufte Zigarette in der Schweiz (2.6 Rappen pro Schachtel). Beim aktuellen Tabakkonsum belaufen sich die Einnahmen auf rund CHF 13 Mio. pro Jahr. Der TPF finanziert Präventionsmassnahmen, die den Einstieg in den Tabakkonsum verhindern, den Ausstieg fördern oder die Bevölkerung vor Passivrauch schützen. Er fördert ausserdem die Forschung. Gestützt auf seine strategischen Grundlagen sind rund 5 Prozent der Gelder des TPF für Forschungsprojekte vorgesehen. Forschungsinfrastrukturen Swiss Institute of Bioinformatics (SIB), Lausanne 16 http://www.sbfi.admin.ch/themen/01367/01679/index.html 36 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Der TPF finanziert gezielt Forschungsprojekte, die für die nationale Tabakpräventionsstrategie von hoher strategischer Bedeutung sind und/oder für die Tabakpräventionspraxis konkrete und relevante Forschungsfragen bearbeiten. Weitere Informationen zum TPF sowie detaillierte Informationen zu allen vom TPF finanziell unterstützten Projekten sind auf der Webseite des TPF in der Rubrik Projektdatenbank zu finden. Siehe www.tabak-praevention.ch. Private Organisationen ohne Erwerbszweck Private Organisationen ohne Erwerbszweck sind sowohl als Forschende als auch Finanzierende in der Gesundheitsforschung aktiv. Verschiedenste Forschungsinstitute sind als private Organisationen ohne Erwerbszweck oder als Stiftung organisiert. Diese Institute arbeiten in der Regel unabhängig, sind aber häufig Auftragnehmer des BAG im Rahmen von Ressortforschungsmandaten. Beispiele sind Sucht Schweiz (www.suchtschweiz.ch), das Schweizerische Tropen- und Public Health-Institut (SwissTPH, www.swisstph.ch), das Institut für Suchtund Gesundheitsforschung (www.suchtforschung.ch), Nationales Institut für Krebsepidemiologie und -registrierung (NICER, www.nicer.org) oder die Stiftung Krebsforschung Schweiz (www.krebsforschung.ch). Häufig bestehen enge Verbindungen mit den universitären Hochschulen. Das Schweizerische Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien (SFM, www.migration-population.ch) ist beispielweise ein Institut der Universität Neuenburg. Ein Teil dieser Institute wird über Art. 16 des Bundesgesetzes über die Forschungs- und Innovationsförderung (FIFG) unterstützt. Privatrechtliche Stiftungen betätigen sich in erheblichem Mass als Forschungsförderer. Zahlen sind jedoch keine bekannt. Gerade beim Fundraising von universitären Hochschulen werden gezielt Stiftungen angegangen. Als Ausgangspunkt für die Suche nach Stiftungen können das Eidgenössische Stiftungsverzeichnis 17 oder der zentrale Firmenindex des Handelsregisters (Zefix, www.zefix.ch) dienen. 17 http://www.edi.admin.ch/esv/00475/00698/index.html Internationale Zusammenarbeit Internationale Zusammenarbeit ist in vielen Bereichen der Gesundheitsforschung unabdingbar: Epidemien und Pandemien halten sich nicht an Landesgrenzen. Probleme wie Übergewicht oder Drogen sind in vielen Ländern ein Thema und trotz grosser Unterschiede in den nationalen Gesundheitsversorgungssystemen können die einzelnen Länder voneinander lernen («Good Practices»). In den verschiedenen Unterthemen der Gesundheitsforschung (vom Strahlenschutz über Lebensmittelsicherheit bis zur psychischen Gesundheit oder HIV/Aids) bestehen zahlreiche internationale Gremien, Initiativen und Kooperationen (vgl. dazu beispielsweise die Informationen pro Thema im «Katalog der Ressortforschungsthemen im BAG»). Bei vielen spielt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine wichtige koordinierende Rolle, die je nach Thema sehr unterschiedlich sein kann (vom reinen Ideenlieferanten über Normensetzung bis zur Federführung in Krisen). Für die Schweiz von höchster Wichtigkeit sind die Verbindungen zur Forschung im europäischen Raum. Darüber hinaus liefert die internationale Zusammenarbeit im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wichtige neue Impulse für die Gestaltung des Gesundheitssystems der Schweiz. Forschungszusammenarbeit und -förderung auf europäischer Ebene Im europäischen Raum gibt es etliche forschungspolitische Initiativen, sowohl von der Europäischen Kommission direkt verwaltete, als auch davon unabhängige, zwischenstaatliche. Zentrale Initiative der EU selbst und die Hauptinstrumente zur Umsetzung ihrer gemeinschaftlichen Wissenschafts- und Innovationspolitik sind die Rahmenprogramme für Forschung und technologische Entwicklung, kurz Forschungsrahmenprogramme (FRP). Die aktuelle, achte Generation nennt sich «Horizon 2020 – das Rahmenprogramm der EU für Forschung und Innovation»18 (2014–2020) und wird von Brüssel aus verwaltet. Schweizer Forschende beteiligen sich seit 1987 erfolgreich an den FRP. Die Anzahl Schweizer Projektteilnehmer sowie die geflossenen Fördermittel stiegen über die verschiedenen FRP hinweg stetig an. Im siebten FRP waren EUR 6.1 Mrd. für die Gesundheitsforschung eingeplant. Ein viel 18 http://ec.europa.eu/programmes/horizon2020/ Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 37 beachtetes und durch das FRP7 finanziertes Projekt mit Schweizer Beteiligung ist das «Human Brain Project»19. Horizon 2020 und Gesundheitsforschung Horizon 2020 beruht auf drei Schwerpunkten (auch Pfeiler genannt) «Wissenschaftsexzellenz», «Führende Rolle der Industrie» sowie «Gesellschaftliche Herausforderungen». Die Gesundheitsforschung ist als sogenanntes Aktionsfeld «Gesundheit, demographischer Wandel und Wohlergehen» im dritten Schwerpunkt «Gesellschaftliche Herausforderungen» angesiedelt.20 Der Fokus liegt einerseits auf dem demographischen Wandel und der Unterstützung älterer Menschen, andererseits auf der Entwicklung von neuen, sichereren und effektiveren Behandlungsmethoden. Die Forschung soll zudem zur Nachhaltigkeit des Gesundheitssystems beitragen. Es wurde hierzu ein Budget von knapp EUR 7.5 Mrd. bzw. 9.7 Prozent des Gesamtbudgets von Horizon 2020 zugeteilt. Ziel ist die Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis der Gesundheitsversorgung. Zu Beginn des Programms liegt der Schwerpunkt auf der Personalisierung der Medizin, u. a. auf der Erschliessung der Mechanismen der Erhaltung bzw. Entstehung von Gesundheit und Krankheiten. Neben der Förderung von Projekten unterstützt Horizon 2020 zusätzlich Instrumente und Initiativen zur Zusammenarbeit und Abstimmung von Forschungsagenden. In den Forschungsbereichen zu Krebs oder neurodegenerativen Krankheiten nehmen Schweizer Forschende an mehreren sogenannten Koordinationsaktivitäten teil: an der European Innovation Partnership on Active and Healthy Ageing, der Joint Programming Initiative «More Years, Better Lives – the Challenges and Opportunities of Demographic Change», der Joint Programming Initiative on Antimicrobial Resistance (Schweizer Vertreter in den Steuerungsgremien) oder am Joint Programme on Neurodegenerative Diseases Research (Schweizer Mitglied im Management Board). Im Weiteren werden Initiativen gefördert, die Industrie und Hochschulen als Partner in Projekten vereinen, wie die Innovative Medicines Initiative (Schweizer Experte im Scientific Committee) oder das Active and Assisted Living Programme. Nicht zuletzt sollen auch KMU aus dem Bereich Diagnostik unterstützt werden. 19 https://www.humanbrainproject.eu/ http://ec.europa.eu/programmes/horizon2020/en/h2020-section/health-demographicchange-and-wellbeing 20 38 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Aktuelle und zukünftige Teilnahme der Schweiz Von Ende 2014 bis Ende 2016 nimmt die Schweiz als teilassoziierter Staat an Horizon 2020 teil. In jenen Bereichen, die nicht eingeschlossen sind, hat die Schweiz den Status eines Drittstaates. 21 Dies bedeutet, dass sich Schweizer Forschende zwar an den Projekten beteiligen können, jedoch keinen Zugang zu den Fördermitteln der EU haben. Die Schweiz finanziert Forschende in diesen Fällen direkt. Dies betrifft auch den dritten Schwerpunkt und somit den grössten Teil der Gesundheitsforschung. Die Form der Schweizer Beteiligung an Horizon 2020 ab 2017 ist zum Zeitpunkt der Publikation dieses Konzepts noch unklar. Für den Entscheid (Vollassoziierung oder Status als Drittstaat) werden die übergeordneten politischen Entwicklungen massgebend sein. Koordination der Teilnahme in der Schweiz Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) nimmt die Vertretung der Schweiz in den europäischen Programmkomitees (im Beobachterstatus) wahr, jedoch nur in den Bereichen von Horizon 2020, an welche die Schweiz assoziiert ist. In diesen Gremien werden die Arbeitsprogramme und Ausschreibungen diskutiert sowie die Evaluationsverfahren der FRP überwacht. Da die Schweiz derzeit lediglich als Drittstaat am Gesundheitsprogramm teilnehmen kann, sind die Schweizer Delegierten nicht zum Programmkomitee zugelassen. Zur operativen Unterstützung und Beratung von Schweizer Forschenden hat das SBFI das Informationsnetz Euresearch mandatiert. Siehe www.euresearch.ch. EU-Gesundheitsprogramm Die engere Zusammenarbeit mit der EU bzw. der Abschluss und die Umsetzung eines Gesundheitsabkommens ist eine der Massnahmen der Schweizerischen gesundheitspolitischen Strategie Gesundheit2020. Dadurch soll das Gesundheitsschutzniveau in der Schweiz erhalten bzw. erhöht werden. Teil dieses Abkommens ist die Teilnahme am dritten EU-Gesundheitsprogramm (EU Health Programm 2014-202022). Dieses ist das wichtigste Instrument der Europäischen Kommission zur Umsetzung der EU-Gesundheitsstrategie und funktioniert unabhängig von Horizon 2020. 21 vgl. auch Grafik «Switzerland‘s participation in Horizon 2020» unter: http://www.sbfi.admin.ch/h2020/02455/index.html 22 http://ec.europa.eu/health/programme/policy/index_de.htm Das Gesamtbudget beläuft sich auf EUR 449 Mio. Unter anderem hat es zum Ziel, die Innovation im Gesundheitsbereich zu fördern. Der Fokus liegt auf der angewandten Forschung. Dabei stehen die Bereiche Qualitätssicherung und Patientensicherheit im Vordergrund. Der Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens steht noch nicht fest (Stand Mitte 2015). Die Schweiz konnte sich bisher nur als assoziierte Teilnehmerin an vereinzelten Projekten (z. B. im Bereich seltene Krankheiten oder Health Technology Assessment) beteiligen, die durch das zweite Gesundheitsprogramm (2008–2013) unterstützt wurden, ohne jedoch am Gesundheitsprogramm beteiligt zu sein. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Die OECD ist eine internationale Organisation, in der die Regierungen von über 30 Industrienationen zusammenarbeiten. Sie hat zum Ziel, die mit der Globalisierung der Weltwirtschaft verbundenen Herausforderungen im Wirtschafts-, Sozial-, Umwelt- und Governance-Bereich anzugehen und die daraus erwachsenden Chancen zu nutzen. Die Organisation bietet den Mitgliedstaaten einen Rahmen, nach Lösungsansätzen für gemeinsame Probleme zu suchen und die nationalen Politiken zu koordinieren. Die OECD unterstützt die Regierungen bei der Förderung von Wohlstand und bei der Bekämpfung von Armut durch wirtschaftliches Wachstum, finanzielle Stabilität, Handel und Investitionen, Technologie, Innovation und Entwicklungszusammenarbeit. Leistung der Gesundheitssysteme der OECD-Länder.24 Auf Wunsch der Schweiz hat die OECD 2006 in Zusammenarbeit mit der WHO einen Bericht zum Schweizer Gesundheitssystem veröffentlicht, der eine Reihe von Empfehlungen zur Verbesserung des Systems beinhaltet. Er gehört zu einer Reihe von Länderberichten (Korea, Mexiko, Finnland, Türkei, Russland). Eine Aktualisierung dieses Berichts wurde 2011 veröffentlicht, wobei der Schwerpunkt auf der Krankenversicherung, dem Gesundheitspersonal und der allgemeinen Governance im Gesundheitssystem lag.25 Siehe Gesundheitsseiten OECD: www.oecd.org/health, Broschüre zu den Arbeiten der OECD im Gesundheitsbereich (2013–2014): www.oecd.org/health/Health-Brochure.pdf, Liste der OECD-Gesundheitspublikationen: www.oecd.org/els/health-systems/health-publications.htm. Im Rahmen des OECD-Programmes zu Umwelt, Gesundheit und Sicherheit werden Grundlagen und Richtlinien zur Durchführung von Tests mit Chemikalien, Pestiziden und Nanomaterialien erarbeitet. Im Chemikalien-Beurteilungsprogramm der OECD werden hunderte von Chemikalien (Alt- und Neustoffe) gemeinsam von Experten der OECD-Mitgliedsländer mit Beteiligung von Vertretungen der Industrie auf ihre Gefährlichkeit hin beurteilt. Die Ergebnisberichte werden von der OECD veröffentlicht. Die Aufgabe der OECD im Gesundheitsbereich ist, Analysten und politische Entscheidungsträger zu beraten sowie öffentliche und private Akteure über die Optionen zu informieren, mit denen die wachsende Nachfrage nach qualitativ guten Gesundheitsleistungen bei gleichzeitiger Einhaltung der Budgetvorgaben befriedigt werden kann. Die OECD erarbeitet zuverlässige Grundlagen, um die Leistung der Gesundheitssysteme zu vergleichen und den Ländern zu helfen, ihre Politik in verschiedenen Bereichen wie Prävention, Versorgungsqualität oder Gesundheitsausgaben zu überprüfen und zu verbessern. Die Gesundheitsstatistiken der OECD (OECD Health Statistics) sind die ergiebigste Quelle, um die Gesundheitssysteme der OECD-Länder miteinander zu vergleichen. 23 Die Gesundheitsübersicht «Health at a Glance» präsentiert die neusten vergleichbaren Daten zu verschiedenen Aspekten in Zusammenhang mit der Siehe Seiten zu den Themen Chemikaliensicherheit und biologische Sicherheit: http://www.oecd.org/env/ehs/ 23 25 24 http://www.oecd.org/els/health-systems/health-data.htm http://www.oecd.org/health/health-at-a-glance-europe-23056088.htm http://www.oecd.org/switzerland/oecdreviewsofhealthsystems-switzerland.htm Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 39 7. Qualitätssicherung Der Nutzen und die Nützlichkeit von Forschungsresultaten hängen von einer Reihe von Faktoren ab, die mit Qualitätsfragen in Zusammenhang gebracht werden können. Nachfolgend wird kurz aufgezeigt, wie im BAG Qualität sichergestellt wird, um in der Folge die Wirkung der Forschung zu erhöhen. Die Richtlinien der Qualitätssicherung in der Ressortforschung des Bundes sind für das BAG wegleitend. Siehe www.bag.admin.ch/forschung. Abb. 7.1 Ein kompetentes Forschungsmanagement, eine transparente Berichterstattung sowie der verhältnismässige Einsatz von Evaluation tragen dazu bei, die Wirkung der Forschung zu optimieren. Der Projektzyklus im Forschungsmanagement BAG Forschungsbedarf Daten und Evidenz Wissensziele Evaluation Analyse des Wissensstandes Wissensbewahrung Wissenserwerb, Wissensgenerierung Wissenssynthese, Wissensentwicklung Wissensnutzung Umsetzung in die Praxis Nutzung des Forschungswissens in Politik, Öffentlichkeit und Gesundheitsversorgung wird durch Interaktion und Kommunikation in «Communities of Practice» gefördert. Wissensverteilung Organisationales Wissensverständnis Die Ziele und Werte, die das BAG in Bezug auf die Wissensarbeit festlegt, bestimmen die Qualitätsstandards, nach denen die Schritte des Projektzyklus vollzogen werden. Quelle: Bundesamt für Gesundheit (BAG). In Anlehnung an: Probst, G. et al. (Hrsg.) (2006), Wissen managen. Wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen. Gabler, Wiesbaden 40 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Das Forschungsmanagement ist nach den Prinzipien partnerschaftlicher Wissensarbeit ausgerichtet und folgt einem definierten Projektzyklus. Das Forschungsmanagement beinhaltet die strategische Planung der Forschungsvorhaben, die korrekte Einhaltung der Vergaberegeln von externen Mandaten, kompetente Forschungsbegleitung, vollständige Projektinformationen in ARAMIS (Forschungsdatenbank des Bundes) sowie die Veröffentlichung der Forschungsresultate. 26 Das BAG arbeitet auch in der Wissensbeschaffung und -nutzung mit seinen Partnern zusammen. In der Regel findet diese Zusammenarbeit in Form von Projekten statt. Dabei orientieren sich die BAG-Mitarbeitenden an einem Projektzyklus, der sich in acht Phasen unterteilt (vgl. Abbildung 7.1). Kriterien der BAG-internen Qualitätssicherungsmassnahmen in der Ressortforschung Das BAG wendet folgende Kriterien bei der Qualitätssicherung seiner Ressortforschung an: Zweckmässigkeit Forschungsaktivitäten erzeugen Wissen, das im Zusammenhang steht mit politischen und/oder strategischen Zielsetzungen. Wirksamkeit Forschung muss die politischen Prozesse des Bundes unterstützen und dem Bedarf der Verwaltung entsprechen. Zu diesem Zweck muss die Forschung die wissenschaftlichen und ethischen Standards von Qualitätsforschung erfüllen. Wirtschaftlichkeit Die für die Forschungstätigkeiten notwendigen Mittel werden überprüft, um sicherzustellen, dass sie bedarfsgerecht, zweckmässig und kostenbewusst verwendet werden. Rechtzeitigkeit Das durch Ressortforschung gewonnene Wissen muss zeitgerecht zur Verfügung gestellt werden, damit Entscheidungsträgerinnen und -träger im Moment ihrer Entschlussfassung über die grösstmögliche Evidenz in Bezug auf einen Sachverhalt verfügen. Grundsätzliche Anwendung bestehender Qualitätsstandards Nutzbarmachung von Wissen Bei der Ressortforschung werden die Empfehlungen und Standards des Schweizerischen Nationalfonds, der Schweizerischen Akademien der Wissenschaften, der Schweizerischen Evaluationsgesellschaft sowie der Ethikkommissionen als massgebende Referenzpunkte in Qualitätsfragen berücksichtigt (s. FIFG Art. 6 Abs. 1; Verordnung zum Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz V-FIFG Art. 25 Abs. 1, SR 420.11). Rechtmässigkeit Ressortforschung verlangt nach angemessener Verbreitung der Resultate sowie Diskussion und Umsetzung des erworbenen Wissens. Die Formen der Verbreitung und Diskussion können je nach Zielgruppe variieren, zum Beispiel wissenschaftliche Publikationen, Experten-Hearings, Vorträge bei Forschungskommissionen, Sitzungen und Workshops mit Praxisvertretenden, Pressekonferenzen und -mitteilungen. Diese Formen der Verbreitung richten sich sowohl an Kreise innerhalb als auch ausserhalb der Bundesverwaltung. Die Forschungstätigkeiten im öffentlichen Sektor basieren auf einer gesetzlichen Grundlage. 26 http://www.aramis.admin.ch Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 41 Transparenz der Forschung Gendergerechtigkeit Forschungsresultate der Bundesämter sind öffentlich zugänglich. ARAMIS ist die Forschungsdatenbank des Bundes. Sie enthält Details zu Forschung, Evaluation und anderen auf die Forschung bezogenen Projekten, die von der Bundesverwaltung direkt oder indirekt finanziert und durchgeführt werden. Die Datenbank wird regelmässig aktualisiert. Siehe www.aramis.admin.ch. Forschungsthematisch relevante Variablen müssen konsequent nach Geschlecht analysiert werden. Geschlechterfragen müssen in allen Phasen des Forschungsprozesses angemessen berücksichtigt werden, insbesondere in den theoretischen Konzepten und Begriffen, dem Forschungsdesign, den Forschungsmethoden, der Dateninterpretation, den Schlussfolgerungen und der Sprache. Damit werden geschlechtsbezogene Verzerrungseffekte vermieden. Reporting Dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) werden regelmässig Berichte über die Ressortforschungstätigkeiten im Bereich Gesundheit vorgelegt. Die Berichte enthalten Daten zu Forschungsausgaben und zur Anzahl des beteiligten Personals sowie Faktenblätter zu ausgewählten Forschungsprojekten. Ethik Die ethischen Grundsätze der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) dienen als generelle Richtlinien für Forschende wie auch für finanzierende Organisationen. Zusätzlich gibt es nationale und kantonale Ethikkommissionen, die für die Genehmigung und Überwachung spezifischer Forschungsprojekte zuständig sind. Durchführbarkeit, Korrektheit, Genauigkeit und Nützlichkeit In Bezug auf die Durchführung von Evaluationsstudien gelten die Qualitätsstandards der Schweizerischen Evaluationsgesellschaft (SEVAL). Die Kriterien Durchführbarkeit (Machbarkeit), Korrektheit, Genauigkeit sowie Nützlichkeit sind selbstverständlich auch für die Ressortforschung relevant. 42 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Anhang A1: Definition der Forschung der Bundesverwaltung (Ressortforschung) Die von der Bundesverwaltung initiierte bzw. unterstützte Forschung wird gemeinhin als Ressortforschung bezeichnet. Es handelt sich dabei um Forschung, deren Ergebnisse von der Bundesverwaltung resp. der Bundespolitik für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden oder im öffentlichen Interesse liegen. Die Ressortforschung liegt damit an der Schnittstelle zwischen der wissenschaftlichen Forschung und der Politik bzw. Praxis. Es handelt sich sowohl um «Forschung in der Politik», welche die wissenschaftliche und technische Dimension in die politische Diskussion einbringt, als auch um «Forschung für die Politik», welche die Grundlagen für die Formulierung der Ziele in den Politikbereichen bereitstellt. Sie wird legitimiert durch das Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz (FIFG; SR 420.1), welches als Rahmengesetz für die Ressortforschung dient, sowie durch spezialgesetzlichen Bestimmungen. Sie steht im Einklang mit den Strategien der Bundesstellen und kann folgende Massnahmen umfassen: den Betrieb bundeseigener Forschungsanstalten (Forschung intra-muros); Beiträge an Hochschulforschungsstätten für die Durchführung von Forschungsprojekten und -programmen; die Durchführung eigener Forschungsprogramme, namentlich in Zusammenarbeit mit Hochschulforschungsstätten, Forschungsförderungsinstitutionen wie dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF), der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) oder weiteren Förderorganisationen; Beiträge von Bundesstellen an internationale Institutionen und Organisationen für Forschungsprojekte oder -programme; die Erteilung von Forschungsaufträgen (Auftragsforschung). Die Hauptverantwortung für die Ressortforschung liegt bei den einzelnen Bundesstellen. 27 Abgrenzung der Ressortforschung von verwandten Aktivitäten Nicht zur Ressortforschung gehören die Ausgaben der vom Bund finanzierten Hochschulen und Forschungsanstalten des Hochschulbereichs, Beiträge (Subventionen) des Bundes an den SNF, die KTI und an wissenschaftliche Institutionen gemäss FIFG (Akademien, Forschungsinfrastrukturen, Technologiekompetenzzentren etc.) sowie Beiträge an internationale wissenschaftliche Institutionen und Organisationen zur Strukturfinanzierung. Beratungsleistungen, Datensammlung/Analysen, statistische Auswertungen und Monitoring, bei welchen kein neues Wissen erzeugt wird und die daher keinen wissenschaftlichen Forschungsanteil enthalten, sind in der Regel keine Ressortforschung. Erfolgen diese Aktivitäten jedoch ausschliesslich oder primär im Rahmen eines Forschungsprojektes, müssen sie der Ressortforschung angerechnet werden. 27 Bei entsprechenden Tätigkeiten ausserhalb eines Forschungsprojekts ist die fallweise Prüfung des Forschungsanteils (z. B. Entwicklung neuer Methoden) im Hinblick auf die Zuordnung zur Ressortforschung angezeigt. vgl. Frascati Manual, OECD, 2002 Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 43 Anhang A2: Gesetzliche Grundlagen Einleitung Im Folgenden sind allgemein- und spezialgesetzliche Grundlagen im Bereich Forschung und Evaluation aufgeführt, die für die Arbeiten/Tätigkeiten des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) relevant sind. Das Engagement des Bundes in der Forschung und Forschungsförderung wird in der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV, SR 101) geregelt. Gemäss Art. 64 BV hat der Bund die Aufgabe, die wissenschaftliche Forschung und die Innovation zu fördern. Dem Bund wird ferner die Kompetenz übertragen, Forschungsstätten zu errichten, zu übernehmen oder zu betreiben. Die Forschungsaktivitäten der Bundesverwaltung werden im Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz vom 14. Dezember 2012 (FIFG, SR 420.1) präzisiert: Die Bundesverwaltung ist ein Forschungsorgan, soweit sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben Ressortforschung betreibt oder Aufgaben der Forschungs- und Innovationsförderung wahrnimmt (Art. 4, Bst. d). Ressortforschung ist Forschung, die von der Bundesverwaltung initiiert wird, weil diese die Resultate dieser Forschung zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt (Art. 16). Neben der übergeordneten Verankerung im FIFG stützt sich die Forschung der Bundesverwaltung auf spezialgesetzliche Bestimmungen. In diesen werden direkte Forschungsaufträge oder Finanzierungsverpflichtungen durch den Bund vorgegeben, bzw. direkte Evaluations-, Erhebungs- oder Prüfungsaufträge formuliert, die entsprechende wissenschaftliche Arbeiten voraussetzen. Die Organisationsverordnung für das EDI vom 28. Juni 2000 (OV-EDI, SR 172.212.1) sieht in Art. 9 Abs. 3 lit. b vor, dass das BAG die Forschung auf dem Gebiet der Gesundheit steuert. Auch die in dieser Verordnung aufgeführten Ziele des BAG sowie seine diesbezüglichen Funktionen beinhalten implizit, dass das BAG für die Erfüllung seiner Aufgaben allenfalls Forschung betreiben bzw. Forschungsaufträge mandatieren kann. 28 https://www.admin.ch/gov/de/start/bundesrecht/systematische-sammlung.html 44 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Es gibt Themenbereiche (z. B. Heilmittel), die keine explizite spezialgesetzliche Grundlage für die Ressortforschung des Bundes besitzen. Diese Bereiche stützen sich auf allgemeingesetzliche Grundlagen. Alle geltenden gesetzlichen Grundlagen sind in der Systematischen Sammlung des Bundesrechts (SR) unter ihrer SR-Nummer zu finden. 28 Artikel der Bundesverfassung Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV, SR 101) – Forschungsartikel Art. 64 Forschung 1 Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung. 2 Er kann die Förderung insbesondere davon abhängig machen, dass die Koordination sichergestellt ist. 3 Er kann Forschungsstätten errichten, übernehmen oder betreiben. Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV, SR 101) – Wirksamkeitsüberprüfung (Evaluation) Art. 170 Überprüfung der Wirksamkeit Die Bundesversammlung sorgt dafür, dass die Massnahmen des Bundes auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV, SR 101) – Statistikartikel Art. 65 Statistik 1 Der Bund erhebt die notwendigen statistischen Daten über den Zustand und die Entwicklung von Bevölkerung, Wirtschaft, Gesellschaft, Raum und Umwelt in der Schweiz. 2 Er kann Vorschriften über die Harmonisierung und Führung amtlicher Register erlassen, um den Erhebungsaufwand möglichst gering zu halten. Allgemeingesetzliche Grundlagen Entscheide des Bundesrats vom 3. November 2004 zur Verstärkung der Wirksamkeitsüberprüfungen bei Bundesrat und Bundesverwaltung, BRB IDEKOWI30 Der Bundesrat hat am 3. November 2004 verschiedene Massnahmen beschlossen, mit denen die Tätigkeiten des Bundes besser auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Er will damit die Wirkungsorientierung in der Bundesverwaltung verstärken, die Transparenz entsprechender Überprüfungen und deren Qualität verbessern sowie die Wirtschaftlichkeit stärker gewichten. Organisationsverordnung vom 28. Juni 2000 für das Eidgenössische Departement des Innern (OV-EDI, SR 172.212.1) – Ziele des BAG Art. 9 Bundesamt für Gesundheit 2 Das BAG verfolgt insbesondere folgende Ziele: a. die Gesundheit im Sinne eines umfassenden körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens schützen und fördern; b. neue Bedrohungen für die Gesundheit früh erkennen und zur wirksamen Bewältigung von Krisen jederzeit bereit sein; c. die Bevölkerung und die im Gesundheitsbereich tätigen Kreise mit den nötigen Informationen über Fragen der Gesundheit und der gesundheitlichen Entwicklung versorgen; d. die Konsumentinnen und Konsumenten in seinem Tätigkeitsbereich vor Täuschung schützen; e. die soziale Sicherheit gegenüber den Folgen von Krankheit und Unfall gewährleisten und nachhaltig weiterentwickeln; f. den Zugang der gesamten Bevölkerung zu einer umfassenden medizinischen Betreuung und einer qualitativ guten Pflege bei weiterhin tragbaren Gesundheitskosten sicherstellen. Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation vom 14. Dezember 2012 (Forschungsund Innovationsförderungsgesetz, FIFG, SR 420.1) Art. 3 Geltungsbereich Dieses Gesetz gilt für die Forschungsorgane, soweit sie für Forschung und Innovation Bundesmittel verwenden. Art. 4 Forschungsorgane Forschungsorgane nach diesem Gesetz sind: d. die Bundesverwaltung, soweit sie: 1. für die Erfüllung ihrer Aufgaben Ressortforschung betreibt, oder 2. Aufgaben der Forschungs- und Innovationsförderung wahrnimmt. Art. 16 Ressortforschung des Bundes 1 Ressortforschung ist Forschung, die von der Bundesverwaltung initiiert wird, weil diese die Resultate dieser Forschung zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt. Organisationsverordnung vom 28. Juni 2000 für das Eidgenössische Departement des Innern (OV-EDI, SR 172.212.1) – Forschung Verordnung vom 29. November 2013 zum Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation (Forschungs- und Innovationsförderungsverordnung, V-FIFG, SR 420.11) Art. 9 Bundesamt für Gesundheit 3 Zur Verfolgung dieser Ziele nimmt das BAG folgende Funktionen wahr: b. Es steuert die Forschung auf dem Gebiet der Gesundheit, der Kranken-, Unfall- und Militärversicherung und der Aus-, Weiter- und Fortbildung in den akademischen Medizinalberufen. c. Es wirkt mit bei der Steuerung von wichtigen gesundheits- und sozialpolitischen Prozessen und bei der Erarbeitung der dafür notwendigen Grundlagen. Verordnung vom 29. November 2013 über das Informationssystem ARAMIS über Forschungs- und Innovationsprojekte des Bundes (ARAMIS-Verordnung, SR 420.171) Bundesstatistikgesetz vom 9. Oktober 1992 (BStatG, SR 431.01) Organisationsverordnung vom 28. Juni 2000 für das Eidgenössische Departement des Innern (OV-EDI, SR 172.212.1) – Evaluation Verordnung vom 30. Juni 1993 über die Durchführung von statistischen Erhebungen des Bundes (Statistikerhebungsverordnung, SR 431.012.1) Art. 9 Bundesamt für Gesundheit 3 Zur Verfolgung dieser Ziele nimmt das BAG folgende Funktionen wahr: e. Es überprüft die Wirkung rechtsetzender und anderer Massnahmen auf die Gesundheit. Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2013–2016, 12.03329 29 https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2012/3099.pdf 30 https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/staat/evaluation/umsetzung.html Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 45 Spezialgesetzliche Grundlagen eHealth Kranken- und Unfallversicherung Bundesgesetz vom 19. Juni 2015 über das elektronische Patientendossier (Ablauf der Referendumsfrist: 8. Oktober 2015; noch nicht in Kraft, Stand 1. September 2015), Link Bundesblatt31 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG, SR 832.10) Art. 23 Statistiken 1 Das Bundesamt für Statistik erarbeitet die notwendigen statistischen Grundlagen zur Beurteilung von Funktions- und Wirkungsweise dieses Gesetzes. Es erhebt zu diesem Zweck bei den Versicherern, den Leistungserbringern und der Bevölkerung die notwendigen Daten. 2 Die befragten natürlichen und juristischen Personen sind zur Auskunft verpflichtet. Die Informationen sind kostenlos zur Verfügung zu stellen. 3 Das Bearbeiten von Daten zu statistischen Zwecken erfolgt nach dem Bundesstatistikgesetz vom 9. Oktober 1992. Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV, SR 832.102) Art. 32 Wirkungsanalyse 1 Das BAG führt in Zusammenarbeit mit den Versicherern, Leistungserbringern und Kantonen sowie Vertretern der Wissenschaft wissenschaftliche Untersuchungen über die Durchführung und die Wirkungen des Gesetzes durch. 2 Diese Untersuchungen haben den Einfluss des Gesetzes auf die Situation und das Verhalten der Versicherten, der Leistungserbringer und der Versicherer zum Gegenstand. Insbesondere ist zu untersuchen, ob die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Grundversorgung gewährleistet ist und die sozial- und wettbewerbspolitischen Zielsetzungen des Gesetzes erreicht werden. 3 Das BAG kann für die Durchführung der Untersuchungen wissenschaftliche Institute beiziehen und Expertengruppen einsetzen. Verordnung vom 12. April 1995 über den Risikoausgleich in der Krankenversicherung (VORA, SR 832.112.1) Art. 8 Wirkungsanalyse Das BAG führt mit den Fachkreisen der Krankenversicherung eine begleitende wissenschaftliche Untersuchung durch. Zu untersuchen sind insbesondere die Wirkungen des Risikoausgleiches in Bezug auf die Kostenentwicklung bei den einzelnen Versicherern und in Bezug auf das Recht der Versicherten, den Versicherer zu wechseln. Das BAG bestimmt die technischen Einzelheiten der Untersuchung. Für die Erhebungsarbeiten und die Auswertung der Ergebnisse kann es ein wissenschaftliches Institut beiziehen. 31 https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2015/4865.pdf 46 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Art. 18 Evaluation 1 Das Eidgenössische Departement des Innern sorgt dafür, dass Zweckmässigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Massnahmen nach diesem Gesetz periodisch evaluiert werden. 2 Es erstattet dem Bundesrat nach Abschluss der Evaluation Bericht über die Resultate und unterbreitet ihm Vorschläge für das weitere Vorgehen. Betäubungsmittel und psychotrope Stoffe Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG, SR 812.121) Art. 3e Betäubungsmittelgestützte Behandlung 3 Für die heroingestützte Behandlung braucht es eine Bewilligung des Bundes. Der Bundesrat erlässt besondere Bestimmungen. Er sorgt insbesondere dafür, dass: c. Durchführung und Verlauf der heroingestützten Behandlungen periodisch überprüft werden. Art. 3f Datenbearbeitung 1 Die für den Vollzug dieses Gesetzes zuständigen Behörden und Institutionen sind berechtigt, Personendaten, besonders schützenswerte Personendaten und Persönlichkeitsprofile zur Überprüfung der Voraussetzungen und des Verlaufs der Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen zu bearbeiten. 2 Sie gewährleisten durch technische und organisatorische Massnahmen den Schutz der Daten nach Absatz 1. 3 Der Bundesrat legt die Einzelheiten fest, insbesondere: a. die für die Datenbearbeitung zuständigen Behörden und Institutionen; b. die zu bearbeitenden Daten; c. die Datenflüsse; d. die Zugriffsberechtigungen. Art. 3j Forschungsförderung Der Bund kann im Rahmen des Forschungsgesetzes vom 7. Oktober 1983 wissenschaftliche Forschung namentlich in folgenden Bereichen fördern: a. Wirkungsweise abhängigkeitserzeugender Stoffe; b. Ursachen und Auswirkungen suchtbedingter Störungen; c. präventive und therapeutische Massnahmen; d. Verhinderung oder Verminderung suchtbedingter Störungen; e. Wirksamkeit von Wiedereingliederungsmassnahmen. Art. 29a 1 Das Bundesamt für Gesundheit sorgt für die wissenschaftliche Evaluation der Massnahmen nach diesem Gesetz. Es kann die nach Artikel 3f beschafften Daten in anonymisierter Form dem Bundesamt für Statistik zur Auswertung und Veröffentlichung übermitteln. 2 Das Eidgenössische Departement des Innern erstattet nach Abschluss wichtiger Evaluationen dem Bundesrat und den zuständigen Kommissionen der Bundesversammlung Bericht über die Resultate und unterbreitet Vorschläge für das weitere Vorgehen. Art. 29c 1 Der Bundesrat bezeichnet ein nationales Referenzlabor; dieses forscht, informiert und koordiniert im analytischen, pharmazeutischen und klinisch-pharmakologischen Bereich der Betäubungsmittel und der Stoffe nach den Artikeln 2, 3 Absatz 1 und 7 Absatz 3. 2 Der Bundesrat bezeichnet eine nationale Beobachtungsstelle zur Überwachung der Suchtproblematik. Diese sammelt, analysiert und interpretiert statistische Daten. Sie arbeitet mit den Kantonen und den internationalen Organisationen zusammen. 3 Der Bund kann Dritte mit einzelnen Aufgaben zur Erforschung, Information und Koordination und zur Überwachung der Suchtproblematik nach den Absätzen 1 und 2 betrauen. Art. 29e 1 Die Kantonsregierungen berichten dem Bundesrat regelmässig über die Ausführung des Gesetzes und die dabei gemachten Beobachtungen und stellen die benötigten Daten (Art. 29c Abs. 2) zur Verfügung. 2 Die Kantone haben dem Bundesamt für Polizei gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1994 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes über jede wegen Widerhandlung gegen dieses Gesetz eingeleitete Strafverfolgung rechtzeitig Mitteilung zu machen. Die entsprechenden Informationen werden grundsätzlich auf dem elektronischen Weg übermittelt oder direkt in die Datenverarbeitungssysteme des Bundesamtes für Polizei eingegeben. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten. Verordnung vom 25. Mai 2011 über Betäubungsmittelsucht und andere suchtbedingte Störungen (Betäubungsmittelsuchtverordnung, BetmSV, SR 812.121.6) Art. 31 Empfehlungen zur Qualitätssicherung Das BAG erarbeitet namentlich mit Behörden und Fachorganisationen Empfehlungen zur Qualitätssicherung in den Bereichen Prävention, Therapie und Schadenminderung. Es berücksichtigt dabei Ergebnisse und Empfehlungen aus Forschung und Praxis. Humanforschung Bundesgesetz vom 30. September 2011 über die Forschung am Menschen (Humanforschungsgesetz, HFG, SR 810.30) Art. 61 Evaluation 1 Das BAG sorgt für die Überprüfung der Wirksamkeit dieses Gesetzes. 32 2 Das Eidgenössische Departement des Innern erstattet dem Bundesrat Bericht über die Ergebnisse der Evaluation und unterbreitet Vorschläge für das weitere Vorgehen. Stammzellen Bundesgesetz vom 19. Dezember 2003 über die Forschung an embryonalen Stammzellen (Stammzellenforschungsgesetz, StFG, SR 810.31) Art. 23 Evaluation 1 Das Bundesamt sorgt für die Evaluation der Wirksamkeit dieses Gesetzes. 2 Das Eidgenössische Departement des Innern erstattet dem Bundesrat nach Abschluss der Evaluation, spätestens aber fünf Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Bericht und unterbreitet Vorschläge für das weitere Vorgehen. Transplantation Bundesgesetz vom 8. Oktober 2004 über die Transplantation von Organen, Geweben und Zellen (Transplantationsgesetz, SR 810.21) Art. 55 Evaluation 1 Das Bundesamt sorgt für wissenschaftliche Evaluationen über den Vollzug und die Wirkungen dieses Gesetzes. 2 Diese Evaluationen haben namentlich zum Gegenstand: a. den Einfluss des Gesetzes auf die Situation, die Einstellung und das Verhalten der Bevölkerung sowie des medizinischen Personals; b. die Praxis der Zuteilung von Organen, die Qualität der Transplantationen und die Verfügbarkeit von Organen, Geweben und Zellen zur Transplantation. 3 Das Eidgenössische Departement des Innern erstattet nach Abschluss von wichtigen Evaluationen dem Bundesrat Bericht über die Resultate und unterbreitet ihm einen Vorschlag für das weitere Vorgehen. Fortpflanzungsmedizin – Präimplantationsdiagnostik Entwurf Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung (Fortpflanzungsmedizingesetz, FMedG), SR 810.11 – Version vom 12. Dezember 2014 (Ablauf der Referendumsfrist: 10. Dezember 2015; noch nicht in Kraft, Stand 10. September 2015), Link Bundesblatt32 Art. 14a (neu) 1 Das BAG sorgt dafür, dass die Auswirkungen derjenigen Bestimmungen dieses Gesetzes, welche die Untersuchung des Erbgutes von Embryonen in vitro und deren Auswahl betreffen, evaluiert werden. https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2015/6301.pdf Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 47 2 Die Evaluation betrifft insbesondere: a. die Übereinstimmung der nach Artikel 11 Absatz 2 Buchstabe b gemeldeten Indikationen für Fortpflanzungsverfahren mit Untersuchung des Erbguts von Embryonen zur Verhinderung der Übertragung der Veranlagung für eine schwere Krankheit einerseits mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Artikel 5a Absatz 2 andererseits; b. die Erhebung der Anzahl Paare und der durchgeführten Verfahren sowie deren Resultate; c. die Abläufe im Rahmen von Vollzug und Aufsicht; d. die Auswirkungen auf die Gesellschaft. 3 Die Inhaberinnen und Inhaber einer Bewilligung nach Artikel 8 Absatz 1 haben dem BAG und der mit der Durchführung der Evaluation beauftragen Person auf Verlangen die für die Evaluation notwendigen Daten in anonymisierter Form zur Verfügung zu stellen. 4 Das Eidgenössische Departement des Innern erstattet dem Bundesrat nach Abschluss der Evaluation Bericht und unterbreitet Vorschläge für das weitere Vorgehen. Chemikalien Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über den Schutz vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen (Chemikaliengesetz, ChemG, SR 813.1) Art. 37 Grundlagenbeschaffung, Forschung 1 Der Bund beschafft die für die Anwendung dieses Gesetzes erforderlichen wissenschaftlichen Grundlagen. 2 Er kann Erhebungen selber oder in Zusammenarbeit mit den Kantonen, mit geeigneten Institutionen oder Fachleuten durchführen. 3 Er kann im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit Untersuchungen von Stoffen und Zubereitungen ganz oder teilweise finanzieren. 4 Er fördert die wissenschaftliche Lehre und Forschung über gefährliche Eigenschaften von Stoffen und Zubereitungen. Strahlenschutz – Ionisierende Strahlung Strahlenschutzgesetz vom 22. März 1991 (StSG, SR 814.50) Art. 5 Forschung, Entwicklung, Ausbildung 1 Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung über Strahlenwirkungen und Strahlenschutz sowie die Ausbildung auf dem Gebiet des Strahlenschutzes. 2 Er kann: a. Entwicklungsarbeiten auf diesen Gebieten fördern; b. Fachleute ausbilden; c. sich an Unternehmen beteiligen, die der Forschung oder Ausbildung dienen. 48 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Strahlenschutzverordnung vom 22. Juni 1994 (StSV, SR 814.501) Art. 8 Forschung 1 Die Aufsichtsbehörden können Forschungsprojekte über Strahlenwirkungen und Strahlenschutz in Auftrag geben oder sich an Forschungsprojekten beteiligen. 2 Das Paul Scherrer-Institut (PSI) und andere Stellen des Bundes stehen den Aufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Durchführung von Forschungsaufträgen über Strahlenwirkungen und Strahlenschutz zur Verfügung. 3 Die Aufsichtsbehörden sprechen sich untereinander ab, bevor sie einen Forschungsauftrag vergeben. Strahlenschutz – Radon Strahlenschutzverordnung vom 22. Juni 1994 (StSV, SR 814.501) Art. 118 Fach- und Informationsstelle Radon 2 Es nimmt dabei folgende Aufgaben wahr: e. es evaluiert regelmässig die Auswirkungen der Massnahmen; f. es kann Untersuchungen über die Herkunft und Wirkung des Radons durchführen. Strahlenschutz – Nichtionisierende Strahlung und Schall Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG, SR 814.01) Art. 49 Ausbildung und Forschung 2 Er kann Forschungsarbeiten und Technologiefolgen-Abschätzungen in Auftrag geben oder unterstützen. 3 Er kann die Entwicklung von Anlagen und Verfahren fördern, mit denen die Umweltbelastung im öffentlichen Interesse vermindert werden kann. Die Finanzhilfen dürfen in der Regel 50 Prozent der Kosten nicht überschreiten. Sie müssen bei einer kommerziellen Verwertung der Entwicklungsergebnisse nach Massgabe der erzielten Erträge zurückerstattet werden. Im Rhythmus von fünf Jahren beurteilt der Bundesrat generell die Wirkung der Förderung und erstattet den eidgenössischen Räten über die Ergebnisse Bericht. Übertragbare Krankheiten Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG, SR 818.101)33 Verordnung vom 29. April 2015 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemienverordnung, EpV, SR 818.101.1)34 Art. 21 Auswertung 1 Das BAG erfasst Meldungen zur epidemiologischen Überwachung und zu Forschungszwecken, die ihm aufgrund einer Vereinbarung mit Ärztinnen oder Ärzten, Laboratorien, Spitälern oder anderen öffentlichen oder privaten Institutionen des Gesundheitswesens zugestellt wurden, und wertet sie aus. 2 Es legt in der Vereinbarung fest, wie die den Meldungen zugrunde liegenden Beobachtungen zu erfassen sind. Zu diesem Zweck kann es eine Programmkommission einsetzen. Art. 17 Nationale Referenzzentren und Bestätigungslaboratorien Das BAG kann einzelne Laboratorien als nationale Referenzzentren oder als Bestätigungslaboratorien bezeichnen und diese mit besonderen Untersuchungen und weiteren Sonderaufgaben betrauen. Art. 24 Überwachung und Evaluation 1 Die zuständigen Bundesbehörden überprüfen unter Einbezug der Kantone regelmässig die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der Impfmassnahmen. 2 Die zuständigen kantonalen Behörden erheben den Anteil der geimpften Personen und berichten dem BAG regelmässig über die Impfungsrate und über die Massnahmen, die zu deren Erhöhung getroffen wurden. 3 Das BAG verfasst regelmässig Berichte zur Überwachung und Evaluation und veröffentlicht diese in geeigneter Form. Art. 22 Veröffentlichung der Resultate Das BAG stellt die Resultate der Auswertung den teilnehmenden Personen und Institutionen sowie den Kantonsärztinnen und Kantonsärzten zur Verfügung und veröffentlicht sie nach Bedarf. Art. 26 Umgang mit Krankheitserregern in geschlossenen Systemen 1 Bei Tätigkeiten mit Krankheitserregern in geschlossenen Systemen sind sämtliche Einschliessungsmassnahmen zu treffen, die notwendig sind, um eine Gefährdung des Menschen zu verhindern. Art. 25 Verhütung der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit bei chirurgischen und medizinischen Eingriffen 1 Zur Verringerung des Übertragungsrisikos aller Formen der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit müssen Spitäler und Kliniken wiederverwendbare invasive Medizinprodukte, die in sterilem Zustand zu verwenden sind, insbesondere chirurgische Instrumente, vor jeder Anwendung: a. nach dem Stand der Wissenschaft und unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers dekontaminieren und desinfizieren; Art. 23 Aufgaben der nationalen Referenzzentren 1 Die vom BAG bezeichneten nationalen Referenzzentren haben insbesondere die folgenden Aufgaben: c. Methodenentwicklung und Forschung; Art. 52 Abgeltungen an Laboratorien Das BAG gewährt Abgeltungen an die als nationale Referenzzentren oder als Bestätigungslaboratorien bezeichneten Laboratorien für die Ausgaben, die ihnen im Rahmen ihrer Sonderaufgaben erwachsen. Art. 32 Nationaler Impfplan 1 Der nationale Impfplan enthält Impfempfehlungen zum Schutz der Gesamtbevölkerung, bestimmter Personengruppen mit einem erhöhten Infektions-, Übertragungs- oder Komplikationsrisiko sowie zum Schutz einzelner Personen. 2 Die Impfempfehlungen des nationalen Impfplans: a. beschreiben die Impfungen und Impfschemas und enthalten Informationen zum für die Durchführung der Impfung geeigneten Alter, zur Anzahl Impfdosen, zu den Zeitintervallen der Impfungen sowie zu Nachholimpfungen; b. sind in verschiedene Kategorien von Impfungen unterteilt, namentlich: 1. empfohlene Basisimpfungen, die dem Schutz der individuellen und öffentlichen Gesundheit dienen, 2. empfohlene ergänzende Impfungen, die einen individuellen Schutz gegen definierte Gesundheitsrisiken bieten, 3. empfohlene Impfungen für Risikogruppen, für welche die Impfung als nutzbringend eingestuft wird. 3 Der nationale Impfplan wird regelmässig an neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Anforderungen der öffentlichen Gesundheit angepasst. 4 Er wird einmal jährlich vom BAG publiziert. Art. 81 Evaluation Der Bundesrat überprüft periodisch die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Massnahmen nach diesem Gesetz. Das revidierte Epidemiengesetz definiert keine expliziten thematischen Forschungsschwerpunkte, aber es steckt den Rahmen ab für die Erarbeitung einer Ressortforschungsstrategie. Das Gesetz fordert die Vollzugsbehörden auf, Grundlagenwissen aufzubereiten (Art. 2 EpG), Ziele und Strategien zur Verhütung- und Bekämpfung zu erarbeiten (Art. 4 EpG), entsprechende Massnahmen umzusetzen und deren Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit periodisch zu evaluieren (Art. 81 EpG). 33 Das Volk hat dem revidierten Epidemiengesetz am 22. September 2013 zugestimmt; es tritt am 1. Januar 2016 in Kraft, AS 2015 1435 (-1462) http://www.admin.ch/opc/de/official-compilation/2015/1435.pdf 34 Tritt zusammen mit dem revidierten EpG am 1. Januar 2016 in Kraft, AS 2015 1463 (-1496) http://www.admin.ch/opc/de/official-compilation/2015/1463.pdf Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 | 49 Art. 39 Überwachung und Evaluation der Impfmassnahmen Das BAG nimmt bei der Überprüfung der Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der Impfmassnahmen folgende Aufgaben wahr: a. Es legt die Indikatoren zur Überprüfung der Massnahmen zur Förderung von Impfungen fest. b. Es erhebt unter Berücksichtigung der Indikatoren regelmässig Daten zu den kantonalen Massnahmen in Bezug auf die Erreichung der festgelegten Ziele. c. Es koordiniert kantonale Erhebungen zur Feststellung des Anteils geimpfter Personen. Art. 74 Förderungsbereiche Finanzhilfen nach Artikel 50 EpG können insbesondere gewährt werden, um Vorhaben zu unterstützen, die einen Beitrag zur Umsetzung der nationalen Ziele, Strategien und Programme in den Bereichen Wissenschaft, Forschung und internationale Zusammenarbeit leisten. Verordnung vom 29. April 2015 über mikrobiologische Laboratorien (SR 818.101.32)35 Anhang 1 (Gute Praxis in mikrobiologischen Laboratorien): 4.1.2 Die Anordnung der Räume und die Einrichtungen müssen einen Arbeitsablauf nach dem Stand von Wissenschaft und Technik gewährleisten. 4.3.2 Die Einhaltung der Leistungsparameter ist laufend sicherzustellen. Diese sind auf ihre Eignung zu prüfen und auf dem Stand von Wissenschaft und Technik zu halten. Alkohol Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz, SR 680) Art. 43a 1 Zur Verminderung des Verbrauchs gebrannter Wasser zu Trinkzwecken unterstützt der Bund durch Beiträge gesamtschweizerische und interkantonale Organisationen und Institutionen, die sich der Bekämpfung des Alkoholismus durch vorsorgliche Massnahmen widmen. Solche Beiträge können insbesondere für Aufklärung und Forschung gewährt werden. 2 Die Beiträge sind von der Eidgenössischen Alkoholverwaltung auszurichten, in deren Voranschlag ein angemessener Gesamtbetrag aufgenommen wird. Die Eidgenössische Alkoholverwaltung kann die Verteilung der Beiträge ganz oder teilweise einer geeigneten Stelle übertragen. 3 Die Ausrichtung von Beiträgen an die Bekämpfung des Alkoholismus durch die Kantone aus dem Alkoholzehntel bleibt vorbehalten. Das Alkoholgesetz ist zurzeit in Teilrevision, Stand Dezember 2015. 35 Tritt zusammen mit dem revidierten EpG am 1. Januar 2016 in Kraft, AS 2015 1497 (-1520) http://www.admin.ch/opc/de/official-compilation/2015/1497.pdf 50 | Forschungskonzept Gesundheit 2017–2020 Rheuma Bundesgesetz vom 22. Juni 1962 über Bundesbeiträge an die Bekämpfung der rheumatischen Krankheiten (SR 818.21) Art. 2 Geltungsbereich 1 Der Bund kann an wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gesamtgebiete der Rheumatologie und an die Verbreitung der dabei gewonnenen Erkenntnisse Beiträge leisten. 2 An Erwerbsunternehmen werden keine Beiträge ausgerichtet. 3 Der Bund kann gemeinnützigen privaten Dachorganisationen für Massnahmen von gesamtschweizerischer Bedeutung zur Rheumabekämpfung Beiträge gewähren. Tabakpräventionsfonds Verordnung vom 5. März 2004 über den Tabakpräventionsfonds (TPFV, SR 641.316) Art. 2 Zweck 2 Die Prävention soll insbesondere ausgerichtet sein auf: e. die Förderung der Forschung. Impressum Herausgeber: © Bundesamt für Gesundheit (BAG), Bern Publikationszeitpunkt: Dezember 2015 Kontakt: Bundesamt für Gesundheit (BAG) Direktionsbereich Gesundheitspolitik Fachstelle Evaluation und Forschung (E+F) CH-3003 Bern www.bag.admin.ch/forschung [email protected] www.bag.admin.ch/evaluation [email protected] Dieses Forschungskonzept steht als PDF-Dokument zur Verfügung unter: www.bag.admin.ch/forschung www.ressortforschung.admin.ch Diese Publikation erscheint auch in französischer Sprache. Cette publication est également disponible en français.